HANDELN - ÄTHIOPIEN BIENEN LIEFERN MEHR ALS NUR HONIG 75 JAHRE HEKS

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HANDELN - ÄTHIOPIEN BIENEN LIEFERN MEHR ALS NUR HONIG 75 JAHRE HEKS
AUGUST 2021

HANDELN
DAS MAGAZIN DES HILFSWERKS DER EVANGELISCHEN KIRCHEN SCHWEIZ

ÄTHIOPIEN                                     75 JAHRE HEKS
                                              Ein Interview mit Franz Schüle
BIENEN LIEFERN MEHR
                                              ALTER UND MIGRATION
ALS NUR HONIG                                 Gemeinsam geht es besser
HANDELN - ÄTHIOPIEN BIENEN LIEFERN MEHR ALS NUR HONIG 75 JAHRE HEKS
INHALT

                                                                                                     IMPRESSUM
                                                                                                     NR. 353 / AUGUST 2021
                                                                                                     HANDELN
                                                                                                     Das Magazin des Hilfswerks
                                                                                                     der Evangelischen Kirchen
                                                                                                     Schweiz
                                                                                                     Erscheint 4-mal jährlich

                                                                                                     AUFLAGE
                                                                                                     49 000

                                                                                                     REDAKTIONSLEITUNG
                                                                                                     Dieter Wüthrich (dw)

                                                                                                     REDAKTION
                                                                                                     Bettina Filacanavo (fb)

                                                                                                     BILDREDAKTION
                                                                                                     Julie Lovens

                                                                                                     TITELBILD
Die Prävention von COVID-19 in äthiopischen Flüchtlingscamps und deren Umgebung ermöglichte          Abinet Teshome
es, Wasser und Hygienekonzepte in Gebiete zu bringen, in denen es an allem fehlt. Ein Beispiel für
humanitäre Hilfe, die die Ressourcen der betroffenen Bevölkerung langfristig stärkt.                 KORREKTORAT
                                                                                                     korr.ch

                                                                                                     GESTALTUNG
                                                                                                     Joseph Haas und
                                                                                                     Corinne Kaufmann-Falk,
                                                                                                     Zürich

                                                                                                     DRUCK
                                                                                                     Druckerei Kyburz AG,
                                                                                                     Dielsdorf
                         THEMA
                                                                                                     PAPIER
                               75 Jahre HEKS                                                         Nautilus superwhite FSC
                               Die Kirchliche Zusammenarbeit (KiZA) ist ein wichtiges
                                                                                                     ABONNEMENT
                               Standbein der Auslandtätigkeit von HEKS.                              CHF 10.– / Jahr
                                                                                                     wird jährlich einmal von
                                                                                                     Ihrer Spende abgezogen
                         IN DIESER NUMMER
                                                                                                     ADRESSE
                         3     Editorial                                                             HEKS
                                                                                                     Seminarstrasse 28
                         4     Äthiopien                                                             Postfach
                               Entwicklung der Honigproduktion                                       8042 Zürich
                                                                                                     Telefon 044 360 88 00
                         7     Agenda 2030                                                           Fax 044 360 88 01
                                                                                                     E-Mail info@heks.ch
                               Im Einsatz für die globalen Ziele
                                                                                                     www.heks.ch
                         10    75 Jahre HEKS                                                         www.eper.ch

                               Die Kirchliche Zusammenarbeit im Mittelpunkt                          HEKS-SPENDENKONTO:
                                                                                                     Hilfswerk der Evangelischen
                         16    Alter und Migration
                                                                                                     Kirchen Schweiz
                               Hilfestellung bei der Integration von älteren Flüchtlingen            PC 80-1115-1

                         20 Grosse Not in Venezuela
                            HEKS leistet humanitäre Hilfe
                         22 Patenschaft
                            Werden Sie Patin oder Pate

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HANDELN - ÄTHIOPIEN BIENEN LIEFERN MEHR ALS NUR HONIG 75 JAHRE HEKS
EDITORIAL

             LIEBE LESERIN
             LIEBER LESER

Ich freue mich, Ihnen in dieser Ausgabe      feiern. In der heutigen Ausgabe lässt uns
unseres Magazins einmal mehr eine bun-       mit Franz Schüle eine Persönlichkeit an ih-
te Palette von Themen und Aspekten aus       ren Erinnerungen teilhaben, die die Ent-
unserer Programmarbeit im In- und Aus-       wicklung von HEKS während vieler Jahre
land präsentieren zu können. Wussten Sie     begleitet und als einer meiner Vorgänger
zum Beispiel, dass Äthiopien weltweit zu     massgeblich geprägt hat (Seiten 10–12).
den zehn grössten Produzentenländern         Ebenfalls aus ihrer persönlichen Warte
von Honig gehört? Nein? Dann hat das         beleuchtet Rita Famos, Präsidentin unse-
vermutlich damit zu tun, dass nur gera-      rer Stifterin, der Evangelisch-reformierten
de 800 der rund 50 000 Tonnen jährlich       Kirche Schweiz (EKS), die Bedeutung des
produzierten Menge an                                          diakonischen Auftrages,
Honig exportiert werden                                        den HEKS seit 75 Jahren
und damit auch den Weg         «Wir wollen                     im In- und Ausland erfüllt
in die Regale des Schwei-
zer Detailhandels finden.
                             unseren Beitrag                   (Seite 14).

Denn in Äthiopien selbst     zur Umsetzung                   Zu diesem Auftrag ge-
ist die Nachfrage nach                                       hört auch das Pilotprojekt
dem wertvollen Naturpro-       der Agenda                    «HEKS AltuM-Tandem»,
dukt sehr gross. Für vie-
le Kleinbauernfamilien
                              2030 leisten.»                 das sich an Menschen
                                                             ab 50 richtet, die in die
in diesem immer wieder                                       Schweiz geflüchtet sind.
von internen Konflikten erschütterten        Diese älteren Flüchtlinge und MigrantIn-
Land am Horn von Afrika ist die Imkerei      nen haben es häufig besonders schwer,
eine wichtige Existenzgrundlage und un-      sich in unserer ihnen völlig fremden Kul-
verzichtbare Einkommensquelle. HEKS          tur zurechtzufinden. «AltuM-Tandem»
unterstützt deshalb im Westen des Lan-       nimmt sich der Probleme dieser älteren
des unternehmerisch orientierte Familien,    Menschen an und stellt ihnen eine Be-
die nur über wenig eigenes Land verfü-       gleitperson zur Seite, die ihnen hilft, sich
gen, beim Aufbau einer eigenen Bienen-       in der neuen Heimat zurechtzufinden.
zucht. Lesen dazu unsere Reportage ab        Mehr über dieses spannende Projekt er-
Seite 4.                                     fahren Sie in unserer Reportage auf den
                                             Seiten 16–19.
Unser «Bienenprojekt» in Äthiopien ist in-
dessen nur eines von vielen Mosaikstein-     Habe ich Ihnen eingangs zu viel Vielfalt
chen, mit denen HEKS seinen Beitrag zur      versprochen? Ich hoffe nicht. Aber über-
Umsetzung der «Agenda 2030», dem             zeugen Sie sich selbst ... Ich wünsche
globalen Plan der UNO für die Förde-         Ihnen auf jeden Fall eine anregende Lek-
rung einer nachhaltigen Entwicklung,         türe und danke Ihnen für Ihr Interesse
leisten will. Die «Agenda 2030» ist dem      an unserer Arbeit und Ihre grosszügige
übergeordneten Leitprinzip «Niemanden        Unterstützung.
zurücklassen» verpflichtet. Wie bedeu-
tungsvoll dieses Motiv gerade in Zeiten
von COVID-19 ist, wo sich die Lebenssitu-
ation von ehedem schon benachteiligten                              Peter Merz
Menschen weltweit, aber auch in der                                 Direktor
Schweiz teilweise dramatisch verschlech-
tert hat, zeigt der Beitrag «Niemanden
zurücklassen» (Seiten 7–9).

In diesem Jahr dürfen wir bekanntlich
das 75-jährige Bestehen unseres Werkes

                                                                                            3
HANDELN - ÄTHIOPIEN BIENEN LIEFERN MEHR ALS NUR HONIG 75 JAHRE HEKS
ENTWICKLUNG LÄNDLICHER GEMEINSCHAFTEN

                                        Oben: Äthiopien hat
                                        eine grosse Tradition
                                        in der Bienenzucht.
                                        Sie ist eine gute Alter-
                                        native für Kleinbauern-
                                        familien, die kein
                                        eigenes Land besitzen.

                                        Links: Demitu Regassa
                                        wurde im Projekt zur
                                        Imkerin ausgebildet
                                        und später selber zur
                                        Ausbildnerin.

                                        Unten: Die Schulungen
                                        stärken die techni-
                                        schen Fähigkeiten zur
                                        Herstellung von Honig
                                        und Bienenwachs.

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HANDELN - ÄTHIOPIEN BIENEN LIEFERN MEHR ALS NUR HONIG 75 JAHRE HEKS
Smoker beruhigen
                                                                                                                  die Bienen und
                                                                                                                  erleichtern die
                                                                                                                  Arbeit der
                                                                                                                  ImkerInnen.

ZUSATZVERDIENST
DANK HONIG IN ÄTHIOPIEN
In Äthiopien lässt sich mit der Entwicklung der Honigproduktion                           Kenntnisse und Fähigkeiten vertiefen
                                                                                          können. Es braucht viel Know-how, um
neben der Landwirtschaft und der Viehzucht das Einkommen von                              Honig ernten zu können: Man muss die
Kleinbauern substanziell verbessern. Gleichzeitig entstehen lokale                        Bienenstöcke aufstellen, ein Bienenvolk
                                                                                          und seine Königin erwerben und wissen,
Selbsthilfe-Netzwerke.                                                                    wie man sich um die Bienen kümmern
                                                                                          muss, damit sie in der Nähe bleiben, um
Text Eden Tadesse und Joëlle Herren Laufer                                                Nektar zu sammeln. Nach der Ernte muss
Fotos Abinet Teshome
                                                                                          der Honig abgefüllt und ein Absatzmarkt
                                                                                          gefunden werden.
                                                                                          Das Projekt zielt daher darauf ab, die Pro-
Äthiopien ist nicht nur als Wiege der        der Region Oromia hat das Potenzial, sei-    duktivität der Honigernte zu steigern und
Menschheit bekannt, sondern auch als         ne Honigproduktion zu erhöhen. Ein           die Nutzung diverser Technologien zu
Verbreitungsgebiet der «Apis mellifera       Glücksfall, denn aufgrund des Bevölke-       verbessern, um ein günstigeres Umfeld
andansonii», einer Rasse von Zuchtbie-       rungswachstums werden die landwirt-          für Imker, aber auch für die Gemeinschaft
nen. Das Land am Horn von Afrika gehört      schaftlichen Flächen für den Anbau von       von Horro Guduru als Ganzes zu schaffen.
zu den zehn grössten Honigproduzenten        Getreide und Gemüse, manchmal auch           Dank dem Projekt haben die ImkerInnen
der Welt und liefert über ein Drittel der    für die Haltung von etwas Vieh, immer        auch Zugang zu günstigem Material, wie
afrikanischen Produktion. Nur wenige Glä-    kleiner. Seit 2016 setzt sich HEKS deshalb   zum Beispiel Smokern, die es braucht, um
ser gelangen auch nach Europa: Gerade        dafür ein, die Imkerei mit jenen Familien    die Bienen mit Rauch zu beruhigen, oder
einmal 800 der rund 50 000 erzeugten         zu entwickeln, die Mühe haben, ihre Mit-     Schutzkleidung, die unabkömmlich ist,
Tonnen werden exportiert. Denn in Äthi-      glieder zu ernähren. Der Vorteil der Bie-    um nicht gestochen zu werden.
opien besteht selbst eine grosse Nachfra-    nenzucht ist, dass man nicht selbst Land     Die Schulungen ermöglichen es, die tech-
ge nach diesem nahrhaften Lebensmittel,      besitzen muss und dass die Investitions-     nischen Fähigkeiten für die Herstellung
das auch zu Tej – Honigwein – verarbeitet    kosten gering sind.                          von Honig und Bienenwachs zu stärken.
wird, während aus dem Bienenwachs Kir-                                                    Seit Projektbeginn haben die Ernten pro
chenkerzen entstehen.                        Das Know-how erwerben                        Imker beträchtlich zugenommen. Die Im-
Die BewohnerInnen von Horro Guduru,          HEKS arbeitet mit der «Gurmuu Develop-       ker haben sich zudem in Gruppen zusam-
im ländlichen Westen Äthiopiens, betrei-     ment Association», einer indigenen laizis-   mengeschlossen, um Erfahrungen auszu-
ben seit Generationen Bienenzucht. Die-      tischen Organisation. Diese führt Schu-      tauschen und um bessere Preise zu erzie-
ses florierende Gebiet im östlichen Teil     lungen durch, damit die ImkerInnen ihre      len. Dies ermöglicht ihnen, ihr Einkommen

                                                                                                                                     5
HANDELN - ÄTHIOPIEN BIENEN LIEFERN MEHR ALS NUR HONIG 75 JAHRE HEKS
Honigaufbereitung
                                                                                              vor dem Verkauf.

                                                                                                           ÄTHIOPIEN
                                                                                                         HEKS-SCHWERPUNKT:
                                                                                                       ENTWICKLUNG LÄNDLICHER
                                                                                                          GEMEINSCHAFTEN

                                                                                                                       ERITREA
                                                                                                                                           JEMEN
                                                                                                     SUDAN

                                                                                                                                                GOLF VON ADEN
                                                                                                                      ÄTHIOPIEN
                                                                                                                                    DSCHIBUTI

                                                                                                                                                SOMALIA

                                                                                                                           OROMIA
zu erhöhen. Das Projekt ermutigt auch       organisiert sind und noch keine Vor-                   SÜDSUDAN

dazu, geeignete Pflanzen anzubauen, de-     kenntnisse in der Bienenhaltung hatten.
ren Nektar die Bienen sammeln können.       Dank dem Projekt verbesserten die Teil-            DEM. REP.
                                                                                                KONGO
                                                                                                                         KENIA
                                                                                                           UGANDA
                                            nehmenden ihr Wissen und ihre prakti-
Verbesserung der Existenzgrund-             schen Fähigkeiten in der Imkerei und etwa
                                                                                                                     Bevölkerung:
lagen                                       69 Prozent erklärten, zwischen 2015 und
Demitu Regassa ist Imkerin. Sie wurde       2018 eine deutliche Steigerung ihres Ein-                               96 Mio.
zunächst durch das Projekt geschult und     kommens aus Honig erzielt zu haben.
dann selbst Ausbildnerin. Früher hatte                                                                        Eines der ärmsten Länder,
Demitu keine finanziellen Mittel, kein
Land und keine Tiere. Um für ihre acht
                                            Förderung der Artenvielfalt dank
                                            Honig
                                                                                                              Rang
Kinder aufzukommen, stellt ihr Mann         Es wäre schade, den Reichtum dieser Re-                        174 von 187
heute Bienenstöcke her und sie kümmert      gion, die mehr als 200 wildwachsende
sich um die Bienen. «Als Gurmuu und         und eine Vielzahl kultivierter Bienenwei-
                                                                                                  Das Ziel von HEKS in Äthiopien ist
HEKS mir eine Ausbildung in der Imkerei     depflanzen zählt, nicht für die Imkerei zu
                                                                                                  es, den Zugang zu lebensnotwen-
vorschlugen, zögerte ich zuerst, denn ich   nutzen. Die äthiopische Regierung ist an
                                                                                                    digen Ressourcen wie Wasser,
hatte noch nie eine Ausbildung gemacht.     dem Ansatz interessiert. Sie hat verstan-             Boden und Saatgut zu verbessern.
Es hat mir aber sehr viel gebracht: Heute   den, dass die Bienenzucht ein Weg sein                Dies erfolgt über eine nachhaltige
produziere ich Honig und bin sogar selbst   kann, um Kleinbauernfamilien, die ein                  Landwirtschaft, den Schutz von
Ausbildnerin geworden! Ich habe bereits     Viertel der Bevölkerung ausmachen, aus                    traditionellem Saatgut und
ein Gruppe von 20 Frauen geschult und       der Armut zu führen. Ausserdem trägt                  die Sicherstellung der Wasserver-
dann noch einmal eine Gruppe von 19         die Bestäubung nicht nur zur Nahrungs-                 sorgung unter Berücksichtigung
Frauen. Sie kommen jetzt sehr gut zu-       mittelsicherheit bei, sondern erlaubt auch,                       von Dürren.
recht und arbeiten hart, um gute Ergeb-     natürliche Ressourcen zu bewahren und
nisse zu erzielen», erzählt sie.            Arbeitsplätze zu schaffen. Ein Glücksfall
Das Projekt erreicht 3846 ImkerInnen so-    in einer Zeit grosser politischer Instabilität,
wie LieferantInnen von Produktionsmit-      die es schwierig macht, sich ausserhalb
teln. Es kommt zudem 180 bedürftigen        des Gebiets zu begeben.
Frauen zugute, die in Selbsthilfegruppen

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HANDELN - ÄTHIOPIEN BIENEN LIEFERN MEHR ALS NUR HONIG 75 JAHRE HEKS
AGENDA 2030

«NIEMANDEN ZURÜCKLASSEN»
            Diese Forderung zieht sich als übergeordnetes Prinzip durch die gesamte «Agenda
            2030 für eine nachhaltige Entwicklung». Die Corona-Pandemie aber hat viele zu-
            rückgelassen. Sie hat bestehende Ungleichheiten schonungslos aufgedeckt und
            weiter verschärft. HEKS will mit seiner Arbeit im In- und Ausland gezielt zur Ver-
            wirklichung der Agenda 2030 beitragen.
            Text Nina Vladovic und Una Hombrecher

Die «Agenda 2030» der UNO ist ein globaler Plan zur Förderung        wie der Klimawandel oder die Zunahme von bewaffneten Kon-
einer nachhaltigen Entwicklung bis 2030. Sie wurde 2015 von          flikten drohen die in den letzten zwei Jahrzehnten erzielten
den UNO-Mitgliedsstaaten verabschiedet. Die darin festgehal-         Fortschritte wieder rückgängig zu machen. Zwar ist der Anteil
tenen 17 Ziele und 169 Unterziele – die «Sustainable Develop-        der Kinder und Jugendlichen, die keine Schule besuchen, in den
ment Goals» (SDGs) – berücksichtigen alle drei Dimensionen           letzten Jahren gesunken, viele übertragbare Krankheiten sind
einer nachhaltigen Entwicklung: ökonomische, soziale sowie           rückläufig, der Zugang zu Trinkwasser hat sich verbessert und
ökologische Aspekte.                                                 Frauen sind in Führungspositionen stärker vertreten. Gleichzeitig
Von vielen wird die Agenda 2030 als Paradigmenwechsel gefei-         leiden jedoch immer mehr Menschen an Ernährungsunsicherheit,
ert, denn im Gegensatz zu den vorangegangenen «Millennium            die Zerstörung unserer Umwelt setzt sich bestürzend rasch fort
Development Goals» (MDGs), die nur die Länder des globalen           und in allen Weltregionen herrscht enorme Ungleichheit.
Südens betrafen, nimmt die Agenda 2030 alle Staaten in die           Dass sich auch die COVID-19-Pandemie und ihre wirtschaftlichen
Pflicht, ihren Beitrag an eine nachhaltige globale Entwicklung zu    und sozialen Folgen stark negativ auf die meisten der 17 SDGs
leisten. Auf nationaler Ebene bedeutet dies, dass die Ziele der      auswirken wird, zeichnet sich bereits heute ab. In den Ländern
Agenda 2030 bei allen politischen Entscheiden verstärkt berück-      des globalen Südens sind verletzliche Personengruppen wie äl-
sichtigt werden müssen – auch in der Schweiz.                        tere Menschen, Kinder, Menschen mit Behinderungen, Angehö-
                                                                     rige von Minderheiten, Migrantinnen und Migranten und Flücht-
Umsetzung in der Schweiz                                             linge deutlich stärker betroffen als der Rest der Gesellschaft.
Die Ziele der Agenda 2030 sind ambitioniert, ihre Umsetzung          Und auch Länder mit hohem Einkommen verzeichnen bei mar-
erfordert einen immensen politischen Willen. Um die SDGs zu          ginalisierten Gruppen die höchsten Sterblichkeitsraten.
erreichen und Armut, soziale Ungerechtigkeit und den Klima-          Vor diesem Hintergrund gewinnt die Forderung nach einer kla-
wandel zu bekämpfen, braucht es eine Transformation der wirt-        ren und konsequenten Strategie zur Umsetzung der SDGs in der
schaftlichen und politischen Systeme unserer heutigen Gesell-        Schweiz weiter an Dringlichkeit. Dem wird die Ende 2020 veröf-
schaften. Dazu wiederum sind ambitionierte Massnahmen                fentlichte «Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030», in welcher
seitens aller Interessenträger gefordert, auch die Beteiligung und   der Bundesrat aufzeigt, wie er die «Agenda 2030» in den nächs-
der Druck der Zivilgesellschaft.                                     ten zehn Jahren umsetzen will, jedoch nicht gerecht. Die Strate-
Bereits 2017 gründeten HEKS und rund 40 weitere Schweizer            gie bleibt weit hinter den Ambitionen zurück: HEKS stellt in
Organisationen das zivilgesellschaftliche Netzwerk «Plattform        seiner Analyse fest, dass im Entwurf weder konkrete, verbindli-
Agenda 2030», das die Umsetzung der Agenda 2030 in der               che und messbare Umsetzungsziele für die Schweiz definiert
Schweiz unterstützt und begleitet. Im Juli 2018 veröffentlichte      noch zusätzliche finanzielle Ressourcen zur Umsetzung der
die Plattform ihren Bericht «Wie nachhaltig ist die Schweiz?», in    SDGs bis 2030 vorgesehen werden. Diese Kritik sowie konkrete
dem sie den Handlungsbedarf aufzeigte und Empfehlungen zur           Änderungsempfehlungen hat HEKS im Rahmen seiner Teilnah-
Umsetzung der Agenda 2030 formulierte. So forderte die Platt-        me am Vernehmlassungsverfahren eingebracht.
form etwa eine stärkere institutionelle Verankerung der Agenda
2030 innerhalb der Bundesverwaltung, ausreichende Ressourcen         HEKS bleibt dran
für die Umsetzung und die Stärkung der politischen Kohärenz          Für das laufende Jahrzehnt bilden die «Agenda 2030» und ihr
für nachhaltige Entwicklung.                                         Leitprinzip «Niemanden zurücklassen» einen wichtigen Schwer-
                                                                     punkt und Referenzrahmen der Arbeit von HEKS im Ausland
Rückschläge durch multiple Krisen                                    und in der Schweiz. Denn auch HEKS ist überzeugt: Ein gleich-
Die bisherigen globalen Anstrengungen reichen jedoch nicht           berechtigter Zugang zum sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen
aus, um den nötigen Wandel herbeizuführen. Eine erste, ernüch-       und politischen Leben stärkt den sozialen Zusammenhalt und
ternde Bilanz zog der im Jahr 2019 veröffentlichte «Global Sus-      bildet somit eine wichtige Grundlage für prosperierende, inklu-
tainable Development Report»: Die multiplen Krisen unserer Zeit      sive und friedliche Gesellschaften.

                                                                                                                                    7
HANDELN - ÄTHIOPIEN BIENEN LIEFERN MEHR ALS NUR HONIG 75 JAHRE HEKS
AGENDA 2030

                     DER BEITRAG VON HEKS AN DIE
                     Neben seinem gesellschaftspolitischen Engagement trägt HEKS mit
                     seiner Programmarbeit im In- und Ausland zur Umsetzung der Zie-
                     le für eine nachhaltige Entwicklung bei. Acht Beispiele unseres
                     Wirkens im Ausland und in der Schweiz.

                                               ZIEL 16 «FRIEDEN,
                                               GERECHTIGKEIT UND STARKE
                                               INSTITUTIONEN»
                                               In der Schweiz: Mit Rechtsberatung
                                               steht HEKS Asylsuchenden und ande-
                                               ren sozial Benachteiligten mit Rechts-
                                               beratung zur Seite und gewährleistet
                                               ihnen dadurch einen gleichberechtig-
    ZIEL 10 «WENIGER                           ten Zugang zur Justiz.
    UNGLEICHHEITEN»                            Im Ausland: Ohne Frieden, Gerech-
    In der Schweiz: HEKS unterstützt be-       tigkeit und starke Institutionen ist
    nachteiligte Menschen in der Schweiz       Entwicklung nachgewiesenermassen
    bei ihrer sozialen Integration, verhilft   nicht nachhaltig. Deshalb fördert
    ihnen zur aktiven Teilhabe am gesell-      HEKS in seinen Projektländern den
    schaftlichen Leben und trägt somit         Aufbau einer starken Zivilgesellschaft
    nachhaltig zur Reduzierung von Ar-         und die Konflikttransformation.
    mut und Ungleichheit bei. Im Ausland:
    HEKS setzt sich mit seinen Projekten
    dafür ein, dass sozial benachteiligte,
    marginalisierte Menschen Anteil am
    sozialen, kulturellen, politischen und
    wirtschaftlichen Leben nehmen kön-
    nen. Seien dies Roma-Gemeinschaf-
    ten in Ost-Europa, Adibashi und Dalit
    in Bangladesch oder indigene Ge-
    meinschaften in lateinamerikanischen
    Ländern.                                   ZIEL 15 «LANDÖKOSYSTEME
                                               SCHÜTZEN»
                                               Im Ausland: HEKS setzt sich in seinen
                                                                                        ZIEL 13 «BEKÄMPFUNG DES
                                               Projekten für den Erhalt, die Wieder-
                                                                                        KLIMAWANDELS»
                                               herstellung und die nachhaltige Be-
                                                                                        Im Ausland: HEKS unterstützt jene
                                               wirtschaftung von Landökosystemen,
                                                                                        Menschen, die am meisten unter den
                                               insbesondere der Biodiversität, ein.
                                                                                        Folgen des Klimawandels leiden, je-
                                                                                        doch wenig zu diesem beigetragen
                                                                                        haben, darin, sich an langfristige kli-
                                                                                        matische Veränderungen anzupassen
                                                                                        und ihre Widerstandsfähigkeit ge-
                                                                                        genüber klimabedingten Risiken zu
                                                                                        stärken. HEKS setzt sich für mehr Kli-
                                                                                        magerechtigkeit zwischen Nord und
                                                                                        Süd ein.

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HANDELN - ÄTHIOPIEN BIENEN LIEFERN MEHR ALS NUR HONIG 75 JAHRE HEKS
UMSETZUNG DER AGENDA 2030

                                           ZIEL 2 «KEIN HUNGER»
                                           Im Ausland: Die ärmsten und am
                                           stärksten von Hunger betroffenen
                                           Menschen leben im ländlichen Raum
                                           und so liegt ein besonderer Schwer-
                                           punkt der Arbeit von HEKS in Latein-
                                                                                       ZIEL 3 «GESUNDHEIT UND
                                           amerika, Asien und Afrika darin, eine
                                                                                       WOHLERGEHEN»
                                           nachhaltige und ökologische Land-
                                                                                       In der Schweiz: Mit sozialen Aktivitä-
                                           wirtschaft zu fördern. Hier spielt der
                                                                                       ten, Bewegungsangeboten und Bera-
                                           Zugang zu natürlichen Ressourcen
                                                                                       tung trägt HEKS dazu bei, dass ältere
                                           wie Land, Wasser und angepasstem
                                                                                       MigrantInnen sowie MigrantInnen in
                                           Saatgut eine entscheidende Rolle.
                                                                                       prekären Lebensverhältnissen ihre
                                                                                       physische und psychische Gesundheit
                                                                                       pflegen können und trotz Sprachbar-
                                                                                       rieren Zugang finden zu öffentlichen
                                                                                       Angeboten des Schweizer Gesund-
                                                                                       heitssystems. Seit der Corona-Pande-
                                                                                       mie ist diese Arbeit umso wichtiger
                                                                                       geworden.

                                           ZIEL 4 «HOCHWERTIGE BILDUNG
                                           FÜR ALLE»
                                           In der Schweiz: Sprache gilt als Schlüs-
                                           sel zur Integration und gesellschaftli-
                                           chen Teilhabe. Mit seinen Sprachkur-
                                           sen unterstützt HEKS in der Schweiz
                                           dabei, die hiesige Sprache zu lernen.
                                           Damit öffnen sich auch die Türen für
                                           weiterführende Bildungswege.

   ZIEL 8 «PRODUKTIVE VOLL-
   BESCHÄFTIGUNG UND
   MENSCHENWÜRDIGE ARBEIT»
   In der Schweiz: Mit Arbeitsintegrati-
   onsprojekten eröffnet HEKS Langzeit-
   arbeitslosen, SozialhilfebezügerInnen                    WEITERFÜHRENDE INFORMATIONEN
   und qualifizierten MigrantInnen, die                     Den Bericht «Wie nachhaltig ist die Schweiz?» der Plattform Agenda
   nur schwer eine Arbeitsstelle finden,                    2030 und die Vernehmlassungsantwort von HEKS zum Strategieent-
   neue Perspektiven.                                       wurf Agenda 2030 finden Sie online unter:
                                                            www.heks.ch/agenda2030

                                                                                                                                9
HANDELN - ÄTHIOPIEN BIENEN LIEFERN MEHR ALS NUR HONIG 75 JAHRE HEKS
75 JAHRE HEKS

                  EINER ENGAGIERTEN,
                  TÄTIGEN KIRCHE NAH
                  Die Kirchliche Zusammenarbeit (KiZA) ist neben der Entwicklungs-
                  zusammenarbeit und der Humanitären Hilfe das dritte Standbein der
                  Auslandtätigkeit von HEKS. Ihre Anfänge reichen bis in die Grün-
                  dungsjahre des Hilfswerks zurück. Franz Schüle hat die Entwicklung
                  der KiZa in diesen 75 Jahren eine Zeit lang begleitet und massgeblich
                  geprägt.
                  Interview Corina Bosshard
                  Foto HEKS / Bildarchiv

Franz Schüle, HEKS begann bereits ab
1948, mit Beginn des Kalten Krieges,
in Osteuropa zwischenkirchliche Hilfe
zu leisten. Du bist während deiner Tä-
tigkeit für HEKS viel in die Länder hin-
ter dem «Eisernen Vorhang» gereist.
Wie hast du die Stimmung dort in je-          Die Zwischenkirchliche Hilfe von HEKS erreichte Menschen in Osteuropa, sei es in Rumänien zur Zeit des Kalten
ner Zeit erlebt?
Ich erinnere mich an meine erste Reise
nach Rumänien im Jahr 1984. Im Land
herrschte eine unglaubliche Bedrücktheit,     Wie konnte HEKS damals überhaupt                  Warum war die Zusammenarbeit mit
ein Klima der Angst. Die Menschen beob-       zwischenkirchliche Hilfe leisten?                 kirchlichen Partnern so wichtig?
achteten sich gegenseitig. In Erinnerung      Eine eigentliche Aufbauarbeit in den              Wenn wir Menschen in schwierigen Situ-
geblieben sind mir vor allem die Bahn-        kommunistischen Ländern durch ein                 ationen helfen wollten, dann musste das
höfe: Wenn wir mitten in der Nacht an         westliches und zudem kirchliches Hilfs-           über die Kirchen geschehen. Die Kirche
einem Bahnhof ankamen, ein, zwei Glüh-        werk war nur in der DDR und in Ungarn             war für die Menschen damals ein Zuhau-
birnen die Bahnhofshallen beleuchteten        beschränkt möglich. In jener Zeit konn-           se, nicht wie der sozialistische Staat. So
und man fast nichts sah. Die Leute waren      ten wir nur kleine Brötchen backen. Wir           war das damals in allen sozialistischen
mit Säcken unterwegs, trugen Schuhe,          brachten das Geld zum Teil selber mit             Ländern: In den Kirchen fand man das
die ihnen nicht passten – Sandalen im         und waren froh, wenn wir einer Gemein-            Menschliche, die Tiefe. Die Unterstützung
Winter und Moonboots im Sommer. All           de irgendwie helfen konnten, eine Kirche          der Kirchgemeinden mittels Besuchen,
die Wanderarbeiter und Leute, die man         zu reparieren, die am Zerfallen war. Wir          die Kontaktpflege und eine bescheidene
hin- und herschob. Und in den Bahnhofs-       pflegten aber auch immer den Kontakt              materielle Hilfe waren für die Menschen
hallen war nur dieses schlurfende Ge-         zu den offiziellen Kirchenleitungen, um           äusserst wichtig.
räusch der Schuhe zu hören; niemand           über sie ein paar Projekte zu unterstützen
redete, weil man ja in der Öffentlichkeit     und um ja nicht aufzufallen. Man wurde            Nach der Wende 1989 wendete sich
kaum mehr redete. Eine sehr bedrückte         ja immer von der staatlichen Sicherheits-         dann aber das Blatt ...
Stimmung.                                     polizei überwacht.                                Ja, ab 1990 wurde die Arbeit von HEKS in

10
Zur Person:
                                                                                                          Franz Schüle wirkte als Pfarrer in Uster,
                                                                                                          bevor er 1982 zu HEKS wechselte und bis
                                                                                                          1997 für die Zwischenkirchliche Hilfe in
                                                                                                          Europa mit Schwerpunkt Osteuropa ver-
                                                                                                          antwortlich war. Ab 2007 dann amtierte
                                                                                                          er für zehn Jahre als HEKS-Zentralsekre-
                                                                                                          tär. Während seiner Tätigkeit hat er das
                                                                                                          Leben der Menschen und der Kirchen im
                                                                                                          totalitären Europa vor der Wende, den
                                                                                                          Umsturz in Rumänien um Weihnachten
                                                                                                          1989 und die Kriege in Ex-Jugoslawien
                                                                                                          miterlebt.

                                                                                                          verschiedenste Betriebe vergab, zum Bei-
                                                                                                          spiel an Landwirte, Käsereien oder Schrei-
                                                                                                          nereien. Dieses Kreditprogramm wurde
                                                                                                          so erfolgreich, dass es auf weitere Regio-
                                                                                                          nen ausgedehnt wurde und heute als
                                                                                                          Stiftung eigenständig funktioniert.
Krieges oder während des Balkan-Krieges, wo Hunderttausende Menschen auf der Flucht waren (hier an der
Grenze zu Kosovo).                                                                                        Ebenfalls in deine Zeit bei HEKS fällt
                                                                                                          der Jugoslawien-Krieg. Wie konnte
                                                                                                          HEKS dort Hilfe leisten und welche
            Europa ganz neu ausgerichtet. Die Auf-          in Kirchen ausluden. Die Solidarität in der   Rolle spielten die kirchlichen Kontak-
            bauhilfe in Osteuropa wurde bestim-             Schweiz war riesig und es sollte daher ein    te?
            mend. Weil wir in Rumänien und anderen          zweiter Hilfstransport folgen, doch ich       Auch in Jugoslawien hatten wir langjähri-
            Ländern langjährige, vertrauenswürdige          wollte und konnte nicht mehr mitmachen.       ge Kontakte zu den reformierten und zur
            Kontakte zu den Kirchen aufgebaut hat-          Die Leute in Rumänien brauchten etwas         orthodoxen Kirche in Belgrad. Als dann
            ten, ergab sich für uns die grosse Chance,      anderes als Milchpulver, alte Kleider oder    der Krieg ausbrach, begann das bis dahin
            nach der Wende auch wirklich Partner an         Gulaschsuppe in Konservendosen. Was           mit Abstand grösste Nothilfeprojekt von
            unserer Seite zu haben, mit denen wir           sie brauchten, war Unterstützung beim         HEKS. Wiederum hatten wir das Privileg,
            sofort «durchstarten» konnten.                  Aufbau von Bäckereien, Mühlen und ei-         einen guten Partner vor Ort zu haben: ein
                                                            ner landwirtschaftlichen Produktion, die      ökumenisches Hilfswerk, das wir gemein-
            Du hast dann den ersten grossen                 nicht von korrupten Leuten geführt wur-       sam mit dem Ökumenischen Rat aufzu-
            Hilfstransport der Schweizer Hilfswer-          de. So entstand das landwirtschaftliche       bauen geholfen hatten. Dieses Hilfswerk
            ke in Rumänien organisiert und be-              Förderprogramm von HEKS in Rumänien.          konnte dann in ganz Ex-Jugoslawien, also
            gleitet.                                        Und bald reisten die ersten rumänischen       in Serbien, Kroatien und anderen Landes-
            Das war eine erfreuliche, aber auch zwie-       Jungbauern für landwirtschaftliche Prak-      teilen, Unterstützung leisten, weil es als
            spältige Sache, als wir mit fünf vollge-        tika nach Graubünden. Was in der Land-        neutrale Organisation wahrgenommen
            packten Lastwagen quer durch Rumänien           wirtschaft begann, wurde bald zu einem        und respektiert wurde. Es war essenziell
            fuhren und die Hilfsgüter im Bezirk Mures       Finanzierungsprogramm, das Kredite an         in diesem unsäglichen Krieg, über alle

                                                                                                                                                 11
75 JAHRE HEKS

Grenzen hinweg zu helfen, die Notleiden-      schen Rassen, zwischen Systemen, zwi-       des, sondern wegen unserer tüchtigen
den im Auge zu haben und nicht deren          schen Ländern sind im Evangelium nicht      kirchlichen Partner. Das sind schon sehr
politische Haltung.                           etwas Wichtiges, nichts Endgültiges;        beglückende Erlebnisse. Als ich dann als
                                              Grenzen sind dazu da, überwunden zu         Zentralsekretär auch viele Projekte im Sü-
Du hast Theologie studiert und vor            werden. HEKS hat mit seiner Arbeit im-      den kennenlernen durfte, war das für
deiner Anstellung bei HEKS als Pfarrer        mer wieder bewiesen, dass das möglich       mich immer wieder tief beeindruckend:
gearbeitet. Du hast aber auch ein Teil-       ist.                                        Was Menschen in Not mit Engagement
studium in Ökonomie absolviert und                                                        und wenig materiellen Ressourcen zu-
dich in der Drittwelt-Bewegung enga-          Welches ist rückblickend einer deiner       stande bringen.
giert. Wie wichtig war es dir, für ein        schönsten Eindrücke in der Zeit bei
kirchliches Hilfswerk zu arbeiten?            HEKS?                                       Was wünschst du HEKS und seiner
Es lag für mich nahe, etwas zu machen,        Davon gibt es viele. Die Wende in Osteu-    Kirchlichen Zusammenarbeit für die
bei dem ich meine Interessen und Erfah-       ropa hautnah mitzuerleben war bewe-         Zukunft?
rungen zusammenbringen konnte. Ich            gend. Und dann sind da viele kleine Mo-     Ich bin froh, dass HEKS auch heute noch
arbeitete gerne bei HEKS, weil ich das,       mente: Ich erinnere mich etwa an ein        zu seinen evangelischen Grundwerten
was als Botschaft in der Bibel steht, auch    Altersheim in Rumänien, das ich 1984 auf    steht. Und dass es seine Arbeit fortsetzt,
konkret leben konnte.                         einer meiner Reisen besuchte. Das Ge-       diese Linie weiterverfolgt, in der ich ein
                                              bäude war eine Art doppelstöckiger Stall,   kleines Zwischenglied sein durfte. Diese
Welche Botschaft ist das für dich?            in dem die betagten Menschen in Reihen      Linie nahm im Zweiten Weltkrieg ihren
Menschen sollen sich mit Respekt, mit         auf Pritschen lagen – ein fürchterlicher    Anfang und sollte weitergeführt werden.
Liebe, mit Empathie begegnen. Und je -        Anblick. Im Laufe der Jahre konnte dort     Denn ich glaube, dass Folgendes für die
der Mensch ist als ein Geschöpf Gottes        mit Unterstützung von HEKS ein Alters-      Kirchen ganz wichtig ist: Man fühlt sich
zu sehen, das es verdient, dass man ihm       heim entstehen, wo Menschen heute in        der Kirche nahe, wenn sie engagiert und
begegnet, es unterstützt und ermutigt.        Würde alt werden können – und zwar          tätig ist.
Von Menschen gesetzte Grenzen zwi-            nicht in erster Linie wegen unseres Gel-

                         DIE KIRCHLICHE ZUSAMMENARBEIT
Die «Zwischenkirchliche Hilfe» war das                                                    Während in den Anfangsjahren Infra-
erste Mandat, das die Evangelische Kir-                                                   struktur-Beiträge und der Stipendien- und
che Schweiz (EKS) 1946 an HEKS übertrug.                                                  Literaturdienst im Vordergrund der Kirch-
Gemäss diesem Mandat ist die Zusam-                                                       lichen Zusammenarbeit standen, unter-
menarbeit mit reformierten Kirchen und                                                    stützt, berät, fördert und begleitet HEKS
ihren Organisationen auf bestimmte geo-                                                   die reformierten Partnerkirchen heute vor
grafische Gebiete beschränkt. Der grosse                                                  allem beim Aufbau eines lebendigen
Teil der Partnerkirchen befindet sich in                                                  kirchlichen Gemeinwesens und bei ihrem
Mittel- und Osteuropa. Darunter bildet                                                    diakonischen Auftrag. HEKS setzt sich da-
die Familie der ungarisch-sprachigen refor-                                               für ein, dass reformierte Kirchen in ihren
mierten Kirchen in Ungarn, der Slowakei,                                                  Ländern als zivilgesellschaftlich relevante
der Ukraine (Transkarpatien), Rumänien                                                    Organisationen wahrgenommen werden,
(Siebenbürgen) und Serbien (Vojvodina)                                                    die sich insbesondere für die Schwächsten
die grösste Gruppe. In Tschechien arbeitet                                                und Benachteiligten einsetzen.
HEKS mit der Evangelischen Kirche der
Böhmischen Brüder zusammen, während                                                       Mittels Austauschprogrammen und Ver-
die Waldenserkirche in Italien der einzige                                                anstaltungen fördert HEKS zudem die
Partner in Westeuropa ist. Seit 2018 wur-                                                 Solidarität und den Dialog zwischen refor-
de die KiZa auf den Mittleren Osten und                                                   mierten Kirchgemeinden in der Schweiz
die Arbeit mit reformierten Partnern im                                                   und den Partnerkirchen im Ausland.
Libanon und in Syrien ausgeweitet.

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AUS BESONDEREM ANLASS SPENDEN
Ein persönliches Ereignis ist die Gelegenheit, soziales Engagement zu zeigen.

Sie feiern etwas Besonderes und möchten         Oder planen Sie in Ihrem Quartier oder in           Spenden aus besonderem Anlass kom-
Ihre Freude teilen? Möchten Sie gleichzei-      Ihrer Gemeinde einen Sponsorenlauf oder             men von Herzen. Wir freuen uns auf Ihre
tig etwas Gutes tun und Menschen unter-         eine Wanderung und sammeln Sie ge-                  Kontaktaufnahme und danken herzlich
stützen, denen es nicht so gut geht?            meinsam mit den anderen Teilnehmen-                 für Ihre Unterstützung.
Dann bitten Sie doch mit der Einladung          den für einen guten Zweck.
Ihre Gäste um Spenden für ein Projekt,
das Ihnen besonders am Herzen liegt!            Wir unterstützen Ihre Aktion mit passen-
                                                den Bildern und Informationen sowie Ein-
                                                                                                        HIER IHRE
Anlässe dazu gibt es genug: eine Hochzeit,      zahlungsscheinen. Gerne entwickeln wir
ein Geburtstag, ein Jubiläum, ein Ab-           gemeinsam mit Ihnen weitere Ideen, die                  WERTVOLLE AKTION
schied, eine Taufe, eine Konfirmation oder      auf Ihren Anlass zugeschnitten sind.                    STARTEN
der Abschluss eines erfolgreichen Projek-
                                                                                                        www.heks.ch/eventspenden
tes. Auch bei schmerzhaften Anlässen wie        Jede Spende verdanken wir persönlich.
                                                                                                        Ansprechperson: Jacques Gengler
einer Abdankung für einen geliebten Men-        Sie erhalten eine Liste mit den Namen der
                                                                                                        eventspenden@heks.ch
schen können Sie z. B. anstelle von Grab-       Spenderinnen und Spendern sowie dem
                                                                                                        Telefon: 044 360 88 00
schmuck im Gedenken an die verstorbe-           eingegangenen Totalbetrag. Auf Wunsch
ne Person Hilfe spenden, die weiterwirkt.       erstellen wir auch individuelle Zertifikate.

Dafür können Sie Spenden sammeln:

Sauberes Wasser für alle                        Starthilfen für Frauen                              Betreuung älterer Menschen

Der Zugang zu sauberem Wasser und sanitä-       Mit einem Startkapital, z. B. für eine Ziege oder   Für ältere pflegebedürftige Menschen hat HEKS
ren Anlagen ist ein Menschenrecht. Sie helfen   eine Nähmaschine, können Frauen eine eigene         in Osteuropa nach dem Vorbild der schweize-
Brunnen, Zisternen, Wasserleitungen oder        Geschäftstätigkeit aufbauen. Aus dem Erlös          rischen Spitex Hauspflegedienste aufgebaut.
Latrinen zu bauen und schenken damit vielen     kaufen sie Kleider für die Kinder, bezahlen         Schenken Sie vereinsamten Menschen medi-
Familien ein wichtiges Stück Lebensqualität.    Schul- oder Gesundheitskosten und entwi-            zinische Betreuung und Zuwendung.
                                                ckeln ihr Geschäft weiter.

Schutz und Obdach                               Perspektiven für                                    Benachteiligte Menschen
für Katastrophenopfer                           Kinder und Jugendliche                              in der Schweiz

Kriege und Naturkatastrophen stürzen die be-    Kinder und Jugendliche erhalten geschützte          Mit über 60 Projekten unterstützt HEKS so-
troffenen Menschen in grosses Elend. Tausen-    Freiräume, damit sie ohne Angst lernen, kon-        zial Benachteiligte in 13 Schweizer Kantonen.
de verlieren auf einen Schlag ihr ganzes Hab    struktive Kräfte und lebensbejahende Perspek-       Schenken Sie diesen Menschen Zugehörigkeit,
und Gut. Helfen Sie ihnen mit Notunterkünf-     tiven zu entwickeln. Sie ermöglichen Kindern        neue Perspektiven und die Möglichkeit, sich
ten, Nahrungsmitteln, Küchengeschirr, Decken    eine Schulbildung, schenken unbeschwerte            am Alltagsleben zu beteiligen.
und Hygieneartikeln.                            Freizeit und ebnen Jugendlichen den Weg zu
                                                einem eigenen Einkommen.

                                                                                                                                             13
75 JAHRE HEKS

                      KIRCHLICHE IDENTITÄT:
                      EIN MEHRWERT

Die Evangelisch-reformierte Kirche Schweiz
(EKS), ihre Mitgliedkirchen und die refor-
mierten Christinnen und Christen in der
Schweiz identifizieren sich mit HEKS –
dem Hilfswerk der Evangelischen Kirchen
Schweiz. Als ich in Uster und Zürich Enge
Gemeindepfarrerin war, organisierten
«meine» Kirchgemeinden regelmässig Ba-
sare und Sponsoring-Aktionen. Wunder-
bare Gemeindeevents, an denen ich auch
meine Back-, Servier- und Networking-
Kompetenzen voll ausleben konnte. Der
Erlös dieser veritablen Gemeindefeste        zur Marke der Schweizer Reformierten,          Ich wünsche mir, dass sich die evange-
kam dann jeweils auch Projekten von          die Projektmitarbeitenden vor Ort sind zu      lisch-reformierten Kirchen der Schweiz
HEKS zugute. Dabei stand für uns nicht       deren Gesicht geworden.                        noch lange mit HEKS identifizieren und
nur die Höhe der Summe, die überwiesen                                                      die Arbeit mittragen. HEKS will mit den
werden konnte, im Zentrum: Für die Mit-      Die Kirchen haben HEKS damit eine gros-        Kirchen wieder vermehrt in Dialog treten
wirkenden und die Gemeinde war das           se Verantwortung anvertraut und die EKS        und hat dazu ein Projekt erarbeitet, wel-
Bewusstsein zentral, dass sie gemeinsam      ist stolz über die Qualität und Quantität      ches in den nächsten Monaten starten
etwas tun konnten, um die Arbeit von         von Hilfe, die HEKS im Namen der evan-         soll. Das ist sowohl für die Kirche wie
HEKS zu unterstützen, es war nämlich         gelisch-reformierten Kirchen im Ausland        auch für HEKS ein grosser Gewinn. Ich
nicht irgendein Hilfswerk. Für die Mitwir-   und in der Schweiz erbringt. HEKS tut          freue mich, dass HEKS selbstbewusst mit
kenden – da schliesse ich mich mit ein –     dies dabei äusserst professionell und er-      seiner kirchlichen Identität umgeht, und
nahm HEKS das weltweit gültige Liebes-       reicht auch zahlreiche Spenderinnen und        ich bin überzeugt, dass die christlichen
gebot von Jesus Christus ernst und ver-      Spender, die der Kirche nicht nahestehen.      Grundwerte, auf denen es steht, und die
wirklichte es durch entsprechendes Han-      Im Rahmen einer Weiterbildung habe             vielfältigen Beziehungen zur Kirche
deln.                                        ich davon erfahren, dass HEKS mit der Ak-      Mehr werte sind, die HEKS von anderen
                                             tion «Gib e Geiss» einen PR-Award ge-          Schweizer Hilfsorganisationen unterschei-
Dies tut HEKS noch heute. Mit den ver-       wonnen hat. Das erfüllt mich mit Stolz. Es     det.
schiedensten Programmen und Projekten        zeigt, dass die Arbeit von HEKS auch aus-
im In- und Ausland leistet HEKS wertvol-     serhalb der Kirche geschätzt wird.             Rita Famos, Pfarrerin
len Dienst am Menschen, den die Kirchen                                                     Präsidentin der Evangelisch-reformierten Kirche
in Qualität und Vielfalt so nicht annä-      Als Hilfswerk der Evangelischen Kirchen        Schweiz (EKS)
hernd leisten könnten. HEKS verwirklicht     Schweiz ist HEKS eine Stiftung der EKS.
damit seit 75 Jahren den diakonischen        Es ist damit auch institutionell in den Kir-
Auftrag der Kirche im In- und Ausland,       chen verankert und geprägt von Grund-
indem es Bedürftigen ungeachtet ihrer        überzeugungen, welche für das helfende
Religionszugehörigkeit, ihrer sozialen       Handeln von HEKS zentral sind: Not wird
Stellung oder ihrer Hautfarbe Hilfe zu-      durch tätige Nächstenliebe gelindert. Die      Zur Person Rita Famos
kommen lässt. Dank der langjährigen und      Kirchen glauben an HEKS und an dessen          Rita Famos (*1966) hat Theologie studiert
nachhaltigen Arbeit von HEKS verfügen        Wirkkraft. Anlässlich der Synode im letz-      und wirkte unter anderem als Gemeinde-
die Schweizer Kirchen über ein breites,      ten Jahr stimmten sie der Fusion von           pfarrerin und als Sprecherin der Sendung
weit verzweigtes und qualitativ ausge-       HEKS mit Brot für alle zu. Die Kirchen be-     «Wort zum Sonntag» beim Schweizer
zeichnetes Netz von Freunden und Part-       gleiten HEKS auf diesem Weg und unter-         Fernsehen. Im November 2020 wurde sie
nern in ganz Europa und dem Nahen            stützen dessen Arbeit nicht nur finanziell.    als Nachfolgerin von Gottfried Locher
Osten. Die Abkürzung «HEKS» wurde            Sie tragen die Arbeit von HEKS auch im         und als erste Frau in diesem Amt zur Prä-
während dieser Zeit für unzählige Part-      kirchlichen Leben, in Gottesdiensten und       sidentin der Evangelisch-reformierten Kir-
nerkirchen und NGO im Osten und Süden        Gebeten mit.                                   che Schweiz (EKS) gewählt.

14
GRUSSWORTE ZUM                                                                                                Sándor Zán Fábián
                                                                                                              Bischof der Reformierten
                                                                                                              Kirche in Transkarpatien,

HEKS-JUBILÄUM
                                                                                                              Ukraine

                                                                                             Aufrichtige Partnerschaft
                                                                                             «Die Reformierte Kirche in Transkarpatien
                                                                                             ist wahrscheinlich eine der kleinsten
                                                                                             Kirchen, die HEKS seit Jahrzehnten treu
                 Daniel Ženatý                                                               unterstützt. Es war in den letzten nahezu
                 Synodalsenior der                                                           20 Jahren für mich persönlich höchst ins-
                 Evangelischen Kirche
                                                                                             pirierend, die aufrichtige Haltung, Unter-
                 der Böhmischen Brüder,
                 Tschechien                                                                  stützung und Partnerschaft zu erleben,
                                                                                             die HEKS unserer Kirche in der Diaspora,
                                                                                             die mit schwierigen wirtschaftlichen Um-
Rettende Unterstützung
                                                                                             ständen zu kämpfen hat, entgegenge-
«Ich bin in der Zeit des totalitären kommu-
                                                                                             bracht hat. Anlässlich des 75-Jahr-Jubi-
nistischen Regimes aufgewachsen. Mein
                                                                                             läums möchten wir unseren Dank und
Vater war Pfarrer, das Gehalt, das er vom
                                                                                             Segenswünsche für HEKS zum Ausdruck
Staat als geheucheltes Zeichen der Fürsor-
                                                                                             bringen und ihm wünschen, dass es wei-
ge für die Kirche erhielt, lag weit unter
                                                                                             terhin im Geiste des barmherzigen Sama-
dem Durchschnittsgehalt. Als jüngstes
                                                                                             riters unterwegs ist.»
von fünf Kindern habe ich mit Bange be-
obachtet, wie meine Eltern versuchten,
mit diesem Gehalt zurechtzukommen –
Monat für Monat. Die Unterstützung von
HEKS, die zweimal im Jahr kam, war für
uns oft die Rettung. Sie ermöglichte uns
und vielen weiteren Pfarrfamilien ein ei-                                                                          Pfarrerin Boroka Beke
nigermassen würdiges Leben. Auch dank                                                                              Reformierte Kirche
dieser Unterstützung haben wir es letzt-                                                                           Rumänien
lich geschafft, die Zeit der kommunisti-
schen Unfreiheit in unserem Land zu                                                              Wahre Nächstenliebe
überstehen.»                                                                                     «Nächstenliebe ist nicht nur eine Aufgabe,
                                                                                                 die wir von Gott erhalten haben, sondern
                                                                                                 auch ein grosser Segen in unserem Leben.
                                                                                                 Die Reformierte Kirche Rumäniens und
                 Prof. Rev. Paul Haidostian                                                      alle von HEKS unterstützten Projekte durf-
                 Präsident der Union der                                                         ten die wahre Nächstenliebe erfahren. Es
                 Armenisch-Evangelischen
                                                                                                 ist ein Privileg, Teil einer solchen Zusam-
                 Kirche im Nahen Osten
                 (UAECNE), Libanon                                                               menarbeit mit unseren in der Schweiz
                                                                                                 lebenden Schwestern und Brüdern in
                                                                                                 Christus zu sein. Wir wünschen Gottes
Hilfe und Ermutigung
                                                                Rosangela Jarjour                Segen für diejenigen, die bei HEKS arbei-
«Für uns als Armenisch-Evangelische Kir-
                                                                Generalsekretärin der            ten und für die gesamte Organisation.
che im Nahen Osten ist es nicht nur die                         Dachorganisation der             Möge er unsere weitere Zusammenarbeit
direkte Unterstützung von Menschen in                           protestantischen Kirchen
                                                                                                 segnen, damit ihre Früchte sowohl unsere
Not, die von Bedeutung ist, es ist die Er-                      im Nahen Osten (FMEEC),
                                                                Syrien                           Kirchen als auch unser persönliches Leben
mutigung generell, die wir und andere
                                                                                                 bereichern können.»
Menschen und Kirchen im Nahen Osten
in schwierigen Situationen von HEKS er-       Ein sicherer Ort in Kriegszeiten
fahren dürfen. Ich möchte HEKS und sei-       «HEKS hat während der letzten Jahre un-
nen Unterstützenden danken für alles,         ser lebendiges Kinderprogramm in Syrien
was sie getan, geplant, verteilt oder ge-     tatkräftig unterstützt. Dank HEKS konn-
teilt haben mit uns im Nahen Osten. Ich       ten im Laufe der vergangenen fünf Jahre
wünsche HEKS, dass es sein hohes Level        mehr als 2400 Kinder am Programm teil-
an Einfühlungsvermögen gegenüber den          nehmen. Statt in den gefährlichen Stras-
Menschen behalten möge, dass es wei-          sen konnten sie an einem sicheren Ort
terhin den Menschen als Menschen und          zusammenkommen, spielen und Gemein-
seine Bedürfnisse im Fokus hat.»              schaft erfahren. HEKS war und ist eine
                                              starke Stütze für die Kirchen in Syrien, die
                                              nach Jahren des Krieges mit immensen
                                              Schwierigkeiten konfrontiert sind.»

                                                                                                                                           15
SOZIALE INTEGRATION

         UNTERSTÜTZUNG
         IM NEUEN LAND
         Wenn ältere Menschen aus ihrer Heimat in die Schweiz flüchten müssen, haben
         sie es besonders schwer, sich bei uns zurechtzufinden. Mit dem Pilotprojekt «HEKS
         AltuM-Tandem» nimmt sich HEKS den Problemen dieser Menschen an, indem es
         ihnen Begleitpersonen zur Seite stellt.
         Text Bettina Filacanavo
         Fotos Nathalie Taiana

Halima Mosch klingelt an der Tür einer                                                    heute an ihrem Wohnort in Zürich Stett-
Wohnsiedlung in Zürich Schwamendin-                                                       bach und Umgebung in verschiedenen
gen. In der Hand hält sie einen Teller mit                                                sozialen Projekten mit. Achmad und Fati-
selbstgebackener Baklava. Sie besucht                                                     ma begleitet sie in ihrer Freizeit, und das
heute ein Ehepaar aus Syrien. Ahmad Allo                                                  sehr gerne: «Da meine Kinder jetzt schon
(61 Jahre) und Fatima Mohammed (52                                                        im Teenageralter sind, habe ich etwas
Jahre) wurden vor rund acht Jahren aus                                                    mehr Freizeit und diese möchte ich sinn-
ihrer Heimatstadt Aleppo in Syrien ver-                                                   voll nutzen», sagt sie auf die Frage nach
trieben. Der Krieg hatte alles zerstört.                                                  ihrer Motivation.
Nach einer Flucht-Odysee und einem län-
geren Aufenthalt in der Türkei kamen sie                                                  Hilfe bei allem
vor drei Jahren als Asylsuchende in die                                                   Wir sind bei Ahmad und Fatima im Wohn-
Schweiz. Halima, die ebenfalls Arabisch                                                   zimmer. Der Fernseher läuft lautlos, aber
spricht, begleitet die beiden seit rund                                                   die Maschinen auf der grossen Baustelle
zwei Jahren und hilft ihnen, sich in der      Selbstgemachte Baklava: Freundschaft geht   neben ihrem Wohnhaus laufen auf Hoch-
                                              auch durch den Magen.
neuen Kultur zurechtzufinden.                                                             touren und sind laut. Ahmad schliesst das
                                                                                          Fenster und Halima übersetzt das Ge-
Ein Pilotprojekt in Zürich                                                                spräch. Die drei kennen sich bereits gut,
Halima ist 38 Jahre alt. Sie ist gebürtige                                                denn Halima besucht Ahmad und Fatima
Marokkanerin und lebt seit 18 Jahren mit                                                  regelmässig. Auf die Frage, in welchen
ihrem Mann und ihren Kindern in der                                                       Bereichen Halima sie denn unterstützen
Schweiz. Über eine Bekannte erfuhr sie        bei ihrem Neuanfang in der Schweiz zu       könne, lachen die beiden und Ahmad
von «HEKS AltuM-Tandem» und wusste            begleiten und ihre Integration in die Ge-   sagt: «Bei allem, Halima hilft uns bei al-
sofort, dass sie sich in diesem Projekt en-   sellschaft sowie in ihr Wohnumfeld zu       lem! Sie hilft uns mit den Rechnungen
gagieren wollte. Als Freiwillige begleitet    unterstützen. Älteren geflüchteten Men-     oder erklärt uns die Abrechnung der Kran-
sie geflüchtete ältere Menschen, die hier     schen stehen nämlich in der Regel weder     kenkasse, sie begleitet uns zum Arzt oder
in der Schweiz leben. «HEKS AltuM-Tan-        Bildungsoptionen noch Arbeitsintegrati-     zu den Behörden und sie hilft mir bei mei-
dem» ist ein Teilprojekt von «HEKS Al-        on offen, um Zugang zu unserer Gesell-      nen Hausaufgaben aus dem Deutsch-
tuM» (Alter und Migration) der Regional-      schaft zu erhalten und am sozialen Leben    kurs.» Ahmad holt einen schwarzen Ord-
stelle Zürich/Schaffhausen. Es ist ein        teilnehmen zu können. Weil die gemein-      ner, ein einfaches Ablagesystem, das er
Pilotprojekt, das in Zusammenarbeit mit       same Sprache sehr wichtig ist, sprechen     mit Halima angelegt hat. «Wir haben
der Hochschule für Soziale Arbeit der         die Freiwilligen die Sprache der Geflüch-   diesen Ordner, wo wir die Rechnungen
Fachhochschule Nordwestschweiz (HSA           teten.                                      oder die Post ablegen, und wenn Halima
FHNW) konzipiert und im September                                                         uns besucht, schauen wir zusammen,
2019 lanciert wurde. Ziel ist es, neu zu-     Halima hat in ihrer Heimat ursprünglich     worum es sich handelt, wenn wir etwas
gezogene Geflüchtete im Alter von 50+         Sozialpsychologie studiert und arbeitet     nicht verstehen», erklärt er.

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Zürich Schwamendingen: HEKS-Mitarbeiterin Halima Mosch (Mitte) begleitet das Ehepaar Fatima Mohammed (52 Jahre) und Ahmad Allo (61 Jahre),
welches vor acht Jahren aus Syrien fliehen musste.

Knappe finanzielle Mittel                      oder ein Sport-Abonnement zu lösen. Vor         dass Informationen und Briefe von Behör-
Eine Vorstudie zum Pilotprojekt «HEKS          diesem Hintergrund ist es besonders             den und offiziellen Stellen bzw. ÄrztInnen
AltuM-Tandem» hat ergeben, dass ältere         wichtig, dass älteren Geflüchtete Ange-         gar nicht oder nur partiell verstanden
Geflüchtete häufig in äusserst prekären        bote wie Konversationsmöglichkeiten auf         bzw. missverstanden werden. Dies wie-
finanziellen Verhältnissen leben. Das hat      Deutsch für ältere Personen, günstige           derum kann gesundheitliche oder finan-
nicht nur einen Einfluss auf ihre Wohnsi-      Einkaufsmöglichkeiten bzw. kulturelle           zielle Konsequenzen nach sich ziehen,
tuation, sondern auch auf die Pflege von       Angebote (Bücher-Brocki, Bibliotheken),         zum Beispiel wenn Kündigungsfristen
sozialen Kontakten. Die Betroffenen kön-       aber auch günstige Sportangebote (Yoga-         nicht eingehalten werden oder die Ge-
nen sich kein Bahnticket leisten und sind      und Schwimmkurse) im näheren Umfeld             flüchteten davon ausgehen, dass die
von vielen sozialen Aktivitäten ausge-         kennen, damit die Mobilitätskosten für          Krankenkasse Kosten übernimmt, die
schlossen, weil ihnen das Geld fehlt, um       sie möglichst niedrig bleiben. Mangeln-         nicht über die Grundversicherung abge-
in ein Café zu gehen, Bücher zu kaufen         de Deutschkenntnisse führen auch dazu,          deckt sind.

                                                                                                                                         17
SOZIALE INTEGRATION

Wenig soziale Kontakte
Weil das Ehepaar sonst nicht oft andere
Leute trifft, ist Halima auch eine wichtige
Kontaktperson für Ahmad und Fatima.
Vor allem Fatima verlässt die Wohnung             GEMEINSAM GEHT ES BESSER
selten. Und mit der Pandemie wurde ihre
soziale Isolation noch stärker spürbar.           Text Mara Dieterle
Mittlerweilen sind die beiden Frauen gut          Foto: Julie Lovens                             Mindestens einmal in der Woche telefo-
befreundet und unternehmen manchmal                                                              nieren Ibrahim und Zakariya mitein-
etwas zusammen. Heute zum Beispiel                Auch Ibrahim Noureddine und Zakariya           ander oder treffen sich, wenn möglich,
wird Halima Fatima mit dem Auto noch              Mamo sind Teilnehmende des Pilotpro-           auch mal auf einen Kaffee. Besprochen
zum Arzt fahren, weil es Fatima seit ein          jektes «HEKS AltuM- Tandem». Der ge-           wird dabei alles Mögliche: Privates wie
paar Tagen nicht gut geht. Sie ist Diabe-         bürtige Libanese Ibrahim lebt seit 32          auch Organisatorisches. «Immer wenn
tikerin und gesundheitlich angeschlagen.          Jahren in der Schweiz und unterstützt          ich Unterstützung brauche, rufe ich ihn
Dass noch eine Tochter mit ihren Kindern          Zakariya und seine Familie im Integrati-       an und Ibrahim hilft mir sofort.» Ibrahim
in Aleppo lebt und nicht zu ihnen in die          onsprozess. Ibrahim kam 1989 als               begleitet Zakariya auch zu den Arztbe-
Schweiz einreisen kann, beschäftigt sie           Flüchtling in die Schweiz. Seither lebt er     suchen, bei denen er das Übersetzen
sehr. Es gebe keine Möglichkeit, sie in die       in Zürich, hat Deutsch gelernt und im          übernimmt. Zakariya hat Probleme mit
Schweiz zu holen, sagt Fatima traurig. Sie        Coop und bei der Migros Clubschule ge-         dem Fuss und muss dafür regelmässig
hätten es schon vergeblich versucht.              arbeitet. Mit der Pensionierung letztes        ins Spital für Abklärungen, Operation
                                                  Jahr ist der Wunsch aufgekommen, sich          und die Nachuntersuchungen. Auch der
Ihre anderen Kinder sind in Sicherheit:           freiwillig zu engagieren. Zakariya Mamo        Gang zum Zahnarzt machen die beiden
Zwei Söhne leben in Zürich und die zweite         ist aus Syrien über die Türkei nach Euro-      gemeinsam. Dies ist im Moment regel-
Tochter in Norwegen. Mit ihren Söhnen,            pa geflüchtet und lebt mit seiner Frau         mässig der Fall, da Zakariya eine Zahn-
22 und 30 Jahre alt, pflegen Fatima und           und fünf Kindern seit 2016 in der              prothese braucht. «Jemanden zu haben,
Ahmad regelmässig Kontakt. Lange Zeit             Schweiz. Zuerst wurde die Familien in          der all diese Erfahrungen hier in der
waren sie von ihren getrennt gewesen,             einem Asylzentrum in Basel unterge-            Schweiz bereits gemacht hat und diese
und als sie ebenfalls in die Schweiz einrei-      bracht, dann kamen sie nach Winterthur         weitergibt, ist unbezahlbar», sagt Zaka-
sen konnten, erfüllte sich ihr grösster           und jetzt leben sie ebenfalls in Zürich.       riya.
Wunsch, wieder als Familie in Sicherheit
vereint zu sein. Der ältere Sohn hat be-
reits eine eigene Familie, und so können
Ahmad und Fatima auch ihre Enkelkinder
sehen. Ein grosses Wiedersehen gab es          ges, aber ich kann noch nicht besonders         sprechen. Während seine Frau nicht ger-
auch mit der Tochter aus Norwegen: Sie         gut sprechen, weil ich nicht oft Gelegen-       ne und nur selten aus dem Haus geht, hat
konnte letztes Jahr nach sieben langen         heit habe, das Gelernte anzuwenden»,            er das Fahrrad für sich entdeckt – ein
Jahren der Trennung ihre Eltern in Zürich      meint er. Halima hilft ihm aber regelmäs-       günstiges und dazu gesundes Fortbewe-
besuchen. Während unseres Gesprächs            sig bei den Hausaufgaben und dann               gungsmittel.
klingelt das Telefon: Die Tochter aus          spricht sie mit ihm Deutsch. Weil er nicht
Aleppo ruft an und erscheint auf Fatimas       so viele soziale Kontakte hat, würde der        Und was werden Halima, Ahmad und
Handy-Bildschirm. Die Mutter geht ins          gelernte Schneider, der in Aleppo ein           Fatima als Nächstes unternehmen? Hali-
Zimmer nebenan, um ungestört mit der           eigenes Modegeschäft besass, gerne              ma hat bereits einen Plan: «Ich werde
Tochter reden zu können.                       wieder arbeiten. Wegen seines Alters ist        ihnen bei meinem nächsten Besuch das
                                               es aber sehr schwierig, eine Arbeitsstelle      Gemeinschaftszentrum Hirzenbach hier
Eine Beschäftigung wäre wichtig                zu finden. Eine Arbeit oder wenigstens          im Quartier zeigen, wo sie in einem sozi-
Ahmad zeigt uns indes die Kursunter-           eine Beschäftigung würde ihn sehr glück-        al lebendigen und multikulturellen Rah-
lagen seines Deutschkurses. Er hat schon       lich machen. Vielleicht ergebe sich aber        men günstig einen Kaffee trinken kön-
einige Lehrbücher durchgearbeitet. Der         bald etwas in einem Nähatelier in einem         nen. Da sie vorher in Zürich Wiedikon
Kurs mache ihm Spass, auch wenn die            Gemeinschaftszentrum, erzählt er. So hät-       gewohnt haben, kennen sie sich hier im
deutsche Sprache nicht einfach sei. «Ich       te er auch mehr soziale Kontakte und            neuen Quartier noch nicht so gut aus.
kann bereits gut lesen und verstehe eini-      könnte regelmässiger unsere Sprache             Das wollen wir nun ändern.»

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SOZIALE INTEGRATION

ALTUM – ALTER UND MIGRATION
           In der Schweiz steigt die Zahl älterer Menschen, auch diejenige älterer MigrantInnen. Für
           Letztere ist der Zugang zu öffentlichen Angeboten im Alters- und Gesundheitsbereich jedoch
           noch immer erschwert. HEKS springt in die Lücke und zeigt mit «HEKS AltuM» auf, wie
           Gesundheitsprävention und Begleitung im Alter in einer postmigrantischen Gesellschaft funk-
           tionieren können.
           Text Andrea Oertli

Seit Jahren nimmt die Zahl der älteren MigrantInnen in der           der Zielgruppe selbst, sondern sensibilisiert auch Institutionen
Schweiz kontinuierlich zu. Im Jahr 2019 lebten hier insgesamt        und Gemeinden für die Anliegen und Bedürfnisse älterer
rund 335 000 MigrantInnen über 65. Viele von ihnen kamen als         MigrantInnen.
junge Menschen in die Schweiz, um hier zu arbeiten. Andere
flüchteten in den 80er-, 90er- oder Nullerjahren aus Sri Lanka,       Erfolg dank Schlüsselpersonen
aus den Ländern des ehemaligen Jugoslawiens oder aus Soma-            Erreicht werden die Teilnehmenden dank der Zusammenarbeit
lia in die Schweiz. Sie alle gingen anfangs davon aus, dass ihr       mit Migrationsvereinen sowie mit sogenannten «Schlüsselper-
Aufenthalt in der Schweiz nur vorübergehend sein würde. Doch          sonen», die aus den gleichen Kulturkreisen stammen und gleich-
sie blieben. Nachdem sie hier jahrzehntelang gearbeitet haben         zeitig mit den Schweizer Verhältnissen gut vertraut sind. Sie
und ihre Kinder und Grosskinder hier aufgewachsen und ver-            werden von HEKS ausgebildet, um in der Kontaktaufnahme und
wurzelt sind, entscheiden sich viele auch nach der Pensionierung     -pflege mit älteren MigrantInnen eine Schlüsselrolle einzuneh-
gegen eine Rückkehr in die einstige Heimat.                           men. Besonders wertvoll erwies sich dieses System zuletzt wäh-
                                                                      rend der Corona-Pandemie: Als physische Treffen nicht mehr
Älter werden fern der Heimat                                          möglich waren, richteten die Schlüsselpersonen schnell «Whats-
Doch älter werden ist nicht einfach und für viele MigrantInnen        App»-Gruppen in verschiedenen Sprachen ein, um mit den Teil-
stellen sich zusätzliche Herausforderungen. Insbesondere für          nehmenden in Kontakt zu bleiben. Bald folgten interaktive An-
solche, die über eine geringe Schulbildung verfügen, unter ho-        gebote zum sozialen Austausch und Anleitungen für sportliche
her Arbeitsbelastung standen und daneben wenig Zeit und Res-          Übungen zu Hause. Wer den Umgang mit digitalen Kommuni-
sourcen hatten, sich um ihre sprachliche und soziale Integration      kationsmitteln nicht beherrschte, wurde regelmässig per Telefon
zu kümmern. Mit dem Älterwerden droht ihnen zunehmend                 kontaktiert. Auf diese Weise konnte HEKS ältere MigrantInnen
Isolation, Vereinsamung und Verarmung, sie leiden häufiger un-        durch die schwierige Zeit der Corona-Krise begleiten.
ter psychischen und physischen Beschwerden als ältere Men-
schen ohne Migrations- oder Fluchthintergrund. Studien bestä-        Begleitung für ältere Geflüchtete
tigen, dass bestehende öffentliche Angebote in den Bereichen         Vermehrt kamen in den letzten Jahren auch ältere Menschen als
Prävention und Gesundheitsförderung ältere MigrantInnen lei-         Flüchtlinge aus Bürgerkriegsländern wie Syrien, Irak oder Afgha-
der häufig viel zu wenig erreichen. Dies stellt auch Institutionen   nistan in die Schweiz. Diese sind einerseits mit dem Älterwerden
im Alters- und Gesundheitsbereich vor neue Herausforderungen.        in der Diaspora konfrontiert, andererseits aber auch mit allen
                                                                     anderen Herausforderungen, die ein Neuanfang in einem ande-
Bedürfnisse erkennen – und reagieren                                 ren Land nach traumatisierenden Erfahrungen von Gewalt und
HEKS hat diese Problematik früh erkannt und lancierte bereits        Flucht mit sich bringt. Um sie in beiden Prozessen zu unterstüt-
2006 das Programm «AltuM – Alter und Migration» in Zürich,           zen, startete HEKS im Herbst 2019 in Zusammenarbeit mit der
später auch in der Westschweiz, in Basel, in der Ostschweiz und      Hochschule für Soziale Arbeit der Fachhochschule Nordwest-
in der Region Aargau/Solothurn. «HEKS AltuM» bietet Menschen         schweiz (HSA FHNW) das Pilotprojekt «HEKS AltuM-Tandem» in
mit Migrationshintergrund ab 55 Jahren vielfältige Unterstüt-        der Region Zürich. In diesem Projekt begleiten Freiwillige isoliert
zung: An Informationsveranstaltungen oder in Kleingruppen            lebende Geflüchtete im Alter 50+ individuell im Alltag und un-
informiert HEKS zu wichtigen Themen im Alter, z. B. Altersvor-       terstützen sie in ihrer Integration. Das Pilotprojekt läuft Ende
sorge, Ergänzungsleistungen oder Gesundheitsprävention.              2021 aus, aktuell sucht HEKS nach Finanzierung für die Weiter-
Zudem organisiert HEKS Aktivitäten zur Freizeitgestaltung, wie       führung des Projekts.
Café- und Tanz-Treffs oder Yoga-Kurse, an denen sich Teilneh-
mende austauschen, Kontakte knüpfen und ihr Deutsch verbes-          Weitere Informationen zu Alter und Migration:
sern können. Schliesslich arbeitet «HEKS AltuM» nicht nur mit        www.heks.ch/alterundmigration

                                                                                                                                    19
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