Investors' Outlook - Juli/August 2017 "Trumponomics" und Teuerung vorerst auf Eis gelegt - Vontobel
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Investors’ Outlook – Juli/August 2017 «Trumponomics» und Teuerung vorerst auf Eis gelegt Abgleich Ausblick/ Realität: Unsere Prognose für die US-Teuerung erweist sich als zu hoch Mario Draghi treibt auch die schwedische Krone nach oben Zeit frisst Geld: Wie Sie Ihre Bareinlagen vor Wertverlust schützen können Ausgabe Private Banking
Inhalt 6 Marktkommentar «Trumponomics» und Teuerung vorerst auf Eis gelegt 8 Spezialthema Abgleich Ausblick/Realität: Unsere Prognose für die US-Teuerung erweist sich als zu hoch 12 Makro Highlights Von US-Mieten, europäischen Lohnrunden und chinesischen Preisblasen 14 Anleihen 15 Aktien 16 Rohstoffe 17 Währungen 18 Anlagen im Fokus Zeit frisst Geld: Wie Sie Ihre Bareinlagen vor Wertverlust schützen können 24 Prognosen 25 Marktdaten 28 Autoren Impressum Herausgeber: Bank Vontobel AG, Gotthardstrasse 43, CH-8022 Zürich Redaktion: Investment Communications Autoren*: Stephan Arnold, CIWM, Leiter Multi Manager Solutions Christophe Bernard, Vontobel-Chefstratege Dr. Reto Cueni, Senior Economist Stefan Eppenberger, CFA, Investment & Commodity Strategist Andreas Nigg, CFA, Leiter Equity & Commodity Strategy Dr. Sven Schubert, Specialist Investment Strategy Currencies Dr. Ralf Wiedenmann, Leiter Economic Research Weitere Autoren: Lars Kalbreier, CFA, Chief Investment Officer Private Banking Coverbild: Masterfile Erscheinungsweise: Monatlich Aktuelle Ausgabe: Montag, 3. Juli 2017 (deutsche PDF-Version auf dem Portal und Versand per HTML) Sprachen: Deutsch, englisch und französisch Bestellungen: Direkt bei Ihrem Kundenberater Redaktionsschluss: Dienstag, 27. Juni 2017 Bemerkung: *siehe Seite 26, «Rechtliche Hinweise»: Analystenbestätigung 2 Investors’ Outlook – Juli/August 2017
Makrosicht Hinsichtlich der Schweizer Wirtschaft sind wir pessimistischer geworden Konsens Wirtschaftswachstum 2017 unter über –– – + ++ Nach der Veröffentlichung eines enttäuschenden Schweizer EWU* Bruttoinlandprodukts für das erste Quartal haben wir die USA Wachstumsprognose zurückgenommen. Wir sind für den Japan «Heimmarkt» nun pessimistischer als die Mehrzahl der EM** Marktbeobachter und sehen eine Wachstumsrate von 1.2 CH Prozent. Unter Konsens liegen wir auch bei Japan (1.2 Pro- Konsens = Consensus Inc., London zent) und Grossbritannien (1.3 Prozent). Konsens Inflation 2017 unter über –– – + ++ Aufgrund des rückläufigen Ölpreises – und der Herabset- EWU* zung der Prognose im Vergleich zum Vormonat – haben USA wir die Inflationsprognosen für die USA und die Eurozone Japan nach unten angepasst. Unsere Inflationserwartungen EM** stimmen inzwischen mit dem Konsens mehr oder minder CH überein. Konsens = Consensus Inc., London Konsens Notenbankzinsen (in drei Monaten) unter über –– – + ++ Die meisten Marktbeobachter erwarten, dass die amerikani- EWU* schen Leitzinsen nach dem Zinsschritt im Juni weiter steigen. USA Stützt man sich hingegen auf die Terminmärkte ab, dürfte das Japan US-Leitzinsniveau bis zum Jahresende annähernd stabil blei- CH ben. Die US-Notenbank Fed, die noch in diesem Jahr mit der Konsens = Bloomberg Bilanzreduktion beginnen will, hat mittlerweile Details zum geplanten Abbau ihrer Anleihenbestände bekanntgegeben. Konsens Renditen zehnjähriger Staatsanleihen (in drei Monaten) unter über –– – + ++ In Anbetracht der nur schrittweisen Normalisierung der D Geldpolitik rechnen wir nur mit einem geringen Renditean- USA stieg von rund 10 bis 20 Basispunkten in den Kernländern Japan und von 40 Basispunkten in sogenannten europäischen Pe- CH ripheriestaaten. Unsere Einschätzung stimmt damit weitge- Konsens = Consensus Inc., London hend mit jener der anderen Marktbeobachter überein. * Europäische Währungsunion ** Emerging Markets – Schwellenländer Investors’ Outlook – Juli/August 3
Anlagestrategie Öl zieht Energiepreise untergewichtet stark leicht neutral übergewichtet leicht stark nach unten, Rohstoff- Liquide Mittel Position verringert In Zeiten von rekordniedrigen Zinsen halten Marktteilneh- mer fast sehnsüchtig nach Anzeichen für anziehende Teue- rung Ausschau. Doch die Inflation will einfach nicht ansprin- gen – nicht einmal in den Vereinigten Staaten, deren Wirt- schaft sich seit einiger Zeit in guter Verfassung befindet. Grund hierfür sind rückläufige Rohstoffpreise und der wei- terhin ausbleibende Lohndruck. Für Anleger können dies al- lerdings durchaus erfreuliche Nachrichten sein. Die wichtigs- Anleihen ten Notenbanken werden in einem solchen Umfeld die Zin- sen kaum schnell oder stark erhöhen. Dies garantiert weiterhin Unterstützung für risikoreiche Anlageklassen wie Aktien. 1 Bei liquiden Mitteln nehmen wir neu eine «leich- te Übergewichtung» ein. 2 Keine Veränderung in unserer Positionierung bei Anleihen: Wir bleiben «leicht untergewichtet». Aktien Allerdings nehmen wir bei Schwellenländeranlei- hen in lokaler Währung erste Gewinne mit. 3 Bei Aktien bleiben wir bei unserer neutralen Posi- tionierung. Neu halten wir eine bedeutende Posi- tion in japanischen Titeln. Auch den Posten Euro- zone-Banken haben wir erhöht. Veräussert ha- ben wir hingegen kanadische Aktien. Gold 4 Auch bei Gold halten wir eine neutrale Gewich- tung für angebracht. 5 Nachdem wir eine «leichte Übergewichtung» bei Rohstoffen aufgegeben haben, sind wir neutral Rohstoffe positioniert. 6 An der «leichten Übergewichtung» der Anlage- klasse alternative Strategien hat sich nichts geän- dert. Alternative Strategien Veränderungen zum Vormonat: gleich, erhöht, verringert. 4 Investors’ Outlook – Juli/August 2017
Liquide Mittel negativ neutral positiv Zu unseren Favoriten bei den Währungen gehört CHF per EUR weiterhin die schwedische Krone, in der wir unser USD per EUR Engagement im vergangenen Monat nochmals er- CHF per USD höht haben. Wir rechnen nach wie vor damit, dass sich die schwedische Zentralbank bald von ihrer stark expansiven Geldpolitik verabschieden wird. Dies dürfte der Währung Auftrieb verleihen. Im Gegen- zug haben wir die Position in der norwegischen Kro- ne in unseren US-Dollar- und Euro-Portfolios ver- kauft. Anleihen Staatsanleihen untergewichtet neutral übergewichtet Im Juni haben wir uns von einem Teil unserer Positi- on in Schwellenländeranleihen in lokaler Währung Industrieländer getrennt. Wir bleiben in diesem Segment jedoch Schwellenländer (extern*) leicht «übergewichtet». Einen wichtigen Bestandteil Schwellenländer (lokal**) des Portfolios stellen hingegen US-Staatsanleihen Unternehmensanleihen mit langen Laufzeiten dar. Aufgrund der deutlichen Investment Grade «Untergewichtung» europäischer Staatspapiere High Yield liegt unser Bestand an Anleihen dennoch insgesamt * in Fremdwährungen unter dem Wert des Vergleichsindexes. ** in Lokalwährungen Aktien untergewichtet neutral übergewichtet Bei einer insgesamt neutralen Aktienquote engagie- ren wir uns vornehmlich in zyklischen Aktien. Bezüg- Industrieländer lich der Themen stehen Banken in den USA und der Schwellenländer Eurozone, US-Technologietitel (leicht reduziert im Juni), europäische Energieunternehmen und neu ja- panische Aktien im Vordergrund. Weitere aktive Po- sitionen sind «Clean-Tech»- und «Global-Leader»- Aktien. Gold untergewichtet neutral übergewichtet Wir halten an unserer neutralen Positionierung bei Gold fest. Abnehmende politische Risiken in der Eu- Gold rozone, beispielsweise in Zusammenhang mit der Wahl Emmanuel Macrons zum französischen Präsi- denten, sprechen gegen ein höheres Engagement. Rohstoffe untergewichtet neutral übergewichtet Die Aussichten für Rohöl sind ungewiss in Anbe- tracht eines schleppenden Abbaus von Lagerbestän- Rohstoffe den sowie eines deutlichen Angebotswachstums im Jahr 2018. Wir haben uns von unserer «übergewich- teten» Positionierung im Juni verabschiedet. Alternative Strategien untergewichtet neutral übergewichtet Diese Anlageklasse bleibt aus unserer Sicht aufgrund Alternative Strategien der eher teuren Bewertung verschiedener Aktien- und Anleihenmärkte attraktiv. An unserer «leicht übergewichteten» Positionierung halten wir fest. Investors’ Outlook – Juli/August 5
Marktkommentar «Trumponomics» und Teuerung vorerst auf Eis gelegt Christophe Bernard Vontobel-Chefstratege Foto: IStockphoto Von heiss zu kalt: Im Zuge des Regierungswechsels in den USA erwarteten wir ein deutliches Anziehen der Inflation – nun entwickelt sich diese äusserst verhalten. Donald Trumps erste 100 Tage im Amt waren von Aktivis- politischer Abschottung und einer Beschränkung der Migra- mus geprägt. Eine ähnliche Hektik legen auch Notenbanken tion ergeben – zwei Kernthemen im Wahlkampf von Trump. an den Tag, die sich seit Jahr und Tag bemühen, die Wirt- Angesichts der jüngsten Entwicklungen in Politik und Wirt- schaft mit Liquiditätsspritzen zu unterstützen. Beides lässt schaft scheinen diese beiden Szenarien mindestens für 2017 eigentlich ein «Reflationsszenario» erwarten, also ein Um- einen Grossteil ihrer Relevanz verloren zu haben. feld mit steigenden Preisen und günstigen Konjunkturaus- sichten. Mittlerweile hat die neue US-Regierung indes viel Chaos im Weissen Haus von ihrem ursprünglichen Schwung verloren und der Öl- Vor sechs Monaten stimmten uns Donald Trumps Ideen ei- preis hat sich unerwartet verbilligt. Sowohl «Trumpono- nes ehrgeizigen Konjunkturprogramms für die US-Wirtschaft mics» als auch Inflation sind somit vorerst auf Eis gelegt. zuversichtlich (siehe Dezember-Ausgabe 2016 des Investors’ Outlook: Nach Brexit und Trump 2016: Was hält das Jahr Gegen Ende des ersten Halbjahres 2017 ist es an der Zeit, die 2017 für uns bereit?). Die neue Regierung hat jedoch in die- von uns im Dezember 2016 entworfenen Szenarien Revue ser Hinsicht ziemlich wenig erreicht. So kann sie ausser einer passieren zu lassen. Unsere Prognosen beruhten auf der An- Absichtserklärung, die auf einer Seite Platz hat, keine Fort- nahme, dass Trump seine Vorhaben mehr oder minder wür- schritte bei den Steuersenkungen vorweisen. Ebensowenig de umsetzen können. Dies hätte zu einer Reflation oder eben sind Einzelheiten zum Infrastrukturprogramm bekannt. einer Stagflation geführt. Ersteres – unsere bevorzugte Opti- Fairerweise muss man zugeben, dass die Regierungs- on – wäre eingetreten, wenn die Steuersenkungen und die mannschaft bei der Deregulierung erheblich vorangekom- Infrastrukturprogramme das reale Wirtschaftswachstum be- men ist, vor allem in den Bereichen Energie, Bauwesen und feuert hätten. Die zweite Entwicklung hätte sich bei handels- Versorgung. Demnächst wird auch die Bankenderegulierung 6 Investors’ Outlook – Juli/August 2017
in Angriff genommen. Diese Massnahmen und die Tatsache, Grafik 1: USA: Haben Kerninflation und dass Trump seinen handelsfeindlichen Äusserungen keine Lohnwachstum den Zenit überschritten? Taten folgen lässt, haben zu einer anhaltend guten Stim- In Prozent, Veränderung zum Vorjahr mung unter den kleineren Unternehmen beigetragen. Trotz- 3.0 dem haben wir unsere Prognose für das BIP-Wachstum der 2.5 USA im Jahr 2017 von 2.5 Prozent (per Ende 2016) auf 2.2 Prozent gesenkt. 2.0 1.5 Inflation im Februar auf dem Höhepunkt Vergangenen Dezember erwarteten wir einen Anstieg der 1.0 2014 2015 2016 2017 US-Teuerung im Verlauf von 2017. Der Aufwärtstrend kam Durchschnittlicher Stundenlohn jedoch im Februar ins Stocken. Von einem Wert von 1.8 Pro- Kerninflation (ohne Nahrungsmittel- und Energiepreise) zent in jenem Monat sank die Kerninflation (ohne Nahrungs- mittel- und Energiepreise) auf 1.4 Prozent im Mai. Trotz Vollbeschäftigung scheint das Lohnwachstum bei rund 2.5 Quelle: Bureau of Labor Statistics, Bureau of Economic Analysis, Thomson Reuters Datastream, Vontobel Asset Management Prozent gedeckelt (siehe Grafik 1). Ein abnehmender Preis- druck in Bereichen wie Bildung, Neu- und Gebrauchtwagen sowie Telekommunikationsdienstleistungen hat zu dieser Grafik 2: Hochzinsanleihen: Energiesegment für Entwicklung beigetragen. Mittlerweile hat die Preisschwä- Ölpreisausschläge besonders anfällig che an den Rohstoffmärkten auf die Gesamtinflation durch- In Prozent US-Dollar pro Fass geschlagen. Doch nicht nur die US-Teuerung verharrt auf 25 120 Hoher Stress bei 110 unter 40 US-Dollar niedrigem Niveau. Weltweit verhindern der technologische 20 100 90 Fortschritt und das globale Angebot an billigen Arbeitskräf- Kein Stress bei Niveau 80 um 50 US-Dollar ten einen Inflationsanstieg. Es versteht sich von selbst, dass 15 Druck bei Ölpreis unter 70 70 US-Dollar 60 unsere Prognose für die US-Inflation 2017 (3.2 Prozent per 50 10 40 Ende 2016) sehr unwahrscheinlich geworden ist. Druck bei unter 30 60 US-Dollar 5 20 Jun 14 Dez 14 Jun 15 Dez 15 Jun 16 Dez 16 Jun 17 Was können wir im zweiten Halbjahr 2017 erwarten? Umlaufrendite von Hochzinsanleihen Eine synchrone globale Erholung mit geringem Inflations- (Index: BoAML US High Yield Corporate Energy) druck entspricht einem «Goldlöckchen»-Szenario: nicht zu Preis der Ölsorte West Texas Intermediate (rechte Skala) heiss, nicht zu kalt. Dieses Umfeld dürfte bis zum Jahresende anhalten, und die soliden Unternehmensgewinne sowie die Quelle: Thomson Reuters Datastream, Vontobel Asset Management lockere Geldpolitik dürften die Finanzmärkte stützen. Werfen wir noch kurz einen Blick auf die Situation in Eu- ropa. Es ist beruhigend zu sehen, dass sich die Lage nach der um die breiten Anleihenmärkte (siehe Grafik 2) in Mitleiden- Brexit-Entscheidung Grossbritanniens entspannt hat und die schaft ziehen dürfte. Zudem könnte eine Beschleunigung gegen die Europäische Union gerichtete Welle des Populis- des Lohnwachstums in den Vereinigten Staaten zu einem mus abgeebbt ist. Diese Entwicklung begann in den Nieder- unerwartet schnellen Anstieg des US-Leitzinses und somit landen, wo die rechtspopulistische «Partei für die Freiheit» einer Marktkorrektur führen. Beide Szenarien sind jedoch bis ein unter den Erwartungen liegendes Wahlergebnis erzielte. zum Jahresende höchst unwahrscheinlich. Darauf folgte der Sieg von Emmanuel Macron in den franzö- sischen Präsidentschaftswahlen, der mit einem explizit euro- Wie sind wir positioniert? pafreundlichen Wahlprogramm angetreten war. Mittlerwei- Wir halten an unserer neutralen Haltung für die Aktienmärk- le haben wir infolge der anhaltenden globalen Erholung und te fest und bevorzugen Banken sowie Unternehmen, die des gesunkenen systemischen Risikos unsere BIP-Prognose vom Wirtschaftswachstum profitieren. Zudem haben wir 2017 für die Eurozone von 1.6 Prozent (per Ende 2016) auf unsere Rohstoffengagements zurückgefahren. Grund hier- 1.8 Prozent erhöht. für ist, dass die mittelfristigen Ölpreisprognosen trotz der Förderkürzungen der Organisation erdölexportierender Län- Risikofaktoren: von Öl bis Geopolitik der (Opec) und Russlands infolge des anhaltenden Überan- Eine unerwartete Konjunkturabkühlung könnte zweifellos gebots nach unten revidiert wurden. Wir sind in Unterneh- die Unternehmensgewinne in einer Zeit belasten, in der sich mensanleihen mit kurzen Laufzeiten und Lokalwährungsan- die Aktienbewertungen auf einem historisch hohen Niveau leihen aus den Schwellenländern nach wie vor «über- befinden. Als mögliche Auslöser kommen Fehler der chinesi- gewichtet», wenngleich weniger stark als bisher. schen Führung oder verschärfte Spannungen auf der korea- nischen Halbinsel in Frage. Zudem könnte ein möglicher Öl- preisverfall auf unter 40 US-Dollar die Aussichten für die Webcast: Hier geht's zum Marktkommentar-Video Emittenten aus dem Energiesektor verdüstern, was wieder- Investors’ Outlook – Juli/August 7
Spezialthema Abgleich Ausblick/Realität: Unsere Prognose für die US-Teuerung erweist sich als zu hoch Dr. Reto Cueni, Senior Economist Dr. Sven Schubert, Specialist Investment Strategy Currencies Dr. Ralf Wiedenmann, Leiter Economic Research Was zeigt ein «Rückblick auf den Ausblick 2017»? Die Erwartungen, dass Donald Trump seine Wahlversprechen umsetzten könnte, erfüllten sich zumeist nicht – Prognosen sind das tägliche Brot der Ökonomen. Bei Aus- Einen Anstieg der Inflation auf über 3 Prozent sahen wir in sagen, die sich auf eine Jahresperiode beziehen, bieten beiden Fällen als gegeben an. Im Reflationsszenario hätten sich die Sommermonate für eine Zwischenbilanz an. Als Steuersenkungen und Infrastrukturausgaben eine bereits wir im Dezember den Ausblick für 2017 veröffentlichten, auf Hochtouren laufende Wirtschaft weiter befeuert und zu stützten wir uns stark auf die zukünftige Entwicklung der Lohnerhöhungen geführt. Im Stagflationsszenario hätte die amerikanischen Wirtschaft nach der Wahl Donald Trumps Regierung Trump nicht nur die Steuern gesenkt und Infra- ab. Unsere Grundannahme, dass die US-Inflation in jedem strukturausgaben getätigt, sondern auch den Freihandel Fall anziehen würde, hat sich seither als falsch erwiesen. und die Migration beschränkt. Doch auch diese wachstums- Einigermassen im Rahmen lagen wir bezüglich US-Wirt- hemmenden Massnahmen hätten – so unsere Annahme – schaftswachstum und -Leitzinsen. Für Japan und die Euro- die Inflationsrate nach oben getrieben. Grund hierfür ist, zone liegen wir im positiven Bereich des Spektrums unse- dass beispielsweise die Anhebung von Importzöllen über rer Wachstums- und Inflationsprognosen. höhere Preise für Einfuhren die Teuerung anheizt. Wie sich inzwischen herausgestellt hat, konnte die Regierung Trump Trumps Wahlversprechen waren der Angelpunkt für unse- (bisher) kaum ein Wahlversprechen umsetzen, deshalb ha- ren Ausblick 2017 (siehe Investors’ Outlook vom Dezember ben unsere Szenarien hier deutlich an Relevanz eingebüsst. 2016) und unsere zwei Ausgangsszenarien. Im Rahmen des «Reflationsszenarios» nahmen wir an, dass nur die wirt- Prognose auch für US-Renditen zurückgestuft schaftsfreundlichen Ideen umgesetzt würden. Umgekehrt Unsere US-Inflationsprognose für 2017 von 3.2 Prozent ha- rechneten wir im Rahmen des «Stagflationsszenarios» da- ben wir fortlaufend auf 2.4 Prozent verringert. Grund hier- mit, dass der Regierungswechsel in den USA neben wachs- für ist vor allem, dass Trump das Infrastrukturprogramm tumsfördernden vor allem auch wachstumshemmende und die Steuerreformen dieses Jahr kaum mehr ankündigen Konsequenzen haben könnte. geschweige denn umsetzen kann. Auch unsere Prognose 8 Investors’ Outlook – Juli/August 2017
Wie sich unsere Makroszenarien für 2017 verändert haben Reflations- Stagflations- Prognose Vergleich szenario szenario momentan «alt»-«neu» («alt») («alt») («neu») Innerhalb Prognose Prognose Prognose oder ausserhalb für 2017 für 2017 für 2017 des Szenario- (Dez. 2016) (Dez. 2016) (Jun. 2017) rahmens? Vereinigte Staaten BIP-Wachstum 3.00% 1.80% 2.20% innerhalb Inflation 3.20% 3.20% 2.40% ausserhalb Leitzinsen 1.75% 1.25% 1.50% innerhalb Anleihenrendite 3.00% 2.70% 2.60% ausserhalb Eurozone BIP-Wachstum 1.90% 1.20% 1.80% innerhalb Inflation 1.70% 1.20% 1.60% innerhalb Leitzinsen 0.00% 0.00% 0.00% innerhalb Anleihenrendite 0.80% 0.20% 0.80% innerhalb Japan BIP-Wachstum 1.40% 0.70% 1.20% innerhalb Inflation 0.70% 0.30% 0.50% innerhalb Leitzinsen -0.10% -0.10% -0.10% innerhalb Anleihenrendite 0.20% 0.00% 0.10% innerhalb Schweiz BIP-Wachstum 1.70% 1.30% 1.20% ausserhalb Inflation 0.60% 0.60% 0.50% ausserhalb Foto: IStockphoto Leitzinsen -0.50% -0.75% -0.75% innerhalb Anleihenrendite 0.40% 0.10% 0.30% innerhalb BIP-Wachstum und Inflation: Jahresdurchschnitt; Leitzinsen und Obligationenrendite: Jahresende Quelle: Vontobel Asset Management mit entsprechenden Folgen für unsere Prognosen. für US-Staatsanleiherenditen ist mit 2.6 Prozent unter den nanzkrise gefallene Arbeitslosigkeit ist nämlich nur bedingt zuvor abgesteckten Rahmen gefallen. Unsere Erwartung ei- aussagekräftig. Ein anderes Bild zeigt die Beschäftigungs- nes Wirtschaftswachstums von 2.2 Prozent ist näher am quote, also der Anteil der Beschäftigten an der Bevölkerung, Stagflationsszenario, bewegt sich aber immer noch inner- die sich zwar seit Oktober 2011 deutlich erholt, das Vorkri- halb der Spannbreite unserer damaligen Vorhersagen. An senniveau aber noch nicht erreicht hat (siehe Grafik 1, Seite unserer US-Leitzinsprognose halten wir derweil fest (siehe 10). Dieser Indikator fällt unter anderem deswegen etwas Tabelle). Die US-Notenbank Fed normalisiert die Geldpolitik schwächer als die Arbeitslosenrate aus, weil er im Gegensatz weiter und beabsichtigt sogar, noch in diesem Jahr ihre An- zur Arbeitslosenrate auch Personen im arbeitsfähigen Alter leihenbestände abzubauen (siehe auch Rubrik Anleihen, berücksichtigt, die sich nach vielen Absagen nicht mehr ak- Seite 14). Dies deutet darauf hin, dass die amerikanischen tiv auf Stellensuche befinden. Währungshüter eher von einer steigenden Inflation ausge- hen, obschon die Teuerungsrate jüngst etwas zurückge- Eurozone wieder prosperierend und politisch stabiler kommen ist (siehe Marktkommentar, Seite 6). Auch wir Das Wachstum der Eurozone im ersten Quartal hat die Er- rechnen in Anbetracht der hohen Auslastung am Arbeits- wartungen etwas übertroffen und dürfte auch im restlichen markt mit einem Wiederanstieg der Lohn- und Preisinflation Jahr kaum an Schwung verlieren. Unsere momentane Er- in den nächsten Monaten. Dieser dürfte allerdings gemäch- wartung einer Wachstumsrate von 1.8 Prozent beim Brut- lich ausfallen und das Fed folglich nicht zu schnelleren Zins- toinlandprodukt für 2017 und von 1.6 Prozent bei der Ge- schritten zwingen (siehe auch Makro Highlights, Seite 12). samtteuerung (siehe Tabelle) entspricht unserem positiven Ein weiterer Grund für die wohl eher langsame Gangart Szenario vom Dezember. Insgesamt dürfte ein weiterhin der US-Notenbank liegt darin, dass der US-Arbeitsmarkt voranschreitender Rückgang der Arbeitslosigkeit das Lohn- noch nicht so stark angespannt ist, wie es auf den ersten wachstum sanft erhöhen. Demgegenüber sind die Anlei- Blick scheint. Die bereits unter das Niveau von vor der Fi- henrenditen in der Eurozone (gemessen an den zehnjähri- Investors’ Outlook – Juli/August 9
Spezialthema gen deutschen Bundesanleihen) mit 0.3 Prozent eher im der Europäischen Zentralbank (EZB) unterstützt werden. Stagflations- als im Reflationsszenario gefangen. Dies unter Aufgrund der starken Wirtschaft und der etwas anziehen- anderem aufgrund der Verlängerung des Anleihekaufpro- den Inflation dürfte die EZB zwar im Herbst eine schrittweise gramms der Europäischen Zentralbank (EZB). Dieser Impuls Reduktion ihres Anleihenkaufprogramms kommunizieren, dürfte sich aber gegen den Herbst hin umkehren, da die EZB doch sollte sie mit ihrer vorsichtigen Geldpolitik damit die dann eine weitere Drosselung des Anleihenkaufprogamms robust laufende Wirtschaft nicht abwürgen. Unterstützung ankündigen dürfte. Ebenso haben die ausgebliebenen kommt für die Ökonomie auch von anderer Stelle, beispiels- Wachstumsimpulse der US-Regierung und die dadurch nied- weise von den tendenziell steigenden Ausgaben der meis- rigeren Anleihenrenditen in den USA zusätzlich zu niedrige- ten Regierungen der Eurozone und vom investitionsför- ren Renditen in der Eurozone beigetragen. dernden «Juncker-Plan», benannt nach dem EU-Kommissi- Etwas überrascht haben uns das steigende Konsumen- onspräsidenten Jean-Claude Juncker. Eine Sorge stellen tenvertrauen und die anziehenden Detailhandelsverkäufe nach wie vor die faulen Kredite in Europa dar. Falls diese (siehe Grafik 2). Angesichts der Unsicherheit im Vorfeld der abgebaut würden, allen voran in Italien und Spanien, sähe Urnengänge in den Niederlanden und Frankreich konnte die Situation für die Banken der Eurozone noch deutlich dies nicht erwartet werden. Offenbar zeigten sich die Kon- besser aus. Voraussetzung hierfür ist jedoch eine weiterge- sumenten aber relativ unbeeindruckt oder ignorierten die hende Bereinigung im krisengeschüttelten Bankensektor politische Unsicherheit sogar. Die EU- und Euro-freundli- beider Länder. chen Wahlresultate, von denen wir auch in unserem Refla- tionsszenario ausgingen, haben seither den Ausblick für das laufende Jahr deutlich stabilisiert. Hierzu trägt bei, dass die ehemals aufstrebende EU- und Euro-feindliche Partei «Al- In Europa haben sich ternative für Deutschland (AFD)» in den Umfragen deutlich unter die Marke von 10 Prozent gefallen ist. Dies schmälert die Konsumenten das Risiko für grössere Umwälzungen in der deutschen Po- litik und reduziert damit die politische Unsicherheit in der gegen die politische Europäischen Währungsunion (EWU) und der EU weiter. Zugleich haben die Brexit-Verhandlungen (noch) keinen Unsicherheit weitgehend immun Schatten auf die europäische Wirtschaft geworfen. Der be- vorstehende Austritt Grossbritanniens aus der Union scheint die anderen EU-Länder gegenwärtig sogar eher zu einen als zu entzweien. Dies war auch unsere Erwartung im wachs- tumsstarken Szenario. Eine gewisse Gefahr aus politischer gezeigt. Sicht geht aber weiterhin von Italien aus. Ein Erfolg euro- skeptischer Parteien an den bis spätestens im Mai 2018 Japans Inflation hinkt der Konjunktur hinterher stattfindenden Parlamentswahlen könnte über Italien hin- Ähnlich wie in der Eurozone hat die Wirtschaft auch in Ja- aus für Turbulenzen sorgen. pan etwas stärker als erwartet zugelegt und dürfte 2017 um Auch für den Rest des Jahres dürften Wachstum und rund 1.2 Prozent wachsen, was sich im Rahmen unseres Re- Inflation weiterhin von der extrem expansiven Geldpolitik flationsszenarios bewegt. Die momentane Entwicklung der Grafik 1: US-Beschäftigungsquote zwar deutlich erholt, Grafik 2: Wachstum der Detailhandelsverkäufe dürfte aber noch nicht auf Vorkrisenniveau in der Eurozone weiter hoch bleiben In Prozent In Prozent (Jahresvergleich) In Prozent In Prozent (Jahresvergleich) 80 4.0 15 4.0 3.0 10 79 2.0 3.5 5 1.0 78 0.0 0 3.0 -1.0 77 -5 -2.0 -3.0 2.5 -10 -4.0 76 -15 -5.0 2.0 -6.0 75 -20 -7.0 -25 -8.0 74 1.5 Mär 05 Mär 06 Mär 07 Mär 08 Mär 09 Mär 10 Mär 11 Mär 12 Mär 13 Mär 14 Mär 15 Mär 16 Mär 17 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Beschäftigungsquote (Altersgruppe 25 bis 54 Jahre) Durchschnittsstundenlohn Privatindustrie Konsumentenvertrauen Eurozone (mittelwertbereinigt, linke Skala) (geglättet, rechte Skala) Detailhandelsverkäufe Eurozone (rechte Skala) Quelle: Bureau of Labor Statistics, Thomson Reuters Datastream, Vontobel Asset Management Quelle: Eurostat, Thomson Reuters Datastream, Vontobel Asset Management 10 Investors’ Outlook – Juli/August 2017
Inflation liegt im Land der aufgehenden Sonne hingegen setzten, dass dem so bleibt. Zwar dürfte es in Chinas Füh- genau in der Mitte zwischen unseren Szenarien. Dass die rungsriege zu Veränderungen kommen, doch sollten diese Teuerung der robusten Wirtschaft hinterherhinkt, hat drei- aus unserer Sicht ohne grosse Spannungen vonstatten ge- erlei Gründe. Trotz des weiterhin offiziellen Ziels der japani- hen. Viel hängt nun davon ab, wie sich die Situation in schen Zentralbank (BoJ), über 80 Billionen Yen (momentan Nordkorea und im Südchinesischen Meer entwickelt. Im umgerechnet etwa 725 Milliarden US-Dollar) pro Jahr in die schlimmsten Fall eines bewaffneten Konflikts dürften der Finanzmärkte zu pumpen, musste BoJ-Chef Haruhiko Kuro- globale Handel und damit die Gesamtwirtschaft massiven da im Frühjahr zugeben, dass sich dieser Betrag auf jährlich Schaden nehmen. Momentan sehen wir aber noch keine 50 bis 60 Billionen Yen verringert hat (siehe Grafik 3). Dies Anzeichen für die Zuspitzung der Lage. aufgrund der neuen Ausrichtung der Geldpolitik der BoJ, die sich vor allem mit gezielten Anleihenkäufen auf die Kontrol- le der Renditen der zehnjährigen Staatsanleihen konzen- triert. Allerdings sind die Möglichkeiten Kurodas beschränkt, solange die Zinsen weltweit nicht wieder ansteigen. Ohne den Aufwärtsdruck, der von globalen Renditeerhöhungen ausginge, kann die BoJ nicht recht intervenieren. Solange die BoJ an ihrer Zinskurvenkontrolle festhält, wird auch un- sere Prognose einer konstanten Nullrendite japanischer Staatsanleihen korrekt bleiben. Ein weiterer Grund für die träge Inflation ist der Umstand, dass bedeutende zusätzli- che fiskalische Impulse der japanischen Regierung bisher ausgeblieben sind. Am schwersten wiegt jedoch, dass in Ja- pan faktisch kein Arbeitsmarkt besteht (siehe auch Makro Highlights, Seite 12). Daher kommt auch bei sehr geringer Arbeitslosigkeit kaum Lohndruck auf. China und aufstrebende Länder erfüllen Erwartungen China – und die Schwellenländer insgesamt – haben sich im Grossen und Ganzen entsprechend unserem Reflationssze- nario entwickelt. Die kommunistische Führung in Peking hat es bisher geschafft, das Wachstum konstant auf hohem Niveau zu halten und dabei ein Platzen der Preisblasen, die Foto: IStockphoto insbesondere den Häuser- und Wohnungsmarkt in den so- genannten Tier-1-Städten bedrohen, zu verhindern (siehe Grafik 4, auch Rubrik Makro Highlights, Seite 12). Ebenso ist kein substantieller Anstieg von Zahlungsausfällen zu ver- zeichnen. Vor dem nur alle fünf Jahre stattfindenden Partei- tag im Oktober wird die Führung wohl auch alles daran China: Ausblick stabil trotz Sorgen um Hauspreise (im Bild: Schanghai). Grafik 3: Ausmass der Obligationenkäufe Grafik 4: Gefahr durch übermässig steigende in Japan nimmt ab Häuserpreise scheint in China gebannt In Tausend Milliarden japanischer Yen In Prozent (Jahresvergleich) 100 35 30 80 25 20 60 15 10 40 5 0 20 -5 -10 0 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 -20 Preise von Wohnimmobilien in China Mai 10 Mai 11 Mai 12 Mai 13 Mai 14 Mai 15 Mai 16 Mai 17 Häuserpreise der wichtigsten chinesischen Städte («Tier 1») Wertpapierkäufe der Bank of Japan Häuserpreise der zweitwichtigsten chinesischen Städte («Tier 2») (Dreimonatsdurchschnitt der annualisierten Käufe, Approximation) Häuserpreise der übrigen Städte Quelle: Bank von Japan (BoJ), Thomson Reuters Datastream, Vontobel Asset Management Quelle: Thomson Reuters Datastream, Vontobel Asset Management Investors’ Outlook – Juli/August 11
Makro Highlights In China grassiert seit einiger Zeit die Angst vor Blasenbildung – aber nur in Bezug auf die Preise privater und gewerblicher Immobilien. Von US-Mieten, europäischen Lohnrunden und chinesischen Preisblasen Dr. Reto Cueni, Senior Economist Dr. Sven Schubert, Specialist Investment Strategy Currencies Dr. Ralf Wiedenmann, Leiter Economic Research In den USA stehen die Zeichen auf Normalisierung der Schweiz und Eurozone: Kerninflation sollte weiter anziehen Geldpolitik. Einen solchen Kurs dürften später auch andere In der Schweiz hat die Kernteuerung jüngst die Nulllinie nach Notenbanken einschlagen. Ob und wie es dazu kommt, oben durchbrochen. Da wir damit rechnen, dass sich der hängt von der Inflationsentwicklung ab. Schweizer Franken gegenüber dem Euro etwas abschwächt, sehen wir einen weiteren Anstieg der Kerninflation. Hierzu Seit Januar ist die US-Kernteuerung, sprich der Preisanstieg trägt auch der robuste Arbeitsmarkt bei. unter Ausklammerung von Energie und Nahrungsmitteln, von 2.3 Prozent auf 1.7 Prozent gesunken. Wir rechnen aber da- Auch in der Eurozone ist bei der Kernteuerung ein Aufwärts- mit, dass die Kernteuerung wieder in Richtung 2 Prozent ten- trend absehbar. Wir erwarten hier ein gemächliches Anzie- diert. Zwar weisen die Mieten (42 Prozent Gewicht) auf eine hen der Löhne im Zuge der rückläufigen Arbeitslosigkeit. Stabilisierung der Mietpreisinflation auf hohem Niveau hin Dieser auch als Phillips-Kurve bekannte Zusammenhang. (siehe Grafik 1). Sie folgen dem Leerwohnungsbestand, der dürfte im laufenden Jahr zwar erst wenig zum Tragen kom- 2009 mit 11 Prozent sein Maximum erreichte hatte und inzwi- men, dafür tendenziell 2018. Dies lässt uns für Ende 2017 schen auf 7 Prozent gesunken ist. Seit dem vierten Quartal und insbesondere für die Lohnrunden im Folgejahr mehr 2014 bewegt sich die Leerstandsquote seitwärts. Andere Fak- Lohndruck und damit eine höhere Kerninflation erwarten toren sprechen dagegen für einen künftigen Anstieg der Kern- (siehe Grafik 2). In Japan ist hingegen kein Anziehen der inflation. Angesichts der stetig steigenden Auslastung des Ar- Preise auszumachen. Das Problem der kaum vorhandenen beitsmarktes und damit der tendenziell anziehenden Löhne Kernteuerung geht vor allem darauf zurück, dass faktisch dürften die Unternehmen versuchen, die Preise anzuheben. kein Arbeitsmarkt existiert (siehe auch Spezialthema ab Seite 12 Investors’ Outlook – Juli/August 2017
Grafik 1: Mieten in den USA dürften sich auf hohem Niveau stabilisieren In Prozent In Prozent (Jahresvergleich) 6 5 7 4 8 3 9 2 10 1 11 0 12 -1 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 Leerstandsquote (ein Jahr Vorlauf, invertiert) Mietpreisinflation (rechte Skala) Quelle: US Census Bureau, Bureau of Labor Statistics, Thomson Reuters Datastream, Vontobel Asset Management Grafik 2: Phillips-Kurve: Tiefe Arbeitslosigkeit sollte mittelfristig höherer Inflation bewirken Foto: Shutterstock Lohnwachstum Eurozone (Jahresvergleich pro Quartal, in Prozent) 4.5 Dez 08 4.0 3.5 3.0 Dez 11 Dez 12 Dez 07 2.5 Jan 06 Jun 15 Dez 09 2.0 8). Typischerweise «binden» sich japanische Arbeitnehmer Dez 10 Dez 15 1.5 an eine Firma, die ihnen im Gegenzug einen lebenslängli- Mrz 17 Dez 14 1.0 chen Arbeitsplatz verspricht. Sie werden fast ausschliesslich Mrz 16 Dez 13 Dez 16 nach einem strengen Senioritätsprinzip entlohnt. Lohnstei- 0.5 Jun 16 gerungen sind deshalb im Durchschnitt konstant und Lohn- 0.0 6.0 7.0 8.0 9.0 10.0 11.0 12.0 13.0 druck kommt nicht auf. Arbeitslosenrate Eurozone (in Prozent) Zusammenhang Arbeitslosenrate/Lohnwachstum (Regressionsgerade) China hat andere Probleme Erstes Quartal 2006 bis erstes Quartal 2017 Das Reich der Mitte hat ganz andere Inflationsprobleme. Aktueller Wert (Ende erstes Quartal 2017) Hier versucht der Staat seit längerer Zeit, die boomende Bau- Quelle: Thomson Reuters Datastream, Vontobel Asset Management konjunktur abzukühlen, indem er beispielsweise Refinanzie- rungsmöglichkeiten für Bauträger deutlich kürzt. Die An- strengungen scheinen sich auszuzahlen. Auch wenn die Prei- Grafik 3: Rückläufige chinesische Investitionen, se von privaten und gewerblichen Immobilien immer noch jedoch solider Konsum mit einer Jahresrate von knapp über 10 Prozent wachsen, so In Prozent (Jahresvergleich) In Prozent (Jahresvergleich) ist doch eine Verlangsamung auszumachen (siehe auch Spe- 14 20 zialthema ab Seite 8). 12 18 Abgesehen davon hat die chinesische Wirtschaft in der 10 16 ersten Jahreshälfte positiv überrascht. Nach einem Wachs- 8 14 tum von 6.7 Prozent über das ganze Jahr 2016 und 6.8 Pro- 6 12 zent im vierten Quartal 2016 dürfte nun im ersten Halbjahr 2017 eine Beschleunigung auf 6.9 Prozent verzeichnet wor- 4 10 den sein. Dies ist umso bemerkenswerter, als die chinesische 2 8 Zentralbank vergangenen Herbst begonnen hatte, die Kre- 0 6 ditkosten im Interbankenmarkt zu straffen. Zwar dürfte sich 01/14 07/14 01/15 07/15 01/16 07/16 01/17 die chinesische Konjunktur in der zweiten Jahreshälfte etwas Einzelhandelsverkäufe abschwächen, jedoch nur moderat – schon nur aus politi- Industrieproduktion Investitionen (rechte Skala) schen Gründen: Schlechte Wirtschaftsnachrichten vor dem Kongress der kommunistischen Partei im Oktober wären äu- Quelle: Thomson Reuters Datastream, Vontobel Asset Management sserst unerwünscht. Investors’ Outlook – Juli/August 13
Anleihen Bei Staatsanleihen sind Schwellenländer attraktiver als Industrieländer Dr. Ralf Wiedenmann Leiter Economic Research In den Vereinigten Staaten stehen die Zeichen immer deut- Ölpreis für Lokalwährungsanleihen wichtig licher auf eine Normalisierung der Geldpolitik. Allerdings Über einen deutlichen Renditevorsprung verfügen hingegen dürften die Renditen von Staatsanleihen insgesamt nur Schwellenländeranleihen in Lokalwährungen: Sie weisen langsam steigen. Dies untermauert unsere Empfehlung, derzeit eine Rendite von mehr als 6 Prozent auf (siehe Grafik solche Papiere zu meiden. Anleger tun aus unserer Sicht gut 2). Der Renditeabstand zwischen Industrie- und Schwellen- daran, stattdessen auf Schwellenländerobligationen in Lo- länderpapieren hat sich in den vergangenen Monaten insge- kalwährungen zu setzen – trotz höheren Risiken. samt verringert, was zu einer Outperformance der Schwel- lenländerobligationen gegenüber den Industrieländerpen- An ihrer jüngsten Sitzung hat die amerikanische Notenbank dants in jeweiliger Währung beigetragen hat. Natürlich gilt den Leitzins erhöht und ihre Absicht bekundet, mit dem Ab- es wie bei allen Fremdwährungsengagements, die Wäh- bau ihrer Anleihenpositionen noch in diesem Jahr zu starten rungsentwicklung im Auge zu behalten. Ein weiterer Rück- (siehe Grafik 1). Die Mitglieder des Entscheidungsgremiums gang des Erdölpreises könnte den Schwellenländerwährun- finden es des Weiteren für angemessen, die Leitzinsen über gen ebenso schaden wie ein starker Zinsanstieg in den USA die nächsten zweieinhalb Jahre nur schrittweise zu erhöhen. (wie 2013). Wir rechnen aber nicht damit, dass diese Szena- In Europa ist ein Leitzinsanstieg noch in weiter Ferne. Wir rien über die nächsten Monate eintreten. rechnen damit, dass die Europäische Zentralbank im Herbst Ausserdem haben sich die Leistungsbilanzen der ankündigt, dass sie ihre Anleihenkäufe zurückfahren wird Schwellenländer verbessert, und die Währungen sind ge- und möglicherweise einen Fahrplan bekanntgibt. Die Straf- messen an der Kaufkraftparität günstig bewertet. Zudem fung der Geldpolitik in Japan dürfte noch viel länger dauern. rechnen wir für die aufstrebenden Volkswirtschaften insge- In einem solchen Umfeld dürften die Renditen für Staats- samt mit einer leichten Konjunkturbeschleunigung bei sta- obligationen nur moderat ansteigen. Aus unserer Sicht sind biler Inflation. Alle drei Faktoren vermindern die Anfälligkeit deshalb vor allem die europäischen und japanischen Staats- der Währungen auf Schocks. papiere mit ihren immer noch äusserst niedrigen Renditen Wir halten deshalb in unseren Musterportfolios an einer für Anleger unattraktiv. Eine einigermassen erfreuliche Ren- leichten «Übergewichtung» von Schwellenländerobligatio- dite von rund 2.7 Prozent bieten im Bereich Staatsobligatio- nen in Lokalwährung fest (siehe auch Währungen, Seite nen lediglich US-Treasuries mit 30-jähriger Laufzeit. Wir ha- 17). Dies hat uns aber nicht davon abgehalten, im Segment ben in diesem Segment unsere Positionen denn auch Mitte Lokalwährungsanleihen Gewinne mitzunehmen und die Mai aufgestockt. Position leicht zu verringern. Grafik 1: US-Notenbank zeichnet den Weg zur Grafik 2: Renditen von Schwellenländeranleihen Verkürzung der Bilanz vor schlagen jene der Industrieländer deutlich In Milliarden US-Dollar Rendite in Prozent 5000 8 QE1 QE2 QE3 Tapering Voraussichtliche Verringerung Operation der Bilanzsumme 6 4000 Twist 3000 4 2000 2 0 1000 -2 0 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2010 2012 2014 2016 2018 2020 2022 «Emerging Markets»-Lokalwährungsanleihen: Von der US-Zentralbank gehaltene Wertschriften (Rendite des Anleihenindexes GBI-EM Diversified von JPMorgan) QE 1 bis 3 und «Operation Twist»: ausserordentliche US-Staatsanleihen (zehnjährige Laufzeit) (Liquiditäts-)Massnahmen Deutsche Staatsanleihen (zehnjährige Laufzeit) «Tapering»: Fed reduziert monatliche Anleihenkäufe Schweizerische Staatsanleihen (zehnjährige Laufzeit) Quelle: U.S. Federal Reserve, Thomson Reuters Datastream, Vontobel Asset Management Quelle: JP Morgan, Thomson Reuters Datastream, Vontobel Asset Management 14 Investors’ Outlook – Juli/August 2017
Aktien Niedrige Inflation als Kurstreiber für sogenannte defensive Aktien Andreas Nigg, CFA Leiter Equity & Commodity Strategy Wachsen die Gewinne der Unternehmen, ist dies in der verse Korrelation (siehe Grafik 1)? Hierzu muss man einen Regel gut für die Aktien. Doch es gibt auch andere Kurs- Blick auf die Finanzkennzahlen werfen. Defensive Unterneh- treiber. Jüngst haben insbesondere Aktien aus sogenann- men verfügen in der Regel über stabile und vorhersehbare ten defensiven Sektoren von einer niedrigen Inflation pro- Cashflows. Diskontiert man die künftig erwarteten Geldfüsse fitiert. Doch die Ruhe könnte trügen, die Volatilität wird ab, fällt deren Gegenwartswert umso höher aus, je niedriger kaum so tief bleiben. der Zins ist. Entsprechend hoch ist gegenwärtig das Kurs-Ge- winn-Verhältnis solcher Aktien. Ein höherer Wert wurde nur Eine anziehende Konjunktur und die Entwicklung der Unter- 1998 verzeichnet (siehe Grafik 2). Als Beispiel kann das Nah- nehmensgewinne gehen vielfach Hand in Hand. Insofern er- rungsmittelunternehmen Nestlé dienen, dessen Titel seit ge- staunt es nicht, dass das global wieder etwas robustere Wirt- raumer Zeit deutlich vom Tiefzinsumfeld profitieren. schaftswachstum die Aktien beflügelt, seit einiger Zeit auch in Europa. Einzig in den USA hinkt die Wirtschaftsentwick- Risiken in der zweiten Jahreshälfte lung den Erwartungen hinterher, was auch auf die zu opti- Eine Garantie auf weiterhin günstige Voraussetzungen für mistischen Annahmen der Ökonomen nach der Wahl von die Aktienbörsen gibt es natürlich nicht. Auf politischer Ebe- US- Präsident Donald Trump zurückzuführen ist. Die gute ne besteht Unsicherheit über den Ausgang der Parlaments- Performance gewisser zyklischer Sektoren und von soge- wahlen in Italien, die bis zum Mai 2018 durchgeführt wer- nannten Wachstumstitel aus dem Technologiesektor passen den müssen. Gewinnen euroskeptische Parteien, dürften gut ins Bild einer besseren globalen Wirtschaftsdynamik. europäische Aktienkurse unter Druck kommen. Des Weite- ren spielt der Ölpreis eine nicht zu unterschätzende Rolle. Ein Höherer Gegenwartswert künftiger Cashflows weiteres Abgleiten der Notierungen wäre möglicherweise Doch es ist nicht nur die Gewinndynamik, die die Aktienkurse für US-Energiefirmen ein Warnsignal. Kämen diese unter bestimmt. Für sogenannte defensive Unternehmen wie Nah- Druck, könnte dies auch den von ihnen genutzten Markt für rungsmittel und Pharmafirmen, deren Geschäftsverlauf Hochzinsanleihen belasten. Solche Turbulenzen könnten in kaum von der Wirtschaftsentwicklung abhängt, spielen Zin- der Folge auch auf die Aktienmärkte übergreifen, wie dies sen eine entscheidende Rolle. Tendieren diese nach unten – Anfang 2016 bereits einmal geschehen ist. Unabhängig da- angesichts des jüngsten unerwarteten Preisverfalls des Erdöls von entwickeln sich die Börsen im Herbst oft schwächer. Zu- ist dies gegenwärtig der Fall – werden solche Aktien aus An- dem ist die Investorenstimmung gegenwärtig (zu) positiv, legersicht in der Regel attraktiver. Weshalb besteht diese in- was die Gefahr von Rückschlägen erhöht. Grafik 1: Niedrige Zinsen beflügeln sogenannte Grafik 2: Aktien von «defensiven» Unternehmen defensive Sektoren sind teuer bewertet Relative Performance in Prozent Zins in Prozent Kurs-Gewinn Verhältnis (KGV) 2.6 1.0 30 1.5 28 2.4 2.0 26 2.2 2.5 24 2.0 3.0 22 3.5 20 1.8 4.0 18 1.6 4.5 16 1.4 5.0 14 5.5 12 1.2 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 10 87 89 91 93 95 99 01 03 05 07 09 11 13 15 17 Aktien von Nahrungsmittel- und Getränkeindustrieunternehmen verglichen mit dem MSCI-Welt-Index KGV von globalen Nahrungsmittel- und Getränkeindustrieaktien Zins zehnjähriger US-Staatsanleihen (rechte Skala, invertiert) Langfristiger Durchschnitt Quelle: Thomson Reuters Datastream, Vontobel Asset Management Quelle: Thomson Reuters Datastream, Vontobel Asset Management Investors’ Outlook – Juli/August 15
Rohstoffe Weshalb der Erdölpreis fällt und wo sich der Schlüssel zur Wende befindet Stefan Eppenberger, CFA Investment & Commodity Strategist Am «schwarzen Gold» hängt ein grosser Teil der Weltwirt- Kernproblem. Unseres Erachtens sollte das starke Konsum- schaft. Heftige Preisbewegungen, wie sie momentan zu be- wachstum dieses Jahr zwar das Produktionsplus übersteigen obachten sind, können deshalb globale Folgen haben. Ent- und die Ölbestände absenken. Im nächsten Jahr wird dieser gegen unseren Prognosen haben sich die Ölnotierungen Effekt allerdings ausbleiben (siehe Grafik 2). Zum einen ist nicht erholt. Grund hierfür sind die anhaltend hohen Lager- die Schieferölproduktion in den USA wieder angesprungen, bestände und die längerfristigen Entwicklungen bei Ange- zum anderen erhöht sich das Erdölangebot aus anderen erd- bot und Nachfrage. Angesichts der jüngsten Preisschwäche ölfördernden Regionen. Grund hierfür sind die bereits vor und der latenten Unsicherheit haben wir unsere «Überge- dem Einbruch der Ölpreise im Jahr 2014/2015 begonnenen wichtung» von Rohstoffen aufgegeben. Projekte in Staaten ausserhalb der Opec, die 2018 abge- schlossen werden (siehe Investors‘ Outlook vom Mai 2017). Der deutliche Rückgang der Notierungen unter das Niveau Mehr Öl wird primär in der Nordsee, in Kasachstan und in von 50 US-Dollar pro Fass ist umso erstaunlicher, als die gros- Brasilien gefördert werden. sen Fördernationen den Preis zu stabilisieren versuchen. Die Organisation erdölexportierender Länder (Opec) und Nicht- Wie wird die Opec auf den Preisverfall reagieren? Opec-Mitglieder wie Russland haben am 25. Mai beschlos- Die erhoffte Preisstabilisierung hängt massgeblich von der sen, bestehende Beschränkungen der Fördermengen zu ver- Reaktion der Opec ab. Möglich erscheint eine erneute Ver- längern. Allerdings ist diese Massnahme zur Preisstützung längerung oder eine Verschärfung der Produktionskürzun- gründlich misslungen. Bereits am Tag der Bekanntgabe fiel gen (siehe Investors‘ Outlook vom Juni 2017). Allerdings der Preis für ein Fass der Marke Brent um gut 3 US-Dollar. Im könnte die Opec ihre Taktik auch ändern und einen neuen Juni erfolgte dann ein noch stärkerer Preisverfall aufgrund «Angriff auf das US-Schieferöl» starten. Vor einiger Zeit hat- von Daten, die auf einen hartnäckig hohen Lagerbestand von ten die grossen Fördernationen bereits einmal versucht, über Erdöl und Benzin in der Vereinigten Staaten hinwiesen. Sofort Fördererhöhungen die Ölpreise so weit nach unten zu drü- kamen Sorgen auf, dass der Abbau der Öllager global ins cken, bis die US-Schieferölfirmen aus dem Markt gedrängt Stocken geraten könnte. Dies liess die Erdölpreise auf ein Ni- würden. Zwar ging die Rechnung damals nicht auf. Dennoch veau von bis zu 45 US-Dollar pro Fass sinken (siehe Grafik 1). besteht die Möglichkeit eines erneuten Preiskriegs, weshalb wir Rohstoffen gegenüber nur noch eine neutrale Haltung Nächstes Jahr wird mehr gefördert einnehmen. Gleichzeitig haben wir unser langfristiges Preis- Der stockende Abbau der Lagerbestände ist jedoch nicht das ziel für Erdöl auf 50 von 60 US-Dollar gesenkt. Grafik 1: Die Opec kämpft vorerst vergebens Grafik 2: Erdölangebot dürfte in den nächsten für einen höheren Ölpreis Quartalen kontinuierlich steigen In US-Dollar In Millionen Fass pro Tag 58 102 Opec-Beschluss über die Verlängerung von Ölförderkürzungen 56 100 54 nd Tre 52 98 Vontobel-Prognose 50 Trend 96 48 46 94 44 92 42 22.03.17 06.04.17 21.04.17 06.05.17 21.05.17 05.06.17 20.06.17 90 Dez 13 Dez 14 Dez 15 Dez 16 Dez 17 Dez 18 Preis der Erdölsorte Brent in US-Dollar pro Fass Preis der Erdölsorte WTI in US-Dollar pro Fass Jährliches globales Angebot an Rohöl Quelle: Energy Information Administration, Thomson Reuters Datastream, Quelle: Thomson Reuters Datastream, Vontobel Asset Management Vontobel Asset Management 16 Investors’ Outlook – Juli/August 2017
Währungen Mario Draghi treibt auch die schwedische Krone nach oben Dr. Sven Schubert Specialist Investment Strategy Currencies EZB-Chef Mario Draghi hat sich jüngst zuversichtlich hin- gen dürften, könnten aufwerten. Die Schweizerische Natio- sichtlich einer nachhaltigen Konjunkturerholung gezeigt. nalbank dürfte hingegen mit einer Normalisierung der Geld- Dies nährt die Hoffnung auf eine «normalere» Geldpolitik politik zuwarten, um der Frankenaufwertung die Spitze zu in der Eurozone – gute Nachrichten für den Euro und andere brechen. Wir sehen in den kommenden Monaten einen An- europäische Währungen wie die schwedische Krone. stieg des Euro auf ein Niveau von rund 1.11 Franken. Die wirtschaftlichen Fundamentaldaten in Schweden sind Britisches Pfund mit Potenzial, Risiken bleiben bestehen aus unserer Sicht intakt und die Sveriges Riksbank (Noten- Im Anschluss an das Wahldebakel der Konservativen Partei in bank) dürfte ihre extrem lockere Geldpolitik demnächst be- Grossbritannien ist Premierministerin Theresa May immerhin enden. Der erwartete Auftrieb für die schwedische Krone hat die Bildung einer Minderheitenregierung gelungen. Trotz der uns jüngst zu einer Aufstockung dieser Position veranlasst. bestehenden Unsicherheiten sind die Aussichten für eine Er- Fast zeitgleich haben wir die Bestände in norwegischen Kro- holung des britischen Pfunds intakt. So ist die Bewertung nen abgebaut. Dieser «Ölwährung» droht eine weitere Kor- günstig und das Leistungsbilanzdefizit des Landes hat sich rektur, da die Konjunktur mit einer Verzögerung auf den ge- stabilisiert. Ausserdem mehren sich die Stimmen innerhalb der genwärtigen Rückgang der Ölpreise reagieren dürfte. Bank of England, die eine Zinserhöhung befürworten. Falls die Die mögliche Kursänderung in Schweden steht in engem Brexit-Gespräche mit Brüssel einvernehmlich verlaufen, wäre Zusammenhang mit erwarteten Schritten der Europäischen dies jedoch der wichtigste positive Impuls für das Pfund. Zentralbank (EZB). Deren Präsident Mario Draghi hat sich auf dem Zentralbanktreffen im portugiesischen Sintra hin- Schwellenländerwährungen noch ohne «Ölsorgen» sichtlich der Konjunkturaussichten der Eurozone recht opti- Die Ölnotierungen sind für den gesamten Devisenmarkt re- mistisch gezeigt. Dies hat auch der schwedischen Krone ge- levant. Fiele das «schwarze Gold» unter die Marke von 40 holfen. Unsere Annahme, dass die EZB im September in Aus- US-Dollar pro Fass – was wir nicht glauben – wäre dies auch sicht stellt, ab Anfang 2018 die monatlichen Anleihenkäufe für Schwellenländerwährungen ein Alarmsignal. Momentan zu verringern, sehen wir bestätigt. Allein die Ankündigung bleiben deren Aussichten nach unserem Dafürhalten aber dürfte die Eurozonen-Renditen anheben und die Vorausset- günstig. Trotz einer möglichen Konjunkturverlangsamung in zung für eine nachhaltige Erholung des Euro schaffen (dies China in den kommenden Monaten gehen wir für 2017 von suggeriert auch Grafik 2). Auch die Währungen Polens, einer moderaten Erholung der Wirtschaft in den Schwellen- Tschechiens und Ungarns, deren Notenbanken der EZB fol- ländern aus. Grafik 1: Euro, Franken und schwedische Krone als Grafik 2: Wir sehen lediglich kurzfristig stärkste Währungen im Jahr 2017 Rückschlagpotential für den Euro Veränderung gegenüber Schweizer Franken in Prozent seit Jahresanfang US-Dollar per Euro 1.70 -5.1 US-Dollar 1.60 -3.4 Kanadischer Dollar 1.50 -3.1 Norwegische Krone 1.40 1.30 -1.8 Pfund Sterling 1.20 -1.3 Japanischer Yen 1.10 1.00 -0.9 Neuseeländ. Dollar 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 -0.5 Australischer Dollar Spotpreis Kurzfristiger «fairer» Wert -0.3 Schwedische Krone Prognose gemäss Modell 1.6 Euro Unser Finanzmarktmodell besteht aus Zinsdifferenzen, relativen Aktienpreisen, Risikoprämien der Eurozone und einem Volatilitätsmass. Quelle: Thomson Reuters Datastream, Vontobel Asset Management Quelle: Thomson Reuters Datastream, Vontobel Asset Management Investors’ Outlook – Juli/August 17
Anlagen im Fokus Zeit frisst Geld: Wie Sie Ihre Bareinlagen vor Wertverlust schützen können Lars Kalbreier, CFA Chief Investment Officer Private Banking Foto: IStockphoto Ein gangbarer Weg für Investoren: Spezielle Fonds, die eine möglichst sichere Anlage überschüssiger Barmittel und eine moderate Rendite anstreben. Seit Jahren laufen die Notenpressen der führenden Zentral- Seit einigen Jahren ist nicht Inflation das Problem, sondern banken heiss. Der damit verbundene Fall vieler Zinsen un- eher Deflation. In jüngster Zeit scheint sich bei den Preisen ter die Nulllinie hat für Anleger unangenehme Konsequen- jedoch da und dort ein Aufwärtstrend abzuzeichnen. Dass zen. Bargeld wird praktisch nicht mehr verzinst und unter Sorgen über deflationäre Tendenzen nun langsam in den dem Strich resultiert ein Wertverlust. Gleichzeitig steigt bei Hintergrund treten, lässt sich beispielsweise an der Straffung Anleihen das Zinsänderungsrisiko umso stärker, je kleiner der US-Geldpolitik absehen. Das Fed, die wichtigste das Schreckensszenario einer Deflation wird. Einen Ausweg Zentralbank der Welt, hat im Juni die Zinsen zum vierten Mal aus diesem Anlagenotstand können aus unserer Sicht aus- seit dem Ausbruch der Finanzkrise angehoben. Allerdings gewählte Fonds bieten. gehen Janet Yellen und ihre Kollegen äusserst behutsam vor, 18 Investors’ Outlook – Juli/August 2017
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