PORT OF HAMBURG MAGAZINE - DAS OFFIZIELLE MAGAZIN DES HAMBURGER HAFENS MÄRZ

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PORT OF HAMBURG MAGAZINE - DAS OFFIZIELLE MAGAZIN DES HAMBURGER HAFENS MÄRZ
DAS OFFIZIELLE MAGAZIN DES HAMBURGER HAFENS   MÄRZ | 2018

50 JAHRE
CONTAINER
PORT OF HAMBURG MAGAZINE
PORT OF HAMBURG MAGAZINE - DAS OFFIZIELLE MAGAZIN DES HAMBURGER HAFENS MÄRZ
Liebe Leserinnen
und Leser,
                                     die Seeschifffahrt ist Triebfeder der Globalisie-
© BWVI

                                     rung und gleichzeitig auch Profiteur. Vor allem
                                     die Containerisierung der Ladung hat erheb-
                                     liches Potenzial gebracht. Im Hamburger Ha-
                                     fen wurde vor 50 Jahren das erste Container-
                                     schiff abgefertigt. Das war der Startschuss
                                     in ein neues Zeitalter und hat den Wandel im
                                     Hamburger Hafen nachhaltig geprägt.

                               Und jetzt stehen wir sozusagen vor der nächs-
                               ten epochalen Veränderung mit dem Thema
                               Industrie 4.0 und Digitalisierung. Digitale Tech-
nologien durchdringen zunehmend alle Bereiche der öffentlichen Infrastruktur
und des öffentlichen Raums. Voraussetzungen hierfür sind Breitband, schnel-
les Internet, 5G und eine umfassende Vernetzung im Hafen und in der Lo-
gistik. Echtzeitdaten, Brückenöffnung, Wetterbeobachtung, Windwarnung,
Hochwasserwarnung, Verkehrsmeldungen sind nur einige der Stichworte.

Der Hamburger Hafen ist ein bedeutender globaler Logistikhub mit einem
umfassenden Netz an Liniendiensten und effizienten Verbindungen in ein
großes Hinterland. Diese Position wollen wir erhalten und weiter stärken.
Die Veränderungen durch die Digitalisierung betreffen alle Lebensbereiche.
Wenn wir es klug angehen, liegen hierin große Chancen für Hamburg und für
ganz Deutschland.

Es ist Zeit für proaktives Handeln. Im Hamburger Hafen werden die Maßnah-
men zunehmend sichtbar. Die HPA setzt mit dem smartPORT-Programm ver-
schiedene Digitalisierungsprojekte nach und nach um, um die Verkehrs- und
Warenflüsse intelligent zu steuern – und zwar nicht nur unter ökonomischen,
sondern auch unter ökologischen Gesichtspunkten. Der digitale Wandel muss
gemeinsam mit allen Akteuren gestaltet werden.

Wir als Senat wollen gemeinsam mit den Unternehmen dafür sorgen, dass
die Branche die Zukunft erfolgreich angeht und Hamburg auch weiterhin in
der ersten Liga spielt.

Ihr Frank Horch,
Senator für Wirtschaft, Verkehr und Innovation der
Freien und Hansestadt Hamburg
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IM HAMBURGER HAFEN WURDE VOR 50 JAHREN DAS
ERSTE CONTAINERSCHIFF ABGEFERTIGT. DAS WAR DER
STARTSCHUSS IN EIN NEUES ZEITALTER UND HAT DEN
WANDEL IM HAMBURGER HAFEN NACHHALTIG GEPRÄGT.
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Inhaltsverzeichnis

     02   EDITORIAL

     50 JAHRE CONTAINER IN HAMBURG

     06   CONTAINERVERKEHR – WAS BRINGT DIE ZUKUNFT?
          Die Branche kommt an ihre Grenzen und ist reif für Innovationen

     10   WIE SIEHT DER HAFEN VON MORGEN AUS?
06        Innovationstreiber Digitalisierung

     14   GRÖSSENENTWICKLUNG IN DER CONTAINERSCHIFFFAHRT
          Ist die Schmerzgrenze erreicht, oder geht das Größenwachstum von
          Containerschiffen weiter?

     18   SLOTBUCHUNGSVERFAHREN AN HAMBURGS
          CONTAINERTERMINALS
          Fuhre 4.0 sorgt für zuverlässige Lkw-Abfertigung

     22   HAMBURGS HAFEN UND DER CONTAINER
10        Wie eine Box Deutschlands größten Seehafen verändert hat

     28   DIE KRUX MIT DER LEERCONTAINERLOGISTIK
          Eine Online-Plattform soll dazu beitragen, die Zahl teurer
          Leercontainerbewegungen zu reduzieren

     30   DER SPEDITEUR UND DAS BINNENSCHIFF
          Aufbau eines regelmäßigen Binnenschiffs-Containerdienstes zwischen
          Berlin und Hamburg

     32   PAPIERLOGISTIK IN DER BOX
          Wie aus klassischer Breakbulk-Ladung Containerladung wurde
14   36   SHORTSEA-POWER
          Kurzstreckenseeverkehr ist eine ausgezeichnete Alternative zu Lkw und
          Bahn im innereuropäischen Transport

     38   EIN STAHLBEHÄLTER FÜR ALLE ZWECKE
          Der Container wird nicht nur als Transportbehälter genutzt, sondern auch
          für Spezialanwendungen

     HAFEN HAMBURG MARKETING E.V.
18   40   PETER PICKHUBENS PINNWAND
          Tipps und Storys von Hamburgs frechster Hafenmöwe

     42   HAFEN HAMBURG MARKETING E.V.
          Jubiläumsjahr 2018: Ganz schön was los!

     42   IMPRESSUM

22
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Por ts & Logistics

Ein starker Verbund von 16 Hafen- und Logistikstandorten
   in   Norddeutschland          und   Skandinavien

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■ 50 JAHRE CONTAINER IN HAMBURG

                                                   Containerverkehr:
                                                 Was bringt die Zukunft?
                               In diesem Jahr feiert der Hamburger Hafen 50 Jahre Containerverkehr. Der Container hat die
                               Seeschifffahrt revolutioniert, die Entwicklung der Handelsströme weltweit enorm vorangetrieben und eine
                               internationale Verlagerung und Vernetzung der Wirtschaft in vorher ungeahnten Ausmaßen ermöglicht.
                               Allerdings stößt der maritime Containertransport jetzt an seine Grenzen. Welche Innovationen werden
                               den Containerseeverkehr erfolgreich durch die nächsten 50 Jahre bringen?

                               Die Containerisierung in der Schifffahrt brachte vielfäl-   ten Frachtraten bieten – ein großer Wettbewerbsvorteil.
                               tige Innovationen mit sich, die Zeit und Kosten sparen.     Die wirtschaftlichen Vorteile der immer größeren
                               Der Containerverkehr veränderte den Hafenbetrieb            Schiffe haben zu einer steigenden Konzentration in
                               grundlegend: Spezialisierte Containerterminals wur-         der Seeschifffahrt geführt. In den letzten Jahrzehnten
                               den mit besonderer Umschlagtechnik wie Container-           kam es immer wieder zu Fusionen und Übernahmen.
                               brücken und Staplern ausgerüstet. Durch ihre Standar-       Der Markt hat sich neu strukturiert, sodass die vier
                               disierung boten und bieten die genormten Boxen auch         größten Reedereien nun über mehr als die Hälfte der
                               Rationalisierungseffekte und betriebsgrößenbezogene         Kapazitäten weltweit verfügen. Außerdem haben
                               Kostenvorteile. Zudem hat die Entwicklung immer grö-        sich alle weltweit operierenden Linien in drei globalen
                               ßerer Schiffe die Geschichte der Containerschifffahrt       Allianzen zusammengetan, die wie Oligopole funktio-
                               geprägt. Das derzeit größte im Einsatz befindliche Con-     nieren und die wichtigen Ost-West-Relationen be-
                               tainerschiff hat eine Kapazität von mehr als 20.000         herrschen. Das hängt mit den Schiffsgrößen zusam-
                               TEU, also über hundert Mal mehr als die ersten Schif-       men, denn Konsolidierungen und Allianzen ermög-
                               fe. Die Linien mit den größten Schiffen haben die nied-     lichen es den Reedereien, größere Schiffe zu bestel-
                               rigsten Kosten, können also ihren Kunden die günstigs-      len und sie mit Ladung zu füllen.

06 | Port of Hamburg Magazine | März 2018
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50 JAHRE CONTAINER IN HAMBURG ■

AN DIE GRENZEN GEKOMMEN – REIF FÜR                          portketten zu erreichen, werden Innovationssprünge
INNOVATIONEN?                                               nötig. Welche könnten das sein? Meiner Meinung nach
Die Containerschifffahrt steckt in einem Teufelskreis,      werden sie sich um neue Formen der Modularität, Di-
scheinbar ohne Ausweg. Das funktioniert so: Eine Lini-      gitalisierung und neue Geschäftsmodelle drehen.
enreederei kann Geld verdienen, wenn sie ihre Konkur-
renz preislich unterbietet. Größere Schiffe ermöglichen     IST DER CONTAINER NOCH EINE
solche Preisvorteile. Aber sobald eine Reederei größe-      RELEVANTE EINHEIT?
re Schiffe bestellt, ziehen die anderen nach, um wett-      Während Containerschiffe den Umschlag in den
bewerbsfähig zu bleiben. So werden sehr viele größe-        1960er Jahren vereinfachten, führen die neuen Groß-
re Schiffe gebaut, und daraus resultieren Über-             containerschiffe eher zu Komplikationen. Sie bringen
kapazitäten. Es sind dann zu viele Schiffe für die im       Tausende, oft sogar mehr als zehntausend Container
Markt vorhandene Menge an Ladung; das Angebot               auf einmal in einen Hafen, die am Terminal umgeschla-
übersteigt die Nachfrage. Aus der Überkapazität folgen      gen werden müssen. Um diese Menge schnell zu be-
niedrigere Frachtraten, also sinkende Einnahmen für         wältigen, braucht ein Terminal bis zu zehn der größten
die Schifffahrtsunternehmen, die dann Verluste erlei-       Containerbrücken, die unter Höchstleistung arbeiten
den. Es werden folglich wieder neue Maßnahmen zur           müssen. Es entstehen Spitzen mit hoher Auslastung
Gewinnsteigerung erforderlich. Am Ende werden noch          und gleichzeitig Zeiten mit geringerer Beschäftigung.
größere Schiffe bestellt und gebaut, um Kosten zu spa-      Wenn bei der Abfertigung eines Großcontainerschiffs
ren, und der Teufelskreis dreht sich wieder von vorne,      eine so große Zahl an Containern in kurzer Zeit geladen
mit den eben beschriebenen Folgen.                          und gelöscht wird, beansprucht dies auch die Um-
                                                            schlagkapazität und Infrastruktur auf dem Terminal in
Das aktuelle Geschäftsmodell hat seine Grenzen er-          starkem Maße. Die Container müssen umgeladen
reicht. Der Sektor ist reif für einen grundsätzlichen Um-   werden, da sie mit Bahn, Lkw oder Binnenschiffen an-
bruch. Um größere Effizienz in den maritimen Trans-         kommen oder weiter transportiert werden. Die riesi-

                                                                                                           Port of Hamburg Magazine | März 2018 | 07
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■ 50 JAHRE CONTAINER IN HAMBURG

           Die Schnittstellen zwischen See-
           transport und Hafen sowie zwischen
           Hafen und den Landwegen bieten
           noch großes Potenzial für Produk-
           tivitätssteigerung.

 der Deutschen
räsentiert über
itgliedschaften
rungsindustrie.

                                   gen Containerschiffe benötigen besonders ausgestat-        Einheit jeweils 384 Container tragen und mit speziellen
                                   tete und große Containerterminals, aber es gibt            LASH-Schiffen zwischen dem Offshore-Hafen und
                                   Grenzen des Wachstums. Die meisten Häfen sind in           dem Festland transportiert werden. Auf diese Weise
                                   der Nähe von Städten, da dort Produktion und Konsum        kann man die Umschlagzeit im Offshore-Hafen sehr
                                   konzentriert sind. In den Städten ist der Platz aber be-   stark verkürzen.
                                   grenzt, und allzu viele Hafenstädte leiden jetzt schon     Eine ähnliche Möglichkeit, eine zusätzliche Ebene der
                                   unter Verkehrsstaus. Viele dieser Engpässe entstehen,      Standardisierung einzubauen, könnte man auf einer nied-
                                   weil der Container immer noch als die unbestrittene        rigeren Ebene der Frachtkonsolidierung schaffen. Könnte
                                   Norm gilt.                                                 es eine Form der Modularisierung zwischen dem Contai-
                                   Es stellt sich die Frage, ob es möglich wäre, eine wei-    ner und dem einzelnen Paket oder Frachtstück geben?
                                   tere Ebene der Standardisierung zu konzipieren, eine       Beispielsweise könnte eine Art Sub-Container – wie im
                                   Einheit, die viele Container umfasst? Das ist die Idee     Konzept des „Physical Internets“ angedacht – die Leis-
                                   hinter dem neuen Konzept für einen Offshore-Hafen in       tungsfähigkeit im Gütertransport erhöhen.
                                   Venedig. Statt einzelne Container mit konventionellen
                                   Containerbrücken umzuschlagen, soll nach diesem            DIGITALISIERUNG
                                   Konzept der Offshore-Hafen die großen Schiffe mit          Privatisierungen und die Globalisierung haben die Effi-
                                   größeren Einheiten, sogenannten Kassetten, be- und         zienz in der Schifffahrt und im Hafenbetrieb gesteigert,
                                   entladen. Die Kassetten sind spezielle Leichter, die pro   aber die Schnittstellen zwischen Seetransport und Ha-

    08 | Port of Hamburg Magazine | März 2018
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50 JAHRE CONTAINER IN HAMBURG ■

                                                                                                                       Globale Finanz- und
50 JAHRE CONTAINERUMSCHLAG IN HAMBURG                                                                                    Wirtschaftskrise
IN 1000 TEU (SEIT 1968 WURDEN IM HAMBURGER HAFEN INSGESAMT 186 MIO. TEU UMGESCHLAGEN)
10.000
 9.000
                                                                            Eröffnung Container Terminal Altenwerder
 8.000
 7.000                                                                                   China wird WTO-Mitglied

 6.000                                                                             Bisher letzte Fahrrinnen-
 5.000                                                                                  anpassung der Elbe
                                                  1-Mio.-TEU-Marke
 4.000                   Eröffnung Container    in Hamburg erstmals
 3.000                     Terminal Tollerort              geknackt
2.000
 1.000
       0
             1968
             1969
             1970
             1971
             1972
             1973
             1974
             1975
             1976
             1977
             1978
             1979
             1980
             1981
             1982

             1989
             1990
             1991
             1992
             1993
             1994
             1983
             1984
             1985
             1986
             1987
             1988

             1995
             1996
             1997
             1998
             1999
             2000
             2001
             2002
             2003
             2004
             2005
             2006
             2007
             2008
             2009
             2010
             2011
             2012
             2013
             2014
             2015
             2016
             2017
 Quelle Datenbasis: HPA / Grafik: Elbreklame

 fen sowie zwischen Hafen und den Landwegen bieten                    jedoch mit einem weitaus stärkeren Fokus auf die
 noch großes Potenzial für Produktivitätssteigerung.                  materielle Infrastruktur inklusive Schiffe, Überseehä-
 Datenverarbeitung ist von größter Wichtigkeit an die-                fen und Eisenbahnen, die von staatseigenen chinesi-
 ser Stelle, denn effektiver Datentransfer trägt viel zur             schen Firmen gebaut, betrieben, finanziert und ge-
 Optimierung bei. Verschiedene Schifffahrtsgesell-                    führt werden.
 schaften haben sich mit IT-Firmen zusammengetan,                     In den kommenden Jahren werden wir den harten
 um auf diese Herausforderung zu antworten. Ein Bei-                  Wettstreit solcher Paradigmen beobachten können.
 spiel ist die neue Zusammenarbeit von Maersk und                     Neuankömmlinge werden versuchen, den Container-
 IBM. Zukünftig ist es durchaus denkbar, dass der phy-                transport durch intelligente Strategien zu revolutio-
 sische Umschlag von Containern im Hafen für den                      nieren, während die etablierten Firmen sich darum
 Containertransport weniger wichtig ist als der rei-                  bemühen, ihre Kontrolle über den Markt zu behalten,
 bungslose Austausch von Daten über leistungsfähige                   indem sie Teile des Daten-Know-hows adoptieren.
 Schnittstellen.                                                      Die Internationalisierung durch staatskapitalistische
 Auch andere Veränderungen in der Schiffsabferti-                     Firmen wird mit stärker fragmentierten geopoliti-
 gung sind in der Diskussion. Beispielsweise könnten                  schen Antworten konkurrieren, die eher auf Gegen-
 Drohnen, Offshore-Häfen und Container-Hochregal-                     seitigkeit achten und Multilateralismus in den Vorder-
 lager als Antworten auf den Platzmangel dienen, der                  grund stellen. ■
 zunehmend zum Problem für moderne Seehäfen
 weltweit wird.

 NEUE GESCHÄFTSMODELLE
 Kann man das Geschäftsprinzip von Uber auf die See-
 schifffahrt übertragen? Werden Containerschiffe bald
 die Taxis der Meere? Chartern kann gewissermaßen
 als eine Art „Uberisierung“ gesehen werden. Aller-
 dings gibt es einen entscheidenden Unterschied zum
 Taxi: Ein Auto zu besitzen, ist erheblich billiger als ein
 Schiff. Diese Markteintrittsschwelle schützt Reeder
                                                                                                                                         © ITF

 vor einer schnellen „Uberisierung“. Das meiste Geld
 kann man mit der Planung und Koordination von Liefer-
 ketten verdienen. Darauf konzentrieren sich auch die                  DER AUTOR
 meisten neuen Markteinsteiger wie die Hightech-
 Startups, indem sie globale Plattformen anbieten, die                 Olaf Merk ist Projektmanager für Häfen und Schifffahrt beim
 auf einer datenintensiven und „Asset-light“-Strategie                 International Transport Forum (ITF), einer zwischenstaatlichen
 basieren. Das kann jedoch nur funktionieren, wenn die                 Organisation mit 59 Mitgliedsländern, die der Organisation für
 Reedereien mitmachen.                                                 wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ange-
 Neben diesem Plattform-Modell wird ein anderes                        gliedert ist. Er hat zahlreiche Studien über Häfen und Seetrans-
 Modell ähnlich intensiv diskutiert: das global sich aus-              port geleitet, darunter „The Impact of Mega-Ships“ und „The
 breitende staatskapitalistische Modell, wofür die chi-                Competitiveness of Global Port Cities“ sowie etliche Studien
 nesische Strategie der „Neuen Seidenstraße“ (“One                     über Hafenstädte, u.a. Hamburg, Shanghai und Jakarta. Sein
 Belt – One Road”) ein Musterbeispiel liefert. Diese                   neuester Bericht „Decarbonising Maritime Transport: The Case
 Initiative verfolgt auch globale und integrative Ziele,               of Sweden“ wird im März erscheinen.

                                                                                                                                   Port of Hamburg Magazine | März 2018 | 09
PORT OF HAMBURG MAGAZINE - DAS OFFIZIELLE MAGAZIN DES HAMBURGER HAFENS MÄRZ
■ 50 JAHRE CONTAINER IN HAMBURG

                                                       Hafen der Zukunft:
                                                 Innovationstreiber Digitalisierung
                                             Der Container wird auch im Hafen der Zukunft das Maß aller Dinge bleiben – doch fast alles um ihn
                                             herum verändert sich. Neben den Handel mit Gütern tritt der Handel mit Daten. Häfen werden so zum
                                             Integrator verschiedenster Player.

                                            „Die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Häfen hängt        die richtigen Experten vor Ort, um die Stadt Hamburg
                                            entscheidend davon ab, wie die maritime Branche die        bei technischen Herausforderungen auf dem Weg zu
                                            Digitalisierung als Chance zur Weiterentwicklung nutzt.“   einem ‚Hafen 4.0‘ zu unterstützen“, so Eriksen.
                                            Das ist das Fazit eines intensiven Gedankenaustau-
                                            sches, den der Hamburger Wirtschaftssenator Frank          „Internet der Dinge“, „Logistik 4.0“ oder „Hafen 4.0“
                                            Horch und der CEO der Klassifikationsgesellschaft DNV      – diese Schlagworte der Digitalisierung bestimmen
                                            GL, Remi Eriksen, Ende vergangenen Jahres im Rat-          längst die Strategie des Hamburger Hafens, um sich
                                            haus der Hansestadt geführt haben.                         auf die Zukunft einzustellen. „Im internationalen Gü-
                                                                                                       terhandel zeichnen sich massive Veränderungen ab,
                                            Mit der Hamburg Port Authority (HPA) ist DNV GL            die auch dramatische Folgen für Hamburg mit sich
                                            längst zu verschiedenen Nachhaltigkeits- und Digitali-     bringen“, prognostiziert Professor Thomas Straub-
                                            sierungsthemen im Gespräch, denn „mit unserem              haar. Der Ökonom und frühere Direktor des Hambur-
                                            maritimen Hauptquartier hier in Hamburg haben wir          gischen Weltwirtschafts-Instituts (HWWI) mahnt:

                        Die Zukunft der Globalisierung
                        gehört nicht mehr allein dem
                        Handel mit Gütern, sondern
                        mit Daten.
© HHM/Michael Lindner

             10 | Port of Hamburg Magazine | März 2018
50 JAHRE CONTAINER IN HAMBURG ■

„Es gilt, rechtzeitig darauf zu reagieren, nämlich      Chief Digital Officer der HPA, beobachtet: „Diese
jetzt!“ Die Zukunft der Globalisierung gehöre nicht     branchenfremden Anbieter stellen den Status Quo
mehr allein dem Handel mit Gütern, sondern mit Da-      durch innovative, digitale Geschäftsmodelle erfolg-
ten: „Je stärker und schneller diese Entwicklung vor-   reich in Frage. Es ist daher an der Zeit, den digitalen
anschreiten wird, desto eher werden sich gigantoma-     Wandel entlang der Logistikkette gemeinsam mit den
nische Containerschiffe und ausufernde Seehäfen als     etablierten Akteuren der Hafenwirtschaft zu gestal-
Dinosaurier der Wirtschaftsgeschichte erweisen.“        ten.“ Häfen könnten hier ihre Funktion als Integrator
                                                        verschiedener Player nutzen und proaktiv die entlang
Die Digitalisierung ist bereits seit vielen Jahren      der Transportkette gesammelten Daten einsetzen, um
wichtiges Kernthema der HPA – neben den klassi-         digitale Geschäftsmodelle aufzubauen.
schen Aufgaben im physischen Infrastrukturbe-
reich rund um Deutschlands größten Seehafen.            „Die Digitalisierung bietet Seehäfen große Chan-
„Durch engere Zusammenarbeit insbesondere               cen, noch effektiver und effizienter zu arbeiten“,
beim Datenaustausch, aber auch bei der Ausbil-          ist sich Professor Carlos Jahn sicher. Er ist Leiter
dung von Mitarbeitern entlang der Logistikkette         des Instituts für Maritime Logistik der Techni-
können wir in Zukunft deutlich mehr Effizienz beim      schen Universität Hamburg und in Personalunion
Transport bis zum Empfänger erreichen“, erwartet        Leiter des Fraunhofer-Centers für Maritime Logis-
HPA-CEO Jens Meier.                                     tik und Dienstleistungen CML in Hamburg und be-
                                                        stätigt die Einschätzungen Saxes: „Sobald die
Allerdings kann Digitalisierung auch bedeuten, dass     Möglichkeiten eines intensiven Datenaustausches
marktfremde Akteure heute Dienstleistungen anbie-       in Echtzeit genutzt werden, ermöglicht die Digita-
ten, die bisher von etablierten Playern der maritimen   lisierung die Optimierung der gesamten Supply
Wirtschaft erbracht wurden. Diese disruptiven Ge-       Chain und kann so zu sicheren und umweltfreund-
schäftsmodelle, die von innovativen Startups wie von    licheren Prozessen beitragen und die Wett-
globalen Konzernen gleichermaßen umgesetzt wer-         bewerbssituation stärken.“ ■
den, finden sich immer häufiger im Logistiksektor. So

                                                           Schwarz auf weiß: Visionen und Ideen

                                                           Um den Digitalisierungsprozess innerhalb der maritimen
                                                           Supply Chain zu unterstützen, hat die HPA zusammen
                                                           mit dem Hamburger Fraunhofer-Center für Maritime
                                                           Logistik und Dienstleistungen CML eine englischspra-
                                                           chige Publikation erstellt, in der die zukünftigen Anfor-
                                                           derungen an Seehäfen beispielhaft dargestellt werden.
                                                           Das Buch „Digitalization of Seaports – Visions of the
                                                           Future“ ist als Softcover oder als E-Book über den Fraun-
                                                           hofer-Verlag erhältlich (www.verlag.fraunhofer.de,
                                                           ISBN 978-3-8396-1178-4, Preis
                                                           49,00 EUR). Eine Einführungs-
                                                           broschüre („Digitalization of
                                                           Seaports – First Ideas“) ist als
                                                           kostenloser Download auf der
                                                           Homepage des Fraunhofer CML
                                                           (www.cmls.fraunhofer.de) oder
                                                           über den QR-Code verfügbar.

                                                                                                              Port of Hamburg Magazine | März 2018 | 11
■ 50 JAHRE CONTAINER IN HAMBURG

                                                       „Flexibilität wird zum
                                                         entscheidenden
                                                       Wettbewerbsfaktor“
                               Drei Fragen an Henning Kinkhorst, Geschäftsführer und Partner von Hamburg Port Consulting (HPC),
                               zum Thema „Hafen der Zukunft“

                               Port of Hamburg Magazine (PoHM): Das Thema Di-              verkehren batteriebetriebene, fahrerlose Transportsys-
                               gitalisierung hat nun auch die Hafenwirtschaft er-          teme auf dem HHLA Container Terminal Altenwerder.
                               reicht. Springt die Branche auf einen Modebegriff           Auch für den Einsatz von Drohnen sehe ich vielfältige
                               auf oder steckt mehr dahinter?                              Möglichkeiten. Sie könnten in naher Zukunft den Trans-
                               Kinkhorst: Vor den Häfen liegen enorme Herausforde-         port von Containern zwischen Terminals übernehmen.
                               rungen, die sie ohne Digitalisierung nicht meistern wer-    Autonom fahrende Lkw und Schiffe werden ebenfalls
                                                             den. Im Fokus steht nicht     Realität und die Verkehre in den Häfen mitbestimmen.
         Der Container bleibt                                mehr vorrangig die Be-
                                                             seitigung von Kapazi-         PoHM: Wird denn künftig gar nichts mehr aus der
         für den Transport von                               tätsengpässen, sondern
                                                             die Effizienzsteigerung der
                                                                                           „alten“ Hafenwelt Bestand haben?
                                                                                           Kinkhorst: Die Anbindung an das Hinterland wird im-
         Waren noch lange                                    bestehenden Infrastruktur.
                                                             Robotik und 3D-Druck, die
                                                                                           mer einer der wichtigsten Wettbewerbsfaktoren sein.
                                                                                           Und auch der Container bleibt für den Transport von
         das Maß aller Dinge.                                für eine hohe Volatilität
                                                             der Warenströme sorgen,
                                                                                           Waren noch lange das Maß aller Dinge. Was uns aber
                                                                                           nicht daran hindern sollte, über die Frage nachzuden-
                                                             werden ebenfalls wich-        ken: Was kommt neben dem Container?
                               tiger. Flexibilität wird für Häfen zum entscheidenden
                               Wettbewerbsfaktor.

                               PoHM: Gibt es weitere Schlagwörter, die den Hafen
                               der Zukunft beschreiben – neben der Digitalisierung?
                               Kinkhorst: Sie hängen eng mit der Digitalisierung zu-
                               sammen: Elektrifizierung und Automatisierung. Die Hä-
                               fen werden deutlich umweltfreundlicher. Schon heute

                                     Hamburg Port Consulting

                                     HPC Hamburg Port Consulting wurde 1976 gegründet
                                     und zählt zu den weltweit renommiertesten Unter-
                                     nehmen im Bereich der Hafen- und Transportbera-
                                     tung. Kunden sind private Firmen, institutionelle
                                     Auftraggeber sowie Ministerien und Behörden. HPC
                                     bietet seine Leistungen unter anderem in den Berei-
                                     chen Hafen-Management, Planung und Simulation,
                                     Finanzanalyse, Privatisierung, Engineering und IT-
                                                                                                                                                      © HPC

                                     Lösungen an. HPC ist ein 100-prozentiges Tochter-
                                     unternehmen der Hamburger Hafen und Logistik AG
                                     (HHLA).
                                                                                           Henning Kinkhorst
                                     www.hamburgportconsulting.de                           Geschäftsführer und Partner von Hamburg Port Consulting

12 | Port of Hamburg Magazine | März 2018
50 JAHRE CONTAINER IN HAMBURG ■

  CONRO-SCHIFFE DER SUPERLATIVE                            Deck laden. Unter Deck stehen 28.900 Quadratme-
                                                           ter für rollende Ladung zur Verfügung. Das entspricht
  Es sind nicht immer nur Vollcontainerschiffe, die        einer Kapazität von mehr als 1.300 Fahrzeugen. Über
  Boxen nach Hamburg bringen. Auch Multipurpose-           die Heckrampe kann rollende Ladung mit einem Ge-
  Frachter, Schwergut-Carrier und ConRo-Schiffe beför-     wicht von 420 Tonnen auf das Schiff geladen werden.
  dern häufig Container als Decksladung. Die „Atlantic     Im Hamburger Hafen werden die Schiffe am Mehr-
  Star“ ist so ein ConRo-Schiff, und zwar das weltweit     zweckterminal O´Swaldkai der Unikai Lagerei- und
  größte seiner Art. Sie und ihre vier Schwesternschiffe   Speditionsgesellschaft abgefertigt. Um die ConRo-
  der Reederei ACL, eine Tochter der Grimaldi-Gruppe,      Schiffe der Superlative abfertigen zu können, wur-
  sind in der Transatlantik-Fahrt beschäftigt und laufen   den extra zwei Containerbrücken vom HHLA Con-
  regelmäßig den Hamburger Hafen an. Sie messen            tainer Terminal Tollerort zum neuen Einsatzort am
  296 Meter in der Länge und können 3.800 TEU an           O´Swaldkai verlagert.

                                                                                                                   © HHLA

                                                                     Logistik im Wandel.

Vom kaiserlichen Postdienst zum
vollintegrierten Supply-Chain-Logistiker.
Friedrich A. Kruse jun.
Internationale Spedition e.K.

                                                                                                          F.A. Kruse jun.
                                                                                                   Internationale Spedition e.K.
                                                                                                Fährstraße 49, 25541 Brunsbüttel
                                                                                             Tel. 04852/881-0 · Fax 04852/881-199
                                                                                              www.kruse-unternehmensgruppe.de
                                                                                                          Port of Hamburg Magazine | März 2018   | 13
                                                                                              info@kruse-unternehmensgruppe.de
■ 50 JAHRE CONTAINER IN HAMBURG

                                                                                                                                © HHM/Dietmar Hasenpusch

                                                   Technisch machbar,
                                                   aber auch sinnvoll?
                              Ist die Schmerzgrenze erreicht, oder geht das Größenwachstum von Containerschiffen weiter?
                              Werden aus Mega-Carriern bald Giga-Carrier? Wann ist Schluss mit dem Gigantismus? Dazu gibt
                              es ganz unterschiedliche Meinungen, und zwar von durchaus renommierten Institutionen. Die
                              Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) sieht in einer Studie
                              die Grenzen bereits als erreicht. Der Grund: Noch größere Containerschiffe brächten keine
                              nennenswerten Kostenvorteile mehr und würden gleichzeitig die Häfen vor immer neue Probleme bei
                              der Schiffsabfertigung stellen. Das weltweit tätige Beratungshaus McKinsey rechnet im Gegensatz
                              dazu innerhalb der kommenden Jahrzehnte mit dem Einsatz von 50.000-TEU-Containerschiffen.
                              Das Port of Hamburg Magazine hat in der Branche bei denjenigen nachgefragt, die tagtäglich mit
                                                                                                                                                    © xxxxxxxxxxxx

                              der Containerschifffahrt zu tun haben, und um ihre Meinung gebeten.

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50 JAHRE CONTAINER IN HAMBURG ■

                                                                                                                                                             © Hapag-Lloyd
Jens Meier                                                                                 Rolf Habben Jansen
Geschäftsführer der Hamburg                                                                Chief Executive Officer (CEO),
Port Authority                                                                             Hapag-Lloyd AG
„Großcontainerschiffe     mit                                                              „Mit größeren Schiffen ist es
einer Kapazität von mehr als                                                               möglich, die Kosten pro trans-
16.000 TEU steuern mittler-                                                                portiertem Container für Linien-
weile mehrmals wöchentlich                                                                 reedereien deutlich zu senken.
die Terminals im Hamburger                                                                 Die Mega-Schiffe der neuesten
Hafen an. Das zeigt: Hamburg                                                               Generation, die jetzt schon im
ist mittendrin und beherrscht                                                              Einsatz sind, bieten daher einen
                                                                    © HPA

das Handling. Doch Wett-                                                                   spürbaren Wettbewerbsvorteil
bewerbsfähigkeit und Fort-                                                                 gegenüber Schiffen, die zum
schritt am Größenwachstum                                                                  Beispiel 8.000 TEU tragen kön-
der Containerschiffe festzumachen, halte ich für den falschen                              nen – und vor gut einem Jahrzehnt noch die größten Schiffe der
Weg. Ich teile die Ansicht, dass das Größenwachstum der Con-                               Welt waren. Allerdings dürfte dieser Skaleneffekt bei noch grö-
tainerschiffe ein Ende finden muss. Die Branche sollte sich an                             ßeren Schiffen wieder abnehmen. Zudem stellen immer größere
die Fehlentwicklungen im Tankergeschäft erinnern. Optimierte                               Schiffe die Häfen vor logistische Probleme. Sie sind längst nicht
Prozesse an den Kaikanten bieten für die Zukunft ein viel höheres                          für alle Fahrtgebiete geeignet. Hapag-Lloyd wird in den nächsten
Wachstums- und Verbesserungspotenzial als immer mehr Gigan-                                Jahren nicht in Neubauten investieren, also auch nicht in noch grö-
tismus auf dem Wasser. Wenn es uns mit allen Beteiligten der                               ßere Schiffe. Wir haben durch den Zusammenschluss mit UASC im
maritimen Lieferkette gelingt, den globalen Warentransport von                             vorigen Jahr sehr große und effiziente Einheiten in unsere Flotte
Tür zu Tür weiter zu beschleunigen, dann stellen wir gemeinsam                             bekommen. Damit verfügen wir über die jüngste und im Durch-
die richtigen Weichen für die Zukunft. Den Rahmen dafür bieten                             schnitt größte Flotte in der Industrie – und damit einen sehr wett-
uns die neuen Möglichkeiten der Digitalisierung.“                                          bewerbsfähigen Mix an modernen Schiffen für unser Netzwerk.“

                                                                                         Søren Toft
                                                                                         Chief Operating Officer,

                                                                                                                                                             © A.P. Møller - Mærsk AS
                                                                                         Maersk Line
                                                                                         „In der Containerschifffahrt ist
                                                                                         Rentabilität in hohem Maße
Jens Hansen
                                                                                         abhängig von der Fähigkeit der
COO, Vorstand Container Betrieb
                                                                                         Branche, die Kosten zu senken
                                                                 © HHLA/Nele Martensen

und Technik, Informationssys-
                                                                                         und die Effizienz zu steigern. So
teme, Hamburger Hafen und
                                                                                         ergeben sich klare Vorteile aus
Logistik AG
                                                                                         der Konzentration der Ladung
„Ich denke nicht, dass Schif-                                                            auf einigen größeren Schiffen,
fe mit einer Kapazität von                                                               anstatt viele kleinere Schiffe
50.000 TEU in absehbarer                                                                 einzusetzen. Die Entwicklun-
Zeit gebaut werden. Dennoch                                                              gen in den letzten Jahren, günstige Zeitcharter und niedrige Treib-
halte ich den Impuls für wich-                                                           stoffkosten haben allerdings die Argumente für Megaboxer etwas
tig, sich im Rahmen der stetig                                                           geschwächt. Unseres Erachtens würde eine weitere Vergrößerung
wachsenden Schiffsgrößen                                                                 der Schiffsdimensionen erhebliche Investitionen in der gesamten
nicht im Detail zu verlieren.                                                            Lieferkette erfordern, die nicht sinnvoll durch Rückgänge der Ge-
Es wäre fahrlässig, sich nicht über das weitere Schiffsgrößen-                           samtkosten ausgeglichen werden könnten. Auch die Flexibilität
wachstum Gedanken zu machen. In den Auftragsbüchern der                                  der Transportunternehmen bei der Anpassung an sich verändernde
Werften finden sich derzeit Schiffsbauten mit einer Breite von                           Handelsströme würde verringert. Das Potenzial der gegenwärtigen
etwa 62 Metern. Ich kann mir vorstellen, dass Schiffslängen                              Ultra Large Container Vessels (ULCVs) ist noch nicht vollständig aus-
noch auf 430 Meter anwachsen werden. Ein zunehmender An-                                 geschöpft – nicht zuletzt in Bezug auf Verbesserungen im Bereich
stieg von Breite und Höhe vergrößert neben den technischen                               der Produktivität der Terminals bei der Abfertigung von ULCVs. Bei
Herausforderungen auch die Anforderungen an die Be- und Ent-                             Maersk Line konzentrieren wir uns derzeit auf neue Ansätze, um die
ladung. So werden Skaleneffekte durch ansteigende Wege im                                Effizienz des Hafenbetriebs in Zusammenarbeit mit Häfen und Ter-
Be- und Entladezyklus vermindert.“                                                       minals zu steigern.“

                                                                                                                                              Port of Hamburg Magazine | März 2018 | 15
■ 50 JAHRE CONTAINER IN HAMBURG

                   Jan Tiedemann                                                                                    Jan Holst
                   Senior Analyst Liner Shipping and                                                                Country Head Deutschland,
                   Ports, Alphaliner/BRS Hamburg                                                                    ONE Ocean Network Express,
                                                                                                                    der Fusion von „K“ Line, MOL
                   „Seit rund zwanzig Jahren

                                                                                                                                                                                    © ONE Ocean Network Express
                                                                                                                    und NYK
                   verfolgt      Alphaliner      sehr

                                                                                          © HHM/Markus Grabsch
                   detailliert die Entwicklung der                                                                  „Ich bin durchaus skeptisch,
                   globalen Containerflotte. Trotz                                                                  was die Entwicklung hin zu
                   Weltwirtschaftskrise hat sich die                                                                immer größeren Container-
                   Gesamtkapazität dieser Flotte in                                                                 schiffen betrifft. Wir als ONE
                   den letzten zehn Jahren ungefähr                                                                 werden zwar auch einige
                   verdoppelt – zuletzt auf mehr                                                                    wenige 20.000-TEU-Frachter
                   als 21 Millionen TEU. An der                                                                     in unserer Flotte haben, aber
                   Gesamtzahl der Containerschiffe,                                                                 durch unsere Linienstruktur
                   derzeit rund 5.200 Einheiten, hat sich in diesem Zeitraum jedoch relativ                         mit vielen innerasiatischen Verbindungen können wir Megafrach-
                   wenig verändert und der Großteil des Wachstums ergab sich durch die                              ter nicht in dem Maße einsetzen, weil die Häfen nicht die nötige
                   stetig steigende Größe der Schiffsneubauten. Waren vor zehn Jahren noch                          Kapazität dafür aufweisen. Außerdem darf man den Anschluss zur
                   Schiffe von 8.000 TEU der Standard auf den Hauptrouten, so sind es heute                         Kundenentwicklung nicht verpassen. Wir alle bestellen kostenori-
                   Schiffe von bis zu 21.000 TEU und Einheiten von über 23.000 TEU befinden                         entiert. Das heißt: ausgewählter, aber dafür regelmäßig. Somit ist
                   sich derzeit im Bau. Aktuell geht Alphaliner davon aus, dass diese neue                          es wichtig, gerade auf der Route Asien-Europa, wo der Konsum-
                   Größenklasse langfristig die Obergrenze der Entwicklung bleibt. Zwar ist                         güterbereich dominiert, eine konstante Verbindung zwischen den
                   nicht auszuschließen, dass weitere Optimierung Schiffe bis zu 25.000 TEU                         beiden Kontinenten zu gewährleisten. Die zyklische Nutzung von
                   hervorbringt, doch einen nächsten Größensprung auf 30.000 TEU oder sogar                         14.000-TEU+-Containerschiffen ist für uns daher zeitgemäß. Das
                   mehr halten wir für unwahrscheinlich. Zwar wären solche Schiffe technisch                        ist die Philosophie von Ocean Network Express.“
                   machbar, sie bringen jedoch weder Reedern noch Häfen nennenswerte
                   zusätzliche Skaleneffekte und Einsparungen. Dafür bergen solche Riesen
                   erhebliche finanzielle und operative Risiken. Das Marktwachstum findet
                   also eher über eine weiter steigende Anzahl sehr großer Schiffe statt, als
                   über noch größere Einheiten.“

                       Ralf Nagel                                                                                Norman Zurke
                                                                                         © VDR/Frank Krems

                       Geschäftsführendes                                                                        Geschäftsführer,
                       Präsidiumsmitglied, Verband                                                               Unternehmensverband
                       Deutscher Reeder                                                                          Hafen Hamburg
                       „Wird der Trend zu immer                                                                  „Auf absehbare Zeit wird sich
                       größeren Containerschiffen                                                                der Hafen Hamburg auf Schiffs-
                       weitergehen? Der Blick in                                                                 größen mit einer Kapazität von
                       die Vergangenheit zeigt: Die                                                              etwa 22.000 TEU einstellen müs-
                       Realität hat immer wieder                                                                 sen. Noch größere Schiffe sind                                     © UVHH

                       die Prognosen zur maximalen                                                               technisch sicherlich realisierbar,
                       Größe von Containerschiffen                                                               jedoch setzen betriebswirtschaft-
                       übertroffen. Technisch haben                                                              liche und nautische Aspekte einer
                       wir auch heute noch keine                                                                 weiteren Schiffsgrößenentwick-
                       absolute Grenze erreicht. Aufgrund der Skaleneffekte machen grö-                          lung enge Grenzen. Bei den jetzt in Fahrt befindlichen Schiffen sind die
                       ßere Schiffe grundsätzlich aus betriebswirtschaftlicher Sicht Sinn.                       Einsparungspotenziale bei den Transportkosten bereits weitgehend
                       Containerschiffe mit 30, 40 oder gar 50.000 Stellplätzen dürften al-                      ausgeschöpft. Weitere Kostenvorteile durch noch größere Schiffe
                       lerdings nur in sehr ausgewählten Fahrtgebieten zum Einsatz kom-                          sind zwar im geringen Maße noch möglich, allerdings setzt dies eine
                       men. Denn die Skaleneffekte greifen natürlich nur, wenn größere                           Auslastung der Schiffe voraus. Da nur noch wenige Häfen Schiffe mit
                       Schiffe ausreichend mit Waren beladen sind. Jede Reederei ent-                            mehr als 22.000 TEU abfertigen können, ist auch ein flexibler Einsatz
                       scheidet nach ihrem Geschäftsmodell und Marktsegment, welche                              dieser Mega-Carrier nicht mehr möglich. Deshalb gehen wir davon
                       Schiffsgrößen für sie am meisten Sinn machen. Wer mit Container-                          aus, dass es keinen weiteren großen Quantensprung bei der Schiffs-
                       schiffen im Liniendienst auf den Haupthandelsrouten fährt, plant                          größenentwicklung geben wird. Die Unternehmen im Hafen Hamburg
                       anders als ein Unternehmen, das Schiffe auch in der Karibik oder im                       sind zurzeit dabei, ihre Umschlaganlagen sukzessive anzupassen, um
                       Afrikaverkehr einsetzt. Auf vielen Routen werden daher in Zukunft                         Schiffe mit einer Ladekapazität von mehr als 20.000 TEU abfertigen zu
                       auch weiterhin kleinere Schiffe unterwegs sein.“                                          können. Wenn nun noch mit der Umsetzung der Fahrrinnenanpassung
                                                                                                                 von Unter- und Außenelbe begonnen werden kann, wird der Hafen
                                                                                                                 Hamburg für die Zukunft gut aufgestellt sein.“

16 | Port of Hamburg Magazine | März 2018
50 JAHRE CONTAINER IN HAMBURG ■

Olaf Fölsch                                                                               Größenentwicklung in
CEO, Junge & Co.
Versicherungsmakler GmbH                                                                  der Containerschifffahrt
Der Versicherungsaspekt spielt bei
der Schiffsgrößenentwicklung nur
eine untergeordnete Rolle. Werden
die Schiffe noch größer, dann wird
sich die Versicherungswirtschaft den

                                                                          © Junge & Co.
neuen Anforderungen anpassen. Da-
ran werden noch größere Carrier also                                                      Über 20.000 TEU Baujahr ab 2016/17 Länge: 400 m, Breite 59 m, Tiefgang 16 m
nicht scheitern. Aber: Nicht alles was
machbar ist, ist betriebswirtschaft-
lich auch sinnvoll. Die maritime Infra-
struktur kann einfach nicht in gleichem Tempo mitwachsen. Ich denke da nur
an den Panamakanal. Gerade erst wurde er für mehrere Milliarden US-Dollar
ausgebaut, aber für die größten Containerschiffe ist er schon wieder zu klein.
Natürliche Grenzen bildet zum Beispiel auch die Straße von Malakka, die an                Über 10.000 TEU Baujahr ab 2006 Länge: 350 m, Breite 46 m, Tiefgang 15 m
einigen Stellen nur eine Wassertiefe von 25 Metern aufweist. Deshalb glaube
ich nicht, dass es in naher Zukunft Containerschiffe mit mehr als 25.000 TEU
geben wird. Diese großen Schiffe müssen ja auch ausgelastet werden, damit
sie betriebswirtschaftlich Sinn machen. Es nützt nichts, wenn man am Ende
nur noch wenige Häfen in China und vielleicht noch weniger in Europa hat, die
einigermaßen voll abgeladen angelaufen werden können. Man würde damit
enormes Kapital binden, das nicht flexibel eingesetzt werden kann. Das wäre
ein sehr großes, schwer kalkulierbares Risiko.                                            Über 8.000 TEU Baujahr ab 1997 Länge: 316 m, Breite 43 m, Tiefgang 14,5 m

                            Innovative
                            Solutions for
                            Logistics
                            Provider

 it-systeme                        e-logistic                     software                             software as a service                              services

CargoSoft GmbH, Buschhöhe 10, 28357 Bremen / Germany
Tel. +49 421 98500-0, sales@cargosoft.de www.cargosoft.de                                                                                Port of Hamburg Magazine | März 2018 | 17
■ 50 JAHRE CONTAINER IN HAMBURG

                                Fuhre 4.0 sorgt
                                für zuverlässige
                               Lkw-Abfertigung
                               Ohne Slot keine Abfertigung am Terminal: Ein neu-
                               es Verfahren verändert den Containertransport im
                               Hamburger Hafen. Wie kommen Trucker und Termi-
                               nalmitarbeiter mit der neuen Software zurecht? Eine
                               Zwischenbilanz.

                               Bereits zum 15. Mal fährt Samir Dedic heute über die
                               Hamburger Köhlbrandbrücke. Der 32-Jährige ist Tru-
                               cker bei einem Fuhrunternehmen. Sein Job: die Ge-
                               stellung von Containern. Mehrmals pro Schicht braust
                               der gebürtige Bosnier mit seinem Sattelschlepper an
                               die großen Containerterminals im Hamburger Hafen.
                               Auf jeder Tour nimmt er einen Container auf, fährt ihn
                               zum Kunden und wartet, bis die große Stahlbox entla-
                               den wird. „Danach geht es wieder zurück zum Termi-
                               nal“, so Dedic. Treuer Begleiter ist dabei sein Smart-
                                                           phone. Geschäftig brummt
                                                           es während der Fahrt auf
         Neuestes IT-Projekt                               dem Beifahrersitz vor sich
                                                           hin. Doch es sind keine pri-
        im Hamburger Hafen                                 vaten Nachrichten, die ihn
                                                           erreichen, es sind job-rele-
       ist das Slotbuchungs-                               vante Informationen, die
                                                           ihm per App zugespielt
                    verfahren                              werden. Zu welchem La-
                                                           ger muss der Container,
                                                           wann kann ich die nächste
                               Box abholen, wann wird mir die nächste bereitge-
                               stellt? Das alles wird im Hamburger Hafen mittlerwei-
                               le digital gelöst. Neuestes IT-Projekt ist dort das Slot-
                               buchungsverfahren (SBV).

                               MEHR PLANBARKEIT
                               Dass Trucker wie Dedic möglichst viele Touren abwi-
                               ckeln können, darum kümmert sich „Fuhre 4.0“, ein
                               Projekt der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA),
                               das bereits 2011 aufgesetzt wurde, um den Container-
                               umschlag im Hafen effizienter und schneller zu ma-
                               chen. So ist seit November 2016 die Voranmeldung ei-
                               nes Containertransports auf allen Containerterminals
                               in Hamburg Pflicht. Seit November 2017 werden nur
                               noch Lkw abgefertigt, die einen gültigen Slot zugewie-
                               sen bekommen haben. Beim SBV vereinbaren Trucker
                                                                                           © HHLA/Rätzke

                               und Terminal im Vorfeld ein Zeitfenster, in dem der

18 | Port of Hamburg Magazine | März 2018
50 JAHRE CONTAINER IN HAMBURG ■

                                                               FRÜHER WURDE DER LKW
                                                               ABGEFERTIGT, DER ZUERST AM
                                                               GATE WAR. NUN WERDEN DIE
                                                               SLOTS VON DEN DISPONENTEN
                                                               VERGEBEN

Transportspitzen durch Großschiffsanläufe
im Hafen Hamburg
EXEMPLARISCHE SPITZENLASTEN AM BEISPIEL                                                   3.596 Lkw
EINES 20.000-TEU-SCHIFFES

                                                                                         49 Ganzzüge

                                                Umschlag von 14.500 TEU

                                                                                        5 Feederschiffe

            1
     20.000 TEU-Schiff                                                                  2 Binnenschiffe
    Dies sind theoretische Werte. In der Realität liegt die Anzahl der Verkehrsträger deutlich höher.

                                                                       Port of Hamburg Magazine | März 2018 | 19
■ 50 JAHRE CONTAINER IN HAMBURG

                                                                                                  EIN SLOT UMFASST EINE VOLLE STUNDE.
                                                                                                          VOR UND NACH DIESER STUNDE
                                                                                                 KOMMEN JEWEILS 30 MINUTEN TOLERANZ
                                                                                                   DAZU, ZWISCHEN 19 UHR ABENDS UND
                                                                                                     6 UHR MORGENS SOGAR 90 MINUTEN

                                                                                                                                                  © HHM/Dietmar Hasenpusch
                                            Container angeliefert und abgeholt wird. „Früher    Ein Plus an Planbarkeit kommt nun durch das
                                            lief es nach dem Motto: Wer vorne steht, wird als   SBV dazu. So lassen sich beispielsweise die
                                            Erster abgefertigt“, sagt Marijo Pavlovic, Leiter   Transportspitzen bei Großschiffanläufen mit bis
                                            Operations beim Transport- und Fuhrunterneh-        zu 14.500 Bewegungen (Container, die gelöscht
                                            men Container-Transport-Dienst (CTD). „Nun wer-     oder geladen werden) besser über den Tag ver-
                                            den die Slots vom Disponenten in unserer Zentra-    teilen. „Das ist ein enormer Fortschritt gegen-
                                            le im Reiherdamm festgelegt.“                       über dem bisherigen Prozedere“, sagt Pavlovic.
                                                                                                „Wir können jetzt kurzfristig und auf Basis der
                                            WENIGER STAU                                        aktuellen Situation entscheiden, für welche Tour

                                                                                                                                              © Logix
                                            Die Voraussetzung für das SBV ist dabei die Da-     der Fahrer eingesetzt werden kann und ihm das
                                            tenschnittstelle TR02 zwischen Terminal und         via Push-Message mitteilen“, so Pavlovic.
                                            Trucker. Hier können der Fahrer über eine App       Grundsätzlich gilt: Ein Slot umfasst eine volle
                                            oder sein Disponent über verschiedene Soft-         Stunde, etwa von 10 bis 11 Uhr. Jedoch kommen
                                            warelösungen die geplante Tour anmelden. Sie        vor und nach dieser Stunde jeweils 30 Minuten
                                            liefern im Vorfeld alle notwendigen Daten, und      Toleranz dazu, zwischen 19 Uhr abends und 6 Uhr
                                            das Terminal prüft, ob Informationen fehlen und     morgens sogar 90 Minuten. Das macht also zwei,
                                            eine Abfertigung anhand der übermittelten Da-       später vier Stunden. Kann der Trucker den Slot
                                            tenlage überhaupt möglich ist. Im Anschluss be-     nicht einhalten, bekommt er automatisch einen
                                            kommt der Trucker per EDI (Electronic Data Inter-   neuen Auftrag zugewiesen. Die fixen Zeitfenster
                                            change) eine zuverlässige Rückmeldung auf sein      können bis zu drei Tage im Voraus und sollten min-
                                            Handy: Sind Containernummer, Buchungsnum-           destens vier Stunden vor Ankunft gebucht wer-
                                            mer und Freistellung korrekt, erhält er grünes      den. Auch das Tauschen und Zubuchen sowie
                                            Licht und eine sechsstellige Tourenplannummer       Stornieren und Umbuchen von Slots ist möglich.
                                            – und den Slot, in dem er seinen Container brin-
                                            gen beziehungsweise abholen kann.                   SCHNELLERE ABFERTIGUNG
                                            Durch die vorgemeldeten Daten ist der Prozess       Seit einigen Wochen ist das SBV nun an allen drei
                                            einfacher und effizienter geworden. „Früher         HHLA-Containerterminals sowie am Eurogate-
                                            war es gar nicht klar, mit welchen Daten der        Terminal aktiv – und die erste Zwischenbilanz fällt
                                            Trucker überhaupt zu uns kommt“, sagt Jill          positiv aus. „Alle Beteiligten hatten sich gut vor-
                                            Bödicker, Leiterin des Containerbüros am Con-       bereitet. Auf der anderen Seite befinden wir uns
                                            tainer Terminal Tollerort (CTT). „Alles musste      alle gemeinsam noch in einer Lernphase, in der
                                            manuell aufgenommen werden. Das hat oft             sich das neue System einschwingt“, sagt Bernd
                                            Wartezeiten mit sich gebracht“, berichtet die       Mau, Programm-Manager bei der HHLA-Bera-
                                            Logistikexpertin.                                   tungstochter HPC. „Wir haben zahlreiche kon-

20 | Port of Hamburg Magazine | März 2018
50 JAHRE CONTAINER IN HAMBURG ■

struktive Rückmeldungen erhalten, die wir prüfen,         DER „BUCHUNGSKNIGGE“
um die Slotbuchung operativ weiter zu verbessern.
Ein Schwerpunkt für den Umgang mit dem System             Gewissenhaft: Nur Containermengen buchen, die für den
liegt darin, die Zuverlässigkeit in der Slotnutzung zu    betreffenden Tag auch tatsächlich benötigt werden.
erhöhen“, so Mau.                                         Pflichtbewusst: Vorausbuchungen erst mit Ablauf des Zeit-
Denn bislang wurden offenbar mehr Slots gebucht als       fensters wiederholt umbuchen, also in das nächste freie Zeit-
benötigt. Das führt dazu, dass Abfertigungskapazitä-      fenster schieben.
ten blockiert und damit nicht von anderen Fahrern ge-     Planungssicher: Erst buchen, wenn der Transport final ein-
nutzt werden können. Hier gibt es also noch Verbes-       geplant ist.
serungsbedarf. Mau wünscht sich daher eine                Pünktlich: Mindestens vier Stunden im Voraus buchen.
möglichst frühzeitige und zuverlässige Buchung durch      Zuverlässig: Alle gebuchten Slots nutzen – Umbuchungen
die Trucker. Berücksichtigen sie den Verhaltenskodex      und Stornos vermeiden. Wenn es nicht anders geht: Frühzeitig
(siehe Kasten), nützt das allen Beteiligten.              stornieren/umbuchen.
Dabei sind die Fahrer nicht auf sich allein gestellt:
„Wir beobachten kontinuierlich das System, spre-
chen gezielt mit einzelnen Teilnehmern und werden        werpen und New York zum Einsatz. Durch solche di-
bei Bedarf geeignete Maßnahmen ergreifen, um die         gitalen Lösungen wird der komplexe logistische
korrekte Nutzung sicherzustellen“, sagt Ingo Witte,      Ablauf im Hafen vereinfacht. Das bestätigt auch Fah-
Geschäftsführer des Container Terminal Altenwerder       rer Samir Dedic: „Die App läuft immer im Hintergrund
(CTA) und für die Einführung der Slotbuchung bei der     und meldet mir relevante Informationen. Früher muss-
HHLA verantwortlich.                                     te ich für jede Tour Containernummer und Freistel-
Dank TR02 und SBV können die Trucker Fehltouren          lungsnummer ausdrucken und vorlegen. Jetzt läuft al-
vermeiden und die Terminalbetreiber besser planen.       les papierlos übers Handy.“ Das spart Zeit – und Geld.
Ähnliche Systeme zur koordinierten Abfertigung kom-      Und davon profitieren am Ende beide Seiten: die Ter-
men auch in anderen großen Containerhäfen wie Ant-       minalbetreiber und die Trucker. ■

                                                                                                                Port of Hamburg Magazine | März 2018 | 21
■ 50 JAHRE CONTAINER IN HAMBURG

    DER CONTAINER IST EIN
    GARANT DAFÜR, DASS
    HAMBURG BIS HEUTE EINE
    SCHLÜSSELROLLE IM
    WELTHANDEL SPIELT.

                                                      Hamburgs Hafen

                                                                                                                                                 © Andreas Vallbracht
                                                      und der Container
                                Am 31. Mai 1968 macht die „American Lancer“ am Burchardkai der HHLA fest. Sie ist nicht das
                                erste Frachtschiff in Hamburg, das Container an Bord hat – aber das erste reine Containerschiff, das
                                den Hamburger Hafen erreicht. Zu Recht gilt deshalb dieser Tag als ein historisches Datum für den
                                größten deutschen Seehafen. Denn der Container hat den Hamburger Hafen seither stärker geprägt und
                                verändert als alle Technologien zuvor. Der Container war die Voraussetzung dafür, dass Hamburg ein
                                zentraler Ort für den Welthandel des späten 20. Jahrhundert wurde – und dass der Hafen bis heute einer
                                der wichtigsten Seehäfen der Welt ist.

                               Die Einführung standardisierter Schiffscontainer war    auch im Hamburger Hafen eingeführt wurde: Der dama-
                               für den Seetransport und für den gesamten Welt-         lige Wirtschaftssenator und spätere HHLA-Chef Hel-
                               handel so einschneidend, wie es heutzutage das          muth Kern (SPD) überzeugte den Senat davon, dass der
                               Aufkommen des 3D-Drucks für die industrielle Ferti-     Hafen für den Container ertüchtigt werden musste. Er
                               gung ist. Doch während die Vorteile einer dreidimen-    ließ zunächst den Burchardkai zum Containerterminal
                               sionalen, computergestützten Fertigung sofort ein-      umrüsten und half maßgeblich, bei internationalen Ree-
                               leuchten, stieß der Container in der Schifffahrt und    dereien Linienverbindungen für Containertransporte
                               in der Hafenwirtschaft anfangs auf massive Ableh-       über Hamburg zu akquirieren. Der Unternehmer Kurt
                               nung, auch in Deutschland, auch in Hamburg. Der         Eckelmann wiederum trotzte der Stadt Hamburg in jah-
                               US-Spediteur Malcolm McLean hatte seit 1956 die         relangen Verhandlungen die nötigen Flächen ab, um ge-
                               ersten Containerschiffe in Fahrt gebracht. In den       genüber dem Burchardkai im Waltershofer Hafen den
                               USA etablierte sich das System bis zur Mitte der        Eurokai als zweiten großen Hamburger Containertermi-
                               60er Jahre allmählich. In der stark traditionsgepräg-   nal zu errichten. Eckelmanns Familie zählte mit ihrer
                               ten Schifffahrtsbranche und Hafenwirtschaft             Flotte von Ewern und mit Schiffsdienstleistungen zu
                               herrschte dennoch weiterhin Skepsis. Reeder wie         den wichtigsten Unternehmern im Hamburger Hafen.
                               auch Hafenbetreiber fürchteten riesige Fehlinvestiti-   Bei internationalen Konferenzen hatte Eckelmann, der
                               onen beim Umstieg von klassischen Stückgutfrach-        McLean selbst kannte, zur Standardisierung der Contai-
                               tern auf Containerschiffe. Die Hafenarbeiter und ihre   nergrößen beigetragen. Mit dem Eurokai legte er den
                               Gewerkschaften glaubten, durch die neue Stahlkiste      Grundstein für Eurogate, heutzutage einer der führen-
                               würden zigtausende Arbeitsplätze ersatzlos ver-         den Terminalbetreiber in Europa.
                               schwinden. Vor allem sie organisierten viel Wider-      Hamburgs Einstieg in die Containerwirtschaft zahlte
                               stand gegen den Container.                              sich schnell aus. Anfang der 80er Jahre erreichte der
                               Zwei Persönlichkeiten trugen entscheidend dazu bei,     Hafen die Marke von einer Million umgeschlagenen
                               dass das neue Transportsystem Ende der 60er Jahre       Containereinheiten (TEU). Die Zeit der Stückgutfrachter

22 | Port of Hamburg Magazine | März 2018
50 JAHRE CONTAINER IN HAMBURG ■

ging endgültig zu Ende. Seit Mitte der 80er Jahre zeugt      Industrieanlagen errichtet werden. Im vergangenen Jahr-
davon an den Landungsbrücken das Museumsschiff               zehnt war dort zunächst ein weiteres, fünftes Container-
„Cap San Diego“. Im Jahr 1990 schlug der Hamburger           terminal vorgesehen. Bedingt durch die Welt-Finanz-
Hafen erstmals rund zwei Millionen TEU um. Im Jahr           marktkrise wurden diese Pläne nicht realisiert. Das
2008 waren es annähernd zehn Millionen TEU. Chinas           verschafft Hamburg heutzutage Spielraum für neue Pla-
Rückkehr in die Weltwirtschaft seit den 80er Jahren          nungen, womöglich unter anderem dafür, Liniendienste
und der Fall des Eisernen Vorhangs 1989 machten Ham-         auf europäischen Mittelstreckenverkehren in der Hanse-
burg zum wichtigsten Seehafen für Zentraleuropa.             stadt zu etablieren.
Mit modernster Technologie nutzten die Politik und die       Die Entwicklung der richtigen Infrastruktur ist auch des-
Hafenwirtschaft die Chancen, die der neue Welthandel         halb so kritisch, weil die Größe von Containerschiffen in
der Hansestadt bot. 2002 ging das Containerterminal          den vergangenen Jahren rapide gestiegen ist, auf inzwi-
Altenwerder (CTA) der Hamburger Hafen und Logistik           schen bis zu 400 Meter Länge, 60 Meter Breite und ma-
AG (HHLA) in Betrieb, eine Anlage, die damals stärker        ximal 16,5 Meter Tiefgang. Obwohl die geplante, neunte
automatisiert war als jedes andere Containerterminal         Vertiefung und Verbreiterung der Elbfahrrinne noch nicht
weltweit. Zudem baute die HHLA den Tollerort zu ei-          vollzogen werden konnte, schicken die Reedereien ihre
nem vierten großen Hamburger                                                           größten Containerschiffe die El-
Containerterminal aus. Die Hafen-
bahn und die IT-Systeme des
                                         Etwa zwei Drittel                             be hinauf, die heutzutage mehr
                                                                                       als 21.000 TEU Kapazität haben
Hafens wurden und werden fort-
laufend modernisiert, die Anbin-
                                          des Hamburger                                und die 20 Mal so viel laden kön-
                                                                                       nen wie einst die „Cap San Die-
dungen an das europäische Inland
ausgebaut. Trotz aller Rationalisie-
                                         Hafenumschlags                                go“. Das zeigt die Attraktivität
                                                                                       des Hafens in der internationalen
rung und Modernisierung des
Umschlags stieg auch die Zahl
                                         entfallen auf den                             Transportkette. Diese Schiffe
                                                                                       laufen Hamburg zwar, aus der
der Arbeitsplätze dank neuer Be-
rufsbilder immer weiter – über
                                            Container.                                 Logik der Liniendienste heraus,
                                                                                       nie voll beladen an. Dennoch
150.000 Menschen aus der Metropolregion Hamburg              muss für die immer größeren Containerschiffe aus nauti-
arbeiten heutzutage im und mit dem Hafen.                    schen Gründe die Elbe ein weiteres Mal stellenweise
Etwa zwei Drittel des gesamten Hamburger Hafenum-            verbreitert und vertieft werden. Nach langer Zeit der Pla-
schlags entfallen inzwischen auf den Container. Die Ab-      nungen und der gerichtlichen Auseinandersetzung kön-
hängigkeit des Hafens von der Stahlkiste ist groß – das      nen die Bauarbeiten vermutlich Ende 2018 beginnen. Die
zeigt die Entwicklung in den vergangenen zehn Jahren         Elbvertiefung wird dazu beitragen, dass Hamburgs Hafen
deutlich. Seither stagniert der Containerumschlag unter      beim globalen Containertransport auch in den kommen-
zehn Millionen TEU. Die Gründe dafür sind vielfältig: Die    den 50 Jahren erfolgreich bleibt. ■
Ströme des Welthandels ändern sich aus wirtschaftli-
chen und aus politische Gründen. Das beeinträchtigte in
jüngerer Zeit vor allem den Handel mit China und mit
Russland, den wichtigsten Partnerländern des Hambur-
ger Hafens. An der Nord- und an der Ostsee entstanden
in den vergangenen Jahren neue Terminals in Wilhelms-
haven und in Gdansk (Danzig), aber auch neue Anlagen
in Rotterdam oder Antwerpen. Die Folge sind Überka-
pazitäten und ein immer härterer Wettbewerb. Nir-
gends in Europa hatte die Hafenwirtschaft damit ge-
                                                                                                                            © Olaf Preuß

rechnet, dass die Wachstumsraten im Container-
transport nach den Nullerjahren zurückgehen würden.
Ein Grund dafür ist auch, dass alles, was in Containern
transportiert werden kann, mittlerweile auch darin zu          DER AUTOR
finden ist. Der Prozess der „Containerisierung“ ist weit-
gehend abgeschlossen.                                          Der Journalist und Sachbuchautor Olaf Preuß, Wirtschafts-
Containerterminals allerdings brauchen viel Platz. Die Er-     reporter bei der WELT und der WELT AM SONNTAG in Hamburg,
neuerung der Infrastruktur, die Jahre in Anspruch nimmt,       berichtet seit vielen Jahren über die maritime Wirtschaft. In
erfordert politische Weitsicht und wirtschaftliches Ge-        seinem Buch „Eine Kiste erobert die Welt“ von 2007 beschreibt
schick – und letztlich auch Glück. Im zentralen Hambur-        er die Geschichte des Schiffscontainers aus deutscher Sicht. Das
ger Hafenbereich auf Steinwerder werden in den kom-            Buch „Hafen Hamburg“ von 2016 ist ein kompaktes Porträt des
menden Jahren neue Terminals und vielleicht auch               größten deutschen Seehafens.

                                                                                                                       Port of Hamburg Magazine | März 2018 | 23
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