Info - Alternative Liste Zürich
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Info Informationsblatt der Alternativen Liste, Molkenstrasse 21, 8004 Zürich 2 20 3 Interview mit Pflegefachfrau und Aktivistin Nadine Deringer über das 4 Albtraum Weisse Schweiz. Andrea Leitner zu den «Black Lives Matter»- 6 Christina Schiller zur Coronakrise und den Grundrechten. Gesundheitssystem in der Corona- Demos in der Schweiz. CH-8004 Zürich Krise. Post CH AG AZB Corona: wer bezahlt? Theoretisch sind vor dem Virus alle gleich. che Infrastruktur aufrechtzuerhalten. Ladenhüter wie die Abschaffung der Doch die Realität sieht komplett anders Schockartig ist mit der Krise die verdeck- Stempelsteuer (minus 2 Milliarden) und aus. Die Corona-Krise zeigt die gesell- te Armut von Menschen, die schon vor der Industriezölle (minus 550 Mio), vom schaftliche Ungleichheit wie unterm Ver- Corona marginalisiert waren, ans Licht Nationalrat im ersten Durchgang bereits grösserungsglas. Sie trifft die Menschen, getreten. Sichtbar geworden ist auch das verworfen. Die Corona-Schulden sollen im die weltweit und lokal am unteren Ende enorme Ausmass prekarisierter Arbeits- Rahmen der Schuldenbremse und unter der sozialen Hierarchie stehen, gesund- verhältnisse mit fehlender sozialer Absi- Beizug der Gewinnausschüttungen der heitlich und wirtschaftlich am härtesten. cherung, die sich beim geringsten wirt- Nationalbank abgebaut werden. Nota bene Beengte Wohn- und Lebensverhältnisse schaftlichen Rückschlag als brüchig über neue Sparprogramme. und fehlender Zugang zu sauberem Was- erwiesen. Skandalös war der Kniefall des ser verunmöglichen wirksame Distanz- und Bundesrats vor der Immobilien-Lobby Lohn- und Steuer-Offensive von links Hygiene-Massnahmen. Die Notwendigkeit, und die Weigerung, für die Zeit der Nach der temporären Corona-Schock- den Lebensunterhalt durch Arbeit im infor- Zwangsschliessungen einen Mieterlass zu starre muss die Linke jetzt in die Offensi- mellen Wirtschaftssektor ohne soziale dekretieren. ve gehen. In der Krise hat die Bevölke- Absicherung zu bestreiten, steht in unauf- rung erkannt und im Vergleich zu lösbarem Widerspruch zum Lockdown. Eine Economiesuisse: Erst Milliarden vom ausländischen Beispielen schätzen ge- ungenügende oder im Zuge der Privatisie- Staat kassieren, dann Steuern senken lernt, was ein ausgebauter Sozialschutz rung kaputtgesparte öffentliche Gesund- Kaum hatten sie bei der mit Steuergel- und ein funktionierender service public heitsversorgung komplettiert das Bild. Kein dern gestützten Arbeitslosenversicherung im Gesundheits- und Pflegebereich wert Wunder, liegen die Corona-Hotspots zurzeit für die Kurzarbeit die hohle Hand ge- sind. Jetzt gilt es, aktiv für die Pflege- in Ländern wie Brasilien, Mexiko und Indien. macht, schütteten einzelne Firmen ohne Initiative einzustehen und eine bessere Und nicht zufällig fordert COVID-19 in den Wimpernzucken Dividenden aus. Bei TA Entlöhnung des Pflegepersonals einzufor- USA unter den People of Color proportional Media 37 Mio Franken, davon knapp drei dern. Mit den soeben lancierten Mindest- weit mehr Todesopfer als unter den Weis- Viertel an den Coninx & Ellermann- lohn-Initiativen in Zürich, Winterthur sen. Familienclan. Die NZZ verteilte 8 Mio und Kloten können wir prekären Arbeits- Franken und Chefredaktor Gujer publi- verhältnissen in Tieflohnbranchen ent- Die Prekarisierung wird sichtbar zierte am Tag der Generalversammlung gegentreten. Mit der Kurzarbeitsentschädigung – sozusagen als Bhaltis für die Aktionär* Im Zentrum steht die Lastenvertei- verfügt die Schweiz über ein robustes innen – sein schäbiges Pamphlet gegen lung. Mit einer parlamentarischen Initia- Instrument, um den Abbau von Arbeits- den «Seuchen-Sozialismus». Ein Antrag, tive fordert die AL-Kantonsratsfraktion plätzen bei einem Wirtschaftseinbruch den Selbstbedienungsladen für Kurzar- zum Abtragen von Corona-Lasten eine auf aufzuhalten. Das hat uns bis jetzt, im beit-Profiteure zu schliessen, wurde im fünf Jahre befristete Zusatzsteuer auf Gegensatz zu anderen Ländern, dramati- Nationalrat hauchdünn angenommen, Vermögen über 2 Mio Franken. Und mit sche soziale Verwerfungen erspart. Doch dann aber vom Ständerat abgeschossen. unserer Anfang April eingereichten auch bei uns hat sich die Schere aufgetan. Im Moment ist ungewiss, wie sich die kantonalen Initiative gegen Steuerge- Die einen konnten geschützt im Home- Pandemie weiterentwickelt, wie heftig der schenke an Grossaktionär*innen wollen Office arbeiten, die anderen mussten sich wirtschaftliche Einbruch ausfällt und wie wir die 2008 eingeführte reduzierte Be- exponieren, um vor Ort – häufig schlecht lange er anhält. Doch der Kampf um die steuerung von Dividenden korrigieren. entlöhnt und oft ungenügend mit Schutz- Verteilung der Corona-Lasten ist bereits Hier müssen wir ansetzen. material ausgerüstet – Versorgung und im Gang. Economiesuisse erprobt neue Niklaus Scherr Pflege zu gewährleisten und die öffentli- Verkaufsstrategien für ihre ideologischen 1
AL Info AL Info 6/19 2/20––Kanton Intern Parolen Danke Nadim Chammas — Abstimmungen vom 27. September 2020 Herzlich Willkommen Ezgi Akyol BUND: Nadim Chammas hat auf Ende April 2020 Volksinitiative «Begrenzungsini- das Sekretariat der AL verlassen. Nadim tiative» NEIN war im hektischen Betrieb der AL immer ein ruhiger Pool. In zwei Wahlkämpfen Jagdgesetz NEIN half er tatkräftig, diese organisatorisch erfolgreich durchzuführen. Mit seiner Steuerliche Berücksichtigung beharrlichen Art hat er vieles im Hinter- der Kinderbetreuungskosten NEIN grund aufgegleist und reorganisiert. So Gaben und geben alles für ein gutes AL- sind jetzt die Datenbanken endlich wieder Seki: Nadim Chammas und Ezgi Akyol. KANTON ZÜRICH: auf dem neuesten Stand. Wir danken Zusatzleistungsgesetz JA Nadim für seinen Einsatz für die AL und Sekretariat tätig sein. Ezgi hat eine reiche seinen kritischen Blick auf das Verbesse- politische Erfahrung in Zürich. Sei es in Unterhalt Gemeindestrassen JA rungspotential innerhalb der AL. ausserparlamentarischen Aktionen (z.B. Auf den 1. Juni 2020 übernimmt Ezgi Citycard) oder durch ihren Einsatz als STADT ZÜRICH: Akyol zuerst die Fraktionssekretariate Gemeinderätin für die AL. Wir freuen uns Privater Gestaltungsplan «Areal von Kantons- und Gemeinderat. Ab 1. Juli auf die Zusammenarbeit. Hardturm-Stadion» NEIN 2020 wird sie zu insgesamt 60% auch im Markus Bischoff, AL-Vorstand Volksinitiative «Sichere Velo- routen für Zürich» JA Für folgende kommunale und eidge- nössische Abstimmungen fasst die Digit-AL: Debatten im AL ihre Parolen an der VV vom 25. August 2020: Netz BUND: • Erwerbsersatzgesetz (Vater- Die Corona-Krise hat in den letzten Mona- be-Kanal der AL verfügbar. schaftsurlaub) ten nicht nur unser aller Arbeits- und Sozi- Die dritte Digit-AL-Ausgabe zu «Coro- • Beschaffung neuer Kampfflug- alleben auf den Kopf gestellt, sondern auch na & Digitalisierung» steht noch an und zeuge die Demokratie selbst vor grosse Herausfor- die Reaktionen sowie die engagierte derungen gestellt. Der Bundesrat hatte die Teilnahme der Interessierten lassen uns STADT ZÜRICH: ausserordentliche Lage ausgerufen, Grund- mittlerweile sogar darüber nachdenken, • Instandsetzung ewz-Areal Her- rechte wurden eingeschränkt und wir als das Format auch dann weiterzuführen, dern Partei konnten seit dem 17. März den Kon- wenn reale Begegnungen und Vollver- • Bau Direktverbindung Wasserver- takt mit unserer Basis nicht wie gewohnt sammlung wieder möglich sein werden. sorgung aufrechterhalten. Es gibt noch viele Debatten zu führen! • Neuregelung Kompetenzen Lie- Vollversammlungen durchzuführen, Lisa Letnansky, AL-Vorstand genschaftserwerb ohne unsere Mitglieder zu gefährden, war • Beiträge an Pro Senectute Kan- nicht mehr möglich. Deshalb hat der ton Zürich Vorstand beschlossen, dem Kommunikati- onsdefizit mit Online-Talks entgegenzu- treten, in denen AL-Exponent*innen Impressum jeweils ein Thema diskutieren, worauf die Alternative Liste (AL) Molkenstr. 21, 8004 Termine Zuhörer*innen im Anschluss Fragen Zürich, www.al-zh.ch stellen können. Sekretariat Marco Toscano, Ezgi Akyol, Dienstag, 25. August 2020: AL-Voll- Die erste Ausgabe im Mai zum Thema Molkenstr. 21, 8004 Zürich, versammlung. Gemeinschaftsraum «Corona & Gesundheitspolitik» war gut sekretariat@al-zh.ch, Hellmi, 19 Uhr. besucht und das Gespräch mit Nadine Tel. 044 242 19 45 Deringer (Pflegefachfrau) und Carolina Erscheint 4 bis 6 mal jährlich Dienstag, 29. September 2020: Iglesias (Hebamme) hat eindrücklich Auflage/Druck 2000 Ex., MItgliederversammlung der AL Zürich. vermittelt, womit Gesundheitsfachperso- Druckerei Nicolussi, Zürich Gemeinschaftsraum Hellmi, 19 Uhr. nen in den vergangenen Monaten konfron- Layout Marco Toscano tiert waren. Redaktion Niklaus Scherr, Andrea Leitner, Die Digit-AL-Ausgabe im Juni zu Dayana Mordasini, Elvira Wiegers, Marco Alle aktuellen AL-Termine sind «Corona & Demokratie» hat einen Ein- Toscano, Rosa Maino jeweils online abrufbar auf unserer blick in die Arbeit von Kantons- und Homepage unter: www.al-zh.ch Gemeinderat während der Krise vermit- AL-Info ist das offizielle Publikationsorgan telt und thematisiert, was Corona für die der Alternativen Liste. Der Abonnements- Veränderungen in der Arbeitswelt bedeu- preis von CHF 10.- ist im Mitgliederbeitrag tet. Beide Ausgaben sind auf dem Youtu- enthalten. 2
AL Info 2/20 – Personen Im Gespräch mit Nadine Deringer AL-Serientipp Melanie Berner emp- fiehlt: «unorthodox». Nadine Deringer, Pflegefachfrau und Für ein bisschen Ab- selbständige Shiatsu-Therapeutin, ist lenkung während des Mitbegründerin des Vereins Laudes Veranstaltungsverbots infantis, der vor 20 Jahren in den Armen- sorgte die deutsch- vierteln Bogotas ein Tauschhandelssys- amerikanische Mini- tem aufgebaut hat, und Vorstandsmitglied Serie «unorthodox». Sie umfasst vier von KOMPAS, einem Verein, der Komple- Episoden à ca. 55 Minuten und basiert mentärtherapien für Menschen ohne lose auf dem 2012 erschienen Buch Zusatzversicherung anbietet. «Unorthodox» von Deborah Feldman. Erzählt wird die Geschichte der jungen Du bist im März an Covid-19 erkrankt. Esty, Mitglied einer ultra-orthodoxen Wie geht es dir heute? jüdischen Gemeinde in New York. Esty Es geht mir wieder besser. Nach ist nicht glücklich. Sie verlässt ihren sieben Wochen kam mein Geschmacks- Mann und flüchtet nach Berlin. Ihr sinn zurück. Ich habe auf einer Velotour Mann, begleitet von seinem Cousin, Gülle gerochen. Und mich darüber ge- reist ihr allerdings hinterher, um sie freut. zeichnung und Lohnanpassungen. Es zurückzuholen. wurde per Gerichtsentscheid im Rahmen Die Geschichte ist dramaturgisch Wie hast du die Krise als selbständige einer Diskriminierungsklage festgehal- geschickt inszeniert. Sie gab aber Shiatsu-Therapeutin wirtschaftlich ten, dass unser Beruf bezüglich Verant- auch Anlass zur Kritik. So wurde überstanden? wortung, Belastung und Schichtarbeit mit bemängelt, es bestehe die Gefahr, Ich konnte Ende April im Zuge der dem einer Polizist*in zu vergleichen ist. dass der/die unkritische Zuschauer*in ersten Lockerung wieder arbeiten. Zwi- Wir kamen dann in Lohnstufe 14 inklusi- Fehlinformationen über die jüdische schenzeitlich erhöhte ich mein Pensum im ve Lohnnachzahlungen über die letzten Religion ableite. Darum sei an dieser Hospiz, wo sie froh um zusätzliche Ar- fünf Jahre. Allerdings ohne automati- Stelle betont, dass die dargestellte beitskräfte waren. Gleichzeitig habe ich schen Lohnstufenanstieg, ich habe seit 10 Lebenswelt von Esty keinesfalls als eine unglaubliche Solidarität und finanzi- Jahren denselben Lohn. Beispiel für die jüdische Religion elle Unterstützung von meinen gesehen werden darf. Klient*innen erfahren. Was verbindet dich mit der AL? Die AL steht mir klar am nächsten Marco Toscano emp- Was beschäftigt dich gerade? mit ihren Anliegen. Ich spende seit ein fiehlt: «The Last Dance». Aktuell bin ich etwas hoffnungslos, paar Jahren, aber Mitglied bin ich noch Politik in einer ESPN- was die Forderungen aus dem Pflegebe- nicht. Parteizugehörigkeit war bisher Hochglanz-Serie über reich angeht. Zusammen mit anderen kein Thema. Die Vorstellung aktiv in Michael Jordan, den habe ich mich bei der Gesundheitskom- einer Partei zu sein, war mir zu viel. Aber Über-Sportler und mission des Ständerats in einem Brief für im Bereich Gesundheitswesen oder im Vorbild für alle jene, die bessere Löhne des Pflegefachpersonals Umgang mit geflüchteten Menschen und «es schaffen wollen»? Absichtlich oder stark gemacht. In einer ersten Antwort bei allen sozialpolitischen Themen fühle nicht, die als Mini-Serie produzierte hat mir eines ihrer Mitglieder Interesse ich mich der AL nahe. Dokumentation gibt Einblick in die signalisiert und mich nach den konkreten kapitalistischen Kontexte und Me- Vorstellungen gefragt. Wenige Tage später Du hast schon für die AL kandidiert. chanismen, die eine solche Karriere lese ich im «Blick» ein Zitat von derselben Wäre ein politisches Amt etwas für erst produzieren. Sie zeigt nicht nur Person, dass bei höheren Löhnen einfach dich? die individualistische Arbeitsethik die Krankenkassenprämien steigen wer- Ich wurde von einem Gemeinderat in und kompetitive Besessenheit ihres den. Das ist zu eindimensional gedacht. Erlenbach angefragt, als AL-Kandidatin Helden, sondern stellt den Schwarzen zu kandidieren. Ich bin nicht angetreten. Jungen aus kleinbürgerlichen Verhält- Wie bist du vor 20 Jahren politisiert Ich denke, mir käme vieles zu nahe. Zum nissen neben zwei andere Schwarze worden? Beispiel die Flüchtlingsthematik, da bin männliche Protagonisten: Scottie Ganz klar durch Erika Ziltener, die ich zu verzweifelt über die weltweite Pippen und Dennis Rodman – mit damals für die SP im Kantonsrat sass. Wir Situation. anderen Voraussetzungen und ande- arbeiteten zusammen am Unispital. Von Aber ich möchte Zeit in die berufspoli- ren «Karrieren». Jordans Erfolg ist mit ihr durfte ich lernen, hinzustehen, für tische Arbeit investieren, ich könnte sonst Markenaufbau und dem Sendungsbe- meinen Berufsstand einzutreten und auch nicht im Pflegeberuf bleiben. Mögliche wusstsein der «Americana» wesentlich dem Chefarzt kritische Fragen zu stellen. Veränderungen zu erreichen, ist momen- verstrickt. Doch dann ist da die Frage, Dann natürlich durch den grossen Streik tan das Einzige, was mich motiviert. Es ob ein Schwarzer Mann in den USA im Mai 2000. Das Zürcher Pflegefachper- geht uns alle an, es sind gesellschaftliche sich als unpolitisch verstehen und sonal hat während drei Tagen zuerst zwei, Fragestellungen. Da ich teilprozentig blosse Karriereziele verfolgen kann. dann vier, dann acht Stunden die Arbeit arbeite, kann ich mir Zeit dafür nehmen. Und nicht zuletzt wird sichtbar, wie im niedergelegt. Der Streik wurde breit Ich werde auch an den Sitzungen der Narrativ des talentierten und erfolgrei- getragen und durch die «Aktion G’sundi AL-Gesundheitsgruppe teilnehmen. chen Vorbilds, das alles richtig macht G’sundheitspolitik» organisiert. Die Interview: Dayana Mordasini und doch nicht erlöst wird, Frauen nur Forderungen waren eine neue Berufsbe- als Mütter thematisiert werden dürfen. 3
AL Info 2/20 – Thema Albtraum Weisse Schweiz «Der [N-Wort] hat ein Messer in der Hand»: sei dies durch Gesetze, populistische Der polizeiliche Funkspruch ging laut Aktionen oder durch das Schüren von Recherchen der «Republik» 2015 den 13 Vorurteilen. Vordergründig geschieht Schüssen voraus, die Zürcher Stadtpolizis- dies, um eine imaginäre «Kernschweiz» ten auf einen psychisch kranken Mann in zu bewahren. Tatsächlich erhält sie dem Wiedikon abfeuerten. Der Satz will einem Land auf diese Weise eine frei manövrier- ebenso wenig aus dem Sinn wie die von der bare Masse an Arbeitskräften, denen man «Black-Lives-Matter»-Bewegung auch in lieber weniger als mehr Bürgerrechte der Schweiz aufgenommenen Worte des gibt, damit sie jederzeit dort eingesetzt sterbenden George Floyd: «I can’t breathe». werden können, wo man sie gerade Beide Sätze stehen im Kontext von Polizei- braucht. Es werden existenzielle Nöte gewalt. Sie stecken aber auch die Dimensi- geschaffen – Wohnungsknappheit, unter- on der gesellschaftlichen Tragödie ab, die bezahlte Arbeit etc. - und dazu immer der tief verankerte Schweizer Rassismus wieder suggeriert, es reiche in diesem bis zum heutigen Tag auslöst. Land nicht für alle. Das schafft Atemlo- sigkeit unter den weniger privilegierten Worte haben Kraft Bevölkerungsgruppen und das Gerangel Worte haben Kraft. Man kann sich um einen möglichst sicheren Platz in der fragen, wie der Funkspruch gelautet Schweizer Gesellschaft hört so nie auf. hätte, wäre sein Sender Schwarz gewesen Zusätzlich wird dadurch immer wieder oder der verwirrte Mann Weiss. Hätten verhindert, dass die Menschen Empathie die Polizisten dann anders auf den ver- für jene entwickeln, deren Realität sich wirrten Mann reagiert? Hätten sie über- von der eigenen unterscheidet. Dabei ist haupt geschossen? Hat der Hinweis auf es gerade Empathie, die uns als Kitt im das N-Wort die Polizisten in Panik ver- Alltag einander näherbringen könnte. setzt oder das entmenschlichende Element dieser Bezeichnung die Hemmschwelle Die Verantwortung der Medien – gegen für die drastische Massnahme gesenkt? den Nationalitätenpranger Wurde durch den Inhalt des Funkspruchs Den Medien kommt hier eine besonde- ein sensibleres, weniger eskalierendes re Stellung zu, denn sie vermögen – wenn Vorgehen verhindert? Weist die Verwen- im Land eine Realität. Die Debatten der sie denn wollen -, über Menschen und dung des N-Worts im Funkspruch darauf letzten Wochen schaffen die Basis, einmal Menschengruppen differenziert zu berich- hin, dass von den Polizeikorps alle Per- tief durchzuatmen und sich dann endlich, ten, Einblicke in unterschiedliche Realitä- sons of Color so bezeichnet werden? Wenn endlich von einem Bild der Schweiz zu ten zu vermitteln, Zusammenhänge ja, wehren sich nicht-weisse Polizeimit- verabschieden, das völlig unverdient herzustellen, ohne die Komplexität von glieder dagegen, aber ohne Erfolg? Oder immer noch in zu vielen Köpfen herum- Gesellschaftsgefügen zu verschleiern. Sie tun sie das nicht, weil sie in der Minder- schwirrt: dem einer überdimensionierten können Rassismus verstärken oder hel- heit sind? Würden sie es tun, wenn sie in Kernschweiz, bestehend aus fen, ihn in die Schranken zu weisen. Um grösserer Zahl vertreten wären? Urschweizer*innen (wie auch immer die letzteres zu garantieren, war es bis 2001 «Ich kann nicht atmen» geht ander- aussehen sollen), Urschweizer Sprache zum Beispiel nicht üblich, die Nationalität seits weit über das lebensbedrohende und Urschweizer Werten, der sich alle im Zusammenhang mit einem Delikt zu Symptom, das gewalttätiger Rassismus «Anderen» als Minderheitengrüppli im publizieren. Die gesellschaftliche Schäd- auslöst, hinaus. Die Worte haben sich besten Fall annähern können. Grosse lichkeit dieses Nationalitätenprangers dank der globalen Proteste mit der Kraft Teile der jüngeren Generationen verste- konnte seit damals in diversen Studien eines Lauffeuers in einen Appell verwan- hen sich ganz selbstverständlich bereits nachgewiesen werden. Trotzdem hat sich delt, der auch die hiesige Gesellschaft als Mitglieder einer Gesellschaft, die auf eine Mehrheit des Zürcher Kantonsrats zwingt, dem Monster ins Gesicht zu kultureller, ethnischer und geschlechtli- dafür entschieden, ihn wieder einzufüh- schauen, anstatt das Problem weiter cher Diversität basiert. Das erklärt auch ren. Gegen diesen Entscheid haben diver- kleinzureden. Soziale, politische und die grosse Vielfalt der Gruppen, die sich se Gruppen, Parteien und natürlich auch institutionelle Strukturen hindern etliche mit der «Black-Lives-Matter»-Bewegung die AL das Referendum ergriffen, dessen Mitmenschen am freien Atmen. Das solidarisieren. Diesen Gegebenheiten Sammelfrist am 30. Juli abläuft. Gefühl der Atemnot ist durch und durch muss der Diskurs über unsere Gesell- Wir haben also die Basis für einen physisch, geht unmittelbar an die Subs- schaft und den Weg, den sie gehen soll, sehr breiten Diskurs: die Folgen der tanz. gerecht werden. Corona-Krise für die schon zuvor Diskri- minierten, 50 Jahre Schwarzenbach und Überfälliger Abschied vom Empathie als Kitt was das in unseren Köpfen angerichtet «Urschweizer»-Mythos Seit Jahrzehnten wird von den rechts- hat, die Anliegen der «Black-Lives- Wir sind in der Schweiz schon lange bürgerlichen Kräften einerseits oben Matter»-Bewegung und die Frage, ob die ein bunt zusammengewürfelter Haufen, erwähntes Bild zementiert, anderseits Medien die Kluft zwischen uns allen das zeigt sich ausgeprägter in den Zent- aktiv immer wieder versucht, Keile in die vergrössern oder verringern wollen. rumsgebieten des Landes, ist aber überall grosse Gruppe der «Anderen» zu treiben, Andrea Leitner, AL-Gemeinderätin 4
AL Info 2/20 – Thema Corona: Unser Standpunkt Die Corona-Gesundheitskrise hat ans Licht Zeit für eine sichere, geschweige denn und die Ängste. gezerrt, was bereits seit Jahren im Argen gute Pflege fehlte, weil beim Personal liegt: Die Ökonomisierung der Pflege und gekürzt wurde. Keine Wirtschaft ohne Care-Arbeit die «Lean Management»-Logik verkennen Aber diese personenbezogenen den Wert der Pflegearbeit, vertreiben Men- Spardruck und Bürokratie Dienstleistungen sind und bleiben zeitin- schen aus ihrem Beruf, verlagern Kosten Direkt am Bett spürt man den tensiv. Wir müssen uns als Gesellschaft dorthin, wo Profite erzielt werden können, Spardruck unmittelbar. Alles muss fragen: Wie sieht ein gutes Leben auch im und verhindern eine vorausschauende La- schneller gehen, günstiger sein. Wirt- Alter und bei Krankheit aus? Was braucht gerhaltung. Den Preis dafür tragen wir als schaftlichkeit und Kostenfaktoren stehen es für ein würdevolles Sterben und was Gesellschaft. So oder so. im Vordergrund und nicht die Gesund- darf das kosten? Wie wollen wir diese Wer in die Pflege einsteigt, liebt heit. Immer mehr muss dokumentiert Arbeit organisieren und vor allem auch seinen Beruf. Aber die Bedingungen sind werden, davon hängt auch die Zahl der bezahlen? Diese Fragen waren schon vor prekär. Der Schichtdienst hängt an. Auch bewilligten Stellen ab. Ein grotesker der Krise offenkundig. Und sie sind eng wenn er nicht mit Familie vereinbart Widerspruch: weniger Zeit für direkte verknüpft mit der Gleichstellungsfrage, werden muss. Frauen und Männer in der Pflege, da es wichtiger ist, festzuhalten, da mehrheitlich Frauen im Niedriglohn- Pflege tragen eine grosse Verantwortung, wie oft die Urinflasche gereicht wurde, da Care-Sektor arbeiten. Im Care-Bereich wenn sie Symptome richtig erkennen, diese Handlung verrechnet werden kann. arbeiten alle entweder zu billig oder Assistenzärzt*innen zu Aktionen bewe- Wird das nicht dokumentiert, schlussfol- gratis. Dank der Krise haben jetzt wohl gen, Sterbende begleiten müssen. Das gert das Management, dass es weniger alle begriffen, dass diese Berufe systemre- alles unter grossem Zeitdruck, bei tiefem Personal braucht. Ein kranker Teufels- levant und folglich unverzichtbar sind. Lohn und wenig Anerkennung. Viele kreis. Ohne die bezahlte und unbezahlte Care- steigen aus. Zu viele. Diesen Frühling Es ist bekannt, dass Pflegequalität Arbeit funktioniert der Rest der Wirt- fehlten 11 000 Pflegefachpersonen. und Patient*innensicherheit von genü- schaft nicht; und wenn der Rest der Wirt- gend Pflegefachpersonen abhängig sind. schaft im Lockdown ist, wird hier Fallpauschalen und der Aberglaube an Mehr Sicherheit für die Patient*innen weitergearbeitet. Da realisierte wohl die Effizienz bedeutet weniger Wiedereintritte, da so manch gut bezahlter Manager im Homeof- 2012 kamen die Fallpauschalen und Komplikationen, fehlende Informationen fice, wie zweitrangig seine Arbeit im der Glaube an die Effizienz betriebswirt- und Instruktionen beim Spitalaustritt Grunde ist. Die Gesellschaft weltweit hat schaftlich strukturierter Prozessabläufe. vermieden werden können. Zudem führt es begriffen und zurückgegeben, was sie Leitungspersonen wurden frühzeitig in dies zu kürzeren Spitalaufenthalten und konnte: Klatschen auf den Balkonen und Rente geschickt oder innerbetrieblich tieferen Infektionsraten. Dafür brauchen Anerkennung von allen Seiten. Aber umdisponiert, viele sind ausgestiegen. die Pflegefachfrauen aber mehr Zeit für Klatschen reicht nicht. Diese Arbeit muss Wegen der zunehmenden Bürokratie und Gespräche mit den Patient*innen, über sich lohnen. Auch und gerade, wenn man dem daraus entstehenden Unmut. Weil die das Leben, die Krankheit, das Sterben sie in Teilzeit ausübt. Gesundheit ist keine Ware Geht es aber um höhere Löhne für das Pflegefachpersonal, tönt es rasch zurück: Dann werden die Krankenkassenprämien noch mehr steigen. Ein Killerargument, das zudem so falsch ist. Die grössten Kostentreiber sind die Spezialärzt*innen, Medikamente, ambulante Behandlungen, hohe Managerlöhne. Wir müssen endlich anerkennen, dass die systemrelevanten Berufe einen Preis haben, den wir zahlen müssen. Mit dem Abzug des Managements aus dem Care- Sektor, der Rücknahme der Fallpauscha- len und dem Wechsel hin zur Bedarfsfi- nanzierung, wie es das Care-Manifest fordert, wäre jetzt der richtige Moment, einen entscheidenden Schritt zu tun, um der Pflegearbeit ihren gerechten Wert zu geben. Gesundheit ist keine Ware, Care- Arbeit ein Dienst für alle. In einer Pande- mie und immer. Nadine Deringer und Dayana Mordasini So gut es geht: Nadine Deringer in selbstgebastelter Schutzkleidung an ihrem Arbeitsort. 5
AL Info 6/19 2/20 –– Kanton Thema Pandemie und Grundrechte Zur Pandemie-Bekämpfung hat der Bun- nen Veranstaltung auszugehen. Erlaubt tretungen, die mit einer Busse geahndet desrat über Notrecht einschneidend in das sind also nur Kleingruppen, die unterein- werden. Die Missachtung des Veranstal- Grundrecht der freien Meinungsäusserung ander keinen (räumlichen) Zusammen- tungs-Verbots der COVID-19-Verordnung und der Versammlungsfreiheit eingegriffen. hang haben.» ist dagegen ein Vergehen, das mit bis zu Zwar ist nicht umstritten, dass aus epide- • «Das Anbringen von Transparenten drei Jahren Gefängnis bestraft werden miologischen Gründen physische Kontak- im öffentlichen Raum ist gemäss Art. 10 kann und zu einem Eintrag ins Strafregis- te zwischen Menschen reduziert werden Allgemeine Polizeiverordnung verboten. ter führt. sollten und Versammlungen ein Infektions- Widerrechtlich aufgehängte Plakate Die Oberstaatsanwaltschaft interpre- risiko darstellen. Gleichzeitig besteht aber können deshalb sichergestellt werden.» tiert die COVID-19-Verordnung dahinge- gerade in solchen Ausnahmesituationen hend, dass bei Demo-Organisator*innen Anlass, sichtbar Protest zu äussern. Wirtschaftsfreiheit Ja, Meinunungs- und allfälligen Gehilf*innen ein Verge- äusserungsfreiheit Nein? hen, bei Teilnehmer*innen dagegen nur 1.Mai: Stadtpolizei greift rigoros Wenn ein Laden mit einem Plakat um eine Übertretung vorliegt. Je nach kon- durch Kunden wirbt und mehrere Dutzend kreten Umständen könnten allerdings Am 1. Mai zeigte sich eindrücklich, Personen davor in einer Reihe anstehen, auch Mitläufer*innen den Tatbestand des wie die COVID-19-Verordnung 2 die gilt dies nicht als Veranstaltung. Wenn Vergehens erfüllen, namentlich wenn sie Grundrechte einschränken kann. Am 30. aber fünf oder weniger Personen unter eine ausdrückliche Abmahnung der April hiess es noch aus Bundesbern, Einhaltung der BAG-Vorschriften mit Polizei unter Hinweis auf die COVID- Meinungsäusserungs- und Versamm- einem Polit-Plakat durch die Strassen 19-Verordnung missachteten. lungsfreiheit seien auch am 1. Mai ge- ziehen oder an einem Ort stehen, wird das Die Weisung der Oberstaatsanwalt- währleistet: «Denkbar sind alle Formen als verbotene Veranstaltung taxiert. schaft geht viel weiter als die anderer von politischen Äusserungen, bei denen Inwiefern ist die Gefahr, dass sich dieser Kantone. Wie kann es sein, dass man es zu keinen Menschenansammlungen Gruppe mehrere Personen anschliessen, Stunden investiert, um Demo- kommt (beispielsweise Aufstellen von grösser als bei einem Laden? Und was hat Teilnehmer*innen mit der maximal Plakaten im öffentlichen Raum).» Die das Abhängen von Plakaten mit COVID- möglichen Härte zu bestrafen? Auch in Behörden hätten einen Handlungsspiel- 19-Bekämpfung zu tun? Pandemie-Zeiten darf ein Verbot von raum, «insbesondere, wenn sich nur Demos und öffentlichen Meinungsäusse- einzelne Personen an einer Aktion beteili- Staatsanwaltschaft auf Repressions- rungen nur als allerletztes Mittel einge- gen». kurs setzt werden. Einschränkungen müssen Die Realität sah dann aber anders Das Veranstaltungsverbot der CO- sich am gesundheitlichen Schutzzweck aus. In der Stadt Zürich kam es zu zahlrei- VID-19-Verordnung hat auch gravierende orientieren und verhältnismässig sein, chen kreativen Aktionen. An verschiede- juristische Konsequenzen. Die Teilnahme insbesondere im Vergleich mit anderen nen Orten wurden 1. Mai-Transpis aufge- an einer unbewilligten Demo und der Aktivitäten, die erlaubt sind. hängt und unter Einhaltung der Verstoss gegen das Versammlungs-Verbot Christina Schiller, AL-Gemeinde- Distanz- und Hygienevorschriften des gemäss COVID-19-Verordnung sind Über- rätin BAG und in Gruppen von meist fünf oder weniger Personen trugen Menschen ihre politischen Botschaften in den öffentli- chen Raum. Die Stadtpolizei schritt rigo- ros ein und unterband jegliche Art von Meinungsäusserung. Sie riss Transparen- te herunter und beschlagnahmte diese, auch auf privaten Grundstücken, sprach Wegweisungen auch gegen Personen aus, die die BAG-Vorgaben einhielten, und foutierte sich selber um geltende Distanz- und Hygienevorschriften. Fadenscheinige Rechtfertigungen Ihr rigoroses Einschreiten rechtfer- tigte sie mit fadenscheinigen Argumenten (Anfrage Schiller/Maggi, GR 2020/169): • «In den Erläuterungen zur COVID- 19-Verordnung 2 ist eine öffentliche oder private Veranstaltung ein zeitlich be- grenztes, in einem definierten Raum oder Perimeter stattfindendes und geplantes Ereignis, an dem mehr als fünf Personen teilnehmen. Bilden sich koordiniert mehrere Gruppen zu fünf Personen mit gewissem Abstand, die aber letztlich eine Einheit darstellen, ist von einer verbote- Fast schon zur Ikone geworden: Aufnahme einer Verhaftung am 1. Mai 2020 in Zürich. 6
AL Info 2/20 6/19 – Aus den Räten Birkenhof – was, wenn der Refe- Unruhe bewahren renzzinssatz steigt? 4. März: AL und Grüne protestieren in Fraktionserklärung gegen "Weiter Zürich hat ein gros- Vergleicht man diese Zahl mit vergange- so"-Politik beim «Hotel Suff» und ses Bevölkerungs- nen Sanierungen von städtischen Wohn- Vergabe ärztlicher Dienstleistungen wachstum vor sich. siedlungen, liegen die Kosten für diese an OSEARA AG. Bis 2035 ist mit Gesamtinstandsetzung um 20-33% höher. 1.April: AL-Gemeinderätin Chris- über 4000 Perso- Die Wohnbauförderungsverordnung tina Schiller fordert in «Zürich nen mehr pro Jahr zu des Kantons schreibt bei Neubauten vor, West»-Kolumne Mietererlasse für rechnen. Bei einer dass für eine 3 1/2-Zimmerwohnung die Geschäftsmieter*innen mit Corona- durchschnittlichen pauschalierten Erstellungskosten nicht bedingten Betriebsschliessungen. Belegung von zwei mehr als 342 400 CHF betragen dürfen. 3. April: Trotz Pandemie reicht die AL Personen müssen Dass die Kosten für die Sanierung des ihre kantonale Initiative gegen Steu- damit jedes Jahr rund 2000 Wohnungen er- Birkenhofs praktisch gleich hoch sind wie ergeschenke für Grossaktionär*innen stellt werden. Soll sich der Anteil der Miet- die für einen Neubau, zeigt das Missver- mit 6800 Unterschriften ein. wohnungen gemeinnütziger Bauträger auf hältnis auf. Die Höhe der Sanierungskos- 20. April: Zur Bewältigung der Corona- einen Drittel erhöhen, müssen jährlich bis ten hat bei den momentan tiefen Referenz- krise fordern die AL-Kantonsrät*innen zu 1000 gemeinnützige Wohnungen ent- zinsen zwar keinen grossen Einfluss auf Markus Bischoff, Manuel Sahli und stehen. Will Zürich eine Stadt für alle sein, die Mieten. Steigt der Referenzzinssatz, Judith Stofer mit Parlamentarischer gelingt dies nur, wenn Bau- und Instandset- erhöhen sich die Mieten im Modell der Initiative eine auf fünf Jahre befristete zungskosten niedriger gehalten werden als Kostenmiete jedoch viel drastischer, als Zusatzsteuer auf Vermögen über 2 heute üblich. wenn die Überwälzungsregeln des Obliga- Mio Franken. Am Beispiel des Birkenhofs zeigt sich, tionenrechts gelten. 24. April: AL, SP und Grüne fordern dass die Stadt dies noch nicht erkannt hat. Wenn die Mieten derart ansteigen, Verzicht auf Räumung des Juch-Areals Es ist unumstritten, dass die 90-jährige muss ein Teil der BewohnerInnen die während der Coronakrise. Stadtrat gemeinnützige Wohnsiedlung im Quartier Siedlung verlassen. Das kann es nicht krebst zurück und schiebt Räumung Unterstrass instandgesetzt werden muss. sein! Deshalb muss bei solchen Projekten auf. Die Aufwendungen für diese Sanierung viel strikter überprüft werden, was genau 4. Mai: AL-Kantonsrätin Melanie Ber- betragen Fr. 32 090 000. Daraus resultie- erneuert werden muss und was nicht. ner protestiert in Fraktionserklärung ren für die 101 Wohnungen Sanierungs- Christina Schiller, AL-Gemeinde- gegen Kriminalisierung von Demonst- kosten von 317 323 CHF pro Wohneinheit! rätin rierenden am 1. Mai. 6. Mai: In einer Fraktionserklärung übt AL-Gemeinderätin Christina Corona-Subkomission eingesetzt Schiller harsche Kritik an der Unter- drückung der Meinungsäusserungs- freiheit am 1. Mai und am fehlenden Auf Initiative der AL gesetzeskonform waren. Schutzkonzept der Stadtpolizei. wurde im Kantons- Weiter hat die Krise Mängel in der 15. Mai: AL unterstützt Petition rat eine kombinierte Pandemievorsorge aufgezeigt. Die Materi- gegen Lastwagen-Wendeplatz auf Subkomission der allager der Spitäler waren nur ungenü- dem Juch-Areal und protestiert gegen Geschäftsprüfungs- gend bestückt und der Kanton kann sinnlosen Abriss von Kulturraum und (GPK) und Finanzko- hierzu nur Empfehlungen rausgeben. Es Hinterzimmer-Deal der Stadt mit dem mission (FIKO) ein- stellt sich also die Frage, ob der Regie- Bauriesen HRS. Manuela Schiller gesetzt. Sie besteht rungsrat genug Weisungsbefugnisse reicht 1466 Unterschriften bei Stadt- aus Mitgliedern gehabt hätte, wenn wirklich nicht mehr rat Golta ein. aller Fraktionen und genug Spitalbetten im Kanton vorhanden 26. Mai: Erfolgreiche Premiere von soll sich mit den kantonalen Massnahmen gewesen wären. Auch die Beschaffung «Digit-AL – Debatten im Netz» zu rund um Corona beschäftigen. von Schutzausrüstung ist ein Thema. Und «Corona & Gesundheitspolitik». Eine der Hauptaufgabe dieser Komis- man darf sich durchaus fragen, ob die 10. Juni: AL-Gemeinderätin Ezgi Akyol sion ist neben einer Beurteilung auch das kurzfristige Anschaffung einer Masken- verliest ein Statement von Schwarzen Stellen von Fragen. Doch was für Fragen produktionsmaschine mitten in der Krise Aktivist*innen zu den Black Lives stellen sich überhaupt, wenn Sachen wie eine sinnvolle Investition darstellte. Matter-Demonstrationen in Zürich und der Lockdown und die Schulschliessun- Weitere Themen sind die Auswirkung zum Rassismus in der Schweiz. gen alle vom Bund diktiert worden sind? auf die Asylsuchenden und der Umgang 17. Juni: AL lanciert mit Gewerk- Neben dem direkten Einfluss des mit der Krise in den sehr engen Verhält- schaftsbund, SP, Grünen, Caritas, Home Office auf die kantonale Verwal- nissen in den Lagern und die Frage, ob die HEKS und SAH in Zürich, Winterthur tung gilt es die Arbeit des vom Regie- kantonalen Soforthilfen im Kultur- und und Kloten Initiativen für einen Min- rungsrat eingesetzten kantonalen Füh- Sportbereich auch wirklich funktionieren destlohn von CHF 23 pro Stunde. rungsstabs (KFO) aus Vertretern von und ankommen. Polizei, Feuerwehr, Kantonsapotheke und Natürlich ist diese Liste nicht ab- verschiedenen Ämtern zu prüfen. Durch schliessend – Habt Ihr selbst weitere Finanzen den Notstand erhielt der Regierungsrat Fragen? Als Mitglied der Subkomission Damit wir Unruhe bewahren können, mehr Kompetenzen und es stellt sich die kann ich diese dann dort einbringen - sind wir dankbar für jede Spende: Frage, ob diese auch verhältnismässig schreibt mir doch einfach eine kurze Mail Alternative Liste Zürich, genutzt wurden und ob die erlassenen an m.sahli@al-winti.ch! PC 87– 63 811– 5 Notstandsverordnungen sinnvoll und Manuel Sahli, AL-Kantonsrat IBAN: CH53 0900 0000 8706 3811 5 7
AL Info 2/20 – Das Letzte Unter dem Firnis lauert die Not Ein Lohn zum Leben Corona führt uns die globale Vernetzung und gleichzeitig das erschreckend be- grenzte Ausmass der internationa- len Solidarität so klar wie wohl noch nie vor Augen. «No surprise» werden manche sagen. Ein bisschen überrascht war ich hingegen doch über die Verletzlichkeit, neudeutsch «Vulnera-bilität», unserer «there is no alternative»-Marktwirtschaft. Die Krise hatte kaum begonnen, da heulten schon landauf landab die Si- renen. Unglaublich vielen Menschen, ganzen Wirtschaftszweigen ging in kürzester Zeit das Geld aus. Schlan- gen bildeten sich bei der Gratis- Entscheidender Faktor in Klotens grossem Niedriglohnsektor: das Flughafenpersonal. Essensabgabe - in der Schweiz, in Genf und Zürich! Der Gewerkschaftsbund des Kantons Zürich ist, dass 43 Prozent der Tieflohnbeziehen- Die Erfahrung, dass diesem vermeint- (GBKZ) hat zusammen mit AL, SP, Grünen den in der Stadt Zürich zwischen 30 und lich «besten aller Systeme» selbst sowie den Hilfswerken HEKS, Caritas und 49 Jahren alt sind. Es sind also nicht nur im innersten Zentrum so schnell der SAH in den Städten Zürich, Winterthur und junge BerufseinsteigerInnen betroffen. Schnauf ausgeht, dass der Kapitalis- Kloten die kommunalen Initiativen «Ein Betroffen sind zwischen 70 und 80 mus, der uns allen das grosse Glück Lohn zum Leben» lanciert. Wer in diesen Prozent der Arbeitnehmenden in Wäsche- verspricht, im Moment der Krise so Städten arbeitet, soll einen Mindestlohn reien und mehr als zwei Drittel der Be- vielen (Menschen) so wenig (Schutz) von CHF 23 pro Stunde erhalten. schäftigten in Coiffeursalons. Auch mehr bietet, war und ist erschreckend, Mit diesen 23 Franken kann ein als die Hälfte der Beschäftigten in der ernüchternd, buchstäblich ein Ar- Monatslohn von rund 4'000 Franken Gebäudereinigung sowie im Garten- und mutszeugnis. erreicht werden. Das Bundesgericht hat Landschaftsbau arbeiten für Tieflöhne. Schliesslich kommt die Rettung - wie Mindestlohnvorschriften gutgeheissen, Dazu kommt jedeR dritte Arbeitnehmende schon in der Finanzkrise - vom Staat, jedoch enge Schranken gesetzt. So dürfen in der Gastronomie, der Beherbergung dem viel geschmähten, mittels diese ausschliesslich sozial und nicht und weiteren Dienstleistungsbereichen. Interventionen in noch nie gesehe- gewerkschaftlich begründet sein und Bei Kurier- und Expressdiensten, bei nem Ausmass und beschlossen in sollen «Working poor» verhindern. Wer einigen Sicherheitsdiensten oder der atemberaubendem Tempo - unter arbeitet, soll gleich viel Geld erhalten wie Herstellung von Nahrungs- und Futter- Notrecht. So kann das grösste jemand mit einer Rente und Ergänzungs- mitteln gibt es ebenfalls oft sehr tiefe Unheil vermieden, viel Not gelindert leistungen. Löhne. Für viele überraschend erhalten werden. Die Initiative greift Tieflöhne frontal auch Flugbegleiter*innen Löhne, die Es bleibt zu hoffen, dass die Corona- an. Laut der Internationalen Arbeitsorga- kaum zum Leben reichen. So liegt der Krise irgendwann vorbei ist. Sicher nisation (ILO) sind dies Löhne, die weni- monatliche Einstiegslohn des Kabinenper- nicht vorbei wird die Klima-Krise ger als zwei Drittel des nationalen Medi- sonals bei der Swiss deutlich unter 4'000 sein. Der Ausstieg aus den fossilen anlohnes betragen. Im Jahr 2018 lag diese Franken. Energien, die Verwirklichung des Grenze bei 4'358 Franken. Der Druck auf die tiefen Löhne hat in Netto Null CO2-Ziels, ist eine epo- In der Stadt Zürich arbeiten rund den letzten Jahren zugenommen. So fielen chale Aufgabe, die ebenso enorme 500'000, in Winterthur 75'000 und in Klo- die Reallöhne in der Sicherheitsbranche Investitionen erfordert. ten 37'000 Personen. Im ganzen Kanton zwischen 2016 auf 2018 um 5,9 Prozent und Darum müssen wir die finanziellen sind es etwa eine Million. Damit könnten bei den Post- und Kurierdiensten um 2,9 Stützungs- und Rettungsgelder, rund 60 Prozent der Arbeitnehmenden im Prozent. Die Corona-Krise hat diesen die zur Milderung der Corona-Krise Kanton von Mindestlöhnen profitieren. In Druck weiter erhöht. Gerade schlechte eingesetzt werden, mit Bedingungen der Stadt Zürich beziehen gemäss Lohn- bezahlte Jobs wie Kurierdienste und verknüpfen, die den ökologischen strukturerhebung 30'183 Menschen Tief- Eingangskontrollen haben massiv zuge- Umbau befördern und gleichzeitig löhne. Das sind 8.6 Prozent aller Beschäf- nommen. Die Mindestlohninitiative setzt soziale Ungleichheit verringern. tigten. 63 Prozent der Betroffenen sind ein starkes Zeichen gegen die Prekarisie- Die Krise hat gezeigt, wie schnell Frauen. Rund 17'000 der Tieflöhner*innen rung der Beschäftigten. sich vieles verändern und Unmögli- arbeiten für weniger als 4'000 Franken Markus Bischoff, AL-Kantonsrat ches plötzlich möglich werden kann. monatlich: Sie könnten von der Mindest- und Präsident Gewerkschaftsbund Das kann und sollte uns auch Mut lohn-Initiative unmittelbar profitieren. Kanton Zürich machen. Je tiefer der Tieflohn, desto höher Richard Wolff, AL-Stadtrat wird der Frauenanteil. Bemerkenswert 8
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