Kalibergbau und Aluminium-Recycling in der Region Hannover
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Kalibergbau und Aluminium-Recycling in der Region Hannover Eine Studie über Missstände und Verbesserungspotentiale Im Auftrag des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Kreisverband Hannover März 2004 ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Dr.habil. Ralf E. Krupp Flachsfeld 5 31303 Burgdorf (ralf.krupp@freenet.de)
Zusammenfassung dargestellt wird, sehen Umweltverbände darin eine verkappte Billigdeponie für Der Kalibergbau blickt in Deutschland auf Sondermüll, bei der abfallrechtliche Be- eine über 100-jährige Geschichte zurück, stimmungen unterlaufen werden. Bei ande- in der er nicht nur Wohlstand geschaffen, ren Salzschlackeaufbereitern werden Salz- sondern auch Altlasten und Schäden an der schlacken vollständig stofflich verwertet, Umwelt hinterlassen hat. Auf Werk Sig- indem die zurück gewonnenen Schmelz- mundshall bei Wunstorf-Bokeloh, nord- salze wieder als solche verwendet werden westlich von Hannover, begann die Kali- und die salzfreien Aluminiumoxide (das förderung im Jahr 1904 und hat heute ei- sogenannte „Oxiton“) hauptsächlich als nen Umfang von rund 3 Millionen Jahres- Korrekturstoff in der Zementindustrie ein- tonnen Rohsalz erreicht. Das Kaliwerk ist gesetzt werden. schon von weitem an seiner markanten Kalihalde zu erkennen. Seit einigen Jahren Als Ergebnis der vorliegenden Studie hat wird auf Sigmundshall neben dem Sylvinit sich gezeigt, dass die Höhe der Schadstoff- des Ronnenbergflözes auch das Hartsalz gehalte in den REKAL-Rückständen wie des Stassfurtflözes gewonnen, hauptsäch- auch in den Kraftwerksaschen und Rauch- lich wegen seines hohen Gehaltes an dem gasreinigungsrückständen einen Einbau auf Magnesiumsulfat Kieserit. Auch Kalisalze der Rückstandshalde im Sinne einer Ver- bestehen überwiegend aus Natriumchlorid wertung eindeutig verbietet. Die Schwer- („Steinsalz“), welches bei der Herstellung metallgehalte in den Feststoffen wie auch von Düngemitteln abgetrennt werden in den Eluaten überschreiten fast sämtliche muss. Die anfallenden Rückstände werden Grenzwerte der relevanten Regelwerke bislang zu riesigen Halden aufgetürmt. zum Teil um Größenordnungen. Die pH- Von der mittlerweile auf ca. 30 Millionen Werte der Eluate können von extrem ba- Tonnen angewachsenen Kalihalde Sig- sisch (12) bis extrem sauer (0,25) reichen. mundshall gehen erhebliche Umweltbelas- tungen aus, hauptsächlich in Form einer Analysen von Dioxin-, Furan-, und PCB- Versalzung des Grundwassers und der Gehalten sind zumindest öffentlich nicht Oberflächengewässer, besonders der Leine. verfügbar, jedoch ist bekannt, dass die Se- kundäraluminiumschmelzen, aus denen die Seit einigen Jahren werden auf Sigmunds- Salzschlacken stammen, zu den wichtigs- hall auch Salzschlacken aus dem Alumini- ten punktförmigen Dioxin-Emittenten zäh- umrecycling nach dem REKAL-Verfahren len, und dass zumindest die Filterstäube aufgearbeitet. Dabei wird lediglich das dieser Betriebe hoch dioxinhaltig sind. wertvollere Kaliumchlorid extrahiert und Über Dioxingehalte von Salzschlacken anfallendes Ammoniakgas zu Ammonium- liegen offiziellen Berichten der Regierun- sulfat verarbeitet. Die dabei anfallenden gen und der Europäischen Union zufolge Rückstände, die mehr als 80 % ausmachen, praktisch keine Informationen vor. Hinzu bestehen aus Salz (NaCl) und Aluminium- kommen große Unsicherheiten in der Beur- oxiden und sind mit Schwermetallen und teilung von Dioxin-Analysen, weil von den möglicherweise auch mit Dioxinen, Fura- vielen tausend möglichen Kongeneren nen und PCBs belastet. Diese Rückstände standardmäßig immer nur etwa 17 analy- werden nach Vermischung mit Kraft- tisch bestimmt werden, und dies nur an- werksaschen und Rauchgasreinigungsrück- hand von Stichproben im Abstand eines ständen über die eigentliche Kalihalde ge- Jahres. schüttet um diese „abzudecken“. Während diese Maßnahme offiziell als Verwertung Ein weiteres Problem besteht in der Frei- der REKAL-Rückstände und als Schritt zur setzung erheblicher Mengen teilweise Wiedernutzbarmachung der Haldenfläche hochgiftiger und explosibler Gase aus den 2
Salzschlacken und REKAL-Rückständen, mit Verlusten und Abfällen verbundenen insbesondere Ammoniak, Methan, Wasser- Recyclings zu verringern. stoff, Phosphin, Arsin und Cyanwas- serstoff. Abgesehen von der Schadstoffproblematik ist aber auch die Haldenabdeckung per se Trotz der bekannten Schwermetallbelas- wenig sinnvoll, weil sie ohne ökologischen tungen und der praktisch unbekannten Nutzen ist. Dem bergrechtlichen Gebot der Dioxinbelastungen der verarbeiteten Salz- Wiedernutzbarmachung von Haldenflä- schlacken werden die erzeugten Produkte chen kann durch eine Abdeckung und Be- (Kaliumchlorid, Ammoniumsulfat, Restlö- grünung nicht ernsthaft nachgekommen sungen) auf Sigmundshall zur Herstellung werden, da auf den sehr steilen, instabilen von Düngemitteln verwendet. Dadurch und schadstoffbelasteten Haldenflächen können Schadstoffe auch in die Nahrungs- keinerlei hochwertige Folgenutzung mög- kette gelangen. lich sein wird. Aufgrund der steilen Bö- schungen und der fehlenden Drainage- Aufgrund der nachgewiesenen Schwerme- schicht wird die abgedeckte Haldenober- tallbelastungen und der möglichen Dioxin-, fläche vermutlich schon nach wenigen Jah- Furan- und PCB-Belastungen sowie der ren durch Erosion, Salzauflösung und me- freigesetzten Gase muss ein umgehendes chanisches Versagen zerstört werden und Verbot der Ablagerung von REKAL- einer ständigen Nachsorge bedürfen. Daher Rückständen gefordert werden. Statt der wird die Kalihalde Sigmundshall weiter die umweltgefährdenden Deponierung sollte Gewässer versalzen und immer größere eine vollständige stoffliche Verwertung der Grundwasserkommen für Jahrtausende Salzschlacken vorgenommen werden, wie unbrauchbar machen. sie Stand der Technik ist und von anderen Firmen mit wirtschaftlichem Gewinn be- Eine deutlich bessere Lösung wäre die trieben wird. stoffliche Verwertung der Rückstandssalze aus der Kalisalzverarbeitung, wodurch die Für die Recyclingprodukte aus Salzschla- Kalihalden praktisch vollständig beseitigt cke, insbesondere die Aluminiumoxide werden könnten. Es gibt mittlerweile Ver- (Oxiton), müssen weitere Einsatzgebiete fahren, die eine Verwertung der Rück- erschlossen werden, weil die ständig wach- standssalze zu Industriesalz zu wirtschaft- senden Mengen allein von der Zementin- lich konkurrenzfähigen Kosten bei dustrie nicht mehr abgenommen werden gleichwertiger Qualität ermöglichen. Es ist können. Am sinnvollsten erscheint eine daher nicht zu akzeptieren, dass von ein Verwendung bei der Herstellung von Hüt- und derselben Firma Industriesalz (Siede- tenaluminium (Primäraluminium), wo- salz) weiter aus Primärlagerstätten produ- durch der Bergbau auf Bauxit und der hohe ziert wird, wodurch neue Umweltschäden Energieverbrauch und Anfall von Rot- entstehen, und andernorts gleichzeitig gi- schlamm im Bayer-Prozess vermeidbar gantische Altlasten in Form von verwertba- wären. Grundsätzlich sollte der Einsatz ren Kalihalden in die Landschaft gesetzt von Aluminium auf langlebige Produkte werden. beschränkt werden, um die Häufigkeit des 3
1. Einführung 1.1. Kalibergbau in Deutschland und in Niedersachsen 1.2. Werk Sigmundshall Entwicklung des Bergbaus REKAL-Anlage Entstehung und Erweiterung der Rückstandshalde 1.3. Sekundäraluminium-Industrie und Salzschlacke-Recycling 2. Produktionsabläufe, Stoffströme und Abfallströme 2.1. Förderung von Kali-Rohsalz und hergestellte Produkte 2.2. Aluminiummetallurgie und Salzschlacke-Recycling Aluminiumhütten zur Primärerzeugung von Aluminium Sekundäraluminium Salzschlacke-Recycling Beispiel ALSA Beispiel K+S (REKAL-Verfahren) Hergestellte Produkte 3. Abfälle und Umweltauswirkungen 3.1. Schutzgut Wasser Belastungen der Gewässer durch Salzeinträge Zusätzliche Gewässerbelastungen durch REKAL-Rückstände 3.2. Schutzgut Boden Schwermetalle Dioxine, Furane, PCBs und die Problematik ihres Nachweises 3.3. Luft Toxische Gase aus Salzschlacken Schwebstaub 3.4. Landschaft und Flächenverbrauch 4. Vermeidungs- und Verwertungspotentiale 4.1. Vollständiges Salzschlacke-Recycling 4.2. Vollständiges Kalihalden-Recycling 5. Schlußbemerkungen Quellen 4
1. Einführung Darstellung diese Aktivitäten als Recyc- ling- und Sanierungsmaßnahmen bezeich- Der Bergbau auf Kalisalze blickt in Nie- net. Auf Werk Sigmundshall (Abbildung dersachsen und in einigen anderen Bundes- 1) ist seit einigen Jahren eine Anlage zur ländern auf eine über 100-jährige Ge- Verwertung von Salzschlacken aus der schichte zurück. Im Laufe der Zeit sind zu Sekundäraluminiumschmelze hinzuge- der reinen Gewinnung von Kali- und kommen, deren Abfälle ebenfalls auf der Steinsalz auch andere industrielle Aktivitä- Kalihalde deponiert werden. All diese ten hinzugekommen. Dieses ist zum Bei- bergbaufremden Maßnahmen werden aber spiel die Nutzung von Abbauhohlräumen nicht durch die üblicherweise zuständigen unter Tage als Deponieraum für Sonder- Abfallbehörden, sondern durch die Berg- müll. Auch über Tage werden die Rück- behörden im Rahmen von Betriebsplänen standshalden der Kaliwerke zunehmend als genehmigt. Abfallrechtliche Bestimmun- Deponien für bergbaufremde Abfälle gen werden so unterlaufen. weiterbetrieben, auch wenn die offizielle Abbildung 1 –Werk Sigmundshall bei Wunstorf-Bokeloh. Rückstandshalden der Kaliwerke bestehen überwiegend aus recycelbarem Steinsalz. Diese Studie wurde unter anderem deshalb Entlastung der Umwelt von unnötigen initiiert, weil seit einigen Jahren auf der Schadstoffen und Salzfrachten. Viele Beo- Kalihalde des Werkes Sigmundshall in bachtungen und Schlussfolgerungen sind größeren Mengen schadstoffhaltige Salz- über den konkreten Fall Sigmundshall hin- schlackereste aus der Sekundäraluminium- aus auch auf andere Betriebe übertragbar. schmelze aufgebracht werden, was aus Sicht der Umweltverbände nicht hinnehm- 1.1 Kalibergbau in Deutschland und in bar ist. Zweck dieser Studie ist daher die Niedersachsen Untersuchung der Stoffkreisläufe und der Abfallprodukte der beiden Industriezweige Das erste Kalisalz wurde 1856 in Stassfurt (Kalibergbau und Aluminium-Recycling) (Sachsen-Anhalt) zutage gefördert. In Nie- mit Blick auf eine Technikfolgen- dersachsen begann der Bergbau auf Kali- Abschätzung, sowie die Entwicklung von und Steinsalz Ende des 19. Jahrhunderts konkreten Verbesserungsvorschlägen, ins- mit dem Abteufen zahlreicher Schächte (in besondere hinsichtlich eines schonenden Deutschland insgesamt ca. 280 !). Abbil- Umgangs mit Rohstoffen, einer Vermei- dung 2 vermittelt einen Überblick über die dung von Bergbau-Folgeschäden und einer deutschen Kali- und Steinsalzbergwerke. 5
Von den vielen einzelnen Unternehmens- Der großen Marktbereinigung nach der gründungen („Gewerkschaften“) sind im Wende fielen neben den meisten ostdeut- Laufe der Zeit die meisten durch Pleiten schen Betrieben auch die niedersächsi- oder Übernahmen verschwunden. Ein schen Bergwerke Niedersachsen-Riedel in Konzentrationsprozess setzte ein, aus dem Wathlingen/Hänigsen (1997) und Berg- größere Gesellschaften wie die Kali- mannssegen-Hugo in Lehrte/Sehnde Chemie, Salzdetfurth AG, Wintershall AG, (1994) zum Opfer, weil die neu hinzuge- Preussag AG und die Burbach-Kaliwerke, kommenen Lagerstätten in den neuen Bun- als neue Eigentümer hervorgingen. 1970 desländern (insbesondere Zielitz in Sach- fusionierten einige dieser Gesellschaften sen-Anhalt und Unterbreizbach in Thürin- zur Kali und Salz AG, die nach mehrfacher gen) aufgrund der sehr bedeutenden Vorrä- Umstrukturierung als einziger deutscher te, guter Gehalte und der flachen Lage- Konzern heute noch Kalibergbau betreibt. rung, die eine leichtere Gewinnung zulässt, wesentlich attraktiver sind und es seiner- Die letzte große Änderung der Besitzver- zeit große Überkapazitäten in der Kalipro- hältnisse fand nach der deutschen Wieder- duktion gab. Die meisten Bergwerke wur- vereinigung statt. 1993 entstand aus dem den also nicht wegen Erschöpfung der Zusammenschluss der Kali und Salz Betei- Vorräte aufgegeben, aber die darin ver- ligungs AG (51%) mit der Mitteldeutschen bliebenen Rohstoffreserven sind durch den Kali Aktiengesellschaft (49%), die seit aus volkswirtschaftlicher Sicht völlig plan- 1990 der BvS-Vorgängerin Treuhandan- losen Raubbau wohl für immer verloren. stalt gehörte, das Gemeinschaftsunterneh- Das Werk Sigmundshall in Wunstorf- men Kali und Salz GmbH. Damit der Ver- Bokeloh ist als einziges Kalibergwerk der trag zustande kam, zahlte damals die Bun- Region Hannover und Niedersachsens desrepublik Deutschland zusätzlich zu den noch in Betrieb. eingebrachten Sachwerten in Form der ostdeutschen Kalibergwerke (aufgeschlos- Als Rechtsnachfolgerin der übernommenen sene Lagerstätten, Reserven, Infrastruktur) Betriebe hat K+S auch, mit wenigen Aus- rund 1 Milliarde DM Bundesmittel in das nahmen, die Verantwortung für die Hinter- gemeinsame Unternehmen ein (Phosphorus lassenschaften des früheren Kalibergbaus & Potassium, 1995). Im Zeitraum 1993 bis übernommen (Rechtslage in neuen Bun- 1997 wurden durch das neue, nun halb- desländern z.T. unklar). Zu diesem Zweck staatliche Unternehmen in den gesamten wurde bei K+S eigens eine Abteilung ein- Umstrukturierungsprozess 1,261 Milliar- gerichtet, die sich mit der ordnungsgemä- den DM, und davon rund 800 Millionen in ßen Schließung der aufgegebenen Berg- den neuen Bundesländern investiert (RWI werke befasst. Ordnungsgemäß bedeutet 1998). Mit Wirkung zum 01.01.1998 hier, dass die Maßnahmen im Einklang mit (Grimmig, 1998) verkaufte dann der Bund den gesetzlichen Bestimmungen erfolgen seine zuvor für 1 Milliarde DM erworbe- und einer bergbehördlichen Genehmigung nen 49% Anteile an die Kali und Salz eines Abschluß-Betriebsplanes bedürfen. GmbH, für 250 Millionen DM (deren Wert Dazu gehört in der Regel die Flutung der vom Finanzhaus Goldman Sachs auf untertägigen Hohlräume und die Verfül- 400 Millionen DM geschätzt wurde). Da- lung und Sicherung der Schächte. Eine mit war die „Privatisierung“ der ostdeut- Beseitigung der Rückstandshalden der Ka- schen Kaliindustrie plus der 750 Mill. DM liwerke („Kalihalden“) wurde bislang in Steuergelder vollzogen. Somit sind heute keinem Fall angeordnet, obwohl diese alle Kalibergwerke in der Hand der K+S Salzhalden mit ihren Haldenabwässern Aktiengesellschaft mit Sitz in Kassel. enorme Umweltbelastungen darstellen und Hauptaktionär ist der Chemie-Multi BASF, neben der Versalzung der Flüsse als das der über die Guano Werke GmbH 49,5 % ökologische Hauptproblem des Kaliberg- der Aktien hält; der Rest ist Streubesitz. baus gelten dürfen. Das Bestreben der Ka- 6
liindustrie geht dahin, über die Genehmi- herum zu kommen. Langfristig bedeutet gung von Abschlussbetriebsplänen die dies, dass Folgekosten von der Öffentli- stillgelegten Bergwerke samt Kalihalden chen Hand oder von betroffenen Dritten aus der Bergaufsicht zu entlassen, in der aufzubringen sind. Hoffnung dann um Sanierungsarbeiten Abbildung 2 – Übersicht aller in Deutschland abgeteuften Kalischächte (mit Änderungen, nach Hofmann, 1972) 7
1.2 Werk Sigmundshall länder, 2002). Im Jahr 2000 waren 38 Mil- lionen Tonnen Hartsalz-Vorräte nachge- Entwicklung des Bergbaus wiesen. Durch die Mitgewinnung des Kie- serits wird der Bergbau auf Sigmundshall Das Kalibergwerk Sigmundshall der K+S für weitere 20 Jahre ermöglicht. Kali GmbH liegt beim Ort Bokeloh west- lich der Stadt Wunstorf. Die Lagerstätte Die Entscheidung den Bergbau auf das der ca. 250 Millionen Jahre alten Zech- kieseritreiche Hartsalz des Flözes Stassfurt stein-Salze ist durch die drei Schächte (von auszuweiten kam angeblich nur zustande, NW nach SE) Weser, Sigmundshall und weil durch einen Beschluss des Nieder- Kolenfeld erschlossen. Das Werk nahm sächsischen Landtags vom 5. Mai 1999 die 1904 die Produktion von Kalisalz auf und Verpflichtung zur Entrichtung des Förder- fördert heute jährlich ca. 3 Millionen Ton- zinses aufgehoben wurde, wodurch der nen Kalirohsalz und Kieserit (Siehe Tabel- Landeskasse 15 Millionen DM Einnahme- le 1) zu Tage. Der Betrieb hat ca. 800 Be- verluste entstehen (Niedersächsischer schäftigte, wovon etwa 410 im Grubenbe- Landtag, 1999; HAZ, 1999). Demgegen- trieb tätig sind. (EMC, 2003; Sessler und über verkündete Dr. Ralf Bethke, Vorsit- Holländer, 2002). zender des Vorstands der K+S Aktienge- sellschaft: „Positiv bewerten wir auch die Bis 2001 wurde auf Sigmundshall nur der Marktchancen für unseren ESTA-Kieserit. Sylvinit des Flözes Ronnenberg abgebaut, Der zunehmende Bedarf an Schwefel als der im Mittel ca. 17 % K2O (entspricht 25 Pflanzennährstoff in der Landwirtschaft % KCl) enthält. Seit 2001 wird nun auch eröffnet auch in Europa gute Nachfrage- das Hartsalz des Flözes Stassfurt gewon- chancen für diesen Spezialdünger. Durch nen, welches zwar einen geringeren K2O- den Bau unserer neuen Produktionsanlage Gehalt von 11,6 % aufweist und auch am Standort Sigmundshall haben wir uns schwieriger zu verarbeiten ist, aber zusätz- auf diese Entwicklung rechtzeitig und kos- lich 32,7 % des Magnesiumsulfates Kiese- tengünstig vorbereitet“ (K+S, 2001). rit enthält (Gerland, 2000; Sessler und Hol- Tabelle 1 - Einige wichtige Salzminerale und Salzgesteine Halit NaCl Sylvin KCl Kieserit MgSO4·H2O Anhydrit CaSO4 Gips CaSO4·2H2O Steinsalz Gestein aus Halit Sylvinit Gestein aus Sylvin + Halit Kieseritisches Hartsalz Gestein aus Sylvin + Halit + Kieserit REKAL-Anlage luminium). Diese Anlage hat eine Verar- beitungskapazität für 100 000 Tonnen Im Jahr 1995 ging auf Werk Sigmundshall Salzschlacke pro Jahr und ist von Anfang eine Anlage zur Aufbereitung von Salz- an praktisch ausgelastet. Mit Beginn des schlacke aus der Sekundäraluminium- Salzschlacke-Recyclings wurde auch mit Produktion, die sogenannte REKAL- der Ablagerung der REKAL-Rückstände Anlage, in Betrieb. (REKAL ist ein Acro- auf der Kali-Rückstandshalde Sigmunds- nym für Rezyklierung von Kalium und A- hall begonnen, die zunächst von der Berg- 8
behörde nur für einen Versuchszeitraum auch die Aufbringung einer Deckschicht von 5 Jahren genehmigt worden war. Diese aus REKAL-Rückstand dienen, der mit eigentlich völlig bergbaufremde Tätigkeit Rauchgasreinigungsrückständen und wird in Niedersachsen durch die Bergbe- Kraftwerksaschen vermischt wird, um eine hörden nach Bergrecht und nicht durch die Verfestigung durch zementähnliche Ab- Abfallbehörden nach Abfallrecht geneh- bindereaktionen zu erzielen. Aus Sicht der migt. Umweltschutzverbände hat der als „gefähr- licher Abfall“ eingestufte, schwermetall- haltige und möglicherweise dioxinbelastete Entstehung und Erweiterung der Rück- REKAL-Rückstand auf der Kalihalde standshalde nichts verloren. Die Rückstandshalde des Kaliwerkes wur- de mit dem Beginn der Rohsalzverarbei- 1.3 Sekundäraluminium-Industrie und tung angelegt, also Anfang des 20. Jahr- Salzschlacke-Recycling hunderts und ist seit dem zu ihrer heutigen Größe angewachsen (ca. 15 Mill. m³, 135 Zwischen der Sekundäraluminium- m Endhöhe über Terrain, derzeit etwa 0,36 Industrie und dem Werk Sigmundshall km² Basisfläche). Die Halde besteht aus bestehen Verbindungen, indem das im den Rückständen der Kalisalzverarbeitung, Aluminium-Recycling eingesetzte also im Wesentlichen aus Steinsalz, das Schmelzsalz von K+S unter den Marken- nach verschiedenen Verfahren von dem namen Montanal und Alasal hergestellt Kaliummineral Sylvin abgetrennt wird. Da und geliefert wird. Das verbrauchte nur ein Teil der anfallenden Rückstände als Schmelzsalz, also die Salzschlacke, wird Versatz in die ausgebeuteten Kaliabbaue von K+S zur teilweisen Verwertung zu- zurück gebracht werden kann, wird der rückgenommen, wofür die Firma in ihren Rest bisher auf Halde gelegt. Dies ge- Broschüren auch bei ausländischen Kun- schieht über Bandförderanlagen, die bis den ausdrücklich wirbt („Systemanbieter“). zum Haldenplateau hinaufreichen. Da die Durch die Deponierung der REKAL- genehmigte Haldenfläche in wenigen Jah- Rückstände auf der eigenen Kalihalde (de ren zugeschüttet sein wird, läuft zurzeit ein facto Sondermüll-Deponie) hat K+S einen Genehmigungsverfahren zur Haldenerwei- Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen terung um weitere 3,8 Millionen m³. Salzschlackeaufbereitern, die sich um eine vollständige stoffliche Verwertung bemü- Von der Halde werden Salzpartikel in die hen (Schneider und Wolf, 1998). Umgebung verweht, wo sie zu Korrosions- schäden an Metallgegenständen (Dachrin- nen, Autos, etc.) und Schäden an der Vege- tation führen. Durch Niederschlag entste- hen konzentrierte salzhaltige Haldenab- wässer, die teilweise versickern und das 2. Produktionsabläufe, Stoff- Grundwasser versalzen und teilweise zu- ströme und Abfallströme sammen mit Produktionsabwässern in die Leine eingeleitet werden. 2.1 Förderung von Kali-Rohsalz und Mit der Begründung, die Versickerungsrate hergestellte Produkte von Niederschlag auf der Halde vermin- dern zu wollen und die Haldenfläche wie- Abgebaut wird das Sylvinitlager (Flöz der nutzbar zu machen, verfolgt K+S ver- Ronnenberg) mit 2 bis 30 Meter Mächtig- schiedene Projekte zur Abdeckung und keit und durchschnittlichen K2O-Gehalten Begrünung der Halde. Diesem Zweck soll um 17 %, und seit 2001 das Hartsalzlager 9
(Flöz Stassfurt) mit 11,6 % K2O und daher auch zu einer Reduktion des jährli- 32,7% Kieserit. Die Tagesproduktion liegt chen Haldenbedarfs. heute bei 12 000 t Rohsalz. Die Förderung erfolgt über Schacht Sigmundshall Für den deutschen Kalibergbau insgesamt (Schachtkapazität 650 t/h) aus Tiefen zwi- wird angegeben, dass von dem geförderten schen 350 und 1400 Meter, wobei Gebirgs- Kali-Rohsalz 22 % zu einem verkaufsfähi- temperaturen von über 65 °C auftreten gen Produkt veredelt werden, 65 % als können. Für die Grubenbewetterung sorgt feste Rückstände und 13 % als flüssige ein Grubenlüfter mit einer installierten Abfälle (Endlaugen) anfallen. Von den Leistung von 1,2 Megawatt, der eine Wet- festen Rückständen werden 89 % auf Kali- termenge von 27 000 m3/min durch das halden abgelagert und 11 % als Versatz Grubengebäude befördert. Das entspricht eingebracht. Von den Salzlaugen werden einer Menge von 36 000 t Luft / Tag (also ca. 62 % im geologischen Untergrund ver- der 3-fachen Rohsalzförderung!), die außer presst (wovon ca. 10 % aber wieder auf- zur Wärmeabfuhr auch deshalb erforder- steigen) und 38 % direkt in Flüsse eingelei- lich ist, weil zahlreiche Dieselfahrzeuge im tet. Es wird geschätzt, dass die spezifi- Einsatz sind und weil die Explosions- schen Entsorgungskosten pro Tonne ver- schwaden aus den Abbauen entfernt wer- markteten Kalidüngers sich folgenderma- den müssen (TU Berlin, 1999). ßen darstellen (Symonds and COWI, 2001): Hartsalz und Sylvinit werden getrennt und alternierend gefördert und verarbeitet. Das • Ca. 0,25 – 0,30 € für Einleitung in sylvinitische Rohsalz wird in einem Heiß- Gewässer lösebetrieb und in einer Flotationsanlage • Ca. 1,00 – 1,20 € für Verpressung verarbeitet. Für das kieseritische Hartsalz in geologischen Formationen wurde 2001 eine elektrostatische Aufberei- • Ca. 1,00 – 1,20 € für Ablagerung tungsanlage (ESTA-Anlage) in Betrieb auf Kalihalden genommen. • Ca. 3,25 – 3,90 € für Versatz bei steiler Lagerung (Sigmundshall) Die Förderung sylvinitischer Rohsalze lag • Ca. 6,25 – 7,50 € für Versatz bei 1999 (vor Beginn der Hartsalzförderung) flacher Lagerung bei 2,9 Mill. t/a (NLfB, 2000), 2000 bei ca. 2,8 Mill. t/a (Gerland, 2000), so dass sich Die Gesamtförderung an Rohsalz betrug bei einem Sylvingehalt von 27 % jährlich bis 2001 ca. 90 Mill. Tonnen (Sessler und etwa 2,0 Mill. Tonnen Rückstand ergeben, Holländer, 2002). In dieser Zeit sind ca. 30 der aber nicht vollständig auf der Rück- Mill. Tonnen Rückstände aufgehaldet wor- standshalde deponiert wird, sondern zum den (Sussebach, 2002), so dass von einem Teil auch in den Versatz geht. Ab 2001 bisherigen Verhältnis von Förderung zu besteht die Förderung jeweils zur Hälfte Aufhaldung von 3:1 ausgegangen werden aus Hartsalz und aus Sylvinit (Gerland, kann. Wie aus einem Genehmigungsantrag 2000). Der Anfall von Rückständen aus der auf Haldenerweiterung hervorgeht, wird Sylvinitverarbeitung beläuft sich somit auf für einen Zeitraum von 15 Jahren ein zu- ca. 1,0 Mill. Tonnen pro Jahr. Beim Hart- sätzlicher Haldenbedarf für 3 800 000 m³ salz mit Kieseritgehalten von 32,7 % und veranschlagt, also etwa 250 000 m³/a oder Sylvinanteilen von 18,3 % ergibt sich ein rund 500 000 t/a. In diesem zusätzlichen Rückstandsanteil von 49 %, also rund Haldenvolumen sind die Ablagerungen 700 000 t/a. Der spezifische Anfall von von konditionierten REKAL Rückständen, Rückständen ist also bei Hartsalz deutlich die mit ca. 52 000 t/a (Wöhler, 1999) an- geringer als bei sylvinitischen Rohsalzen. gegeben werden, offenbar bereits enthal- Die Produktionsumstellung ab 2001 führt ten. Das beantragte Deponievolumen scheint plausibel, wenn man einen etwas 10
höheren Versetzungsgrad als in der Ver- fluss-Elektrolyse und der Aluminium- gangenheit annimmt. Sekundärschmelze zum Recycling von Aluminiumschrotten unterscheiden. Wäh- Aus den bergmännisch gewonnenen Roh- rend Primäraluminium sich durch eine salzen werden in der nachgeschalteten Ka- große Reinheit auszeichnet und daher uni- lifabrik Kalidünger verschiedener Qualitä- versell verwendbar ist, ist bei Sekundär- ten (KCl 99%, KCl 97%, 60er fein) mit aluminium ein mehr oder weniger großer einer K2O Menge von 330 000 t/a erzeugt. Anteil an „Verunreinigungen“ in Form In der neuen ESTA-Anlage wird ein Kiese- früherer Legierungsbestanteile enthalten. rit-Produkt hergestellt, das als Magnesium- Diese können zwar weitgehend entfernt sulfatdünger vermarktet wird (300 000 t/a). werden, was aber mit weiterem Einsatz Außerdem werden die Schmelzsalze Mon- von Energie und Rohstoffen und mit Ver- tanal und Alasal hergestellt, bei denen es lusten, sowie mit Abfällen und Emissionen sich um sylvinitisches Kalirohsalz handelt, verbunden ist. Primäraluminium wird be- das mit Flussspat und evtl. zusätzlich etwas vorzugt für Knetlegierungen für Walzwer- KCl vermahlen wird. Die Produktion be- ke und Strangpressen verwendet, während trägt ca. 120 000 t/a (Gerland, 2000). In Sekundäraluminium für Gießereiprodukte der REKAL-Anlage werden jährlich ca. zum Einsatz kommt (besonders Autoin- 90 000 t Salzschlacke verarbeitet. Dabei dustrie). fallen neben dem rückgewonnenen Kali- umchlorid auch Ammoniumsulfat, sowie phosphat- und sulfathaltige Lösungen an, Aluminiumhütten zur Primärerzeugung die in der Düngemittelherstellung (!) ver- von Aluminium wendet werden (Wöhler, 1999). Aluminiummetall wird primär durch Schmelzelektrolyse von Aluminiumoxid erzeugt. Um eine Tonne (1000 kg) Primä- 2.2 Aluminiummetallurgie und Salz- raluminium (synonym: Hüttenaluminium) schlacke-Recycling herzustellen werden etwa 2 Tonnen Alu- miniumoxid benötigt, die aus ca. 4 Tonnen Bei der Metallurgie des Aluminiums muss Bauxit (Siehe Tabelle 2) gewonnen wer- man zwischen der Primärerzeugung von den. Aluminium aus Bauxit durch Schmelz- Tabelle 2 - Einige wichtige Aluminiumphasen Böhmit γ-AlOOH Diaspor α-AlOOH Gibbsit (Hydrargillit) Al(OH)3 Korund Al2O3 Magnesiumspinell MgAl2O4 Kryolit Na3AlF6 Bauxit Gemenge aus verschiedenen Mineralen Das Aluminiumerz Bauxit (Beauxit; nach Al(OH)3 + NaOH = Na+ + [Al(OH)4]- dem Ort Les Beaux) wird nach Feinmah- “Bauxit” + Natronlauge = Na-aluminat lung im Bayer-Prozess mit Hilfe von Nat- ronlauge in Autoklaven bei ca. 143°C etwa Die Aluminiumträger (Gibbsit, Böhmit, 30 Minuten lang aufgeschlossen: Diaspor) werden dabei aus dem Bauxit heraus gelöst, während Silikate nur teil- weise zersetzt werden und Eisenoxide 11
praktisch ungelöst bleiben. Der unlösliche schlamm verbleiben, treten Alkaliverluste Rückstand (Rotschlamm) wird deponiert auf, die ersetzt werden müssen. (Abbildung 3). Das als Natriumaluminat gelöste Metall wird durch Abkühlung als reines Aluminiumhydroxid wieder ausge- fällt, abfiltriert und bei 1200 bis 1300 °C zu Oxid kalziniert (Energiebedarf ca. 3300 kJ/kg Al2O3 im Wirbelschichtofen (Ull- mann, 1976)). Wegen der Bildung von Natrium-Aluminium-Silikaten als uner- wünschten Nebenprodukten die im Rot- Abbildung 3 – Rotschlammdeponie der Vereinigten Aluminiumwerke, bei Stade. Größe mehr als 1 km² ! 12
Folgende Verbrauchszahlen für Rohstoffe der Aluminiumgewinnung muss dieses und Energie zur Herstellung von 1 t Al2O3 CO2 zu dem CO2 aus der Stromerzeugung werden genannt (Tabelle 3): hinzu addiert werden.) Bei der elektrolyti- schen Gewinnung von Primäraluminium Tabelle 3 - Verbrauchszahlen zur aus dem kalzinierten Aluminiumoxid wer- Herstellung von 1 t Al2O3 * den pro Tonne Metall durchschnittlich et- Parameter Typische Werte, kg/t Al2O3 wa 15 700 kWh elektrische Energie Bauxit 1970 - 2250 (14 000 kWh bei modernsten Anlagen) NaOH (50%) 33 - 160 benötigt und 1,5 Tonnen Kohlendioxid CaO 35 - 110 emittiert. Der kumulierte Primärenergiebe- Wasser 1000 - 6000 darf der Primäraluminiumgewinnung aus Energie GJ/t 8.0 - 13.5 Bauxit liegt jedoch wesentlich höher und *) EU (2000) betrug 1990 in der BRD 163.730 MJ je t unlegiertes Primäraluminium (Schucht, 1999). Der nächste Schritt ist die Schmelzfluss- Elektrolyse zur Herstellung des Metalls. Problematisch sind aber auch Emissionen Dabei wird das Aluminiumoxid in einer von flüchtigen Fluor-Verbindungen (1,1 kg Kryolit-Schmelze bei 900°C gelöst und Fluorid pro Tonne Aluminium; 0,5 kg bei zwischen einer Anode aus Petrolkoks und modernen Anlagen), darunter auch die Pech und einer Kathode aus Graphit bzw. Treibhausgase CF4 und C2F6, mit Treib- Stahl (Stahlwanne) auf elektrochemischem haus-Potentialen von 6500 bzw. 9200 be- Weg reduziert (Hall-Héroult Prozess): zogen auf CO2. Ca. 60 Prozent der anthro- pogen verursachten Fluorkohlenstoff- Anodenreaktion: Emissionen wurden 1995 der Primäralu- C + 2 O2- = CO2 + 4e- minium-Industrie zugeschrieben. Der An- Kathodenreaktion: teil von CF4 und C2F6 am anthropogenen Al+++ + 3 e- = Al Treibhauseffekt liegt insgesamt bei ca. 0,2 Prozent (GDA, 2003). Weitere Emissionen Wie man an der Anodenreaktion sieht, sind SO2 und PAKs bei der Herstellung der entsteht hierbei CO2 und die Anode wird Anoden. (Tabelle 4) verbraucht. (Bezüglich der Klimarelevanz der Stoffströme und der Schadstoffproduk- Tabelle 4 - Atmosphärische Schadstoff- tion kann einer Life Cycle Studie des In- emissionen pro Tonne Primäraluminium ternational Aluminium Institute (2003) CO2 > 1 500 kg entnommen werden, auf die hier verwiesen NOx, SO2, CO, VOC 173 kg wird. Fluor-Verbindungen 1,5 kg Auf der anderen Seite tragen Aluminium- Insgesamt betragen die atmosphärischen teile in Kraftfahrzeugen wegen der Ge- Schadstoffemissionen (ohne CO2) der wichtsersparnis auch zu geringerem Treib- Aluminium-Primärerzeugung etwa 204 stoffverbrauch und damit zur Vermeidung kg/t Aluminium, wovon 85% aus der von Treibhausgasemissionen bei. Aller- Verbrennung fossiler Brennstoffe für die dings muss ein PKW (nach Angaben der Tonerdeherstellung (Prozessenergien) und Aluminium-Industrie) erst einmal 60 000 zur Elektrolyse (Kohleverstromung) stam- km fahren, bis sich der erhöhte Energiein- men und vor allem aus Schwefel- und put zur Aluminiumherstellung (Primäralu- Stickoxiden, Staub, Kohlenmonoxid und minium) ökologisch amortisiert hat (GDA, Kohlenwasserstoffen bestehen (Schucht, 2002). Außerdem besteht bei den KFZ- 1999). Eine sehr detaillierte Untersuchung Herstellern die Tendenz, Einsparungen im
Verbrauch gleich wieder zunichte zu ma- ökologischen Nutzen durch Leichtmetall- chen, z.B. durch breite Reifen oder serien- teile unterm Strich nicht gesprochen wer- mäßige Klimaanlagen, so dass von einem den kann. Tabelle 5 - Primär- und Sekundär-Aluminium Produktion in Deutschland * Jahr 1991 2000 2001 2002 Hüttenaluminium (t) 690.000 644.000 652.000 653.000 Sekundäraluminium (t) 542.000 572.000 623.000 666.000 *) Quelle: Wirtschafts-Vereinigung Metalle: Metallstatistik 2001, 2002 Tabelle 6 - Primär- und Sekundär-Aluminium Produktion in Europa* (in Tausend Tonnen) 1997 1998 1999 2000 2001 Recyceltes Aluminium 1907,0 2149,6 2198,7 2362,3 2523,1 Hüttenaluminium 3042,7 3229,5 3338,3 3413,0 3482,5 *) Quelle : OEA (http://www.oea-alurecycling.org/d/eckdaten.html) Sekundäraluminium Herstellung verbundenen hohen CO2- Emissionen (Kyoto-Protokoll!) nicht zu Durch Einschmelzen von Alumini- Lasten der Bundesrepublik, sondern der umschrotten, aluminiumhaltiger Aufberei- Herstellerländer.) tungsprodukte (z.B. Grüner Punkt) und Aluminium-Krätzen wird "Sekundäralumi- In Deutschland gibt es derzeit ein gutes nium" hergestellt. Mittlerweile wird in Dutzend Betriebe, die Sekundäraluminium Deutschland bereits mehr Sekundäralumi- aus Alu-Schrotten herstellen (Tabelle 7). nium als Hüttenaluminium erzeugt, wäh- Durch Übernahmen und Umfirmierungen rend in der EU insgesamt noch der Primär- ist das Bild unübersichtlich. Ein weiteres aluminiumanteil überwiegt (Tabelle Problem besteht in der nicht immer mögli- 5 und 6). Insgesamt gingen im Jahre 1995 chen scharfen Trennung zwischen Um- in der Bundesrepublik Deutschland ca. schmelzwerken (remelters), die sortenreine 2.142.800 t Aluminium in die unterschied- Produktionsabfälle oft firmenintern um- lichen Anwendungsfelder (Hoberg, 1997), schmelzen, und Recyclingbetrieben (refi- wodurch Deutschland zum Nettoimporteur ners), die gemischte Schrotte der Abfall- für Aluminium wird. (Durch den Import wirtschaft (z.B. Grüner Punkt) stofflich von Primäraluminium fallen die mit seiner verwerten. 14
Tabelle 7 - Sekundäraluminium-Betriebe in Deutschland Firma Standort(e) Sekundäraluminium- Kapazität (t / a) * Aluminium Rheinfelden GmbH Rheinfelden > 25 000 Aluminiumschmelzwerk Oetinger Weißenhorn, Berlin 130 000 BAGR GmbH Berlin Gottschol Aluminium GmbH Ennepetal Honsel GmbH + Co. KG Meschede Karl Konzelmann GmbH Hannover, Neu-Ulm 120 000 (zusammen) BAS (2001): 59 000 Metallwerke Bender GmbH Krefeld Metallhüttenwerke Bruch GmbH Dortmund Metallwarenfabrik Stockach Stockach Trimet AG Essen, Harzgerode, Sömmerda 70 000 VAW-IMCO Guß und Recycling Grevenbroich, Töging Wuppermetall GmbH Wuppertal *) Kapazitätsangaben sind nur in Einzelfällen veröffentlicht Dass es sich bei Aluminiumschrotten um Energiebedarf für das Salzschlacke- wertvolle Sekundärrohstoffe handelt, Recycling enthalten, so dass im Vergleich macht ein Blick auf die Marktpreise deut- zu Primäraluminium der Energieverbrauch lich. Für Reinaluminiumdraht wurde im eher bei 12 % liegt (Schneider und Wolf, April 1997 bis zu 2.700 DM/Tonne be- 1998). Weiter muss hier berücksichtigt zahlt. Selbst schlechter einzuordnende werden, dass ca. 20 % des Aluminiumme- Schrotte wie Späne oder Gußschrott mit talls beim Recycling hauptsächlich in Form Verunreinigungen an Eisen erzielen noch von Aluminiumoxid „verloren“ gehen, die Marktpreise zwischen 1.400 und 1.650 durch Primäraluminium wieder ergänzt DM/Tonne. Gleichzeitig lag der Preis für werden müssen. Wenn also der Energiebe- Aluminium High Grade an der London darf pro Tonne Primäraluminium mit 100 Metal Exchange im Durchschnitt bei etwa Einheiten angesetzt wird, der für Sekun- 2.740 DM/Tonne (Hoberg, 1997). däraluminium mit 12 Einheiten, dann sind für eine gleich bleibende Aluminiummen- Im Vergleich zur Primärherstellung ist der ge von einer Tonne 0,8 t*12 Energieein- Energieeinsatz für Sekundäraluminium heiten plus 0,2 t*100 Energieeinheiten = deutlich geringer. Eine australische Abfall- 29,6 Energieeinheiten aufzuwenden. Die behörde versucht dies so deutlich zu ma- tatsächliche Energieeinsparung relativiert chen: sich also von 95 % auf maximal 70 %. Did you know ? By recycling one alumin- Bei der Sekundäraluminiumerzeugung ium can you are saving enough energy to werden 19.505 MJ Primärenergie pro t run your television for three hours unlegiertes Sekundäraluminium ver- (www.wastewise.wa.gov.au). braucht, wovon ca. 47% auf den Ein- schmelzvorgang im Trommelofen entfallen Nach Angaben der Industrie (EU, 2000) ist und 11% auf die Schmelzreinigung und der Energieaufwand für Sekundär- das Vergießen. Weitere 18% werden für Aluminium nur 5% des Energieaufwands die Schrottverarbeitung und Krätzeaufbe- zur Herstellung der gleichen Menge Pri- reitung benötigt und nochmals 18 % für die mär-Aluminium; es werden also 95 % Salzschlackeaufarbeitung. Auf den Trans- Energie eingespart. Allerdings ist in die- port entfallen knapp 6% des Energie- sem häufig zitierten Wert noch nicht der verbrauchs (Schucht, 1999). 15
Bevor Aluminiumschrott eingeschmolzen 4Al + 3O2 Æ 2Al2O3. werden kann, werden zunächst organische Verunreinigungen so weit wie möglich Beim Schmelzen und Gießen von Alumi- abgetrennt. Dies geschieht in der Regel nium an Luft bei Temperaturen von etwa durch einen vorgeschalteten Pyrolysepro- 800°C erfolgt die Metalloxidation noch zess und anschließendes Blankglühen. sehr viel schneller. Die dann entstehende "Krätze" (ein Gemisch von feinkörnigen Das Einschmelzen von gemischten und Oxidpartikeln und Metall) kann die Ober- verunreinigten Aluminiumschrotten erfolgt fläche der Schmelze cm-dick bedecken. praktisch ausschließlich in Drehtrommel- Der Metallgehalt von Krätzen kann im öfen mit Salzbad. Nachdem das „Schmelz- Bereich zwischen < 20 bis 78 % liegen. salz“ geschmolzen ist, wird der Alumini- umschrott nach und nach zugegeben und Zur Rückgewinnung von Aluminium wer- eingerührt. Die Salzschmelze schwimmt den Schrotte und Krätzen, teilweise auch als Schlackeschicht auf dem geschmolze- dioxinhaltige aluminiumreiche Flugaschen nen Metall und ist mehrere Dezimeter dick. der Sekundärschmelzbetriebe, in Dreh- trommelöfen unter einer Abdeckung aus Die eingesetzten Schmelzsalze sind Mi- Schmelzsalz eingeschmolzen, um die Oxi- schungen aus etwa 70 % NaCl, 28 % KCl dation des Metalls möglichst gering zu und 2 % (0 - 6%) CaF2 die unter Bezeich- halten. Gleichzeitig fungiert die Salz- nungen wie RESAL, ALASAL und schmelze als Flussmittel, das die Trennung MONTANAL im Handel sind. Sie binden der metallischen Schmelzphase von anhaf- die Oxide und andere Verunreinigungen zu tenden Verunreinigungen erleichtert. einer Salzschlacke mit einem Restanteil Schließlich nimmt die Salzschmelze Ver- von etwa 10 % Aluminium-Metall. Der unreinigungen auf, z.B. oxidierte Legie- Salzschlackenanfall pro Tonne produzier- rungsbestandteile wie Mg, Ca, Li, Cu, Zn, ten Sekundäraluminiums liegt nach Feige As, oder Verbrennungsrückstände von or- und Merker (2001) je nach Einsatzmaterial ganischen Anteilen (Farb- und Lackreste, zwischen 200 und 400 Kilogramm, kann Kunststoffbeschichtungen, Schneidöl, etc.) aber auch bis zu 700 Kilogramm erreichen. die in den Schrotten enthalten sind. Nach Schneider und Wolf (1998) sind es 400 bis 700 kg/Tonne Sekundäraluminium. Häufig ist auch eine Reinigung des ge- Diese Angaben decken sich mit Angaben schmolzenen Sekundär-Aluminiums von zum Bedarf an Schmelzsalz von ca. 300 Magnesium („De-Magging“) und anderen bis 500 kg pro Tonne Sekundäraluminium Legierungsmetallen erforderlich. Dazu (K+S, 2003; Umweltbundesamt Wien, wird in den meisten Fällen Chlorgas in die 1999). Die verunreinigte Salzschmelze Schmelze eingeleitet, wodurch die Legie- wird vom erschmolzenen Aluminium ge- rungsmetalle in die Chloride überführt trennt abgezogen und in großen Blöcken werden und sich mit der Salzschlacke ver- zu Salzschlacke erstarren lassen. (Die da- einigen. Auch hierbei treten „verborgene“ bei verloren gehende Wärmeenergie kann Energieverluste auf (Herstellung von abgeschätzt werden zu ca. 1,08 MJ/t.) Chlorgas und von Magnesiummetall, etc.). Aluminium kann durch Oxidation verhält- nismäßig leicht wieder zu Aluminiumoxid Zum Abfallaufkommen vergleiche Tabelle zurückverwandelt werden gemäß: 8. 16
Tabelle 8 - Abfälle der Sekundäraluminiumerzeugung *** Abfall bzw. Anfall Menge Behandlung Anmerkung zur Reststoff kg/t Al Behandlung Salzschlacke Schmelzen im 300-500 Aufarbeiten mit Deponieverbot Drehtrommelofen Löse-/ Kristallisa- tionsver-fahren, Gewinnung der Wertstoffe Al-Granulat, Mischsalz, NMP**) Filterstaub Abgasreinigung 10-35 Deponie mit vor- keine obertägige gelagerter Behand- Deponierung, 0,1-10 *) lung oder Unterta- gedeponie, teilw. thermische Be- gemeinsam mit handlung mög- Salzschlacke auf- lich gearbeitet, oder Einsatz in Stahlin- dustrie Ofenausbruch Schmelzofen ca. 2 teilweise gemein- keine obertägige sam mit Krätze Deponierung, aufgearbeitet, sonst Laugung + Herstellung von Deponie Ofenspritzmassen *) bei Einsatz des Closed Well Ofens **) Nicht metallische Produkte (Oxiton) ***) Quelle: Umweltbundesamt Wien (1999) Beispiel: Aluminiumwerke im Brinker Ha- fen, Hannover Ebenfalls im Brinker Hafen befindet sich die zur B.U.S. Berzelius Umwelt AG gehö- Im Brinker Hafen in Hannover ist die Fa. rende ALSA Aluminium-Salzschlacke Karl Konzelmann GmbH Metallschmelz- Aufbereitungs GmbH (ehemals Hansa) mit werke (früher BAS) angesiedelt, die auch 110 Beschäftigten. In diesem Werk wird ein Schwesterunternehmen in Neu-Ulm ähnlich wie bei K+S auf Sigmundshall betreibt und heute zu 100 % zur B.U.S. Salzschlacke recycelt, um daraus Reste Berzelius Umwelt AG gehört. Die beiden von Aluminiummetall, Aluminiumoxid Konzelmann-Werke in Hannover und (Oxiton; Serox) und Schmelzsalze zurück Neu-Ulm haben je eine Kapazität von zu gewinnen. Zusammen mit dem ALSA 70.000 Tonnen Aluminiummetall pro Jahr Schwesterbetrieb in Lünen (ehemals und beschäftigen 270 Angestellte (EMC, SEGL) produziert ALSA rund 170.000 2003). Die Produktion der beiden Werke Tonnen Oxiton pro Jahr (hazworld.com, zusammen beträgt ca. 120.000 t Al/a (ca. 2003) und hat damit beim Recycling von 1/4 Marktanteil der deutschen Sekundär- Salzschlacke einen Marktanteil von 44% in aluminium-Erzeugung) und begründete in Europa. Die Kapazität der ALSA-Anlagen 2001 einen Umsatz von ca. 175 Mill. € beträgt zusammen 250.000 Tonnen Salz- (B.U.S, 2001). schlacke pro Jahr (EMC, 2003) und ist voll 17
ausgelastet: 1999 249.000 Tonnen Durch- reste, die mit Ausnahme der feinsten Parti- satz (B.U.S. 1999). kel im Salzschlacke-Recycling zurück ge- wonnen werden können. Hierzu werden die erstarrten Blöcke aus Salzschlacke zu- Salzschlacke-Recycling nächst gebrochen und abgesiebt um Alu- minium-Granalien abzutrennen. Typische Salzschlacken (Tabelle 9) enthal- ten um 10% eingeschlossene Aluminium- Tabelle 9 - Typische Zusammensetzung von Salzschlacke * Inhaltsstoff Typischer Gehalt (%) Schwankungsbereich (%) Metallisches Aluminium 8 5-20 Wasserlösliche Salze 37 20-40 Unlösliche Bestandteile 55 45-75 PCDD/F 5 ng/kg ITEQ (?**)
Tabelle 10 - Salzschlacke-Recyclingbetriebe Firma/ Ka- Eingesetzter Abfall Input Produkte Output Quellen pazität (t/a) (t/a) ALSA Salzschlacke ~280 000 t „Serox“ (Oxiton) 170 000 (1-3) Werk Hannover Filterstäube Ammoniumsulfat (früher HAN- Krätzen Schmelzsalze SE) Kugelmühlenstaub Tiegel- Aluminium- > 7000 + auskleidungen + Granulat Werk Lünen Filterkuchen Gasreinigung + (früher SEGL) Schlämme Metallfällung K+S Salzschlacke 90 000 KCl 11 800 (5) Sigmundshall Montanal 120 000* 100 000 t/a Alasal 6 000* Al-Granulat 3 600 Ammoniumsulfat 2 600 Oxiton --- REKAL-Rückstand 74 000 Ur-Chemie Salzschlacke (1999) 28 000 Salze 18 011 (2) Bad Säckingen, Filterstäube ? Al-Granulat 6 155 Asperg, Dort- „Oxidur“ 9 608 mund 60 000 t/a Deutschland Salzschlacke 380 000 (4) insgesamt: *) aus primärer Produktion (1) hazworld.com (2) Landesumweltamt NRW (2001) (3) Feige & Merker (2001) (4) VDS (2000) (5) Wöhler (1999) werden musste (Eidgenössisches Departe- Zu den in Deutschland selbst anfallenden ment des Innern, 1997; Ständerat, 1997; Aluminium-Salzschlacken kommen Salz- The News, 1997). Diese Entsorgung er- schlackeimporte (Tabelle 11) aus anderen folgte über die Firma SEGL (jetzt ALSA) Ländern wie Österreich, Dänemark und in Lünen, indem das Oxiton dort zum sogar USA (Pfaderer, 2002; STENA Alu- größten Teil auf einer firmeneigenen De- minium A/S, 2002; Welbourne, 2001) hin- ponie auf Waltroper Stadtgebiet endgela- zu, die in Deutschland verwertet werden gert wurde. (sollen). Eine vermutlich einmalige Aus- nahmesituation war der Import von 33 000 Unter Bezug auf eine Quelle aus 1994 ge- Tonnen schwermetall- und dioxinhaltiger ben Krone und Rombach (1995) die euro- Salzschlacke aus Setubal in Portugal, die päischen Salzschlackeaufbereitungskapazi- dort illegal von der Schweizer Firma Re- täten mit 640 000 t/a an, während die an- fonda deponiert worden war und auf fallenden Salzschlacken im gleichen Jahr Betreiben der portugiesischen Regierung ca. 500 000 t/a ausmachten. auf Kosten (ca. 18 Mill. DM) Portugals und der Schweiz ordnungsgemäß entsorgt 19
Tabelle 11 – Bekannte Salzschlackeimporte nach Deutschland Ursprung Al-Kapazität (t/a) Salzschlacke-Exporte Quelle AMAG-ASA (AT) 35 000 20 000 t/a zur Salz- Pfaderer (2002) schlackeaufbereitung in Hübner et al. (2000) Deutschland und Norwe- gen STENA Aluminium 35 000 9819 t/a Salzschlacke STENA Aluminium Kolding (DK) nach Deutschland und A/S (2002) Norwegen ALCOA Pittsburg ? Abreagierte Salzschlacke Welbourne (2001) (USA) über Kanada an ALSA Beispiel ALSA: sondern zu einem geringeren Anteil sich auch mit dem Luft-Stickstoff verbindet: Die ALSA Aluminium-Salzschlacke Auf- bereitungs GmbH betreibt zwei zentrale 2 Al + N2 Æ 2 AlN Anlagen, eine in Lünen (NRW) und die andere in Hannover. Der Stoffinhalt der Diese Verbindungen sind bei Kontakt mit Salzschlacken wird dabei nach Aussage Feuchtigkeit instabil und können unter der Industrie komplett verwertet. Als Pro- Freisetzung von brennbaren und giftigen dukte entstehen: Gasen reagieren (Tabelle 12). Außerdem kommt durch die Nassaufbereitung das • Salzprodukt (RESAL-Schmelzsalz) mechanisch nicht abgetrennte, feinkörnige • Aluminium-Metallprodukt Rest-Aluminium mit Wasser in Kontakt • Oxidprodukt (Oxiton; „SEROX“) und reagiert dabei in dem stark korrosiven • Ammoniumsulfat. Milieu zu einem erheblichen Teil zu Alu- miniumhydroxid und Wasserstoff: Das ALSA-Verfahren erfolgt in folgenden Schritten: 2 Al + 6 H2O Æ 2 Al(OH)3 + 3 H2 - mechanische Zerkleinerung Das in größeren Mengen freigesetzte Am- - Metallabtrennung durch Klassierung moniak entsteht bei der Reaktion von - Auswaschen der Salzkomponenten mit Aluminiumnitrid und Wasser, wobei sich Wasser ebenfalls Aluminiumhydroxid bildet. Bei - Prozessgasreinigung und Gewinnung der intensiven Nassaufbereitung des von Ammoniumsulfat RESAL Prozesses (ALSA) wird das Alu- - Abfiltrieren der wasserunlöslichen miniumnitrid weitestgehend abreagiert. Oxide (SEROX) und - Auskristallisieren des gelösten AlN + 3 H2O Æ Al(OH)3 + NH3 Schmelzsalzes RESAL. Das Ammoniak wird in einer Gasreinigung Salzschlacken enthalten Verunreinigungen aufgefangen und zu Ammoniumsulfat- aus Oxiden, Carbiden, Nitriden, Sulfiden, Düngemittel umgewandelt. Ein Restanteil Phosphiden und Arseniden des Alumini- an Ammoniak verbleibt allerdings im Pro- ums und evtl. anderer Metalle. Das Alumi- zesswasser-Kreislauf gelöst. Das filter- niumnitrid beispielsweise stammt daher, feuchte Produkt, allgemein als "Oxiton" dass Aluminium beim Schmelzen an Luft bekannt, weist noch einen deutlichen Ge- nicht nur mit dem Luft-Sauerstoff reagiert, ruch nach Ammoniak auf. Bei einer Feuch- te von 30 - 35 % hat das Oxidprodukt eine 20
schlammige Konsistenz, mit einer schlech- Hinweise, dass außer den oben genannten ten Förder- und Dosierbarkeit. Zur Verbes- Gasen auch Cyanwasserstoff in geringen serung der Produktqualität wird bei ALSA Anteilen enthalten ist (Wöhler, 1999). eine Nachbehandlung durchgeführt, in de- ren Ergebnis sich die Restfeuchte auf < 25 Pro Tonne Salzschlacke entstehen ca. 10 % verringert. Dieses verbesserte Produkt, m³ (3,6 kg) dieser Gase (Tabelle 12), "SEROX" genannt, hat eine krümelige, hauptsächlich Wasserstoff, Methan und rieselfähige Konsistenz, mit nur noch ge- Ammoniak, die durch Absaugung in einem ringem Geruch nach Ammoniak. Wird Volumenstrom von 5000 m³/h Abluft auf SEROX vollständig getrocknet, verflüch- Konzentrationen unterhalb der Explosions- tigt sich der Ammoniak und damit ver- grenze verdünnt und ins Freie abgeleitet schwindet auch der Geruch. Weitere Gase, werden. Lediglich der Ammoniak wird die aus Carbiden (Al4C3), Phosphiden durch Wäsche mit Schwefelsäure (0,3 (AlP), Arseniden (AlAs) und Sulfiden m³/Tonne Salzschlacke) in Form von (Al2S3) des Aluminiums entstehen, sind Ammoniumsulfat gewonnen, das als Dün- Methan (CH4) und Phosphin (PH3), unter- gemittel (!!) verwertet wird. Die toxischen geordnet auch Arsenwasserstoff (AsH3) Spurengase werden durch Aktivkohlefilter und Schwefelwasserstoff (H2S). Es gibt zurück gehalten. Tabelle 12 - Zusammensetzung und Heizwert der entstehenden Gase, nach Krone und Rombach (1995) Gas Volumenanteil (Liter/m³) spez. Heizwert Heizwert (kJ/Liter) (MJ) H2 400 10,8 4,32 CH4 240 35,8 8,59 NH3 320 H2S 40 PH3 3 AsH3 ? HCN ? Der Energieinhalt der Gase, die bei einer Nach Krone und Rombach (1995) (unter Tonne Salzschlacke anfallen, beträgt also Berufung auf die Brinker Aluminium- 10·(4,32+8,59) MJ, also rund 129 Mega- schmelzwerke, BAS) stellte sich 1994 die Joule pro Tonne Salzschlacke. wirtschaftliche Situation der Salzschlacke- aufbereitung folgendermaßen dar: Zur Auflösung der Salzschlacke werden 12 bis 14 m³ Wasser benötigt, das allerdings • Die Aufbereitungskosten lagen bei 165 bei der Salzrückgewinnung in einem 5- DM/t stufigen Vakuumverdampfer wieder zu- • Das zurück gewonnene Aluminium rück in den Kreislauf geführt wird. Somit kann von den Salzschlackeerzeugern müssen im Wesentlichen nur Wasserver- abgenommen werden (Anm.d.Verf.: luste, die durch Restfeuchtigkeit in den Bei 8% Al-Metall und ca. 2000 DM/t Produkten ausgetragen werden, ergänzt Al erbringt dies ca. 160 DM/t) werden. Theoretisch ist somit eine prak- • Das wieder gewonnene Schmelzsalz tisch 100-prozentige Verwertung der Salz- wird ebenfalls für 135 DM/t an die Se- schlacke sichergestellt. kundärhütten verkauft. 21
Beispiel K+S (REKAL-Verfahren): tel für Phosphin, Arsin und Schwefelwas- serstoff eingesetzt. Der verbleibende Anteil Das REKAL-Verfahren (Wöhler, 1999; besteht dann noch aus Wasserstoff und Diekmann, 2002) wurde von K+S in An- Methan, die bei K+S zur Strom- und lehnung an das Heißlöseverfahren zur Ka- Dampferzeugung eingesetzt werden. Da lisalz-Aufbereitung entwickelt. Die me- nur der KCl-Anteil aus der Salzsschlacke chanische Zerkleinerung der Salzschlacke extrahiert wird, verbleibt ein großer Teil und die Abtrennung der Aluminiummetall- der gasbildenden Verbindungen im RE- Reste ist hingegen praktisch identisch mit KAL-Rückstand. Da das Material auch dem Verfahren bei ALSA. Der Unter- nach Durchlaufen des REKAL-Verfahrens schied besteht also im nasschemischen Teil noch hochreaktiv und chemisch instabil ist, und im Abfallaufkommen. findet eine vollständige Abreaktion unter Freisetzung der Gase erst auf der Kalihalde Beim REKAL-Verfahren der K+S wird der statt (Wöhler, 1999). lösliche Salzanteil der Salzschlacke nicht in Wasser komplett aufgelöst, sondern in Die bei der Gasreinigung anfallende phos- gesättigter, heißer Salzsole (NaCl-Lösung) phat-, (arsenat- ?) und sulfathaltige Lö- extrahiert. Durch Verwendung einer gesät- sung, sowie das Ammoniumsulfat, werden tigten NaCl-Lösung wird das in der Salz- zur Herstellung von Düngemitteln (!!) schlacke enthaltene NaCl nicht aufgelöst, verwendet. Auch das aus der Salzschlacke sondern nur das wertvollere KCl, das durch zurück gewonnene Kaliumchlorid wird anschließende Abkühlung der Salzlösung offenbar als Kalidünger (!!) verkauft und in reiner Form auskristallisiert und abge- nicht zur Herstellung von neuem Schmelz- trennt werden kann. Mehr als 80 % der salz eingesetzt (Schneider und Wolf, 1998; ursprünglichen Salzschlacke verbleiben so Scheer, 2001; Krone und Rombach, 1995). als Rückstand (Gemisch aus verunreinigten Die von K+S hergestellten Schmelzsalze Aluminiumoxiden und NaCl), der in dieser sind somit Primärprodukte aus frisch ge- Form nicht in den technischen Stoffkreis- wonnenen Salzen und keine Recyclingpro- lauf rückführbar ist. Bei K+S wird dieser dukte. (Zur Relevanz für die Schadstoff- Abfall nicht weiter stofflich getrennt, son- Kreisläufe, siehe unten.) dern als „Abdeckmaterial“ auf der Kalihal- de von Sigmundshall abgelagert. Nach Auffassung von K+S ist dies keine Besei- Hergestellte Produkte tigung sondern eine Verwertungsmaßnah- me. Bezogen auf die getrocknete Substanz hat Oxiton bzw. SEROX (Tabelle 13 und 14) Die bei der nassen Salzschlackebehand- eine chemische Zusammensetzung, die lung im REKAL-Prozess anfallenden Gase durch die Legierungsbestandteile des Alu- werden gereinigt und in Ammoniumsulfat, minium-Metalls (im wesentlichen Silizium Natriumphosphat (und Natriumarsenat ?) und Magnesium), sowie anhaftende Verun- und Natriumsulfat umgewandelt (Schnei- reinigungen, z.B. von Farblackierungen, der und Wolf, 1998). Vermutlich wird da- etc. bestimmt wird. zu Natriumhypochlorit als Oxidationsmit- 22
Sie können auch lesen