Gipfel der Verdrahtung - Dokumentation über die starke Zunahme von Kletter-steigen in Deutschland, Österreich und der Schweiz - Mountain Wilderness

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Gipfel der Verdrahtung - Dokumentation über die starke Zunahme von Kletter-steigen in Deutschland, Österreich und der Schweiz - Mountain Wilderness
Gipfel der
    Verdrahtung

    Dokumentation über die starke Zunahme von Kletter-
1   steigen in Deutschland, Österreich und der Schweiz
Gipfel der Verdrahtung - Dokumentation über die starke Zunahme von Kletter-steigen in Deutschland, Österreich und der Schweiz - Mountain Wilderness
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Gipfel der Verdrahtung - Dokumentation über die starke Zunahme von Kletter-steigen in Deutschland, Österreich und der Schweiz - Mountain Wilderness
Gipfel der Verdrahtung

    Dokumentation über die starke
    Zunahme von Klettersteigen in
Deutschland, Österreich und der Schweiz

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Gipfel der Verdrahtung - Dokumentation über die starke Zunahme von Kletter-steigen in Deutschland, Österreich und der Schweiz - Mountain Wilderness
Impressum

    Gipfel der Verdrahtung
    Dokumentation über die starke Zunahme von Klettersteigen
    in Deutschland, Österreich und der Schweiz

    Herausgeber:

    Mountain Wilderness Deutschland e.V.
    Waldstr. 31a
    82237 Wörthsee
    http://www.mountainwilderness.de

    mountain wilderness schweiz
    Sandrainstrasse 3
    CH-3007 Bern
    http://mountainwilderness.ch

    AutorInnen:
    Kirsten Schütz & Michael Pröttel
    Weitere Beiträge:
    Richard Goedeke
    Thomas Häfliger
    Guido Jablonski
    Karin Lankes
    Heinz Wiedmann

    Erste Auflage Mai 2013
    Titelbild und Rücktitel: A. Neumann, Klettersteig Richterspitze
    Satz und Layout: Janis Sonnberger, merkMal Verlag
    Gedruckt auf Recyclingpapier

    Wir bedanken uns bei PATAGONIA für die finanzielle Unterstützung.

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Gipfel der Verdrahtung - Dokumentation über die starke Zunahme von Kletter-steigen in Deutschland, Österreich und der Schweiz - Mountain Wilderness
Inhaltsverzeichnis

Vorwort von Eugen E. Hüsler........................................................................ 6

Einführung...................................................................................................... 8

Teil I – Österreich
I a Ausgangslage........................................................................................ 10
I b Klettersteigliste Österreich..................................................................... 14
I c Fallbeispiele........................................................................................... 18
I d Zunahme von Klettersteigunfällen in Österreich.................................... 24
I e Fazit....................................................................................................... 27

Exkurs: Rechtliche Grundlagen.................................................................. 28

Teil II – Schweiz
II a Ausgangslage........................................................................................ 30
II b Charta von Engelberg............................................................................ 32
II c Zunahme von Klettersteigunfällen in der Schweiz................................. 34
II d Fallbeispiele........................................................................................... 35
II e Klettersteigunfälle in der Schweiz.......................................................... 44
II f Auswertung der Klettersteig-Charta und Fazit....................................... 46

Exkurs – Wasserfall- und Schluchtensteige.............................................. 50

Teil III – Deutschland
III a Ausgangslage........................................................................................ 52
III b Klettersteigliste Deutschland.................................................................. 55
III c Fallbeispiele........................................................................................... 56
III d Zunahme von Klettersteigunfällen in Deutschland................................. 62
III e Fazit....................................................................................................... 63

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Gipfel der Verdrahtung - Dokumentation über die starke Zunahme von Kletter-steigen in Deutschland, Österreich und der Schweiz - Mountain Wilderness
Vorwort

    Quo vadis Klettersteige?

    Vielleicht erinnern Sie sich noch an jene    nisse. Die Klettersteige sind immer mehr
    Sommernacht im Juli 1969, als Neil           geworden über die Jahre, auf einen ers-
    Armstrong als erster Mensch seinen Fuß       ten Boom in den 1960er-Jahren folgten
    in den Mondstaub setzte und das auch         der nächste und der übernächste. Weit
    gleich sehr treffend kommentierte: „That     über tausend Routen sind es mittlerweile
    ist one small step for a man, one giant      alpenweit. Im Mittelpunkt stand bei den
    leap for mankind.“                           Neuanlagen immer weniger der Berg,
                                                 zunehmend wichtiger wurde das Spekta-
    Da schaute alle Welt gebannt auf den         kel. Dieser Trend nahm seinen Anfang in
    Erdtrabanten, ich auch, auf einem            Frankreich, bis 1990 eine klettersteigfreie
    Campingplatz in Cortina d’Ampezzo. Der       Zone, breitete sich nach und nach Osten
    erste Mensch auf dem Mond – unglaub-         aus. Seilbrücken, Stahlgitter, Drehleitern
    lich! Ich schlürfte meine Cola, um wach      – Hochseilgärten im Steilfels.
    zu bleiben, trotz der Steilwandtour am
    „Blitzableiter“ der Südlichen Fanisspitze.   Bergsteigen ade. Und das stimmt mich
    Nebensache? Für die Welt garantiert,         als „Alpenoldie“ etwas traurig. Was hat
    für mich nicht, wie sich später heraus-      eine Installation wie jene am Gemmipass
    stellen sollte. Denn diese zufällige erste   noch mit dem Erlebniswert einer Civetta-
    Begegnung mit einem Klettersteig verlieh     Überschreitung gemeinsam? Das Eisen,
    meinem (Bergsteiger-) Leben einen ent-       ja, aber auf der „Alleghesi“ entführt es
    scheidenden Kick.                            mich in eine faszinierend schöne Hoch-
                                                 gebirgslandschaft, während es unter
    Mehr als vierzig Jahre sind seither          dem Skywalk im Wallis zum Selbstzweck
    vergangen, geschätzte 2000-mal stand         geworden ist: Nervenkitzel über dem
    ich auf einer Via ferrata (ich hab’s nie     Abgrund.
    gezählt), was mir schließlich den (inoffi-
    ziellen) Titel eines „Klettersteigpapstes“   Der Trend ist eindeutig, ganz klar ist
    einbrachte. Fast ein halbes Jahrhundert      auch, dass die Natur so zur Kulisse
    hautnah erlebte Klettersteiggeschichte –     verkommt. Da könnte man diese Eisen-
    da muss man ja zum Chronisten werden.        parcours ja gleich in die Städte bauen,
    Der schaut mit einem lachenden und           Hochhäuser stehen in Frankfurt oder
    einem weinenden Auge zurück. Zurück          Berlin genug. Es bestehen durchaus
    auf viele schöne Stunden in den Bergen,      Parallelen zur Kletterszene: Kletterhallen
    auf Herausforderungen im Steilfels, inte-    und -gärten gibt’s en masse, dafür ist es
    ressante Begegnungen und tolle Erleb-        an den Drei Zinnen still geworden. Das

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kann man begrüßen, und ich bin mir auch
nicht sicher, ob heute das Projekt eines
Klettersteiges am Jubiläumsgrat oder an
der Moiazza noch Chancen hätte vor den
Augen einer streng auf Naturschutz ach-
tenden Öffentlichkeit. Schade eigentlich,
finde ich. Aber das ist wohl eine etwas
altmodische Meinung.

Übrigens: Der längste Klettersteig wird
alljährlich im fernen Nepal aufgebaut, um
mehr oder weniger sportlichen Gipfelstür-
mern den Gänsemarsch zum höchsten
Berg der Welt zu erleichtern. Das ist eine
andere Geschichte – oder doch nicht?

                         Eugen E. Hüsler

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Einführung

    Die anhaltende technische Erschließung         Im Gegensatz zu den alpinen Vereinen
    der Alpen betrifft leider nicht nur neue       DAV, SAC, OeAV und CAA lehnen Moun-
    Skilifte, Speicherteiche oder Aus-             tain Wilderness Deutschland und mountain
    sichtsplattformen. Die Recherchen der          wilderness schweiz den Neubau von Klet-
    vorliegenden Dokumentation von moun-           tersteigen im Gebirge grundsätzlich ab.
    tain wilderness schweiz und Mountain
    Wilderness Deutschland ergaben, dass           Doch um nicht falsch verstanden zu
    allein in den vergangenen fünf Jahren          werden: Wir wollen mit dieser Publikation
    in den Schweizer, Österreichischen und         nicht das Klettersteiggehen grundsätzlich
    Deutschen Alpen mehr als 100 neue              verteufeln. Auch der/die eine oder andere
    Klettersteige errichtet wurden.                von uns hat seinen/ihren ersten „alpinen
    Von der Gesamtzahl her hat Österreich          Gehversuch“ an einer klassischen Via
    mit 594 Anlagen sogar das „klassische          Ferrata bewältigt.
    Klettersteigland“ Italien (496) überflügelt,   Und spätestens dann, wenn ein Kinder-
    während in Deutschland 206 und in der          gesicht nach Bewältigung des ersten
    Schweiz 165 Steige auf Drahtseilartisten       richtigen Klettersteigs den Papa voller
    warten. (Quelle: www.klettersteig.de,          Stolz anlacht (wie einer unserer Autoren
    Stand 25.02.2013)                              2012 erlebte), müssen selbst „Alpin-Pu-
                                                   risten“ zugeben, dass Klettersteige auch
    Das Klettersteiggehen boomt also wie           Spaß vermitteln können.
    kaum eine andere Bergsportart, was             Und trotzdem: Genug ist einfach genug!
    Sportartikel-Hersteller, Hüttenwirte und
    Tourismusdestinationen dazu veranlasst,        Der Sinn und Zweck dieser Broschüre
    immer mehr Felsflanken und Gipfelgrate         ist es, mit einer möglichst umfassenden
    mit Drahtseilen zu verkabeln.                  Dokumentation auf den wirklich explo-
    Natürlich dürfen „spektakuläre Hänge-          sionshaften Anstieg von Klettersteigen
    brücken“, „nervenkitzelnde Seilrutschen“       und dem damit verbundenen Anstieg von
    oder „360°-Strickleitern“ bei den (leider      Unfällen hinzuweisen und alle Verant-
    teils sehr unfallträchtigen) Neubauten         wortlichen und Entscheidungsträger auf-
    nicht fehlen. Und so hält der Funpark-         zufordern, keine weiteren Anlagen mehr
    Charakter auch in dieser Spielart des          zu errichten. Denn unsere Alpen sind nun
    Bergsports immer mehr Einzug.                  einmal – in jeder Hinsicht – übererschlos-
    Besonders bedauerlich ist es unserer           sen.
    Meinung nach, wenn klassische Kletter-
    routen von neuen Klettersteigen überbaut       In den drei Teilen dieser Publikation wird
    werden oder wenn hochalpine Gipfelan-          jeweils für Österreich, die Schweiz und
    stiege mit Stahlseilen verkabelt werden.       Deutschland zunächst die Ausgangslage

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Gipfel der Verdrahtung - Dokumentation über die starke Zunahme von Kletter-steigen in Deutschland, Österreich und der Schweiz - Mountain Wilderness
in dem entsprechenden Land dargestellt.       Sport-Klettersteige haben meist einen
Im Anschluss daran folgen die Zusam-          kurzen Zustieg und legen Wert auf eine
menstellungen der neugebauten Kletter-        spektakuläre Routenführung. Ausdauer-
steige aus den letzten fünf Jahren sowie      kraft (Arme) ist mehr gefragt als Berger-
ausgewählte Fallbeispiele. Zuletzt wird       fahrung oder Kondition. Der Umkehr-
jeweils auf die in allen Ländern beängs-      punkt kann in der Wand oder an einem
tigend zunehmende Unfallentwicklung           beliebigen Ausstiegspunkt sein: Hier ist
in Verbindung mit dem Klettersteigboom        der „Weg“ das Ziel.
eingegangen.
Auf einer Extraseite werden zudem die         Fun-Klettersteige sind meist in Tal- oder
rechtlichen Grundlagen zu Klettersteigen      Seilbahnnähe angelegt, verfügen über
behandelt.                                    möglicherweise aufwendige Konstruktio-
                                              nen und artistische Elemente wie Seilbrü-
Bevor wir „in media res“ gehen, darf eine     cken, Stahlnetze und Seilrutschen, wie
einführende Begriffsdefinition natürlich      sie auch in Seilparks vorkommen. Berg-
nicht fehlen:                                 erfahrung ist nicht notwendig, im Vorder-
„Klettersteige sind mit Stahlseilen und       grund steht der maximale Spaßfaktor.
evtl. Griff- und Tritthilfen statisch abge-   Dieser Kategorie sind in den folgenden
sicherte Routen, auf denen zur Selbst-        Auflistungen auch talnahe Wasserfall-,
sicherung ein Klettersteigset verwendet       Klamm- und Schluchten-Klettersteige
wird.“ (Österreichisches Kuratorium für       zugeordnet.
Alpine Sicherheit)
Die verschiedenen Klettersteigführer
verwenden meist eigene Kategorien zur
Unterteilung der Klettersteige. In dieser
Dokumentation werden die aufgelisteten
Klettersteige drei Kategorien zugeordnet,
die an eine Einteilung von Klettersteig-
formen des Deutschen Alpenvereins
angelehnt sind.

Der klassische alpine Klettersteig
                                            Drehleiter Gemmi Klettersteig
verläuft in alpinem Gelände, durch
                                            Foto: S. Kreuzer
Wände oder über Grate, hat in der Regel
einen längeren Zustieg und führt meist
auf einen Gipfel. Er nutzt die Struktur      Natürlich sind die Übergänge zwischen
des Geländes, ist also logisch im Verlauf    den verschiedenen Kategorien fließend.
und verzichtet weitgehend auf Elemente       So haben viele der neuen alpinen Klet-
wie Seilbrücken. Schwierige Passagen         tersteige und Sport-Klettersteige auch
sind in der Regel durch Leitern, Tritt- und  Fun-Elemente (wie Seilrutschen oder
Griffeisen entschärft.                       Hängebrücken).

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Gipfel der Verdrahtung - Dokumentation über die starke Zunahme von Kletter-steigen in Deutschland, Österreich und der Schweiz - Mountain Wilderness
Teil I – Österreich

     Ia      Ausgangslage

     Von allen deutschsprachigen Alpen-         Simony durchgeführt, der seinen ersten
     ländern hat Österreich mit mehr als        Gipfelanstieg als „recht abscheuliches
     70 neuen Anlagen in den letzten fünf       Klettern“ empfand und daher Geld für
     Jahren die mit Abstand größte „Kletter-    eine Seilversicherung sammelte.
     steig-Explosion“ erlebt.                   26 Jahre später wurden am Großglockner
     Zudem gibt es einen historischen Grund     400 Meter mit Drahtseilen versichert. 1878
     dafür, dass wir unsere dreiteilige Doku-   wurde ein weiterer Klettersteig am Dach-
     mentation im rot-weiß-roten Nachbarland    stein errichtet. Zwischen 1894 und 1913
     beginnen: Am Hohen Dachstein wurde         wurden mit Teufelsbadstubensteig, König-
     1843 der erste Klettersteig der Alpen      schusswandsteig und Haidsteig gleich drei
     errichtet.                                 Eisenwege auf der Rax angelegt.
     Die Sicherung des Normalwegs auf           Die ersten Klettersteige waren damals
     den 2.995 Meter hohen Gipfel wurde         natürlich nur ein Mittel zum Zweck, auf
     auf Anregung des berühmten Friedrich       den Gipfel zu gelangen.

      Dachsteingipfel
      Foto: M. Pröttel

10
Ein paar Ausnahmen gab es in den           en meist Unternehmer wie Seilbahn- und
Wiener Hausbergen. Dort entstanden im      Mautstraßenbetreiber oder Tourismusge-
ausgehenden 19. Jahrhundert die ersten     meinden.“
Klettersteige mit sportlichem Charak-
ter. An leiterartigen Steigbäumen aus      Prominentes Beispiel für diese klassische
Eisen stiegen die ersten Klettersportler   Konfliktsituation ist der stark frequentierte
an senkrechten Felsen in die Höhe. Bis     Kletterssteig „Königsjodler“ am Hochkö-
daraus aber ein echter Trend wurde,        nig, der vor einigen Jahren trotz massi-
vergingen fast 100 Jahre.                  ver Bedenken der Naturschutzbehörde
                                           mitten im heutigen Europaschutzgebiet
Ausgehend von den in den 1960er-           Kalkhochalpen (Natura 2000) gebaut
Jahren gebauten Klettersteigen in          wurde.
den Dolomiten (hier vor allem rund
um Cortina d‘Ampezzo) setzte in den        Zwar wurden im Hinblick auf bestehende
1970er- und 80er-Jahren vor allem in       klassische Kletterrouten Projekte aus
Tirol (z.B. rund um Imst, im Stubaital     den 1990er-Jahren am Kopftörlgrat und
und am Arlberg) ein erstes Kletter-        an der Schüsselkarspitze nicht realisiert.
steig-Baufieber ein.                       Andererseits empfanden nicht wenige
                                           den Bau des Intersport-Klettersteigs
Während in den 1990er-Jahren der           (Donnerkogel/Gosaukamm) als Sakrileg,
Klettersteigboom etwas nachließ, schwoll   da der legendäre Kletterer Paul Preuß
die stählerne Welle ab der Millenniums-    die Route bei der ersten Überschreitung
wende langsam, aber stetig wieder an.      des Berges geklettert war.
2007 warnte Günter Karnutsch (Obmann
der Salzburger Berg- und Skiführer) auf    Der Österreichische Alpenverein (OeAV)
einem DAV-Bergforum mit dem Titel          legt in der „Arbeitsgebietsordnung Hütten
„Klettersteige – Alpinismus auf dem Ei-    und Wege“ fest: „Neue Wege, einschließ-
senweg?“ vor der ungezügelten Entwick-     lich der Weitwanderwege und ihrer
lung in Österreich:                        Markierung sowie Klettersteige dürfen
„Jedes Jahr 20 bis 30 neue Anlagen,        von den Sektionen nur angelegt werden,
Rekorde seien angesagt: der Schwerste,     wenn der Bundesausschuss vorher seine
der Längste, der Spektakulärste… Diese     Zustimmung erteilt hat. Diese darf nur
aggressive Vermarktung wundere ihn         gegeben werden, wenn die Notwendig-
nicht angesichts der Bauherrn: Dies sei-   keit unter Anlegung strengster Maßstäbe

                                                                                           11
festgestellt wird, die Finanzierung der        riante des Bürgeralm-Klettersteigs (siehe
     entstehenden Kosten gesichert und die          unten: Fallbeispiele) für Aufsehen und
     Einwilligung der betroffenen Grundeigen-       Kopfschütteln gesorgt hatte.
     tümer nachgewiesen ist.                        Zudem klagt die Bergrettung über immer
     Für die Errichtung von Klettersteigen ist      mehr Einsätze (siehe weiter unten:
     der von DAV und OeAV ausgearbeitete            Zunahme von Unfällen), weshalb einem
     Kriterienkatalog für die Errichtung von        Bericht der österreichischen Tageszei-
     Klettersteigen (siehe Teil III) zugrunde zu    tung Die Presse zufolge 2009 in der
     legen.“                                        Steiermark sogar ein Verbot für den Bau
                                                    weiterer Klettersteige gefordert wurde.
     Nach Angaben des OeAV wurden seit
     Erstellung und Verabschiedung dieses           Auch der bekannte Klettersteig-Führerau-
     Kriterienkataloges zwei Klettersteigpro-       tor Axel Jentzsch-Rabl kam 2009 zu dem
     jekte (Absamer Klettersteig sowie Sina-        Schluss, „dass ein Punkt erreicht sei,
     bell Südwand, beide aus dem Jahr 2011)         an dem man sich fragen sollte, ob das
     von OeAV-Sektionen eingereicht. Diese          Klettersteiggehen überhaupt noch mit
     wurden durch den Bundesausschuss po-           echtem Bergsteigen zu tun habe“.
     sitiv beurteilt und damit die Zustimmung
     für den Bau erteilt.
     Zudem gibt es neben diesen beiden
     Projekten weitere Klettersteige, bei
     denen OeAV-Sektionen in unterschied-
     lich starkem Ausmaß beteiligten waren/
     sind – jedoch nicht als alleinige Errichter/
     Betreiber. Dazu liegen laut OeAV jedoch
     keine genauen Informationen vor.

     Sehr kritisch sehen die Entwicklung in
     Österreich die Vertreter der Bergrettung.
     „Es kann nicht sein, dass die Berge zu
     einer Arena für Vergnügungssüchtige
     gemacht werden“, sagte 2009 Friedrich
     Seidl, Leiter der Bergrettung Steiermark,
     wo zuvor die extrem schwierige Arenava-

12
Sowohl Sinabell (unten) als
auch Absamer Klettersteig
fanden die Zustimmung des
OeAV Bundesausschuss

Fotos: www.geocaching.de
bzw. www.ramsau.com

                              13
Ib       Klettersteigliste Österreich

     Von 2008 bis 2012 wurden der nach-           Jahren und dort wiederum alphabetisch
     folgenden Auflistung zufolge sage und        geordnet. Wenn nach dem Klettersteig-
     schreibe 73 neue Klettersteige in Öster-     namen „(neu)“ hinzugefügt ist, bedeutet
     reich errichtet. Da unsere Recherchen        dies, dass auf dem entsprechenden Berg
     keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhe-    bereits versicherte Stellen vorhanden
     ben, ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß,   waren, diese aber nun zu einem (weitge-
     dass die tatsächliche Gesamtzahl von         hend) durchgehenden Drahtseilanstieg
     Neuerschließungen noch darüber liegt.        verbunden wurden.
     Im Folgenden sind die Klettersteige nach

     2012
     Adolari KS                     Loferer Steinberge/Tirol         Fun-Klettersteig
     Dopamin KS                     Lienzer Dolomiten/Osttirol       Sport-Klettersteig
     Familien KS                    Lienzer Dolomiten/Osttirol       Fun-Klettersteig
     Fernergries KS                 Ötztaler Alpen/Tirol             Fun-Klettersteig
     Franzl KS                      Radstädter Tauern/Bl. Salzburg   Sport-Klettersteig
     Gamsblick KS                   Totes Gebirge/Steiermark         Alpiner Klettersteig
     Großer Priel, SO-Sporn         Totes Gebirge/Oberösterreich     Alpiner Klettersteig
     KS Arena Höhenburg             Hohe Tauern/Bl. Salzburg         Alpiner Klettersteig
     Holderli Seppl KS              Ötztaler Alpen/Tirol             Sport-Klettersteig
     Kitzlochklamm KS               Goldberggruppe/Bl. Salzburg      Sport-Klettersteig
     Mahdlgupf KS                   Salzkammergut/Oberösterreich     Alpiner Klettersteig
     Marokka KS                     Kitzbüheler Alpen/Tirol          Sport-Klettersteig
     Möllschlucht KS                Schobergruppe/ Kärnten           Fun-Klettersteig
     Obergurgler KS                 Ötztaler Alpen/Tirol             Sport-Klettersteig
     Sinabell KS                    Dachstein/Steiermark             Sport-Klettersteig
     Stafflacher KS                 Tuxer Alpen/Tirol                Sport-Klettersteig

     2011
     Absamer KS                     Karwendel/Tirol                  Alpiner Klettersteig
     Amon KS                        Dachstein/Steiermark             Alpiner Klettersteig
     Bergkameraden KS               Chiemgauer Alpen/Tirol           Sport-Klettersteig
     Familien KS Hirschkarspitze    Gasteinertal/Bl. Salzburg        Fun-Klettersteig
     Großer Kinigat KS              Gailtaler Alpen/Kärnten          Alpiner Klettersteig
     Hochkogel KS                   Totes Gebirge/Oberösterreich     Alpiner Klettersteig
     HTL Wels KS                    Höllengebirge/Oberösterreich     Alpiner Klettersteig
     Köllenspitze KS                Tannheimer Berge/Tirol           Alpiner Klettersteig
     Buchau KS                      Rofan/Tirol                      Sport-Klettersteig

14
Katrin KS                      Salzkammergut/Oberösterreich   Sport-Klettersteig
Schwärzenkamm KS               Ötztaler Alpen/Tirol           Alpiner Klettersteig
Leopold KS                     Mur Randgebirge/Steiermark     Sport-Klettersteig
Mauskarspitze KS               Gasteinertal/Bl. Salzburg      Fun-Klettersteig
Millnatzenklamm KS             Gailtaler Alpen/Kärnten        Fun-Klettersteig
Mödlinger KS                   Wienerwald/Niederösterreich    Sport-Klettersteig
Ottenalm KS                    Chiemgauer Alpen/Tirol         Sport-Klettersteig
Pfeilspitzwand KS              Zillertaler Alpen/Tirol        Sport-Klettersteig
Postalmklamm KS (F Variante)   Salzkammergut/Bl. Salzburg     Fun-Klettersteig
Silver Bullet KS               Goldberggruppe/Bl.Salzburg     Fun-Klettersteig

2010
Adrenalin KS                   Lienzer Dolomiten/Osttirol     Sport-Klettersteig
Anna KS                        Dachsteingebirge/Steiermark    Alpiner Klettersteig
Dreifaltigkeit KS              Karawanken/Kärnten             Sport-Klettersteig

             Fünf-Gipfel-Klettersteig
                     Foto: M. Zahel

                                                                                     15
Echernwand KS                  Dachsteingebirge/Oberösterreich   Sport-Klettersteig
     Erlebnissteig Kanzelwand       Kleinwalertal/Tirol               Sport-/Fun-Klettersteig
     Fünf-Gipfel KS                 Rofan/Tirol                       Alpiner Klettersteig
     Gamssteig                      Ötztaler Alpen/Tirol              Sport-Klettersteig
     Gletschergoaß KS               Hohe Tauern/Bl. Salzburg          Sport-Klettersteig
     Hanauer KS                     Lechtaler Alpen/Tirol             Sport-Klettersteig
     Hohe Geige W-Grat (neu)        Ötztaler Alpen/Tirol              Alpiner Klettersteig
     Kupfergeist KS                 Niedere Tauern/Bl. Salzburg       Sport-Klettersteig
     Lachenspitze Nordwand KS       Allgäuer Alpen/Tirol              Alpiner Klettersteig
     Laserer Alpin Steig            Dachsteingebirge/Oberösterreich   Sport-/Fun-Klettersteig
     Leite KS                       Mieminger Gruppe/Tirol            Sport-Klettersteig
     Naturpark KS Nasenwand         Zillertaler Alpen/Tirol           Sport-Klettersteig
     Oberst-Gressel KS (neu)        Karnische Alpen/Kärnten           Sport-Klettersteig
     Röngg- und Röbischlucht KS     Rätikon/Vorarlberg                Fun-Klettersteig
     Schmied KS                     Dachsteingebirge/Oberösterreich   Sport-Klettersteig
     Vaude Schmugglersteig          Montafon/Vorarlberg               Alpiner Klettersteig
     Steinbocksteig                 Ötztaler Alpen/Tirol              Sport-Klettersteig
     Türkenkopf KS                  Bachergebirge/Kärnten             Sport-Klettersteig
     Winkelturm O-Grat KS           Karnische Alpen/Kärnten           Alpiner Klettersteig

     Tassilo Klettersteig   Foto: M. Zahel

16
Seekofel Klettersteig    Foto: M. Zahel

2009
Bürgeralm KS                   Hochschwab/Steiermark             Sport-Klettersteig
Drachenwand KS                 Salzkammergut/Oberösterreich      Sport-Klettersteig
Falkensteig                    Nockberge/Kärnten                 Alpiner Klettersteig
Kala KS                        Salzb. Schieferalpen/Steiermark   Fun-/Sport-Klettersteig
Rifa Übungs KS                 Montafon/Vorarlberg               Fun-Klettersteig
Richterspitze KS (neu)         Zillertaler Alpen/Tirol           Alpiner Klettersteig
Tassilo KS                     Totes Gebirge/Oberösterreich      Sport-Klettersteig
Weiße Gams KS                  Steinernes Meer/Bl. Salzburg      Sport-Klettersteig
Zahme Gams KS                  Steinernes Meer/Bl. Salzburg      Sport-Klettersteig
Pfannknecht KS                 Silvretta/Tirol                   Alpiner Klettersteig

2008
Imster-Wasserfall KS           Lechtaler Alpen/Tirol             Fun-Klettersteig
Kufsteiner KS                  Wilder Kaiser/Tirol               Alpiner Klettersteig
Seekofel KS                    Lienzer Dolomiten/Osttirol        Alpiner Klettersteig
Siega KS                       Dachsteingebirge/ Steiermark      Sport-Klettersteig
Steinwand KS                   Ötztaler Alpen/ Tirol             Sport-Klettersteig
Stuibenfall KS                 Ötztaler Alpen/ Tirol             Sport-/Fun-Klettersteig

                                                                                           17
Ic      Fallbeispiele

     Im folgenden Kapitel wollen wir an ausgewählten Beispielen aufzeigen,
     welch seltsame Blüten beim Bau von neuen Klettersteigen aus österrei-
     chischen Felsen sprießen.

     Glödis
     Foto: R. Goedeke

18
Glödis – Sündenfall im Nationalpark
Baujahr: 2006
Region: Osttirol
Schwierigkeit: B/C

Der Glödis war von Natur aus ein Berg       Zweitens wurde der Klettersteig mit
mit deutlich höheren Schwierigkeiten als    einer Unmenge von Drahtseil, Trittstiften
die anderen Berge der Schobergruppe.        und Leitern so kleinschrittig gestaltet,
Nicht nur nach der technischen Kletter-     dass der Aufstieg über den Grat nun die
schwierigkeit (die am Normalweg bis II      Schwierigkeit A0 und lediglich einige
reicht), sondern auch nach der Ernst-       Meter Schwierigkeitsgrad I – also den
haftigkeit als steiler Dreitausender. Und   einer Feuerleiter – hat. Genau bese-
weil er in der Kernzone des National-       hen erscheint das wie ein Versuch der
parks Hohe Tauern liegt, war eigentlich     Auftragsbeschaffung für die Bergwacht.
zu erwarten, dass das so bliebe. Nicht      Denn dieser Steig ist wegen seines Ver-
zuletzt, weil der Alpenverein auch in       laufs über den Grat extrem blitzgefähr-
seinen Beschlüssen zu Klettersteigen        det. Obendrein werden mit dieser Sorte
im Interesse des Friedens zwischen den      Klettersteig auch Leute in den Steig
Anhängern der verschiedenen Spielfor-       gelockt, die bei einem – durch Blitz oder
men des Bergsteigens klar festgelegt hat,   Steinschlag jederzeit rasch möglichen –
dass Klettersteige nicht über bestehende    Schaden dort in der Hochregion blockiert
Kletterrouten gelegt werden sollen.         sind und dann nicht aus eigener Kraft
                                            wieder herunter können.
Am Glödis wurde gegen alle diese Re-
geln krass verstoßen: Obwohl es in der      Drittens wurde mit diesem Steig den
Schobergruppe mit dem Petzeck, dem          Bergsteigern, die die Berge so als Her-
Hochschober, dem Hohen Prijakt und          ausforderung annehmen wollen, wie die
einer ganzen Reihe anderer Gipfel auch      Natur sie geschaffen hat, sowohl diese
für Bergsteiger gemäßigter Leistungsfä-     schöne, luftig und in gutem Gestein
higkeit mehr lohnende Ziele gibt, wurde     verlaufende Route als auch die natürliche
dort in einem Handstreich eine Verbau-      Sonderstellung des Berges weggenom-
ung der eine hübschen Kletterroute des      men.
Grades III bietenden Südostgrates zu
einem Klettersteig durchgeführt.

Erstens wurde damit mitten in der Kern-
zone eine Erschließungsmaßnahme mit
großräumigen intensiven Eingriffen und
massenhaftem Einbringen von metalle-
nen Installationen vorgenommen.

                                                                                        19
Bürgeralm Klettersteig – „Zusätzliche Seilsicherung obligatorisch“
     Baujahr: 2009
     Region: Steiermark
     Schwierigkeit: F

     Der Klettersteig Bürgeralm ist ein Beispiel   Dabei ist der Rest der Route unspektaku-
     dafür, wie mit einem extremen Schwierig-      lär. „Ohne diese schwere Variante wäre
     keitslevel um Aufmerksamkeit gekämpft         der eigentliche Bürgeralm-Klettersteig
     wird: „Die sogenannte Arenavariante ist       eher uninteressant, da die Route meist
     vielleicht der derzeit schwerste Kletter-     im Wald verläuft und – im Vergleich mit
     steig“, sagte Führer-Autor Axel Jentzsch-     anderen Klettersteigen – wenige lohnen-
     Rabl in einem Beitrag des Magazins            de Passagen hat“, betonte Jentzsch-Rabl
     ALPIN. Eine Begehung im herkömmli-            und warnte: „Wer im Fels nicht mindes-
     chen Stil (also nur mit dem Klettersteig-     tens den siebten Schwierigkeitsgrad klet-
     set gesichert) sei gefährlich, da man bei     tert oder sich auf E-Klettersteigen wirklich
     einem Sturz wahrscheinlich sehr hart in       spielt, sollte die Finger davon lassen.“
     das Klettersteigset falle und eventuell
     zusätzlich an die Felswand schlägt, so
     der ausgewiesene Klettersteigexperte.
     Deshalb empfahl Jentzsch-Rabl, auf
     jeden Fall ein Sicherungsseil mitzuführen
     und nur Begehungen mit einem Kletter-
     partner zu unternehmen. Zudem stellte
     er die Frage nach der Sinnhaftigkeit der
     schweren Steiganlage: „Die Initiatoren
     haben einen Grenzfall geschaffen. Die
     kurze, extreme Arenavariante wird medial
     sicher ein großes Echo auslösen und
     viele auf die Bürgeralm locken.“

20
Stafflacher Klettersteig – „Infrarotzählwerk belegt Klettersteigboom“
Baujahr: 2012
Schwierigkeit: C
Region: Tuxer Alpen

Der Stafflacher Klettersteig bei St. Jodok   tiert. Im Durchschnitt kamen 55 Kletterer
(Tuxer Alpen) wurde bereits in der ersten    am Tag. Am 9. September 2012 verur-
Saison seines Betehens von ca. 6000          sachte ein Andrang von 460 Besuchern
Klettersteiggehern besucht. Die Berg-        Wartezeiten am Einstieg. Zudem wurden
rettung St. Jodok hatte den Klettersteig     auch Nachtbegehungen registriert, was
errichtet und dabei ein Infrarot-Zählwerk    in Bezug auf die die mögliche Unfallge-
installiert, der die Begehungen dokumen-     fahr natürlich nicht unproblematisch ist.

Stafflacher Klettersteig
Foto: B. Ziegler

                                                                                         21
Galitzenklamm – „Vier Steige … eine Klamm“
     Baujahr: bis 2012
     Schwierigkeit: bis F
     Region: Osttirol

     Seit Sommer 2012 warten in der Ostti-          „Dopamin Klettersteig“ und „Adrenalin
     roler Galitzenklamm vier verschiedene          Klettersteig“ nahe. Der Letztgenannte
     Klettersteige auf hormonausschüttungs-         wurde für einen einheimischen Bergstei-
     affine Urlauber. Zumindest legen das die       ger allerdings zum tödlichen Verhängnis
     Namen der zwei neuesten Kreationen             (siehe Seite 24).

     Elferturm – „Steigklammern statt Felstritte“
     Baujahr: 2000
     Schwierigkeit: D
     Region: Stubaier Alpen

     Hier der interessante Beitrag eines            haus, dass in der Südwestschlucht zur
     Forenteilnehmers zum Thema „Berge in           Torsäule ein neuer Klettersteig einge-
     Ketten“ auf www.gipfeltreffen.at:              richtet werden soll. Die Route ist eine
     „Leider stelle ich fest, dass das, was man     schöne 2-3, muss nur vom Bruchgeröll
     heutzutage in Nordtirol Klettersteig nennt,    befreit werden. Auf meine Bemerkung
     mich gar nicht mehr anzieht. Weil man          ‚Hoffentlich ohne Klammern‘ bekam ich
     zum Teil fast NUR NOCH auf Eisen läuft.        die Antwort: ‚Ohne Klammern geht das
     Das entspricht zwar dem Ausdruck ‚Via          nicht, da bleiben die Leute ja reihenweise
     ferrata‘, hat aber mit Klettern – wie ich es   stecken, weil sie nicht klettern können,
     mir vorstelle – nichts mehr zu tun.            und kommen nicht mehr weiter.‘“
     Da gibt es z.B. den Klettersteig Elferkofel
     (Stubai), bei dem Steigklammern direkt
     über schöne, bequeme Naturtritte ge-
     setzt wurden. Im direkt anschließenden
     Klettersteig Elfertürme gibt es noch nicht
     einmal mehr ein Sicherungsseil. Bei der
     Anzahl von Klammern hat man das für
     unnötig befunden. Letztes Jahr erfuhr ich
     vom Hüttenwirt auf dem Padasterjoch-

22
Besonders bedauernswert ist es, wenn klassische Anstiege zu großen 3000ern,
wie bei der Hochalmspitze, durchgehend verdrahtet werden.
Foto: M. Pröttel

                                                                              23
Id       Zunahme von Klettersteigunfällen in Österreich

     Rasante Seilrutschen, schwindelerre-        seiner Klettersteigbremse hing, wegen
     gende Hängebrücken, superextreme            falscher Handhabung an der Gabelung
     Steilpassagen … beim Neubau von             ausgerissen am Drahtseil. Der Rest
     Klettersteigen ziehen Funpark-Elemente      befand sich am Gurt des Opfers.
     immer öfter in die Berge ein. Diese
     stellen zusätzlich zu den objektiven und    Im Herbst 2009 musste wegen eines
     subjektiven alpinen Gefahren ein sehr       Unfalls am Flying Fox des Königsjodler
     großes Gefahrenpotenzial dar.               Klettersteigs (Hochkönig) der Bergret-
     Hier eine Liste an tragischen Unfällen      tungshubschrauber zu Hilfe gerufen
     aus den Österreichischen Alpen, die kei-    werden.
     nen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt,
     aber dennoch aufzeigt, dass gerade in       Im Herbst 2010 spielte sich eine tödliche
     den letzten Jahren die Unfallhäufigkeit     Tragödie am Klettersteig „Adrenalin“
     extrem zunimmt.                             in der Galitzenklamm (Osttirol) ab. Ein
                                                 43-jähriger Einheimischer stürzte bei
     Im Sommer 2000 stürzte ein 18-jähriger      seiner Begehung 50 Meter in den Tod.
     Schüler bei der Benutzung der Seilbahn      Wie es zum Unfall kommen konnte, wur-
     eines Klettersteigs am Kanzianiberg         de nicht restlos geklärt. Sowohl falsche
     (Kärnten) 30 Meter in die Tiefe und ver-    Selbstsicherung als auch Schäden am
     starb noch an der Unfallstelle.             Steig wurden damals nicht ausgeschlos-
                                                 sen.
     Im Sommer 2004 kam eine Frau am
     „Pioniersteig“ (Toblach/Südtirol) durch     Im Frühling 2011 unternahmen ein
     Absturz ums Leben. Die 45-Jährige           45-jähriger Bergsteiger aus Unterhart
     rutschte aus und stürzte annähernd 50       und ein 26-jähriger Bergsteiger aus
     Meter in die Tiefe.                         Wels eine Klettertour im Bereich der
                                                 Alberfeldkogel-Nordwand (Höllengebir-
     Im Sommer 2006 rutschte ein junger          ge). Auf einem neu errichteten Kletter-
     Mann am Postalmklamm-Klettersteig           steig rutschte der jüngere Bergsteiger
     (Salzkammergut) aus und stürzte aus         ab und riss in der Folge die mobilen
     50 Metern Höhe in den Hochwasser füh-       Sicherungsgeräte aus ihrer Veran-
     renden Rußbach. Laut Bergrettung dürfte     kerung. Er stürzte – sich mehrfach
     der Mann auf der Stelle tot gewesen sein.   überschlagend – etwa zehn Meter ab
     Seine Freundin war Zeugin des Unfalls.      und verletzte sich dabei unbestimmten
                                                 Grades. Der junge Mann wurde vom
     Im Sommer 2007 stürzte ein Bergsteiger      Bergrettungsdienst geborgen und mit
     auf dem Kaiserschild-Klettersteig in der    dem Rettungshubschrauber ins Kran-
     Steiermark tödlich ab. Einer der Äste       kenhaus geflogen.

24
Im Herbst 2011 entdeckten zwei Klet-          Im Herbst 2011 stürzten zudem ein
terer während ihres Zustiegs zu einer         Mann am „Fünf-Gipfel-Klettersteig“ (Ro-
Route an der Vorderen Karlspitze in           fan) sowie ein Mann am „Sonnenspitze-
Ellmau einen Flying Fox. Einer von ihnen      Klettersteig“ (Mieminger Gruppe) in die
fixierte an seinem Hüftgurt eine Schlinge     Tiefe. Beide zogen sich tödliche Verlet-
und klinkte seine Karabiner in das Stahl-     zungen zu.
seil, um über ein Bachbett zu gleiten. Am
Ende der Seilrutsche prallte er unge-
bremst an den Baum, an dem das Seil
fixiert war. Der Aufprall war so hart, dass
er sich einen Becken- und Oberschenkel-
bruch sowie eine Handwurzelknochen-
fraktur zuzog.

Unfalleinsatz Lachenspitze
Foto: R. Paul

                                                                                         25
Insgesamt nahmen im Jahr 2011 laut          70-Jährige war alleine und ungesichert
     der Bergrettung Salzburg die Unfälle in     am Klettersteig Haidachstellwand unter-
     Klettersteigen erheblich zu. Ein Problem    wegs gewesen. Nachdem er den Gipfel
     sei den Experten zufolge die erhebliche     erreicht hatte, wollte er wieder über den
     Zunahme an Klettersteigen und deren         mittelschweren Klettersteig abklettern.
     Schwierigkeitsgrade. Neue Kletterstei-      Vermutlich im Bereich einer Seilbrücke
     ge seien häufig darauf ausgelegt, den       dürfte er den Halt verloren haben. Darauf
     Touristen einen besonderen Nerven-          stürzte er rund 200 Meter über eine Steil-
     kitzel zu bringen, sodass bewusst auf       rinne tödlich ab.
     „Rastorte“ verzichtet werden würde. Der     Ebenfalls im Herbst 2012 starb eine Frau
     Trend, dass jede Gemeinde touristisch       auf dem schwierigen Königsjodler-Klet-
     durch einen besonders anspruchsvollen       tersteig (Hochkönig) an Erschöpfung.
     Klettersteig auffallen möchte, sieht die
     Bergrettung Salzburg mit Sorge.             Dieser tragischen Unfallentwicklung ent-
                                                 sprechend warnte das Tiroler Kuratori-
     Die Saison 2012 verlief ebenfalls unfall-   um für alpine Sicherheit in seiner Som-
     trächtig:                                   merbilanz 2012 vor zu viel Leichtsinn:
     Im Juli gab es einen tödlichen Absturz      Insgesamt war die Bergrettung auf 90
     auf dem „Köllenspitze Klettersteig” (All-   Klettersteigeinsätzen tätig. Die Kletterer
     gäuer Alpen).                               hatten sich überschätzt und waren zu viel
     Im August verließen einem unerfahre-        Risiko eingegangen, so Peter Veider von
     nen Klettersteiggeher am Direttissima-      der Bergrettung: „Und wenn wir die Leute
     Klettersteig (Ottenalm) die Kräfte und      dann darauf aufmerksam machen, dann
     er stürzte drei Meter bis zur nächsten      kriegen wir höchstens noch eine blöde
     Seilverankerung. Am Ankerpunkt rissen       Rückmeldung. Das Motto lautet, wenn
     beide Schlauchbänder des verwendeten        was passiert, ruf den Hubschrauber. Nur
     Klettersteigsets, woraufhin der junge       wenn etwa das Wetter nicht mitspielt,
     Mann ca. 100 Meter über senkrechtes         dann kann das leicht ein fataler Unfall
     Felsgelände bis unterhalb des Einstieges    werden.“
     abstürzte und tödlich verunglückte. Als
     Konsequenz rief die Herstellerfirma Edel-
     rid mehrere Klettersteigsets der letzten
     drei Produktionsjahre zurück.
     Ebenfalls im August überlebte ein
     Klettersteiggeher einen Absturz am
     „Bergkameraden Klettersteig“ (Gemeinde
     Walchsee) nur schwer verletzt sowie ein
     weiterer einen Absturz am „Postalm-Klet-
     tersteig“ (Flachau) schwerstverletzt.
     Im Herbst 2012 stürzte ein Bergsteiger
     im Rofan 200 Meter in den Tod. Der

26
Ie      Fazit

Nicht nur „Bergpuristen“, sondern auch     ziplin gibt, dann ist diese das genaue
Bergrettungs-Einsatzkräfte und Fach-       Gegenteil des Klettersteiggehens.
leuchte kritisieren die in Zusammenhang    Nämlich das alpine Klettern mit mobilen
mit neuen Tourismuskonzepten stehende      Sicherungsmitteln
Entwicklung und weisen darauf hin, dass    … welches übrigens von mountain
die Natur sei nicht nur „schön und tren-   wilderness schweiz mit der Kampagne
dig“ sondern auch gefährlich sei.          keepwild! climbs seit Jahren erfolgreich
                                           gefördert wird (www.keepwildclimbs.ch).
So kann man über den Slogan „Kletter-
steige im Montafon – Die Königsdisziplin   Fazit: Gerade in Österreich wäre ein
beim Klettern!“ der Montafon Tourismus     zeitnahes Moratorium zum Klettersteig-
GmbH eigentlich nur den Kopf schütteln.    neubau wirklich angebracht.
Wenn es diesbezüglich eine Königsdis-

                                                                                      27
Exkurs: Rechtliche Grundlagen

     In Österreich und Deutschland bedarf           Mindestens einmal jährlich (in der Regel
     die Errichtung eines Klettersteiges i.d.R.     bei Saisonbeginn nach der Frost- und
     der schriftlichen Zustimmung des Grund-        Tauperiode) und bei Hinweisen auf
     eigentümers.                                   Schäden sind protokollierte Begehungen
                                                    (Kontrollen) durch fachkundige Personen
     Für Deutschland gilt: Klettersteige sind       durchzuführen. Wenn sicherungstechni-
     an sich bauliche Anlagen, die dem Bau-         sche Mängel festgestellt werden, ist der
     ordnungsrecht unterstehen. Das Bauord-         Klettersteig sofort durch den Halter zu
     nungsrecht ist Landesrecht, das in den         sperren.
     einzelnen Bundesländern unterschiedlich
     ist. Es empfiehlt sich daher, die Frage der
     Baugenehmigung vorab mit der jeweils           Auch in der Schweiz handelt es sich bei
     zuständigen Bauaufsichtsbehörde zu klä-        Klettersteigen um bewilligungspflichtige
     ren. Die naturschutzrechtlichen Vorgaben       Anlagen. Die Bewilligung von Bauten au-
     im jeweiligen Gebiet müssen berücksich-        ßerhalb von Bauzonen (was bei Kletter-
     tigt werden. Dabei sind regionale, natio-      steigen die Regel darstellt) ist grundsätz-
     nale und internationale Bestimmungen zu        lich eine Aufgabe des Bundes, welcher
     beachten.                                      diese jedoch an die Kantone delegiert
                                                    hat. Baubewilligungen für Klettersteige
     In Österreich ist, je nach Bundesland,         außerhalb von Bauzonen müssen folglich
     eine „naturschutzrechtliche Bewilligung“       immer von einer kantonalen Behörde
     erforderlich. Als Behörden sind die            erteilt werden.
     Bezirkshauptmannschaften bzw. die
     Magistratsabteilungen (Umweltreferate)         Das Baugesuch wird bei der jeweiligen
     zuständig. In Deutschland sind die jewei-      Gemeinde eingereicht, welche eine
     ligen Kreisverwaltungsbehörden (Land-          Empfehlung macht und das Gesuch an
     ratsämter) erste Ansprechpartner.              den Kanton weiterleitet. Die zuständige
                                                    Behörde prüft das Gesuch und entschei-
     Der Erschließer bzw. Träger übernimmt          det, gegebenenfalls nach Absprache
     durch die Anlage eines Klettersteiges          mit anderen Fachstellen (z.B. Amt für
     Absicherungspflichten und muss die             Umwelt).
     ordnungsgemäße Errichtung und regel-
     mäßige Instandhaltung sicherstellen.           Besteht ein Baugesuch für einen Kletter-
     Zivilrechtlich gehaftet wird für ein Verhal-   steig innerhalb des Bundesinventares für
     ten, das ursächlich für das unerwünschte       Landschaften und Naturdenkmäler von
     Ergebnis (Schaden) sowie rechtswidrig          nationaler Bedeutung (BLN-Gebiet) und
     und schuldhaft ist.                            bestehen erhebliche Beeinträchtigungen

28
oder stellen sich grundsätzliche Fragen,   gend eine UVP zu erstellen. Die Anlage-
so ist die Eidgenössische Natur- und       typen, welche in der UVP-Verordnung
Heimatschutzkommission ENHK für            aufgeführt sind und für die eine UVP
ein Gutachten anzufragen. Die ENHK         zu erstellen ist (z.B. beschneite Skian-
wurde in verschiedenen Fällen schon für    lagen), sind in Bezug auf Größe und
Gutachten bezüglich Klettersteige beige-   Benutzungszahlen mit einem Klettersteig
zogen und hat die Erstellung derselben     schwer zu vergleichen. Eine Aufnahme
auch schon abgelehnt.                      von Klettersteigen in die UVP-Verord-
                                           nung wäre allerdings ein großer Schritt
Momentan sind Klettersteige nicht Teil     in Richtung naturverträglicher Bergsport,
der Umweltverträglichkeitsprüfungs-        welchen mountain wilderness schweiz
(UVP-)Verordnung, somit ist nicht zwin-    sehr begrüßen würde!

                                                                                       29
Teil II – Schweiz

     II a     Ausgangslage

     Das Klettersteig-Virus hat die Schweiz in    In der Datenbank von www.klettersteig.de
     den 1990er-Jahren erfasst und seitdem        werden derzeit 165 Klettersteige für die
     fest im Griff. Der erste moderne Kletter-    Schweiz gelistet, womit die Schweiz
     steig in der Schweiz wurde 1993 mit dem      das Schlusslicht aller großen Alpenlän-
     Tälli-Klettersteig im Grimselgebiet im       der bzgl. der Anzahl von Klettersteigen
     Kanton Bern eröffnet. Weitere folgten we-    darstellt. Diese Zahl beinhaltet allerdings
     nige Jahre später mit dem Schwarzhorn        unzählige, auch nur teilweise gesicherte
     Klettersteig bei Grindelwald (1995), dem     Steige, Wege und alpine Routen, bei wel-
     Titlis Klettersteig bei Engelberg (1997),    chen der Übergang zu einem Klettersteig
     der Via Ferrata Diavolo in der Schölle-      fließend ist. Für die vorliegende Doku-
     nenschlucht bei Andermatt (1997), dem        mentation wurden aber explizit nur die
     Baltschieder Klettersteig im Wallis (1998)   Klettersteige aufgenommen, bei welchen
     und dem Daubenhorn Klettersteig bei          eine Sicherung mit einem Klettersteigset
     Leukerbad (1998). Dieser Trend setzte        angezeigt ist und dazu auch ein Drahtseil
     sich auch im neuen Jahrhundert unge-         vorgesehen ist.
     brochen fort (siehe folgende Abbildung),
     sodass mountain wilderness schweiz           mountain wilderness schweiz hat schon
     sorgenvoll auf die zukünftige Entwicklung    zur Jahrtausendwende begonnen, das
     des Klettersteigbauens blickt.               Thema Klettersteige in der Öffentlichkeit
     In vielen Fällen wurden Klettersteig-        zu diskutieren. Unter dem Motto „Klet-
     Vereine bestehend aus Seilbahnbetrei-        tersteige – neue Pfade oder Holzwege“
     bern, Hotels, Restaurants, Hütten und        wurde eine Podiumsveranstaltung mit
     Bergsportanbietern gegründet, um für die     allen betroffenen Organisationen im
     neuen Klettersteige eine Finanzierung        Januar 2000 in Göschenen durchgeführt.
     zu sichern. Das Wettrüsten ist nach wie      Vertreter der schweizerischen Bergführer,
     vor im Gange und die neuen Publikums-        Bergsteigerschulen und Tourismusor-
     magneten werden mit Hängebrücken,            ganisationen betonten die wirtschaft-
     Tyroliennes, Flying Foxes und luftigen       liche Bedeutung der Klettersteige für
     Leitern ausgestattet, um in der Masse        ihren Berufsstand. Als Schlecht-Wetter
     aufzufallen.                                 Alternative, Ausbildungsgelände oder
                                                  einfach nur Trendsport-Spielplatz seien
     Heute bestehen rund 75 „echte“ Kletter-      Klettersteige eine willkommene Bereiche-
     steige in der Schweiz, wobei die Quantifi-   rung im Bergsport. mountain wilderness
     zierung stark von der Zählweise abhängt.     schweiz steht der ganzen Entwicklung

30
Klettersteige Schweiz   Quelle: MW Schweiz

sowohl damals als auch heute deutlich        Erstellung von Klettersteigen. Der Zen-
kritischer Gegenüber und fordert ein         tralverband wünscht sich eine zurückhal-
Klettersteigmoratorium in naturnahen,        tende Erschließungspraxis gemäß seinen
schützenswerten Berglandschaften und         geltenden Umweltrichtlinien.
eine generelle Umweltverträglichkeitsprü-
fung (UVP) für den Neu- und Ausbau von       Im Jahr 2005 wurde auf Initiative des
Klettersteigen.                              SAC beim nationalen Klettersteig-Forum
                                             in Engelberg mit Vertretern aus Touris-
Auch der Schweizer Alpen-Club (SAC)          mus, Bergsport, Naturschutz sowie
beschäftigt sich mit dem Thema Kletter-      Gemeinde- und Kantonsvertretern eine
steige: „Der SAC steht klettersportlichen    Klettersteig-Charta erarbeitet. Sie wurde
Erschließungs- und Sanierungsvorhaben,       nach einer Vernehmlassung 2007 ver-
insbesondere solchen mit breitensport-       öffentlicht und wird von diversen Natur-,
licher Zielsetzung, grundsätzlich positiv    Berg- und Tourismusorganisationen so-
gegenüber.“ So lautet der einleitende        wie dem Bundesamt für Umwelt (BAFU)
Satz der Position des SAC Zentralver-        getragen. mountain wilderness schweiz
bandes. Zum Einrichten von Kletter-          begrüßte die Erstellung der Charta
steigen gilt der Grundsatz „Ja, aber mit     und deren Stoßrichtung grundsätzlich,
Zurückhaltung“. Der SAC bezeichnet           unterzeichnete die Charta jedoch nicht,
Klettersteige eindeutig als Teil des berg-   insbesondere weil die darin genannte
sportlichen Angebotes, jedoch beteiligt      Obergrenze von 100 Klettersteigen als zu
er sich nur auf Sektions-Ebene an der        hoch betrachtet wurde.

                                                                                         31
II b	Charta von Engelberg

     In der Charta heißt es wörtlich im Allge-          Landschaftsschutzes, frühzeitig einzu-
     meinen Teil:                                       beziehen.
     „Es braucht ein Nebeneinander von tech-        5. Zu- und Abstieg sind Bestandteil
     nisch erschlossenen und nicht erschlos-            des Klettersteiges und müssen in
     senen Gebieten und Geländekammern in               die Planung einbezogen werden
     den Alpen. Klettersteige stellen einerseits        (Benutzerlenkung und -information).
     eine wertvolle Ergänzung im touristischen          Klettersteige sollten mit öffentlichen
     Angebot des Berggebiets und unter den              Verkehrsmitteln erreichbar sein.“
     bergsportlichen Aktivitäten dar, anderer-
     seits sind sie Eingriffe in die Natur und      In Bezug auf Ausrüstung und Technik
     Landschaft. Die Errichtung von neuen           einigten sich die Beteiligten folgender-
     Klettersteigen soll sich deshalb innerhalb     maßen:
     von gewissen Grenzen bewegen.
     Heute gibt es ungefähr 40 moderne              „6. D  ie Routen werden so angelegt,
     Klettersteige in der Schweiz (Stand                 dass keine negativen Einwirkungen
     2005). Um eine nachhaltige Entwicklung              auf geschützte Pflanzenbestände,
     gewährleisten zu können, wird eine maxi-            Einstände und Wechsel von Wild-
     male Anzahl von rund 100 Klettersteigen             säugern sowie Horst- und Nisträume
     als sinnvoll erachtet.“                             von Vögeln durch den Bau und den
                                                         Betrieb entstehen.
     Hinsichtlich der Planung neuer Kletter-        7. Größere Bauwerke wie z.B. Tyroli-
     steige wurde festgelegt:                           ennes, Hängebrücken und Kletternet-
                                                        ze sollen die Ausnahme bleiben. Es
     „1. Klettersteige sollen ausschließlich in        darf kein Hochschaukeln hin zu immer
          Gebieten angelegt werden, die bereits         aufwendigeren Installationen stattfin-
          über touristische Infrastrukturen             den.
          verfügen.                                 8. Kontrolle und Wartung für die lang-
     2. Im unerschlossenen Hochgebirge sol-            fristige Sicherheit der Anlage müssen
         len keine neuen Klettersteige erstellt         gewährleistet sein.
         werden.                                    9. Nicht mehr gebrauchte Anlagen
     3. Regionale Konzepte (Richtpläne, Nutz-          müssen rückgebaut werden. Bereits
         und Schutzkonzepte, Tourismuskon-              bei der Planung müssen Verantwort-
         zepte, etc.) sind auch für Klettersteige       lichkeiten für den Rückbau festgelegt
         gültig.                                        werden.
     4. Bei der Planung eines neuen Klet-          10. Information und Sensibilisierung zu
         tersteiges sind die in der Region                 Sicherheit, Natur und Ökologie gehö-
         betroffenen und interessierten Kreise,            ren zu den Aufgaben des Klettersteig-
         insbesondere auch des Natur- und                  betreibers.“

32
Unterzeichnet wurde die Klettersteig Charta von folgenden
Verbänden und Vereinen:

•B
  undesamt für Umwelt BAFU

•K
  onferenz der kantonalen Beauftragten für Natur- und Landschaftsschutz KBNL

•N
  aturfreunde Schweiz

•S
  chweizer Vogelwarte Sempach

•R
  heinaubund

•S
  chweizer Bergführerverband SBV

•S
  chweizer Alpen-Club SAC

•S
  chweizer Tourismus Verband

•S
  chweiz Tourismus

•S
  wiss Olympic Association

• IG Klettersteig Baltschiedertal

•L
  uftseilbahnen Fiesch-Eggishorn

                                                                                33
II c    Zunahme von Klettersteigunfällen in der Schweiz

     Die Anzahl von Klettersteigen steigt in    topografische Ausgangsbedingungen und
     der Schweiz seit 15 Jahren mit durch-      eine ähnliche Bergsporttradition verfü-
     schnittlich drei bis vier neuen Kletter-   gen, kann die Entwicklung in Österreich
     steigen pro Jahr stetig an. Eine leichte   möglicherweise Aufschluss darüber
     Abnahme von Neueinrichtungen kann          geben, welche zukünftigen Entwicklun-
     erst seit dem Jahre 2012 beobachtet        gen in der Schweiz zu erwarten sind. In
     werden (Auskunft E. Hüsler). Österreich    Österreich lässt sich eine Tendenz hin
     weist im Vergleich eine deutlich höhere    zu sehr anspruchsvollen Klettersteigen
     Anzahl von Klettersteigen auf und kann     erkennen, welche in Talnähe angelegt
     diesbezüglich auch auf eine längere Tra-   sind. Der sportliche Aspekt scheint somit
     dition zurückblicken. Da Österreich und    gegenüber dem Bergerlebnis in den
     die Schweiz grundsätzlich über ähnliche    Vordergrund zu treten.

     2011
     KS Via Farinetta              Wallis          Saillon           Sport-Klettersteig
     Erlebnis-KS Gemmi             Wallis          Leukerbad         Fun-Klettersteig
     KS Bergsee (Krokodil)         Uri             Göschenen         Sport-Klettersteig
     Fruttlisteig                  Obwalden        Melchsee-Frutt    Sport-Klettersteig
     KS Piz Trovat II              Graubünden      Pontresina        Alpiner Klettersteig

     2010
     KS Obere Bielenlücke          Uri             Realp             Alpiner Klettersteig
     Übungs-KS Braunwald           Glarus          Braunwald         Sport-Klettersteig

     2009
     KS La Resgia                  Graubünden      Pontresina        Sport-Klettersteig
     Äußerer Fisistock             Bern            Kandersteg        Alpiner Klettersteig

     2008
     KS Gabi Simplon               Wallis          Simplon-Dorf      Sport-Klettersteig
     KS Eggishorn                  Wallis          Fiesch            Sport-Klettersteig
     Via ferrata Rochers de Naye   Waadt           Veytaux           Sport-Klettersteig
     Hexenstein am Pfaffen         Uri             Silenen           Sport-Klettersteig
     Felspfad Alpbachschlucht      Bern            Meiringen         Sport-Klettersteig
     Chäligang KS                  Bern            Adelboden         Sport-Klettersteig
     KS Mürren                     Bern            Lauterbrunnen     Sport-Klettersteig

34
II d     Fallbeispiele

Erlebnisklettersteig Gemmi – „Klettersteigzirkus in Seilbahnnähe“
Baujahr: 2011
Schwierigkeit: K4+
Region/Ort: Berner Alpen/Wallis, Leukerbad
Ausgangspunkt: mit der Seilbahn hinauf auf die Gemmi
Höhe: 2346 m

Slackline Park, Seilbrücke, Gustis Cor-      klettersteig. Der Zustieg ist komfortabel:
ner, Trapez, Stairway to heaven, Spider-     Einfach mit der Luftseilbahn hinauffahren,
man, uuups, lean out, easy bridge – so       Rucksack deponieren, in den Steig rein,
präsentiert sich der Erlebnisklettersteig    und nach 330 Meter kräfteraubendem
Gemmi im Internet. Hierbei handelt es        und ausgesetztem Abenteuer wieder
sich um einen spektakulären Sport-           raus und ins Bergrestaurant einkehren.
Klettersteig nach französischem Vorbild      Seit dem Jahr 2011 freuen sich die
mit Seilbrücken, einer Drehleiter, einem     Seilbahn, das Bergrestaurant und Berg-
Drahtseilnetz und vielen beweglichen         sportschulen über dieses willkommene
Eisen- und Holzteilen. Den ambitionierten    Zusatzeinkommen – den selbstständigen,
Klettersteigling erwartet weniger das Ber-   naturverbundenen Berggänger mutet
gerlebnis als vielmehr ein konsumfreund-     diese Zirkusveranstaltung allerdings sehr
licher und „erlebnissicherer“ Abenteuer-     befremdlich an.

                                                                           Aussichts-
                                                                           plattform
                                                                           Gemmi
                                                                           Foto:
                                                                           S. Kreuzer

                                                                                          35
Klettersteig La Resgia – „Abenteuerpark im Brutgebiet“
     Baujahr: 2009
     Schwierigkeit: K3-4, Schlüsselstelle 4+
     Region/Ort: Engadin/Pontresina
     Ausgangspunkt: Resgia (1827 m), Languard Wasserfall
     Höhe: 1827 - 2190 m

     La Resgia Klettersteig
     Foto: L. Osborne

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Zitat in der Eröffnungsschrift Kletter-      Graubünden und dem Schweizer Vogel-
steig Resgia: „Dank diverser Sponsoren       schutz zurückgewiesen. Geplant war
konnte der Klettersteig wie ein Abenteu-     eine Querung des Wasserfalles Lan-
erpark aufgebaut werden. (...) 382 Tritte,   guard auf seine Südseite in ein eidge-
119 Stangen, 620 Meter Sicherungsseil,       nössisches Jagdbanngebiet mit ganz-
ein Spinnennetz, ein Dreiseilsteg und        jähriger Schutzzeit. Mit einer geänderten
eine leicht überhängende Leiter sind zu      Routenführung und einer zeitlichen
überwinden (...).“ Am Ortsausgang von        Beschränkung zugunsten brütender
Pontresina errichteten lokale Bergführer     Vögel (offen vom 1. Juli bis 31. Okt.) im
im Jahre 2009 in minuziöser Arbeit auf       zweiten Bauantrag wurde dieser dann
schwindelerregender Höhe den neu-            im Jahre 2008 genehmigt. Soweit so gut
en Klettersteig La Resgia. Ganz ohne         – zur Zeit bemühen sich allerdings die
Stolpersteine konnte dieser Klettersteig     Betreiber um erweiterte Öffnungszeiten,
allerdings nicht gebaut werden – der         die Verhandlungen sind noch im Gange
erste Bauantrag aus dem Jahre 2004           und wir bleiben gespannt!
wurde durch Einsprachen von Pro Natura

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Panorama-Klettersteig Jägihorn – „Ein Berg wehrt sich“
     Baujahr: 2000
     Schwierigkeit: K3-4
     Region/Ort: Oberwallis, Saastal, Saas Grund
     Ausgangspunkt: Mittelstation Kreuzboden (2397 m)
     Höhe: ca. 2800 - 3206 m

     Ein hochalpiner Klettersteig mit fünf        Arbeit geleistet, die unverbaute Bergna-
     Leitern, 400 Haken, fast einem Kilometer     tur bietet anscheinend nicht mehr genug.
     Drahtseil, einer 40 Meter langen Dreiseil-   Aber der Berg wehrt sich doch: Im Juni
     brücke und einem massiven Stahlnetz          2012 wurde die Seilbrücke durch einen
     aus dem Jahre 2000 – da fallen die           Felssturz komplett zerstört, der Aufbau
     künstlichen Trittsteine im letzten Ab-       ist im Gange und eine Wiedereröffnung
     schnitt des Klettersteiges gar nicht mehr    im Sommer 2013 geplant. Wir sind ge-
     ins Gewicht. Panorama um jeden Preis?        spannt, wann der Berg das nächste Mal
     Seilbahnen, Hotels, Restaurants und          mit Steinen spuckt und so für Ruhe sorgt.
     Bergsportschulen haben hier ganze

                                                                   Klettersteig Jägihorn
                                                                   Foto: bergfex.at

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