Hospital Law 2. Jahrgang &Healthcare - medhochzwei Verlag

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Hospital Law 2. Jahrgang &Healthcare - medhochzwei Verlag
www.healthcare-hospital-law.de
                                                1 | 2022
                                                                    ISSN 1861-0102

                              &
                                        Januar // S. 1–37           2. Jahrgang

Healthcare
Hospital Law
Das eJournal für Recht in der Praxis

  Inhalt

 » Bedeutende Änderungen und Schaffung anderer Gesundheitsgesetze
     im Rahmen des GVWG
 » Zur Haftung eines Krankenhauses für grobe Fehler einer Pflegekraft
 » Der Landshuter Vertuschungsfall – Mordversuch oder unterlassene
     Hilfeleistung?
 » Die ärztliche Dokumentationspflicht
 » Neues aus der Rechtsprechung
 » Praxisfrage: Müssen STK‐Fristen kalendergenau eingehalten werden?

Herausgeber                    Ständige Autorenschaft

Prof. Hans Böhme               Prof. Dr. Dr. Reinhold Altendorfer   Thorsten Siefarth
Prof. Dr. Bernd Halbe          Ernst Burger                         Dr. Frank Stollmann
Dr. Hartmut Münzel             Till Flachsbarth                     Leon Steinbacher
                               Michael Grübnau-Rieken               Ulrich Trefz
                               Christoph Heppekausen                Prof. Dr. Thomas Weiß
                               Henrike Korn                         Dr. Matthias Wiemers
                               Philipp Pürner
Hospital Law 2. Jahrgang &Healthcare - medhochzwei Verlag
Editorial

Lockdowns und Verbot von Präsenzunterricht
in der Pandemie waren verfassungsgemäß
Mit Beschluss vom 19.11.2021 hat der Erste Senat des                          tuschungsfall – Mordversuch oder unterlassene Hilfe-
Bundesverfassungsgerichts in mehreren Hauptsachever-                          leistung“ und Michael Grübnau-Rieken zum Thema, „Die
fahren Verfassungsbeschwerden zurückgewiesen, die sich                        ärztliche Dokumentationspflicht und das Einsichtsrecht in
unter anderem gegen die durch das Vierte Gesetz zum                           Patientenakten“.
Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von
nationaler Tragweite vom 22.04.2021 in § 28b Abs. 1 S. 1                      Anschließend folgt Rechtsprechung aktuell mit 46 neuen
Nr. 2 IfSG für einen Zeitraum von gut zwei Monaten                            Urteilen. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung sind
eingefügten bußgeldbewehrten Ausgangsbeschränkungen                           erneut einige grundlegende Entscheidungen ergangen.
sowie bußgeldbewehrten Kontaktbeschränkungen nach
§ 28b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 IfSG zur Eindämmung der Corona-                       So hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass kein
Pandemie richteten1 (vgl. Einzelheiten in „Rechtsprechung                     Vergütungsanspruch wegen Annahmeverzug bei coronabe-
aktuell“ in dieser Ausgabe).                                                  dingter Betriebsschließung besteht und Kurzarbeit Null den
                                                                              Urlaubsanspruch verringert. Der Bundesgerichtshof hat
Mit Beschluss vom 19.11.2021 hat der Erste Senat des                          entschieden, dass Werbung mit Fernbehandlungen nur unter
Bundesverfassungsgerichts überdies mehrere Verfas-                            den Voraussetzungen des § 9 S. 2 HWG erlaubt ist, dass bei
sungsbeschwerden zurückgewiesen, die sich gegen das                           einer Pflegevereinbarung mit Immobilienübertragung unter
vollständige oder teilweise Verbot von Präsenzunterricht                      Geschwistern ein dauerhaftes, gegenseitiges Vertrauen
an allgemeinbildenden Schulen zum Infektionsschutz                            Geschäftsgrundlage ist und privat Krankenversicherte, die
(„Schulschließungen“) nach der vom 22.04. bis zum                             aufgrund einer unwirksamen Prämienerhöhung zu hohe
30.06.2021 geltenden „Bundesnotbremse“ richten2.                              Beiträge gezahlt haben, nur in einem Dreijahreszeitraum
                                                                              Geld zurückfordern können. Das Bundessozialgericht hat
Der Altbundespräsident Joachim Gauck sagte in einem                           entschieden, dass eine Entschädigungszahlung wegen über-
Interview zu Recht sinngemäß: „Freiheit ist nicht grenzen-                    langer Gerichtsverfahrensdauer kein Einkommen im Sinne
los, echte Freiheit ist verbunden mit sozialer Verantwor-                     des SGB II ist und der Weg vom Bett ins Homeoffice
tung.“ Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts                       gesetzlich als Arbeitsunfall versichert ist. Schließlich hat das
waren zu erwarten und sind zu Recht mit diesem Ergebnis                       Bundesverwaltungsgericht zur Aufnahme eines Fachkran-
ergangen.                                                                     kenhauses in den Krankenhausplan bei Ausweisung fach-
                                                                              gebietsübergreifender Gesamtbettenzahlen entschieden.
Ausgabe 1/2022 beginnt erneut mit „Aktuelles aus
Gesundheitspolitik und Gesundheitsrecht“, insbesondere                        Nach mehreren Buchbesprechungen wird abschließend die
werden Aussagen aus dem Koalitionsvertrag 2021 zu                             Praxisfrage „Müssen STK-Fristen kalendergenau einge-
Gesundheit und Pflege und Neuerungen, die ab 01.01.2022                       halten werden?“ beantwortet.
gelten, vorgestellt.
                                                                              Nach 4 Ausgaben im Jahre 2021 werden nunmehr in
Aktuelle Beiträge erfolgen von Prof. Hans Böhme                               6 Ausgaben in diesem Jahr hochaktuelle Beiträge für die
zum Thema „Bedeutende Änderungen und Schaffung                                Verantwortlichen und Berater als wichtige Handlungshilfen
anderer Gesundheitsgesetze im Rahmen des GVWG“,                               veröffentlicht.
Prof. Dr. Thomas Weiß zum Thema „Zur Haftung eines
Krankenhauses für grobe Fehler einer Pflegekraft – Das                        Prof. Hans Böhme
Urteil des OLG München vom 06.08.2020 – 24 U 1360/19“,                        Prof. Dr. Bernd Halbe
Leon Steinbacher zum Thema „Der Landshuter Ver-                               Dr. Hartmut Münzel

  1   BVerfG, Beschl. v. 19. November 2021 – 1 BvR 781/21, 1 BvR 889/21,
      1 BvR 860/21, 1 BvR 854/21, 1 BvR 820/21, 1 BvR 805/21, 1 BvR 798/21.
  2   BVerfG, Beschl. v. 19. November 2021 – 1 BvR 971/21, 1 BvR 1069/21.

Healthcare & Hospital Law 2. Jg.           1 | 2022
                                                                                                                                          1
Hospital Law 2. Jahrgang &Healthcare - medhochzwei Verlag
Inhalt

INHALT

 1   »    Editorial                                                   Beitrag
                                                                      Michael Grübnau‐Rieken
          Beitrag
          Hans Böhme
                                                             21   »   Die ärztliche Dokumentationspflicht
                                                                      und das Einsichtsrecht in Patienten-
 3   »    Aktuelles                                                   akten
                                                                      Ärztliche Berufsordnung | Arzthaftung | Arzt-
          Beitrag                                                     vertrag | Behandlungsvertrag | Beweiserleichte-
          Hans Böhme                                                  rung | Beweissicherung | Datenschutz | DGSVO –
5    »    Bedeutende Änderungen und Schaf-
          fung anderer Gesundheitsgesetze
                                                                      Dokumentation | Einsichtsrecht | informationelle
                                                                      Selbstbestimmung | Krankenhausbehandlungs-
                                                                      vertrag | MBO | Patientenakte | Patientenrech-
          im Rahmen des GVWG
                                                                      tegesetz | Persönlichkeitsrecht | Schweigerecht
          Bundespflegesatzverordnung | Datentrans-
          parenzverordnung | DRK‐Gesetz | Ergothera-
          peutengesetz, | Gesetz zur Sicherung der Qua-               Beitrag
          lität der Gewinnung von Pflegekräften aus dem               Hans Böhme
          Ausland | Gesetz zur Stärkung der Entschei-        25   »   Neues aus der Rechtsprechung
          dungsbereitschaft bei der Organspende. | Ge-
          sundheitsausgaben‐ und personalstatistikge-                 Buchbesprechung
          setz | Krankenhausentgeltgesetz, | Kranken-
          hausfinanzierungsgesetz | Krankenversicherung
                                                             31   »   Buchbesprechung Ulsenheimer/
                                                                      Gaede, Arztstrafrecht in der Praxis
          der Landwirte | Logopädengesetz | Masseur‐                  in 6. Auflage
          und Physiotherapeutengesetz | Pflegeberufege-
          setz | Risikostruktur‐Ausgleichsverordnung |                Buchbesprechung
          Schiedsstellenverordnung | Transplantations-
          gesetz | Versicherungsvertragsgesetz Zulas-
                                                             32   »   Buchbesprechung Kremer/Wittmann,
                                                                      Vertragsärztliche Zulassungsverfahren
          sungsverordnung für Vertragsärzte | Zulas-
          sungsverordnung für Vertragszahnärzte
                                                                      von Kremer/Wittmann, 4. Auflage

                                                                      Buchbesprechung
          Beitrag
          Thomas Weiß                                        33   »   Buchbesprechung Janda, Pflegerecht
12   »    Zur Haftung eines Krankenhauses
          für grobe Fehler einer Pflegekraft
                                                                      in 2. Auflage

          Arzthaftung | Behandlungsvertrag | Beweislas-               Buchbesprechung
          tumkehr – EKG – Krankenhaushaftung | Orga-         34   »   Buchbesprechung Market Access
                                                                      im Gesundheitswesen – Hürden und
          nisationsverschulden | Pflegekrafthaftung
                                                                      Zugangswege zur Gesundheitsversor-
          Beitrag                                                     gung
          Leon Steinbacher
17   »    Der Landshuter Vertuschungsfall –
          Mordversuch oder unterlassene
                                                                      Praxisfrage
                                                                      Hans Böhme
          Hilfeleistung?                                     35   »   Praxisfrage: Müssen STK‐Fristen
                                                                      kalendergenau eingehalten werden?
          Garantenstellung | Infektionsschutzgesetz |
          Körperverletzung | Medikamentenverwechs-
          lung | Mord(versuch) | Palliativversorgung |
          Patientenverfügung | Pflegefehler | Pflegestraf-
                                                             37   »   Impressum

          recht | Sterbehilfe | Tötung | Unterlassene
          Hilfeleistung | Unterlassungshandlungen

                                                                              Healthcare & Hospital Law 2. Jg. 1 | 2022
     2
Hospital Law 2. Jahrgang &Healthcare - medhochzwei Verlag
Hans Böhme

Aktuelles
Der Koalitionsvertrag 2021 der Ampelkoalition                             Im Untertitel Aus- und Weiterbildung in Gesundheit und
zu Gesundheit und Pflege                                                  Pflege wird unter anderem ausgeführt:

Im Koalitionsvertrag 2021 der Ampel-Koalition1 sind                       „Wir implementieren die Vermittlung digitaler Kompetenzen
unter IV. mit dem Titel „Pflege und Gesundheit“ auf den                   in der Ausbildung der Gesundheits- und Pflegeberufe sowie
Seiten 80–87 die gesundheitspolitischen Ziele in 10 Unter-                in Fort- und Weiterentwicklung.“
titeln ausformuliert:
• Pflege                                                                  Im Untertitel Öffentlicher Gesundheitsdienst wird unter
• Aus- und Weiterbildung in Gesundheit und Pflege                         anderem ausgeführt, dass ein Gesundheitssicherstellungs-
• Öffentlicher Gesundheitsdienst                                          gesetz zur effizienten und dezentralen Bevorratung von
• Digitalisierung im Gesundheitswesen                                     Arzneimitteln- und Medizinprodukten und zur Regelung
• Gesundheitsförderung                                                    regelmäßiger Ernstfallübungen für das Personal für Ge-
• ambulante und stationäre Gesundheitsversorgung                          sundheitskrisen geplant ist.
• Krankenhausplanung und -finanzierung                                    Unter dem Untertitel Digitalisierung im Gesundheitswesen
• Rechte von Patientinnen und Patienten                                   ist zuvorderst ausgeführt:
• Versorgung mit Arzneimitteln und Impfstoffen
• Drogenpolitik                                                           „In einer regelmäßig fortgeschriebenen Digitalisierungsstrate-
• Gesundheitsfinanzierung                                                 gie im Gesundheitswesen und in der Pflege legen wir einen
                                                                          besonderen Fokus auf die Lösung von Versorgungsproblemen
Unter dem Titel „Pflege und Gesundheit“ wird von der                      und die Perspektive der Nutzerinnen und Nutzer. In der Pflege
Ampelkoalition als Hauptziel formuliert:                                  werden wir die Digitalisierung u. a. zur Entlastung bei der
                                                                          Dokumentation, zur Förderung sozialer Teilhabe und für
„Alle Menschen in Deutschland sollen gut versorgt und                     therapeutische Anwendungen nutzen. Wir ermöglichen regel-
gepflegt werden – in der Stadt und auf dem Land. Wir                      haft telemedizinische Leistungen inklusive Arznei-, Heil- und
wollen einen Aufbruch in eine moderne sektorenüber-                       Hilfsmittelverordnungen sowie Videosprechstunden, Telekon-
greifende Gesundheits- und Pflegepolitik und ziehen Lehren                sile, Telemonitoring und die telenotärztliche Versorgung.“
aus der Pandemie, die uns die Verletzlichkeit unseres
Gesundheitswesens vor Augen geführt hat. Wir sorgen für                   Unter dem Untertitel ambulante und stationäre Gesund-
eine bedarfsgerechte Gesundheitsversorgung und eine                       heitsversorgung sollen insbesondere Hindernisse in der
menschliche und qualitativ hochwertige Medizin und Pflege.                Vergütung und Abgrenzung abgebaut werden, und zwar
Wir verbessern die Arbeitsbedingungen der Gesundheits-                    durch den Ausbau multiprofessioneller, integrierter Ge-
berufe und Pflegekräfte. Wir ermöglichen Innovationen und                 sundheits- und Notfallzentren.
treiben die Digitalisierung voran. Grundlage für all dies ist             Unter dem Untertitel Krankenhausplanung und -finanzie-
eine auf lange Sicht stabile Finanzierung des Gesundheits-                rung ist Folgendes vorgesehen:
wesens und der Pflege.“
                                                                          „Mit einem Bund-Länder-Pakt bringen wir die nötigen
Der Untertitel Pflege ist umfangreich ausformuliert und                   Reformen für eine moderne und bedarfsgerechte Kranken-
wird in einem Beitrag von Rechtsanwalt Dr. Wiemers aus                    hausversorgung auf den Weg. Eine kurzfristig eingesetzte
Berlin in HHL 2/22 ausführlich kommentiert. Es ist einiges                Regierungskommission wird hierzu Empfehlungen vorlegen
geplant, wie ein Abschnitt aus diesem Untertitel zeigt:                   und insbesondere Leitplanken für eine auf Leistungsgrup-
                                                                          pen und Versorgungsstufen basierende und sich an Kriterien
„Wir bringen ein allgemeines Heilberufegesetz auf den Weg                 wie der Erreichbarkeit und der demographischen Entwick-
und entwickeln das elektronische Gesundheitsberuferegister                lung orientierende Krankenhausplanung erarbeiten. Sie legt
weiter. Wir machen Schmerzmittel im Betäubungsmittel-                     Empfehlungen für eine Weiterentwicklung der Kranken-
gesetz für Gesundheitsberufe delegationsfähig. Wir bringen                hausfinanzierung vor, die das bisherige System um ein nach
ein Modellprojekt zum Direktzugang für therapeutische                     Versorgungsstufen (Primär-, Grund-, Regel-, Maximalver-
Berufe auf den Weg.“                                                      sorgung, Uniklinika) differenziertes System erlösunabhängi-
                                                                          ger Vorhaltepauschalen ergänzt. Kurzfristig sorgen wir für
   1   Abgerufen im Internet am 14.12.2021 unter Koalitionsvertrag zwi-   eine bedarfsgerechte auskömmliche Finanzierung für die
       schen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP (bundesregierung.de).     Pädiatrie, Notfallversorgung und Geburtshilfe.“

Healthcare & Hospital Law 2. Jg.           1 | 2022
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Hospital Law 2. Jahrgang &Healthcare - medhochzwei Verlag
Aktuelles

Unter dem Untertitel Rechte von Patientinnen und Patien-           sicherung bei der Versorgung im Pflegeheim einen
ten wird unter anderem die Unabhängige Patientenbera-              Zuschlag zu dem nach Pflegegrad differenzierten
tung in eine dauerhafte, staatsferne und unabhängige               Leistungsbetrag. der mit der Dauer der Pflege steigt:
Struktur unter Beteiligung der maßgeblichen Patienten-             Im ersten Jahr trägt die Pflegekasse 5 % des pflegebe-
organisationen überführt und der Gemeinsames Bundes-               dingten Eigenanteils, im zweiten Jahr 25 %, im dritten
ausschuss (G-BA) soll modernisiert und reformiert werden           Jahr 45 % und danach 70 %.
(mehr Sachverstand außerhalb von Recht und Medizin).          3.   Zur Finanzierung der Pflegeversicherung wird ein
Bei Behandlungsfehlern soll die Stellung der Patientinnen          Bundeszuschuss in Höhe von 1 Milliarde Euro pro Jahr
und Patienten im bestehenden Haftungssystem gestärkt               eingeführt.
und ein Härtefallfonds mit gedeckelten Ansprüchen einge-      4.   Der Beitragszuschlag für Kinderlose steigt um 0,1 Pro-
führt werden.                                                      zentpunkte.
Unter dem Untertitel Versorgung mit Arzneimitteln und         5.   Der pandemiebedingte Schutzschirm wird bis Ende
Impfstoffen wird ausgeführt, dass insbesondere Maßnah-             2022 verlängert. Das betrifft z. B. Regelungen zur
men ergriffen werden sollen, um die Herstellung von                Erstattung pandemiebedingter Mehrausgaben und
Arzneimitteln inklusive der Wirk- und Hilfsstoffproduktion         Mindereinnahmen von zugelassenen Pflegeeinrichtun-
nach Deutschland oder in die EU zurück zu verlagern.               gen und Angeboten zur Unterstützung im Alltag und
Unter dem Untertitel Drogenpolitik wird die kontrollierte          die Möglichkeit für Pflegegeldempfänger, den Bera-
Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in              tungsbesuch telefonisch, digital oder per Videokon-
lizenzierten Geschäften eingeführt.                                ferenz abzurufen.
Schließlich bekennt sich unter dem Untertitel Gesund-         6.   Die pandemiebedingte Sonderregelung für Kinderkran-
heitsfinanzierung die Ampelkoalition zu einer stabilen und         kengeld wird verlängert: Das Kinderkrankengeld kann
verlässlichen Finanzierung der gesetzlichen Krankenver-            auch 2022 je versichertem Kind grundsätzlich für 30
sicherung (GKV).                                                   statt 10 Tage (bei Alleinerziehenden 60 statt 20 Tage) in
                                                                   Anspruch genommen werden.
Was ist in Gesundheit und Pflege                              7.   Der ergänzende Bundeszuschuss an die gesetzliche
zum Januar 2022 neu geregelt?                                      Krankenversicherung steigt auf 14 Milliarden Euro.
                                                                   Damit kann der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz
Zum Anfang des Jahres 2022 werden in Gesundheit und                in der GKV 2022 stabil bleiben.
Pflege etliche Änderungen in Kraft treten.                    8.   Für die Ausbildung zur Anästhesietechnischen Assis-
1. Bundesweit können Ärztinnen und Ärzte sowie Apo-                tentin und zum Anästhesietechnischen Assistenten
   theker das E-Rezept nutzen, sofern deren Systeme die            (ATA) und über die Ausbildung zur Operationstech-
   technischen Voraussetzungen erfüllen. Wenn die tech-            nischen Assistentin und zum Operationstechnischen
   nischen Voraussetzungen nicht erfüllt sind, erhalten die        Assistenten (OTA) gelten erstmals bundesweit einheit-
   Patienten vorläufig das bisherige Papierrezept.                 liche Regelungen.
2. Um Pflegebedürftige vor Überforderung durch stei-
   gende Pflegekosten zu schützen, zahlt die Pflegever-       Prof. Hans Böhme

                                                                                Healthcare & Hospital Law 2. Jg. 1 | 2022
 4
Hospital Law 2. Jahrgang &Healthcare - medhochzwei Verlag
Hans Böhme

Bedeutende Änderungen und Schaffung anderer
Gesundheitsgesetze im Rahmen des GVWG
Das Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz (GVWG) vom 11.07.2021 ist am 19.07.2021 im
Bundesgesetzblatt verkündet worden, also in wesentlichen Teilen seit 20.07. in Kraft. Neben der Gesetzlichen
Krankenversicherung als Kernstück der Neuregelung und neben der Gesetzlichen Pflegeversicherung als
zweites Kernstück des GVWG sind zahlreiche andere Gesundheitsgesetze geändert und geschaffen worden,
was in diesem Beitrag dargestellt wird.

Bundespflegesatzverordnung | Datentransparenzverordnung | DRK-Gesetz | Ergotherapeutengesetz, | Gesetz
zur Sicherung der Qualität der Gewinnung von Pflegekräften aus dem Ausland | Gesetz zur Stärkung der
Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende. | Gesundheitsausgaben- und personalstatistikgesetz |
Krankenhausentgeltgesetz, | Krankenhausfinanzierungsgesetz | Krankenversicherung der Landwirte | Logopä-
dengesetz | Masseur- und Physiotherapeutengesetz | Pflegeberufegesetz | Risikostruktur-Ausgleichsver-
ordnung | Schiedsstellenverordnung | Transplantationsgesetz | Versicherungsvertragsgesetz Zulassungsver-
ordnung für Vertragsärzte | Zulassungsverordnung für Vertragszahnärzte

Gesundheit im Koalitionsvertrag                                            Änderungen und Schaffen anderer
                                                                           Gesundheitsgesetze
Im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD auf Bundes-
ebene vom 12.03.20181 ist der Abschnitt VII enthalten, der                 In Artikel 1 bis 15e GVWG werden 21 Gesetze geändert. Die
überschrieben ist mit „Soziale Sicherheit gerecht und                      meisten Änderungen betreffen in Artikel 1 das Fünfte Buch
verlässlich gestalten“. Ein Unterabschnitt behandelt „Ge-                  Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – mit
sundheit und Pflege“ auf den Seiten 95 bis 102. Auf S. 95                  74 Änderungen auf 35 Seiten.2 An zweiter Stelle kommt in
mit Randzeichen 4416 bis 4414 ist einleitend Folgendes                     den Artikeln 2 und 2 a GVWG das Elfte Buch Sozialgesetz-
ausgeführt:                                                                buch – Gesetzliche Pflegeversicherung – mit 42 Änderun-
                                                                           gen auf 13 Seiten.3 In den Artikeln 3 bis 16 GVWG werden
„Kranke, Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderun-                     18 weitere Gesetze neugefasst, was Gegenstand dieses
gen müssen auf die Solidarität der Gesellschaft vertrauen                  Beitrages ist.
können. Wir werden sicherstellen, dass alle auch zukünftig
eine gute, flächendeckende medizinische und pflegerische                   Welche weiteren Gesetze wurden geändert
Versorgung von Beginn bis zum Ende ihres Lebens erhalten,                  bzw. geschaffen?
unabhängig von ihrem Einkommen und Wohnort. Das                            In einem Überblick werden zunächst die Inhalte der wei-
Patientenwohl ist für uns entscheidender Maßstab für                       teren Artikel des GVWG dargestellt.
gesundheitspolitische Entscheidungen, die Patientenorien-                  • Artikel 3 ändert das Gesetz über die Krankenversiche-
tierung ist unser Leitbild für das Gesundheitswesen. Die                      rung der Landwirte,
Zusammenarbeit und Vernetzung im Gesundheitswesen                          • Artikel 4 ändert das Versicherungsvertragsgesetz,
müssen ausgebaut und verstärkt werden. Zur Erreichung                      • Artikel 5 ändert das Krankenhausfinanzierungsgesetz,
einer sektorenübergreifenden Versorgung wollen wir nach-                   • Artikel 6 ändert das Krankenhausentgeltgesetz,
haltige Schritte einleiten.“                                               • Artikel 7 ändert das Ergotherapeutengesetz,
                                                                           • Artikel 8 ändert das Gesetz über den Beruf der Logo-
                                                                              päden,

  1   „Ein neuer Aufbruch für Europa – Eine neue Dynamik für Deutsch-        2   Dazu ausführlich Böhme, Die Reform der Krankenversicherung 2021
      land – Ein neuer Zusammenhalt für unser Land“, Koalitionsvertrag           als Kernstück des Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsge-
      von CDU, CSU und SPD, 19. Legislaturperiode, im Internet abgerufen         setzes, in: Healthcare & Hospital Law 3.2021, 88–91.
      am 28.11.2021 unter https://www.bundesregierung.de/resource/           3   Dazu ausführlich Böhme, Pflegereform 2021 als zweites Kernstück
      blob/975226/847984/5b8bc23590d4cb2892b31c987ad672b7/2018-                  des Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetzes, in: He-
      03-14-koalitionsvertrag-data.pdf?download=1.                               althcare & Hospital Law 4.2021, 123–126.

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Hospital Law 2. Jahrgang &Healthcare - medhochzwei Verlag
Bedeutende Änderungen und Schaffung anderer Gesundheitsgesetze im Rahmen des GVWG

• Artikel 9 ändert das Masseur- und Physiotherapeuten-          Art. 4 GVWG: Änderung des Versicherungsvertragsgesetzes
    gesetz,                                                     § 192 Abs. 7 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) vom
•   Artikel 9a ändert das Pflegeberufegesetz,                   23.11.20076, das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom
•   Artikel 10 ändert das Gesetz zur Stärkung der Ent-          10.07.20207 geändert worden ist, werden folgende Sätze
    scheidungsbereitschaft bei der Organspende,                 angefügt:
•   Artikel 11 ändert die Risikostruktur-Ausgleichsverord-
    nung,                                                       „Soweit im Notlagentarif nach § 153 des Versicherungs-
•   Artikel 12 ändert die Zulassungsverordnung für Ver-         aufsichtsgesetzes der Versicherer die aus dem Versiche-
    tragsärzte,                                                 rungsverhältnis geschuldete Leistung an den Leistungser-
•   Artikel 13 ändert die Zulassungsverordnung für Ver-         bringer oder den Versicherungsnehmer erbringt, wird er von
    tragszahnärzte,                                             seiner Leistungspflicht gegenüber dem Leistungserbringer
•   Artikel 14 ändert die Bundespflegesatzverordnung,           frei. Der Versicherer kann im Basistarif nach § 152 des
•   Artikel 15 schafft das Gesundheitsausgaben- und per-        Versicherungsaufsichtsgesetzes und im Notlagentarif nach
    sonalstatistikgesetz,                                       § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes nicht mit einer
•   Artikel 15a ändert die Datentransparenzverordnung,          ihm aus der Krankheitskostenversicherung oder der privaten
•   Artikel 15b schafft das Gesetz zur Sicherung der Qualität   Pflege-Pflichtversicherung zustehenden Prämienforderung
    der Gewinnung von Pflegekräften aus dem Ausland,            gegen eine Forderung des Versicherungsnehmers aus die-
•   Artikel 15c ändert die Schiedsstellenverordnung,            sen Versicherungen aufrechnen. § 35 ist nicht anwendbar.“
•   Artikel 15d ändert das Transplantationsgesetz und
•   Artikel 16 ändert das DRK-Gesetz.                           § 35 VVG regelt das Aufrechnungsrecht des Versicherers im
                                                                Falle von Prämienrückstand mit Geldleistungen aus der
                                                                Versicherung. Die Neuregelungen sieht die Einführung eines
Art. 3 GVWG: Änderung des Gesetzes über die Kranken-            Direktanspruchs der Leistungserbringer gegenüber dem
versicherung der Landwirte                                      Versicherer auf Leistungserstattung im Notlagentarif und
§ 39 Abs. 2 des Zweiten Gesetzes über die Kranken-              die Einführung eines Aufrechnungsverbots des Versicherers
versicherung der Landwirte vom 20.12.19884, das zuletzt         mit Prämienforderungen gegen eine Forderung des Ver-
durch Art. 14 des Gesetzes vom 12.06.2020 (BGBl. I S. 1248)     sicherungsnehmers im Notlagen- und Basistarif vor.
geändert worden ist, wird folgender Satz angefügt:              Hierzu wird in der Gesetzesbegründung ausgeführt8:
                                                                „Hierdurch werden die Rahmenbedingungen für die medizi-
„Für die Bemessung der Beiträge aus dem Arbeitseinkom-          nische Versorgung von im Notlagen- und Basistarif Ver-
men nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 gilt § 240 Absatz 1           sicherten verbessert, indem das Forderungsausfallrisiko für
Satz 1 und Absatz 4a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch        den Leistungserbringer reduziert und die Akzeptanz, Pri-
entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle der            vatversicherte in diesen Tarifen zu behandeln, erhöht wird.“
Regelungen des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen
die Regelungen der Satzung treten.“                             Art. 5 GVWG: Änderung des Krankenhausfinanzierungs-
                                                                gesetzes
Es handelt sich um die Folgeänderung zu § 226 Abs. 2 SGB        Das Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) in der Fassung
V. In der Gesetzesbegründung ist dazu ausgeführt5:              der Bekanntmachung vom 10.04.19919, das zuletzt durch
                                                                Artikel 2a des Gesetzes vom 18.11.202010 geändert worden
„Auch das Verfahren zur Beitragsbemessung aus Arbeits-          ist, wird insoweit geändert, dass:
einkommen der pflichtversicherten landwirtschaftlichen          1. in § 8 Abs. 1b KHG die Wörter „oder für die in höchstens
Unternehmer und mitarbeitenden Familienangehörigen ist          drei aufeinanderfolgenden Jahren Qualitätsabschläge nach
bislang nicht geregelt. Aus Gründen der Gleichbehandlung        § 5 Absatz 3a des Krankenhausentgeltgesetzes erhoben
wird das Beitragsverfahren freiwillig Versicherter in der       wurden“ gestrichen werden,
landwirtschaftlichen Krankenversicherung auch für das           2. in § 17b Abs. 1 S. 10 zweiter Halbsatz KHG bzw. in § 18
Arbeitseinkommen der pflichtversicherten landwirtschaftli-      Abs. 4 S. 1 KHG nach dem Wort „schriftlicher“ bzw.
chen Unternehmer und mitarbeitenden Familienangehöri-           „schriftlich“ die Wörter „oder elektronischer“ bzw. „oder
gen entsprechend angewendet.“

                                                                   6   BGBl. I S. 2631.
                                                                   7   BGBl. I S. 1653.
                                                                   8   BT-Drucksache 19/26822, S. 116.
    4   BGBl. I S. 2477, 2557.                                     9   BGBl. I S.886.
    5   BT-Drucksache 19/26822, S. 116.                            10 BGBl. I S. 2397.

                                                                                    Healthcare & Hospital Law 2. Jg. 1 | 2022
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Hospital Law 2. Jahrgang &Healthcare - medhochzwei Verlag
Hans Böhme

elektronisch“ eingefügt werden und in § 17b Absatz 1a die        soll künftig eine größere Anzahl an Krankenhäusern die
Nummer 3 KHG aufgehoben wird.                                    klinischen Sektionen, die zum Zweck der Qualitätssiche-
3. in § 17d Absatz 9 wird in Satz 1 nach „Nr. 1 Buchstabe a“     rung durchgeführt wurden, über den Zuschlag nach § 5
die Angabe „und e“ eingefügt und Satz 2 aufgehoben.              Abs. 3b refinanzieren können. Demzufolge ist nunmehr § 5
Bei der Streichung der Wörter in § 8 Abs. 1b KHG „handelt es     Abs. 3b KHG ein Satz angefügt:
sich um eine Folgeänderung zur Aufhebung des Auftrags an
den G-BA, Festlegungen für die Umsetzung von qualitäts-          „Bei der Ermittlung des durch den Zuschlag zu finanzieren-
abhängigen Zu- und Abschlägen nach § 136b Absatz 1 Satz 1        den Betrages sind die für den Vereinbarungszeitraum vom
Nummer 5 und Absatz 9 SGB V zu treffen“11. Deshalb wurde         Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus nach § 9
auch in § 17b Abs. 1a die Nummer 3 KHG aufgehoben.               Absatz 1a Nummer 3 kalkulierten Kosten einer klinischen
Mit der Erweiterung auf „elektronisch“ in § 17b Abs. 1 S. 10     Sektion in voller Höhe zugrunde zu legen.“
zweiter Halbsatz und in § 18 Abs. 4 S. 1 KHG wird eine
technikoffene Formulierung sichergestellt und „die Option        In der Gesetzesbegründung steht dazu18:
eines elektronischen Antrags zur Verwaltungsvereinfachung
eingeräumt“12.                                                   „Dies gewährleistet eine regelmäßige Anpassung der
Mit der Aufnahme von Buchstabe e aus § 21 Abs. 2 Nr. 1           gewährten Zuschläge an die durch das InEK kalkulierten
Krankenhausentgeltleistungsgesetz (KHEntG) wird dem              Kosten einer klinischen Sektion. Die durch das InEK kal-
Rechnung getragen, dass die Psychiatrie-Personalverord-          kulierten Kosten einer klinischen Sektion werden jährlich für
nung zum 1.01.2020 durch Artikel 7 des Gesetzes vom              das Folgejahr von den Vertragsparteien auf Bundesebene
21.07.201213, das zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom       veröffentlicht und können von den Vertragsparteien nach
19.12.201614 geändert worden ist, aufgehoben worden ist.         § 11 eingesehen werden.“
Anstelle dessen ist „die Zahl des insgesamt beschäftigten
Pflegepersonals und die Zahl des insgesamt in der unmittel-      § 9 Abs. 1a Nr. 3 KHG legt nunmehr Folgendes fest:
baren Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen
beschäftigten Pflegepersonals zu übermitteln“.15                 „bis zum … [Datum einsetzen: letzter Tag des dritten Monats
                                                                 nach Inkrafttreten gemäß Artikel 16 Absatz 1] Anforderungen
Art. 6 GVWG: Änderung des Krankenhausentgeltgesetzes             an die Durchführung klinischer Sektionen zur Qualitäts-
Das Krankenhausentgeltgesetz (KHG) vom 23. April 200216,         sicherung; insbesondere legen sie für die Qualitätssicherung
das zuletzt durch Artikel 4a des Gesetzes vom 18.11.2020         erforderliche Mindestanforderungen fest und machen Vor-
(BGBl. I S. 2397) geändert worden ist, wird in einigen           gaben für die Berechnung des Zuschlags; das Institut für das
Punkten geändert.                                                Entgeltsystem im Krankenhaus ist mit der jährlichen Kalku-
So wird das bisherige geltende Erfordernis einer schriftli-      lation der Kosten einer klinischen Sektion zu beauftragen,
chen Vereinbarung um die Option einer elektronischen             wobei die für die Kalkulation entstehenden Kosten aus dem
Alternative ergänzt.                                             Zuschlag nach § 17b Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 des Kran-
Der Gesetzgeber hat mit dem Krankenhausstrukturgesetz            kenhausfinanzierungsgesetzes zu finanzieren sind;“.
(KHSG) vom 10.12.201517 den Zuschlag für klinische
Sektionen nach § 5 Abs. 3b KHG eingeführt und die                § 8 Abs. 4 S. 2 KHEntG ist wie folgt gefasst:
Vertragsparteien auf Bundesebene beauftragt, Anforde-
rungen an die Durchführung klinischer Sektionen zur              „Entgelte dürfen für eine Leistung nicht berechnet werden,
Qualitätssicherung zu vereinbaren, insbesondere auch             wenn ein Krankenhaus die Vorgaben für Mindestmengen
eine zur Qualitätssicherung erforderliche Sektionsrate           nach § 136b Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Fünften Buches
und Kriterien für die Auswahl der zu obduzierenden               Sozialgesetzbuch nicht erfüllt, soweit keine berechtigte
Todesfälle. Seit 2019 können Krankenhäuser den Zuschlag          mengenmäßige Erwartung nach § 136b Absatz 5 des Fünf-
nur noch vereinbaren, wenn sie eine indikationsbasierte          ten Buches Sozialgesetzbuch nachgewiesen wird.“
Sektionsrate von 12,5 % erfüllen. Um die klinischen
Sektionen als Qualitätssicherungsinstrument zu stärken,          Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich folgender Hinweis19:

  11 BT-Drucksache 19/26822, S. 117.
                                                                 „Es handelt sich um Folgeänderungen aufgrund der
  12 BT-Drucksache 19/26822, S. 117.
                                                                 Streichung der Ausnahmetatbestände in § 136b Absatz 3
  13 BGBl. I S. 1613.                                            und 5 SGB V sowie der Aufhebung der Regelungen zu
  14 BGBl. I S. 2986.
  15 BT-Drucksache 19/26822, S. 117.
  16 BGBl. I S. 1412, 1422.                                         18 BT-Drucksache 19/26822, S. 118.
  17 BGBl. I S. 2229.                                               19 BT-Drucksache 19/26822, S. 119.

Healthcare & Hospital Law 2. Jg.       1 | 2022
                                                                                                                          7
Hospital Law 2. Jahrgang &Healthcare - medhochzwei Verlag
Bedeutende Änderungen und Schaffung anderer Gesundheitsgesetze im Rahmen des GVWG

qualitätsabhängigen Zu- und Abschlägen nach § 136b             Art. 9a GVWG: Änderung des Pflegeberufegesetzes
Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 und Absatz 9 SGB V.“                  Das Pflegeberufegesetz (PflBG) vom 17.07.201728, das
                                                               zuletzt durch Artikel 13a des Gesetzes vom 24.02.202129
Dem § 15 Abs. 3 KHEntG ist folgender Satz angefügt: „Die       geändert worden ist, ist in § 14 hinsichtlich der Modell-
Sätze 1 und 2 sind auch auf erstmalig vereinbarte Entgelte     vorhaben neu gefasst: „Ausbildung im Rahmen von Modell-
nach § 6 Absatz 2 anzuwenden.“ Damit wird einem Urteil         vorhaben nach § 63 Absatz 3c oder § 64d des Fünften
des Bundesverwaltungsgerichts mit folgendem Leitsatz           Buches Sozialgesetzbuch“. An die Reform des SGB V wird
Rechnung getragen20: „§ 15 Abs. 3 KHEntgG ist auch auf         im Rahmen des GVWG angeknüpft.30 Die Bestimmung über
erstmals vereinbarte Entgelte nach § 6 Abs. 2 KHEntgG          Modellvorhaben zur Heilmittelversorgung durch geeignete
(Vergütung für neue Untersuchungs- und Behandlungs-            Pflegefachkräfte wurde bereits am 11.04.2017 eingeführt,
methoden) anwendbar.“ In der Gesetzesbegründung wird           jedoch mit dem Termin- und Versorgungsgesetz vom
klargestellt, dass durch die Anwendung der Sätze 1 und 2       06.05.2019 zum 11.05.2019 aufgehoben. Im Zusammen-
auch für erstmalig vereinbarte Entgelte für neue Unter-        hang mit der Diskussion zur Aufwertung der Pflegefach-
suchungs- und Behandlungsmethoden ein Ausgleich                berufe ist dieses Modellvorhaben jetzt wieder eingeführt31.
erfolgt, „wenn die Entgelte erst nach Beginn des Verein-
barungszeitraums vereinbart und genehmigt werden“21.           Art. 10 GVWG: Änderung des Gesetzes zur Stärkung der
                                                               Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende
Art. 7 GVWG: Änderung des Ergotherapeutengesetzes              Das Gesetz zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft
In § 10 S. 1 und 2 des Ergotherapeutengesetzes vom             bei der Organspende vom 16.03.202032 wurde in einigen
25.05.197622, das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom     Punkten geändert.
24.02.202123 geändert worden ist, wird die Angabe „2021“       In § 2a Transplantationsgesetz sind dem Absatz 1 nach
jeweils durch die Angabe „2026“ ersetzt. Die Modellklausel     Satz 3 folgende Sätze angefügt:
zur Erprobung akademischer Erstausbildungen ist bis zum
31.12.2021 befristet. Mit der Änderung wird ihre Geltung bis   „Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte
Ende 2026 verlängert.                                          darf die im Register gespeicherten personenbezogenen
                                                               Daten zudem zum Zweck der Erstellung eines Jahres-
Art. 8 GVWG: Änderung des Gesetzes über den Beruf der          berichts verwenden. In dem Jahresbericht sind die im
Logopäden                                                      Register dokumentierten Erklärungen zur Organ- und
In § 11 S. 1 und 2 des Gesetzes über den Beruf des             Gewebespende, ihre Änderungen und Widerrufe in anony-
Logopäden vom 07.05.198024, das zuletzt durch Artikel 3        misierter Form nach Anzahl, Geschlecht, Geburtsjahr und
des Gesetzes vom 24.02.202125 geändert worden ist, wird        Bundesland, in dem die erklärende Person ihren Wohnsitz
die Angabe „2021“ jeweils durch die Angabe „2026“              hat, auszuwerten. Der Jahresbericht ist jährlich bis zum
ersetzt. Auch hier ist die Modellklausel zur Erprobung         30. Juni zu veröffentlichen.“
akademischer Erstausbildungen bis Ende 2026 verlängert.
                                                               Nach der Gesetzesbegründung ist es Ziel des Registers,
Art. 9 GVWG: Änderung des Masseur- und Physiothera-            neben der verlässlich auffindbaren Dokumentation von
peutengesetzes                                                 persönlichen Erklärungen zur Organ- und Gewebespende,
In § 19 S. 1 und 2 des Masseur- und Physiotherapeutenge-       den nach § 2 Abs. 1 mit der Aufklärung über die Organ-
setzes vom 26.05.199426, das zuletzt durch Artikel 7 des       und Gewebespende nach Landesrecht beauftragten Stel-
Gesetzes vom 24.02.202127 geändert worden ist, wird die        len, den Bundesbehörden, insbesondere der Bundeszen-
Angabe „2021“ jeweils durch die Angabe „2026“ ersetzt.         trale für gesundheitliche Aufklärung und den Krankenkas-
Auch hier ist die Modellklausel zur Erprobung akademi-         sen belastbare Daten zu Art (Einwilligung, Widerspruch zur
scher Erstausbildungen bis Ende 2026 verlängert.               Organ- und Gewebespende oder Übertragung der Ent-

                                                                 28 BGBl. I S. 2581.
                                                                 29 BGBl. I S. 274.
   20 BVerwG, Urt. v. 05.12.2019 – 3 C 28.17.
                                                                 30 Vgl. Böhme, Die Reform der Krankenversicherung 2021 als Kern-
   21 BT-Drucksache 19/26822, S. 120.
                                                                    stück des Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetzes, in:
   22 BGBl. I S. 1246.                                              Healthcare & Hospital Law 3.2021, 90.
   23 BGBl. I S. 274.                                            31 Vgl. auch Wiemers, Kompetenzen auf Probe – Zu neuen Modell-
   24 BGBl. I S. 529.                                               vorhaben in der Pflege, in: Healthcare & Hospital Law 4.2021, 134–135.
   25 BGBl. I S. 274.                                            32 BGBl. I S. 497.
   26 BGBl. I S. 1084.                                           28 BGBl. I S. 2581.
   27 BGBl. I S. 274.                                            28 BGBl. I S. 2581.

                                                                                 Healthcare & Hospital Law 2. Jg. 1 | 2022
 8
Hospital Law 2. Jahrgang &Healthcare - medhochzwei Verlag
Hans Böhme

scheidung über die Organ- und Gewebespende auf eine            schnittlich viele kranke Menschen und Beitragszahler mit
namentlich benannte Person) und Anzahl dieser Erklärun-        niedrigem Einkommen. Seit 1994 gibt es einen Ausgleich
gen, ihrer Änderungen und ihrer Widerrufe zu geben.            dieser Risikounterschiede zwischen den Krankenkassen,
Ausgewertet werden sollen die Erklärungen im Rahmen            den sogenannten Risikostrukturausgleich in der gesetzli-
eines Jahresberichts im Hinblick auf das Geschlecht, das       chen Krankenversicherung (RSA). Der Risikostrukturaus-
Alter sowie im Hinblick auf den Wohnsitz der erklärenden       gleich in der Gesetzlichen Krankenversicherung wird in den
Person. Die Daten können Aufschluss darüber geben,             §§ 266 ff. SGB V sowie der Risikostruktur-Ausgleichsver-
ob und ggf. inwieweit Anpassungen der Aufklärungsarbeit        ordnung (RSAV) geregelt. Mit Art. 11 GVWG werden die
erforderlich sein können. Die Auswertung dieser Daten          Zuweisungsverfahren beim Kinderkrankengeld und bei den
veröffentlicht das BfArM in anonymisierter Form einmal         Auslandsversicherten entsprechend der Empfehlungen der
jährlich jeweils zum 30.06. in geeigneter Weise33.             Folgegutachten angepasst, um Wettbewerbsverzerrungen
Abs. 3 Nr. 1 Buchstabe a sind folgende Sätze angehängt:        im Risikostrukturausgleich zu beseitigen. So erfolgt beim
                                                               Kinderkrankengeld ab dem Jahr 2021 ein vollständiger
„Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte       Ausgleich der tatsächlichen Leistungsausgaben der Kran-
darf das Pseudonym der Krankenversichertennummer aus-          kenkassen, während bei den Auslandsversicherten ab dem
schließlich zum Zweck der Vermeidung möglicher Fehl-           Jahr 2023 eine Differenzierung der Zuweisungen nach dem
zuordnungen bei Doppelungen persönlicher Daten bei             jeweiligen Wohnstaat erfolgt.
unterschiedlichen Personen im Abfragefall verarbeiten.
Das Verfahren zur Pseudonymisierung legt das Bundes-           Art. 12 und 13 GVWG: Änderung der Zulassungsverord-
institut für Arzneimittel und Medizinprodukte im Benehmen      nung für Vertragsärzte und Vertragszahnärzte
mit dem Bundesamt für die Sicherheit in der Informations-      In den Artikeln 12 und 13 GVWG sind die Zulassungsver-
technik und dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz         ordnung für Vertragsärzte und die Zulassungsverordnung
und die Informationsfreiheit fest.“                            für Vertragszahnärzte insoweit geändert worden, dass
                                                               Sitzungen im Regelfall zwar als Präsenzsitzungen bei
In der Regierungsbegründung steht dazu, dass mit der           persönlicher Anwesenheit aller Sitzungsteilnehmer im
Ergänzung in Abs. 3 Nr. 1 Buchstabe a das BfArM                Sitzungszimmer durchzuführen sind, davon aber in § 36
ermächtigt ist, neben den genannten personenbezogenen          Absätze 3 und 4 der jeweiligen Verordnung unter
Daten auch den Doktortitel sowie ein Pseudonym der             bestimmten Voraussetzungen mittels Videotechnik abge-
Krankenversichertennummer nach § 290 SGB V zu                  wichen werden kann. Die Entscheidung über die Abwei-
erheben und zu speichern. Der Doktortitel als Namens-          chung kann nur einstimmig getroffen werden.
zusatz ist ein weiteres Unterscheidungsmerkmal, das
Fehlzuordnungen von Einträgen bei Doppelung der üb-            Art. 14 GVWG: Änderung der Bundespflegesatzverordnung
rigen genannten personenbezogenen Daten verhindern             Die Bundespflegesatzverordnung vom 26.09.199435, die
kann. Dies gilt insbesondere für solche Personen, die über     zuletzt durch Artikel 7 des Gesetzes vom 23.10.202036
keine Krankenversichertennummer verfügen. Auch die             geändert worden ist, wird insbesondere durch Erweiterung
Erhebung und Speicherung eines Pseudonyms der Kran-            auf „elektronisch“ geändert. In der Gesetzesbegründung
kenversichertennummer von gesetzlich krankenversicher-         wird hervorgehoben37:
ten Personen dient ausschließlich dem Zweck, mögliche
Fehlzuordnungen bei Doppelungen persönlicher Daten bei         „Mit der Änderung wird das bisherige geltende Erfordernis
unterschiedlichen Personen im Abfragefall zu vermeiden.        einer schriftlichen Mitteilung um eine elektronische Alter-
Die Krankenversichertennummer ist dabei vom BfArM in           native ergänzt. Eine technikoffene Formulierung wird
Form aus ihr abgeleiteter und nicht rückübersetzbarer          sichergestellt und die Option einer elektronischen Mitteilung
kryptischer Zeichenketten (Hashwerte) datenschutzkon-          zur Verwaltungsvereinfachung eingeräumt.“
form zu pseudonymisieren und in dieser Form zu ver-
arbeiten34.
                                                               Art. 15 GVWG: Das Gesundheitsausgaben- und personal-
Art. 11 GVWG: Änderung der Risikostruktur-Ausgleichs-          statistikgesetz
verordnung                                                     Artikel 15 GVWG enthält das Gesetz über die Statistiken zu
Krankenkassen haben eine ungleiche Versichertenstruktur:       Gesundheitsausgaben und ihrer Finanzierung, zu Krank-
Einige haben überdurchschnittlich viele gutverdienende         heitskosten sowie zum Personal im Gesundheitswesen
und gesunde Versicherte, andere versichern überdurch-
                                                                  35 BGBl. I S. 2750.
  33 BT-Drucksache 19/26822, S. 122.                              36 BGBl. I S. 2208.
  34 BT-Drucksache 19/26822, S. 123.                              37 BT-Drucksache 19/26822, S. 129.

Healthcare & Hospital Law 2. Jg.       1 | 2022
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Bedeutende Änderungen und Schaffung anderer Gesundheitsgesetze im Rahmen des GVWG

(Gesundheitsausgaben- und -personalstatistikgesetz –               Art. 15d GVWG: Änderung des Transplantationsgesetzes
GAPStatG) mit neun Paragraphen. In der Gesetzesbegrün-             Das Gesetz über die Spende, Entnahme und Übertragung
dung steht dazu38:                                                 von Organen und Geweben (Transplantationsgesetz – TPG)
                                                                   in der Fassung der Bekanntmachung vom 04.09.200742,
„Für die Statistiken der Gesundheitsausgaben und ihrer             das zuletzt durch Art. 15 Abs. 3 des Gesetzes vom
Finanzierung, der Krankheitskosten und des Personals im            04.05.202143 geändert worden ist, ist unter anderem wie
Gesundheitswesen sowie eines regionalen Gesundheitsper-            folgt geändert:
sonalmonitorings schafft § 1 die Rechtsgrundlage, aufgrund         In § 7 Abs. 2 S. 1 TPG, wonach zur unverzüglichen Auskunft
der das Statistische Bundesamt die erforderlichen Angaben          über die nach Abs. 1 erforderlichen Daten folgende
bei den Stellen, die über Daten zu diesen Sachverhalten            Personen verpflichtet sind, ist die Nummer 2 nunmehr
verfügen, erheben und aufbereiten kann. § 1 setzt das              wie folgt gefasst:
regionale Gesundheitspersonalmonitoring als neue Bundes-
statistik um, die über das Angebot und die Nachfrage des           „2. Ärzte und Transplantationsbeauftragte, die über den
Personals in bestimmten Einrichtungen des Gesundheits-             möglichen Organ- oder Gewebespender eine Auskunft aus
wesens informieren soll. Die §§ 2 bis 5 regeln die Sach-           dem Register für Erklärungen zur Organ- und Gewebespende
verhalte der jeweiligen Statistiken, die erforderlichen Daten-     nach § 2a Absatz 4 oder Absatz 5 erhalten haben,“.
quellen und die Periodizität. § 8 ermächtigt das BMG, nähere
Bestimmungen zur Durchführung der Statistiken durch                Weiterhin ist folgender Satz angefügt:
Rechtsverordnung zu regeln. Die zulässigen Datenübermitt-
lungen werden in § 9 niedergelegt.“                                „Die Auskunft nach Satz 1 Nummer 2 ist abweichend
                                                                   von Satz 2 in Behandlungssituationen, in denen der nicht
                                                                   behebbare Ausfall der Gesamtfunktion des Großhirns, des
Art. 15a GVWG: Änderung der Datentransparenzverordnung             Kleinhirns und des Hirnstamms des möglichen Organ- oder
In § 3 Abs. 1 Nr. 3a pp der Datentransparenzverordnung             Gewebespenders unmittelbar bevorsteht oder als bereits
vom 19.06.202039 werden nach dem Wort „Rahmen“ die                 eingetreten vermutet wird, zu erteilen.“
Wörter „von Modellvorhaben nach § 64e des Fünften
Buches Sozialgesetzbuch“ eingefügt. Es handelt sich dabei          Dem Absatz 3 ist folgender Satz angefügt:
um das neue Modellvorhaben zur umfassenden Diagnostik
und Therapiefindung mittels Genomsequenzierung bei                 „Die Auskunft nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 darf
seltenen und bei onkologischen Erkrankungen.                       abweichend von Satz 3 in Behandlungssituationen, in denen
                                                                   der nicht behebbare Ausfall der Gesamtfunktion des Groß-
Art. 15b GVWG: Das Gesetz zur Sicherung der Qualität der           hirns, des Kleinhirns und des Hirn-stamms des möglichen
Gewinnung von Pflegekräften aus dem Ausland                        Organ- oder Gewebespenders unmittelbar bevorsteht oder
In Artikel 15b GVWG ist ein Gesetz zur Sicherung der               als bereits eingetreten vermutet wird, von Ärzten, die den
Qualität der Gewinnung von Pflegekräften aus dem Ausland           möglichen Organ- oder Gewebespender behandeln, einge-
aufgenommen, in dessen § 1 zur Sicherung der Qualität der          holt werden.“
Gewinnung von Pflegekräften aus dem Ausland ein Güte-
siegel des Bundesgesundheitsministeriums verlangt wird. In         Damit wird die Informationsmöglichkeit vor der Trans-
§ 2 ist die Herausgabe des Gütesiegels durch das Kurato-           plantation nachhaltig verbessert, denn die Auskunfts-
riums Deutsche Altershilfe (KDA) geregelt.                         pflichten werden insoweit nicht von der Todesfeststellung
                                                                   abhängig gemacht.
Art. 15c GVWG: Änderung der Schiedsstellenverordnung               Dem § 9a Abs. 2 TPG Entnahmekrankenhäuser werden die
Die Verordnung über die Schiedsstelle für Arzneimittel-            folgenden Sätze angefügt:
versorgung und die Arzneimittelabrechnung (Schiedsstel-
lenverordnung – SchStV) vom 29.09.199440, die zuletzt              „Verfügt ein Entnahmekrankenhaus nicht über Ärzte, die für
durch Artikel 8 des Gesetzes vom 06.05.201941 geändert             die Feststellung des endgültigen, nicht beheb-baren Ausfalls
worden ist, wurde redaktionell den Änderungen im SGB V             der Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und des
angepasst.                                                         Hirnstamms bei einem Patienten qualifiziert sind, und ist es
                                                                   auch anderweitig nicht in der Lage, seine Verpflichtung
                                                                   nach Satz 1 Nummer 1 zu erfüllen, vermittelt die Koor-
   38 BT-Drucksache 19/26822 im Internet abgerufen am 28.11.2021
      unter https://dserver.bundestag.de/btd/19/268/1926822.pdf.   dinierungsstelle nach § 11 auf Anfrage des Entnahme-
   39 BGBl. I S. 1371.
   40 BGBl. I S. 2784.                                               42 BGBl. I S. 2206.
   41 BGBl. I S. 646.                                                43 BGBl. I S. 882.

                                                                                     Healthcare & Hospital Law 2. Jg. 1 | 2022
 10
Hans Böhme

krankenhauses hierfür qualifizierte Ärzte. Die Koordinie-          Zwischenzeitlich ist fraglich, ob die Personalgestellung
rungsstelle organisiert einen neurochirurgischen und neu-          nach § 4 Abs. 3 TVöD/TV-L nicht als Arbeitnehmerüber-
rologischen konsiliarärztlichen Rufbereitschaftsdienst (Ruf-       lassung anzusehen ist46 und diese Rechtsunsicherheit
bereitschaftsdienst), der sicherstellt, dass auf Anfrage eines     bestand auch bei der Gestellung von Mitgliedern einer
Entnahmekrankenhauses regional und flächendeckend je-              Schwesternschaft vom Deutschen Roten Kreuz. In § 2
derzeit Ärzte, die für die Feststellung des endgültigen, nicht     Abs. 4 DRK-Gesetz ist deshalb geregelt, dass § 1 Abs. 1 S. 4
behebbaren Ausfalls der Gesamtfunktion des Großhirns, des          und Abs. 1b des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes nicht
Kleinhirns und des Hirnstamms qualifiziert sind, zur Ver-          anwendbar ist. Es bedurfte somit auch hinsichtlich der
fügung stehen. Krankenhäuser mit neurochirurgischen oder           Versagungsgründe nach § 40 des Gesetzes über den
neurologischen Fachabteilungen sowie neurochirurgische             Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von
oder neurologische Medizinische Versorgungszentren und             Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz –
neurochirurgische oder neurologische Praxen beteiligen sich        AufenthG) in der Fassung der Bekanntmachung vom
auf Anfrage der Koordinierungsstelle an dem Rufbereit-             25.02.200847, das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes
schaftsdienst. Die Krankenhäuser, Medizinischen Versor-            vom 09.07.2021 geändert worden ist, einer Klarstellung.
gungszentren und Praxen haben einen Anspruch auf einen
angemessenen Ausgleich der Kosten, die ihnen dadurch
                                                                     44 BGBl. I S. 2346.
entstehen, dass sie Ärzte für den Rufbereitschaftsdienst zur         45 BGBl. I S. 1604.
Verfügung stellen. Die sich beteiligenden Ärzte haben                46 BAG, Beschl. v. 16.06.2021 – 6 AZR 390/20 (A).
Anspruch auf eine angemessene Vergütung einschließlich               47 BGBl. I S. 162.

einer Einsatzpauschale.“

Folgerichtig ist § 9c TPG Neurochirurgischer und neuro-               Prof. Hans Böhme
logischer konsiliarärztlicher Rufbereitschaftsdienst auf-
gehoben.                                                              Assessor iur. und Soziologe
                                                                      Honorarprofessor an der Ernst-
Art. 15e GVWG: Änderung des DRK-Gesetzes                              Abbe-Hochschule Jena
Dem § 2 Abs. 4 des DRK-Gesetzes vom 05.12.200844, das                 Wissenschaftlicher Berater des
zuletzt durch Artikel 11a des Gesetzes vom 15.11.201945               Instituts für Gesundheitsrecht
geändert worden ist, wird folgender Satz angefügt: „Die               und -politik
Gestellung gilt nicht als Arbeitnehmerüberlassung im Sinne            26419 Schortens-Upjever
des § 40 Absatz 1 Nummer 2 des Aufenthaltsgesetzes.“                  Mail: info@boehme-igrp.de

Healthcare & Hospital Law 2. Jg.    1 | 2022
                                                                                                                           11
Thomas Weiß

Zur Haftung eines Krankenhauses für grobe
Fehler einer Pflegekraft
Das Urteil des OLG München vom 06.08.2020 – 24 U 1360/19

In einer neueren Entscheidung hat sich das Oberlandesgericht (OLG) München mit einem Fall beschäftigt,
der Anlass gibt, wieder einmal auf einige wesentliche Aspekte in der Zusammenarbeit von ärztlichem und
pflegerischem Dienst sowie der Notwendigkeit klarer Anweisungen in einem Krankenhaus, der Optimierung
von Strukturen und der Beweislastverteilung bei Schadenfällen zwischen Patienten und Behandlern
hinzuweisen.

Arzthaftung | Behandlungsvertrag | Beweislastumkehr – EKG – Krankenhaushaftung | Organisationsver-
schulden | Pflegekrafthaftung

Der Fall                                                         EKGs in der Behandlungsakte ausdrücklich vermerkt
                                                                 werden soll.
Eine Patientin wurde durch den Notarzt am Nachmittag             Im Gerichtsverfahren sah sich das Krankenhaus für die
des ersten Behandlungstages ins Krankenhaus gebracht.            fehlerhafte Behandlung der Patientin nicht verantwortlich
Sie litt u. a. unter einer hypertensiven Entgleisung mit         und das Landgericht Kempten sah in erster Instanz schon
einem Blutdruck von 230/100 mmHg und einer Herz-                 keinen ärztlichen Behandlungsfehler, ebenso wenig wie ein
frequenz von 125/min. Durch die medizinischen Maß-               Organisationsverschulden des Krankenhauses. Es bewer-
nahmen im Krankenhaus wurde eine allmähliche Absen-              tete den Vorgang als Fehler einer Gehilfin. Als einen groben
kung des erhöhten Blutdrucks erreicht und auch die               Fehler, der zur Beweislastumkehr zugunsten der Patienten
Herzfrequenz wurde verlangsamt.                                  hätte führen können, sah das Landgericht in dem Vorgang
Am nächsten Morgen wurde ein EKG angefertigt, das bei            nicht und meinte, dass es sich um einen Fehler handelte,
Auswertung/Befundung dazu hätte führen müssen, dass              der in der klinischen Praxis vorkommen könne. Damit lehn-
die Patientin weiterhin unter Monitorüberwachung auf der         te das Landgericht die Klage der Patientin auf Schadens-
Intensivstation versorgt wurde.                                  ersatz ab.
Dieses EKG wurde jedoch nicht zur Patientenakte genom-           Das OLG München sah dies anders, hob das Urteil des
men und der zuständige Oberarzt kannte dieses EKG nicht          Landgerichts auf und sprach der Patientin Schadensersatz
bei seiner Visite an diesem Morgen und veranlasste nach          zu.
weiteren diagnostischen Maßnahmen die Verlegung auf              Es sah zwar ebenso wie das Landgericht keinen Behand-
eine Normalstation. Dort wurde der Patientin ein Medika-         lungsfehler des Oberarztes, der aufgrund seiner Informa-
ment verabreicht, was aufgrund der Erkenntnisse aus dem          tion, also ohne das EKG, die Entscheidung zur Verlegung
EKG ihr nicht hätte verabreicht werden dürfen. Nach einer        auf die Normalstation fehlerfrei getroffen habe. Das
Nacht auf der Normalstation erlitt die Patientin einen           Verhalten der Pflegekraft wurde jedoch als grober Fehler
Herz-Kreislauf-Stillstand und eine Hirnschädigung.               beurteilt und das OLG kommt zu dem Ergebnis, dass
Das EKG wurde ohne ärztliche Anordnung von einer                 dadurch die Beweislastumkehr zu Gunsten der Patientin
Pflegekraft, die auf der Intensivstation tätig war, gefertigt.   führt.
Die Pflegekraft legte dieses EKG dann aber nicht in die
Behandlungsakte und es wurde auch kein Vermerk ange-             Aus den Leitsätzen
fertigt, ebenso wenig wie in der Pflegekurve auf das EKG         1. Schon eine bloße Mitverursachung reicht aus, um einen
hingewiesen wurde.                                                  Ursachenzusammenhang zu bejahen.
Es gab eine interne Anweisung für die Intensivstationen,         2. Ein eindeutiger, fundamentaler Verstoß gegen eine
die zum Schutz der Patienten verlangte, dass von den                interne Regelung der Klinik, die zum Schutz der
Pflegekräften erfasste EKG-Befunde vorn in der Behand-              Patienten eine zeitnahe ärztliche Befundung erhobener
lungsakte einzulegen sind, sodass der behandelnde Arzt              Befunde gewährleisten soll (hier: Unverzügliche Vorlage
diesen Befund sogleich sehen kann. Außerdem bestand die             eines ohne ärztliche Anweisung geschriebenen EKGs in
Anweisung weitergehend darin, dass die Anfertigung eines            die Patientenakte), der einer Pflegekraft schlechter-

                                                                                 Healthcare & Hospital Law 2. Jg. 1 | 2022
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Thomas Weiß

   dings nicht unterlaufen darf, führt zur Beweislastum-          Gem. Abs. 2 trägt der Behandelnde die Beweislast für
   kehr hinsichtlich der Kausalität.                              Aufklärung und Einwilligung und hat eine Pflicht, dem
3. Auf die zeitnah unterbliebene Vorlage des EKGs in die          Patienten einen eigenen oder fremden Behandlungsfehler
   Patientenakte sind die Grundsätze über den Befund-             zu offenbaren. Soweit die Information durch den Behan-
   erhebungsfehler entsprechend heranzuziehen.                    delnden erfolgt, dem ein eigener Behandlungsfehler
                                                                  unterlaufen ist, darf sie gem. § 630c Abs. 2 S. 3 zu
Die Regelung in § 630h BGB                                        Beweiszwecken in einem gegen ihn geführten Strafver-
                                                                  fahren nur mit seiner Zustimmung verwendet werden. Auf
Der Wortlaut des § 630h Beweislast bei Haftung für                diese Weise soll gewährleistet werden, dass dem Behan-
Behandlungs- und Aufklärungsfehler BGB lautet:                    delnden aus der Offenbarung eigener Fehler keine un-
                                                                  mittelbaren strafrechtlichen Nachteile erwachsen.1
„(1) Ein Fehler des Behandelnden wird vermutet, wenn sich
ein allgemeines Behandlungsrisiko verwirklicht hat, das für       Die Begründung des OLG München
den Behandelnden voll beherrschbar war und das zur                (auszugsweise und zusammengefasst)
Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit
des Patienten geführt hat.                                        Dem Oberarzt kann auf der Basis der ihm vorliegenden
(2) Der Behandelnde hat zu beweisen, dass er eine                 Informationen und aufgrund des klinischen Eindrucks von
Einwilligung gemäß § 630d eingeholt und entsprechend              der Klägerin bei der Morgenvisite weder die Entscheidung
den Anforderungen des § 630e aufgeklärt hat. Genügt die           zur Verlegung auf die Normalstation noch die Medika-
Aufklärung nicht den Anforderungen des § 630e, kann der           mentenverordnung vorgeworfen werden. Auch die An-
Behandelnde sich darauf berufen, dass der Patient auch im         ordnung eines neuen EKGs war nicht geboten. Der Senat
Fall einer ordnungsgemäßen Aufklärung in die Maßnahme             teilt auch die Auffassung des Landgerichts, dass ein
eingewilligt hätte.                                               Organisationsfehler des Krankenhauses nicht nachgewie-
(3) Hat der Behandelnde eine medizinisch gebotene                 sen ist.
wesentliche Maßnahme und ihr Ergebnis entgegen § 630f             Zwar muss der Organisationsverantwortliche Diagnostik,
Absatz 1 oder Absatz 2 nicht in der Patientenakte                 Therapie und Nachbehandlung so organisieren, dass jede
aufgezeichnet oder hat er die Patientenakte entgegen              vermeidbare Gefährdung der Patienten ausgeschlossen
§ 630f Absatz 3 nicht aufbewahrt, wird vermutet, dass er          ist. Dazu gehört, dass Zuständigkeiten und Verantwort-
diese Maßnahme nicht getroffen hat.                               lichkeiten im Krankenhaus durch Einsatzpläne und Ver-
(4) War ein Behandelnder für die von ihm vorgenommene             treterregelungen deutlich abgegrenzt sind. Daher ist auch
Behandlung nicht befähigt, wird vermutet, dass die man-           eine Regelung erforderlich, die sicherstellt, dass vom
gelnde Befähigung für den Eintritt der Verletzung des             nichtärztlichen Personal erhobene Befunde auch dem
Lebens, des Körpers oder der Gesundheit ursächlich war.           verantwortlichen Arzt zur Befundung vorgelegt werden.
(5) Liegt ein grober Behandlungsfehler vor und ist dieser         Dies gilt unabhängig davon, ob die Befunderhebung
grundsätzlich geeignet, eine Verletzung des Lebens, des Kör-      medizinisch geboten war oder nicht. Den Arzt verpflichten
pers oder der Gesundheit der tatsächlich eingetretenen Art        nämlich auch die Ergebnisse solcher Untersuchungen zur
herbeizuführen, wird vermutet, dass der Behandlungsfehler         Einhaltung der berufsspezifischen Sorgfalt, die medizi-
für diese Verletzung ursächlich war. Dies gilt auch dann,         nisch nicht geboten waren, aber trotzdem – beispielsweise
wenn es der Behandelnde unterlassen hat, einen medizinisch        aus besonderer Vorsicht – veranlasst wurden. Folglich
gebotenen Befund rechtzeitig zu erheben oder zu sichern,          muss die Krankenhausorganisation dafür Sorge tragen,
soweit der Befund mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein        dass sichergestellt ist, dass auch ein ohne zwingend
Ergebnis erbracht hätte, das Anlass zu weiteren Maßnahmen         medizinische Indikation vom Krankenhauspersonal ge-
gegeben hätte, und wenn das Unterlassen solcher Maß-              schriebenes EKG von einem fachkundigen Arzt befundet
nahmen grob fehlerhaft gewesen wäre.“                             wird.
                                                                  Das Landgericht hat festgestellt, dass eine derartige, wenn
§ 630h BGB ist durch das Patientenrechtegesetz in das BGB         auch nur mündliche, Regelung bestanden hat. Das nicht-
eingefügt worden und im Februar 2013 in Kraft getreten.           ärztliche Personal war angewiesen, ein geschriebenes EKG
Damit ist zwar keine vollständige Beweislastumkehr                obenauf zur Patientenakte zu geben und diese dem Arzt
geregelt, doch ist die Beweislastumkehr in vier Fällen            vorzulegen. Zusätzlich war die Anfertigung eines EKGs im
gegeben:                                                          Pflegebericht zu dokumentieren. Solche Regelungen sind
• Vollbeherrschbares Behandlungsrisiko (Abs. 1),                  üblich und da keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass es
• Sonstiges Dokumentationsversagen (Abs. 3),
• fehlende fachliche Befähigung (Abs. 4),
• grober Behandlungsfehler (Abs. 5).                                1   So die Gesetzesbegründung, Bundestag-Drucks. 17/10488, S. 22.

Healthcare & Hospital Law 2. Jg.   1 | 2022
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