2016/17 hanseatisch verlässlich innovativ - Finanzplatz Hamburg
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Inhalt Jahrbuch 5 Vorwort Menschen 2016/2017 8 Verantwortung von Banken für eine Evolution des Sparens 10 Mit Content Marketing nah am Kunden 12 Arbeit 4.0 – Perspektiven der beruflichen Bildung 14 Neugier wecken: Bankberuf hat Zukunft 16 Von Investmentfonds und Tennisspielern 18 Der Erfolg der Wirtschaft beginnt mit der Wissenschaft 20 Altersvorsorge im Niedrigzinsumfeld
3 Märkte Möglichkeiten Morgen 24 Tradition verpflichtet – 40 Alternative Fondsstrategien zur 56 Die Zukunft des digitalen Bankge- Banking in Hamburg Diversifikation nutzen schäfts 26 Der Einfluss der Private Gatekeepers 42 In Zukunft sicher – Vermögensschutz 58 Energiewende: Von Hamburg aus vs. Bequemlichkeit aktiv gestalten und vorantreiben 28 Geschäftsmodelle unter Anpassungsdruck 44 Modulares Risikomanagement 60 FinTechs und Inkassounternehmen – Same same but different 30 Brexit, EU und europäische 46 Private Equity in Familienunternehmen Finanzmärkte – Kein leichter Weg 62 EU-Mittel: Chancen für Innovationen 48 Anders finanzieren: und Energiewende 32 Big Data in der Finetrading unter der Lupe Versicherungswirtschaft 64 Die lange Digitalisierungswelle – 50 Zeit für neue Wege: Aktiengesell- Banken am Ende noch dabei? 34 Bargeldlos im hohen Norden schaften für Sachwerte 66 Vermögensverteilung in Deutschland 36 Im strategischen Dialog 52 Infrastruktur-Investments made in Hamburg 68 Life-Assistant – Private Banking 2036 70 Mitglieder des Finanzplatz Hamburg e.V. 72 Impressum
5 Vorwort Liebe Leserinnen und Leser, selten war die Welt von Banken, Versicherun- Mittelpunkt aller Aktivitäten muss der Nutzen Weiterentwicklung des Standortes und der gen und Finanzdienstleistern in derart rastlo- für den Kunden stehen. Denn nach wie vor Branche zu geben. Ob Sie Branchenkenner ser Bewegung wie in den letzten Jahren: Digi- sind es Menschen, die Finanzdienstleistungen sind oder der interessierten Öffentlichkeit an- talisierung, Regulierung und das hartnäckige nachfragen. Daher werden wir auch künftig gehören – lassen Sie sich bei einem Streif- Niedrigzinsumfeld fordern die Weiterentwick- nicht nur Apps und Algorithmen brauchen, zug durch unser Jahrbuch informieren und lung etablierter Geschäftsmodelle. Das gilt sondern auch die persönliche Beratung. inspirieren! insbesondere angesichts des grundlegenden Wandels im Kundenverhalten. Der digital ge- Unser vorliegendes Jahrbuch beleuchtet wie- prägte Kunde möchte Finanzdienstleistungen der viele aktuelle Aspekte der Branche. Wir Ihre sofort, überall, bequem und nach seinen Vor- freuen uns über die zahlreichen Beiträge, die stellungen nutzen. unsere Mitglieder unter den Rubriken „Men- schen – Märkte – Möglichkeiten – Morgen“ All das macht die Finanzbranche zu einem für diese Publikation verfasst haben. ebenso herausfordernden wie spannenden Spielfeld. Doch bei aller Notwendigkeit für Der Finanzplatz Hamburg e.V. zielt darauf, die Veränderungen gilt es, einige wesentliche As- Vernetzung von Finanzwirtschaft, Wissen- Dr. Harald Vogelsang Dr. Gabriele Rose pekte nicht aus den Augen zu verlieren: Digi- schaft und Politik zu stärken, über aktuelle Vorsitzender des Geschäftsführerin des talisierung ist kein Selbstzweck, sondern im Themen zu informieren und Impulse für die Finanzplatz Hamburg e.V. Finanzplatz Hamburg e.V.
Verantwortung von Banken für eine Evolution des Sparens Klassische Zinsanlagen bieten aktuell keine auskömmlichen Erträge mehr. Daraus erwächst eine generelle Aufgabe für die Hamburger Kreditwirtschaft: Sparer an ihre langfristigen Ziele erinnern, sie vor Fehlentscheidungen bei Anlagealternativen schützen und so bei ei- nem nachhaltigen Vermögensaufbau unterstützen.
9 K reditinstitute müssen heute anders als früher beraten. Einst brachten klassi- sche Anleihen adäquate Gewinne für die Sparer. Fast jeder Dritte stuft sein Verhältnis zum Sparen als „Liebesheirat“ ein, nur 6,1 Prozent als „Rosenkrieg“ und die große Mehrheit mit ko- und Verlustwahrscheinlichkeiten auf der anderen Seite ist in der Anlageberatung von großer Bedeutung. In einem ausführlichen und Doch mit dem Wegfall von Zins und Zinseszins 63,9 Prozent als nüchterne Zweckbeziehung. dokumentierten Beratungsgespräch mit einem durch das anhaltende Niedrigzinsumfeld kommt Hier spiegelt sich die in den Familien gelebte Experten wird die Risikobereitschaft des jewei- den Banken vor Ort eine besondere Verantwor- Spartradition aus einer Welt des risikolosen ligen Kunden ermittelt und mit einer Streuung tung zu: Sie werden Partner des Sparers. Dabei Zinseszinses wider. So wundert es nicht, dass des Vermögens die ganze Bandbreite von An- spielt Vertrauen eine große Rolle. Denn trotz die Deutschen ihren gewohnten Anlageformen lagemöglichkeiten genutzt. Erfolge des Umden- eigenständiger Recherchen und Angeboten per die Treue halten. Trotz Niedrigzinsphase wird kens beim Thema Geldanlage sind messbar: Computer und Überall-Internet verunsichert die die eingespielte Beziehung mit Sparbuch und 41 Prozent der Sparer halten es mittlerweile Sparer das zunehmend komplexe und oftmals Tagesgeldkonten bevorzugt - eine Affäre mit für sinnvoll, zumindest einen Teil ihres Gel- unberechenbare Geschehen am Markt. Der Fi- Derivaten oder Zertifikaten zumeist als unbe- des in chancenreicheren Anlagen anzulegen. nanzberatung kommt also eine Schlüsselrolle zu. rechenbares Wagnis beäugt. Zukünftig wird finanzielle Bildung also ein immer entschei- Fazit Dafür sind die Voraussetzungen gut. Denn die denderer Faktor sein. Denn auch das ergab • In Zeiten, in denen der Zinseszins fehlt, Deutschen lassen sich ihre Lust am Sparen von die Befragung: Je höher die Befragten ihr müssen Anleger sich aktiv nach den den niedrigen Zinsen nicht vermiesen: 90 Pro- Wissen in der Geldeinlage einschätzen, umso richtigen Anlagealternativen umschauen, zent aller Bundesbürger legen derzeit Geld zu- regelmäßiger und mit mehr Freude sparen sie. um einen nachhaltigen und strukturierten rück, jeder Zweite sogar monatlich. Die Sparquo- Vermögensaufbau zu erreichen. te beträgt nach eigenen Angaben durchschnitt- Vertrauen schenken lich 10,6 Prozent des jeweiligen Einkommens, Der Weg vom traditionellen zum modernen • Wir stehen erst am Anfang einer Evolution so eine repräsentative Umfrage des Hamburger Sparen führt über zuverlässige Informationen, des Sparens. Fonds können ein Teil der Marktforschungsinstituts Elbe 19 im Auftrag der einen fachkundigen Austausch und eine gute Lösungen sein, weil sie dem Sicherheits- Union Investment. Neun von zehn Deutschen Beratung. Die Banken vor Ort nehmen hierbei bedürfnis der Sparer entgegenkommen halten Sparen also weder für altmodisch noch eine ideale Rolle als Beziehungsratgeber ein. und dennoch auskömmliche Erträge für spießig. Im Gegenteil: Das Thema Sparen Hier kristallisiert sich die hohe Intensität der erwirtschaften. ist für sie durchaus positiv besetzt. 73 Prozent Kundenbeziehungen in Vertrauen – die grundle- der Befragten gaben an, durch finanzielle Rück- gende Voraussetzung für eine nachhaltige Evo- • Wer mehr weiß, spart mehr: Finanzieller lagen jetzt und künftig handlungsfähig bleiben lution des Sparens. Diese persönliche Bindung Bildung kommt eine entscheidende Rolle zu wollen, was für sie zugleich einen Zugewinn zu einem Berater des Vertrauens fördert eine zu – und damit der vertrauensvollen an persönlicher Freiheit bedeute. Dabei zeigte Wertpapierberatung mit der verantwortlichen Beratung durch die Bank vor Ort. die Umfrage auch, dass die Freude am Sparen Zielsetzung eines nachhaltigen Vermögensauf- ) nicht zuletzt mit der Art und Weise der Anlage baus in Zeiten niedriger Zinsen. Zusammen Dr. Reiner Brüggestrat zusammenhängt: Auf einer Skala von 0 bis 100 mit den weiteren Partnern der Kreditwirtschaft Vorstandssprecher Hamburger Volksbank Der Weg vom traditionellen zum modernen Spa- ren führt über zuverlässige Informationen, einen fachkundigen Austausch und eine gute Beratung. kommen moderne Sparer, die Wertpapiere und am Finanzplatz Hamburg bieten sie ein breites Fonds besitzen, auf einen Sparlaune-Index von Spektrum an Möglichkeiten, Vermögen zeitge- 64, traditionelle Sparer mit Tagesgeld und Spar- mäß aufzubauen, zu erhalten und zu vermehren buch dagegen nur auf 59 Punkte. sowie gleichzeitig dem Sicherheitsbedürfnis ih- rer Kunden gerecht zu werden. Fonds können Sparen ist ein emotionales Thema dabei ein wesentlicher Teil der Lösung sein. Aus der deutschen Tradition des Geldzurück- Die Aufklärung über die Zusammenhänge zwi- legens ist eine enge Beziehung entstanden. schen Ertragschancen auf der einen und Risi-
Mit Content Marketing nah am Kunden Kommunikation auf dem Prüfstand – die Digitalisierung erfordert auch hier neue Wege und Ansätze. In der Finanzwelt gilt dies vor allem für Dienstleister, die ihr Kerngeschäft in den Bereichen Beratung und Services haben. D ie Digitalisierung stellt unsere Gesell- schaft auf den Kopf. Von der Arbeitswelt bis in die Freizeit hinein ändert der digitale Wan- Bindung an das Unternehmen, ergab eine Un- tersuchung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Pricewaterhouse Coopers. Und ein Kunde, der gegnen und ihn so ansprechen und bedienen, wie es ihm am besten passt. Das erhöht letztendlich die Kundenbindung und generiert neue Leads. del nicht nur Prozesse und Abläufe im Hinter- emotional an ein Unternehmen gebunden ist, grund, sondern auch die Wünsche und das Ver- verhält sich loyaler, empfiehlt die Marke weiter Die Digitalisierung verändert das Nutzerverhalten halten jedes Einzelnen. Selbstfahrende Fahrzeu- und fungiert als Multiplikator in den sozialen der Menschen, aber nicht ihre Grundbedürfnisse ge etwa sind längst keine Science-Fiction mehr. Medien. an Finanzdienstleistungen. Bankkunden wün- schen es einfach, verständlich und sicher. Sie Neue Bedürfnisse erfordern Emotionale Bindung stärken wollen ihre Bankgeschäfte über das Internet er- Umdenken Für diese emotionale Bindung reicht es aber ledigen, einen Überblick über ihre Finanzen mög- Entsprechend stecken auch die Finanzdienst- nicht aus, einige Apps und Online-Gimmicks in lichst mobil parat haben und bei konkreten Anlie- leister mitten in einem Umbruch. Die klassischen das Leistungsspektrum zu integrieren. Gefragt gen am besten mit einem Berater in der nächsten Geschäftsfelder werden von Start-ups attackiert ist vielmehr eine bedarfsorientierte Gestaltung Filiale sprechen. und zwingen die einstigen Branchengrößen zum des Omnikanalvertriebs für den künftig hybriden Umdenken, weil die sogenannten FinTechs mit Kunden, der selbst entscheidet, wann er wie über Finanzdienstleister sollten daher jetzt die not- ihren Angeboten direkt auf die neuen Wünsche welchen Kanal mit seinem Finanzdienstleister in wendigen Rahmenbedingungen schaffen und und Bedürfnisse der Kunden eingehen. Beson- Kontakt tritt. diejenigen Innovationen identifizieren, die die ders Finanzdienstleister mit dem Kerngeschäft Kundenbindung nachhaltig stärken. Mobile Ap- Beratung und Services sollten daher ihre eige- Dafür ist es relevant, dass die Organisations- plikationen und Videoberatung dürften eben- nen Kunden neu in den Blick nehmen. struktur des Finanzdienstleisters das Omnichan- so dazu zählen wie der Vor-Ort-Service in der nel-Management unterstützt und den Kunden- Filiale. Lange haben die Banken versucht, Nähe beim dialog der Zukunft ermöglicht. Das ist gegeben, Kunden hauptsächlich durch ein flächendecken- wenn der Kunde über alle gegenwärtigen und Marke stärker ausbauen ) des Filialnetz zu erzeugen. Mit den digitalen In- zukünftigen Kontaktpunkte hinweg mit dem Un- Aber auch in der Kommunikation der eigenen teraktionskanälen Web, Mobile und Social Media ternehmen interagieren kann und die Kanäle mit- Marke gegenüber den Kunden müssen Finanz- dienstleister umdenken. Es ist ratsam, den ei- Der hybride Kunde entscheidet selbst, wann er genen „brand“ breiter aufzustellen und sich als wie über welchen Kanal mit seinem Finanzdienst- Anbieter von wirtschaftlicher Sicherheit für alle Abschnitte der Entwicklung eines Kunden zu po- leister in Kontakt tritt. sitionieren. In diesem Zusammenhang wird Story- telling wichtiger werden. Die Herausforderung für hat aber ein Paradigmenwechsel stattgefunden. einander verzahnt sind. Ziel des Unternehmens ist Finanzdienstleister wird hierbei sein, die eigene Die Filiale hat an Bedeutung verloren, ist aber es, die gesamte Customer Journey zu begleiten Dienstleistung in Geschichten zu verpacken, die nicht bedeutungslos geworden. Demgegenüber – über die gesamte Zeit der Kundenbeziehung. gerne gelesen, geteilt und kommentiert werden. nehmen digitale Kommunikationskanäle mehr Raum beim Kunden ein. Es gilt, dem Kunden Finanzdienstleister sollten dem Kunden dabei un- Dabei muss das Unternehmen zu einer Marke online das Gefühl zu geben, seine Bedürfnisse abhängig vom Zugangsweg immer ein vergleich- werden, die mehr ist als nur ein Finanzdienst- ernst zu nehmen. Je mehr sich ein Kunde ver- bares Erleben der Unternehmensleistungen er- leister. Ähnlich wie beim Auto: Ohne den Motor standen fühlt, desto höher ist seine emotionale möglichen. Und ihm gemäß seiner Wünsche be- ist ein Auto nichts. Doch heute muss ein Auto
11 mehr haben als einen Motor, muss mehr kön- nen als einfach nur fahren. Neue Aspekte und Ansprüche sind dazu gekommen. So können As- sistenzsysteme, vernetzte IT, User Interface und USB-Anschluss die Entscheidung für einen Kauf maßgeblich beeinflussen. In der Kommunikation gilt das Gleiche. Die Kernbotschaft reicht nicht mehr aus. Im kommunikativen Überfluss bestehen Unternehmen sind somit gefordert, Content zu produzieren, der Zielgruppen überzeugt, ihnen einen Nutzen bietet und so an die Marke bindet. Entscheidend dabei: Der Content muss hochwer- tig sein. Denn durch die digitalen Medien, das Überangebot an Informationen und den schnellen Informationsfluss steigen die Anforderungen an die Qualität der Kommunikation. Um die passende Zielgruppe direkt anzusprechen, ist auch der Einsatz von Influencern sinnvoll. Sie dienen als Multiplikatoren und Meinungsführer und stehen im Zentrum ihres eigenen Netzwerks. Sie erhöhen das Ansehen eines Unternehmens und können Produkten, Marken und Services zum schnellen Durchbruch verhelfen. Das Schlüssel- wort der Kommunikation der Zukunft lautet daher Content Marketing – diese Disziplin hat in der digitalen Customer Journey heute eine zentrale Funktion. Andreas Fischer-Appelt Vorstand, fischerAppelt AG
Arbeit 4.0 – Perspektiven der beruflichen Bildung Welche Berufe sind in Zukunft in der Finanzwelt gefragt? Wie verändern sich Arbeit und Ausbildung durch die Digitalisierung? Zu den Chancen und Herausforderungen beruflicher und akademischer Bildung. W ie arbeite ich in Zukunft? Welchen Wert besitzt meine Arbeit zukünf- tig? Das sind nur zwei Fragen, die im Rahmen lich streiten, unumstritten ist jedoch, dass sich die Anforderungen an die Menschen verändern, die in Zukunft arbeiten werden. Die Aufgabe Voraussetzung beispielsweise beim Vertrieb von erklärungsbedürftigen Finanzprodukten. des Digitalcamps bei der ARD-Themenwoche der beruflichen Bildung wird jedoch die gleiche Hauptaufgabe wird es also auch weiterhin sein, „Zukunft der Arbeit“ im Oktober 2016 jungen bleiben: (junge) Menschen bestmöglich auf ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern neben guten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gestellt Aufgaben vorzubereiten. Um festzustellen, was methodischen Fähigkeiten ein hohes fachliches wurden. Und eine weitere: Was muss ich lernen, genau die Aufgaben der Zukunft sind, bedarf es Know-how mitzugeben, um gut informierte ) um in der digitalen Arbeitswelt gute Berufschan- Weitsicht. Man muss sich Veränderungen stel- Kunden bestens beraten zu können. Auf den cen zu haben? len und vor diesem Hintergrund die Berufsbilder Mehrwert dieser fachlichen Kompetenz wird es Digitalisierung Fest steht, dass die Digitalisierung die Arbeits- Eine Fixierung auf Akademikerquoten als welt verändern, vielleicht sogar revolutionieren alleinigen Gradmesser der Qualität von Bildung wird. Die „Süddeutsche Zeitung“ titelte im Ja- schafft die falschen Anreize. nuar 2016 mit „Roboter, übernehmen Sie!“. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Job des Ver- sicherungskaufmanns in 20 Jahren von einem mutig weiterentwickeln. Dazu muss die gute immer mehr ankommen – und das ist gut so. Computer ersetzt werde, liege bei 21 Prozent. Zusammenarbeit zwischen Betrieben, Kammern Dazu brauchen wir mehr Bildung, nicht weniger! Beim Versicherungsvertreter wurden 92 Pro- und staatlichen sowie privatwirtschaftlichen Bil- Dabei können sich die Anbieter von Bildung der zent, beim Bankangestellten sogar 97 Prozent dungsanbietern erhalten und gepflegt werden. Digitalisierung nicht entziehen: Blended Lear- angegeben. Quelle ist eine Studie der Universität Auch in der Zukunft werden Menschen am liebs- ning, Webinare, Lernvideos und webbasierte Oxford. Natürlich lässt sich über die Zahlen treff- ten Menschen vertrauen. Das ist eine wichtige Trainings sind in der Bildungslandschaft längst
13 keine Fremdwörter mehr. Und doch werden sie bildung Berufe ab, die anderswo einen akademi- das Lernen und den Austausch von Mensch zu schen Abschluss verlangen. Dazu trägt auch die Mensch nicht ersetzen. hoch entwickelte beruflichen Weiterbildung bei, die unter anderem die öffentlichen Abschlüsse Akademisierung als Meister oder Fachwirt ermöglicht. Der Bologna-Prozess, der mit einer bildungspo- litisch programmatischen Erklärung 1999 be- Die alleinige Fixierung auf Akademikerquoten als gann, hat zahlreiche Bachelor- und Masterstudi- Gradmesser der Qualität von Bildung ist der fal- engänge hervorgebracht, die zunehmend popu- sche Weg. Sie schafft die falschen Anreize! Die lär wurden. Besonders hierzulande traten sie in Finanzbranche ist gut beraten, wenn sie sich klar Konkurrenz zu einer deutschen Errungenschaft: zur beruflichen Bildung bekennt. Denn damit er- der dualen Ausbildung. Bei dieser übernehmen höht sie auch die Bindung ihrer Mitarbeiterinnen Staat und Wirtschaft gemeinsam die Verantwor- und Mitarbeiter an die Unternehmen. Natürlich tung, „die Kids bereit für den Job“ zu machen, brauchen die Unternehmen auch das Know-how wie US-Präsident Barack Obama es 2013 for- akademisch ausgebildeter Mitarbeiterinnen und mulierte. Er pries diesen bildungspolitischen Mitarbeiter und können selbstverständlich nicht Sonderweg als Exportschlager „made in Germa- ignorieren, dass viele Berufseinsteiger nach ny“ im Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit. akademischen Abschlüssen verlangen. Daher Ein Blick in international vergleichende Arbeits- müssen strukturelle Übergangsmöglichkeiten marktstatistiken scheint ihm recht zu geben: Die zwischen beruflicher und akademischer Bildung berufliche Bildung ist ein Garant für Wirtschafts- geschaffen werden mit gegenseitiger Anerken- wachstum und Beschäftigung. Doch immer mehr nung von Vorleistungen, auf Augenhöhe. Die Betriebe haben zunehmend Schwierigkeiten, ihre Gefahr, ein Studium vorzeitig abbrechen zu Ausbildungsstellen zu besetzen. Das liegt zum müssen, lässt sich verringern. Ebenso die Angst, einen an demografischen Veränderungen, zum am Ende das Falsche studiert zu haben, für das anderen an einem Imageproblem der beruflichen man eben nicht brennt oder das der Arbeits- Bildung verglichen mit der akademischen. markt doch nicht in erwartetem Umfang nach- fragt. Eine Lösung könnte es sein, Fachwirt- mit Im Zuge der – sicherlich ungewollten – politi- Bachelorstudiengängen zu verzahnen. Dies wäre schen und gesellschaftlichen Diskreditierung ein Gewinn für alle! von praktischer Ausbildung und eines Akade- misierungswahns studieren immer mehr junge Marcus Janßen Menschen. Und einige, immer mehr, scheitern. Geschäftsführer, Berufsbildungswerk der Die Forderung der OECD, in Deutschland die Versicherungswirtschaft Hamburg (BWV) e. V. im internationalen Vergleich geringe Akademi- kerdichte zu schließen, verkennt eine wichtige Tatsache: In Deutschland deckt die duale Aus-
Neugier wecken: Bankberuf hat Zukunft Die Finanzwirtschaft befindet sich im Umbruch. Gerade deshalb brau- chen Banken qualifizierten Nachwuchs. Denn junge Menschen sind offen für Neuerungen, haben frische Ideen und sind ganz selbstver- ständlich in der digitalen Welt zu Hause.
15 A ktuell werden in den Hamburger Geldhäu- sern deutlich weniger Nachwuchskräfte ausgebildet als in den Vorjahren. Die Zahl der Zukunftsperspektiven der Banken. Neben den Belastungen aus Niedrigzins und Regulierung gilt die Digitalisierung als größte Herausforde- antwortung übertragen werden. Das motiviert, macht Spaß und spricht sich herum. Hier lassen sich die in der Berufsausbildung engagierten Auszubildenden insgesamt und die Zahl der neu rung – mit FinTechs als neuen Wettbewerbern Hamburger Banken manches einfallen. So hat abgeschlossenen Ausbildungsverträge haben und einem stark veränderten Kundenverhalten. zum Beispiel die Haspa gute Erfahrungen mit sich gegenüber der Jahrtausendwende halbiert. einer Azubi-Filiale gemacht. Und in einer Azu- In Folge der Finanzkrise hat sich der Rückgang Doch gibt es Spannenderes, als an der Weiter- bi-Werkstatt sowie in Management-Workshops beschleunigt – er betrug allein in den vergange- entwicklung von Geschäftsmodellen im digitalen konnten die Auszubildenden ihre Kreativität nen fünf Jahren rund ein Drittel. Im Jahr 2014 Zeitalter mitzuwirken? Ob bei etablierten Banken voll ausleben. Viele ihrer guten Ideen wurden wurden lediglich 255 Ausbildungsverträge von oder jungen, technologieorientierten Anbietern: schnell in die Tat umgesetzt, darunter der frei- angehenden Bankkaufleuten unterschrieben – Fundiertes Finanz-Know-how wird immer benö- willige Verzicht auf Anzug und Krawatte für mehr 2015 waren es mit 284 immerhin wieder etwas tigt – im Filialgeschäft, bei der Beratung über Kundennähe. mehr. Text- und Video-Chat oder auch bei der Entwick- lung digitaler Angebote. Wer den Bankberuf er- Qualifizierter Nachwuchs ist für die Banken Ausbildung zur Bankkauffrau/zum lernt, hat weiterhin sehr gute Zukunftsperspekti- wichtig, um die Innovationskraft zu stärken. Bankkaufmann in Hamburg ven und Karrierechancen. Denn die ist im Wettbewerb mit FinTechs ebenso Neu abgeschlossene nötig wie bei der Bewältigung anderer aktueller Jahr Auszubildende Ausbildungsverträge Junge Menschen erwartet bei Banken eine gro- Herausforderungen. Digitale Kompetenz – die 2015 653 284 ße Vielfalt interessanter, verantwortungsvoller künftig für jeden Bankmitarbeiter unerlässlich Aufgaben und ein lebendiger Berufsalltag mit ist – bringen Jugendliche heute bereits ganz 2010 904 407 viel Teamwork. Dabei zählen analytische Fähig- selbstverständlich mit. 2005 981 430 keiten ebenso wie soziale Kompetenz. Gerade 2000 1.382 568 der intensive Kontakt zu Menschen, die von ih- Angesichts des demografischen Wandels ist der Quelle: Ausbildungsstatistik der Handelskammer Hamburg ren persönlichen Wünschen und geschäftlichen Wettbewerb um die besten Köpfe bereits voll Projekten erzählen, macht den Bankberuf so entbrannt. Da sich immer mehr Schulabgänger Selbstverständlich spiegelt sich in der abneh- faszinierend. Gemeinsam mit den Kunden pas- für ein Studium entscheiden, sind Angebote der menden Ausbildungsaktivität der geringere sende Lösungen für ihre Zukunftspläne zu ent- Banken für ein duales Studium wichtig. Zum an- Personalbedarf der Kreditwirtschaft wider. Auch wickeln, ist eine sehr abwechslungsreiche und deren muss klarer herausgestellt werden, dass am Hamburger Bankenplatz müssen sich eini- zugleich anspruchsvolle Aufgabe. junge Leute mit einer klassischen Ausbildung ge Institute in Folge der Finanzkrise von Teilen und beruflicher Weiterbildung genauso gut Kar- ) ihres Geschäfts trennen. Und angesichts der Alle in unserer Branche Beschäftigten sind die riere machen können. Belastungen aus extremen Niedrigzinsen und besten Botschafter, um qualifizierte Nachwuchs- Das Tor zur Finanzwelt steht jungen Menschen mit der Ausbildung zum Bankkaufmann bzw. zur Die Beschäftigten in der Finanzbranche sind die Bankkauffrau – aber selbstverständlich auch besten Botschafter, um qualifizierten Nachwuchs mit einem guten Hochschulabschluss – bei den für den Bankberuf zu begeistern. Hamburger Geldhäusern weit offen. Dr. Harald Vogelsang starker Regulierung ist praktisch die gesamte kräfte für den Bankberuf zu begeistern. Wir wis- Vorstandssprecher der Hamburger Branche zu Einsparungen gezwungen – auch sen schließlich aus eigener Erfahrung um die Sparkasse AG beim Personal. Faszination der Finanzwelt und die Vorteile un- seres schönen Berufs. Wer Kontakt zu Jugendli- Bankberuf attraktiver gestalten chen hat, sollte einfach weniger über Krisen und Es hat sich jedoch nicht nur die Nachfrage der mehr über die Freude am Beruf sprechen sowie Banken nach Auszubildenden verringert. Auf der die guten Karrierechancen herausstellen. anderen Seite interessieren sich auch weniger junge Leute für den Bankberuf. Gründe hierfür Verantwortung übernehmen sind der Ansehensverlust in Folge der Finanzkri- Um die Ausbildung noch attraktiver zu machen, se, aber auch die als ungewiss eingeschätzten kann den jungen Menschen frühzeitig mehr Ver-
Von Investmentfonds und Tennisspielern Privatanleger haben heute viele Strategien und Möglichkeiten, ihr Geld anzulegen. Die Wahl fällt nicht leicht: Aktien, ETFs und aktiv gemanagte Fonds sind da nur einige Alternativen. Der Vergleich von Fonds- managern mit Tennisspielern zeigt: Top-Performer gibt es nur wenige. D ie Welt der Kapitalanlagen ist bekanntlich schier unermesslich groß. Die Aktie als bekannteste und neben den Schuldscheinen an der Zahl. Wer nicht nur auf ein Pferd, sprich Index setzen will, muss also mehr als einen Index wählen – da fängt die Qual der Wahl wieder an. Aber Kennern der Investmentbranche sind eini- ge Namen durchaus geläufig. Einst war es der Templeton Growth Fund, dessen Manager Sir auch älteste Anlageform, ist mit einer Zahl von John Templeton, gefolgt von Mark Holowesko, weltweit rund 35.000 noch recht überschaubar. Doch lieber gemanagte Fonds? Erfolgsgeschichte schrieb. Die weitere Entwick- Aber mit Zertifikaten, Derivaten, Futures und Oder doch lieber einen herkömmlichen Fonds lung dieses Fonds verblasste später ebenso wie Optionen und so weiter geht die Zahl der Wert- mit einem echten Fondsmanager nehmen? Die die inzwischen recht zahlreichen, nachfolgenden papiere schon in die Millionen. Immer wieder Vorteile liegen auf der Hand: Ein Fondsmanager Fondsmanager. Das Ganze ist für die Fondsge- tauchen neue, immer komplexere Angebote auf, wählt aus den weltweit besten Wertpapieren und sellschaften recht zweischneidig. Denn wenn welche die Quadratur des Kreises versprechen, bündelt diese, für Anleger zugänglich, in einem der Fondsmanager wechselt, ist dies für viele nämlich Rendite ohne Risiko. Kein Wunder, dass Fonds. Aus Gesichtspunkten der Risikostreuung institutionelle Großinvestoren erst einmal ein Si- dieses Thema den Privatanlegern aufgrund von schon mal ein echter Gewinn. Das bietet auch gnal zum Verkauf. wiederholten Enttäuschungen zum Hals heraus- der ETF, also Gleichstand. Entscheidend für die hängt. Der Effekt: Es gab noch nie so wenig Ak- Investition in ETFs ist für viele Privatanleger fol- Um dem etwas entgegenzuwirken, betonen tien- und Aktienfondsbesitzer wie heute. gende Aussage: 80 Prozent der aktiv gemanag- die Fondsgesellschaften zumeist, dass hinter ten Fonds schlagen ihren Vergleichsindex nicht. (oder neben) dem Manager auch ein großes Im Trend: ETFs Dies ist zwar richtig. Aber die Kunst ist es ja, und leistungsfähiges Team steht und man den Seit einigen Jahren macht eine neue Anlage- diejenigen 20 Prozent zu finden, die ihr Geld oder die Fonds ohnehin immer im Teamansatz klasse von sich reden: Die ETFs oder Exchange wert sind. führt. Aber es hat sich gezeigt: Teamansatz hin Traded Funds. Dies sind passive Fonds ohne oder her, einer muss den Hut aufhaben und die Fondsmanager, die täglich an der Börse gehan- Weltrangliste vs. Mittelklasse Entscheidungen treffen. Genauer betrachtet, delt werden und einen bestimmten Index wie Mit den Fondsmanagern ist es ähnlich wie mit findet man heraus: Die gesuchten 20 Prozent den DAX oder Euro Stoxx mehr oder weniger den Tennisspielern: Einige dümpeln mit ihren Top-Fonds, die ihren Vergleichsindex schlagen, genau abbilden, indem sie in die gleichen Wert- Erfolgen trotz großer Anstrengungen stets auf werden meist von talentierten Fondsmanagern ) papiere mit der gleichen Gewichtung investieren. Mittelmaß herum, andere gewinnen Weltklas- geführt, die schlicht immer besser sind. Sogar, Vorteil dieser Fonds ist die schnelle Handelbar- seturniere. Talent und das richtige Näschen wenn sie die Fondsgesellschaft mal wechseln. Und diese Manager gilt es zu finden. Einige Fondsmanager dümpeln mit ihren Erfolgen ETFs haben durchaus ihre Daseinsberechtigung. trotz großer Anstrengungen stets auf Mittelmaß Sie machen das Leben aber nicht unbedingt herum, andere gewinnen Weltklasseturniere. leichter, gerade wenn es um die Auswahl der richtigen Fonds für die eigene Anlagestrategie geht. Ein paar gut gemanagte, herkömmliche keit und die sehr geringen laufenden Kosten. spielen auch im Fondsmanagement eine große Fonds erfüllen ebenfalls durchaus ihren Zweck, Diese Fonds können durchaus ein sinnvolles Rolle für den Erfolg. Die Fondsindustrie braucht aber auch hier gilt: Es kommt auf den Manager Investment darstellen und sind daher bei Pri- also Talente und Leitwölfe für die gute Perfor- an. Ohne Talent geht es also nicht, im Tennis wie vatanlegern, besonders bei Selbstentscheidern, mance; diese lassen sich zudem auch hervor- im Fondsmanagement. zusehends beliebter. Aber hier tritt leider eben- ragend vermarkten, woraus schnell ein Perso- falls ein Komplexitätsproblem auf: Waren 2003 nenkult entsteht. Natürlich erreichen Fondsma- Eric Wiese noch überschaubare 100 ETFs in Deutschland nager nie die Popularität von Tennisspielern wie Geschäftsführer der NFS Hamburger im Angebot, waren es Ende 2015 schon 1.527 Borg, McEnroe, Graf, Lendl, Nadal oder Federer. Vermögen GmbH
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Der Erfolg der Wirtschaft beginnt mit der Wissenschaft Hamburg spielt unter Deutschlands Finanzplätzen eine sehr gewichtige Rolle. Um in Zukunft geeigneten Nachwuchs finden zu können, ist die Zusammenarbeit von Unternehmen mit Hochschulen vor Ort emp- fehlenswert. Die Investition in die Ausbildung exzellenter Führungskräfte, beispielsweise über ein duales Studium, rechnet sich. D er Finanzplatz Hamburg zählt zu den füh- renden seiner Art in Deutschland. Und die Metropolregion Hamburg wird auch weiterhin Wissenschaft vor Ort fördern Jede Wertschöpfung beginnt mit Wissenschaft. Das gilt zweifelsfrei auch für Finanzdienstleis- Finanzplatz sicherstellen und die Herausforde- rungen für die Versicherungswirtschaft meistern wollen. Deshalb ist es wichtig, gerade hier in ein wachsender Markt für Finanzdienstleistun- tungen und Versicherungen. Hochschulen for- Hamburg Eliten heranzubilden. gen sein. In Summe sind in Hamburg in diesem men die kommende Generation von Managern Bereich mehr als 40.000 Menschen tätig – ein und Spezialisten in ihrer intellektuellen Reife. Die Allianz stellt pro Jahr etwa zehn duale Stu- Beleg dafür, dass die Finanzdienstleistungsin- Die Kooperation mit einer wissenschaftlichen dierende in Hamburg ein. Dies bedeutet jedes dustrie einen sehr relevanten Wirtschaftszweig Institution liefert auch den Unternehmen der Mal eine Investitionsentscheidung von knapp ei- verkörpert. Finanzdienstleistung Antworten auf die Fragen ner Million Euro für den Zeitraum der jeweiligen von morgen. Bereits im zweiten Jahr bildet die Studiendauer. Eine solche Kooperation ist in der Versicherungsunternehmen haben bislang selten Allianz ihre dualen Studierenden nunmehr an der Regel langfristig angelegt. eine Verzahnung mit der Wissenschaft vor Ort in HSBA Hamburg School of Business Administra- Hamburg genutzt. Der akademische Nachwuchs, tion aus. Warum ist dies so wichtig? Speziell im Versiche- der im Rahmen des dualen Studiums ausgebildet rungsvertrieb und -betrieb wird Deutschland in wird, wurde häufig an anderen Hochschulstand- Ich persönlich bedaure es stets, dass wir hier im den nächsten Jahren eine zunehmende Akade- orten qualifiziert. Aber Bildung und Wissenschaft Norden mit dem Begriff Elite nach wie vor etwas misierung erleben. Dieser Trend ist sehr stark brauchen auch eine Heimstätte in Hamburg. Denn fremdeln. Doch im positiven Sinne muss gerade getrieben durch die Spezialisierung in den ein- Wissenschaft und Wirtschaft sind unzertrennbar. das der Anspruch sein, wenn wir auf Dauer den zelnen Branchen. Zum einen werden Produktlö-
19 sungen in sich komplexer. Zum anderen ist der Frontalunterricht und eine Integration von Fall- Trend deutlich, der mit Modularität auf Einfach- studien und Praxisbeispielen auf höchstem Ni- heit abzielt und vor allem über die Digitalisierung veau. Es ist der Abschied von alten Rollenbildern. getrieben wird. Die Branche steht weiterhin vor hohen Anforderungen, die die Regulatorik, die Kooperationen von Hochschulen und Unterneh- Finanzmärkte und generelle volkswirtschaftliche men sollten auf Gegenseitigkeit beruhen. Neben Trends stellen. Diese erfordern ein höheres Maß Lehraufträgen kann der Wissensaustausch über an intellektueller Kompetenz für passende Pro- Hamburg hinaus erfolgen. Die Unternehmen duktlösungen, Versicherungskonzepte und Be- können Experten der Hochschulen Einblicke in Jede Wertschöpfung beginnt mit Wissenschaft. ratungsqualität. Die Digitalisierung stellt ein ganz ihre Prozesse gewähren. Diese wiederum kön- neues Anforderungsprofil an die Menschen. Die nen Unternehmen so als Playground für Ge- Unternehmen können sich durch das Zusam- schäftsmodelle nutzen. Ein Finanzplatz Hamburg menwirken mit Hochschulen gut für diese neuen ist auf Dauer nur vorstellbar, wenn er exzellente, Anforderungen an das Management rüsten. vorausdenkende Köpfe hervorbringt. Das ist die beste Standortsicherung. Duales Studium und Lehraufträge Das Engagement von Unternehmen kann vielsei- Andreas Schmid tig sein: Neben der Förderung von Studierenden Repräsentant der Allianz Deutschland im Rahmen des dualen Studiums kann bei- am Standort Hamburg und Mitglied der spielsweise mit der Vergabe von Lehraufträgen Geschäftsleitung Vertrieb Norddeutschland die Verzahnung von Versicherungswirtschaft Allianz Beratungs- und Vertriebs AG und Wissenschaft sichergestellt werden. Indem wir all das, was wir in der Praxis vollziehen, den Studierenden vorstellen, regen wir die jungen Leute zum Diskurs an. Denn die Studierenden selbst bringen eine völlig andere Sicht mit. Auf diese Weise setzt der Diskurs neue Prozesse des gemeinsamen Nachdenkens in Gang. Das erfordert die konsequente Abkehr vom einstigen
Altersvorsorge im Niedrigzinsumfeld Kaum etwas ist den Deutschen so wichtig wie die finanzielle Unab- hängigkeit im Alter. Daher ist es umso alarmierender, dass sich hierzu- lande zwar jeder Dritte vor der Altersarmut fürchtet, aber nur die Hälfte von dem spart, was er für ausreichend hält.
21 Z wei Drittel der Deutschen geben an, beim Thema Altersvorsorge das Vertrauen in die Politik verloren zu haben. Und das in einer steht durch die Niedrigzinsphase unter Druck. Das Bundesministerium der Finanzen entschied jüngst, den Höchstrechnungszins von 1,25 auf einen Vermögensaufbau mit klassischen Pro- dukten sollten daher die Vorteile der staatlichen Förderung in der ersten (Basisrente) und zweiten Zeit, in der die Medien von einer historischen zukünftig 0,9 Prozent zu senken. Ein Beispiel Schicht (betriebliche Altersvorsorge und Riester) Rentenerhöhung berichten. Doch genau diese zeigt, wie sehr sich Niedrigzinsen auf Sparpro- genutzt werden. Erst kürzlich hat sich die Bun- Erhöhung zeigt eines der größten Probleme der zesse auswirkt: Liegt die Verzinsung bei 5 Pro- desregierung klar zum Drei-Schichten-Modell gesetzlichen Absicherung: Durch das Umlage- zent pro Jahr, so verdoppelt sich das eingezahl- positioniert und will die betriebliche Altersvor- verfahren werden die aktuellen Renten erhöht, te Kapital innerhalb von 15 Jahren. Auf einem sorge noch einmal stärken. allen Hochrechnungen der demografischen Ent- Niveau von 0,9 Prozent benötigt man für die wicklung zum Trotz. Verdopplung hingegen 77 Jahre. Dieses Dilem- In der Niedrigzinsphase gewinnen (Aktien-) ma – das sinkende Absicherungsniveau in der Fonds in der privaten Altersvorsorge stärker an Rentensituation verschärft sich gesetzlichen Rente auf der einen Seite und die Bedeutung. Doch die Deutschen sparen ver- Obwohl sich die geburtenstärkste Generation Niedrigzinsphase andererseits – lähmt offen- gleichsweise konservativ und legen viel Wert auf gerade in der Hochphase ihrer Karriere befindet bar die Bevölkerung, die immer weniger privat „harte“ Garantien. Was diese „Sicherheit“ aber und für hohe Beitragseinnahmen sorgt, stammt vorsorgt. kostet, zeigt sich im Vergleich zweier Sparpläne ein Viertel der Einnahmen der gesetzlichen (mit und ohne Garantie): Der Spread der beiden Rentenversicherung nicht aus den Beiträgen, Vermögensaufbau intelligent Sparpläne hat sich in den letzten Jahren ver- sondern aus Steuereinnahmen. Damit sind die gestalten vierfacht und liegt für junge Sparer etwa beim Ausgaben für die Rentenversicherung der größte Um den Lebensstandard auch im Alter halten Fünffachen der eingezahlten Beiträge. Dass ein Einzelposten im Bundeshaushalt. Heute kom- zu können, gibt es drei Lösungsansätze: länger Aktienportfolio ein gemischtes Portfolio schlägt, ) men drei Beitragszahler auf einen Rentner, doch sparen (etwa bis zu einem Alter von 80 Jahren), hätten vermutlich die meisten erwartet. Erstaun- ab 2030 – wenn die Babyboomer in Rente ge- mehr sparen (z.B. den Sparbeitrag verdoppeln) licher ist jedoch die geringe Wahrscheinlichkeit, hen – wird das Verhältnis in etwa bei zwei zu oder intelligent sparen und damit die Vorteile des dass bei jungen Sparern die Summe der einge- eins liegen. Als Folge sinkt das Rentenniveau Rentensystems ausnutzen. Da die ersten beiden zahlten Beiträge unter der Ablaufleistung eines Sparplans ohne Zinsgarantie liegt. Sie beträgt Im aktuellen Marktumfeld wird es immer in einem diversifizierten Portfolio lediglich 0,6 Prozent und ist somit nahezu ausgeschlossen. wichtiger, die Altersvorsorge intelligent zu Wäre dieses Chance-Risiko-Verhältnis transpa- gestalten, das bedeutet Steuervorteile zu renter, würden sich viele Sparer vermutlich für nutzen und am Kapitalmarkt zu partizipieren. eine höhere Aktienquote entscheiden können. Eine vollständige Beitragsgarantie erscheint im aktuellen Niedrigzinsumfeld unter Chance-Risi- von 47,8 Prozent auf nur noch 41,6 Prozent in Punkte für die meisten Deutschen nicht in Fra- ko-Aspekten für kaum einen Kunden zeitgemäß. 2045. Eine Fortführung des heutigen Niveaus ge kommen, gilt es, die private Altersvorsorge würde dann einen Beitragssatz von über 26 intelligent zu strukturieren. Um auch bei nied- Die gesetzliche Rente wird aufgrund der demo- Prozent und damit mehr als einem Viertel des rigen Zinsen gute Renditen zu erzielen, kommt grafischen Entwicklung künftig nur noch eine Gehalts erfordern. Eine Stabilisierung ist daher es auf Folgendes an: früh anfangen, die staat- Grundabsicherung leisten. Wer seinen Lebens- kaum eine Option. liche Förderung nutzen und am Kapitalmarkt standard halten möchte, wird um den privaten partizipieren. Vermögensaufbau nicht herumkommen. Cle- Glücklicherweise verfügt Deutschland über ver strukturiert lohnt sich aber sparen auch in ein leistungsstarkes Rentensystem, in dem die Früh anfangen ist wohl der einfachste Weg in Niedrigzinsphasen. gesetzliche Absicherung nur die erste von drei der Altersvorsorge. So muss ein 45-Jähriger für Schichten ist. Hinzu kommen die betriebliche dasselbe Ergebnis bereits rund 88 Prozent mehr Sebastian Greif Absicherung (inklusive Riester-Rente) und die pro Monat und insgesamt 20 Prozent mehr spa- Mitglied des Vorstands, private Absicherung. Jede dieser drei Schichten ren als ein 35-Jähriger. neue leben Lebensversicherung AG hat unterschiedliche Stärken und Renditehebel. Während die gesetzliche Rente umlagefinanziert In klassischen Verträgen müssen Versicherer Jakob Rosenthal ist, handelt es sich bei der zweiten und dritten das Kundengeld sicher anlegen, um die Garan- Vorstandsassistent, Schicht um eine kapitalgedeckte Altersvorsorge. tieversprechen zu jedem Zeitpunkt einhalten zu neue leben Lebensversicherung AG können. Durch die historisch niedrigen Zinsen Doch auch die kapitalgedeckte Altersvorsorge wird die Rendite hier weiter schmelzen. Für
23 Menschen Märkte Möglichkeiten Morgen
Tradition verpflichtet – der Jahre übernahmen die Berenbergs immer mehr Geld- und Versicherungsgeschäfte und Banking in Hamburg entwickelten sich nach und nach zu angese- henen Bankiers. Wiege der Mark Banco Von den Auswirkungen des Dreißigjährigen Krieges blieb die Hansestadt weitgehend ver- schont, profitierte gar von der Zuwanderung Hamburg präsentierte sich bereits im 17. Jahrhundert als bedeuten- niederländischer Kaufleute wie den Berenbergs, die den weltweiten Warenhandel ankurbelten. der Handelsplatz in Europa. Mit der Gründung von Bankhäusern und Hamburg entwickelte sich zu einem der wich- der Einrichtung von Girokonten entwickelte sich die Hansestadt zum tigsten Handels- und Bankenplätze Europas. Unzählige Währungen kursierten in der Stadt, wichtigen Impulsgeber für Finanzdienstleistungen. die den Handel teuer und die Geldwechsler reich machten. Jedes Herrscherhaus prägte eigene C Münzen, deren Metallgehalt nicht normiert und hristoph Kolumbus entdeckt Amerika, delshaus, das innerhalb weniger Jahre zu ihr tatsächlicher Wert höchst intransparent war. ) der Hundertjährige Krieg geht zu Ende einem der 20 umsatzstärksten Unternehmen Um die Geldwertstabilität zu verbessern, grün- und Gutenberg revolutioniert den Buchdruck. der Stadt heranwuchs. Ein funktionierendes dete 1619 der Rat der Stadt die Hamburger Etwa zur selben Zeit, im Jahr 1472, nimmt im italienischen Siena ein Pfandleihhaus seine Geschäfte auf. Heute ist die Banca Monte dei Die Hamburger Währung Mark Banco war eine Paschi di Siena die älteste noch existierende Erfolgsgeschichte. Als eine Art Reminiszenz wur- Bank der Welt. Jedoch brachten faule Kredite de die neue Reichswährung Goldmark genannt. das Traditionshaus jüngst ins Wanken. Soll- te die geplante Rettungsaktion fehlschlagen, ginge der Titel „älteste noch existierende Bankensystem gab es zu dieser Zeit nicht. Bank – die erste Girobank Deutschlands. Händ- Bank der Welt“ nach Hamburg. So übernahmen die Kaufleute selbst die Fi- ler konnten ihre Geschäfte ab sofort bargeldlos nanzierung ihrer Warengeschäfte. Sie räum- abwickeln. Ihre Einlagen wurden in eine Ein- 1590 gründeten hier die niederländischen ten ihren Kunden Kredite ein und finanzierten heitswährung umgerechnet: die Mark Banco, die Brüder Hans und Paul (II) Berenberg ein Han- die Sendungen ihrer Lieferanten vor. Im Laufe ausschließlich als Buchgeld existierte. Eine Idee,
25 die viele Jahre später für die Europäische Wäh- Handelsbanken und Privatbankiers. So schlos- eG existiert in ihrer heutigen Form seit knapp rungseinheit Ecu als Vorbild diente. Die Hambur- sen sich viele von ihnen zu finanzstarken Aktien- zehn Jahren. Ihre Wurzeln reichen aber bis ins ger Währung war eine Erfolgsgeschichte. Sie banken zusammen. 1870 gründeten Kaufleute, 19. Jahrhundert zurück, als ihre ältesten Vor- endete erst, als Deutschland mit der Reichs- Merchantbanker und Privatbankiers die Com- gängerinstitute, die Hamburger Bank von 1861 gründung 1871 zum Goldstandard überging und merz- und Disconto-Bank in Hamburg. Über- und der Vorschußverein zu Wandsbek gegründet eine deutsche Einheitswährung schuf. Als eine nahmen und Fusionen ließen die Commerzbank wurden. Damit gehört sie zu den ältesten Ge- Art Reminiszenz wurde die neue Reichswährung zur heute zweitgrößten Bank Deutschlands her- nossenschaftsbanken Deutschlands. Goldmark genannt. anwachsen. Ihr Hauptsitz befindet sich zwar seit den 1990er-Jahren im höchsten Wolkenkratzer Auch wenn die Hansestadt inzwischen im Die Hamburger Bank befand sich zu ihrer An- in Frankfurt am Main, ihre Wurzeln wuchsen Schatten der großen europäischen Metropo- fangszeit in den Räumen des damaligen Rathau- aber in der Hansestadt. len wie London oder Frankfurt steht, zeigt ein ses am Neß und damit in unmittelbarer Nähe Blick in die Historie: Von kaum einem anderen der Hamburger Börse. Bereits 1558 trafen sich Erste Sparkassen für Privatleute deutschen Finanzplatz gingen so viele prägende Kaufleute an der Trostbrücke, um Geld- und Die Kehrseite der großen Geschäfte war, dass Impulse aus. Hamburgs Bankgeschichte erzählt Wechselgeschäfte ebenso wie Versicherungs- einfache Leute kaum am Zinssystem teilnehmen vom Mut zu Innovationen und von der Kraft, Tra- und Frachtgeschäfte und Geschäfte mit Wert- konnten. Sparkassen und Genossenschaftsban- ditionen zu bewahren. papieren abzuwickeln. Damit ist die Hamburger ken änderten dies. Bei ihnen konnte jeder bzw. Börse mit ihrer über 450-jährigen Historie die jedes Mitglied ein Sparkonto eröffnen und Geld Prof. Dr. Peter Scholz älteste aktive Börse Deutschlands. Gegründet fürs Alter oder schlechte Zeiten anlegen. Die HSBA Hamburg School of Business wurde sie auf Initiative der Vereinigung eines weltweit erste Sparkasse nach moderner Prä- Administration Gemeenen Kopmanns, der späteren Versamm- gung wurde 1778 gegründet, und zwar in Ham- lung eines Ehrbaren Kaufmanns. Ihre Grundsät- burg. Die Ersparungskasse der Allgemeinen Ver- ze gelten heute genauso wie damals: Man steht sorgungsanstalt sollte die Ersparnisbildung und zu seinem Wort, der Handschlag gilt. die finanzielle Vorsorge sozial schwacher Bevöl- kerungsschichten fördern und das in der Region Mit Beginn der Industrialisierung reichte ein vorhandene Kapital für die wirtschaftliche Ent- einzelner Handschlag nicht mehr aus. Die zu wicklung vor Ort einsetzen. Im 19. Jahrhundert finanzierenden Projekte wurden größer. Statt kamen in ganz Deutschland zahlreiche Sparkas- Tuchen und Gewürzen standen bald der Berg- sen und mit ihnen die Genossenschaftsbanken bau und die Stahlproduktion im Mittelpunkt der hinzu, darunter auch die Hamburger Sparkasse. weltweiten Handelsgeschäfte. Der Kapitalbedarf Gegründet 1827, ist sie heute die größte Spar- überstieg rasch die Möglichkeiten der kleinen kasse Deutschlands. Die Hamburger Volksbank
Der Einfluss der Private Gatekeepers Eigen- wie Fremdkapitalfinanzierungen sind heute von den Beurteilungen privater Informationsdienstleis- ter abhängig. Diese Marktzugangskontrolle birgt allerdings rechtliche Risiken. In Zusammenschau von Abschlussprüfung, Bonitätsrating und Finanzanalyse werden die Regelungsaufgaben zwischen Haftung, Berufsrecht und Regulierung erkennbar. D ie Beurteilungen von Informationsinter- mediären wie Abschlussprüfern, Ratin- gagenturen und Finanzanalysten wirken sich auf auf kleine Gruppen setzenden Informationsver- arbeitung innerhalb der sogenannten Deutsch- land AG auf ein marktgesteuertes System der bestenfalls ein reflexartiger Schutz der Investo- ren zu gewährsleisten. die Kapitalkosten der Unternehmen aus. Faktisch Informationsverarbeitung. Daraus erklärt sich Regelungsverantwortung übernehmen entscheiden die privaten Informationsanbieter das neue Risiko eines übermäßigen Vertrauens Einer Haftungsausdehnung wird ähnlich wie in über den Kapitalmarktzugang der Unternehmen. in die Intermediäre. Mittlerweile fließen Bonitäts- den USA oder im Vereinigten Königreich ins- Die hier genannten Informationsdienstleister ste- ratings, ähnlich wie Abschlussprüfertestate oder besondere bei der Abschlussprüfung mit Zu- hen stellvertretend für eine sich ständig weiter- (schwächer) Empfehlungen der Finanzanalysten, rückhaltung begegnet. Paradigmenwechsel entwickelnde Corporate-Governance-Industrie, in die für die Haftung von Geschäftsleitern maß- sind denkbar. Ein erster Paukenschlag war die zu der auch Stimmrechts- und Vergütungsbe- gebliche Informationsgrundlage ein (§ 93 AktG). Verurteilung einer Ratingagentur wegen fahr- rater zählen. In der internationalen Forschung Kurzfristig ist dieser Einfluss durch von der EU lässiger Vermögensschädigung in Australien im gelten die Intermediäre als Kontrolleure des nachgeahmte Vorstöße des US-amerikanischen Jahr 2014. Soll der Markt auf Wahrscheinlich- Marktzugangs, sogenannte Gatekeepers. Mit Rechts kaum aufzulösen. Auch erschiene die keitsurteile insbesondere der Finanzanalysten ) Formen der privaten Marktzugangskontrolle ver- Alternative wenig überzeugend: Sollen die be- nicht verzichten müssen, darf das Haftungsrecht binden sich Chancen, aber auch Risiken. Auf die sonders kritischen Beurteilungen abschließend nicht übersteuern. Ersatzfähig sein sollte ledig- immer wieder enttäuschten Erwartungen – zu- durch bankinterne Abteilungen erledigt werden lich die Differenz zwischen Börsenkurs mit/ohne Intermediationsfehler. Beweiserleichterungen erscheinen sinnvoll, sind aber durch Haftungs- Ein verlässlicher Finanzplatz sollte auf ein aus- höchstsummen der Intermediäre zu komple- gewogenes Informationsgefüge setzen und un- mentieren, die derzeit allein für den Abschluss- prüfer vorgesehen sind (§ 323 HGB). ternehmensinterne wie -externe Mechanismen der Informationsverarbeitung einbeziehen. Insgesamt ist festzuhalten, dass die rechtliche Durchdringung von Rating und Finanzanalyse erst am Anfang steht. Die Qualitätssicherung letzt in der Finanzmarktkrise 2008 – reagieren dürfen, obwohl die Risikobereitschaften der Ins- wird wie bei der Abschlussprüfung auch auf Gesetzgeber zumeist mit eilig geschnürten Re- titute gerade infolge unmittelbarer Ertragschan- berufsrechtliche Pflichtenausformungen bauen formpaketen. Genannt sei nur die 2009 erlas- cen besonders hoch ausfallen können? müssen. Als ratsam erweisen sich einstweilen sene und seitdem mehrfach geänderte EU-Ra- regulatorische Konkretisierungen der für sämtli- ting-Verordnung. Doch die Grundsatzfragen der Ein verlässlicher Finanzplatz sollte auf ein aus- che Intermediäre in der einen oder anderen Form privaten Marktzugangskontrolle sind weitgehend gewogenes Informationsgefüge setzen und da- vorgesehenen Pflichtentrias aus Sachkenntnis, unerschlossen. Die hier vorgestellte Untersu- bei unternehmensinterne, aber auch -externe Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit als ratsam. chung soll dazu beitragen, die ökonomischen, Mechanismen der Informationsverarbeitung regulierungstheoretischen und rechtlichen Dis- einbeziehen. Intermediärbeurteilungen unterlie- Das übergreifende Petitum der hier vorgestell- kussionsstände zusammenzuführen und an den gen allerdings einer systematischen Schwäche: ten Untersuchung geht dahin, die private In- Schnittstellen von Haftung, Berufsrecht und Re- Verabredet werden sie zumeist mit dem Emitten- formationsintermediation als Teil einer offenen gulierung fortzuentwickeln. ten, von den Folgen sind außenstehende Anleger Wirtschaftsordnung aufzufassen. Daraus folgt betroffen. Zwar ist im US-amerikanischen Recht zugleich eine Regelungsverantwortung, die nicht Intermediäre gewinnen an Einfluss noch verwurzelten Vorstellungen entgegen auch erst kriseninduziert erkannt werden darf. Für deutsche Finanzplätze wie den der Hanse- für Ratings und Finanzanalysen eine vertragliche stadt Hamburg gewinnt das Thema zunehmend Pflicht des Intermediärs auf die verkehrsüb- Prof. Dr. Patrick C. Leyens an Bedeutung. Seit der Jahrtausendwende er- liche Sorgfalt anzunehmen (Stiftung-Waren- Gewinner des Finanzkompasses 2015 kennen Ökonomen einen Übergang der vormals test-Rechtsprechung des BGH). Damit ist aber
27 Finanzkompass Seit 2010 vergibt der Finanzplatz Hamburg e.V. den Innovationspreis „Finanzkompass“. Ziel ist es, Wirtschaft und Wissenschaft stärker zu vernetzen. Ausgezeichnet werden jährlich herausragende wissenschaftliche Arbeiten aller Fachrichtungen mit Bezug zum Finanz- oder Versicherungsbereich.
Geschäftsmodelle unter Anpassungsdruck Schon seit einiger Zeit ist das unternehmerische Umfeld für Kreditinstitute angespannt: Kapitalmarktorien- tierung, technisch vielseitige Wettbewerber sowie Niedrigzinsen erfordern neue Strategien. Eine Heraus- forderung für die Kreditinstitute – aber auch für die Bankenaufsicht. A uch in der europäischen Bankenunion rücken die Geschäftsstrategien und -mo- delle der Banken stärker in den Fokus. In ihren ließen sich international agierende Konzerne im- mer öfter auf eigene Finanzierungstochtergesell- schaften, welche die Kapitalallokation zwischen nen deutlichen Rückgang der durchschnittlichen Zinsspanne der Kreditinstitute gekennzeichnet. Das aktuelle Niedrigzinsumfeld wird mittelfris- aufsichtlichen Schwerpunkten 2016 nennt die den verschiedenen Konzernfirmen übernahmen tig zu einem zusätzlichen Ertragsdruck auf die Europäische Zentralbank (EZB) zudem die Ge- und Banken aus dem Geschäft drängten. Mit- Banken führen. Simulationsstudien zeigen, dass schäftsmodelle und die Ertragskraft der Banken telständische Unternehmen steigerten ihre Ei- die Niedrigzinsen in den kommenden Jahren als wesentliche Risiken, denen Banken im der- genkapitalquoten deutlich, was die Abhängigkeit zu einem erheblichen Rückgang der Zinserträ- zeitigen Umfeld ausgesetzt sind. Grund hierfür von Bankkrediten ebenfalls verringerte. ge führen werden. Dies liegt daran, dass höher ist, dass die Geschäftsmodelle vieler Banken verzinsliche Kreditverträge der Vergangenheit seit einigen Jahren unter erheblichen Anpas- Darüber hinaus stehen Banken vor dem Hinter- sukzessive auslaufen. Hinzu kommt, dass im sungsdruck geraten sind – dies gilt besonders grund der Digitalisierung zunehmend in Kon- Einlagengeschäft ein weiterer Zinsrückgang für Deutschland. kurrenz mit technologiebasierten, innovativen kaum noch möglich erscheint. Hierbei ist wich- Finanzunternehmen (FinTechs). Auch wenn das tig, dass die Fristentransformation der Kreditin- Vielfältige Ursachen traditionelle Hausbankprinzip in Deutschland stitute nicht über das Niveau ausgeweitet wird, Die Ursachen für diese Entwicklung sind vielfäl- nach wie vor eine wichtige Rolle spielt, müssen das mit einer angemessenen Berücksichtigung tig. In der Unternehmensfinanzierung ergaben Banken in Zukunft gerade im Technologiebereich von Zinsänderungsrisiken vereinbar ist. sich Veränderungen, die das Kreditgeschäft der erhebliche Anstrengungen aufwenden, um ihren Banken unmittelbar betreffen. So gewannen Kunden weiterhin attraktive Produkte zur Verfü- Geschäftsmodelle überdenken kapitalmarktorientierte Finanzierungslösungen gung zu stellen. Zudem stehen Banken vor der Viele Banken in Deutschland stehen vor der im Verhältnis zum Gesamtkreditvolumen immer Herausforderung, die mit den neuen Technologi- Notwendigkeit, ihre Geschäftsmodelle an diese mehr an Bedeutung. Beispielsweise gingen grö- en verbundenen operationellen Risiken verant- Entwicklungen anzupassen und vor allem rück- ßere Unternehmen dazu über, Teile ihres Finan- wortungsvoll zu managen. Weitere Bedrohungen läufige Erträge im Zinsgeschäft durch wirksame zierungsbedarfs über die Emission von Anleihen deuten sich bei den Zinserträgen an. Schon die Gegenmaßnahmen aufzufangen. Dabei kommen statt über Bankkredite zu decken. Zudem ver- vergangenen beiden Jahrzehnte waren durch ei- Kostensenkungen infrage, beispielsweise durch
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