Güterbahn im Brennpunkt - CEO-Talk mit PostLogistics- Chef Dieter Bambauer. S. 20 - SBB Cargo

Die Seite wird erstellt Armin Kröger
 
WEITER LESEN
Güterbahn im Brennpunkt - CEO-Talk mit PostLogistics- Chef Dieter Bambauer. S. 20 - SBB Cargo
3 | 2014
 Das Schweizer Logistikmagazin

CEO-Talk mit
PostLogistics-
Chef Dieter
Bambauer. S. 20

                                   Güterbahn
                                 im Brennpunkt
                                    Faszination, Bedeutung und Zukunft
                                 des Schienengüterverkehrs in der Schweiz.
Güterbahn im Brennpunkt - CEO-Talk mit PostLogistics- Chef Dieter Bambauer. S. 20 - SBB Cargo
Cargo 3 / 2014

                                                                                   4     Interview mit ETH-Experte Ulrich Weidmann
        8                                                                                Die Generation des
                                                                                         «intelligenten Güterzugs»
                                                                                   7     Kurzgeschichte
                                                                                         Der logistische Albtraum
                                                                                   8     Faszination Schienengüterverkehr
                                                                                    	    Heavy Metal mit Herz und Verstand
                                                                                   13    Drei Online-Bahnliebhaber
                                                                                         Schiene im Netz
                                                                                   17    Umfrage unter Opinion Leaders
                                                                                         Güterverkehr im Jahr 2030
                                                                                   17    Glossar
                                                                                   	Die Branche von A bis Z
                                                                                   20    CEO-Talk mit Dieter Bambauer, Leiter PostLogistics
                                                                                   		«Wir müssen die Nacht zum Tag machen»
                                                                                   23    SBB Cargo online
                                                                                         Neues auf dem Blog
                                                                                   24    Reportage aus Zürich-Kloten
                                                                                         Schweizer Luftfracht –
                                                                                         Take-off für teure Güter
                                                                                   28    Politik
                                                                                         Gute Trassen für alle
                                                                                   29    Cargo-Klick
                                                                                         Im grünen Bereich
                                                                                   30    Meine Logistik
                                                                                         Gernot Bischofberger,
                                                                                         Küchenchef Grandhotel Belvédère, Davos

                                                   30                                         Weitere Beiträge rund um die Faszination Schiene
                                                                                              mit #cargomag auf blog.sbbcargo.com,
                                                                                              Facebook und Twitter.

IMPRESSUM                                Konzept, Gestaltung                     Gratisabonnement auf
                                         und Realisation                         www.sbbcargo.com/de/abonnement
Das Logistikmagazin von SBB Cargo        Crafft Kommunikation AG, Zürich
erscheint dreimal pro Jahr in Deutsch,   Übersetzungen                           Abonnieren Sie das Cargo Magazin
Französisch und Italienisch.             Traductor                               schweizweit kostenlos oder lesen
                                         Lithografie und Druck                   Sie die Online-Version unter
Gesamtauflage                            Neidhart + Schön AG, Zürich             www.sbbcargo.com
8000 Exemplare                           Redaktionsadresse
Redaktion SBB Cargo                      SBB Cargo                               Adressänderungen oder Löschung
Pavo Prskalo (Leitung), Martina Riser    «Redaktion Logistikmagazin cargo»       des Abonnements bitte an
Christoph Rytz, Miriam Wassmer,          4065 Basel, Schweiz                     cargomagazin@sbbcargo.com
Matthias Widmer                          cargomagazin@sbbcargo.com
Redaktion Crafft
Roy Spring (Leitung), Peter Krebs,       Das Copyright liegt bei SBB Cargo.
Kristina Morf, Jean-Pierre Ritler,       Der Abdruck von Artikeln ist mit
Robert Wildi                             Quellenangabe erlaubt. Bitte schicken
                                         Sie uns ein Belegexemplar.
Güterbahn im Brennpunkt - CEO-Talk mit PostLogistics- Chef Dieter Bambauer. S. 20 - SBB Cargo
Editorial

                                                                                               Die Debatte ist eröffnet!
                                                                                               N        icht nur der Transitverkehr, auch
                                                                                                        der Schienengüterverkehr in-
                                                                                                        nerhalb der Schweiz rückt in den
                                                                                               Fokus der Öffentlichkeit. Grund dafür
                                                                                                                                               einen Überblick über die wichtigsten ­
                                                                                                                                               Ar­g umente und Themen, die in der
                                                                                                                                               ­Wirtschaft und in der Politik die laufende
                                                                                                                                                Diskussion prägen.

                                                                                                                                               K
                                                                                               ist die bevorstehende Totalrevision des
                                                                                               Gütertransportgesetzes, die – voraussicht-               lar ist: Gute Rahmenbedingungen
                                                                                               lich ab 2016 – gute und stabile Rahmen­                  sind unabdingbar, um auch in
                                                                                               bedingungen für einen leistungsstarken                   Zukunft für unsere Kunden Spit-
                                                                                               Schienengüterverkehr bringen wird.              zenleistungen zu erbringen. So wie
                                                                                               Zusammen mit der Bahnbranche befür-             für den gelben Riesen: Mehr als 60 Züge
                                                                                               wortet SBB Cargo die vom Bundesrat              fährt SBB Cargo täglich im Auftrag der
                                                                                               vorgeschlagene Stossrichtung für unter-         Schweizerischen Post. Zuverlässigkeit und
                                                                                               nehmerisch ausgerichtete Gütertrans-            Pünktlichkeit stehen auch hier an erster
                                                                                               porte auf der Schiene. In der kommenden         Stelle. Im CEO-Talk auf Seite 20 erklärt
                                                                                               Wintersession wird das Parlament die            PostLogistics-Chef Dieter Bambauer, war-
                                                                                               Vorlage diskutieren.                            um die Branche die Nacht zum Tag ma-

                                                                                              F
                                                                                                                                               chen muss, und beantwortet die Frage, ob
                                                                                                      ür uns ein guter Anlass, um einen        der Kunde bald mehr für sein Paket be­
                                                                                                      Blick hinter die Kulissen zu werfen.     zahlen muss.
                                                                                                      Was braucht es eigentlich, um täg-
                                                                                               lich auf höchstem Niveau die Bedürfnisse        Viel Spass beim Eintauchen in die Welt
                                                                                               der Kunden zu erfüllen? Und was macht           eines traditionsreichen Wirtschaftssektors,
                                                                                               seit Generationen die Faszination des           der nicht nur eine grossartige Vergan-
                                                                                               Schienengüterverkehrs aus? In der Titel­        genheit hat – sondern auch eine vielver-
                                                                                               geschichte auf Seite 8 lesen Sie, wie es        sprechende Zukunft!
Cover: Anne Morgenstern / Fotos: Anne Morgenstern; Salvatore Vinci; Crafft

                                                                                               im Nervenzentrum – in der Abteilung Ope-
                                                                                               rations am Hauptsitz von SBB Cargo – ­          Christoph Rytz
                                                                                               zu- und hergeht. Aber auch, wie Mitarbei-       Leiter Kommunikation SBB Cargo
                                                                                               ter in der Serviceanlage Dietikon tonnen-       christoph.rytz@sbbcargo.com
                                                                                               schwere Güterwagen warten oder wie ein
                                                                                               Team von SBB Cargo bei einem Kunden
                                                                                               im Unterwallis tagtäglich tatkräftig anpackt.

                                                                                               «Wie stellen Sie sich den Güterverkehr
                                                           Foto: Hans Musterann

                                                                                               im Jahr 2030 vor?» Das wollten wir von
                                                                                               führenden Persönlichkeiten aus der
                                                                                               ­Transport- und Logistikbranche wissen.
                                                                                                Ihre Antworten auf Seite 17 vermitteln

                                                                                  SBB Cargo 3 | 2014                                                                                                3
Güterbahn im Brennpunkt - CEO-Talk mit PostLogistics- Chef Dieter Bambauer. S. 20 - SBB Cargo
Güterbahn im Brennpunkt - CEO-Talk mit PostLogistics- Chef Dieter Bambauer. S. 20 - SBB Cargo
Interview

Die Generation des
«intelligenten ­Güterzugs»
Wohin steuert der Güterverkehr? Ulrich Weidmann, Leiter des ­Instituts
für Verkehrsplanung und Transportsysteme der ETH Zürich, nennt mögliche
Innovationen und sagt, warum der Gotthard allein kein Heilsbringer ist.
Interview: Peter Krebs
Illustration: Tomas Fryscak

Herr Weidmann, die SBB weist für             Stossrichtung. Er will die Betriebs­           zu bisweilen untragbaren Verzerrungen
2013 im Güterverkehr zum ersten Mal          subventionen abbauen und das                   zuungunsten des Güterverkehrs. Das Gü-
seit Langem eine positive Rechnung           Geld stattdessen für den Ausbau der            terverkehrsgesetz ersetzt dies durch ei-
aus. Im ersten Halbjahr 2014 wurde das       Infrastruktur verwenden. Ist das               nen Aushandlungsprozess für die Tras-
Ergebnis bestätigt. Ein Meilenstein          der richtige Weg?                              senzuteilung. Die Prioritätenregeln gelten
aus Ihrer Sicht?                             Davon bin ich überzeugt, diese Haltung ist     nur noch für die Restkapazitäten. Das ist
ULRICH WEIDMANN: Das Ergebnis hat auf        konsistent. Die Infrastruktur stellt für den   sinnvoll.
der psychologischen Ebene einen hohen        Staat eine Wertanlage dar und steht allge-
Wert. Es zeigt, dass SBB Cargo unter heu-                                                   Wo gibt es denn im Güterverkehr am
tigen Bedingungen in der Lage ist, sich                                                     meisten Innovationspotenzial?
wirtschaftlich selbst zu tragen. Bedeuten-    «Der Güterverkehr ist viel                    Es liegt in der Kombination von Informati-
der scheint mir aber der generelle Trend        unmittelbarer von der                       onstechnologie und Fahrzeugtechnologie,
einer Verbesserung der wirtschaftlichen                                                     die einen «intelligenten Güterzug» einer
Situation. Es ist entscheidend, dass SBB       Konjunktur abhängig als                      neuen Generation ermöglichen. Dieser
Cargo diesen Pfad in den kommenden               der Reiseverkehr.»                         soll ungefähr über die Traktionseigen-
Jahren fortsetzen kann. Der Güterverkehr                                                    schaften eines Interregio-Zugs verfügen
ist viel unmittelbarer von der Konjunktur                                                   und könnte in den gleichen kapazitäts­
abhängig als der Reiseverkehr.               mein zur Verfügung. Die Frage, welche          optimalen Trassen verkehren. Anstatt
                                             Züge gefahren werden und wie, ist dage-        zwischen Güter- und Personenzügen zu
Sie haben sich gegen Betriebsbeiträge        gen eine unternehmerische Kernaufgabe.         unterscheiden, könnte man die Trassen
ausgesprochen. Warum?                                                                       längerfristig zum Beispiel in drei Kategori-
Grundsätzlich muss der öffentliche Ver-      Lange Wartezeiten kommen im Güter­             en mit ähnlichen Traktionseigenschaften
kehr eine höhere Eigenwirtschaftlichkeit     verkehr immer noch oft vor. Da geht es         einteilen.
erreichen. Die liegt heute unter 50 Pro-     auch um die Prioritätenordnung, meist
zent, das macht ihn sehr abhängig von di-    hat der Personenverkehr Vorrang.               Ein Güterzug, der so schnell ist wie
versen Finanzierungsquellen und Akteu-       Die Priorität für den Personenverkehr          ein Personenzug: Wie lässt sich das
ren. Wenn Subventionen, dann möglichst       entstand in guter Absicht. Der integrierte     erreichen?
in die Infrastruktur.                        Taktfahrplan ist ein sensibles System, das     Es braucht dazu ein Paket von Massnah-
                                             bereits gestört werden kann, wenn ein Re-      men. Nebst der nötigen Traktionsleis-
In seiner Gesamtkonzeption Güterver­         gionalzug wegen einer Überholung war-          tung spielen die Energieversorgung der
kehr übernimmt der Bundesrat diese           ten muss. In der Realität führt dies aber      Wagen und eine Datenleitung im Zug >

SBB Cargo 3 | 2014                                                                                                                   5
Güterbahn im Brennpunkt - CEO-Talk mit PostLogistics- Chef Dieter Bambauer. S. 20 - SBB Cargo
Interview

eine wichtige Rolle. Damit lassen sich bes-   teressante Informationen für die Kunden.     der ganzen Nord-Süd-Achse, zusammen
sere Bremssysteme ansteuern und eine          Sie vereinfacht den Rangierprozess und       mit dem Basistunnel. Dieser Kapazitäts-
verteilte Traktion im Zug ist möglich.        kann die Zugkontrolle erleichtern. Sie er-   ausbau wird die Engpässe vermindern
Güterzüge können schneller beschleu­
­                                             möglicht die Fernüberprüfung der Abfahr-     und die Flexibilität steigern. Allerdings
nigen und mit höheren Geschwindigkei­-        bereitschaft und die automatische Zusam-     macht die Strecke durch die Schweiz mit
ten fahren. Ausserdem werden flexible         menstellung der Zugsinformationen – wie      rund 200 Kilometern nur einen geringen
Zugbildungskonzepte erleichtert. In die-      sie derzeit bei SBB Cargo erprobt wird.      Anteil an der Transportdistanz aus. Des-
sem Kontext wird die automatische Kupp-                                                    halb geht es auch um die Zulaufstrecken.
lung wieder aktuell.                          Bisher haben die Güterbahnen auch die        Auf der italienischen Seite macht mir al-
                                              Zahl der Bedienpunkte reduziert, um          lerdings der Zustand des Bahngüterver-
Über die automatische Kupplung spricht        das Ergebnis im Wagenladungsverkehr          kehrs insgesamt Sorgen.
man schon lange. Sie hat sich im Güter­       zu verbessern. Wie sinnvoll ist das?
verkehr aber nicht durchgesetzt. Unter        Da wäre ich vorsichtig. Der Wagenla-         Der Güterverkehr ist international
anderem weil die Bahnen sich auf kein         dungsverkehr ist ein Systemangebot, das      ausgerichtet. Da wäre eine gute Zusam­
einheitliches System einigen konnten.         man nicht beliebig abbauen kann, denn es     menarbeit über die Grenzen beson-
Es ist seither eher einfacher geworden:       braucht eine gesunde Grundauslastung.        ders wichtig. Was braucht es seitens der
Der Güterwagenpark ist zahlenmässig ge-       Auch schwächer frequentierte Bedien-         EU und der Bahnen, um die Situation
schrumpft, es sind inzwischen viele Ganz-     punkte können dabei eine Rolle spielen.      zu verbessern?
züge unterwegs und die Fahrzeuge wer-         Ich vergleiche das mit dem Regionalver-      Was vor allem fehlt, ist eine einheitliche
den kaum mehr freizügig in ganz Europa        kehr, bei dem weniger frequentierte Hal-     und koordinierte Strategie der Bahnen. Es
eingesetzt. Die absolute Einheitlichkeit      testellen ebenfalls zum Erfolg des gesam-    sollte nicht sein, dass einzelne Länder den
der Kupplungssysteme ist nicht mehr           ten Systems beitragen.                       Wagenladungsverkehr einseitig praktisch
zwingend, analog zum Personenverkehr.                                                      einstellen oder massiv reduzieren, wie das
Dort gab es einst auch grosse Bedenken        Zur Konkurrenzfähigkeit der Bahn             für Italien und Frankreich zutrifft. Denn
gegen die automatische Kupplung. Dann         tragen die gesetzlichen Rahmenbedin­         davon sind auch die Güterbahnen der
kamen die S-Bahn-Züge und später auch         gungen bei. Wie wichtig sind das             Partnerländer betroffen, die in ihren Mög-
die ICN und FLIRT, bei denen sie selbst-      Nacht- und das Sonntagsfahrverbot            lichkeiten eingeschränkt werden.
                                              für den Strassengüterverkehr?
                                              Beide Verbote sind für die Konkurrenz­
      «Die Überwachung der                    fähigkeit des Bahngüterverkehrs absolut
                                              essenziell.
        Wagen liefert zahl­-
     reiche Informationen für                 In Europa wird auch die Zulassung von
           die Kunden.»                       noch schwereren und längeren Last­
                                              wagen diskutiert. Eine Gefahr für den
                                              Schienengüterverkehr?
verständlich ist, weil die Kompositionen      Vor allem die längeren Lastwagen sind für
gar nicht mit andersartigem Wagenmate-        die Bahn gefährlich. Mit dem grösseren
rial kombiniert werden müssen. Vergessen      Ladevolumen konkurrenzieren sie ganz
wir zudem nicht: Ein erheblicher Anteil       klar den Einzelwagenladungsverkehr. Die
der Unfälle im Bahnbereich sind Arbeits-      Befürworter argumentieren damit, dass
unfälle, insbesondere Rangierunfälle.         es weniger Lastwagen für die gleiche Gü-
                                              terzahl braucht und der Verkehr dadurch
Wo gibt es sonst noch Innovations­            umweltfreundlicher wird. Das ist aber PR.
möglichkeiten?                                Erfreulicherweise steht diese Möglichkeit
Die klassischen Innovationen sind weitge-     auf dem europäischen Kontinent aber ge-
hend ausgeschöpft. Weitere Innovationen       genwärtig im Gegenwind.
benötigen, wie gesagt, eine Energieversor-
gung auf den Wagen und wohl auch die au-      In zwei Jahren wird der Gotthard-
tomatische Kupplung. Dadurch ist der Ein-     Basistunnel eröffnet. Welche Impulse         Ulrich Weidmann (51) ist ordentlicher Professor
                                                                                           für Verkehrssysteme am Institut für Verkehrsplanung
satz von Informationstechnologie auf dem      erwarten Sie?
                                                                                           und Transportsysteme (IVT) der ETH. Zu seinen
                                                                                                                                                 Foto: zVg

Zug möglich. Die Überwachung der La-          Der Tunnel alleine würde nicht viel brin-    Forschungsschwerpunkten gehört die Integration
dung und der Wagen liefert zahlreiche in-     gen. Interessant ist vor allem der Ausbau    der Güterbahn in die Logistikketten.

6                                                                                                                         SBB Cargo 3 | 2014
Güterbahn im Brennpunkt - CEO-Talk mit PostLogistics- Chef Dieter Bambauer. S. 20 - SBB Cargo
Kurzgeschichte
                                                                                                                                                            $$$Geschichte

                                           Was wäre, wenn das Transportwesen plötzlich zusammenbräche?

                                           Der logistische
                                           Albtraum

                                           M
                                                          orgen werden die Zeitungen bestimmt       Vielleicht wäre alles nur halb so schlimm gewesen,
                                                          vom Super-GAU im Transportwesen           wären nicht auch die Lebensmittel-Detaillisten be-
                                                          schreiben, vom logistischen Groun­ding,   troffen gewesen. Die Konsumenten, in Sorge um ihre
                                                          vom Cargogate, dachte Rita Zumbrunn       Ernährung, eilten in die Läden, um sich Notvorräte
                                           an jenem Mittwoch, an dem der Warenverkehr zum           anzulegen. Zuerst füllten sie nur zwei, drei grosse Ta-
                                           Erliegen kam. Aber am Donnerstag erschienen keine        schen mit Reis, Teigwaren, Fleisch, Schokolade, mit
                                           Zeitungen. Entweder fehlte den Verlagshäusern das        Konserven und frischem Gemüse. Doch, angesteckt
                                           Papier oder die Auslieferung ab der Rotationsmaschine    von der allgemeinen Panik, stopften sie bald schon
                                           war zusammengebrochen.                                   die Kofferräume und Hintersitze ihrer Autos und
                                               Niemand wusste, wie es zu dieser Krise kommen        die Veloanhänger voll. Selbst verstaubte Leiterwagen
                                           konnte. Doch alle stellten wilde Vermutungen an.         wurden hervorgeholt, wie Rita Zumbrunn durchs
                                           Während die einen vorbrachten, es müsse sich um ei-      Fenster ihrer Stadtwohnung beobachtete.

                                                                                                    R
                                           nen Hackerangriff auf die Software aller Transport-
                                           unternehmen handeln, glaubten andere an einen viel-                 ita Zumbrunn glaubte nicht an einen länge-
                                           leicht absichtlich herbeigeführten Engpass bei der                  ren Engpass. Sie setzte sich in ihren Korb-
                                           Energieversorgung, der für höhere Strom- und Erdöl-                 stuhl auf dem Balkon und las endlich das
                                           preise missbraucht werden sollte. Verschwörungsthe-                 Buch, das sie schon lange hatte lesen wol-
                                           orien machten die Runde. Christliche Kreise sahen im     len. Erst gegen Abend, als sich der Hunger meldete,
                                           Stillstand der Wirtschaft einen Fingerzeig von oben.     entschied sie, im Supermarkt das Nötigste einzukau-

                                          N
                                                                                                    fen. Sie erkannte ihn nicht wieder. Der Laden war ver-
                                                       ur etwas war sicher: Die Wirtschaft stand    waist, die Gestelle waren leer geräumt, auf dem kleb-
                                                       still. Zwar war zunächst allein das Trans-   rigen Boden lagen aufgerissene Plastikpackungen,
                                                       portwesen auf Schienen und Strassen, zu      zerquetschte Tomaten, zersplitterte Bierflaschen. Sie
                                                       Wasser und in der Luft betroffen, doch       wollte schon aufgeben, als sie in einer Kühltruhe hin-
                                           weitete sich der Super-GAU rasch auf alle Fabriken       ter einem Aktionsschild für Toilettenpapier zwei Cer-
                                           und Branchen aus, selbst auf die Land- und Forstwirt-    velats für drei Franken zwanzig entdeckte.
                                           schaft. Um Kosten zu sparen, hatten die Betriebe ihre        Sie fuhr mit dem Velo zu ihrem Lieblingsplatz am
                                           Warenlager abgebaut. Alle liessen sich die nötigen       Fluss, wo sie ein Feuer entfachen und die Würste am
                                           Güter zur Herstellung von Möbeln, Uhren, Turbinen        Spiess braten wollte. Solche Super-GAU-Tage haben
                                           und Computern just-in-time anliefern. Im Laufe eines     doch ihre schönen Seiten, dachte sie beim Sammeln
                                           Tages standen alle Räder still, weil die Produktions-    der Äste im Wald. Man hat Zeit zum Lesen und kann
                                           anlagen nicht mehr gefüttert werden konnten. Es          die Natur und die Ruhe geniessen. Da fiel ihr ein, dass
                                           fehlte an Rohlingen, Schrauben und Halbfabrikaten        sie keine Streichhölzer besass.
                                           sowie an Ersatzteilen für Werkzeugmaschinen.
                                               Selbst dort, wo die Produktion noch eine Weile
                                           hätte weiterlaufen können, mussten die gestressten
                                           Direktoren sie drosseln und schliesslich einstellen.
                                           Denn die Erzeugnisse wurden nicht abtransportiert,
                                           sodass die Lager bald zum Bersten voll waren. Es war,
                                           als wäre die Ökonomie in einen Dornröschenschlaf
                                           gefallen. Keiner konnte voraussagen, wie lange er
       Foto: Hans Musterann

                                           dauern würde, ob ein paar Stunden oder mehrere Wo-
                                           chen. Im Lauf des Nachmittags wurden Tausende von        Peter Krebs ist freier Journalist, Autor und Redaktor. Von 1998
                                                                                                    bis 2007 leitete er das SBB-Kundenmagazin «Via», anschliessend
                                           Arbeitern und Angestellten nach Hause geschickt.
                                                                                                    bis Ende Mai 2012 das VCS-Magazin. Er ist Autor und Co-Autor
Foto: zVg

                                           Das Funkgerät von Rita Zumbrunn, der Velokurierin,       mehrerer Sachbücher im Bereich Tourismus und Verkehr. Daneben
                                           blieb stumm. Kein Auftrag, kein Lohn.                    schreibt er Kurzgeschichten.

                              SBB Cargo 3 | 2014                                                                                                                        7
Güterbahn im Brennpunkt - CEO-Talk mit PostLogistics- Chef Dieter Bambauer. S. 20 - SBB Cargo
Serviceanlage Dietikon: Hier werden
jährlich rund 5000 Güterwagen durch
den Wartungsdienst geschleust.

8                                    SBB Cargo 3 | 2014
Güterbahn im Brennpunkt - CEO-Talk mit PostLogistics- Chef Dieter Bambauer. S. 20 - SBB Cargo
Heavy Metal mit
                                     Herz und Verstand
                                      Wallstreet-Atmosphäre in Basel, Ölgeruch in der Serviceanlage in
                                      Dietikon und voll beladene Güterwagen morgens um halb fünf
                                      im Wallis: Der Schienengüterverkehr ist vielschichtig und faszinierend.
                                      Einblick in die Welt von SBB Cargo.
                                      Text: Robert Wildi
                                      Fotografie: Anne Morgenstern
Foto: Hans Musterann

                       SBB Cargo 3 | 2014                                                                      9
Güterbahn im Brennpunkt - CEO-Talk mit PostLogistics- Chef Dieter Bambauer. S. 20 - SBB Cargo
Schwerpunkt

                                Das Dispo-Team in Basel überwacht in Echtzeit den gesamten Güterverkehr der SBB Cargo auf dem Schweizer Schienennetz.

D
                  as Telefon klingelt. «Kol-     7-mal 24 Stunden, im Schichtbetrieb.
                  legen, wir haben ein Pro-      Nicht laut und aufgeregt, sondern ruhig
                  blem!», ruft Thomas Glur       und konzentriert. Im Normalfall.
                  Sekunden später in die
                  Runde. «Der Zug eines          Hauptsache, richtig traktioniert
                  Kunden steht in Frutigen       Mit der morgendlichen Idylle ist es jetzt
und ist zu schwach für die ‹obere Route›         aber vorbei. «Was ist mit dem Zug Num-
via Kandersteg und Goppenstein. Haben            mer 60815 falsch gelaufen?», will Glur
wir falsch traktioniert?»                        w issen. Rundherum klimpern die Tas­
                                                 ­
    Es ist morgens kurz nach acht. Wir be-       taturen. Die Dispo-Leute recherchieren
finden uns in der Abteilung Operations           blitzschnell, verfolgen den Beförderungs-
(OP) am Basler Hauptsitz von SBB Cargo.          auftrag des Kunden zurück und kommen
Glur, Schichtleiter des Dispo-Teams, über-       zum Schluss: Richtig traktioniert. Das
wacht in Echtzeit den gesamten Güter-            heisst, aufgrund des Gewichts hat das
verkehr von SBB Cargo auf dem Schwei-            Cargo-Team dem Zug korrekterweise ein
zer Schienennetz. Sein Arbeitsplatz: vier        Fahrrecht (Trasse) für die «untere Route»
gros­se Bildschirme, randvoll mit Tabel-         durch den Lötschberg-Basistunnel ge-
len, Grafiken, Diagrammen. Ein eindrück-         bucht. Der Fehler muss also in der Kom-
liches Flimmern von Informationen. Um            munikation mit dem Kunden passiert
ihn herum sind die Tische der sieben an-         sein. Glur informiert den Anrufer. Ge-
wesenden Teammitglieder angeordnet.              meinsam wird ein Rangiermanöver orga-
Auch sie haben mindestens je zwei Bild-          nisiert, um den Zug rasch auf die richtige
                                                                                                                                                         Foto: Hans Musterann

schirme vor sich. Man denkt an die New           Spur zu bringen. Der Stresspegel des
Yorker Wallstreet, doch statt Aktien­            Schichtleiters senkt sich. Er nimmt einen
handel betreiben die Cargo-Profis hier ein       Schluck Wasser. «Solche Pannen gesche-
logistisch anspruchsvolles Trassen- und          hen selten, aber wenn, dann müssen wir
Lastenmanagement. Rund um die Uhr,               Vollgas geben», erklärt er uns.

10                                                                                                                                 SBB Cargo 3 | 2014
Efforts wie dieser haben ihren guten             Loks. Dazu werden hier die detaillierten
                                       Grund. Die Verantwortung des Dispo-              Einsatzpläne von rund 730 Lokführern er-
                                       Teams ist riesig. Täglich lenkt, koordiniert     stellt, die SBB Cargo zurzeit beschäftigt.
                                       und traktioniert es rund 2000 Züge mit               Für den Kunden leisten alle 94 Mitglie-
                                       einer Gesamtfracht von 195 000 Tonnen.           der im Team Operations täglich vollen
                                       Das entspricht dem Gewicht von 350 Pas-          Einsatz. Die Abteilung ist Herz und zu-
                                       sagierflugzeugen des Typs Airbus A380.           gleich Gehirn von SBB Cargo. Einerseits
                                       Auf dem Radar sind neben den eigenen             werden hier die Schalthebel für alle opera-
                                       Kompositionen auch Güterzüge von Dritt-          tiven Abläufe bedient, anderseits ist OP
«Pannen geschehen selten, aber wenn,   kunden, welche die Logistikdienste von           erste Anlaufstelle für alle 2000 Kunden,
dann müssen wir Vollgas geben», sagt   SBB Cargo in Anspruch nehmen. Damit              die zurzeit Dienste von SBB Cargo in An-
Disponent Thomas Glur.                 im Dichtestress auf der Schiene die Ord-         spruch nehmen. «Wir stellen für sie den
                                       nung nie verloren geht, sind sämtliche in        reibungslosen Betrieb auf der Schiene,
                                       der Schweiz verkehrenden Güterloks und           pünktliche Lieferungen, eine rasche Kom-
                                       Wagen einzeln nummeriert, registriert            munikation sowie die fehlerfreie Adminis-
                                       und können jederzeit nachverfolgt wer-           tration sicher», fasst Abteilungsleiter Urs
                                       den. Bei OP laufen die Fäden zusammen            Gähwiler den Kernauftrag zusammen.
                                       für die Bewirtschaftung von über 350
                                                                                        Nicht länger als ein Fussballspiel
                                                                                        Pro Tag nimmt sein Team rund 2000 Be-
                                                                                        förderungsaufträge entgegen. 93 Prozent
                                                                                        davon erfassen die Kunden selbst online.
                                                                                        Sie werden direkt in das Cargo Informa-
                                                                                        tions System (CIS) eingespeist. Ab dann
                                                                                        läuft die Uhr. Die Zeitspanne vom Auf-
                                                                                        tragsempfang über den Aufbau einer

                                                                                              Die menschliche
                                                                                           Kompetenz bleibt trotz
                                                                                            Technologie zentral.
                                                                                        Transportkette, die Buchung der richtigen
                                                                                        Trassen bis hin zur korrekten Fakturie-
                                                                                        rung darf nicht länger sein als ein Fuss-
                                                                                        ballspiel. «Wer bis 90 Minuten vor der ge-
                                                                                        wünschten Abfahrtszeit bei uns bucht,
                                                                                        wird termingerecht bedient», verspricht
                                                                                        Urs Gähwiler. Daran lässt sich SBB Cargo
                                                                                        messen.
                                                                                            Die menschliche Kompetenz bleibt
                                                                                        trotz Technologie zentral. Vor allem bei
                                                                                        Zwischenfällen. Kommt es auf oder neben
                                                                                        der Schiene zu unerwarteten Ereignissen,
                                                                                        Verzögerungen oder Zugausfällen, müs-
                                                                                        sen die Kunden sofort informiert und
                                                                                        mit Alternativen versorgt werden. Gleich
                                                                                        ­neben dem Dispo-Team agieren die OP-
                                       Die Räder sind im täglichen Verkehr gewaltigen    Kundenberater. Wir erkennen sie schnell:
                                       Belastungen ausgesetzt – umso akribischer wird    Telefon am Ohr, freundliches Lächeln
                                                                                         ­
                                       alles kontrolliert.
                                                                                         im Gesicht. Empathie ist auf dem Stock
                                                                                         Programm. Stillstand dagegen nicht. >

SBB Cargo 3 | 2014                                                                                                             11
Schwerpunkt

Um sich noch weiter zu verbessern, schult     der nächsten Wintersession intensiv mit      ihren Taschenlampen leuchten sie den
Gähwiler die Mitarbeitenden aktuell in        dem Thema «Zukunft des Schienenver-          hintersten Winkel aus.
puncto proaktiver Kommunikation. Dies         kehrs in der Fläche» auseinandersetzen           «Eine wichtige Diagnostik», so Martin
geschieht im Rahmen des SBB Konzern-          wird: nämlich im Rahmen der Totalrevi­       Schwendimann, Teamleiter der Service-
projekts zur Steigerung der Kundenzufrie-     sion des Gütertransportgesetzes (siehe       anlage und Chef von 29 Mitarbeitenden.
denheit. «Der Kunde wird die Verbesse-        Artikel Seite 28).                           «Die allermeisten Reparaturen an Güter-
rungen ab Frühjahr 2015 spüren», sagt
Gähwiler. Auch vom neu eingeführten           Check-up auf Gleis 310
konstruktiven Lösungsmanagement ver-          Handfest zugepackt wird in den Service-       «Die meisten Reparaturen
spricht er sich viel.                         anlagen von SBB Cargo. An den Stand­          an Güterwagen betreffen
    Die Extrameile gehen nicht nur alle       orten Muttenz, Chiasso und Dietikon wer-
Mitarbeitenden im OP-Team. Mehr Pro-          den pro Jahr rund 13 000 Güterwagen           Unterbau und Radsätze.»
duktivität und Effizienz trotz knapper Fi-    durch den Wartungsdienst geschleust,            MARTIN SCHWENDIMANN, TEAMLEITER
nanzressourcen, so lautet die Direktive in    kontrolliert, repariert, gerichtet, ge-
allen Abteilungen von SBB Cargo. Das Un-      schraubt und geschweisst. Allein in Dieti-
ternehmen hat im letzten Geschäftsjahr        kon sind es rund 5000. An unserem nächs-     wagen betreffen Unterbau sowie Radsät-
erstmals seit vier Jahrzehnten aus der Ver-   ten Ortstermin erwarten uns ungewohnte       ze.» Sie sind im täglichen Verkehr gewalti-
lustzone gefunden und auch im ersten          Impressionen aus der Froschperspektive.      gen Belastungen ausgesetzt. Entsprechend
Halbjahr 2014 schwarze Zahlen geschrie-       Gleis 310 der viergleisigen Wartungshalle    stark sei die Abnützung. Ein einziger über-
ben. Diesen positiven Trend will man mit      ist mit einer Untergrube versehen. Sie       sehener Defekt könnte sich später verhee-
Nachdruck bestätigen, dies auch vor dem       ­erlaubt es zwei Cargo-Handwerkern, den      rend auswirken. Umso akribischer wird
Hintergrund, dass sich der Nationalrat in      Güterwagen von unten zu inspizieren. Mit    alles notiert, protokolliert und mittels der

        Metallischer Geruch und
        Wagenschmiere: Team in der
        Serviceanlage Dietikon.

12                                                                                                                   SBB Cargo 3 | 2014
2

                                                                                                                                                  3
                                                                                                             1
                       Wagennummer im zentralen SAP-System                                                               INTERNET
                       erfasst.
                           Nach der Eingangskontrolle wird der                      Schiene im Netz: Drei Online-Bahnliebhaber
                       Wagen vom Rangierteam auf den Repara-
                       turstandplatz bewegt und dann mit einer                      über ihre Passion.
                       gewaltigen Hebebühne in die Luft gehievt.
                       Sie ist das Kernstück der Anlage. «Keine                     1   Thomas Stutz:                           Modelle bringen es auf satte 6000 PS,
                                                                                                                                rund dreimal so viel wie durchschnitt­
                       Gefahr! Solche Manöver gehören zu unse-
                       rer Routine», beruhigt uns ein Werks­
                                                                                         eisenbahnfotos.ch                      liche Loks in Holland. Güterzüge mit 50
                                                                                                                                Waggons sind in der Schweiz daher
                       arbeiter, als wir erschrocken zurückwei-                     «Die Welt der Bilder hat mich mit dem
                                                                                                                                keine Seltenheit. Auch Rangierbahn­
                                                                                                                                ­
                       chen. Weitere Kollegen kommen dazu,                          Start ins digitale Zeitalter gepackt. Ich
                                                                                                                                höfe wie jener im Limmattal ziehen mich
                       ausgerüstet mit passendem Werkzeug,                          fotografiere mit Leidenschaft und in-
                                                                                                                                in den Bann. Einmal parkierte ich den
                       darunter riesige Schraubenschlüssel, wie                     vestiere viel Freizeit in dieses Hobby.
                                                                                                                                LkW in unmittelbarer Nähe für meine
                       sie ganz sicher in keinem Hobbyraum zu                       Als SBB-Mitarbeiter im Bereich Infra-
                                                                                                                                Nachtruhe. Statt zu schlafen, beobach-
                       finden sind. Dann sind die Schweisser an                     struktur ist meine Faszination für die
                                                                                                                                tete ich fast bis zum Morgengrauen
                       der Reihe. Funken sprühen durch die Ge-                      Bahn quasi hausgemacht. Weil mich
                                                                                                                                die Rangiermanöver – eine logistische
                                                                                    auch spannende Naturlandschaften
                       gend, metallischer Geruch vermischt sich                                                                 Meisterleistung. Aus lauter Spass habe
                                                                                    begeistern, verknüpfe ich die beiden
                       mit dem von Wagenschmiere, und man                                                                       ich begonnen, Schweizer Eisenbahnen
                                                                                    Elemente in meinen Bildern. Meine
                       versteht sein eigenes Wort nicht mehr.                                                                   zu fotografieren und die Bilder auf einer
                                                                                    Webseite betreibe ich seit zwölf Jah-
                           Weiter vorne bewegen zwei Rangier-                                                                   Facebook-Seite mit anderen Fans zu
                                                                                    ren. Es macht mir Spass, wenn meine
                       spezialisten mit einer Lok einen Güterwa-                                                                teilen. Wir betreiben das Portal mittler-
                                                                                    Bilder von Güter- und Personenzügen
                       gen aus der Halle. Heavy Metal trifft >                                                                  weile zu dritt und haben bereits 1750
                                                                                    auch andere erfreuen. Mit dem Ziel,
                                                                                                                                Follower. Das tolle Echo motiviert mich
                                                                                    immer neue Bahnsujets fotografisch in
                                                                                                                                weiterzumachen.»
                                                                                    tolle Landschaften einzubetten, gehe
                                                                                    ich auf Foto-Tour und bringe meistens
                                                                                    Hunderte von Aufnahmen nach Hause.          3   Sandro Hartmeier:
                                                                                    Nach sorgfältigem Aussortieren und
                                                                                    Bearbeiten bleiben in der Regel ein bis          bahnonline.ch
                                                                                    zwei Dutzend für die Webseite übrig. In     «Ich schätze mich glücklich, mein Hob-
                                                                                    den nächsten zwei Jahren wird man           by zum Beruf gemacht zu haben. Als
                                                                                    mich mit der Kamera sicher auf der          selbständiger Kaufmann habe ich mir
                                                                                    Gotthard-Bergstrecke antreffen. Dort        parallel das Portal aufgebaut, in das ich
                                                                                    möchte ich den aktuellen Betrieb do-        heute rund 50 Prozent meiner Arbeits-
                                                                                    kumentieren, bevor ab 2016 die meis-        zeit investiere. Ich publiziere Texte und
                                                                                    ten Züge durch den neuen Basistunnel        Artikel rund um die Bahn. Oft sind es
                                                                                    fahren.»                                    Pressemeldungen, die ich mit eigenen
                                                                                                                                Informationen und Bildern anreichere.
                                                                                    2 Mark Peters:                              Ein grosser Teil sind Eigenrecherchen.
                                                                                                                                Zurzeit habe ich rund 11 000 Texte
                                                                                       facebook.com/                            sowie unzählige Fotos auf der Seite.
                                                                                                                                ­
                                                                                                                                Den durchschnittlich rund 60 000 Be-
                                                                                    trainswiss                                  suchern pro Monat möchte ich Fakten
                                                                                    «Als gebürtiger Niederländer und LkW-       und Hintergrundinfos liefern, die man
                                                                                    Fernfahrer bin ich oft in der Schweiz un-   in Zeitungen nicht findet. Viele Internet-
                                                                                    terwegs. Die Logistikbranche fasziniert     User gelangen via Google-Recherche
                                                                                    mich. Als kleiner Junge beobachtete ich     zu mir und glauben, auf einer offiziellen
                                                                                    an meinem Wohnort Winters­wijk täglich      SBB Seite gelandet zu sein. Tarif- oder
                                                                                    den ein- und ausfahrenden Güterzug. In      Fahrplananfragen sind daher keine Sel-
                                                                                    die Schweizer Eisenbahn habe ich mich       tenheit. Dank Werbung und Inseraten
Foto: Hans Musterann

                                                                                    sofort verliebt. Speziell Güterzüge ha-     ist das Portal heute selbsttragend. Das
                                                                                    ben hier das bestimmte Etwas. Viele         motiviert mich, es weiterzuentwickeln.
                                                                                                                                Bald steht eine komplette Überarbei-
                                                                   Fotos: zVg (3)

                                                                                    Loks sind über 50-jährig und leisten
                                                                                    dank perfekter Wartung noch immer           tung an.»
                                                                                    einwandfreie Dienste. Selbst einfachere

                       SBB Cargo 3 | 2014                                                                                                                                   13
Schwerpunkt

auf kunstvolles Ballet, wenn die tonnen-              auch dank schnellen und präzisen War-
schweren Fahrzeuge mit geschickten Ma-                tungsarbeiten.
növern gedreht und gewendet und auf die                   Mehr Leistung mit weniger Mitteln –
übrigen drei Gleise in der Halle verteilt             das gilt für die Regionale Cargo-Produk­
werden. Dort stehen Apparatebauer, In-                tion (RCP) von SBB Cargo. Sie ist für die
dustriemechaniker und Maschinenschlos-                Feinverteilung der Güter an die Kunden
ser bereit, um weitere Reparaturen auszu-             verantwortlich. Unter der Leitung von
führen. Ein Dreierteam begibt sich gleich             Siegfried Flury hat die RCP vor zwei Jah-
vor uns auf einen Güterwagen älteren Bau-             ren eine Reorganisation vollzogen. Der
jahrs. Die Wände des Gefährts sind massiv             Bereich wurde um 200 Stellen und 33 Ran-
ausgebuchtet. «Gewaltige Kräfte wirken                gierfahrzeuge reduziert, die Qualität ge-
bei kurvenreichen Transporten mit schwe-              halten und auf die Kundenbedürfnisse
rem Stahl oder Bauschutt auf sie ein», er-            ausgerichtet. Rund 950 Personen arbeiten
klärt Schwendimann.                                   heute in noch 48 RCP-Teams in der gan-
    Die Männer bessern aus, richten und               zen Schweiz. Ihre Selbständigkeit, ihre
flicken. Auch der Chef legt Hand an, analy-           Kompetenzen und Fähigkeiten wurden
siert Prüfprotokolle, schmiert, hämmert               sukzessive ausgebaut. «Allein im Jahr 2013
oder bedient die Hebebühne. Kein «Büro-               haben unsere Mitarbeitenden über 10 000
gummi» – darauf deuten auch die täto-                 Aus- und Weiterbildungstage absolviert»,
wierten Oberarme des gelernten Polyme-                erklärt Flury. In der gesamten RCP gebe es
                                                      heute noch 14 Mitarbeitende, die nur eine
                                                      Funktion ausübten. «Die restlichen über
      «Unsere Abläufe werden                          900 sind Allrounder und können in mini-
        immer effizienter.»                           mal zwei oder mehr Chargen eingesetzt
                                                      werden, was uns eine hohe Flexibilität im
             MICHEL TROMBERT,                         Einsatzmanagement ermöglicht.»
        STV. TEAMLEITER ST-MAURICE
                                                          Wir besuchen das RCP-Team St-Mau-
                                                      rice. Kurz nach 9 Uhr morgens fährt unser
chanikers und Betriebstechnikers hin.                 Zug, aus Visp kommend, bei strahlendem
Schwendimann liebt seinen Job. «50 Pro-               Sonnenschein im kleinen Unterwalliser
zent Führen und Administrieren, 50 Pro-               Dorf ein. Hier scheint Cargo-Land zu sein,
zent an der operativen Front, das passt.»             denn schon das erste Gleis neben dem
Die Einführung neuer Mitarbeitender                   Perron ist prominent mit einer rund 100
übernimmt er in der Regel selbst. Auch                Meter langen Güterwagenkomposition
dies ein Job, der Ausdauer und Geduld                 besetzt. Die offenen Wagen sind randvoll
­erfordert. «Bis hier jemand alle Prozesse            mit Schottersteinen beladen. In 150 Meter
 versteht und selbständig arbeiten kann,              Entfernung marschieren zwei orange ge-
 braucht er mindestens zwei bis drei Mona-            kleidete Gestalten mit Helm von den Glei-
 te», so Schwendimann.                                sen zu einem kleinen Gebäude.
                                                          Das RCP-Team hat «Znüni-Pause».
Doppelter Espresso in der Pause                       Wir gesellen uns dazu. Ein junger Mitar-
Der Arbeitsdruck ist beträchtlich. Ankom-             beiter amüsiert sich über die eingehenden
mende Güterwagen müssen so rasch als                  SMS-Nachrichten. Er ist ganz neu im
möglich in den operativen Verkehr zu-                 Team, das im Zuge der Reorganisation von
rück. «Die Flotte von SBB Cargo ist in den            30 auf 23 Mann geschmolzen ist. «Intéres-
letzten Jahren sukzessive von einst 15 000            sant et diversifié», beschreibt er seinen
auf heute 7250 Güterwagen zusammenge-                 Rangiererjob. Ein Mechaniker macht sich
schmolzen», erklärt Schwendimann. Bei                 einen doppelten Espresso gegen die auf-
Leistung und Produktivität gab es jedoch              kommende Müdigkeit. Sein Arbeitstag
kaum Einbussen. Die operative Verfügbar-              neigt sich schon dem Ende zu. Um 3.30
keit der Wagenflotte und Einsatzzeit pro              Uhr lege er täglich los, um Vorbereitungen
Wagen ist also markant gestiegen ist. Dies            für die Triage des um 4.29 Uhr einfah- >
Nichts für «Bürogummis»: das Team in der Serviceanlage Dietikon.
14                                                                                                SBB Cargo 3 | 2014
Oben: Langjährige Partner-
                                             schaft. Das RCP-Team
                                             von St-Maurice im Einsatz bei
                                             der Steinbruchfirma Famsa
                                             in Massongez.

                                             Unten: Das Cargo-Team
                                             rangiert täglich über
                                             100 Güterwagen und fasst
                                             sie zu neuen Formationen
                                             zusammen.
Foto: Hans Musterann

                       SBB Cargo 3 | 2014                                   15
Schwerpunkt

renden Zugs aus Basel zu treffen. Dasselbe              hat Trombert hier schon vor 40 Jahren           Mitarbeiterin der Famsa SA. Die Stein-
dann für drei weitere voll beladene Züge                seine Lehre absolviert.                         bruchfirma liegt gleich im Nachbardorf
aus Lausanne, die täglich in St-Maurice                     Die Zeiten haben sich geändert. Früher      Massongex, nur durch einen Felstunnel
eintreffen. Sie führen Bauschutt mit,                   kamen weniger Züge. Mit handgeschriebe-         von St-Maurice getrennt. Famsa ist eine
Sand, Geröll oder auch Maisstärke und an-               nen Listen wurden sie erfasst. Die Triage       langjährige Cargo-Kundin und gleichzei-
dere Nahrungsmittel. Das Cargo-Team                     dauerte viel länger, da die Technik unaus-      tig wichtigste Lieferantin von Schotter für
nimmt sie in Empfang, rangiert die täglich              gereift war. «Auch haben wir früher jeden       den Gleisbau der SBB. Jetzt ist auch das
über 100 Güterwagen und fasst sie zu neu-               einzelnen Güterwagen selbst gewogen»,           Geheimnis der Schotterfracht gelöst, die
en Formationen zusammen, die dann ab                    so Trombert. Diese Aufgabe haben weit­          uns hier willkommen geheissen hat. Täg-
St-Maurice an regionale Kundschaft fein-                gehend die Kunden an den Zielbahnhöfen          lich durchlaufen rund 30 Güterwagen die
verteilt werden. Rund ein Drittel aller an-                                                             Triage in St-Maurice, um bei Famsa entla-
kommenden Wagen geht weiter nach                                                                        den und neu beladen zu werden.
Monthey, wo SBB Cargo Grosskunden wie                            «Die Kooperation                           Wir besteigen den nächsten Regional-
Syngenta oder BASF bedient. Auch Ville-                         mit St-Maurice läuft                    zug nach Massongex, um uns das genauer
neuve und Martigny (Holcim) gehören zu                                                                  anzusehen. Starke Männer kümmern sich
den wichtigsten Zielbahnhöfen.                                   wie geschmiert.»                       mit routinierten Bewegungen und Hand-
                                                                LUIS RICARDO, FAMSA-DIREKTOR            griffen um die Schotterladungen. Die Ar-
Mit Schotter durch den Tunnel                                                                           beit ist anstrengend, und es ist deutlich
Trotz weniger Personal fahren die neu                                                                   lauter als auf der anderen Seite des Tun-
formierten Züge in St-Maurice stets                     übernommen. «Auch zu ihrem eigenen              nels. Trotzdem herrscht gute Stimmung.
pünktlich los. «Unsere Abläufe werden                   Vorteil, da sie so eine bessere Kontrolle       «Die Kooperation mit St-Maurice läuft
immer effizienter», sagt Michel Trombert.               über ihre Lieferungen haben.» Eines sei         wie geschmiert», sagt der Famsa-Direktor
Er vertritt heute den abwesenden Team-                  für ihn in den vier Jahrzehnten immer           Luis Ricardo. Wenn Schwierigkeiten auf-
leiter Dominique Evéquoz und erledigt im                gleich geblieben: «Meine riesige Faszina­       treten, werden sie partnerschaftlich ge-
Nebenraum gerade Administration. Der                    tion für den Schienengüterverkehr.»             löst. «Wir mussten jedenfalls noch nie
Tastatur des Computers ist anzusehen,                       Jetzt klingelt das Telefon. «Salut, ça va   eine Kundenreklamation bei Cargo in Ba-
dass sie selten mit gewaschenen Händen                  bien chez vous?», Trombert hat eine ver-        sel deponieren.» Auch die Sparmassnah-
bedient wird. Als ältestes Teammitglied                 traute Stimme am Draht. Sie gehört einer        men von SBB Cargo hätten sich nicht ne-
                                                                                                        gativ auf die hochwertige Servicequalität
                                                                                                        ausgewirkt.
                                                                                                             «Reculez!», ertönt jetzt eine kräftige
                                                                                                        Männerstimme. Wir gehen auf Sicher-
                                                                                                        heitsabstand. Unter Getöse setzt sich der
                                                                                                        Güterzug mit einer nächsten Schotter­
                                                                                                        ladung in Bewegung und verschwindet im
                                                                                                        Tunnel. In St-Maurice wird er bereits er-
                                                                                                        wartet.

                                                                                                             tiny.cc/dietikon
                                                                                                             Heavy Metal hautnah – Reportage aus
«Intéressant et diversifié»: Die Handgriffe beim RCP-Team in St-Maurice sind eingespielt und sitzen.         der Serviceanlage Dietikon.

16                                                                                                                                    SBB Cargo 3 | 2014
Wer sagt                                                                       «Wie stellen Sie sich den
                                                                                                Güterverkehr im Jahr 2030 vor?»

                 was?
                                                                                               Die Antworten führender
                                                                                              ­Persönlichkeiten aus der Trans-
                                                    Umfrage: Pirmin Schillinger
                                                                                              port- und Logistikbranche.

                                                                                                                                        Glossar
                  PETER GALLIKER                                      ADRIAN AMSTUTZ
                  CEO GALLIKER TRANSPORT AG,                          UNTERNEHMER, SVP-NATIONALRAT
                  VORSTANDSMITGLIED ASTAG
                                  «Im Mittelpunkt von Güter-
                                                                      UND ZENTRALPRÄSIDENT ASTAG
                                                                                        «2030 wird die heute
                                                                                                                                             A
                                                                                                                         ANSCHLUSSGLEIS — Private Gleis­
                                  verkehr und Logistik steht                            recht einseitig auf die Schie-   anlage, die Industriebetriebe, Verteil-
                                  immer der Kunde. Dies wird                            ne aus­ gerichtete Güterver-     zentren, Lager usw. mit dem öffent­
                                  auch 2030 nicht anders sein.                          kehrspolitik aufgrund der        lichen Eisenbahnnetz verbindet.
                                                                                                                         Anschlussgleise ermöglichen den
                                  Umso wichtiger ist es, die                            milliardenteuren Fehlinves-      Transport von Gütern in Güter-
                                  ­unterschiedlichen Bedürfnisse                        titionen und unbezahlbaren       wagen ohne Umlad zwischen Absen-
                                   so gut wie möglich zu befrie-                        Betriebskosten durch das         der und Empfänger.

                                   digen. «Schneller, flexibler,                        zahlende Stimmvolk korri-        1343 Anschlussgleise verbinden
                  besser!» Das muss das Motto sein. Der Stras­        giert sein. Volk und Stände werden dann die        die Infrastruktur der SBB.

                  sentransport wird sein Bestes geben – in mög-       Politik gezwungen haben, die Investitionen
                  lichst guter Zusammenarbeit mit der Bahn.»          nach einem umfassenden «Masterplan Güter-
                                                                      verkehr und Logistik» zu tätigen. So, dass die
                                                                      verschiedenen Transportmittel – Strasse,                                B
                  FABIO REGAZZI
                                                                      Schiene, Luft und Wasser – die un­abdingbare       BINNENVERKEHR — Verkehr mit
                                                                      Ver- und Entsorgung unseres Landes effizient       Quelle und Ziel innerhalb eines
                                                                                                                         bestimmten Gebietes, etwa
                  UNTERNEHMER, PRÄSIDENT SWISS SHIPPERS‘ COUNCIL,     und bezahlbar sicherstellen können.»                                                          Züge von
                                                                                                                         der Schweiz. Zu unter-       76 % der im Binnen-
                  CVP-NATIONALRAT                                                                                                                            C  a rg o
                                                                                                                         scheiden vom Ziel-/Quell- SB     B                    ktlich.
                                                                                                                                                                    sind pün
                                                                                                                         verkehr, Import-, Export-     verkehr                 m it
                                    «Meine Vision für 2020,                                                                                                           n w ir
                                                                                                                                                       Gemesse uten-Grenze.
                                                                                                                                                                             d
                                                                                                                         und Transitverkehr.                       -M  in

                                                                      EVI ALLEMANN
                                    und nicht erst für 2030:                                                                                            e in e r 3

                                    SBB Cargo hat sich vom
                                    Konzern verselbständigt           SP-NATIONALRÄTIN UND                                                    C
                                    und durch die Beteiligung         PRÄSIDENTIN VERKEHRS-CLUB DER SCHWEIZ (VCS)        CITY-LOGISTIK — Konzepte zur Ver-
                                                                                                                         sorgung von Ballungszentren mit
                                    privater Unternehmen ge-                         «Ich hoffe, dass sich der Gü-       dem Ziel, den Liefer- und Abholver-
                                    stärkt. Als reiner Traktio-                      terverkehr 2030 weit mehr           kehr durch Vernetzung der indivi­
                                    när ist SBB Cargo erfolgrei-                     als heute dort abspielt, wo er      duellen Lieferketten zu optimieren.

                  cher Partner der Logistikunternehmen, die                          ökologisch Sinn macht: auf
                  ihre multimodalen Netzwerke gemeinsam                              der Schiene. Zusätzliche Glei-                           D
                  mit den Verladern marktorientiert weiterent-                       se und Trassen bieten dem           DISPOSITION — Die mengenmässige
                  wickeln. Die Politik hat die Marktbedingun-                        Güterverkehr den nötigen            Einteilung von Aufträgen unter
                                                                                                                         ­B erücksichtigung der Liefertermine
                  gen der Güterbahnen endlich an diejenigen                          Raum, um sich zu entfalten.          und der aktuellen Kapazitätslage.
                  der übrigen Logistikbranche angeglichen und         Ausserdem fördert der Bund aktiv den Bin-
                  echten Wettbewerb unter den Güterbahnen
                  ermöglicht. Bund und Kantone stellen der
                                                                      nengüterverkehr und eine optimale Zusam-
                                                                      menarbeit von Strasse und Schiene. Im al-
                                                                                                                                              E
                                                                                                                         ECM — Entity in Charge of Main­
                  Wirtschaft gut erschlossene Standorte und           penquerenden Güterverkehr sind mit dem             tenance (ECM) wird die für den
                  genügend Netzkapazitäten zur Verfügung.             Viermeterkorridor, dem Gotthard-Basistun-          ­U nterhalt von Rollmaterial zuständi-
                  Ein starker Eisenbahnregulator sorgt für            nel und der Ablehnung einer zweiten Stra-          ge Stelle bezeichnet. Diese Stelle
                                                                                                                         ist für die Erfüllung der gesetzlichen
                  ­fairen Wettbewerb zwischen Personen- und           ssenröhre am Gotthard wichtige Vorausset-          Vorgaben beim Unterhalt des Roll­
                   Güterverkehr und zwischen Güterbahnen.»            zungen für mehr Transporte auf der Schiene         materials zuständig.
                                                                      geschaffen worden. Eine Alpentransitbörse,
                                                                      welche den Lastwagenverkehr nach markt-
                                                                      wirtschaftlichen Prinzipien reguliert, steht
                                                                                                                                              F
                                                                                                                         FIFO — First in – first out (FIFO) steht
                                                                      europaweit vor der Umsetzung.»             >       in der Warenlogistik für das Prinzip,
                                                                                                                         dass zuerst gelagerte Bestände nach
Fotos: zVg (4)

                                                                                                                         Möglichkeit zuerst verbraucht wer-
                                                                                                                         den sollten.

                 SBB Cargo 3 | 2014                                                                                                                                  17
Wer sagt was?

 ff. Glossar
                  G                       BERNHARD                                       ULRICH
                                          METZGER                                        GIEZENDANNER
 GSM-R — Global System for Mobile
 Communication – Railway ist das
 ­d igitale Funksystem zur Übertragung
  von Sprache und Daten für Eisen-        LEITER DIREKTION LOGISTIK TRANSPORT            TRANSPORTUNTERNEHMER UND SVP-NATIONALRAT
  bahnanwendungen. Es ist eine Vor-       MIGROS-GENOSSENSCHAFTS-BUND
  aussetzung zur Erfüllung der von
                                                                                                          «Die Lösung im Güterver-
  der EU geforderten Interoperabilität.                   «Der Güterverkehr und ge­                       kehr heisst: «Wesensge-
                                                          nerell die Logistik in der                      recht». Die Politik muss
                                                          Schweiz werden bis 2030 ent-                    sich aus dem komplexen
                  H                                       scheidend an Bedeutung ge-
                                                          winnen und substanziell über
                                                                                                          Thema Güterverkehr her-
                                                                                                          aushalten. Dann besteht die
                 d
           v
                                                          den Erfolg eines Unterneh-                      Hoffnung, dass das wach-
                         C                                mens entscheiden. Der Schie-                    sende Gütervolumen im
                                                          nengüterverkehr wird nicht     Jahre 2030 gemeinsam auf Strasse und Schie-
                  G
                         N
                             FR
                                          mehr primär im Nachtsprung erfolgen, son-      ne bewältigt werden kann. Die Strasse in der
                                          dern auch tagsüber. Hingegen wird der Stras­   Fläche, die Schiene für die grossen Mengen
 HAFTREIBUNG — Zwischen zwei be-          sengüterverkehr tagsüber weniger sichtbar      und für lange Distanzen. Stärken der Ver-
 teiligten Reibpartnern gibt es keine     sein, da er, um den ungehinderten Personen-    kehrsträger nutzen und aus Fehlern lernen.
 Relativgeschwindigkeit. Das Rad rollt
 über die Schiene und überträgt am
                                          verkehr zu ermöglichen, vermehrt in die        Der Markt bestimmt den Verkehrsträger, und
 Kontaktpunkt Bremskräfte vom Fahr-       Nacht verbannt wird. Die Feinverteilung in     das ist die Chance für Strasse und Schiene.
 zeug auf das Gleis bis maximal zur       urbanen Gebieten grösserer Städte wie Zü-      Gemeinsam geht’s besser.»
 Haftreibungskraft. Beim Rad-Schie-
 ne-System kann die Haftreibungs-
                                          rich, Bern und Genf wird mit neuen Trans-
 kraft unter besten Bedingungen etwa      portkonzepten erfolgen, die unternehmens-
 25 Prozent der Achslast und bei den
 meisten Umweltbedingungen rund
 15 Prozent der Achslast betragen.
                                          übergeordnet gesteuert werden.»
                                                                                         JOSEF JÄGER
                                                                                         DIREKTOR UND VR-PRÄSIDENT CAMION TRANSPORT AG

                     I                    THOMAS
                                                                                                          «Ich bin felsenfest überzeugt,
                                                                                                          dass die Bahn auch im Güter-

                                          SCHWARZENBACH
 INTEROPERABILITÄT — So bezeichnet
 man die Fähigkeit zur Zusammen­
                                                                                                          verkehr wirtschaftlich arbei-
 arbeit verschiedener Systeme, Tech­                                                                      ten kann. Der Zeitgeist wird
 niken oder Organisationen. Die Ein-      DIREKTOR SPEDLOGSWISS                                           dem Schienengüterverkehr
 haltung gemeinsamer Standards
 sichert im europäischen Eisenbahn-
                                                            «Die Tendenz zur Verdrän-                     neue Impulse geben. Viel-
 system den sicheren und durch­                             gung des stationären Han-                     leicht gelingt es sogar, die
 gehenden Zugsverkehr.                                      dels zugunsten des Online-                    Kombination Schiene und
                                                            Handels führt zu einer       Strasse richtig »sexy» zu portieren. Wenn
                     J                                      erhöhten Belastung der
                                                            Verkehrsnetze. Der planba-
                                                                                         man den Schienengüterverkehr fördern will,
                                                                                         bedingt das allerdings auch eine Verbesse-
 JUST-IN-TIME — Logistikkonzept,
 bei dem die Lagerhaltung von Roh-                          re Güterverkehr wird beim    rung der Strasseninfrastruktur. Diesbezüg-
 stoffen und Zwischenprodukten
 am Produktionsort auf ein absolutes
                                                            Privatkonsum und in der      lich zähle ich auf die Erkenntnisse der Politi-
 Minimum reduziert wird. Entschei-        Wirtschaft zunehmend zum Erfolgsfaktor.        ker und entsprechendes Handeln. Nur die
 dend sind hier die Pünktlichkeit und     Die Verkehrsträger können nicht mehr geson-    Kombination der beiden Verkehrsträger ist
 die Flexibilität der Transporte.
                                          dert betrachtet werden: Ein vernünftiger und   marktfähig!»

                  K                       kosteneffizienter Gütertransport – gerade im
                                          grenzüberschreitenden Verkehr – ist nur noch
 KABOTAGE — Die Beförderung von
 Personen oder Gütern innerhalb
 ­e ines Landes durch ein Fahrzeug aus
                                          unter Einbezug aller vorhandenen Verkehrs-
                                          träger abzuwickeln. Das frühere Gezerre zwi-   LEO EBNETER
                                          schen den Verkehrsträgern wird deshalb bis     LOGISTIKCHEF COOP
  einem anderen Land. «Grosse Kabo-
 tage» nennt man den Verkehr zwi-         2030 einer Auseinandersetzung zwischen Gü-                      «Der Verkehr wird immer
 schen zwei Ländern durch ein Fahr-
 zeug aus einem Drittland. Kabotage
                                          ter- und Personenverkehr gewichen sein. Auf                     dichter, das zwingt uns
 ist nur in wenigen Fällen erlaubt.       der Schiene wird die Benachteiligung des Gü-                    zum Umdenken. Für die
                                          terverkehrs durch neue Konzepte beim Tras-                      Zukunft sind visionäre
                  L                       senpreis reduziert worden sein und auch die
                                          frühere klare Prioritätenregelung zugunsten
                                                                                                          Konzepte gefragt. Wir wol-
                                                                                                          len jedes Transportmittel,
 LSVA — Die Leistungsabhängige
  Schwerverkehrsabgabe (LSVA) ist         des Personenverkehrs ist neu definiert und                      die Strasse, die Schiene und
 die flächendeckende, distanz-,           ausgewogen. Der Güterverkehr in der Schweiz                     den kombinierten Verkehr,
 ­g ewichts- und emissionsabhängige
  Strassenbenutzungsgebühr für
                                          wird nicht möglichst schnell sein, sondern     nach seinen Stärken nutzen. Für Coop ist
  den Güterschwerverkehr. Sie umfasst     möglichst planbar.»                            «Cargo sous terrain», also die Strasse entlas-
  die Strassenkosten (Bau, Betrieb,                                                      ten und einen Teil des Güterverkehrs in den
  Unterhalt) und einen quantifizier­
                                                                                         Untergrund verlegen, ein richtungsweisendes

18                                                                                                                      SBB Cargo 3 | 2014
Projekt. Diese Vision zur Entlastung des Stra-
                                                                   baren Teil der externen Kosten (Un-
                                                                   fälle, Lärm, Luftverschmutzung) und                        U
                 ssenverkehrs wird 2030 realisiert und erste       wird teilweise zur Finanzierung der     UNBEGLEITETER KOMBINIERTER
                                                                   Schieneninfrastruktur verwendet.        VERKEHR — Beförderung eines von
                 Ballungszentren wie Zürich werden damit er-                                               seinem Fahrer nicht begleiteten
                 schlossen sein.»
                                                                                   M                       ­M otorfahrzeugs mit einem anderen
                                                                                                            Verkehrsträger (z. B. Fähre oder
                                                                                                            Bahn) oder Beförderung von Con­
                                                                   MODALSPLIT — Aufteilung des Ver-
                                                                                                            tainern und Wechselbehältern

                 NILS PLANZER
                                                                   kehrsaufkommens auf die einzelnen
                                                                   Verkehrsträger; Kenngrösse über          mit ­m ehreren Verkehrsträgern (z. B.
                                                                   die Anteile jedes Verkehrsträgers am     Strasse-Schiene oder Rheinschiff-
                                      CEO PLANZER TRANSPORT AG     Gesamtverkehr bzw. einem bestimm-        Schiene).
                                                                   ten Verkehrssegment (z. B. Güter­
                                «Planzer wünscht sich für die
                                Zukunft des schweizerischen
                                                                   verkehr).
                                                                                  Anteil der Schiene
                                                                                                                              V
                                Güterverkehrs eine privat-                        an der Gesamtgüter­      VALUE ADDED SERVICES — Zusätzlich
                                                                                  leistung der Schweiz     angebotene Leistungen, die den
                                wirtschaftlich orientierte SBB
                                                                                  36.1 %                   Wert oder Nutzen der Basisdienste
                                Cargo, welche sich dank                                                    erhöhen; bei SBB Cargo z. B. Lo-
                                wettbewerbsfähiger Dienstleis-
                                                                                    N
                                                                                                           gistik­l eistungen, Rangieren kunden-
                                                                                                           eigener Güterwagen, Flotten­
                                tungen und ohne Subventio-                                                 management, Verzollungen usw.
                 nen auf der Schiene im Güterverkehrsmarkt         NACHTFAHRVERBOT — Motorfahr­

                                                                                                                             W
                                                                    zeuge für den Gütertransport mit
                 behaupten kann und so einen starken und zu-        ­e inem Gesamtgewicht von mehr als
                 verlässigen Partner für uns darstellt. Weiter       3,5 Tonnen dürfen auf den Schweizer
                                                                                                           WAGENLADUNGSVERKEHR — Trans-
                 wünschen wir uns gleiche Rahmenbedingun-            Strassen nachts zwischen 22 Uhr
                                                                                                           port von Gütern in einzelnen Eisen-
                                                                    und 5 Uhr nicht verkehren. Das Sonn-
                 gen für sämtliche Verkehrsträger, konkret          tagsfahrverbot gilt an Sonn- und       bahnwaggons. Die Wagen werden
                 eine Anpassung hin zu jenen der Strasse. Nur      ­F eiertagen.                           bei Bedarf einzeln rangiert. Konkur­
                                                                                                           renzfähig ist der Wagenladungs­
                 so können letztendlich unsere Kunden und
                                                                                    O
                                                                                                           verkehr vor allem dort, wo Empfänger
                 damit die Schweizer Bevölkerung von einem                                                 und Absender mit einem Anschluss-
                 optimalen Angebot profitieren.»                   OPERATEUR — Operateure entwickeln,
                                                                                                           gleis direkt bedient werden können.

                                                                                                                              Z
                                                                   organisieren und vermarkten die
                                                                   Transportkette im Kombinierten Ver-
                                                                   kehr (KV). Sie bestellen die Waggons

                 FORTUNAT SCHMID                                   bei den Bahnen, kümmern sich um
                                                                   die Waggons, überwachen die Trans-
                                                                   porte und koordinieren die Bereit­
                                                                                                           ZKE — Die Zugkontrolleinrichtung
                                                                                                           (ZKE) ist eine meist ortsfeste Mess-
                                                                                                           einrichtung am Geleise, die den
                 LEITER DIENSTE UND REGIONEN
                                                                   stellung der Ladeeinheiten für den      Zug bei der Vorbeifahrt mit Strecken­
                 FENACO-GENOSSENSCHAFT
                                                                   Kunden in enger Zusammenarbeit          geschwindigkeit auf verschiedene
                                   «Der inländische Bahn­          mit den Terminalbetreibern.             ­s icherheitsrelevante Merkmale prüft.
                                                                                                            Im Netz der SBB gibt es über
                                   güterverkehr in der Fläche,
                                                                                    P
                                                                                                            100 ZKEs an strategisch wichtigen
                                   insbesondere der Wagen­                                                  Punkten.
                                   ladungsverkehr (WLV) wird       PUFFERKÜSSER — Scherzhafte Be-
                                   sich 2030 auf wenige, dafür     zeichnung für Personen, die sich in
                                   mehr frequentierte Bahn-        ihrer Freizeit intensiv mit dem Thema
                                                                   Eisenbahn beschäftigen.
                                   strecken konzentrieren. Durch
                                   eine enorme Zunahme der
                 Staustunden auf den Nationalstrassen wird                          R
                 auch der kombinierte Verkehr deutlich an Be-      ROLA — Die Rollende Landstrasse
                                                                   (RoLa) ist ein Zug, bei dem komplette
                 deutung gewinnen. Diese Entwicklung wird          Lastwagen bzw. Sattelzüge per Bahn
                 aber nur eintreten, wenn die nötigen Tras-        befördert werden.
                 senkapazitäten und -prioritäten auf diesen
                 Hauptachsen für den inländischen Güterver-
                 kehr vorhanden sind und die Frachtkosten
                                                                                    S
                                                                   SPEDITION — Ein Dienstleistungsun-
                 von Tür zu Tür gegenüber dem direkten             ternehmen im Güterverkehr, das die
                 Stras­
                      sentransport konkurrenzfähig bleiben.        Versendung von Waren besorgt. Der
                                                                   Spediteur ist dabei Anbieter der
                 Private Investitionen in Verladelogistik und      Transportleistungen per Eisenbahn,
                 Anschlussgeleise müssen über eine langfristi-     Lkw, Flugzeug, See- oder Binnen-
                 ge Sicherheit verfügen.»                          schiff.

                                                                                    T
                                                                   TRASSE — Zeitlich und örtlich defi-
                                                                   nierter Fahrweg für einen Zug (ent-
                                                                   spricht einem «Slot» im Flugverkehr).
                                                                                                           Dieser Beitrag enthält Informationen aus
Foto: zVg (7)

                                                                   Die Zahl der möglichen Trassen          dem Glossar des Bundesamts für
                                                                   ­d efiniert die Aussage zur Kapazität   Verkehr (BAV). Dieses finden Sie unter
                                                                    einer bestimmten Strecke.              www.bav.admin.ch/glossar

                SBB Cargo 3 | 2014                                                                                                                   19
CEO-Talk

«Wir müssen die Nacht
zum Tag machen»
Mehr als 60 Züge fährt SBB Cargo täglich für die Schweizerische Post.
Dieter Bambauer, Leiter PostLogistics, und Nicolas Perrin, CEO von SBB Cargo,
im Gespräch über Verspätungen, intelligente Güterwagen und die Invasion
der Drohnen.
Interview: Roy Spring
Fotografie: Jorma Müller

Herr Bambauer, sowohl die Post als           nikationssystem der Schweiz. Natürlich      gistik, dass es auf den ersten Blick
auch SBB Cargo sind seit vielen Jahr­        stehen heute hochkomplexe Logistiksys­      manchmal ineffizient aussieht. Wenn
zehnten auf der Schiene unterwegs. Von       teme mit eigenen Zügen dahinter, aber am    man sich aber etwas von der Einzelsen-
A nach B, jeden Tag. Warum sind Sie          Grundsatz hat sich nichts geändert.         dung distanziert, erkennt man in der
trotzdem fasziniert von der Güterbahn?       BAMBAUER: Die Post und die SBB verbin-      Bündelung riesiger Mengen die überge-
BAMBAUER: Die unterschiedlichsten Pro-       det auch, dass beide seit jeher dem Bund    ordnete strategische Bedeutung. Diese ist
dukte unter jeglichen Bedingungen zur        gehören und beide auch Grundversorger       der Garant für grösstmögliche Effizienz.
Zufriedenheit der Kunden ans Ziel zu         sind. Das ermöglicht eine klare strategi-
bringen, ist schlicht eine packende Auf­     sche Ausrichtung auf die Bedürfnisse des    Ist der gelbe Riese auf der Schiene zu
gabe. Man ist nicht nur Erfüllungsgehilfe,                                               wenig präsent?
sondern Treiber in einem globalen Markt.                                                 PERRIN: Nein. Die Post setzt die Bahn ge-
Und dabei steht immer der Mensch im           «Die Post hat von Anfang                   zielt dort ein, wo sie ihre Stärken hat. Das
Zentrum.                                                                                 Faszinierende an moderner Transportlo-
                                                an die Möglichkeiten                     gistik ist, dass man heute verkehrsträger-
Herr Perrin, kommt Ihnen bei Post­            der Bahn ausgeschöpft.»                    übergreifende Konzepte entwickelt. Bei
logistik zuerst die Gotthardpost oder die                                                uns geht es vor allem um Strasse-Schie-
                                                         NICOLAS PERRIN
Spanisch-Brötli-Bahn in den Sinn?                                                        ne. In Basel möchten wir in Zukunft auch
PERRIN: Die Gotthardpost! Sie ist ein                                                    die Verknüpfung mit dem Schiff verbes-
Mythos für die Schweiz, wie es später        Landes. Für mich ist das eine ideale        sern. Die kombinierte Mobilität weist in
auch die Gotthardbahn war – und wie es       Grundlage für eine nutzbringende Zu-        die Zukunft und macht Logistik noch
ab 2016 sicher auch der Gotthard-Basis-      sammenarbeit im Interesse des Marktes       spannender.
tunnel sein wird.                            und der Bevölkerung.
                                                                                         Offenbar fanden Sie das Thema schon
Die Bahn und die Post haben historische      Aber es ist doch alles andere als           früher spannend. Sonst hätten Sie
Gemeinsamkeiten. Welche sind heute           nutzbringend, dass ein Paket zunächst       sich nicht für eine Karriere in der Logistik
noch von Bedeutung?                          in Zürich landet, wenn der Kunde            entschieden.
PERRIN: Die Post hat von Anfang an die       es von St. Moritz nach Samedan schickt.     BAMBAUER: Als ich noch studierte, hiess
Möglichkeiten der Bahn ausgeschöpft.         Warum diese Zentralisierung?                es Industriebetriebslehre – das nennt sich
Früher gab es kaum Personenzüge, die         BAMBAUER: Nein, es landet nicht in Zü-      heute vermutlich Logistikmanagement.
nicht auch Post beförderten. So wurde das    rich, sondern in Frauenfeld! (Lacht.) Es    Ich habe dieses Fach damals gewählt,
Eisenbahnnetz zum eigentlichen Kommu-        ist gerade das Phänomen effizienter Lo-     ­obwohl es nur wenige interessierte. Alle

20                                                                                                                 SBB Cargo 3 | 2014
Sie können auch lesen