IHK-JOURNAL - IHK Koblenz

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IHK-JOURNAL - IHK Koblenz
JANUAR 2017 | www.ihk-koblenz.de | Postfach 20 08 62, 56008 Koblenz

NACHRICHTEN DER INDUSTRIE- UND HANDELSKAMMER KOBLENZ

     IHK-JOURNAL
     DAS REGIONALE WIRTSCHAFTSMAGAZIN

     No 01

     Weltwirtschaft:                   Trendküche: Unerwartete        Knacki Deuser: Auf der
     Ein Stimmungsbild                 Geschmackskombinationen        guten Seite der Macht

        DER PREIS, DAS UNBEKANNTE WESEN
IHK-JOURNAL - IHK Koblenz
2             INHALT

                                                                             08                                                             13
                       FOTO: GÖRRES-DRUCKEREI UND VERLAG GMBH

                                                                                      FOTO: RENÉ RIIS
                           FLEXIBLE PREISE                                              TRENDKÜCHE

                                                                             15                                                             30

                                                                                      FOTO: GUIDO SCHRÖDER
                       FOTO: FOTOLIA

                          ROHSTOFFSICHERUNG                                             NACHGEFRAGT BEI ...

                      IHK INFORMIERT                                                 RUBRIKEN
                      Abschiedsinterview mit IHK-Präsident Sattler             04
                                                                                     Veranstaltungsvorschau                                       43
                      WIRTSCHAFT IN ZAHLEN
                      Was die Weltwirtschaft bewegt                            06    Genuss und Region, Impressum                                 42

                      TITELTHEMA                                                     Öffentliche Bekanntmachungen                            31 bis 41
                      Der Preis, das unbekannte Wesen                          08

                      WIRTSCHAFTSTREND                                               Titelfoto: Görres-Druckerei und Verlag GmbH
                      Trendküche:
                      Von Wissenschaft und Leidenschaft                        13

                      POLITIK AKTUELL
                      Hingehört: Planungssicherheit für Unternehmen:
                      Wie steht es um die Rohstoffsicherung in Rheinland-Pfalz? 15
                      Zur Sache: Rohstoffgewinnung                              16

                      WIRTSCHAFT IN DER REGION                           17 bis 28

                      RECHT UND STEUERN
                      Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige:
IHK-Journal 01/2017

                      Experten auf ihrem Gebiet                                29
                                                                                                             www.facebook.com/IHK.Koblenz
                      NACHGEFRAGT BEI ...
                      Knacki Deuser                                            30
                                                                                                             www.twitter.com/ihk_koblenz
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STANDPUNKT          3

                          NEUES JAHR,
                      NEUES IHK-EHRENAMT

                                         ZU JAHRESANFANG STEHT IN DER IHK EIN BEDEUTSAMER TERMIN AN:
                                         Am 20. Januar nehmen unsere neue IHK-Vollversammlung und das aus ihrer Mitte
                                         zu wählende IHK-Präsidium ihre Arbeit auf. Vor den 72 Unternehmerinnen und
                                         Unternehmern liegt eine spannende Zeit – fünf Jahre, in denen sie Ihre Interessen
                                         wahren und vertreten werden. So wie es natürlich auch die scheidende Vollver-
                                         sammlung getan hat. Allen, die sich in diesem höchsten Gremium der IHK, zum Teil
                                         sogar über Jahrzehnte, engagiert haben, ist dafür herzlich zu danken. Das möchte
                                         ich an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich tun.

                                         Die Mitglieder der IHK-Vollversammlung bringen ihren unternehmerischen Sach-
                                         verstand, ihre Arbeit und ihre Zeit unentgeltlich ein – immer im Dienste der regio-
                                         nalen Wirtschaft. Mit ihren Initiativen und Beschlüssen setzen sie sich dafür ein,
                                         dass die Unternehmen möglichst gute Rahmenbedingungen vorfinden.

                                         Mit unserer Vollversammlung im Rücken konnten und können wir vieles bewegen
                                         – ob in Politik, Verwaltung oder Öffentlichkeit. Die gewählten Unternehmensver-
 Arne Rössel ist Hauptgeschäftsführer
                                         treter sind es, die die inhaltliche Ausrichtung und den politischen Kurs der
der Industrie- und Handelskammer (IHK)   IHK-Arbeit bestimmen. Dieser ehrenamtliche Einsatz für das Gesamtinteresse der
                Koblenz.                 Wirtschaft ist nicht selbstverständlich.

                                         Dabei ist es doch so: Die IHK Koblenz ist Ihrer aller IHK! Sie ist das Instrument, mit
                                         dem die regionale Wirtschaft eigenverantwortlich ihre gemeinsamen Anliegen
                                         voranbringt. Frei vom Staat, mit dem Privileg der eigenen Finanzierungshoheit.

                                         In der IHK geht es um das „Wir“ in Wirtschaft – und die Wirtschaft selbst ist es, die
                                         die Leitlinien der IHK-Arbeit bestimmt. Ob in der Vollversammlung oder in den
                                         zahlreichen anderen ehrenamtlich aktiven Gremien. Ich bin gespannt, welche
                                         Schwerpunkte in den kommenden Jahren gesetzt werden.

                                         Ich wünsche der neuen IHK-Vollversammlung viel Erfolg bei ihrer Arbeit. Und Ihnen
                                         allen wünsche ich natürlich alles Gute und persönliches Wohlergehen für das neue
                                         Jahr.
IHK-JOURNAL - IHK Koblenz
4   IHK INFORMIERT

    In eigener Sache

    „Die Erfolge, die immer wieder kamen, waren meine Motivation“
    Elf Jahre lang stand Manfred Sattler an der Spitze des IHK-Ehrenamts. Am 20. Januar
    übergibt er sein Amt an einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin. Im Interview mit ihm
    haben wir auf die vergangenen Jahre zurückgeschaut und über seinen Antrieb, seine
    Erfolge und die prägenden Themen seiner Amtszeit gesprochen.

    Herr Sattler, Sie beenden im Januar Ihre elfjährige                  reicher Tag. Ich denke, die Erfolge, die immer wieder kamen,
    Amtszeit als IHK-Präsident. Worauf sind Sie besonders                waren meine Motivation. Dazu gehört etwa die Regionalisie-
    stolz, wenn Sie zurückschauen?                                       rung, die bereits vor meinem Amtsantritt begonnen hat und
                                                                         die wir konsequent fortgeführt haben. Es war mein persön-
    Besonders stolz bin ich darauf, dass sich in dieser Zeit die IHK     licher Wunsch, so als IHK näher bei den Unternehmen zu
    Koblenz und ganz allgemein die IHK-Landschaft ein gutes Stück        sein. Ein anderes Beispiel ist der Bereich Bildung: Im Jahr vor
    „zurechtgerückt“ hat. Nach der Wahlwiederholung, der Neu-            meiner Präsidentschaft wurde das Thema Schulpatenschaf-
    besetzung der Position des Hauptgeschäftsführers und einer           ten auf den Weg gebracht – eigentlich nur als einmalige
    inhaltlichen Neuausrichtung der Geschäftsbereiche sind wir           Aktion. Ich habe die Schulpatenschaften dann konsequent
    heute ganz anders aufgestellt als früher. Natürlich gibt es immer    weiter auf aktuell 425 ausgedehnt. Zugleich haben wir die
    Verbesserungsbedarf – aber es gibt auch immer neue Aufga-            Zusammenarbeit mit Hochschulen und Universitäten ausge-
    ben. Und um die zu meistern, haben wir in den vergangenen            baut. Daraus resultieren heute zwei Lehrstühle, die die IHK
    Jahren das Ehrenamt viel stärker in die strategische, aber auch      mitfinanziert: der Lehrstuhl für kleine und mittlere Unterneh-
    in die tägliche IHK-Arbeit eingebunden. Das war ein ganz per-        men an der WHU und die Stiftungsprofessur im Bereich
    sönliches Ziel von mir. Dabei geht es mir darum, die Menschen,       Dienstleistungsmanagement für das duale Studium an der
    die ihre Zeit investieren, spüren zu lassen, dass sie mitgestalten   Hochschule Koblenz. Dass wir in diesem wichtigen Bereich
    können. Ein Beispiel: Haushaltsentscheidungen werden dem             so viel vorangebracht haben, freut mich sehr.
    Ehrenamt heute verständlich aufbereitet vorgelegt und mit dem
    Know-how der ehrenamtlich Tätigen ausgearbeitet.                     Ein kurzer Blick zurück: Aus welchen Gründen haben
                                                                         Sie 2006 entschieden, sich als Präsident zur Ver-
    Elf Jahre sind eine beträchtliche Zeitspanne. Was hat Sie            fügung zu stellen?
    motiviert, sich so lange für die Industrie- und Handels-
    kammer zu engagieren?                                                Ich war immer jemand, der für öffentliche Arbeiten im Wirt-
                                                                         schaftsbereich zur Verfügung stand. Auch vor meiner Zeit als
    In den vergangenen elf Jahren gab es immer wieder sehr schöne        IHK-Präsident war ich schon in verschiedenen Funktionen
    Zeiten. Letztendlich war jeder Tag ein schöner, ein ereignis-        tätig. Ursprünglich war ich gar nicht als Präsidentschaftskan-
                                                                         didat vorgesehen. Als ein Kandidat dann jedoch kurzfristig
                                                                         ausfiel und man mich gefragt hat, habe ich nach einigem
                                                                         Überlegen zugestimmt. Ich war zu diesem Zeitpunkt Mitglied
                                                                         der Vollversammlung und auch schon im Präsidium tätig. In
                                                                         meinen anderthalb Jahren als Vizepräsident hatte ich
                                                                         gespürt, dass ich dort meinen Beitrag leisten konnte und
                                                                         dass mir die Mitarbeit Spaß machte. Zugleich habe ich
                                                                         gemerkt: Es gilt, eine ganze Menge zu bewegen und mit Mut
                                                                         auch kontroverse Themen anzusprechen. Und ich bin nun
                                                                         mal keiner, der vor der Verantwortung wegläuft.

                                                                         Wie fällt Ihr Resümee mit Blick auf die IHK-Erfolge
                                                                         bei der Beratung der Politik aus?

                                                                         Eine unserer großen Aufgaben besteht darin, wieder mehr
                                                                         mit der Politik in Kontakt zu kommen und auch gemeinsam
                                                                         mit der Politik Entscheidungen zu treffen oder Themen auf
                                                                         den Weg zu bringen. In den letzten Jahren sind unsere Wün-
                                                                         sche und Forderungen allerdings nicht nur nicht erfüllt wor-
                                                                         den – teilweise sind sie noch nicht einmal aufgenommen
                                                                         worden. Wir haben in Rheinland-Pfalz oft die Situation, dass
                                                                         die Politik ihre eigenen Ziele umsetzt und dabei relativ wenig
                                                                         nach links und rechts schaut. Das ist eine Erkenntnis, die wir
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IHK INFORMIERT          5

 FOTOS: SASCHA DITSCHER

akzeptieren müssen, die aber nicht zufriedenstellend ist. Für       Funklöcher“. Es ist heute von größter Bedeutung, die richtige
die langfristige Sicherheit der Wirtschaft ist es notwendig,        technologische Basis zu haben, damit wir im internationalen
gemeinsam mit der Politik Lösungen zu erarbeiten. Auch in           Wettbewerb mithalten können. Die Priorität des Themas Breit-
wichtigen Bereichen ist der Rat der IHK bislang nicht immer         band wird auf politischer Ebene zwar hoch eingeschätzt, die
gehört worden.                                                      Fortschritte kommen jedoch zu langsam – gerade für
                                                                    Gewerbegebiete.
Welche Bereiche stehen dabei für Sie an vorderster Stelle?
                                                                    Wie sehen Sie das Engagement Ihrer Unternehmer-
Zu den wichtigsten Themen gehört beispielsweise die Infra-          kollegen für die Region?
struktur. In diesen Bereich fällt auch die Mittelrheinbrücke: Die
Brücke war schon vor meiner Zeit Thema. Eine meiner ersten          Ich denke, es ist unsere Aufgabe, immer wieder darauf hinzu-
Amtshandlungen war es, noch anschaulicher für die Mittel-           weisen, dass die IHK alleine nichts ausrichten kann, wenn sie
rheinbrücke zu kämpfen. Wir haben damals Muster produzie-           nicht die Unterstützung auch ihrer Mitglieder hat. Wir haben
ren lassen und eine Ausschreibung gemacht – das ist zehn            mehr als 3.000 ehrenamtlich Tätige und darauf bin ich stolz.
Jahre her, in denen letztlich außer größtenteils unnötigen          Und die Unternehmer müssen ihr Recht zur Mitbestimmung
Diskussionen nichts passiert ist. Mit der Brücke verbunden ist      nutzen, etwa bei der IHK-Wahl, bei der die Beteiligung diesmal
das Thema Mittelrheintal, das in den letzten Jahrzehnten            leider sehr niedrig war. Wir als IHK hingegen müssen noch prä-
sträflich vernachlässigt wurde. Man hat in Kauf genommen,           senter werden und auch darüber informieren, was wir nicht
dass ein großer Teil der Bevölkerung und auch der Unterneh-         unbedingt vor Ort leisten. Es gibt beispielsweise kein Gesetz,
men abgewandert ist.                                                keine Abgabenverordnung, zu der die IHK nicht Stellung nimmt
Damit verknüpft ist auch das Stichwort Bahnlärm: Man kann           und bei der sie nicht für die bestmögliche Lösung im Sinne ihrer
diesen Lärm einem Tal nicht zumuten. Nicht den Gästen – denn        Mitglieder kämpft. Das ist viel zu wenig bekannt.
es sollen ja Touristen kommen – und auch nicht den Firmen,
die dadurch gestört werden. Dass hier nicht schon vor zwanzig       Sie haben sich für die IHK ehrenamtlich stark engagiert.
Jahren begonnen wurde, eine Alternativlösung zu finden, ist         Wie werden Sie die neu gewonnene Freizeit nutzen?
unbegreiflich.
Ein weiteres Stichwort: Breitband. Hier laufen wir der Welt         Die ist schon mehr als vergeben (lacht). Vor zwei Jahren bin ich
weit, weit hinterher. Die 50 Mbit bis 2018, von denen immer         aus meinen Unternehmen ausgestiegen und in den vergange-
gesprochen wird, sind mittelfristig schon nicht mehr ausrei-        nen Jahren wurden schon viele Aufgaben an mich herangetra-
chend. Wir benötigen eine deutlich höhere Leistung – so, wie        gen, für die ich mehr Zeit nehmen möchte. Auch die Aufgaben,
es in Entwicklungsländern teils schon gang und gäbe ist. Das        die ich heute habe – ob das der Bürgermeister ist oder der
ist ein Versäumnis der Politik. Trotzdem muss sich die Wirt-        Vereinsvorsitzende – kann ich leicht noch ausbauen. Aber ich
schaft anhören, dass dafür kein Geld da ist. Vor Kurzem habe        werde auch versuchen, 50 Prozent der Zeit nicht neu zu
ich einen tollen Spruch gehört: „Lieber Schlaglöcher als            vergeben. Und das wäre dann fast ein Tag pro Woche.
IHK-JOURNAL - IHK Koblenz
6           WIRTSCHAFT IN ZAHLEN

                               Was die Weltwirtschaft bewegt
             Für den „AHK World Business Outlook“ erfassen die Deut- wichtigsten Zielmärkte unserer Unternehmen – und spie-
             schen Auslandshandelskammern (AHKs) die Stimmung geln neben wirtschaftlichen auch immer die politischen
             und Erwartungen der deutschen Unternehmen in aller Entwicklungen vor Ort wider. Wir zeigen einen kleinen
             Welt. Die Rückmeldungen der Wirtschaft geben einen Ausschnitt der Ergebnisse.                    Quelle: DIHK
             Einblick in den Zustand und die Perspektiven der

                                                                                                                                                        –20 %
                                                                                                                                                    Abwertung des Pfundes
                                                                                                                                                       seit dem Brexit

                                                                                                                                    Vereinigtes
                                                                                                                                   Königreich
                                                                                                                                      Nach der „Brexit“-Ent-
                                                                                                                              scheidung im Vereinigten König-

                                                     +64*
                                                                                                                             reich sind die Auswirkungen auf
                                                                                                                          die Wirtschaft im Land und auf
                                                                                                             die Handelsbeziehungen mit anderen Ländern
                                                Beurteilung der aktuellen
                                                                                                    der EU gegenwärtig noch überschaubar. Ein Wegfall
                                                Geschäftslage in den USA
                                                                                               der Vorteile des Binnenmarktes sowie zusätzliche Han-
                                                                                           delsbarrieren und Bürokratielasten würden perspekti-
                                                                                          visch aber zu einem Rückgang des Handels und der
                                                                                          Investitionen auf der Britischen Insel führen. Ohnehin

                                                                                                                                                           –17*
                                                                                           hat das britische Pfund seit dem Brexit-Votum bereits
                                                                                                  massiv abgewertet. Dementsprechend erwar-
                                                                                                           ten deutsche Unternehmen weniger
                                                                                                                    Exporte in das Vereinigte
                                                                                                                                                              mittelfristige
                                                                                                                                                         Konjunkturerwartungen
               USA                                                                                                    Königreich.
                                                                                                                                                          für Afrika, Nah-
                Die US-amerikanische Wirtschaft wächst                                                                                                     und Mittelost
            vergleichsweise stabil. Treibende Kraft ist der priva-
    te Konsum. Auch die Geschäftserwartungen sind positiv. Etwa
                                                                                                                  Nordafrika
    die Hälfte der deutschen Unternehmen, die auf dem amerikani-
    schen Markt agieren, erwartet insgesamt eine gleichbleibende kon-
    junkturelle Entwicklung, 36 Prozent sogar ein höheres Wachstum.
                                                                                         46 %
                                                                                 Anteil der Unternehmen,
                                                                                                                            In Nordafrika sind die Erwar-
                                                                                                                                tungen an die Konjunktur verhalten. In
    Ein Grund dafür ist die auch perspektivisch gute Beschäftigungs-             die in Kolumbien höhere                           Tunesien überwiegt der Anteil der Unter-
    entwicklung. Jedoch stagnieren die Investitionen im Industriesektor            Investitionen planen                             nehmen, die von einer negativen wirt-
    der USA weiterhin. Auch die Unsicherheit über die wirtschaftspoliti-                                                            schaftlichen Entwicklung ausgehen,
    schen Rahmenbedingungen nach der Präsidentschaftswahl bremst.                                                                   gegenüber den Optimisten. Lediglich
    Hier sieht ein gutes Drittel ein Geschäftsrisiko.                                                                              ein Drittel bezeichnet die eigene Lage
                                                                                                                                als gut. Auch in Algerien erwarten die
                                                                                                                                Unternehmen keinen stärkeren wirtschaft-
                                                                                                                                lichen Aufschwung im Land (Saldo: minus
    Südamerika                                                                                                                 25 Punkte), mehr als die Hälfte der deut-
                                                                                                                              schen Unternehmen erwartet aber zumin-
    Derzeit ist die Lage der Unternehmen in Südamerika vor allem aufgrund der
                                                                                                                         dest eine deutlich bessere Entwicklung ihrer
    Rezession in Brasilien nur wenig zufriedenstellend. Die steigende Arbeitslosigkeit
                                                                                                                      Geschäfte. Insgesamt haben die Länder in Nordafri-
    führt zu einem höheren Staatsdefizit. Die neue Regierung will mit Privatisierun-
                                                                                                                    ka weiterhin mit politischen Krisen zu kämpfen, die die
    gen die Märkte wieder stärken. Zwar nehmen die ausländischen Investitionen
                                                                                                                   Wirtschaft und dabei vor allem den Tourismus belasten.
    wieder etwas zu, diese reichen jedoch noch nicht aus, um das Land mittelfristig
    wieder auf einen positiven Wachstumspfad zu bringen. Zumindest entwickeln sich
    einige Nachbarländer wieder positiv. In Argentinien geht ein Großteil der deut-
    schen Unternehmen vor Ort von einer steigenden konjunkturellen Dynamik aus.
    Und auch in Kolumbien und Peru rechnet die deutsche Wirtschaft mittelfristig mit
    einer besseren Entwicklung der Wirtschaft.
IHK-JOURNAL - IHK Koblenz
WIRTSCHAFT IN ZAHLEN                                 7

                Euro-Zone                                                                             Russland
                In der Eurozone sinken die Erwartungen der Unternehmen an eine Ver-                   Die Sanktionen der USA und der EU gegenüber Russland sowie
      besserung der konjunkturellen Lage leicht. Stützende Effekte durch den sinken-       Gegensanktionen machen der Wirtschaft nach wie vor zu schaffen. Immerhin hat
      den Wechselkurs sind ausgelaufen. Auch das Konjunkturdoping durch den schwa-         die Stabilisierung der Öl- und Rohstoffpreise dazu beigetragen, dass die russi-
      chen Ölpreis verliert an Wirkung. Besser als zuletzt sind die Aussichten für die     sche Wirtschaft deutlich langsamer schrumpft. Nur 29 Prozent der AHK-Mitglie-
      EU-Länder in Mittel- und Osteuropa. So regen etwa in Polen und Tschechien stei-      der bewerten ihre Lage als gut – 56 Prozent geben die derzeitige Lage als befriedi-
      gende Beschäftigung und Löhne die Konsumlust an. Insgesamt dürfte die kon-           gend an. Mehr als die Hälfte erwartet aber zumindest Verbesserungen für das
      junkturelle Dynamik in ganz Europa jedoch etwas abnehmen, in Mittel-und Ost-         eigene Geschäft. Immerhin gehen auch mehr in Russland tätige deutsche Unter-
      europa freilich ausgehend von einem höheren Level.                                   nehmen als zuletzt davon aus, dass die Talsohle allmählich durchschritten ist, die
                                                                                           Erwartungen an die konjunkturelle Entwicklung bleiben aber skeptisch.

      +11*
 mittelfristige Konjunktur-                                 +5*
erwartung für die Euro-Zone                          mittelfristige Konjunktur-
                                                      erwartung für Russland

                                                                                                                                                      China
                                                                                                                                                        Das Wachstum in China
                                                                                                                                                    tragen derzeit vor allem
                                                                                                                                           staatliche Investitionen. Ob damit
                                                                                                                                         allerdings der notwendige Abbau von

                                                                                29 %
                                                                                                                                        Überkapazitäten vorangetrieben wird,
                                                                                                                                         bleibt fraglich. Vielmehr unterstreicht

          77 %
                                                                                                                                         das die wachsende Abhängigkeit ins-
                                                                      Anteil der Unternehmen, die in
                                                                                                                                        besondere strategisch wichtiger Indus-
                                                                     China höhere Investitionen planen
                                                                                                                                     trien von der chinesischen Wirtschafts-
    Anteil der Unternehmen,                                                                                                    politik. Kurzfristig sorgen die massiven Stüt-
welche die wirtschaftspolitischen
                                                                                                                             zungsmaßnahmen der Regierung für stabile und
   Rahmenbedingungen in der
                                                                                                                           im internationalen Vergleich nach wie vor relativ
     Türkei als Risiko sehen
                                                                                                                         hohe Wachstumsraten. Das Risiko eines Einbruchs
                                                                                                                           der chinesischen Wirtschaft ist dennoch weiterhin
                                                                                                                             nicht gebannt. Die Stimmung der deutschen
                                                                                                                              Unternehmen verbessert sich gegenüber dem
                                                                                                                               Frühjahr aber wieder etwas. So steigt die Lage-
                                                   Iran                                                                         einschätzung der Unternehmen per saldo von
                                                                                                                                 plus 27 auf 33 Punkte.
                                                     Die teilweisen Aufhebungen der
                                        Sanktionen gegen den Iran haben zu einem
                                     enormen Anstieg an Unternehmensanfragen
                                 rund um den iranischen Markt und Delegationsreisen
                               geführt. Besonders die breit aufgestellte Wirtschaftsstruk-
                                        tur, die traditionell guten Beziehungen zu Deutsch-
                                         land und die Modernisierungsbestrebungen in diver-
                                          sen Sektoren tragen zum großen Interesse der Unterneh-
                                          men bei. Noch besteht aber Zurückhaltung bei den Unternehmen, vor
                                         allem im Hinblick auf die weiterhin teilweise bestehenden
                                        US-Sanktionen, staatliche Interventionen und der politischen
                                       Instabilität der Region insgesamt.

                         Türkei
                         Die politische Entwicklung und die schwierige Sicherheitslage in der Türkei
        sorgen für Verunsicherung bei Investoren und Handelspartnern. Dies ist gerade aufgrund der hohen Ab-
      hängigkeit der Wirtschaft von ausländischen Kapitalzuflüssen und Importen problematisch. Die Investitionen
      stagnieren. Der Anteil der AHK-Unternehmen, die mit einer schlechteren Entwicklung der Wirtschaft rechnen,
      überwiegt mittlerweile deutlich gegenüber denen, die davon ausgehen, dass sich die Konjunktur aufhellt. Das
      bedeutet, dass sich das Wachstumstempo der türkischen Wirtschaft merklich drosseln dürfte.

                                                                                                                                                    * Saldo in Punkten
IHK-JOURNAL - IHK Koblenz
8             TITELTHEMA

                                         DER PREIS,
                                   DAS UNBEKANNTE WESEN
                                                                     Autor: Lothar Schmitz
                                                           Fotos: Görres-Druckerei und Verlag GmbH

                                   Was kostet ein Liter Benzin? Kommt darauf an, ob man mittwochvormittags oder
                                    freitagnachmittags tankt. Was kostet eine Küche im Möbelhaus? Das hängt vom
                             Verhandlungsgeschick des Käufers ab. Ein Produkt – ein Preis: Das gilt schon lange nicht mehr.
                                 Auch in Deutschland sind die Preise dynamisch geworden. Das IHK-Journal erklärt, wie
                              Preise zustande kommen und wie Firmen den richtigen Preis für ihre Dienstleistung oder ihr
IHK-Journal 01/2017

                                                                 Produkt bestimmen.
IHK-JOURNAL - IHK Koblenz
TITELTHEMA        9

                                                                    zweiten Betrieb reichen die geplanten Preiserhöhungen nicht,
                                                                    um die erwarteten Kostensteigerungen zu kompensieren.

                                                                    Opfer und Nutzen
                                                                    Was ist der Preis eigentlich – außer Gewinntreiber, Druckmit-
                                                                    tel und Auslöser von Bedrohungsszenarien? „Der Preis ist das
                                                                    Opfer, das der Kunde erbringen muss, um den Nutzen eines
                                                                    Produktes oder einer Dienstleistung in Anspruch nehmen zu
                                                                    können“, sagt Professor Dr. Andreas Mengen, der sich am
                                                                    Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Hochschule
                                                                    Koblenz unter anderem mit Pricing, also der Preisgestaltung,
                                                                    befasst. „Wer Menschen dazu bringen möchte, sein Produkt
                                                                    zu kaufen, muss also dafür sorgen, dass der Nutzen größer ist
                                                                    als das Opfer“, erklärt Mengen die vereinfachte Theorie der
                                                                    Kaufentscheidung.
                                                                    Aus Unternehmenssicht ist der Preis nach klassischer Auffas-
                                                                    sung nichts anderes als die Summe aus Kosten und Gewinn.
                                                                    Wer den Preis aber zu eng an den Kosten orientiert, der ver-
                                                                    zichtet möglicherweise auf erhebliches Gewinnpotenzial. „Ein
                                                                    typischer Fehler ist die Preisgestaltung allein mit Blick auf die
              Doch, es gibt ihn noch, den festen Preis für ein      Kostenseite“, betont Dr. Andreas von der Gathen, Executive
              Produkt. „Meine geniale Freundin“ zum Beispiel,       Vice President der Bonner Preisberatung Simon-Kucher &
              der hochgelobte Roman der italienischen               Partners, im Interview mit dem IHK-Journal (siehe Seite 11).
              Schriftstellerin Elena Ferrante, kostet 22 Euro.      Laut „CNN Money“ liegen die Herstellungskosten für ein
              Im kleinen Buchladen um die Ecke, bei Thalia,         iPhone 7 bei rund 260 Euro. Die Verkaufspreise hingegen
              sogar bei Amazon. Auch Peter Wohllebens „Das          beginnen bei zirka 750 Euro. Was für eine Gewinnspanne!
geheime Leben der Bäume“, „Dierckes Weltatlas“ und all die          „Wer alles ausschöpfen will, muss sich von den Kosten lösen“,
vielen anderen in Deutschland verlegten Bücher haben überall        erläutert Mengen das Prinzip dahinter, „der muss eine Marke
den gleichen Preis. Allerdings hat hier nicht etwa die Markt-       aufbauen und sie begehrlich gestalten und einen möglichst
wirtschaft versagt, sondern ihre Kräfte werden per Gesetz           einzigartigen Kundennutzen erzeugen.“ Wobei der nicht nur
eingehegt: In Deutschland gilt die Buchpreisbindung.                im Konkreten liegt. Nutzen hat eben auch viel mit Wertigkeit,
Auf so ziemlich allen anderen Märkten dagegen kann der Preis        Gefühl, Psychologie zu tun.
seine volle Wirkung entfalten. „Der Preis ist das zentrale          Das gelingt offenbar nicht nur Apple. Sieht man sich beispiels-
Scharnier der Ökonomie. Um ihn dreht sich alles“, schreibt                 weise die Verkaufspreise von Pkws an oder die Auf-
Prof. Dr. Hermann Simon, von vielen Medien als „Deutsch-                      preislisten für Zubehör, fällt auf, dass man für Nebel-
lands Preispapst“ tituliert, in seinem Buch „Preisheiten – Alles,              scheinwerfer, Sitzheizungen oder bestimmte
was Sie über Preise wissen müssen“. Der Preis sei der stärkste                 Metallic-Lackierungen äußerst unterschiedliche
Gewinntreiber, und im Wettbewerb sei er die am häufigsten                      Preise bezahlen kann, je nachdem ob man sich für
eingesetzte und wirksamste Angriffswaffe. „Preiskriege bil-                    einen Hyundai, einen Opel oder einen BMW interes-
den in vielen Märkten die Regel und nicht die Ausnahme“,                              siert. Technik und Qualität liegen mitunter
beobachtet der Gründer des Bonner Preisberatungs-                                        sehr nahe beieinander – nicht aber die
unternehmens Simon-Kucher & Partners. Als Beispiel                                          Begehrlichkeit der Marken.
nennt er den Bierumsatz im Einzelhandel, von dem im                                           „Deshalb gilt“, sagt der Koblenzer
Jahr 2012 in Deutschland 70 Prozent auf Sonder-                                                 Wissenschaftler: „Wir können nie
angebote entfielen. Der reguläre Preis wird zur                                                  allein über den Preis reden, es
Ausnahme.                                                                                        geht immer auch um den
Das hat Konsequenzen. 82 Prozent aller Unterneh-                                                  Nutzen, das hängt
men klagen über zunehmenden Preisdruck, haben                                                      untrennbar
die Experten von Simon-Kucher & Partners in ihrer                                                  zusam-
„Global Pricing Study 2016“ ermittelt. Wichtigste                                                   men.“
Ursachen: stärkerer Wettbewerb mit Niedrigpreis-
anbietern, größere Verhandlungsmacht der Kunden,
höhere Preis-Transparenz aufgrund der zunehmenden
Digitalisierung.
Auch dies ist der Studie, die auf einer Befragung von
rund 2.000 Entscheidern aus über 40 Ländern und
allen wichtigen Branchen fußt, zu entnehmen: Drei von
zehn Unternehmen schaffen es nicht, geplante Preis-
erhöhungen am Markt durchzusetzen. Und bei jedem
IHK-JOURNAL - IHK Koblenz
10                 TITELTHEMA

                      Dies gelte im Übrigen auch im B2B-Bereich, also im
                      Geschäftsprozess zwischen Unternehmen. Auch dort
                      bestimmen nicht nur harte Fakten den Preis. Ist mein Lie-
                      ferant etabliert, genießt er einen guten Ruf und
                      erweist sich als zuverlässig, mehrt diese
                      Erfahrung gewissermaßen den Nutzen. Man
                      ist also bereit, mehr zu bezahlen.

                      Wichtig:
                      Informationen über die Kunden
                      Prof. Dr. Martin Fassnacht, Inhaber des
                      Lehrstuhls für Marketing und Handel an der
                      WHU – Otto Beisheim School of Manage-
                      ment in Vallendar, spricht in diesem Zusam-
                      menhang von der schönen und der häss-                                             wirkungen auf die Preisgestaltung der Firmen.
                      lichen Seite des Marketings. Die schöne                                           So nimmt die Preistransparenz zu. Die Kun-
                      Seite – das sind nach Ansicht des Wissen-                                         den haben viel bessere Vergleichsmöglich-
                      schaftlers Produkt, Platzierung (Vertrieb)                                        keiten als je zuvor, entsprechende Portale
                      und Promotion (Kommunikation), die drei P                                         gibt es inzwischen für jedes nur erdenkliche
                      also, die dazu beitragen, den Nutzen eines                                        Produkt, von der Urlaubsreise bis zu Spiel-
                      Produkts oder einer Dienstleistung zu kre-                                        zeug.
                      ieren. Die „ugly side of Marketing“ ist der                                       Gleichzeitig stärkt das Internet die Preisdyna-
                      Preis, bei dem es darum geht, den aus Kun-                                        mik. „Sie können dank des Internets viel
                      densicht geschaffenen Nutzen gewinnbrin-                                          schneller als bisher Ihre Preise ändern und
                      gend abzuschöpfen.                                                                das auch schnell kommunizieren“, weiß Sebas-
                      Nun haben die allermeisten Firmen hierzulande kein iPhone        tian Deppe, Mitglied der Geschäftsleitung der BBE Handels-
                      zu bieten, sondern Baustoffe und Maschinenteile, Bürobedarf      beratung GmbH mit Sitz in München und Büros in Köln und
                      und Marmelade, Pflegedienstleistungen und Gebäudereini-          Hamburg. Aller vermeintlichen Transparenz zum Trotz bieten
                      gung. Produkte und Dienstleistungen also, bei denen es nicht     sich hier nicht nur für Onlinehändler eine Reihe von Variati-
                      ganz so einfach ist, Begehrlichkeiten zu wecken. Wie kommen      onsmöglichkeiten – „die viele noch gar nicht nutzen“, wie
                      die zu angemessenen Preisen für ihr Angebot?                     Deppe beobachtet, „weil sie oft noch in alten Preisentschei-
                      „In kleinen und mittleren Betrieben sollte Preismanagement       dungsschemata festhängen.“
                      Chefsache sein und aus vier Phasen bestehen“, empfiehlt          Er stellt immer wieder fest, dass gerade viele kleine und mitt-
                      Fassnacht. Phase 1: Strategie. Hier gilt es grundsätzlich zu     lere Unternehmen nur eine einzige Preisstrategie verfolgen
                      überlegen, was man zu bieten hat und in welchem Preisseg-        und zu wenig variieren. „Klar ist aber auch“, betont Deppe:
                      ment – Niedrig-, Mittel- oder Premiumpreis-Position – man        „Um flexibel zu agieren und schnell zu reagieren, braucht man
                      sich prinzipiell verorten möchte. Phase 2: die Analyse. Und      viele grundlegende und aktuelle Informationen sowie entspre-
                      zwar nach innen wie außen. Es geht nicht nur um eine exakte      chende Kapazitäten.“ Andreas Mengen empfiehlt, Kunden
                      Kostenkalkulation, sondern auch um detaillierte Informati-       beispielsweise übers Internet zu befragen und – bei Online-
                      onen über Wettbewerber und Kunden.                               shops ohne viel Aufwand möglich – den Absatz permanent
                      Erst dann, in Phase 3, erfolgt die Preisentscheidung. Jetzt      nachzuverfolgen. „Da werden alle wichtigen Daten gleich
                      werden die Preise festgelegt – und idealerweise differenziert.   mitgeliefert“, unterstreicht Mengen, „das ist quasi Marktfor-
                      Ein Produkt zu einem festen Preis – das war gestern. Heute       schung im Vorübergehen.“
                      kommt es darauf an, den Preis an die jeweilige Marktsituation    Man kann aber auch versuchen, sich der einseitigen Dominanz
                      und an verschiedene Kundengruppen flexibel anzupassen. In        des Preises und der grassierenden Rabattmentalität zu ent-
                      der vierten Phase – der Implementierung – geht es deshalb um     ziehen. Im Handel beobachtet Deppe mehrere Strategien, um
                      die interne und externe Durchsetzung der festgelegten Prei-      der Preisspirale zu entkommen. Eine lautet: Exklusivität. Über
                      se. „Doch um mit dem Preis spielen zu können“, betont der        Eigenmarken entzieht man sich der direkten Vergleichbarkeit.
                      Marketingexperte, „muss man eben genau seine Kosten, das         Wem es gelingt, für sein Produkt oder seine Dienstleistung
                      Marktumfeld und die Wünsche und Absichten der Kunden             Vertrauen zu schaffen, hat ebenfalls gute Karten. Das erhöht
                      kennen – egal ob bei Konsum- oder Investitionsgütern.“           beispielsweise die Chancen, bei älteren Zielgruppen zu
                                                                                       punkten.
                      Digitalisierung beeinflusst Preisgestaltung                      Auch die Mehrwertstrategie kann aufgehen: „Wenn es Ihnen
IHK-Journal 01/2017

                      Dabei gibt es erhebliche Einflussfaktoren. Erstens haben         gelingt“, betont der Handels- und Preisexperte, „nicht bloß
                      Rabatt- und Sonderaktionen – Stichwort „Cyber Monday“ –          einen Stuhl zu verkaufen, sondern eine innenarchitektonische
                      erheblich zugenommen. „Wir leben stärker denn je in einer        Beratung, die mich als Kunden davon überzeugt, mit dem
                      Rabattgesellschaft“, konstatiert Fassnacht. Dem können sich      Stuhl keine Sitzgelegenheit, sondern ein wichtiges Gestal-
                      viele Betriebe nicht entziehen. Zweitens hat die Digitalisie-    tungselement meiner Wohnung zu kaufen, dann müssen Sie
                      rung von Wirtschaft und Gesellschaft erhebliche Aus-             nicht beim ‚Cyber Monday‘ mitmachen.“
TITELTHEMA        11

     „AM ANFANG STEHT DIE FRAGE:
     WAS BIETE ICH ÜBERHAUPT AN?“
Das Strategieberatungsunternehmen Simon-Kucher & Partners mit Hauptsitz in Bonn
und 930 Beschäftigten in 33 Büros weltweit gilt als führend in der Preisberatung. Unser
Autor sprach in Bonn mit Executive Vice President Dr. Andreas von der Gathen über zu
hohe und zu niedrige Preise, die Zahlungsbereitschaft der Kunden und die Frage, wie
man eigentlich den Preis fürs selbe Produkt erhöht.

Herr Dr. von der Gathen, ob online oder im stationären
Handel, ob Möbel oder Mode: Man könnte meinen, im
Handel – und in den Köpfen der Konsumenten – dreht
sich alles nur um Preise. Also: Ist der Preis alles?

Es dreht sich nicht alles um Preise. Aber der Preis ist letztlich
der Gegenwert, den man für alles andere bezahlt. Insofern
spielt er eine sehr wichtige Rolle. Aber: Man wird nur selten nur
wegen des Preises etwas kaufen. Zuallererst muss der Nutzen
da sein, sei es bei einem Produkt oder bei einer Dienstleistung.
Wer von dem Nutzen nicht überzeugt ist, wird selbst bei
günstigem Preis nicht zuschlagen. Will man jedoch kaufen und
hat die Auswahl, dann wird der Preis sehr schnell sehr
bedeutend.

Was macht den Preis als Auswahlkriterium denn so
bedeutsam?
                                                                                                  Dr. Andreas von der Gathen

Nun, der Preis ist ja das, was ich abgeben muss, um dafür etwas
zu bekommen. Was mir gehört, was ich abgeben muss – also            erworben werden. Wenn ich einen Würstchenstand habe und
das Geld – kenne ich gut. Ich kann einordnen, was der jeweilige     damit auch auf Weihnachtsmärkte gehe, kann ich dort natürlich
Preis, gemessen an meinem Einkommen oder an Preisen für             mehr für meine Bratwurst nehmen.
vergleichbare Produkte, bedeutet. Die meisten Menschen
haben dafür ein ganz gutes Gefühl. Bei dem Gegenüber – also         Wie sieht das im B2B-Bereich aus, also im Geschäfts-
dem Produkt oder der Dienstleistung – weiß man’s nicht so           verkehr zwischen Firmen?
genau. Da bleibt immer eine Unsicherheit. Deshalb streben
viele Kunden nach einem niedrigeren Preis.                          Wenn ich an Unternehmen verkaufe, wo jemand nicht für sich
                                                                    persönlich eine Kaufentscheidung trifft, sondern als Einkäufer,
So viel zur Sicht der Konsumenten. Was bedeutet das                 dann geschieht das häufiger nach formalisierten, rationalisier-
bisher Gesagte denn für Unternehmen, die für ihre Pro-              ten Abläufen. Der professionelle Einkäufer ist weniger stim-
dukte und Dienstleistungen Preise festlegen und er-                 mungsabhängig. Das reduziert wiederum meine Optionen, da
zielen müssen?                                                      kann ich weniger mit dem Preis spielen. Geht es beispielsweise
                                                                    um ein teures Investitionsgut, dann liegt der Einkaufsentschei-
Am Anfang steht die Frage: Was biete ich überhaupt an? Wie          dung eine detaillierte Kalkulation zugrunde, inklusive Vergleich
stark hebe ich mich mit meinem Produkt von anderen ab? Pro-         dreier Anbieter.
duziere ich etwas, das im Überfluss vorhanden ist, dann besteht
ein ganz anderer Preisdruck, als wenn ich ein begehrtes Luxus-      Nehmen wir einen durchschnittlichen Mittelständler
produkt, etwa ein hochwertiges Smartphone herstelle, bei dem        mit einem durchschnittlichen Produkt. Wie kommt
der Preis in den Hintergrund rückt. Bei Milch etwa hat man nicht    diese Firma zu den Preisen für ihre Produkte?
viele Möglichkeiten zu differenzieren. Da lässt sich kaum ein
höherer Preis durchsetzen. Bei sehr vergleichbaren Produkten        Das Unternehmen muss sich fragen, wer seine Produkte kauft.
habe ich aber durchaus die Möglichkeit, mit dem Preis nach          Sind alle Kunden gleich, oder gibt es verschiedene Käuferseg-
unten zu gehen und mich dadurch zu differenzieren – wenn ich        mente – die unter Umständen auch eine unterschiedliche Zah-
mir das erlauben kann. Außerdem muss ich mir genau anschau-         lungsbereitschaft haben? Selbst wenn mein Produkt in der
en, in welchem Zusammenhang meine Produkte eigentlich               Herstellung immer das gleiche kostet, wird sein Wert vielleicht
12                TITELTHEMA

                      unterschiedlich gesehen! Ein und das-
                      selbe Kabel kann zum Beispiel in der
                      einen Anwendung einfach nur ein Kabel
                      von vielen sein, in einer anderen Anwen-
                      dung aber von hoher Relevanz. Wenn ich
                      mir darüber vorher Gedanken mache,
                      kann ich das ausnutzen und verschiedene
                      Preise festsetzen. Das ist immer von Vor-
                      teil: den Preis differenzieren zu können!
                      Wer’s kann, sollte es machen. Ein Einheits-
                      preis ist immer weniger profitabel.

                      Welche typischen Fehler beobachten
                      Sie bei der Preisgestaltung kleiner und mittlerer Unter-
                      nehmen?

                      Ein typischer Fehler ist die Preisgestaltung allein mit Blick auf
                      die Kostenseite. Das ist der einfachste Weg, weil man die
                      Kosten ja genau kennt. Das Problem dabei: Der, der den Preis
                      bezahlen muss, kennt die Kosten nicht und interessiert sich
                      auch nicht dafür. Im Übrigen würden wir als Konsumenten viele       Gibt’s das nicht, muss man
                      Produkte gar nicht mehr kaufen, wenn wir wüssten, wie wenig         darüber nachdenken, was es
                      sie in der Herstellung kosten. „Das ist es doch gar nicht wert“,    zum vorhandenen Produkt an
                      würden viele denken. Ist es aber doch. Weil man ja eben nicht       Neuem, Innovativem gibt. Das ist dann Marketing.
                      nach Kosten kauft, sondern nach Nutzen. Natürlich muss ein
                      Unternehmen die Kosten berücksichtigen, aber sie legen ledig-       Was macht denn die Masseurin, die für 60 Minuten 40
                      lich die Preisuntergrenze fest.                                     Euro nimmt und den Preis auf 45 Euro anheben möchte?

                      Was folgt daraus?                                                   Die wird im Zweifelsfall den Preis einfach erhöhen und hoffen,
                                                                                          dass die Kunden nicht abspringen. Besser wäre, sie bietet nun
                      Manchmal verkaufen sich Produkte besser als erwartet. Viele         nicht mehr eine schlichte Massage an, sondern verwandelt
                      Firmen würden das als Vertriebserfolg werten. Man könnte            ihren Behandlungsraum in eine „Wellness-Oase“ und bietet ein
                      aber auch sagen: Der Preis war zu niedrig! So denken aber die       einstündiges Wellnesserlebnis an, Erfrischungsgetränke inklu-
                      wenigsten.                                                          sive. Dann würde ich aber gleich selbstbewusst auf 60 Euro
                                                                                          gehen.
                      Wenn hingegen der Preis zu hoch ist …
                                                                                          Nennen Sie uns doch abschließend bitte ein paar Eck-
                      … spürt man das schnell am nachlassenden Verkauf. Dann              punkte, die vor allem kleine und mittlere Betriebe bei
                      glauben aber die meisten, sie müssten bloß den Preis senken,        der Preisfindung berücksichtigen sollten!
                      um den Umsatz anzukurbeln. Was aber, wenn sie trotz Preis-
                      senkung nicht mehr verkaufen? Vielleicht liegt’s am Produkt.        Gerne. Preissetzung hat viel mit Nachdenken zu tun. In der
                      Diese Erkenntnis ist dann teuer erkauft.                            Regel kennt man sein Produkt und hat dafür irgendwann mal
                      Fehler Nummer 1 lautet also, Geld liegen zu lassen, weil man        den Preis festgelegt. Stellen Sie sich nun einfach mal die Frage,
                      einen zu niedrigen Preis verlangt. Fehler Nummer 2: ein zu          was eigentlich passieren würde, wenn ich morgen einen Preis-
                      hoher Preis. Und der dritte Fehler: eine leichtfertige Preis-       punkt nach oben oder nach unten gehen würde! Berücksichti-
                      senkung. Nichts ist schlimmer als: Man senkt den Preis, aber        gen Sie dabei immer, wer kauft, in welchen Situationen, welche
                      keiner merkt’s! Den Preis zu reduzieren ist nur dann sinnvoll,      Preise die Wettbewerber nehmen. Wichtig zudem: Nicht jeder
                      wenn man danach auch mehr verkauft.                                 Wert ist ein Preis. Kostet Ihr Produkt zum Beispiel bisher 19,99
                                                                                          Euro, können Sie jetzt nicht auf 20,30 Euro erhöhen. Der nächs-
                      Wie kann ein Unternehmen eigentlich den Preis für ein               te Preispunkt wäre 21,99 oder 22,99 Euro. Dann sinkt zwar die
                      Produkt oder eine Dienstleistung erhöhen?                           Nachfrage, Sie verdienen pro verkauftem Produkt aber zwei
                                                                                          oder drei Euro mehr. Andersherum: Lagen Sie bisher knapp
                      Einfach nur erhöhen geht manchmal, ist im Wettbewerb in der         über 20 Euro, dann reduzieren Sie jetzt auf 19,99 Euro und
IHK-Journal 01/2017

                      Regel jedoch schwierig. Weil der Preis bei den Kunden abge-         erscheinen damit bei den Kunden günstiger. Sofort wird die
                      speichert ist. Wir alle kennen die Eckpreise derjenigen Waren,      Nachfrage steigen.
                      die uns wichtig sind. Preiserhöhungen gehen also nur über
                      Produktveränderungen, etwa über ein Nachfolgeprodukt.                                         Das Gespräch führte Lothar Schmitz.
WIRTSCHAFTSTREND             13

Von Wissenschaft und Leidenschaft
Foodtrends erscheinen mittlerweile in schöner Regelmäßig-
keit. Kaum ein kulinarisches Jahr vergeht vom einen bis zum
nächsten „Megatrend“ der Küche. Doch nicht jedem Trend
lohnt es auch, hinterherzulaufen. Die Unterscheidung zwi-
schen Eintagsfliege und sogenannten Metatrends, die sich auf
Jahre in der Küche wiederfinden werden, fällt oft nicht leicht.
Viele Gastronomen holen sich daher Unterstützung in Form
von Lehrgängen ausgewiesener Fachfrauen und -männer.
Einen solchen Lehrgang bietet Trendkoch Heiko Antoniewicz
im kommenden Februar im Gastronomischen Bildungszen-
trum (GBZ) der Industrie- und Handelskammer (IHK) Koblenz
an. Der Lehrgang wird im Mai mit Modul 2 fortgesetzt.
„Im ersten Teil des Zertifikatslehrgangs zu den Küchentrends
beschäftigen wir uns ausschließlich mit Metatrends, also
langlebigen Erscheinungen, mit denen man in der Küche Zei-
chen setzen kann“, sagt Küchenchef Antoniewicz, „das Fla-
vour Pairing, als einer der drei
Bestandteile des ersten Moduls, ist
so etwas wie der Haupttrend der
                                      „W     enn ich in der Küche
letzten Jahre. Die anderen Teile         stehe, denke ich nicht
sehe ich diesem etwas untergeord-             an Moleküle.“
net.“ Flavour Pairing bedeutet eine           Heiko Antoniewicz
analytische Herangehensweise an
das Kombinieren von Aromen. Das Prinzip stammt ursprüng-
lich aus der Lebensmittelindustrie und hat sich auch für Gas-
tronomen als praktikabel erwiesen. Aromen werden kategori-
siert und in eine Datenbank eingepflegt, die als Leitfaden für
                                                                die Entwicklung neuer Kombinationen genutzt wird. „Es geht
                                                                um Geschmackspotenzierung“, so Antoniewicz, der zum
                                                                Thema Flavour Pairing 2013 selbst ein gleichnamiges Buch
                                                                veröffentlicht hat. „Lebensmittel, die man erstmal so nicht
                                                                miteinander kombiniert hätte, bilden unerwartet gute Symbi-
                                                                osen. Banane mit Petersilie ist etwa eine sehr spannende
                                                                    Aromenkombination, die aus dem Flavour Pairing entstan-
                                                                      den ist.“ Kritikern, die befürchten, dass bei dieser wis-
                                                                        senschaftlichen Herangehensweise das seelische
                                                                         Element des Kochens auf der Strecke bleibe, kann
                                                                          der Avantgarde-Chef besänftigen: „Jeder Koch wird
                                                                           doch automatisch leidenschaftlich. Wenn ich in der
                                                                            Küche stehe, denke ich nicht an Moleküle.“
                                                                             Die beiden weiteren Bestandteile des ersten
                                                                             Moduls des Zertifikatslehrgangs, Fermentation
                                                                             und Spiritualized Food, stehen für Antoniewicz
                                                                             stellvertretend für eine Rückbesinnung auf alte
                                                                             Traditionen. „Wir müssen weg von den Extremen
                                                                             und es wieder so machen, wie meine Großmutter
                                                                            es gemacht hat: Das Gemüse mehr in den Vorder-
                                                                            grund rücken und den Braten als Beilage sehen.“
                                                                           Jeder Foodtrend habe in der Vergangenheit einen
                                                                          Gegentrend ausgelöst: „Die vegetarische und
                                                                         vegane Küche hatte einen regelrechten Fleischhype
                                                                       zur Folge. Das werden wir uns nicht mehr lange leisten
                                                                     können.“
                                                                  Da müsse die Gastronomie mit gutem Beispiel vorangehen,
                                                                um ein generelles Umdenken und eine Rückbesinnung auf
                                                                Regionalität zu bewirken. „Es muss daher noch mehr in
14                WIRTSCHAFTSTRENDS

                      Weiterbildungsmaßnahmen investiert werden. Ein Zertifikats-
                      lehrgang ist eine solche sinnvolle Maßnahme, die Teilnehmer
                      gehen mit einem hohen Wissens-
                      transfer aus so einer Veranstal-
                      tung – und können das mit ei-
                                                       „E         s muss mehr in
                      nem Zertifikat belegen, was in Weiterbildungsmaßnahmen
                      Deutschland ja wichtig ist.“           investiert werden!“
                      Andreas Senk, Küchenchef und              Heiko Antoniewicz
                      Inhaber des Neuenahrer Brau-
                      hauses in Bad Neuenahr-Ahrweiler und regelmäßiger Gast im
                      GBZ, hat eine Teilnahme am Zertifikatslehrgang schon jetzt
                      fest im Blick: „Man muss hin und wieder den Schritt aus sei-
                      nem Betrieb wagen, um Eindrücke von außerhalb einzufan-
                      gen. Nur so kann man seine eigene Küche weiterent-
                      wickeln.“
                      Detlev Ueter vom GBZ freut sich schon auf Senk und die
                      weiteren Teilnehmer: „Mit dem Zertifikatslehrgang grei-
                      fen wir die Trends auf, die uns dieses und nächstes Jahr
                      beschäftigen“, so Ueter, „dieses Wissen möchten wir an die
                      regionalen Gastronomen weitergeben.“

                                                                                        Fotos: Buch „Rohstoff: Unbekanntes Saisonales
                                                                                       Gesammeltes“ von Heiko Antoniewicz und Adrien
                                                                                           Hurnungee, Fotograf René Riis

                                                                            Zertifikatslehrgang zum Experten für Trendküche

                                                                            1. Flavour Pairing ist eine wissenschaftliche Methodik, die Aro-
                                                                               men auf ihre Bestandteile untersucht und miteinander
                                                                               abgleicht. So entsteht eine Harmonielehre, an der sich Hobby-
                                                                               köche und Profis gleichermaßen orientieren können, um neue
                                                                               Rezepte zu entwickeln. Heiko Antoniewicz hat diesem Thema
                                                                               sein Buch „Flavour Pairing: Das Spiel der Aromen“ (Matthaes
                                                                               Verlag, ISBN 10 3875150767) gewidmet.
                                                                            2. Als Fermentation bezeichnet man den biologischen Prozess,
                                                                               bei dem Enzyme organische Stoffe in Säure, Gase oder Alkohol
                                                                               umwandeln. Der aktuelle Foodtrend, bei dem Mikroben, etwa
                                                                               in Form von Hefe, Schimmelpilzen und Bakterien entstehen,
                                                                               stammt aus Skandinavien.
                                                                            3. Unter Spiritualized Food verortet Antoniewicz gute und
                                                                               gesunde, vegetarische und vegane Küche. Das Slow-Food-
                                                                               Prinzip, also die gesunde, bewusste Gegenbewegung zum
                                                                               Fast Food, ist ein Kernelement dieses Seminartages.
IHK-Journal 01/2017

                                                                            Weitere Informationen und Kontakt:
                                                                            Modul 1: 13., 14., 15. Februar 2017, je 09:00 Uhr bis 16:30 Uhr.
                                                                            Modul 2: 8., 9., 10. Mai 2017, je 09:00 Uhr bis 16:30 Uhr.
                                                                            Kosten: 1.600 Euro gesamt oder einzeln zu je 295 Euro pro
                                                                            Veranstaltungstag.
                                                                            Kontakt: Detlev Ueter, Ueter@gbz-koblenz.de
POLITIK AKTUELL          15

Hingehört

Planungssicherheit für Unternehmen:
Wie steht es um die Rohstoffsicherung
in Rheinland-Pfalz?
Laut der rheinland-pfälzischen Verfassung ist die Landesregierung verpflichtet, die Wirtschaft im Rahmen der sogenannten
Daseinsvorsorge zu fördern. Dazu gehört auch, planerisch die wirtschaftlich sowie stofflich interessanten Rohstoffvorkommen
für den Zugriff der Wirtschaft zu sichern. Drei Unternehmer haben wir nach ihren Erwartungen an die Rohstoffsicherung des
Landes gefragt.

                                          BURKHARD TÖLLERS, SIBELCO, RANSBACH-BAUMBACH
                                          „Die Rohstoffsicherung ist für uns von großer Bedeutung, da Rohstoffe standortge-
                                          bunden sind und nur dort gewonnen werden können, wo sie vorkommen. Unsere
                                          Kunden benötigen eine langfristig sichere Belieferung mit Rohstoffen, sodass wir dafür
                                          sorgen müssen, auch zukünftig in der Region Ton abbauen zu können. Deswegen ist
                                          die Arbeit der IHK in Abstimmung mit unserem Rohstoffverband in den regionalen
                                          Planungsgemeinschaften wichtig. Dort werden die Weichen für die Regionalen Raum-
                                          ordnungspläne gestellt. Die Kammer in Koblenz macht sichtbar, dass wir eine rohstoff-
                                          reiche Region sind und diese Stärke nutzen können. Sie fördert dieses Bewusstsein
                                          durch Öffentlichkeitsarbeit und Projekte wie etwa den IHK-Branchendialog, bei dem
                                          ein fruchtbarer Austausch mit der Landesregierung, den Fachbehörden und unterei-
                                          nander stattfindet. Weiter so!“

                                          DR.-ING. HOLGER DRESCHER, SCHAEFER KALK GMBH & CO KG, DIEZ
                                          „Der Stellenwert der Rohstoffsicherung nimmt leider immer mehr ab. Rohstoffe sind
                                          nicht vermehrbar, insofern ist es unsere Pflicht, diese langfristig und nachhaltig auch
                                          für zukünftige Generationen zu sichern. Dies bedeutet, dass potenzielle Flächen der
                                          Rohstoffgewinnung grundsätzlich Vorrang vor anderen Nutzungsarten im Flächennut-
                                          zungsplan erhalten sollten. Diesen Schutz nur am aktuellen Bedarf zu orientieren, ist
                                          zu kurz gedacht, da wir jetzt nicht vorhersehen können, wie sich der Bedarf zukünftig
                                          entwickeln wird. Natur- und Umweltschutz sind dadurch nicht gefährdet, denn diese
                                          werden immer gemäß der aktuellen Gesetzeslage berücksichtigt. Ressourcenscho-
                                          nung erreicht man nicht dadurch, dass man den Rohstoffabbau immer wieder mit neuen
                                          Abgaben belastet. Nach dem Wassercent ist nun eine Rohstoffsteuer im Gespräch.
                                          Dies lehnen wir grundsätzlich ab, verteuert sich doch die Rohstoffgewinnung im Ver-
                                          gleich zu der im benachbarten Ausland. Ressourcenschonung ist global zu betrachten
                                          und eine der Herausforderungen der Zukunft. Hier sind alle Beteiligten gefordert, durch
                                          Aufklärung und technische Lösungsansätze zur Schonung beizutragen.“

                                          JÖRG SCHERER, SCHERER BAUSTOFFE GMBH & CO KG, KASTELLAUN
                                          „‚Postfaktisch‘ ist jüngst zum Wort des Jahres 2016 gewählt worden. Leider wird auch
                                          beim Thema Rohstoffsicherung und bei den Genehmigungsverfahren in Rhein-
                                          land-Pfalz deutlich, dass bei politischen und gesellschaftlichen Entscheidungen
                                          zunehmend Emotionen den Vorrang gegenüber Fakten erhalten. Eine Handvoll Per-
                                          sonen reichen heute aus, um mittels publizierter Übertreibungen und Unwahrheiten
                                          eine Gesellschaft zu verunsichern und von der Wahrheit zur „gefühlten Wahrheit“ zu
                                          führen. Von uns Unternehmen wird zu jeder Zeit erwartet, dass wir uns an die Gesetze
                                          halten und durch immer aufwendigere Verfahren nachweisbare Fakten schaffen. Ich
                                          erwarte von den zuständigen Genehmigungsbehörden und der Politik, dass dieser
                                          Maßstab auch für sie gilt. Eine gute Infrastruktur ist der Grundstein unseres Wohl-
                                          stands und muss durch langfristige Planungen gesichert sein. Dies ist nur durch genü-
                                          gend Rohstoffkapazitäten und eine ausreichende Versorgung von Deponieraum für
                                          mineralische Abfälle möglich.“
16                POLITIK AKTUELL

                      Zur Sache

                      Rohstoffgewinnung:
                      Oft verkannt, aber unverzichtbar

                      „Ohne Rohstoffe ist Produktion nicht möglich.“ Diese Erkennt-      tionsprozesse für einen Konsens zur Ausweisung von poten-
                      nis, die lange als Binsenweisheit galt, ist in den vergangenen     ziellen Rohstoffflächen durchgeführt werden, die anschlie-
                      Jahren insbesondere bei der Frage um künftige Flächennut-          ßend von einzelnen Ortsgemeinden beklagt und damit für vor
                      zungen zunehmend in den Hintergrund gerückt. Es bestehen           Ort nicht geltend erklärt werden.
                      Konkurrenzen in der Nutzung, so zum Beispiel zwischen Land-        Zur Unterstützung durch die Politik zählt im Übrigen auch, in
                      und Forstwirtschaft, Naturschutz, Wassergewinnung und              Lehrplänen und Schulbüchern ein reales Bild der tatsäch-
                      Rohstoffabbau. Tatsächlich ist die Gewinnung von Rohstoffen        lichen Bedeutung dieser Branche zu zeichnen. Das vielfach
                      aber weiterhin die erste Stufe oft regionaler gewerblicher         unreflektiert gespiegelte „Böse-Buben“-Image von „Basalt-
                      Wertschöpfungsketten – und muss schon allein deshalb im            baronen“ und „Wirtschaftsbossen“ ist sicher auch Folge man-
                      öffentlichen Interesse liegen.                                     gelnder Information und Werbung für dieses Thema.
                      In der Praxis sieht sich die Rohstoffwirtschaft allerdings eini-   Mit Blick auf die Schuldenbremse bleibt schließlich zu hoffen,
                      gen Problemen gegenüber: Zum einen nimmt die Akzeptanz             dass das Land bei allen notwendigen Sparbemühungen im
                      des Abbaus dringend benötigter heimischer Rohstoffe wie            Blick behält, welche Leistungen für die wirtschaftliche Betäti-
                      Sande, Kiese oder Natursteine in der allgemeinen Öffentlich-       gung der heimischen Unternehmen zwingend notwendig sind.
                      keit deutlich ab. Was dabei leicht in Vergessenheit gerät: Ohne    Sicher gibt es auch beim Landesamt für Geologie und Bergbau
                      die nachhaltige Sicherung der Versorgung mit heimischen            oder den Struktur- und Genehmigungsdirektionen Einspar-
                      Rohstoffen stehen beispielsweise Straßenbaumaßnahmen               potenzial. Aber man muss genau hinsehen. Pauschale Kür-
                      bald still – und auch die Instandhaltung der vorhandenen Infra-    zungen führen in jedem Fall in die Irre. Schon heute dauern
                      struktur steht infrage. Dabei kann das oft angeführte Bau-         Genehmigungs- und Prüfverfahren im Rohstoffbereich zu
                      stoffrecycling den Bedarf nur zu einem bestimmten Grad             lange – mit dem Effekt, dass auch der öffentlichen Hand Steu-
                      decken, obwohl es heute schon umfänglich genutzt wird.             ereinnahmen aus den deshalb nicht stattfindenden gewerb-
                      Zum anderen ist die politische Befürwortung der Rohstoffwirt-      lichen Tätigkeiten entgehen.
                      schaft zumindest ausbaufähig. Die Landesregierung muss in
                      der Öffentlichkeit ein wahrnehmbarer Fürsprecher der Roh-
                      stoffwirtschaft sein – und für Planungssicherheit und Verbind-                                     Andreas Hermann
                      lichkeit stehen. Es nützt schließlich nichts, wenn auf Ebene                                          0261 106-251
                      der Planungsgremien große Kommunikations- und Modera-                                andreas.hermann@koblenz.ihk.de
IHK-Journal 01/2017
WIRTSCHAFT
IN DER REGION

                                                                                                                             FOTO: EVA WILLWACHER
Für hervorragende Ausbildung ausgezeichnet
Sie haben sich über das normale Maß hinaus engagiert: Zehn Werben um die begehrten Nachwuchskräfte. „Die Unterneh-
Betriebe aus Gastronomie und Hotellerie in den Regionen men müssen den jungen Leuten dazu gute Bedingungen bie-
Koblenz und Trier sind in einer Feier-                                               ten und attraktive Perspektiven auf-
stunde im Tagungszentrum der IHK        Die Preisträger 2016                         zeigen“, sagt Bernhard Meiser,
Trier für ihr Engagement in der Ausbil-                                              Geschäftsführer Aus- und Weiterbil-
dung ausgezeichnet worden.                                                           dung bei der IHK Koblenz. Zehn
                                        • Landgasthof Michels, Schalkenmehren
Das Gastgewerbe hat zunehmend                                                        Betriebe mit Vorbildfunktion haben
                                        • Nells Park Hotel GmbH, Trier
Schwierigkeiten, qualifizierte Fach-                                                 die IHKs Koblenz und Trier nun –
                                        • Hotel Schloss Montabaur, Montabaur
kräfte zu gewinnen. Die Zahl der neu                                                 gemeinsam mit den berufsbildenden
                                        • Das Bollants GmbH & Co. KG, Bad Sobernheim
abgeschlossenen Ausbildungsverträ-                                                   Schulen, den Agenturen für Arbeit
                                        • food hotel Neuwied GmbH, Neuwied
ge im Hotel- und Gaststättengewerbe                                                  und dem deutschen Hotel- und Gast-
                                        • GaW mbH, Bad Neuenahr
ist seit einigen Jahren rückläufig, und                                              stättenverband Rheinland-Pfalz –
                                        • Hotel und Kongresszentrum Wanderath, Baar
folglich stehen dem Gastgewerbe                                                      ausgezeichnet. Das Qualitätssiegel
landesweit weniger ausgebildete         • Hadi Verwaltungs GmbH, Mayen
                                                                                     dient potenziellen Auszubildenden,
Fachkräfte zur Verfügung. Dabei gibt    • Rhine Koblenz Opco GmbH, Koblenz           Eltern und Berufsberatern als Emp-
es einiges zu tun: Laut Branchenbe-     • Seehotel Maria Laach, Glees                fehlung bei der Auswahl des geeig-
richt 2015 ist die Zahl der Gäste in                                                 neten Ausbildungsbetriebs. Den
Rheinland-Pfalz um 2,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr Betrieben wiederum dient es als öffentlichkeitswirksamer
gestiegen. Die rückläufigen Ausbildungszahlen im Gastgewer- Nachweis ihrer Aktivitäten in der Ausbildung. Die Laufzeit der
be erfordern von den Betrieben ein starkes Engagement im Auszeichnung beträgt drei Jahre.
18   AHRWEILER

     Einen Tag lang Teil des Betriebs sein
                                                                                                          Jubilare im Januar
     Die meisten Unternehmen der Region          wollen wir dann – gute Leistung voraus-                  50 Jahre
     haben weiterhin Probleme bei der Beset-     gesetzt – auch gerne übernehmen.“ Gera-
                                                                                                          Friedhelm Schumacher „Motorgeräte“,
     zung von Ausbildungsplätzen. Viele          de im Fachkräftebereich suche man aktu-                  Bad Neuenahr-Ahrweiler
     Betriebe unterhalten daher von der IHK      ell nach Nachwuchs. Daher sei es wichtig,
     Koblenz unterstützte Patenschaften mit      mit Veranstaltungen frühzeitig um Aus-                   25 Jahre
     Schulen, um so frühzeitig einen Kontakt     zubildende zu werben.                                    Erwin Jakob Hertel, Adenau
     zu den Schülerinnen und Schülern, also      „Wir haben euch heute eingeladen, damit                  Franz Dirk Weber „Garten- und
     potenziellen künftigen Auszubildenden,      ihr Rhodius mal von innen erleben könnt“,                Landschaftsbau“, Sinzig
     herzustellen. Zwischen der Rhodius-Grup-    richtet Personalleiterin Stefanie Schnei-                GBB Gesellschaft für Berufsbildung
     pe mit Standort in Burgbrohl und der        der das Wort an die rund 20 Teilnehmerin-                und Berufstraining mbH,
     Realschule plus Niederzissen besteht eine   nen und Teilnehmer, „man kann ja immer                   Bad Neuenahr-Ahrweiler
     solche Patenschaft. Auf Basis dieser        viel erzählen und schreiben, aber heute                  Ralf Wilhelm Küls, Schalkenbach
     Zusammenarbeit richtete Rhodius erst-       könnt ihr einen Blick hinter die Kulissen                Roland Kaltz, Weibern
     malig ein Azubi-Bewerbercamp, eine Art      werfen und für einen Tag ein kleiner Teil
                                                                                                          10 Jahre
     Ein-Tages-Praktikum, aus.                   des Betriebs sein.“
                                                                                                          Anke Katharina Läßig
     33 Azubis arbeiten aktuell in den drei      Das bedeutet für die Schülerinnen und
                                                                                                          „Sekretariatsservice“, Kalenborn
     Betrieben der Unternehmensgruppe. Geht      Schüler, neben einer generellen Präsenta-
                                                                                                          Gerd Stollenwerk, Hümmel
     es nach Personalreferentin Katharina        tion der Firmengruppe, auch die Besichti-
                                                                                                          Rene Rothbrust, Burgbrohl
     Ulbrich, könnten es bald noch deutlich      gung der Produktionsstätten des Betriebs
     mehr werden: „Wir wollen im nächsten        und die Möglichkeit, selbst mit anzupa-                  Simon Nieten, Remagen
     Jahr 15 Auszubildende einstellen“, so       cken. Einige aktuell im Betrieb beschäf-                 Wilfried Philipp Merzenich „Bau- u. Pro-
     Ulbrich, „und die, die wir einstellen,      tigte Azubis stehen ihnen dabei als                      jektplanung“, Bad Neuenahr-Ahrweiler
                                                                       Ansprechpartner
                                                                       zur Verfügung.                     Jubilare im Februar
                                                                       So auch der auszu-
                                                                       bildende Industrie-                25 Jahre
                                                                       mech a n i ker/me -                Lutz Baumann, Sinzig
                                                                       chatroniker Timo                   Tec Consult GmbH, Remagen
                                                                       Kappes. Den Teil-                  10 Jahre
                                                                       nehmerinnen und
                                                                                                          Frank Gerhard Schmitz „Sicherheits-
                                                                       Teilnehmern be-                    dienste“, Bad Neuenahr-Ahrweiler
                                                                 FOTO: GEBRÜDER RHODIUS GMBH & CO. KG

                                                                       richtet Kappes von
                                                                                                          Hausverwaltung Wagner & Haferkamp
                                                                       den Rahmenbedin-                   Beteiligungsgesellschaft mbH,
                                                                       gungen der Ausbil-                 Bad Breisig
                                                                       dung bei Rhodius:                  Rodarius-Bau Verwaltungsgesellschaft
                                                                       „Ich finde es super,               mbH, Müllenbach
                                                                       dass man hier auch
                                                                       einen Grundlehr-
                                                                       gang bekommt.                    mir weiterhilft.“ Außerdem sei er auch
                                                                       Das ist nicht selbst-            sehr zufrieden mit seinem Ausbildungsge-
                                                                       verständlich       –             halt, so Andelovic.
                                                                       viele andere aus                 „Und im nächsten Jahr gibt es dann noch
                                                                       meiner Klasse ha-                eine Erhöhung des Azubi-Lohns“, fügt
                                                                       ben diesen Luxus                 Ulbrich an. Gute Argumente für den
                                                                       nicht.“     Marjan               Betrieb und so auch gute Chancen, im
                                                                       Andelovic, Azubi                 nächsten Jahr viele neue Azubis hinzuge-
                                                                       im dritten Ausbil-               winnen zu können und damit dem Fach-
                                                                       dungsjahr, hat es                kräftemangel entgegenzuwirken.
                                                                       besonders        die
                                                                       Atmosphäre im
                                                                       Betrieb angetan:
                                                                       „Es geht sehr fami-
                                                                       liär zu. Wenn ich                                   Kontakt:
                                                                   FOTO: LEON MOHR

                                                                       mal ein Problem                             Dr. Bernd Greulich
                                                                       habe, weiß ich ganz                           02641 99074-13
                                                                       genau, dass immer                     greulich@koblenz.ihk.de
                                                                       jemand da ist, der               www.ihk-koblenz.de/ahrweiler
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