Geschäftsbericht 2019/20 - Milchindustrie-Verband
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Inhalt 1 Weg und Ziel 6 2 Agrarpolitik und Markt 8 3 Öffentlichkeitsarbeit, Presse und Events 22 4 Wissenschaft und Forschung 30 5 Recht und Qualität 46 6 Tarifpolitik, Arbeit und Soziales 56 7 Logistik und Beschaffung 62 8 Nachhaltigkeit, Umwelt und Energie 68 9 Der MIV im Netzwerk und seine Gremien 76 10 Mitglieder 88 11 Fördermitglieder 92 MIV-Geschäftsbericht 2019/20 5
Kapitel Weg undxyZiel Liebe Mitglieder und Förderer, liebe Freunde des Milchindustrie-Verbandes, COVID-19 beschäftigt uns: Das Virus bestimmt so, als wären Preisrückgänge vermeidbar gewe- unser tägliches Leben, im Privatleben und am Ar- sen – etwas mehr Regulierung und schon sinken beitsplatz. Beim letzten Geschäftsbericht war uns die Preise nicht mehr. Ich erinnere mich an eine noch nicht bewusst, dass wir systemrelevant sind Weltpreistafel vom IFCN: Weltweit gingen die Preise – in der akuten Krise spürten wir es dann deutlich. zurück, in vielen großen Milcherzeugerländern Viele Exportmärkte schlossen sich für die Molkerei- mehr als in Deutschland. Und in Europa gab es en, das Gaststätten- und Kantinengeschäft entfiel. sogar Gegenden, wo Milch einfach in das Güllefass Langsam geht es wieder aufwärts, die tiefen Preise gepumpt wurde – das alles konnten wir durch gute aus März und April sind überwunden. Wir hoffen, Zusammenarbeit unter den Molkereien verhindern. dass Corona beherrschbar bleibt und eine zweite Welle uns verschont. Die Unsicherheit bleibt: Erst Die Politik war trotz Corona aktiv: Neue Vorschläge wenn Impfstoffe zur Verfügung stehen, kann Ent- im „Green Deal“ liegen vor, die Farm to Fork-Stra- warnung gegeben werden. tegie soll das in der Lebensmittel- und Landwirt- schaft umsetzen. Parallel dazu laufen die Bera- Wir können stolz sein auf unsere Branche: Wir tungen im Parlament zur großen Agrarreform, die waren immer lieferfähig, die Lieferketten sind nicht mal GAP 2020 hieß, nun wohl erst 2023 relevant unterbrochen worden. Dagegen irritiert mich die werden wird. Weniger Regulierung wird dabei ein Reaktion einiger Agrarpolitiker: Manch einer tut frommer Wunsch bleiben. 6 MIV-Geschäftsbericht 2019/20
Mitglieder des MIV-Vorstandes und Gäste bei der Sommer-Sitzung 2019 Der MIV-Vorstand bei der Jahrestagung in Frankfurt 2019. Reihe oben v.l.n.r.: Ralf Hinrichs, Ingo Müller, Hans Holtorf, Markus Mühleisen, Dr. Thomas Obersojer, Frank-Andreas Uszko, Morten Felthaus Reihe unten v.l.n.r.: Jakob Ramm, Philipp Guht, Eckhard Heuser, Peter Stahl, Matthias Oettel, Rolf Bausch, Florian Bauer, Claus Naarmann nicht im Bild: Robert Hofmeister, Jan Kruise, Detlef Latka Die Briten wollen sich mit dem Brexit endgültig Mein Dank gilt dem Hauptamt in den Geschäfts- verabschieden. Das könnte sehr bitter für uns alle stellen Berlin, Brüssel und Peking für den großen werden: Großbritannien als Drittland, das will sich Einsatz im Sinne unserer Mitglieder sowie meinen keiner vorstellen. ehrenamtlich tätigen Vorstandskollegen. Denken wir positiv, sehen wir auch die Chancen, die Über die Arbeit des MIV informiert nun dieser Jah- sich auftun! Wenn wir flexibel bleiben, zusammen resbericht – ich wünsche viel Vergnügen und neue mit unseren Milcherzeugern, werden wir diese auf- Erkenntnisse bei der Lektüre. regende Zeit meistern und überstehen, davon bin ich fest überzeugt. Corona beeinflusst auch die Verbandsarbeit: Tradi- tionell trifft sich die Branche im Oktober zur MIV- Jahrestagung. Diese muss 2020 leider entfallen. Peter Stahl Wir können nicht alle Molkerei-Chefs und Chefinnen Vorsitzender in einen Saal einladen, solange das Virus aktiv ist. Für diese Entscheidung bitten wir um Ihr Verständ- nis – wir hoffen auf ein persönliches Wiedersehen im nächsten Jahr. MIV-Geschäftsbericht 2019/20 7
Branchenstrategie 2030 Milchkaufverträge Volatilität Farm2Fork Agrarpolitik und Markt Brexit Corona AG Protektionismus 1 Freihandelsabkommen MIV-Geschäftsbericht 2019/20 9
1. Agrarpolitik und Markt Corona verändert die Welt Obwohl das Jahr 2020 zunächst unter günstigen Vorzeichen begann und die Preise für Milchprodukte anzo- gen, wurde der Milchmarkt ab Februar zunehmend von der Corona-Pandemie beeinflusst. Die Preise erholten sich zwar nach Lockerung der Schutzmaßnahmen teilweise, aber die Corona-Krise hat insgesamt zu einer starken Verunsicherung aller Marktteilnehmer geführt. Die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die deutschen Molkereien waren zur Zeit des Lockdowns sehr unterschiedlich. Im Januar 2020 wurden erste Meldungen aus fast auf null zurück. Der Export war gestört und die China laut, die über eine ansteckende Lungen- Notierungen gingen zurück. Gerade im Eiweißbe- erkrankung berichteten. Schon bald darauf kam es reich tauchten die Preise fast bis auf Interventions- zu ernsten Logistikproblemen beim Export nach niveau ab. Hilfreich waren die „Beihilfen zur Pri- China. Die ersten (bekannten) Erkrankungen in vaten Lagerhaltung“ für Butter, Magermilchpulver Deutschland traten in Bayern auf. Ende Februar sowie Käse, die bis zum 30. Juni 2020 beantragt wurden dann reihenweise Messen und Großveran- werden konnten. Dennoch mussten die Rohmilch- staltungen abgesagt; auch das „Berliner Milchfo- preise nicht nur in Deutschland gesenkt werden. rum“ im März fiel aus diesem Grunde aus. Schulen Die Politik handelte schnell und richtig. Das Kurz- und Restaurants wurden ab Mitte März geschlos- arbeitergeld verhinderte einen noch größeren Entwicklung des Preises für Magermilchpulver durch Corona Preise Magermilchpulver, Lebensmittelqualität, EUR/Tonne (Preisermittlung Kempten) 2.640 2.560 2.430 2.125 2.350 2.245 2.100 1.930 Ende Januar 26. Februar 16. März 18. März 22. März 1. April 15. April bis Anfang August Verlängerung Erste Coronafälle Schließung von Schließung Beschluss Verlängerung Erste vorsichtige zunehmende Neujahrsferien in NRW, Absage Schulen und von Restaurants Kontaktverbot für Kontaktverbot bis Lockerungen Lockerungen, Food- in China, Logistik von Messen Restaurants und vielen zwei Wochen nach Ostern beschlossen Service reaktiviert, erschwert und Großveran- abends, Veranstal- Geschäften aber wieder staltungen tungsverbot steigende Fallzahlen Mehrere Phasen sehr umfangreicher Einkäufe im LEH © ZMB GmbH sen. Kontaktverbote galten bis nach Ostern, ab Zusammenbruch am Arbeitsmarkt. Dadurch steigt Mitte April gab es erste vorsichtige Lockerungen. natürlich die Staatsverschuldung gewaltig und wird Über das weitere Vorgehen kann man nur speku- eine Haushaltssanierung in Zukunft notwendig lieren: Solange der Virus in den USA, Brasilien und machen. Die Nachfrage nach Milcherzeugnissen China wütet, ist es für eine Entwarnung zu früh. im europäischen Einzelhandel nahm stark zu, da Erst wenn die richtigen Medikamente entwickelt viele Kunden nun zu Hause festsaßen und Kantinen wurden oder ausreichender Impfschutz zur Verfü- sowie Restaurants geschlossen waren. Geholfen hat gung steht, können wir zum Alltag zurückkehren. die wissenschaftliche Aussage des Bundesinstituts für Risikobewertung (BFR): „Covid ist mit hoher Die Wirtschaft leidet nachhaltig unter dieser Pan- Wahrscheinlichkeit mit Lebensmitteln nicht über- demie. Die Nachfrage von Großverbrauchern fiel tragbar.“ Dieser Satz gab Sicherheit und Vertrauen. 10 MIV-Geschäftsbericht 2019/20
Der MIV richtete eine „Corona AG“ ein, die tagesak- wurden die Bestände aus den Vorjahren weiter ab- tuell die Probleme analysierte und Lösungsmöglich- gebaut, während sich bei Butter die Verfügbarkeit keiten aufzeigte. Nur so ist es gelungen, auch in der verbessert hat. Die Fettverwertung ist damit gesun- milchstarken Saison alle Rohmlichbestände zu er- ken, die Eiweißverwertung hingegen gestiegen. Die fassen und zu verarbeiten. In anderen EU-Mitglieds- Milcherzeugerpreise konnten das Vorjahresniveau ländern war das nicht immer der Fall. Milchver- allerdings nicht ganz erreichen. arbeitung wurde richtigerweise von der deutschen Bundesregierung als „systemrelevant“ anerkannt. Gesamtwirtschaftliche Lage eingetrübt Die Absatzzahlen im LEH haben sich zwischenzeit- 2019 ist die deutsche Wirtschaft um 0,6 % gewach- lich normalisiert, wenn auch eine gewisse Kaufzu- sen und damit langsamer als zuvor – 2018 lag die rückhaltung im In- und Ausland spürbar bleibt. Der Steigerung noch bei 1,5 %. Die Konjunktur im ver- Kunde König hält sein Geld zusammen und erwar- arbeitenden Gewerbe hat sich im Vergleich zu den tet schwere Zeiten. Viele Branchen wurden noch Vorjahren beruhigt; als Stütze für die Wirtschaft viel härter getroffen als die Milchwirtschaft. Dies haben aber die höhere private und staatliche Nach- wird die Kaufkraft in Zukunft national und interna- frage gewirkt. Der Arbeitsmarkt erwies sich trotz tional negativ beeinflussen. des konjunkturellen Abschwungs als robust. Die Beschäftigung hat weiter zugenommen, wenn auch langsamer. Die Arbeitslosenquote ist weiter gesun- Milchmarkt 2019 ausgeglichener als ken und lag im Jahresschnitt bei 5,0 %. Auf 1,4 % in den Vorjahren, 2020 unter Corona-Einfluss verringert hat sich die Inflationsrate, die 2018 noch Die Lage am Milchmarkt in Deutschland stellte bei 1,8 % gelegen hatte. sich 2019 ausgeglichener dar als in den Vorjahren, berichtet die ZMB. Das Wachstum des Milchauf- Die internationalen Rahmenbedingungen blieben kommens hat sich weltweit deutlich verlangsamt. von verstärkten Tendenzen zum Protektionismus In Deutschland lag die Milchanlieferung im Schnitt gekennzeichnet. Der Streit um Airbus-Subventio- auf dem Vorjahresniveau. Bei Magermilchpulver nen zwischen den USA und der EU hat im Herbst Deutschland: Wirtschaftliche Entwicklung BIP* (Mrd. EUR) +/– % gegenüber VJ 3.500 +4,9 +4,8 3.000 +4,0 2.500 +3,5 +3,5 +3,4 +3,1 2.000 +2,7 1.500 +2,5 +2,0 1.000 500 0 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 *in jeweiligen Preisen © ZMB GmbH Quelle: Statistisches Bundesamt MIV-Geschäftsbericht 2019/20 11
1. Agrarpolitik und Markt 2019 zur Einführung von Strafzöllen für verschie- Milchanlieferung in Deutschland und dene Produkte, darunter auch Butter und Käse Anteil von Biomilch Erzeugerstandort, in Mio. t aus bestimmten EU-Ländern, geführt. Die Ölpreise Anlieferung von Anteil Biomilch Kuhmilch (in Mio. t) (in %) blieben vergleichsweise niedrig und haben die 31,5 31,3 31,7 29,3 30,3 Kaufkraft der ölexportierenden Länder anhaltend 27,4 28,2 27,3 26,9 27,3 3,73 geschwächt. Gleichzeitig hat der starke US-Dollar 3,00 die Wettbewerbsfähigkeit der EU am Weltmarkt ge- 2,24 2,25 stärkt. Der Brexit, der im Laufe von 2019 mehrfach 1,93 2,32 verschoben wurde, hat immer wieder für Verunsi- 1,55 cherungen gesorgt. 1,36 1,38 1,09 Stagnierendes Milchaufkommen – höhere Konzentration der Inhaltsstoffe 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 Die Milchanlieferung an die deutschen Molkereien © ZMB GmbH Quelle: ZMB GmbH, BMEL, BLE belief sich 2019 auf 32,4 Mio. t und lag damit ge- ringfügig um 0,1 % unter dem Vorjahresniveau. Von EU-28: Milchanlieferung deutschen Erzeugern wurden 31,7 Mio. t Milch an in Mio. t/Tagesdurchschnitt deutsche Molkereien angedient, was einen margi- nalen Anstieg im Vergleich zu 2018 bedeutet. Bis 2018 2019 2020 15,0 einschließlich Juli 2019 wurde das Vorjahresniveau fast durchgängig unterschritten. Ab August setzte 14,0 wieder ein leichtes Wachstum im Vergleich zum Vorjahr ein. Die Wetterverhältnisse gestalteten sich 13,0 im Sommer 2019 regional erneut ungünstig für die Produktion von Futter. Darüber hinaus führte Hitze- 12,0 stress mehrfach zu einem Rückgang der Milchleis- tungen. Die Witterungsverhältnisse waren zumeist 11,0 aber weniger extrem als im Sommer 2018. Vor allem im Osten Deutschlands, aber auch in Teilen 10,0 Niedersachsens mussten erneut Grünlandschnitte Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sept Okt Nov Dez wegen Trockenheit ausfallen. © ZMB GmbH Quelle: ZMB GmbH, Eurostat, Nationale Statistiken Die Gehalte an Inhaltsstoffen sind 2019 angestie- Deutschland: Milcherzeugerpreise gen, was die Rohstoffverfügbarkeit insgesamt er- EUR/100 kg, tatsächl. Inhaltsstoffe, ab Hof, ohne MwSt höht hat. Der Fettgehalt erreichte mit 4,13 % seinen monatlich höchsten Stand seit 2013. Der durchschnittliche Jahresdurchschnitt Eiweißgehalt lag mit 3,47 % über dem Niveau der 45 vergangenen Jahre. 40 35 Erneut mehr Bio-Milch Die Anlieferung von Bio-Milch an die deutschen 30 Molkereien ist 2019 weiter gewachsen, wobei 25 sich die Geschwindigkeit verlangsamt hat: Nach der Steigerung um rund 20 % im Kalenderjahr 20 2018 belief sich die Zunahme 2019 auf 6,0 %. Die Bio-Milchmenge hat damit einen historischen 15 2005 2007 2009 2011 2013 2015 2017 2019 Höchststand von 1,2 Mio. t erreicht. Der Anteil von © ZMB GmbH Quelle: ZMB GmbH, BMEL, BLE Bio-Milch an der Gesamtanlieferung lag im Jahres- 12 MIV-Geschäftsbericht 2019/20
Umsatz und Absatz von Trinkmilch und Milchimitaten im LEH Januar bis Dezember 2019, Prozentveränderung gegenüber Vorjahreszeitraum Umsatz Absatz Konsummilch gesamt Biomilch Weidemilch Imitate* +33,8 +28,4 +16,5 +14,3 +9,2 +8,7 -3,9 –4,6 * aus Soja, Hafer, Lupine, Reis, Hirse, Mandel usw. © ZMB GmbH Quelle: ZMB GmbH, Nielsen Handelspanel/Market Track schnitt bei 3,65 % und war damit höher als je Strukturwandel in der zuvor. Der Absatz von Bio-Konsummilch im deut- Milchviehhaltung schen Lebensmitteleinzelhandel ist erneut weiter- gewachsen. Milchkuhhaltungen Kühe je Haltung (in Tausend) (Stück) 101 68 59,9 Strukturwandel in der Milchviehhaltung 84,9 fortgesetzt 49,4 Was den Strukturwandel in der Milchviehhaltung 71,3 betrifft, hat sich die Entwicklung der vergangenen 58,4 41,8 Jahre 2019 weiter fortgesetzt. Die Zahl der Milch- kühe lag im November 2019 bei 4,012 Mio. und damit um 2,2 % niedriger als zum Vorjahresmonat. Dies bedeutete den niedrigsten Kuhbestand im 2008 2012 2016 2020 vergangenen Jahrzehnt. Die Zahl der Haltungen von Milchkühen sank im Vorjahresvergleich um © ZMB GmbH Quelle: ZMB GmbH, destatis 4,6 % auf 59.925 Ställe. In allen Größenklassen waren Rückgänge festzustellen, erstmals auch Verbraucherpreise für Butter, bei den Haltungen mit mehr als 100 Kühen. Die Sahne und Konsummilch durchschnittliche Kuhzahl je Betrieb hat sich auf EUR je Einheit 66,9 Tiere erhöht, was einen Anstieg um 21 Tiere Butter, Handelsmarke 250 g seit 2010 bedeutet. H-Milch, Karton, 1 L, 3,5 % Fett 2,00 Schlagsahne, 200 g, 30 % Fett Markt für Konsummilch etwas geschrumpft 1,50 Im weißen Sortiment hat sich der schrumpfende Trend aus den Vorjahren 2019 erneut bestätigt. 1,00 Die Herstellung von Konsummilch sank im Schnitt um 2,5 % und erreichte mit 4,6 Mio. t einen neuen 0,50 Tiefststand. Der Absatz im deutschen Lebensmit- teleinzelhandel schrumpfte nach den Erhebungen 0,00 Jan 10 Jan 11 Jan 12 Jan 13 Jan 14 Jan 15 Jan 16 Jan 17 Jan 18 Jan 19 Jan 20 von Nielsen im Rahmen des Handelspanels 2019 merklich um 4,6 %. Gleichzeitig konnten die © ZMB GmbH Quelle: ZMB GmbH, Nielsen Handelspanel/Market Track MIV-Geschäftsbericht 2019/20 13
1. Agrarpolitik und Markt Exporte in Drittländer – nach zwei schwächeren Deutschlands Butterexporte sind 2019 gestiegen Vorjahren – um 31 % auf 0,37 Mio. t deutlich gestei- und haben ihren höchsten Stand der vergangenen gert werden. Größter Abnehmer war dabei China. Jahre erreicht. Die Importe blieben hingegen etwa Die Preise für Konsummilch sind im Laufe des Jah- auf dem Niveau des Vorjahres stabil. res leicht gestiegen. Im Jahresdurchschnitt lagen sie etwa auf dem Niveau von 2018, das mit höheren Die Preise für Butter sind 2019 gesunken und Preisen begonnen hatte. haben im Jahresdurchschnitt erstmals seit 2016 die Marke von 4 EUR/kg unterschritten, lagen aber Die Herstellung von Sahne ist auf dem Vorjahres- weiter über dem langjährigen Durchschnitt. In der niveau stabil geblieben, während bei Frischproduk- ersten Jahreshälfte bewegten sich die Butternotie- ten erneut ein leichter Rückgang zu beobachten rungen höher als in der zweiten Jahreshälfte, was war. Fermentierte Frischprodukte ohne Zuwächse von der üblichen saisonalen Entwicklung abweicht. wachsen weiter, wobei sich die Zunahmen aber im Damit hat das Milchfett die Milchpreise weniger Vergleich zu den Vorjahren verlangsamt haben. stark gestützt als in den beiden Vorjahren. Auch für die Verbraucher ist Butter im Lebensmitteleinzel- handel günstiger geworden. Der Preisrückgang war Mehr Butter erzeugt aber weniger stark ausgeprägt als auf Großhan- Die deutschen Molkereien haben 2019 wieder mehr delsebene. Butter produziert, nachdem die Herstellung in den drei Vorjahren kontinuierlich geschrumpft war. Mit 492.100 t wurden 2,7 % mehr erzeugt als 2018. Mehr Käse hergestellt Dabei dürfte der höhere Fettgehalt in der angelie- Die Käseproduktion in Deutschland ist 2019 erneut ferten Milch eine Rolle gespielt haben. Der Absatz stärker ausgeweitet worden: Nach den Angaben im deutschen Lebensmitteleinzelhandel, der in den der Bundesanstalt für Landwirtschaft (BLE) auf Vorjahren bei ungewöhnlich hohen Preisen gesun- Basis der Meldeverordnung Milch wuchs sie – ohne ken war, hat sich auf dem Vorjahresniveau stabili- die Berücksichtigung von Schmelzkäse – um 2,1 % siert. Erneut zugenommen hat indessen der Absatz auf einen neuen Rekordstand von 2,39 Mio. t. von Milchstreichfetten, wobei sich das Wachstum jedoch merklich verlangsamt hat und fast zum Still- Die Exporte von Käse konnten 2019 um 3,1 % gestei- stand gekommen ist. Die Erholung des Butterabsat- gert werden. Italien war nach wie vor der größte Ab- zes nach dem Ende der extremen Hochpreisphase satzmarkt für deutschen Käse, allerdings mit einem dürfte insgesamt noch am Anfang stehen. Rückgang um 4,5 % im Vergleich zum Vorjahreszeit- Butterpreise Schnittkäsepreise EUR/kg EUR/kg Butter, Blockware Jahresdurchschnitt Butter Schnittkäse 7 4,3 Jahresdurchschnitt Schnittkäse, Brote 4,0 6 3,7 5 3,4 4 3,1 2,8 3 2,5 2 2,2 1 1,9 2005 2007 2009 2011 2013 2015 2017 2019 2005 2007 2009 2011 2013 2015 2017 2019 Quelle: Notierung Hannover, Quelle: Preisnotierungen Kempten, © ZMB GmbH ab Okt. 2011 nationale Notierung Kempten © ZMB GmbH ab 2009 Hannover 14 MIV-Geschäftsbericht 2019/20
raum. Die Exporte in Drittländer wuchsen um 4,5 %. Magermilchpulverpreise Der internationale Handel mit Käse ist 2019 wieder EUR/kg stärker gewachsen als in den Vorjahren. Magermilchpulver, 4,0 Lebensmittelqualität Der Absatz von Käse im deutschen Lebensmittelein- Jahr MMP 3,5 zelhandel ist nach den Erhebungen von Nielsen 2019 im Schnitt leicht um 1,1 % gesunken. Es ist aber von 3,0 einem steigenden Außer-Haus-Konsum auszugehen. 2,5 Die Preise für Schnittkäse gestalteten sich 2019 weniger volatil als in den Vorjahren; vom Jahres- 2,0 beginn bis in den Herbst hinein bewegten sie sich 1,5 weitgehend seitwärts. Erst zum Jahresende konn- ten Preisanhebungen durchgesetzt werden. Für 1,0 kurzfristige Abschlüsse mit Schnittkäse wurden im 2005 2007 2009 2011 2013 2015 2017 2019 Quelle: Preisfeststellungen ZMP, Jahresdurchschnitt etwas höhere Preise notiert als © ZMB GmbH ab Mai 2009 Kempten im Vorjahr. Bei den langfristigen Kontrakten lagen die Erlöse etwa auf dem Vorjahresniveau. Molkenpulverpreise EUR/kg Molkenpulver, Futtermittelware 1,4 Magermilchpulver deutlich fester bewertet Jahresschnitt Die Herstellung von Milchtrockenerzeugnissen 1,2 fiel 2019 niedriger aus als im Vorjahr. Wie aus den Erhebungen der BLE im Rahmen der Meldever- 1,0 ordnung Milch hervorgeht, wurden mit 392.800 t 5,2 % weniger Magermilchpulver hergestellt als im 0,8 Vorjahr und damit erstmals seit 2014 die Marke von 0,6 400.000 t unterschritten. Die Produktion von Voll- milchpulver schrumpfte etwas stärker um 6,5 %. 0,4 An sonstigen Erzeugnissen in Pulverform wurden hingegen 7,1 % mehr hergestellt als im Vorjahr. Bei 0,2 2005 2007 2009 2011 2013 2015 2017 2019 Molkenpulver belief sich der Rückgang auf 1,8 % Quelle: Preisfeststellungen ZMP, und war damit schwächer ausgeprägt als im Vor- © ZMB GmbH ab Mai 2009 Kempten jahr. Vollmilchpulverpreise Die Preise für Vollmilchpulver stiegen im Laufe von EUR/kg 2019 an und übertrafen das Vorjahresniveau. Der Vollmilchpulver 4,5 Preisanstieg fiel allerdings schwächer aus als bei Jahr VMP Magermilchpulver, was auf die gesunkene Fettver- 4,0 wertung zurückzuführen ist. So wurde das Niveau von 2017 im Schnitt nicht erreicht. 3,5 3,0 Verwertung am Weltmarkt erholt 2,5 Die Preise für Milchprodukte am Weltmarkt haben sich 2019 unterschiedlich entwickelt, während die 2,0 Erlöse im Schnitt gestiegen sind. Am stärksten erholt haben sich die Preise für Magermilchpul- 1,5 2005 2007 2009 2011 2013 2015 2017 2019 ver; sie erreichten ihren höchsten Stand seit 2015. Quelle: Preisfeststellungen ZMP, Leicht erholt haben sich die Erlöse für Vollmilch- © ZMB GmbH ab Mai 2009 Kempten MIV-Geschäftsbericht 2019/20 15
1. Agrarpolitik und Markt pulver, während bei Butter ein deutlicher Rückgang Weltmarktpreise festzustellen war. USD je t Butter Die EU war über weite Teile des Jahres sehr 6.500 MMP konkurrenzfähig am Weltmarkt, insbesondere mit VMP 5.500 Magermilchpulver und Butter. Damit konnte sie ihre Position am Weltmarkt teilweise verbessern und 4.500 ihren Marktanteil ausbauen. Bei Vollmilchpulver 3.500 mussten allerdings weitere Einbußen hingenom- men werden. Die Exporte Deutschlands von Milch- 2.500 produkten sind im Vergleich zum Vorjahr insgesamt betrachtet etwas gestiegen. Prozentual betrachtet 1.500 haben die Exporte von flüssigen Milchprodukten in 500 Kleinpackungen am stärksten zugenommen, was Jan 10 Jan 11 Jan 12 Jan 13 Jan 14 Jan 15 Jan 16 Jan 17 Jan 18 Jan 19 Jan 20 auf eine höhere Nachfrage Chinas zurückzuführen © ZMB GmbH Quelle: ZMB GmbH ist. Deutschland: Pro-Kopf-Verbrauch Milchauszahlungspreise leicht unter Vorjahr Die Milchauszahlungspreise in Deutschland haben 2019* 2019 im zweiten Jahr in Folge leicht nachgegeben. 2018 5,8 2017 Im Jahresdurchschnitt betrug der Auszahlungs- Butter 5,9 6,0 6,1 2016 preis für konventionelle Milch mit 4,0 % Fett und 3,4 % Eiweiß ab Hof ohne MwSt. einschließlich 25,1 24,4 Nachzahlung 33,7 Cent/kg – das sind 1,9 % weniger Käse 23,9 25,0 als im Vorjahr. Regional waren gewisse Preisunter- schiede festzustellen. 29,2 Joghurt usw. 29,8 30,2 30,0 Deutsche Milch und Milchprodukte im 49,5 Konsummilch 51,4 internationalen Handel 52,2 52,6 Im ersten Quartal 2020 exportierte Deutschland rund ein Prozent mehr Käse als im Vorjahr. Das ist © ZMB GmbH *vorläufig Quelle: ZMB GmbH, BLE mit den coronabedingten Einschränkungen immer noch ein sehr stabiles Ergebnis. 82 % des Käses wur- Deutschland: den innerhalb der EU verkauft (ohne VK), mit einer Milcherzeugerpreise leicht rückläufigen Tendenz (0,3 %) gegenüber dem Preise für konventionelle Kuhmilch, EUR/100 kg, Vorjahr. Der Absatz in Drittländer konnte hingegen Bundesdurchschnitt, 4,0 % Fett, 3,4 % Eiweiß, Durchschnitt aller Güteklassen, ab Hof, ohne Mehrwertsteuer um 7 % gesteigert werden. Der Brexit erschwert den Vergleich des aktuellen Jahres zum Vorjahr, da das 40 Vereinigte Königreich mit dem Februar zum EU-Dritt- 2018 land wurde, aber mit über 20.000 t im ersten Quartal 35 kein unbedeutender Abnehmer ist. 2019 2017 30 Innerhalb der EU ging der Absatz insbesondere im Gastronomiebereich durch die coronabedingten 2016 25 Schließungen von Gaststätten und Hotels zurück. Italien, Spanien, Finnland und das Vereinigte König- 20 reich benötigten weniger Käse aus deutscher Pro- Jan Feb März Apr Mai Jun Jul Aug Sept Okt Nov Dez duktion. Erfreulich war, dass die Niederlande, Däne- © ZMB GmbH Quelle: ZMB GmbH, BLE mark, Griechenland und Belgien dagegen mehr 16 MIV-Geschäftsbericht 2019/20
bestellten und dadurch die Ausfuhren insgesamt in Land auch seit Längerem mit der eigenen instabi- EU-Mitgliedstaaten nahezu konstant blieben. len politischen Lage zu kämpfen. Die Exporte in Nicht-EU-Länder in Europa machen Von den rund 52.000 t Butter im ersten Quartal rund die Hälfte der Drittlandsmenge an Käse aus. 2020, die außerhalb Deutschlands verkauft wur- Der Löwenanteil entfällt nun auf die Briten, mit den, verblieben rund 90 % in der EU (ohne VK). deutlichem Abstand folgen die Schweiz, die Ukrai- Rund 5.000 t wurden in Drittländern vermarktet. ne, Bosnien-Herzegowina und Serbien. In den europäischen Nicht-EU-Staaten (inklusive VK) wurden davon 1.800 t nachgefragt, Asien war In Asien wächst das Interesse an deutschem Käse mit 2.600 t größte Abnehmerregion. Südkorea, langsam und so konnten in der Region 20.000 t im Saudi-Arabien und Japan sind die drei wichtigsten ersten Quartal abgesetzt werden. Das entspricht Einzeldestinationen in der Region, wenngleich die einem Zuwachs von 17 %. Japan (7.500 t) und Mengen mit ca. 500 t pro Land recht bescheiden Südkorea (6.200 t) sind die beiden Spitzenreiter. sind. Saudi-Arabien hatte allerdings im Vorjahres- Während aber bei Japan die Nachfrage schon seit zeitraum nur 100 t deutsche Butter importiert und Jahren langsam, aber kontinuierlich wächst, ist das auch Südkorea importierte doppelt so viel wie im Interesse in Südkorea noch recht neu: Gegenüber Vorjahr. Die USA bewegen sich mit 330 t auf Platz dem Vorjahresquartal hat sich die Menge sprung- sechs im Drittlands-Ranking. haft um 2.200 t erhöht. Recht weit abgeschlagen, aber dennoch die drittwichtigste Destination im Deutsches Magermilchpulver verbleibt überwie- asiatischen Raum ist Saudi-Arabien mit 1.200 t. gend in der EU und nur rund ein Drittel wird im Drittgebiet abgesetzt. Die Ausfuhren in die EU Der amerikanische Doppelkontinent orderte in den stellten im ersten Quartal 2020 kaum Probleme ersten vier Monaten 2020 knapp 10.000 t Käse in dar: Hier wurde ein im Vergleich zum Vorjahr recht Deutschland; dies entspricht ziemlich genau der stabiles Niveau erreicht. Der Brexit verursachte Vorjahresmenge. Die USA als wichtigster Nach- auch hier eine Verschiebung, die Ausfuhren in der frager aus dieser Region ist dabei knapp unter die EU lagen ohne VK rund 4,4 % unter dem Vorjahr. 3.000 t gefallen, während sich die Nachfrage der Mit den Mengen nach VK reduziert sich der Ab- Dominikanischen Republik mit rund 2.000 t deut- stand theoretisch auf 1,5 %. lich (+40 %) nach oben entwickelt hat. Chile zeigte sich in diesem Jahr bisher noch nicht so interes- Schwieriger gestaltete sich der Absatz außerhalb siert wie im Vorjahr (–16 %). Allerdings hat das der EU: Mit 44.000 t wurden ca. 35 % weniger Absatz von Milchprodukten im LEH Deutschland: (Jan.–Dez. 2019, Prozentveränderung gg. Vorjahreszeitraum) Exporte von Milchprodukten Januar bis Dezember, in 1.000 t Absatz (t) –5,3 Umsatz (EUR) Konsummilch 233 2019 –5,0 Laktose 234 –0,7 314 2018 Sahne –2,6 Molkenpulver 327 135 Joghurt –5,5 Butter 119 –4,1 419 –0,8 Frischprodukte 421 Quark –1,1 1.268 Käse 1.236 –1,4 Käse SB –0,3 406 Magermilchpulver 410 –4,3 Käse Theke –4,8 64 Vollmilchpulver 65 –0,1 269 Butter –10,8 Kondensmilch 270 +0,7 1.516 Mischfette Milch (lose) 1.457 –3,4 795 Milch (abgepackt) 730 Quelle: ZMB GmbH, Nielsen Handelspanel/ © ZMB GmbH Market Track. © ZMB GmbH Quelle: Statistisches Bundesamt MIV-Geschäftsbericht 2019/20 17
1. Agrarpolitik und Markt Chinas Milchimporte in 1.000 t Molkenpulver Magermilchpulver 451,0 Vollmilchpulver 401,3 544,9 Käse 430,6 527,0 Butter 343,6 493,7 252,8 Januar bis April 433,4 280,4 376,0 235,0 247,3 341,8 184,5 148,8 165,7 264,6 167,6 200,3 671,2 670,0 182,0 129,9 131,5 113,8 287,5 88,5 617,8 470,1 413,7 521 100,5 402,7 347,0 211,3 70,4 328,7 331,9 325,0 319,7 244,6 175,4 55,0 46,1 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2018 2019 2020 © ZMB GmbH Quelle: ZMB GmbH, Comtrade, TDM abgesetzt. Das verringerte die gesamten Aus- verminderte Nachfrage aus anderen Staaten, ins- fuhren auf rund 124.000 t (–18 %), so wenig wie besondere Dänemark, gut abgefedert. zuletzt 2015 im selben Zeitraum. Insbesondere die Mengen in den asiatischen Raum sanken um rund 18.000 t, davon entfielen 7.000 t allein auf China. 2020 durch Corona-Krise beeinflusst Auch die Mengen nach Indonesien reduzierten Das Jahr 2020 hatte zunächst unter günstigen sich deutlich (–2.600 t), wenn auch auf einem ge- Vorzeichen begonnen. Bei guter Nachfrage am ringeren Niveau als nach China. Die Streitigkeiten Binnenmarkt und an den internationalen Märkten zwischen der EU und Indonesien zum EU-Einfuhr- sowie verringerten Beständen zogen die Preise für verbot für nicht-zertifiziertes Palmöl haben sich Milchprodukte an. Es zeichneten sich steigende Er- jedoch nicht wie befürchtet ausgewirkt, zumindest zeugerpreise ab. Ab Februar wurde der Milchmarkt nicht im ersten Quartal. Gedroht hatte Indonesien, zunehmend von der Corona-Pandemie beeinflusst. in der zweiten Jahreshälfte die Einfuhrlizenzen Zunächst hielten sich die Auswirkungen weitgehend für europäische Ware weniger großzügig zu ver- auf Störungen der Lieferketten und Verzögerun- geben. gen der Logistik durch den Lockdown in China begrenzt. Ab März führten die Eindämmungsmaß- Bemerkenswert ist die Position Ägyptens als wich- nahmen in der EU und weiteren Regionen der Welt tigstes Drittland für den Absatz von deutschem zu Marktverwerfungen, da die Nachfrage aus dem Magermilchpulver im ersten Quartal 2020 – mit Großverbraucherbereich stark eingebrochen war, über 6.000 t rangiert das Land sogar noch weit vor während im Lebensmitteleinzelhandel Rekordbe- China mit rund 4.500 t. stellungen aufgrund von Hamsterkäufen zu be- obachten waren. Der Konsum von Lebensmitteln Deutsches Molkenpulver erreichte mit einem Men- hat sich gezwungenermaßen in die Haushalte genzuwachs im Export von insgesamt rund 11 % verlagert. Das Tourismusgeschäft ist zum Erliegen (11.000 t) ein ausgesprochen gutes erstes Quartal. gekommen, was zu Veränderungen des Bedarfs Die Drittlandsmengen konnten auf 40.000 t ge- in den typischen Urlaubsländern geführt hat. Die steigert werden, was vor allem aus dem größeren Preise für die meisten Milchprodukte gaben rasch Interesse im asiatischen Raum (Thailand, Indone- stark nach. Nach Anpassungen der Milchverarbei- sien und Malaysia) resultierte. Der Zuwachs von tung und mit einer teilweisen Normalisierung rund 7.000 t innerhalb der EU ist den Niederländern der Nachfrage, nachdem die zuvor ungekannten zu verdanken: Die Menge konnte von 34.000 t auf Schutzmaßnahmen wieder gelockert wurden, 47.000 t erhöht werden. Dieses „Polster“ hat die setzte eine Erholung der Preise ein, ohne aber das 18 MIV-Geschäftsbericht 2019/20
Ausgangsniveau wieder zu erreichen. Zusätzlich Ärmelkanals. Man kann nur hoffen, dass bis zum zu den messbaren Folgen hat die Corona-Krise zu Herbst 2020 ein Abkommen zur Verfügung steht. einer starken Verunsicherung der Marktteilnehmer geführt – zumal ein starker Einbruch des weltwei- ten Wirtschaftswachstums und des internationalen CAP-Reform 2020 verspätet Handels prognostiziert wird. Die Gemeinsame Marktorganisation (CAP oder GAP) sollte bereits 2020 wirksam werden. Nach schwierigen Diskussionen unter verschiedenen Prä- Branchenstrategie Milch 2030 sidentschaften und der neuen Zusammensetzung Die deutsche Milchwirtschaft hat sich eine des EU-Parlaments wurden die Entscheidungen Branchenstrategie 2030 gegeben. Anlässlich der verzögert. Mit Übergangsmaßnahmen sollte sicher- Unterzeichnung des Dokuments freute sich der gestellt werden, dass die alte Marktorganisation MIV-Vorsitzende Peter Stahl über den erreichten weiterarbeiten kann. Die neue Kommission unter Kompromiss. Der Deutsche Bauernverband, der Präsidentin von der Leyen hat darüber hinaus ihren Deutsche Raiffeisenverband sowie der Milchindus- „Green Deal“ ausgerollt: Dabei soll eine Farm2Fork- trie-Verband konnten nach monatelanger Diskus- Strategie die Landwirtschafts- und Ernährungs- sion das Papier vorstellen. Nun geht es an die Um- politik „grüner“ machen. Der neue EU-Finanzrah- setzung, insbesondere in den Bereichen Qualitäts- men wurde deutlich erweitert und riesige Hilfs- sicherung sowie Branchenkommunikation. pakete für Südeuropa geschnürt. Zum ersten Mal darf die EU-Kommission Kredite aufnehmen. Unter deutscher Präsidentschaft seit dem Sommer 2020 Schwieriger Brexit sollen die Beratungen fortgesetzt werden. Die CAP- Das Vereinigte Königreich ist mittlerweile völker- Reform wird wohl erst 2023 in Kraft treten können. rechtlich Drittland. Lediglich die alten Verlänge- rungsbeschlüsse aus 2019 bewirken den derzeit noch freien Warenverkehr. Premier Johnson will die- Freihandelspolitik der Europäischen Union sen Zustand nicht mehr weiter verlängern und spielt Europa verhandelt mit vielen Ländern Freihandels- Roulette bei den Austrittsverhandlungen. Wenn die abkommen, jedoch konnten mit den beiden größten Verhandler kein Ergebnis zustande bringen, droht Handelspartnern, dem Vereinigten Königreich und der harte Brexit zum 1. Januar 2021. England ist ein den Vereinigten Staaten, bisher keine Fortschritte großer Nettoimporteur von Molkereierzeugnissen; erzielt werden. Die USA sind angriffslustig und ver- der Aufbau von WTO-gebundenen Zöllen hätte hängen Zusatzzölle auch für Lebensmittel wie Käse dramatische Auswirkungen auf beiden Seiten des mit Ursprung Europa. Der Grund ist der Handels- MIV-Vorsitzender Peter Stahl präsentiert gemeinsam mit seinen Branchenvertetern die Ergebnisse der Sektorstrategie 2030 auf der Grünen Woche in Berlin. MIV-Geschäftsbericht 2019/20 19
1. Agrarpolitik und Markt Milchpreis versus MMP-Weltmarkt und Ölpreis MMP (EUR/t) Öl (EUR/100 l) Milchpreis (EUR/100 kg) EUR/100 l EUR/t bzw. 100 kg 4000 60 55 3500 50 3000 45 2500 40 2000 35 30 1500 25 1000 20 500 15 0 10 Jan 00 Jan 01 Jan 02 Jan 03 Jan 04 Jan 05 Jan 06 Jan 07 Jan 08 Jan 09 Jan 10 Jan 11 Jan 12 Jan 13 Jan 14 Jan 15 Jan 16 Jan 17 Jan 18 Jan 19 Jan 20 © ZMB GmbH Quellen: ZMB GmbH, BLE, eia streit um subventionierten Flugzeugbau hüben wie den Export u. a. von europäischen Milcherzeugnis- drüben. Die Lebensmittelwirtschaft wird in Geisel- sen. Mit Vietnam erzielte man ebenfalls ein Abkom- haft genommen. men, was sich genauso positiv auf den Milchexport auswirken wird. Mit China laufen Gespräche, die Mit anderen Regionen war man erfolgreicher: Das sich aber mutmaßlich sehr schwierig gestalten. Mercosur-Abkommen (Argentinien, Brasilien Para- Neuseeland und Australien fordern umfangreiche guay, Uruguay) war in trockenen Tüchern, muss Abkommen gerade auch im Milchbereich, die Ange- aber jetzt noch die nationalen Parlamente passie- bote der EU-Kommission sind den Neuseeländern ren, was anscheinend bisher aber nicht gut genug. schwierig ist. Offenbar macht es wenig Sinn, wenn die EU-Kommis- Milchkaufverträge in der Diskussion sion Außenhandelsver- Ein Dauerbrenner ist die Diskussion um die Ge- träge abschließen darf staltung der Milchlieferverträge und Milchliefer- und im Nachgang erst ordnungen in Deutschland. Bei jeder Preiskrise die nationalen Parlamente befragt werden müssen. kommt das Thema wieder hoch und Teile der Politik versprechen sich eine bessere Krisenfestigkeit der Mit Mexiko konnte erfolgreich ein Freihandelsab- deutschen Milchwirtschaft durch mehr Regulie- kommen unterzeichnet werden. rung. Das EU-Recht lässt das optional zu und mit weiteren Verschärfungen ist im Zuge der Reform Auch die Verhandlungen mit Japan verliefen einfa- der Gemeinsamen Marktordnung zu rechnen. Die cher, das Abkommen ist bereits in Kraft und fördert deutschen Molkereiverbände berichten von vielen 20 MIV-Geschäftsbericht 2019/20
Anpassungen und Flexibilisierungen in bestehenden verboten werden, sogenannte „verbundene Unter- Verträgen. Diese werden von den Verhandlungs- nehmen“ dürfen nur noch einen Antrag stellen. Ob partnern ausgehandelt und gestaltet. Jeder Fall ist das Auswirkungen auch auf das „Brexit-Geschäft“ anders und bedarf der Prüfung vor Ort, wie Prof. Dr. haben wird, bleibt abzuwarten. Holger Thiele vom ife Institut in Kiel dies in einer aktualisierten Studie eindrucksvoll dargestellt hat. Die Novellierung der Milch-Güteverordnung feiert Brüssel hat darüber hinaus eine Richtlinie gegen Geburtstag „unfairen Wettbewerb“ verabschiedet. Die kompli- Im Jahr 2010 fing alles an: Das BMEL lud ein zu zierte Richtlinie enthält z. B. zehn „verbotene Klau- einer Videokonferenz: „Novellierung der Milch- seln“, die im Anwendungsbereich der UTP-Richt- Güteverordnung“. Aufhänger waren die Zu- und linie (unfair trading practices) stets als unlauter Abschläge bei Abnehmern ohne eigene Milchverar- gelten, so u. a. Zahlungen des Käufers später als beitung. Aus dem MIV heraus wurden anschließend 30 Tage für verderbliche Agrar- und Lebensmittel- weitere Themen an das BMEL adressiert, die Unter- erzeugnisse, Zahlungen des Käufers später als 60 nehmen und Erzeuger in der täglichen Umsetzung Tage für andere Agrar- und Lebensmittelerzeugnis- zunehmend vor Probleme stellten und eine schnel- se usw. Diese Richtlinie muss in Deutschland noch le Anpassung der Milch-Güteverordnung sinnvoll in nationales Recht umgewandelt werden, wobei erscheinen ließen. Die ersten Schritte waren recht die BLE in Bonn die überwachende nationale Stelle schnell vollzogen, Eckpunkte diskutiert und festge- werden soll. zurrt. Doch der Weg bis zur Fertigstellung sollte ein weiter sein. Fairer Handel in Deutschland Die Gemeinsame Agrarpolitik, Milchkrisen mit ent- Die Bundesregierung wird noch 2020 eine Än- sprechenden Rettungsprogrammen sowie weitere derung des Agrarmarktstrukturgesetzes verab- (Verordnungs-)Themen verzögerten die Bearbei- schieden. Dahinter steckt das Zweite Gesetz zur tung und Fertigstellung auf Seiten der Behörden. Änderung des Agrarmarktstrukturgesetzes – Um- Am Ende verschlang die Abstimmung mit dem setzung der Richtlinie (EU) 2019/633 über unlaute- Hygienerecht zur Bewertung von Keimzahl und re Handelspraktiken in den Geschäftsbeziehungen Zellzahl nochmals Zeit. Die diversen Sichtweisen zwischen Unternehmen in der Agrar- und Lebens- der Bundesländer mit unterschiedlichen Prioritä- mittelversorgungskette (sog. UTP-Richtlinie). Das ten je nach Nord oder Süd, West oder Ost taten ihr Gesetz wird dann in Lebensmittellieferkettengesetz Übriges. umbenannt. Ziel der Richtlinie ist es, die Stellung der Erzeuger in der Lebensmittelversorgungskette Rund zehn Jahre später hat noch immer keine zu stärken. Zu diesem Zweck sollen verschiedene überarbeitete, finale Version der Verordnung das Handelspraktiken gänzlich verboten (sog. schwar- Licht der Welt erblickt. Jedoch ist man so nah dran ze Liste), andere Praktiken für den Fall untersagt wie nie zuvor. Die Abstimmungsrunden sind durch- werden, dass sie vorher nicht klar und eindeutig laufen und auch wir als MIV haben immer wieder vereinbart wurden (sog. graue Liste). fundierte Ansätze zur Verbesserung des jeweiligen Status eingebracht. Die Ressortabstimmung ist geschafft und das Dokument liegt bei der EU zur Neues Import-Recht dreimonatigen Notifizierung. Sollten keine Anmer- Importe von Milcherzeugnissen aus Drittländern kungen eingehen, könnte der 2010 eingeschlage- spielen derzeit nur eine untergeordnete Rolle, ne Weg noch dieses Jahr beendet werden. Über nennenswerte Mengen kommen lediglich aus der die Neuerungen haben wir berichtet, nur Details Schweiz (mit Sonderkonditionen) sowie Neusee- wurden noch modifiziert und sollten im Ergebnis land. Früher wurden attraktive Importlizenzen in der Milchwirtschaft in der täglichen Arbeit mehr einem schwierigen Zuteilungsverfahren ausgege- Sicherheit, Klarheit und gleiche Vorgehensweisen ben. Derjenige, der viele Tochterunternehmen hat- ermöglichen. Was lange währt, wird endlich gut. te, konnte umso mehr Anträge stellen. Das soll nun MIV-Geschäftsbericht 2019/20 21
Kapitel xy 22 MIV-Geschäftsbericht 2019/20
MIV-Jahrestagung Milchpolitischer Branchenstrategie 2030 Frühschoppen Öffentlichkeitsarbeit, Presse und Events Brüsseler Milchgipfel Milch-Montag Corona 2 Referenten- frühstücke MIV-Geschäftsbericht 2019/20 23
2. Öffentlichkeitsarbeit, Presse und Events Vorteile der Milch als gesundes und nachhaltiges Lebensmittel unter- streichen Die Arbeit des Milchindustrie-Verbands fokussierte sich im Bereich Öffentlichkeitsarbeit erneut darauf, die positiven Aspekte von Molkerei-Produkten sowie die dahinterstehenden intensiven Qualitätsbestrebungen gegenüber Medien, Politik und Verbrauchern zu betonen. Dazu dienten zum einen mehrere Informations- und Gesprächsformate für Journalisten sowie Abgeordnete und ihre Mitarbeiter. Zum anderen sorgte kontinuierlicher neuer Content auf den verbandseigenen Webseiten, über Print-Produkte wie dem Milch- politikreport sowie auf Social Media – sprich Twitter – für Aufmerksamkeit. MIV-Jahrestagung 2019 in Frankfurt CRISPR/Cas würde z. B. die Möglichkeit bieten, mul- Wechsel im Vorstand des MIV tiresistente Starterkulturen zu entwickeln, sodass Im Rahmen der 108. Mitgliederversammlung phagenbedingte Säuerungsstörungen verhindert des Milchindustrie-Verbandes wurde neben dem werden könnten. Kulturen könnten auch in die Jahresrückblick, der Genehmigung des Jahres- Lage versetzt werden, Schadkeime und Pathogene abschlusses und der Entlastung des Vorstands von mit Bakteriozinen zu hemmen, für eine schnellere den Mitgliedern ein neuer Vorstand für die nächs- Käsereifung zu sorgen oder Aroma und Textur ten zwei Jahre gewählt. gezielt einzustellen. Bei Nutztieren können z. B. Er- tragssteigerung oder Widerstandsfähigkeit gegen Dr. Thomas Obersojer (Bayerische Milchindustrie), Krankheiten, bei Nutzpflanzen erhöhte Stressresis- Matthias Oettel (Molkerei MEGGLE), Frank-Andreas tenz oder ebenfalls Ertragssteigerung in den Fokus Uszko (Zott) und Morten Felthaus (Omira) wurden treten. neu in das Gremium gewählt. Im Anschluss an die Mitgliederversammlung berief der neue Vorstand Nach einem EuGH-Urteil ist die neue Technologie Peter Stahl (Hochland) einstimmig erneut zum jedoch pauschal als Gentechnik einzustufen, sodass Vorstandsvorsitzenden. Zum Schatzmeister und ihre Anwendung unnötig begrenzt wird. Denn Stellvertreter wurde Jakob Ramm (Milchwerke CRISPR/Cas kommt in der Natur vor (entdeckt wur- Schwaben) gewählt; Hans Holtorf (frischli Milchwer- de es bei Streptococcus thermophilus), die Auswir- ke) wurde ebenfalls als Stellvertreter bestätigt. kungen solcher Veränderungen des Genoms lassen sich nicht vorhersagen. Wenn Wissenschaftler da- Drei Vorträge zu aktuellen Themen bot der öffentli- gegen gezielte Änderungen vornehmen, wissen sie, che Teil der MIV-Jahrestagung: was sie tun, sagte Scherer. Er verlieh seiner Frus- tration Ausdruck, dass wissenschaftliche Erkennt- Natürliche „Gentechnik“ nisse von der Politik nur dann in Entscheidungen Prof. Siegfried Scherer, TU München/Lehrstuhl einbezogen werden, wenn sie in die jeweilige politi- für mikrobielle Ökologie, beschrieb, wie das neue sche Landschaft passen. Wir brauchen dringend ein CRISPR/Cas-Verfahren Fortschritte in der Züch- neues Gentechnikrecht, forderte der Mikrobiologe. tung von Pflanzen, Tieren und Mikroorganismen erbringen kann – und dies auf einem bislang nicht Der Milchmarkt in China möglichen einfachen, schnellen und kostengünsti- Axel Wildner, Agrarreferent an der deutschen Bot- gen Weg. CRISPR (Clustered Regularly Interspaced schaft in Peking, gab einen profunden Einblick in Short Palindromic Repeats) sind Abschnitte sich Land und Markt. Die alles kontrollierende kommu- wiederholender DNA, die im Erbgut vieler Mikro- nistische Partei hat als Leitlinien für den Agrarsek- organismen auftreten. tor die Selbstversorgung, Marktorientierung und Qualitäts- statt Quantitätsproduktion ausgegeben. 24 MIV-Geschäftsbericht 2019/20
Im Fokus steht dabei Milch, ihr Konsum wird über Image der Milch Schulmilchprogramme gefördert, die zum lebens- „Milch – der kurze Weg vom Kulturgut zum Problem …“ langen Konsum erziehen sollen. Daneben fördert lautete das Thema für Prof. Gunther Hirschfelder, die Regierung auch das Auslandsengagement der Universität Regensburg/Institut für vergleichende heimischen Milchindustrie: 14 Unternehmen sind in Kulturwissenschaft. Der Wissenschaftler untersuch- den Bereichen Frische, Pulver und Babyfood über te, was die Gesellschaft missverstanden und was Foreign Direct Investments in Auslandsmärkten die Molkereien nicht kommuniziert haben. Aktuell engagiert. Ziel ist dabei vor allem die Kostensen- steht Milch keineswegs in einer Qualitäts-, wohl kung. Im Inland ist noch immer eine zu geringe aber in einer Vertrauenskrise, sagte Hirschfelder. Auslastung der installierten Milchverarbeitungs- Dahinter steht eine Entfremdung der Verbraucher kapazitäten gegeben. vom Herstellprozess von Lebensmitteln. Ernäh- rung sei kein kognitiver, sondern ein emotionaler China wird also auf längere Sicht auf Mopro-Im- Vorgang. Informationen werden über Influencer porte angewiesen sein. Der Marktzugang ist sehr verbreitet, die heute anstelle von Experten die bürokratisch und formalisiert, chinesische Prüfer Deutungshoheit besitzen. Essen wird ideologisiert, nehmen bei allen Lieferanten Audits vor, die zu erklärte Hirschfelder, die Ernährung dient auch bearbeitenden Fragebögen sind „riesig“. Bei Säug- dem Ausdruck des Lifestyles. lingsnahrung (400.000 t Import im Wert von 2,5 Mrd. USD) erweisen sich diese Prozeduren Milch, so Hirschfelder abschließend, wird als durchaus als nichttarifäre Handelshemmnisse. „Superfood“ ihren Stellenwert auch in einer sich verändernden Gesellschaft behalten. Die Kommuni- Deutschland habe im laufenden Jahr bereits Mol- kation braucht jedoch „starke Bilder“. kereiprodukte im Wert von 200 Mio. Euro nach China geliefert, berichtete Wildner. Für Fragen zum Die nächste Jahrestagung findet am 22. Oktober chinesischen Markt steht der Branche ein Kontakt- 2020 statt, coronabedingt jedoch als Videokonfe- büro des MIV in Peking zur Verfügung, Wildner renz. lobte speziell die gute Zusammenarbeit mit dieser Einrichtung. Eindrücke von der MIV-Jahrestagung 2019 in Frankfurt. MIV-Geschäftsbericht 2019/20 25
2. Öffentlichkeitsarbeit, Presse und Events Brüsseler Käsehappen 2020 Zum Veranstaltungsthema „Deutsche Milch mit Der Brüsseler Käsehappen des MIV ist ein infor- deutscher Flagge? – Fluch oder Segen der Her- melles Zusammenkommen von Vertretern der kunftsbezeichnung“ wurde über das Für und Wider EU-Kommission, des Europäisches Parlaments, von einer solchen Regelung diskutiert. Das Podium Mitgliedstaaten und Verbänden und bietet in unge- besetzten diesmal Herbert Dorfmann (MdEP), zwungener Atmosphäre die Gelegenheit zu einem Alexander Anton (EDA), Dr. Sascha Weber (Thünen- interdisziplinären Austausch. Er findet immer An- Institut) sowie Burkhard Endemann (B&L Medien- fang Januar statt und genießt große Beliebtheit. Gesellschaft). Anselm Richard vom Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben begleitete die Diskussion als Moderator. Milch-Montag 2020 Am 20. Januar fand der Milch-Montag in Berlin EDA-Generalsekretär Anton sprach in seinem statt. Die MIV-Veranstaltung ist ein jährlicher Spit- Podiumsbeitrag von Gastronationalismus und zentreff der Milchbranche, der traditionell im Rah- Gastrochauvinismus. Sein Verband, der europäi- men der Internationalen Grünen Woche abgehalten sche Milchindustrie-Verband, spricht sich klar wird. Die historische Meierei Bolle bot den Gästen gegen jede verbindliche Herkunftsbezeichnung aus aus Wirtschaft und Politik ideale Möglichkeiten zu und vertritt diese Position vor der EU-Kommission. intensiven Gesprächen und wertvoller Kontaktpfle- ge. Peter Stahl als Vorsitzender des Milchindustrie- Dr. Sascha Weber ist sich sicher, dass die wirklichen Verbandes, der Parlamentarische Staatssekretär Kaufentscheidungsmotive der Verbraucher in Quali- Hans-Joachim Fuchtel sowie der Milchpräsident des tät, Geschmack und Haltbarkeit sowie Preisstellung Deutschen Bauernverbandes Karsten Schmal eröff- stecken. Die Herkunft ist dem Konsumenten erst neten die Veranstaltung mit ihren Festreden. weit nachgelagert wichtig. Zudem würden alle Milchprodukte, die in der EU verkehrsfähig sind, per se eine hohe Qualität mitbringen. Weber stellte fest, Milchpolitischer Frühschoppen 2020 dass die Verbraucher in der Summe keinen Wert auf Am 21. Januar fand in der Vertretung des Freistaa- Kenntnis der Herkunft eines Produkts legen, außer- tes Bayern der Milchpolitische Frühschoppen statt, dem könne sich jeder, der dies wissen will, schon ebenfalls traditionell am Rande der Grünen Woche. heute alle Informationen im Internet beschaffen. Der traditionelle Milch-Montag 2020 fand noch vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie in der historischen Meierei Bolle statt. 26 MIV-Geschäftsbericht 2019/20
Beim Milchpolitischen Frühschoppen stand das Thema Herkunftsbezeichnung im Mittelpunkt der Diskussionen. Die Verbraucher seien heute kritischer und wür- cher sich eher wenig um die Herkunft der Erzeug- den nach Transparenz verlangen, meinte hingegen nisse kümmern. Burkhard Endemann. Würde Brüssel eine verbind- liche Herkunftsbezeichnung verhängen, werde sich die Branche nicht wehren können. Bei einer freiwil- Brüsseler Milchgipfel 2020 ligen Kennzeichnung besteht die Gefahr, dass sich „Green Deal für Milch?“ lautete das Motto des die Verbraucher fragen, warum bestimmte Produk- diesjährigen traditionellen Milchgipfels, eine vom te die Deklaration tragen, andere aber nicht. Milchindustrie-Verband speziell für Vertreter der Eine verbindliche Herkunftskennzeichnung be- europäischen Politik- und Verbandsszene in Brüssel steht bereits seit Längerem bei Gemüse, Fleisch ausgerichteten Vortragsveranstaltung – im Übri- oder Honig, stellte Dr. Bettina Hartwig, BMEL, fest. gen die erste Veranstaltung, die in Brüssel zum Wenn deutsche Produkte unter höheren Standards Green Deal stattfand. Mit ca. 180 Teilnehmern war erzeugt werden als im EU-Ausland, würden die das Event am 20. Februar 2020 in der bayerischen Landwirte wohl auch auf eine verbindliche Her- Landesvertretung sehr gut besucht. kunftsbezeichnung drängen. Von daher müsse über den weiteren nationalen Weg nachgedacht Der MIV-Vorsitzende Peter Stahl und Barbara werden. Hierzu entgegnete Anton direkt, dass es Schretter, Leiterin der bayerischen Landesvertre- ausschließlich milchsektorspezifische Regelungen tung in Brüssel, begrüßten die Gäste und führten in geben kann, denn Milch sei hinsichtlich der Ver- das Thema ein. Im Anschluss gab Cristina Lobillo- arbeitungsstufen und ihrer Qualität einzigartig im Borrero von der Generaldirektion Landwirtschaft Agrarbereich. bei der EU-Kommission einen Überblick über den Green Deal und seine potenziellen Auswirkungen Was in allen Diskussionen über eine verbindliche auf die Milchbranche. Die Einzelheiten dazu würden Herkunftsbezeichnung meist zu kurz kommt, ist in der Farm-to-Fork-Strategie, die damals für Ende der Handel. Dieser hat ein gutes Gespür dafür, wie März 2020 angekündigt war, niedergelegt sein. In er seine Kunden ansprechen muss. Bisher zeigt Zukunft müsse sich jede politische Maßnahme den der LEH in Bezug auf die Herkunftsbezeichnung Zielen des Green Deals unterordnen, so Lobillo- aber keinen allzu großen Elan. Dies kann getrost Borrero. Mit ihr diskutierten im Anschluss der als Beleg dafür gesehen werden, dass die Verbrau- Europa-Abgeordnete Herbert Dorfmann aus Süd- MIV-Geschäftsbericht 2019/20 27
2. Öffentlichkeitsarbeit, Presse und Events tirol, der die Forderung aufstellte, der Green Deal mit Vertretern von DRV und DBV Themen von der müsse auf realen Gegebenheiten und wissenschaft- Milcherzeugung bis hin zu Milch als gesundem und lichen Erkenntnissen beruhen. Günther Felßner, nachhaltigem Lebensmittel zu diskutieren. Vizepräsident des Bayerischen Bauernverbandes, begrüßte den Green Deal, warnte allerdings auch Im Rahmen eines – coronabedingt komplett digital vor einer Fülle von existenzgefährdenden Auflagen durchgeführten – Pitches stellten vier Agenturen für die Landwirte und brachte das Augenmerk auf ihre Vorschläge für einen kritisch-konstruktiven die Ernährungssicherheit, da 10 % der Weltbevöl- Dialog mit der Öffentlichkeit sowie die nachhaltige kerung an Hunger litten. Die interessierten Gäste Sicherung der Akzeptanz für die Milch vor. des Gipfels beteiligten sich rege an der Diskussion unter der Moderation des Journalisten Dr. Detlef Damit das Projekt der Gewinner-Agentur starten Fechtner. kann, ist eine Zusage zur Beteiligung über einen Zeitraum von zunächst drei Jahren von mindestens 80 % der deutschen Milchverarbeitung als Voraus- Kommunikation – die Branche macht sich auf den setzung bestimmt worden. Weg?! Als Ergebnis der Strategie 2030 der deutschen Milchwirtschaft wurde eine zunehmende gesell- Tagesgeschäft: Tierwohl, Gesundheit und etwas schaftliche Kritik an moderner Milchproduktion und Milchpreis -verarbeitung festgehalten. Zwar gibt es Aktivitäten In den letzten Jahren waren die im Lebensmittel- unterschiedlicher Organisationen der Milchbranche einzelhandel sich hoch und runter bewegenden auf regionaler Ebene, diese sind in ihrer Reichweite Produktpreise und deren Auswirkungen auf die Er- jedoch begrenzt. zeugerpreise regelmäßig Gegenstand der Gesprä- che mit Journalisten und der Berichterstattung. Die Aufgabe, die sich den verschiedenen Stakehol- Der Milchpreis bewegte sich in den vergangenen dern der Strategie stellte, lautet, eine gemein- Monaten über einem Krisenniveau eher seitwärts same, in der Öffentlichkeit präsente und wahr- und induzierte nur wenige Artikel. Selbst teilweise nehmbare Branchenkommunikation des deutschen sinkende Milchpreise im Rahmen der Corona-Pan- Milchsektors zu schaffen. Der MIV hat hierfür demie wurden durch andere Themen des Tagesge- seine Strukturen genutzt und die Experten aus schäfts überlagert. den Molkereien hinzugezogen, um gemeinsam Das Thema „Green Deal für die Milch“ erstmalig in Brüssel beim MIV-Milchgipfel. 28 MIV-Geschäftsbericht 2019/20
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