Soziale Netzwerke Polizei Niedersachsen bundesweit führend
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Inhalt | Impressum Soziale Netzwerke Polizei Niedersachsen bundesweit führend 4 Seite 14 Digital Community Policing in der Polizeiinspektion Harburg 6 Seite 7 Community Policing hört nicht hinter der Bürotür auf 7 Null 15 das niedersächsische polizeiinterne soziale Netzwerk 8 Projekt Neugestaltung und Fortentwicklung der Online-Wache 9 Social Media Managerinnen Seite 29 im Landespolizeipräsidium willkommen geheißen 10 „Mach ich Foto, tu ich Facebook“ Ideenwettbewerb Warum Soziale Medien für die PA wichtig sind 11 Der „Krimfux“ 2017 ist ermittelt 21 EU-Projekt MEDI@4SEC Spezialist für Fahrzeugtechnik Niedersachsens Polizei ist Partner 12 Hilfspolizeibeamter mit erweiterten Befugnissen 22 Meldungen 13 „Ganz schön blöd“ Präventionstheater für Grundschüler 23 „Friederike“ Orkantief traf ASDN nicht unvorbereitet 14 Zweite Mitarbeiterberfragung – deutlich weniger Fragen als 2015 24 Abschied LKA-Präsident Uwe Kolmey geht in den Ruhestand 15 Meldungen 25 Karrierenetzwerk Bamako/Mali für Frauen in Führungspositionen im Landesdienst 16 Eine nicht alltägliche Dienstreise 26 Rechtsprecherungsänderung Zu den Auswirkungen der Behebbarkeit einer schweren Polizeimeisterschaften & Sportveranstaltungen Folge des § 226 StGB 17 Kalender 2018 28 Symposium Ehrung „Extremistische Radikalisierung junger Menschen“ 18 Minister zeichnet in Hildesheim Polizeisportler aus 29 EU-Inspektion im Hafen Wilhelmshaven – WSPI ist integriert 20 Polizei. Täglich. Technik Wanderausstellung im MI macht Polizei erlebbar 30 Titelbild: freepik Tauschgesuch 30 Impressum proPolizei XXXIII. Jahrgang Herausgeber: Niedersächsisches Ministerium für Inneres und Sport, Lavesallee 6, 30169 Hannover | Verantwortlich: Philipp Wedelich, Vertreter: Bastian Lückfeldt | Redaktion: Frank Federau, Hans Gehrman, Sabine Hoffmann, Thomas Münch, Franziska Santhiralingam, Sven Thielert, Doris Wollschläger Anschrift der Redaktion: Niedersächsisches Ministerium für Inneres und Sport, Redaktion proPOLIZEI, Postfach 221, 30002 Hannover | Tel. 05 11/1 20- 60 44 oder - 62 59, Fax 05 11/ 120- 65 55, E-Mail: propolizei@mi.niedersachsen.de Konzept, Layout & Satz (DTP): @ktuell Redaktionsbüro Draxler, Im Lohe 13, 29331 Lachendorf | Druck: Sedai-Druck GmbH & Co. KG, Böcklerstr. 13, 31789 Hameln Alle in proPOLIZEI veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Namentlich gekennzeichnete Beiträge müssen nicht mit der Meinung des Herausgebers oder der Redaktion übereinstimmen. Die Redaktion behält sich vor, Leserzuschriften (gegebenenfalls in gekürzter Form) zu veröffentlichen. 2 proPolizei Heft 2/2018
Editorial Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter! F acebook, Twitter, Instagram – bereits immer die Gefahr, durch Kommentare oder Posts seit geraumer Zeit sind soziale Netz- ins sprichwörtliche „Fettnäpfchen“ zu treten. Ins- werke nicht mehr nur Freizeitvergnü- besondere dann, wenn im Rahmen einer Einsatz- gen. Für die Polizei hat sich Social Media lage das Bedürfnis der Bevölkerung nach einer zu einem unverzichtbaren Werkzeug einer offenen unverzüglichen Information besteht. Durch ent- und direkten Kommunikation mit den Bürgerinnen sprechende Aus- und Fortbildung und der Beach- und Bürgern entwickelt. Über kein anderes Medium tung unserer Social Media Guidelines sollen Unsi- lassen sich Hinweise zu aktuell laufenden Einsätzen cherheiten in der Kommunikation in sozialen oder Verkehrsereignissen, Präventionshinweise, Netzwerken und andere Fehlerquellen weitgehend Fahndungen oder auch Werbemaßnahmen zur vermieden werden. Nachwuchsgewinnung so schnell verbreiten wie Davon unbenommen: Fehler können (und werden) über die sozialen Netzwerke. passieren! Für Führungskräfte gilt es daher umso Seit die Strategische Koordinierungsstelle „Soziale mehr, eine positive Fehlerkultur zu leben und ihren Medien“ im Januar 2017 im Landespolizeipräsidium Beschäftigten gerade in diesen Situationen das not- eingerichtet sowie die Fachstrategie „Soziale Me- wendige Vertrauen entgegenzubringen. dien“ eingeführt wurden, hat sich die Social Media- Stetig wandelnde Trends und Tendenzen in sozia- Arbeit in der Polizei Niedersachsen rasant weiter- Landespolizeidirektor len Medien werden auch in Zukunft eine Heraus- entwickelt. Mit insgesamt 39 Accounts auf Twitter, Knut Lindenau forderung für die Polizei darstellen. Ich bin mir si- sechs Accounts auf Periscope, 28 Seiten auf cher, dass wir diese im Sinne einer modernen, Facebook und einem eigenen YouTube-Kanal sind dialogorientierten Bürgerpolizei erfolgreich bewäl- wir im Bereich der Social Media Präsenz aktuell tigen. bundesweit führend. Auch Instagram ist seit Anfang dieses Jahres für die Ihr polizeiliche Öffentlichkeitsarbeit in Niedersachsen freigegeben. Daneben betreiben insgesamt zwölf Kolleginnen und Kollegen personifizierte Accounts auf Twitter und Facebook, um der Polizei Nieder- sachsen in den sozialen Netzwerken ein Gesicht zu geben. Das deutschlandweit einzigartige Com- munity Policing ist ein zusätzlicher Weg, das Ver- trauen zwischen Polizei und Bevölkerung zu stärken sowie den Dialog und die Transparenz zu fördern. Die Accounts und Seiten betreuen sich natürlich nicht von alleine, sondern erfordern, insbesondere in den Pressestellen der Behörden und Dienststellen, einen nicht unwesentlichen Arbeits- und Betreuungs- aufwand. Aus diesem Grunde stehen seit Dezember insgesamt acht Social Media Managerinnen für die Polizeibehörden und die Polizeiakademie zur Ver- fügung. Sie sollen die Mitarbeiterinnen und Mitarbei- ter unterstützen, die seither für die Social Media Arbeit in den Dienststellen und Behörden verant- wortlich sind und für eine qualitative Weiterentwick- lung der Inhalte und Präsenz sorgen. Die Vorteile einer schnellen Informationsverbrei- tung in sozialen Medien bergen gleichermaßen auch Foto: Polizei Heft 2/2018 proPolizei 3
Titel Soziale Netzwerke Polizei Niedersachsen in der Präsenz bundesweit führend D ass die Arbeit der Polizei in sozialen Grunde ist es von großer Bedeutung, dass auch die Medien einen hohen Stellenwert Polizei ihrerseits ein attraktives und dialogbasiertes einnimmt, wird nicht nur durch Angebot im Bereich der Online-Medien bereithält. deren erfolgreiche Nutzung bei Polizeiliches Handeln wird auf diese Weise trans- Großereignissen wie dem terroristischen Anschlag parenter, wichtiges Vertrauen zwischen Polizei und auf den Breitscheidplatz in Berlin oder dem Amok- Bevölkerung gestärkt und die „Gemeinschaft“ vor lauf im Olympia-Einkaufzentrum in München Ort gefördert. deutlich. Auch im polizeilichen Alltag spielt die Die Polizei Niedersachsen betreibt bereits seit virtuelle Präsenz stets eine wichtige Rolle. dem Jahr 2012 je eine Facebook-Seite auf Behör- Eine Vielzahl der Bürgerinnen und Bürger aller denebene. Die erste Facebook-Seite wurde 2011 Altersstufen werden heutzutage nicht mehr über durch die Polizeidirektion Hannover eingerichtet, die klassischen Printmedien erreicht. Dennoch die damit deutschlandweit als Vorreiter im Bereich haben sie weiterhin ein ausgeprägtes Bedürfnis polizeilicher Social Media-Präsenz galt. 2016 nach Informationen von „ihrer“ Polizei. Aus diesem Collage: Polizei wurde das Online-Angebot der Polizei Niedersach- 4 proPolizei Heft 2/2018
Titel sen schließlich auch auf das Medium Twitter ausgeweitet. Und seither hat sich wahrlich viel ereignet. Derzeit ist die Polizei Niedersachsen mit insge- samt 39 Accounts bei Twitter, sechs Accounts auf Periscope und 28 Seiten bei Facebook im Bereich Social Media- Präsenzen bundesweit führend. Neben aktuellen Einsatzlagen, Kriminalitäts- phänomenen, Präventionsthemen und Veranstaltungen greifen die dezentral eingerichteten Accounts auf Twitter und Facebook stets Themen auf, die insbesondere regional von Interesse sind. Auf einem eigenen YouTube-Ka- nal Polizei Niedersachsen (https:// www.youtube.com/polizeiniedersach- sen) können zudem in verschiedenen anderen Bundesländern (noch) nicht. Insgesamt Text: Playlists Videos zu den Bereichen Verkehr, Karrie- Franziska Santhiralingam betreuen in Niedersachsen bereits zwölf Polizei- re, Veranstaltungen, Tipps der Polizei und Digital- beamtinnen und Polizeibeamte Accounts auf Twit- funk abgerufen werden. Foto: pixabay ter und Facebook. Neben regionalen Social-Media-Kanälen verfügt Im Zusammenspiel mit den Accounts der Polizei- die Polizei Niedersachsen auch über themenspezi- dienststellen schafft digitales Community Policing fische Accounts für die Bereiche Fahndung und damit ein regionales Angebot, von dem Bürgerin- Nachwuchsgewinnung. So werden über die Kanä- nen und Bürger sowie die (örtliche) Polizei glei- le Polizei NI Fahndung auf Twitter (https://twitter. chermaßen profitieren. Die Polizei erhält einerseits com/PolizeiNI_Fa) und Polizei Niedersachsen wertvolle Tipps und Anregungen aus der Bevölke- Fahndung auf Facebook (https://www.facebook. rung und kann entsprechend schnell reagieren. com/LandeskriminalamtNiedersachsen/) Personen- Andererseits finden die Bürgerinnen und Bürger fahndungen und Vermisstensuchen zentral für die „ihre“ Polizei verstärkt dort vor, wo sie sich im gesamte Polizei Niedersachsen veröffentlicht. Die Laufe des Tages häufig aufhalten: auf Facebook Polizeiakademie Niedersachsen betreibt die Face- und Twitter. Und das alles direkt, zeitnah und ohne book-Seite Polizei Niedersachsen Karriere (https:// Umwege. www.facebook.com/Polizei.Niedersachsen.Karrie- Die Polizei Niedersachsen wird ihre Präsenz in re/), um über das Bewerbungsverfahren und das den sozialen Medien auch in Zukunft weiter aus- Studium an der Polizeiakademie zu werben und zu bauen. Hierzu erfolgt eine ständige Marktbeobach- informieren. Dort können gezielt Fragen zu den tung der aktuellen Trends und Tendenzen durch die Einstellungsvoraussetzungen und zum Ablauf des Strategische Koordinierungsstelle „Soziale Me- Polizeistudiums gestellt werden. Um auch in den dien“ im Landespolizeipräsidium. Die Chancen nächsten Jahren die immens bedeutsame Aufgabe und Möglichkeiten als Polizei auch in anderen der Gewinnung von jungen Kommissaranwärtinnen sozialen Netzwerken präsent zu sein, werden dabei und -anwärtern erfolgreich gestalten zu können, ist fortlaufend geprüft, um mit allen Ziel- und Alters- seit Kurzem unter anderem auch die PA NI mit gruppen im Dialog zu bleiben. einem ergänzenden Angebot auf Instagram online. Weitere, ausführliche Informationen zu diesem Um auf Facebook und Twitter als Polizistinnen Thema sind darüber hinaus auch auf den Internet- und Polizisten erkennbar „auf Streife“ zu sein, hat portalen der Polizei Niedersachsen abrufbar. die Polizei Niedersachsen zudem die Möglichkeit geschaffen, personifizierte Accounts auf Twitter und Facebook zu betreiben. Gemeint ist damit ein so- genanntes digitales Community Policing, welches in England und den Niederlanden bereits seit 2013 zum Verständnis moderner Polizeiarbeit gehört. Für die Polizei Niedersachsen ist dieses Terrain noch relativ neu, vergleichbare Accounts gibt es in Heft 2/2018 proPolizei 5
Titel Digital Community Policing in der Polizeiinspektion Harburg G uten Morgen Facebook! Wir sind sind aber noch einige Baustellen abzuarbeiten. dann wieder online!!!“, lautete der Zum einen besteht die tägliche Herausforderung erste Post, der am 27. November darin, „nebenbei“ interessante Inhalte zu entwi- 2017 auf der Facebook-Seite der ckeln oder zu finden, um die Accounts mit Leben Polizeiinspektion Harburg online ging. Gut fünf zu füllen. Hierbei spielt auch die Ausstattung mit Jahre zuvor hatte Polizeisprecher Jan Krüger entsprechender Technik eine Rolle. Nahezu un- in einem Pilotversuch die bundesweit erste erlässlich scheint es, die Beamten mit entspre- Facebook-Seite einer Polizeidienststelle chenden Smartphones auszustatten, damit das online geschaltet. Posten, gerade in Verbindung mit situativen Fotos, Nachdem sich der Bereich Social Media von überall und ohne großen Zeitverlust möglich bei der Polizei bundesweit in den letzten ist. Jahren rasant entwickelte, rückt nunmehr Zum anderen stellt sich, wie natürlich in vielen der Bereich „Digital Community Tätigkeitsfeldern, die Frage der Ressourcen. Die Policing“ in den Fokus. Den Vor- Entwicklung von Kampagnen (Porträts der Dienst- gaben des Facebook-Erlasses stellen, Begleitung eines Bachelors während folgend, richtete die PI Harburg seines Praxismoduls, et cetera) ist wünschenswert, neben dem Inspektions- derzeit aber zeitlich nicht darstellbar. Ebenso steht account auch sieben die Koordination eines Redaktionsplanes, um personif izierte Ac- größere Themen vorzubereiten und abgestimmt counts ein, um damit auf mehreren Accounts zu bespielen, noch auf der der Polizei auch in Wunschliste. Gerade die Kontaktbeamtinnen ver- der digitalen missen im derzeitigen Konzept die Möglichkeit, W e l t Facebook-Gruppen beizutreten, um sich dort di- m e h r rekt an Diskussionen beteiligen zu können. In Gesicht diesen Fällen wäre die Nutzung eines persönlichen zu geben. Accounts als Ergänzung zur Facebook-Seite ideal. Zunächst Die Resonanz aus der Bevölkerung ist bislang stand die Über- durchweg positiv. Allerdings zeigt sich auch hier, legung im Raum, dass allein der Absender „Polizei“ nicht automa- welche Kolleginnen und tisch für große Viralität sorgt. Durchschnittlich Kollegen hierfür infrage kommen. Die werden die Beiträge der Seite von 500 bis 2000 Inspektionsleitung legte schließlich den Menschen angesehen. Die Hälfte der rund 800 Personenkreis auf Funktionsträger fest, Abonnenten des PI-Accounts wurden beispiels- die in ihrer dienstlichen Tätigkeit ohne- weise durch ein Video hinzugewonnen, in dem die hin häufig in der Öffentlichkeit stehen und ihre Eigentümer eines sichergestellten Paares Ehe- Arbeit durch einen Facebook-Account darstellen ringe gesucht wurden. Das Video erreichte kurz und ergänzen können. vor Weihnachten rund 126.000 Menschen. Ge- Neben den Angehörigen des Präventionsteams meldet hat sich das Paar allerdings nicht. und des Sachbearbeiters Aus- und Fortbildung (zugleich Nachwuchswerber) wurden auch zwei Accounts für Kontaktbeamtinnen sowie den Lei- ter der regionalen Kontrollgruppe/Leiter des Ein- satz- und Streifendienstes beim Autobahnpolizei- Text: Jan Krüger kommissariat Winsen (Luhe) eingerichtet. Und wie läufts? Alle Akteure sind sich einig, Foto: Polizei dass der Weg in soziale Netzwerke richtig ist. Es 6 proPolizei Heft 2/2018
Titel Community Policing hört nicht hinter der Bürotür auf V or etwa eineinhalb Jahren begann es: 2017 mit einem persönlichen Account bei Facebook das Experiment „Community Poli- vertreten. cing“. Sobald die Möglichkeit gege- Natürlich gibt es vor allem in den Reihen der ben war, richtete ich mir, neben den Kolleginnen und Kollegen nach wie vor Skeptiker Social Media-Präsenzen der Polizeiinspektion Leer/ und Kritiker. Und tatsächlich hat das Community Emden, personifizierte Accounts als für den Bürger Policing durchaus auch Schattenseiten. Dazu gehört erkennbaren Polizeibeamten ein. Zunächst bei zum Beispiel die Distanzlosigkeit einiger Nutzer. Twitter, später auch bei Facebook. Seitdem poste Manche kennen offenbar den Unterschied zwischen ich Dinge, die meine Dienststelle betreffen, aber einer interessenbasierten Verbindung in einem auch grundsätzliche Themen rund um die Polizei sozialen Netzwerk und einer tatsächlichen zwi- und Ostfriesland. schenmenschlichen Beziehung nicht. Meine damals vorrangige Motivation, nämlich Ein zweiter Aspekt ist die Tatsache, dass das hier und da Licht in den Gerüchtedschungel hin- Führen eines Accounts sehr zeitintensiv ist. Für sichtlich unserer polizeilichen Arbeit und angeb- mich hört Community Policing nicht hinter der licher Straftaten zu bringen und bei Bedarf meine Bürotür auf. Im Gegenteil: Oftmals fängt es hier persönliche Meinung zu einem Thema unmittelbar erst richtig an. Während der Zeit in der Dienst- und ungekürzt äußern können, ist mir dabei weiter- stelle bleibt in den seltensten Fällen Raum um sich hin ein wichtiges Anliegen. Außerdem hat es sich mit den Accounts zu beschäftigen. Den Großteil als ausgesprochen heilsam herausgestellt, gelegent- PD Johannes Lind: der Interaktion bewerkstellige ich daher nach Feier- lich bei der Erfüllung von Straftatbeständen im „Was vor eineinhalb abend. Zudem ist Community Policing nur erfolg- vermeintlich rechtsfreien Raum des Internets Jahren als ergebnis- reich, wenn ich ausreichend Reichweite durch eine Präsenz zu zeigen und einzuschreiten: „Unterlassen offenes Experiment entsprechend hohe Zahl von Freunden beziehungs- Sie das, sonst werde ich Ermittlungen gegen Sie begann, ist für mich im weise Followern erziele. Zur Generierung dieser einleiten.“ digitalen Zeitalter zu Reichweite habe ich zum Beispiel auf Twitter unter Was für mich aber viel schwerer wiegt, ist der einem unverzichtbaren dem #AküPol 100 Tweets zu den in der Polizei ge- Einfluss auf das Bild der Polizei in der Öffentlich- Baustein der polizei- bräuchlichen Abkürzungen getweetet und auf keit. Insbesondere Facebook ermöglicht eine sehr lichen Öffentlichkeits- Facebook 20 Folgen der Kurz-Video-Reihe „90-Se- unmittelbare Kommunikation. Dabei scheint die arbeit und somit zur kunden-Polizei“ gepostet. Hemmschwelle, sich mit seinen Anliegen an mich Weiterentwicklung Wie zeitintensiv die Angelegenheit tatsächlich als Polizeichef zu wenden, niedriger als gegenüber in eine bürgernahe ist, stellte ich insbesondere fest, als ich im Sommer der etwas abstrakteren Dienststellenpräsenz. Dies Polizei geworden.“ 2017 eine digitale Auszeit einlegte. Ich informier- lässt sich jedenfalls aus der Anzahl der Kontaktauf- te meine Follower darüber, dass ich in den nächsten nahmen im Fall der Polizeiinspektion Leer/Emden drei Wochen offline sein würde und fuhr ohne schließen. Ich bekomme nach veröffentlichten Handy und Laptop in den Urlaub. Die Zeitfenster, Pressemitteilungen Feedback für gelungene Fest- die sich da auftaten, waren schon immens! In dieser nahmen. umfangreichen Form ist ein persönlicher Account Ich vermittle bei Anfragen unterschiedlichster sicher nicht jedem zuzumuten. Für mich kommt Art ohne Umwege zum richtigen Ansprechpartner jedoch, wie in fast allen Bereichen meines Lebens, meiner Dienststelle. Ich bekomme Hinweise, die nur „ganz oder gar nicht“ infrage. bereits in mehreren Fällen zu Kontroll- und Fest- Ich fühle mich für meine Social Media Präsenzen nahmeerfolgen geführt haben. Und ich glaube, dass verantwortlich und kann durch den Grad meiner diese digitale und unmittelbare Ansprechbarkeit Verlässlichkeit beim Beantworten von Fragen oder großes Vertrauen der Bürgerinnen und Bürgern in Hinweisen maßgeblich zum Bild der Polizei in der ihre örtliche Polizei schafft. Deshalb ist auch die Text: Bevölkerung beitragen. Das ist es mir wert. Johannes Lind Beauftragte für Kriminalprävention unserer Polizei- inspektion, POKin Svenia Temmen, seit September Foto: Polizei Heft 2/2018 proPolizei 7
Titel Null 15 ist der Name des niedersächsischen polizeiinternen sozialen Netzwerks D as polizeiinterne soziale Netzwerk, den, dass die Meinung der Mitarbeiterschaft zwin- dass 2019 in den Wirkbetrieb gehen gend erforderlich ist. Nach einem Aufruf im Stra- soll, hat einen Namen: Null15 – in tegie-Newsletter des LPP konnten sich Anlehnung an den Tarnschieber als interessierte Kolleginnen und Kollegen für die Bezeichnung für Dienststelle. Der Name wurde Mitarbeit melden. Im September und Oktober wur- durch 35 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den den dann zwei Workshops in Lüchow und in Braun- Behörden und der Polizeiakademie ausgewählt. Er schweig durchgeführt, bei denen die Anforderungen soll die Bedeutung des polizeiinternen sozialen an ein polizeiinternes soziales Netzwerk erarbeitet Netzwerks deutlich machen, nämlich eine digitale Die Polizei Nieder- wurden. Dienststelle zu sein, wo kommuniziert, diskutiert sachsen entwickelt Die Perspektiven waren durchaus unterschied- und Wissen abgerufen sowie ausgetauscht werden lich. So diskutierten beispielsweise eine Sachbe- kann. als erste Polizei in arbeiterin KED, ein IT-Spezialist, eine Leiterin Der Weg, bis Null15 von allen Mitarbeiterinnen Deutschland ein Einsatz und ein Polizeivizepräsident kontrovers und Mitarbeitern unserer Organisation genutzt über den Nutzen einzelner Funktionen. Das Ergeb- werden kann, ist noch weit. Die ersten Schritte sind polizeiinternes nis kann sich sehen lassen. Gemeinsam erarbeiteten mit dem Startschuss im Juni 2017 getan. soziales Netzwerk die Teilnehmerinnen und -nehmer stellvertretend Das erste Teilprojekt, die Ist-Standerhebung, für die Organisation die fachlichen Anforderungen, konnte Ende September letzten Jahres abgeschlos- (PSN) die sie an das Netzwerk Null15 haben. sen werden. Folgende Erkenntnisse wurden unter Daneben werden derzeit auch die technischen anderem durch eine initiierte Bund-Länder-Um- Anforderungen durch die Projektgruppe in einem frage gewonnen: sogenannten Lastenheft beschrieben, um dann Auch wenn sich sogenannte Enterprise Social voraussichtlich im zweiten Quartal dieses Jahres in Networks bereits in knapp 50 Prozent der größeren Was wird sich mit die Ausschreibung gehen zu können. deutschen Unternehmen etabliert haben, ist die Ein wichtiger Bestandteil von Null15 wird eine Polizei Niedersachsen die erste Polizei, die ein solch der Einführung eines Forumfunktion sein. Hier können sich die Mit- internes Netzwerk entwickelt. Damit ist Nieder- PSN ändern? arbeiterinnen und Mitarbeiter über (ihre) Fachthe- sachsen noch eine große Ausnahme im Bereich der men austauschen. Darüber hinaus können Foren öffentlichen Verwaltungen. Wissenschaftliche genutzt werden, um zum Beispiel interne Mittei- Studien machen aber deutlich, dass ein solches lungen in einem Fachkommissariat oder in einer Netzwerk die Kommunikation optimiert und einer Dienstabteilung zu kommunizieren, die dann auch E-Mail-Überflutung entgegenwirkt. Die Ist-Stand- zeitlich versetzt gelesen werden können. Abwesen- erhebung ergab darüber hinaus, dass die Polizei Erfolgreiche Basisbe- de Kolleginnen und Kollegen können sich so nach- Niedersachsen über viele technische Fachanwen- teiligung an der träglich informieren und bleiben so „auf Ballhöhe“. dungen verfügt, diese aber nur bedingt miteinander Bis es 2019 schließlich heißt „Null 15 – Deine abgestimmt sind. In den Behörden haben sich Beschreibung der digitale Dienstelle“ ist es zwar noch ein weiter Weg, viele Insellösungen, wie eine Wiki-Funktion für Anforderungen an doch der gemeinsame Aufbruch bei den Workshops bestimmte Phänomenbereiche, etabliert. Insbeson- war ermutigend. Wenn Sie Interesse an mehr In- ein PSN formationen haben, melden Sie sich gerne unter dere der Wissens- und Informationstransfer soll durch die digitale Dienststelle optimiert werden: Null15@polizei.niedersachsen.de! So ist ein Wiki mit übergreifender Suchfunktion geplant. Im Anschluss an die Ist-Standerhebung wird die fachliche Anforderung an ein polizeiinternes sozia- les Netzwerk erarbeitet und beschrieben. Hier Text: wurde durch die Projektverantwortlichen entschie- Patrik Pampel 8 proPolizei Heft 2/2018
Titel Projekt Neugestaltung und Fortentwicklung der Online-Wache Z ur Realisierung eines leistungsfähi- gen eGovernments hat die Polizei Niedersachsen im Februar 2007 ihr Online-Angebot ausgeweitet. In das bestehende Onlineportal www.polizei.niedersach- sen.de/ wurde ein Online-Service im Sinne einer sogenannten Online-Wache integriert, um insbe- sondere eine zusätzliche Möglichkeit zur Anzeigen- und Hinweiserstattung bei den Polizeidienststellen anbieten zu können. Die Online-Wache hat sich seither zu einem etablierten, bürgerorientierten Instrument moderner Polizeiarbeit mit hoher steigender Akzeptanz bei den Bürgerinnen und Bürgern entwickelt. Aufgrund diverser Anfragen und Vorschläge aus dem Netz- werk Aufgabenkritik und durch Bürgerinnen und Bürger wurden in den Jahren 2014 und 2016 bereits neue Versionen der Online-Wache im Rahmen fanden neben diversen Projekt- von „Release-Projek- gruppensitzungen, Workshops ten“ implementiert. mit Expertinnen und Experten Um weitere deutli- entsprechender Organisations- che Verbesserungen einheiten sowie ein Austausch unter Beteiligung der mit Polizeien anderer Bundes- Behörden zu erzielen, länder statt. Außerdem wurden beschäftigte sich die Schnittstellen zu anderen Pro- Projektgruppe „Neu- jekten, wie zum Beispiel dem gestaltung/Fortent- Cyberguide, besprochen. Die Projektgruppe wicklung Online-Wa- Der Abschlussbericht wurde „Neugestaltung/Fort- che“ vom 1. September dem Auftraggeber, dem Lan- entwicklung Online- 2017 bis 31. Januar despolizeipräsidium, fristge- Wache“ formulierte, 2018, unter der Leitung recht vorgelegt und die erarbei- unter der Leitung von von POR Alexander teten Projektg r uppener- POR Alexander Meyer, Meyer, Einsatzkoordina- gebnisse am 30. Januar 2018 Einsatzkoordinator PI tor PI Osnabrück, mit im Landespolizeipräsidium Osnabrück, die fach- dem Auftrag, die Gesamt- präsentiert. Die im Abschluss- lichen Anforderungen heit der fachlichen An- bericht beschriebenen Empfeh- an die Online-Wache forderungen an die On- lungen bedürfen nunmehr einer line-Wache zu formulieren. weiteren Erörterung, um ein Im Vordergrund stand konkretes Vorgehen hinsicht- hierbei eine möglichst in- lich der Umsetzung der An- tuitive und anwender- forderungen festzulegen. freundliche Nutzung der Funktionalitäten für die Bürgerinnen und Bürger sowie eine Prozessopti- Text: Annika Ammermann mierung für die polizeiliche Sachbearbeitung. Während des Projektzeitraumes von sechs Monaten Foto: Polizei Heft 2/2018 proPolizei 9
Titel Social Media Managerinnen von Landespolizeipräsidium willkommen geheißen A m 26. Januar lud die Strategische beruflichen Werdegang vorzustellen. Nach Ab- Koordinierungsstelle „Soziale Me- solvierung von Studiengängen wie Journalismus, dien“ im Landespolizeipräsidium Mediendesign oder Public Relations sammelten die insgesamt acht neu eingestell- sie bereits berufliche Erfahrungen in Agenturen ten Social-Media-Mangerinnen aus den Polizei- zur Vermarktung von Luxusartikeln und Kosme- direktionen und der Polizeiakademie NI zu einer tika, in Firmen wie OTTO, WMF und Ferrero oder Begrüßungsveranstaltung in das Niedersächsische auch bei Fernseh- und Hörfunksendern. Ministerium für Inneres und Sport ein. Trotz der Unterschiede zwischen Privatwirt- schaft und Polizei waren sich alle Beteiligten einig: Ein krisensicherer Arbeitsplatz, ein freundliches Arbeitsumfeld und die Chance, den Bereich Social Media innerhalb der Polizei fortzuentwickeln und zu gestalten, machen die Polizei Niedersachsen zu einem interessanten Arbeitgeber! Thorsten Massinger stellte in der Folge die bisherigen Meilensteine der Fachstrategie „Soziale Medien“ dar und formulierte seine damit verknüpfte Erwartungshaltung an zu- künftige Entwicklungen. Innerhalb des Teil- nehmerkreises war deutlich zu spüren, dass eine hohe Motivation hinsichtlich der aktiven Mitgestaltung und Weiterentwicklung der Social Media Arbeit in den jeweiligen Be- hörden besteht. Gleichzeitig knüpft sich hieran aber auch die Erwartung an Führungs- kräfte, den neuen Kolleginnen das notwendi- ge Vertrauen in die selbständige Aufgaben- Patrick Pampel (LPP, Die zwischen Oktober und Dezember 2017 wahrnehmung und deren fachliche Qualifikation l.), Thorsten Massinger eingestellten neuen Kolleginnen fungieren in ihren entgegen zu bringen. Denn nur unter diesen Vor- (LPP), Andreas Dessau Behörden als zentrale Ansprechpartnerinnen für aussetzungen wird es möglich sein, vor allem das (LPP), Nicole Kappei den Bereich Social Media und tragen aktiv zur Community Management in den Behörden attrak- (PD Göttingen), Laura Weiterentwicklung professioneller Auftritte der tiv und effektiv auszubauen. Hachmeister (PD Polizei in den sozialen Medien bei. Mit diesem Die Social Media Managerinnen werden zu- Braunschweig), Aileen Schritt wurde die Polizei um ein weiteres neues künftig auch ein „eigenes Netzwerk“ bilden und Noeske (PA NI), Lena Berufsbild bereichert. Zeigt es doch einmal mehr sich austauschen, um auch auf diesem Weg die Krüger (PD Osna- die Vielfalt polizeilicher Aufgaben und unter- Social Media Arbeit in der Polizei Niedersachsen brück), Heike Kress streicht gleichzeitig die Aufgeschlossenheit und weiter zu entwickeln. (PD Oldenburg), Kim- Offenheit der Organisation, wichtige Tätigkeiten Katrin Hensmann (PD durch spezifisch qualifiziertes Verwaltungs- be- Lüneburg), Marina Kiel ziehungsweise Fachpersonal wahrnehmen zu und Sarah Owsianski lassen. (PD Hannover), Knut Nach einer kurzen Einführung durch Landes- Text: Lindenau (LPP) polizeidirektor Knut Lindenau, der die neuen Franziska Santhiralingam Mitarbeiterinnen herzlich willkommen hieß, hatten diese Gelegenheit, sich und ihren bisherigen Foto: Polizei 10 proPolizei Heft 2/2018
Niedersachsen „Mach ich Foto, tu ich Facebook“ Warum Soziale Medien für die Polizeiakademie wichtig sind W arum eine moderne Online- Text: Aileen Noeske präsenz und die Nutzung von sozialen Medien für die Poli- Foto: pixabay zeiakademie Niedersachsen wichtig sind, belegt das Zitat „Mach ich Foto, tu ich Facebook“. Es ging bereits 2014 durch die sozialen Netzwerke, wurde unzählige Male geli- ked/geteilt und galt so in kurzer Zeit als viraler Hit. Image der Polizei Niedersachsen. Diese Entwick- Facebook, Instagram, Twitter und Co. sind aus lung wurde an der Polizeiakademie Niedersachsen dem Alltag der jungen Generation nicht mehr bereits 2014 erkannt – und man ging mit der wegzudenken. Es wird täglich gepostet, getweetet, Facebook Seite „Polizei Niedersachsen Karriere“ gebloggt oder gesnapchattet – bis das Datenvolu- an den Start. men aufgebraucht ist. Studien ergaben, dass in Mittlerweile verfolgen knapp 48.000 User die Deutschland 97 Prozent der Zwölfjährigen ein Fanpage. Die Einrichtung eines Instagram Ac- internetfähiges Smartphone besitzen. counts ist in Kürze geplant. Mehrmals wöchent- Aber was bedeutet das für die Polizei Nieder- lich werden dort authentische Einblicke rund um sachsen, muss jeder „Trend“ zwingend mitge- das Polizeistudium gegeben. Durch die Begleitung macht werden? Im Fall des Personalrecruitings von Trainingseinheiten, Vorlesungen und Pflicht- führt an diesen Kommunikationskanälen kein Weg praktika liefern wir interessante Impressionen aus vorbei. Um erfolgreich zu sein, müssen wir junge dem Studienalltag. Zudem ermöglicht die Nach- Menschen dort über den Polizeiberuf informieren richt- und Kommentarfunktion einen persönlichen und begeistern, wo sich die Zielgruppe aufhält. und schnellen Austausch. Heutzutage finden die Informationsbeschaffung Momentan werden die sozialen Medien aus- und das Pflegen von sozialen Kontakten über- schließlich zur Imagebildung verwendet. Zukünf- wiegend in den sogenannten „social networks“ tig strebt die Polizeiakademie Niedersachsen eine statt. Eine moderne, professionelle und transpa- vermehrte Nachwuchsgewinnung mit Hilfe der rente Onlinepräsenz festigt außerdem das positive Onlinepräsenz an. Heft 2/2018 proPolizei 11
Titel EU-Projekt MEDI@4SEC Polizei Niedersachsen ist Partner S oziale Medien verändern die Regeln für denen bisher Malte Neubert, Thorsten Massinger, die Kommunikation zwischen Einzel- Christian Cernak und Patrick Pampel (alle LPP) personen und Gemeinschaften. Ihre sowie Daniel Dahlke (PD Braunschweig) teilge- Wirkung kann sowohl positiv als auch nommen haben, fließen unmittelbar in die Arbeit negativ sein. Für die Sicherheit städtischer und der Polizei Niedersachsen ein. Auch der noch aus- ländlicher Gebiete sowie der Menschen, die in stehende Austausch zu den Themen „trolling“ und ihnen leben, bietet dies eine Reihe von Möglich- „innovative market solutions“ im Mai beziehungs- keiten und Herausforderungen. weise September 2018 erscheint vielversprechend. Wie können Strafverfolgungsbehörden und Si- Weitere Informationen zu den Inhalten der cherheitsplaner besser verstehen, wie soziale Me- Workshops sind im Internet unter http://me- dien in ihrer Umgebung eingesetzt werden? Und dia4sec.eu sowie auf Twitter unter https://twitter. wie können sich diese Agenturen und Organisatio- com/MEDIA4SEC abrufbar. nen auf die Nutzung sozialer Medien bei der Bereitstellung einer sichereren Gemeinschaft einstellen? Durch aktive Forschung und eine Reihe von Praktikerwork- shops ist MEDI@4SEC (als Teil des EU-Programms Hori- zon 2020) ein sich entwickeln- des Netzwerk von Strafverfol- gungsbehörden und Planern der öffentlichen Sicherheit, die Erfahrungen austauschen und die Nutzung von sozialen Me- dien in der alltäglichen Praxis der öffentlichen Sicherheit ver- bessern können. Die Polizei Niedersachsen ist im Zeitraum 2016 bis 2018 neben den Universitäten Ut- recht und Warwick, KEMEA Athen, TNO Niederlande, der European Organisation for Se- curity, Fraunhofer IAO, EFUS Barcelona, XLAB, der Policia Local Valencia und der Police of Northern Ireland Partner dieses europäischen POR Thorsten Massinger (LPP, 4. v.l.) und PR Daniel Netzwerkes. Dahlke (PD Braunschweig, r.) auf dem Workshop Die bisherigen Workshops in Berlin, Athen, Den „riots & mass gatherings“ in Athen 2017 Haag und Barcelona zu den Themen „do it your own policing“, „riots & mass gatherings“, „dark Text: web“ und „everyday security“ waren für den Um- Thorsten Massinger gang mit sozialen Medien sehr gewinnbringend. Die entsprechenden Ergebnisse der Tagungen, an Foto: privat 12 proPolizei Heft 2/2018
Aktuell Heroin und Kokain Hannover-Marathon beschlagnahmt! Nachwuchswerbung Fahndungserfolg D ie PD Hannover stellt mit Z u drei vorläufigen Festnahmen Unterstützung der PA Nieder- und einem beträchtlichen Fund sachsen anlässlich des Hannover-Mara- DirPA a.D. Dieter Buskohl DirPA Carsten Rose thons am 8. April für teilnehmende von Betäubungsmitteln durch die Fahndung der PI Oldenburg Stadt/ Kolleginnen und Kollegen wieder Ammerland kam es am 30. Dezember Funktionsshirts zur Verfügung. Die letzten Jahres in Zusammenarbeit mit Polizeiakademie Niedersachsen Shirts werden Angehörigen der Polizei dem hiesigen FK 2.2, dem Grenzüber- schreitenden Polizeiteam (GPT, Stand- Führungswechsel Niedersachsen (alle Beschäftigtengrup- pen) gegen Nachweis der Startberechti- ort Bunde) und der Fahndung der PI gung für die 10-Km-Halbmarathon- Wilhelmshaven/Friesland. Bei dem GPT handelt es sich um eine A m 22. Januar wurde der bisheri- ge Direktor der Polizeiakademie, Dieter Buskohl, nach über 42 Dienst- oder Marathonstrecke (auch Inlineskating und Marathon-Staffel) operativ-taktische Einheit im deutsch- kostenfrei überlassen. jahren in den wohlverdienten Ruhe- niederländischen Grenzgebiet, welche Teilnehmer sollen die Shirts natürlich stand verabschiedet. Seine Nachfolge es ermöglicht, auf beiden Staatsseiten während des Laufs tragen. Interessierte trat der 52-jährige Carsten Rose an. (kriminal-) polizeilich zu agieren. können sich per E-Mail über poli- Über 100 geladene Gäste aus der In diesem konkreten Fall ermöglichte zei3000@pd-h. Polizei, Politik, aber auch dienstliche die grenzüberschreitende Zusammen- polizei.niedersach- Wegbegleiter und die Familien nahmen arbeit, einen Pkw aus Obenstrohe sen.de mit Angabe an der offiziellen Verabschiedung von (Varel, Landkreis Friesland) durch das der Dienststelle/ Dieter Buskohl sowie der Amtseinfüh- GPT bereits vor der deutschen Grenze Behörde, der rung von Carsten Rose teil. aufzunehmen und zu observieren, um Startnummer, des Die Festaktredner sprachen dem anschließend nahtlos mit Fahndungs- Wettbewerbs und scheidenden Buskohl allesamt eine und GPT-Kräften den Zugriff in Leer der gewünschten hervorragende Amtsleitung bei der nach der Drogenübergabe durch den Shirtgröße (Damenver- Polizeiakademie Niedersachsen, aber Hauptbeschuldigten an zwei Kontakt- sion in 34/36, 38/40 und 42/44, Herren- auch eine besondere Menschlichkeit personen einzuleiten. Es wurden version in M, L und XL) anmelden. aus. Weiterhin wünschten sie dem insgesamt rund 200 Gramm Heroin, Übrigens bietet die PD Hannover Nachfolger Rose alles Gute und Erfolg 10 Gramm Kokain und 500 Gramm allen der Aktion Beteiligten am Sonntag für sein neues Amt. Streckmittel beschlagnahmt. auch eine Betreuung in der Nähe des Carsten Rose selbst machte in seiner Weitergehende Informationen zum Start-/Zielbereichs (Gepäckaufbewah- Antrittsrede deutlich, wie er sein neues GPT unter http://de.g-p-t.eu rung und Getränken) an. Zudem werden Amt gestalten will: „Ich möchte die Aktionsteilnehmerinnen und zuhören, entscheiden, verantworten, -teilnehmer an zwei Punkten fotogra- Orientierung geben und ansprechbar Text: fiert. Sie können diese Bilder kostenfrei Philipp Riechmann sein. Ich werde fordern und fördern. erhalten. Entscheidend ist, dass wir machen.“ Foto: Polizei Außerdem wird am Sonntag (ab 9:30 Eine klare Zielsetzung, die sicherlich Uhr) Celler Straße Ecke Edenstraße DJ auch in den kommenden Wochen Torben Abel den Aktiven wie Zuschau- zustimmend umgesetzt wird. ern mit heißen Rhythmen einheizen. Musikalisch wurde die Veranstaltung Dazu gibt es Gegrilltes, kalte Getränke, von der Polizei Bigband Niedersachsen Kaffee und frische Waffeln. unter der Leitung von Björn Vüllgraf begleitet. Text: Text: Thomas Münch Olaf Kluwe Foto: Polizei Foto: Polizei Heft 2/2018 proPolizei 13
Aktuell „Friederike“ Orkantief traf ASDN nicht unvorbereitet D a s Aufgrund von sturmbedingten Sperrungen und Or- Unfällen sowie umgestürzten Bäumen konnten ei- kan- nige Standorte nur erheblich verzögert oder gar nicht tief erreicht werden. Vereinzelt kam es zu einem soge- „Friederike“ hat die nannten Rückfallbetrieb (Fallback) mit der Folge, Autorisierte Stelle dass Einsatzkräfte zwar noch innerhalb der Reich- Digitalfunk Nieder- weite des Sendeturms miteinander kommunizieren sachsen (ASDN) konnten, jedoch keine Anbindung in das Gesamtnetz nicht unvorbereitet mehr hatten. getroffen. Bereits mit Einen großflächigen Stromausfall gab es im Be- den ersten Wetter- reich Hannoversch Münden – auch mit Folgen für warnungen war klar: den Digitalfunk. Bis auf eine Ausnahme kompen- Es ist mit einem er- sierten NEA und installierte Batteriepufferungen höhten Einsatzauf- den Versorgungsverlust. In den öffentlichen Mobil- kommen der BOS zu funknetzen sorgte der Stromausfall dagegen für rechnen. Nach bis- deutlich längere Sendepausen. herigen Erfahrungen Fazit: Eine gute Vorsorge zahlt sich aus. Die im mit extremen Wetterlagen rechneten Fachleute Rahmen des Probebetriebes zur Netzhärtung auf- wieder mit großflächigen ungeplanten Stromaus- gebaute ortsfeste Netzersatzanlage (mindestens 72 fällen und darüber hinaus mit einer starken Auslas- Stunden netzunabhängiger Betrieb) an einem wich- Die Digitalfunkstand- tung der Funkzellen aufgrund anzunehmender tigen Standort im Harz bewährte sich erneut. orte im Harz haben Einsatzlagen. Bedingt durch das hohe Einsatzaufkommen kam das Sturmtief weitest- Es kam wie prognostiziert: Die unwetterbedingten es in den besonders vom Unwetter betroffenen gehend unbeschadet Stromausfälle hatten Auswirkungen auf die Strom- Netzabschnitten Osnabrück, Göttingen und Braun- überstanden versorgung der Tetra Basisstationen (TBS) und der schweig zu einer hohen Belastung einzelner Basis- für die Anbindung benötigten Richtfunkstandorte. stationen. Die Folge: Einige Nutzer mussten weni- Zudem waren die Standorte aufgrund des Sturms ge Sekunden auf den Rufaufbau warten. Die hohe teilweise nur schwer zu erreichen. Umgeknickte Auslastung einiger Basisstationen verdeutlichte, Bäume, Schneeverwehungen und mancherorts welche Rolle dem Digitalfunk insgesamt für die schwierige Verkehrssituationen setzten den Einsatz- Einsatzbewältigung vor allem bei Krisen- und Ka- kräften zu. tastrophenlagen zukommt. Auch „Friederike“ Die ZPD war gewappnet: Im Rahmen einer be- machte klar: Extremwetterlagen führen die Grund- sonderen Aufbauorganisation (BAO) war der Leit- ausstattung der Sendeanlagen gerade in den länd- stand der ASDN während des Orkans mit sechs lichen Bereichen an ihre Belastungsgrenzen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern besetzt. Zudem standen sieben Teams bereit, um Netzersatzanlagen (NEA) an betroffene Standorte zu bringen. Jeweils zwei weitere „NEA-Teams“ stellten die Technische Einsatzeinheit (TEE) der Bereitschaftspolizei und der externe Facility-Dienstleister an den Standorten Hannover und Braunschweig. Im Verlauf des Sturmes kam es an insgesamt 20 Tetra-Basisstationen beziehungsweise Richtfunk- Text: standorten in Niedersachsen zu Stromausfällen. Diana Wulf | Karsten Wolff Betroffen davon waren die Netzabschnitte Osna- brück, Göttingen und Braunschweig. Foto: Polizei 14 proPolizei Heft 2/2018
Niedersachsen Abschied LKA-Präsident Uwe Kolmey geht in den Ruhestand A ls Präsident des Landeskriminalamts neben der jeweiligen Fachkompetenz eines entspre- war Uwe Kolmey maßgeblich ver- chenden Klimas in einer Behörde von fast 1.100 antwortlich für die Kriminalitätsbe- Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Darauf habe ich kämpfung in Niedersachsen. Er be- immer sehr großen Wert gelegt. Wertschätzung und stimmte über viele Jahre die Geschicke der Behörde. Respekt als Grundlage für einen offenen und ver- Auch über Ländergrenzen hinaus wurde seine trauensvollen Umgang standen für mich immer an Fach- und Sozialkompetenz geachtet. Jetzt geht er in erster Stelle. Nach fast 43 Dienstjahren in der Poli- den Ruhestand. „proPOLIZEI“ sprach mit Uwe zei und über 30 Jahren in Führungsfunktionen bin Kolmey. ich der festen Auffassung, dass sich nur mit diesen ? Sie sind jetzt knapp 13 Jahre Leiter des Landes- Verhaltensweisen Menschen in ihrer Arbeit wohl- fühlen und damit gute Ergebnisse liefern können. kriminalamts. Was machte den Reiz dieser Funktion aus? ? Welche Herausforderungen Kolmey: Ich halte es für sehr werden auf das LKA / auf die positiv, wenn ein Dienstposten gesamte Polizei zukommen? von Kontinuität und Erfahrung Kolmey: Der islamistische geprägt ist. Die zentrale Verant- Terrorismus wird uns noch über wortung für eine Vielzahl von lange Zeit beschäftigen, hier müs- Aufgaben in der Kriminalitäts- sen wir inhaltliche und personelle bekämpfung und der Prävention Schwerpunkte setzen. Für neue hat für mich bis heute den beson- und sich verändernde Kriminali- deren Reiz ausgemacht. Das tätsformen, ich denke hier vor al- reicht von spezifischen Fachkon- lem an den Bereich Cybercrime, zepten, Jugendkriminalität oder müssen wir gerüstet sein. Terrorismusbekämpfung bis hin Der Umgang mit Massendaten, zu herausragenden Ermittlungsverfahren, wie zum sowohl im Bereich der Kriminalitätsbekämpfung Beispiel den Siebenfachmord von Sittensen, die Frank Federau (l.) im als auch der Einsatzbewältigung, ist eine Heraus- Schiffsentführungen am Horn von Afrika, die RAF- Gespräch mit Uwe forderung, der wir uns jetzt schon stellen, da liegt Fahndung, das aktuelle VW-Verfahren und viele Kolmey aber noch viel Arbeit vor uns. Insgesamt wird es weitere umfangreiche Korruptions- oder Rausch- darum gehen, den immer komplexer werdenden giftverfahren. Im gleichen Atemzug zu nennen sind polizeilichen Herausforderungen durch entspre- auch die fast 40.000 Asservatenuntersuchungen im chendes Know-how, auch durch Spezialisierung, zu Jahr, angefangen bei der Molekulargenetik bis zum begegnen. Gerade auch vor dem Hintergrund der Fingerprint, die bundesweite Zusammenarbeit mit anstehenden Pensionierungswellen in der Polizei anderen Landeskriminalämtern und dem BKA so- sind sowohl Konzepte zum Erhalt dieses Wissens, wie unsere Dunkelfeldforschung. Und das ist nur aber auch zur Fortentwicklung gefordert. eine unvollständige Aufzählung der vielfältigen und interessanten Aufgaben. ? Wie sehen Ihre Zukunftspläne aus? Kolmey: Zuerst freue ich mich auf ein paar Wo- ? Was stand für Sie im Vordergrund? chen ohne engmaschigen Terminkalender. Dann Kolmey: Inhaltlich sehe ich das LKA als die werde ich mehr und mehr meine Hobbies in den Servicebehörde für die Kriminalitätsbekämpfung Vordergrund stellen, also Musik machen und hören, in Niedersachsen, die mit Spezialkräften und Spe- Heimwerkern (Tischlern) und auch mit dem Wohn- zialtechnik, mit kriminalwissenschaftlichen und mobil verreisen. Besonders freue ich mich auf mehr Text: -technischen Untersuchungen und mit Ermittlungs- Frank Federau gemeinsame Zeit mit meiner Familie. Auch gibt es und Analysekompetenz die Polizei im Land unter- genügend gemeinnützige Anlässe, um sich zu en- stützt. Um all das erreichen zu können, bedarf es Foto: Polizei gagieren. Langweilig wird es mir bestimmt nicht. Heft 2/2018 proPolizei 15
Niedersachsen Karrierenetzwerk für Frauen in Führungspositionen im niedersächsischen Landesdienst B is hierher... In den Jahren 2016 und 2017 hatten Frauen in Führungsfunk- tionen in den Landesbehörden des Landes Niedersachsen die Gelegen- heit, ein Karrierenetzwerk auf Initiative des Mi- nisteriums für Soziales, Gesundheit und Gleich- stellung aufzubauen, welches auf einem Beschluss der Niedersächsischen Landesregierung vom 21. April 2015 basiert, den Anteil von Frauen in Füh- rungspositionen in der öffentlichen Verwaltung deutlich zu erhöhen. Das Netzwerk setzte sich anfänglich aus rund 120 Frauen zusammen, welche den Behörden und Ministerien des Landes Niedersachsen angehören, und bot Gelegenheit, behördenübergreifend die unterschiedlichen Arbeitsbereiche kennenzuler- nen. Insgesamt waren zehn Polizistinnen in den unterschiedlichen Netzwerkgruppen. Über das Jahr verteilt trafen wir uns zu sechs Dr. Hannah Timmer ...und weiter: Wir werden das Netzwerk auf Ein-Tages-Workshops, die von zwei Referentin- (PD Osnabück, l.), Sa- unterschiedlichen Ebenen fortführen und uns im nen geleitet wurden. Wir beschäftigten uns mit bine Hoffmann (ZPD), Rahmen von selbst organisierten Workshops, Themen wie zum Beispiel Aufbau, Formen und Martina Schümers (PD kollegialer Beratung und Stammtischtreffen wei- Pflege eines Netzwerkes, Selbst- und Zeitmanage- Osnabrück), Claudia ter vernetzen. ment, Präsentationsmöglichkeiten, Selbstrefle- Heise (PD Göttingen), Unser Ziel und Wunsch ist es, uns nachhaltig xion, Kommunikation und aktive Karrierentwi- Nicole Weißflog, (PD gut aufzustellen und uns gegenseitig bei Karriere- cklungsmöglichkeiten. Weiterhin beinhalteten die Hannover), Martina und anderen Fragen zu unterstützen. Weiterhin Workshops die Möglichkeit, das Instrument der Oelkers (PD Göt- möchten wir mithilfe des Netzwerkes dazu bei- kollegialen Beratung kennenzulernen und in der tingen), Christina tragen, dass auch andere Frauen bei ihrer Berufs- Gruppe anzuwenden. Kappenberg (PD und Karriereplanung gefördert und unterstützt Wir stellten schnell fest, dass wir trotz der ver- Oldenburg), Tamara werden. Wir wollen dazu ermutigen, selber Netz- schiedenen beruflichen Hintergründe als Frauen Ehrmantraut-Rie- werke zu bilden oder in ein bestehendes Netzwerk in Führungspositionen viel gemeinsam hatten. chers (PD Göttingen), einzusteigen. Durch die Themen miteinander verbunden, er- Katrin Osterloh (PD Dabei hoffen wir auch zukünftig auf die Unter- hielten wir die Chance, uns inhaltlich über Füh- Braunschweig), Anna stützung beim Netzwerken, sowohl durch das rung auszutauschen und uns gegenseitig zu be- Diethmaier (ZPD) Sozialministerium als auch durch unsere Behör- reichern. den und Dienststellen. Wenn Ihr Fragen habt, Einen Abschluss fand die Netzwerk-Reihe mit schickt uns eine Mail oder ruft uns gerne an. Lasst einem Netzwerktag unter dem Motto „Bis hierher uns netzwerken! und weiter...“ im Oktober 2017, zu dem sowohl die Teilnehmerinnen als auch Unterstützer aus den einzelnen Behörden, Ministerien und Landesein- Text: Nicole Weißflog | Tamara richtungen von der (damaligen) Niedersächsischen Ehrmanntraut-Riechers Ministerin für Soziales, Gesundheit und Gleich- stellung, Cornelia Rundt, eingeladen waren. Foto: Polizei 16 proPolizei Heft 2/2018
Niedersachsen Rechtsprechungsänderung Zu den Auswirkungen der Behebbarkeit einer schweren Folge des § 226 StGB F ür die Dauerhaftigkeit des Verlustes der regelmäßig schwer beeinträchtigenden Zustand Gebrauchsfähigkeit eines Körperglieds hat der Täter ja herbeigeführt. Was der Geschä- kommt es grundsätzlich nicht darauf digte tut, um sein Leben nach seinen Maßstäben an, ob das Opfer eine ihm mögliche lebenswert zu führen, ist allein seine Angelegen- medizinische Behandlung nicht wahrgenommen heit. hat – BGH, Urteil vom 7. Februar 2017 – 5 StR Fernab aller Gerechtigkeitserwägungen sind die 483/16, NJW 2017, S. 1763. Bedenken der Rechtslehre gegen das Urteil jedoch Erleidet das Opfer einer Körperverletzung eine zu teilen. Das eigenverantwortliche Opferverhal- „schwere Folge“ im Sinne von § 226 Abs. 1 StGB, ten, das den Taterfolg erst ermöglicht, lässt die also etwa Verlust oder dauernde Gebrauchsunfä- Zurechenbarkeit des Taterfolges zum Täter regel- higkeit wichtiger Gliedmaßen, reicht es nach der mäßig entfallen; der Erfolg ist dann nicht mehr neuesten Rechtsprechung des BGH aus, wenn die „Werk des Täters“. Nicht anders verhält es sich schwere Folge nur eingetreten und im Zeitpunkt hier, ist die Dauerhaftigkeit der schweren Folge der Hauptverhandlung in der Tatsacheninstanz als Element des Taterfolges nicht (allein) vom noch vorhanden ist und nicht absehbar von selbst Täter, sondern aufgrund des Verhaltens des Opfers vorübergehen wird. herbeigeführt worden und wäre dem Täter nicht Der BGH hat seit langer Zeit wieder vor der mehr zuzurechnen. Diesen entscheidenden Punkt Frage gestanden, was denn vorliegen soll, wenn – dass es eben nicht erst um die Behebbarkeit der diese schwere Folge durch eine Heilbehandlung, eingetretenen schweren Folge geht, sondern um etwa eine Operation, hätte behoben werden kön- deren Eintritt – würdigt der BGH nicht mit seiner nen, dies aber unterblieben ist. Soll dann trotzdem Aufmerksamkeit. wegen schwerer Körperverletzung verurteilt Polizeirelevanz: Es wird künftig genauer darauf werden? Die schweren Folgen sind ja nach wie ankommen, Art und Ausmaß der schweren Folgen vor ursächlich auf die Verletzungshandlung des einer Körperverletzung zu dokumentieren, wobei Täters zurückzuführen. Aber der Umstand, dass der Frage einer Heilbehandlung keine Bedeutung die schwerwiegenden Folgen dauerhaft sind, liegt mehr zukommt. Andererseits sollten Anzeichen ja nicht nur im Täterverhalten, sondern eben auch jedenfalls für massive Belastungstendenzen des darin, dass das Opfer sich nicht hat behandeln Opfers dokumentiert werden, um Anzeichen für lassen. eine Böswilligkeit des Opfers aktenkundig zu Mit der genannten Entscheidung hält es der machen und eine schuldangemessene Bestrafung BGH für nicht zumutbar, von dem Opfer einer des Täters sicherzustellen. schweren Körperverletzung chirurgische sowie physiotherapeutische Maßnahmen zu verlangen. Das Opfer solle nicht gezwungen werden, sich behandeln zu lassen, und umgekehrt sei die Be- handelbarkeit aus Sicht des Täters ja rein zufällig. Daher lasse sich nicht erklären, wie das Unter- lassen einer vergleichsweise einfachen Behand- lung den Täter privilegiere. Auf den ersten Blick ist die Rechtsprechungs- änderung nachvollziehbar. Warum sollte es den Täter begünstigen, wenn der Geschädigte eine Text: Behandlung unterlässt? Sich keinen weiteren Dr. Felix Fabis Gesundheitsrisiken aussetzen will? Den das Opfer Foto: freepik Heft 2/2018 proPolizei 17
Niedersachsen Symposium „Extremistische Radikalisierung junger Menschen“ A uf großes Interesse stieß in Fach- plinären Ansatz durchbrochen werden. Um Ra- kreisen das Symposium der Poli- dikalisierungsgefahren frühzeitig erkennen und zeidirektion Braunschweig zum entschärfen zu können, bedarf es starker Prä- Thema „Extremistische Radikali- ventionsnetzwerke vor Ort unter Beteiligung von sierung junger Menschen – Erkennen – Verstehen Schulen, Jugendhilfeeinrichtungen, Sozialarbei- – Verhindern“. Ziel dieser kürzlich stattgefunde- tern, Ordnungsbehörden, Justizeinrichtungen, nen Veranstaltung war die Sensibilisierung von Präventionsräten, zivilgesellschaftlichen Part- Lehrkräften, Polizei, Landesschulbehörde und nern und den muslimischen Gemeinschaften. Es allen weiteren regionalen Netzwerkpartnern in bedarf darüber hinaus einer intensiven Zusam- der Präventionsarbeit über Radikalisierungsten- menarbeit von landesweiten Akteuren. Daher denzen von jungen Menschen. Zudem wurden wollen wir mit unserer Veranstaltung für das Möglichkeiten gemeinsamer Präventionsansätze Thema sensibilisieren, Netzwerke und Akteure durch eine abgestimmte Zusammenarbeit aller vorstellen und Raum für eigene Netzwerkarbeit Beteiligten aufgezeigt und die bereits gute Zu- bieten.“ sammenarbeit weiter vertieft. Die Auseinandersetzungen in und um Syrien, Foto: Polizei Polizeipräsident Michael Pientka erläuterte bei die Gründung, Festigung und versuchte Auswei- der Begrüßung der 130 Gäste die Notwendigkeit tung des sogenannten Islamischen Staates (IS) einer ganzheitlich im Präventionsnetzwerk ab- sowie der Kampf gegen diese terroristische Or- gestimmten Zusammenarbeit aller Beteiligten: ganisation fordern international und national „Es ist in der Fachwelt unumstritten, dass die Politik und Sicherheitsbehörden. Die Ausrufung Ahmad Mansour (l.), Radikalisierungsprävention für eine ganzheitli- des Kalifats im Juni 2014 hat Islamisten, in ers- Toni Uwe Klingbiel, che Terrorismusbekämpfung von wesentlicher ter Linie Salafisten, weltweit in bisher nicht da- Angelika Henkel, und grundlegender Bedeutung ist. Der Zulauf gewesenem Maß emotionalisiert und mobilisiert. Torsten Glaser, Michael zur islamistischen Szene muss durch einen prä- Dabei nutzen auch in Deutschland vor allem Pientka ventiven, vor allem aber durch einen interdiszi- salafistische Einrichtungen und Aktivisten den 18 proPolizei Heft 2/2018
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