KINDERGARTEN-PROTEST S. 4 - KOMPETENZ-online
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Österreichische Post AG, MZ 02Z031731M, ÖGB-Verlag, Johann-Böhm-Pl. 1, 1020 Wien, Retouren an PF 100 1350 Wien 4 / 2021 MAGAZIN DER GEWERKSCHAFT GPA KINDERGARTEN- PROTEST S. 4 Ein Widerstandskämpfer im Porträt S. 20 7 Tipps für eine erfolgreiche Gehaltsverhandlung S. 24 GPA.AT | KOMPETENZ-ONLINE.AT 1
KOMPETENZ 4 / 2021 INHALT 4 8 20 COVERSTORY KOLLEKTIVVERTRAGSHERBST PORTRÄT Die Arbeitsbedingungen in Kindergärten Trotz schwieriger Rahmenbedingun- Freiheitskämpfer, Antifaschist, Kommu- und Horten sind für die Beschäftigten gen konnten wir im Handel und in der nist, Journalist, Gewerkschafter. Ernst nicht mehr zumutbar. Wir haben Betrof- Metallindustrie herzeigbare Ergebnisse Fettner wurde heuer 100 Jahre alt. Ein fene gefragt, woran es hapert. bei den Kollektivvertragsverhandlungen wahrer Held im Porträt. erkämpfen. 04 / 21 3 EDITORIAL 13 STRESS MACHT KRANK 22 WORTE REICHEN NICHT! Foto: Titelseite: Edgar Ketzer, Seite 4: Lucia Bauer, Seite 8: Daniel Gürtler, Seite 20: Nurith Wagner-Strauss Eine aktuelle Umfrage zeigt, dass Was es im Sozial-, Gesundheits-, 4 SCHLUSS MIT LUSTIG Stress und Arbeitsdruck stark Pflege- und (Elementar-) Warum die Beschäftigten in den zugenommen haben. Bildungsbereich jetzt braucht. Kindergärten jetzt auf die Straße gehen. 14 STRESS ERFOLGREICH 24 ERFOLGREICH GEHALT ABBAUEN VERHANDELN. 8 KOLLEKTIVVERTRAGSHERBST 9 Tipps für weniger Stress 7 Tipps, wie du dich gut auf eine Die Gehälter im Handel und der in der Arbeit Gehaltsverhandlung vorbereiten Metallindustrie steigen spürbar an. kannst. 15 FOTOGRAMM 10 BILDMELDUNG 26 ARBEITSRECHT Protest im Gesundheitsbereich 16 STEUERREFORM Wir erklären dir, wer haftet, wenn im Die Steuerreform im Job ein Schaden passiert. 11 ARBEITSLOSENGELD RAUF ArbeitnehmerInnencheck Der Politologe Emmerich Talos 28 DATENSCHUTZ über seine Gründe, das Volksbegeh- 18 KURZMELDUNGEN Eine Studie zeigt, wie Beschäftigte ren für ein höheres Arbeitslosengeld digital überwacht werden. zu unterstützen. 20 EIN KÄMPFER WIRD 100 Der Widerstandskämpfer, 30 GPA-WOHNBAUVEREINIGUNG Journalist und Gewerkschafter ALL EYES ON YOU! Ernst Fettner im Porträt "DAS WILDE LEBEN" am Goldberg 2
EDITORIAL MIT UNS IST ZU RECHNEN! ZUR PERSON: Zum Leidwesen von uns allen bestimmt im- Dass das Wiederanspringen der Wirtschaft Martin Panholzer ist mer noch das Coronavirus unseren Alltag. Die in diesem Jahr für die Beschäftigen zu einem Leiter der Abteilung notwendigen Maßnahmen haben neuerlich enormen Anstieg von Stress und Arbeitsdruck Öffentlichkeitsar- schwerwiegende Auswirkungen auf die Wirt- geführt hat, darauf haben wir in einer Aktions- beit in der GPA und Chefredakteur schaft und unsere Arbeitswelt. Eine Beschäftig- woche hingewiesen und das auch mit einer der KOMPETENZ. tengruppe, die schon vor der Pandemie enorm aktuellen IFES-Studie untermauert. Was wir in unter Druck stand, ist der Sozial-, Gesundheits- dieser Situation von ArbeitgeberInnen und Po- und Pflegebereich. Die Zustände dort sind litik erwarten und was du selbst tun kannst, um alarmierend, immer mehr Beschäftigte denken deinen Stress abzubauen, erfährst du in dieser daran, ihren Job an den Nagel zu hängen. Was Ausgabe ab Seite 13. die Betroffenen von der Politik erwarten, darü- ber berichten wir in dieser Ausgabe der KOM- In diesem alles andere als einfachen Herbst PETENZ ab Seite 22. verhandeln wir für hunderttausende Beschäf- tigte neue Kollektivverträge. Wir konnten trotz „Es reicht!“, das artikulierten auch die Beschäf- schwieriger Rahmenbedingungen herzeigba- tigten der privaten Wiener Kindergärten und re Ergebnisse erkämpfen. Mehr dazu findest du Horte bei einer öffentlichen Betriebsversamm- auf Seite 8. lung im Oktober für bessere Arbeitsbedingun- gen und mehr Ressourcen. „Die Zeit der braven Wir wünschen allen unseren Mitgliedern schö- Tanten ist vorbei, mit uns wird man auch in Zu- ne, erholsame Festtage und einen guten Jah- kunft rechnen müssen!“, hieß es auf der Ver- reswechsel. Gerade jetzt sollten alle erkennen, sammlung im Wiener Votivpark, die vorerst nur dass Solidarität nicht nur ein Schlagwort ist, Foto: Nurith Wagner-Strauss unterbrochen wurde. Was die Beschäftigten sondern konkrete Handlungen erfordert. jetzt von der Politik erwarten, verraten wir dir in unserer Coverstory ab Seite 4. MARTIN PANHOLZER 3
KOMPETENZ 4 / 2021 SCHLUSS MIT LUSTIG Mehr als 5.000 Beschäftigte aus Kindergärten und Horten hielten am 12. Oktober in Wien im Votivpark eine öffentliche Betriebsversammlung ab. Die Arbeitsbedingungen in Kindergärten sind für die Beschäftigten nicht mehr zumutbar. Diesen Herbst gingen nun tausende Betroffene auf die Straße. Foto: Lucia Bauer 4
COVERSTORY E s ist ein unerträgliches Maß erreicht“, sagt Ste- nInnen und BetreuerInnen sowohl der privaten als auch phanie Veigl. Sie ist in der GPA für die Beschäf- öffentlicher Kinderbildungseinrichtungen die Gruppen tigten in Kindergärten zuständig. PädagogIn- und gingen auf die Straße. Einmal laut zu sein, war das nen, AssistentInnen und BetreuerInnen würden seit Ziel, und dieses wurde erreicht. „Es war wichtig, dass Jahren auf ihre unzumutbaren Arbeitsbedingungen einmal im öffentlichen Raum sichtbar gemacht wurde, hinweisen. Doch es passiere nichts. Die Coronakrise welche Missstände es da gibt“, so Veigl. habe den Druck auf die österreichweit rund 63.000 Be- schäftigten – 73 Prozent von ihnen arbeiten für priva- „Ich kann gar nicht so schlecht arbeiten, wie ich bezahlt te Träger, 27 Prozent in Einrichtungen der öffentlichen werde“, hatte eine Protesteilnehmerin in Plakatform Hand – noch weiter erhöht. Wenn man mit PädagogIn- mitgebracht. Hier gilt es auf alle Fälle anzusetzen, be- nen und AssistentInnen spricht, weiß man auch warum: tont auch Veigl. Die Bezahlung müsse nicht nur besser, einerseits muss mehr auf Hygiene geachtet werden, es sondern österreichweit einheitlich werden. Derzeit gibt sind Türklinken, Tischflächen, Toiletten noch öfter als es diesbezüglich einen Fleckerlteppich zwischen Bun- sonst zu desinfizieren. Andererseits werden die Kinder desländern und Trägern. Das ist auch in Bezug auf die nun bereits an der Türe entgegengenommen. Nun zie- Rahmenbedingungen so, etwa die Gruppengrößen, der hen nicht mehr die Eltern ihre Kinder beim Bringen und Erwachsenen-Kind-Schlüssel oder die Abgeltung von Abholen an und aus, auch das muss nun vom Personal Vorbereitungszeit. Ein Bundesrahmengesetz und ein der Kindergärten und -gruppen übernommen werden. einheitlicher Kollektivvertrag wären hier Lösungsan- Mehr Beschäftigte gibt es aber nicht, im Gegenteil. » Wir wollen endlich die 1,2 Mil- liarden Euro sehen, die vor 4 Jah- ren schon paktiert waren« Barbara Teiber Der Druck ergibt sich nämlich nicht nur durch zusätz- liche Arbeit. MitarbeiterInnen fehlen an allen Ecken und Enden und jene, die in der Gruppe stehen, möchten ei- gentlich pädagogische Arbeit leisten. De facto schaffen sie es aber gerade einmal, die Kinder zu betreuen und GPA-Vorsitzende Barbara Teiber bei der Demo im Oktober dafür zu sorgen, dass sich niemand verletzt. GPA-Vorsit- zende Barbara Teiber ist es daher auch wichtig, darauf hinzuweisen: „Ein Kindergarten ist eine Bildungsein- sätze. Zur Anwendung kommen könnte etwa der bereits richtung und keine Betreuungseinrichtung.“ Viel zu oft existierende Kollektivvertrag der Sozialwirtschaft, der müssten Beschäftigte in Kindergärten hören, „ihr spielt aber noch nicht von allen Trägern angewandt werde. ja nur den ganzen Tag“. Dem sei aber nicht so. Insgesamt braucht es mehr Mittel der öffentlichen Hand Damit in den Kindergärten aber auch pädagogisch ge- für die Elementarpädagogik. „Wir wollen endlich die 1,2 arbeitet werden kann, braucht es mehr Personal und Milliarden sehen, die vor 4 Jahren schon paktiert wa- insgesamt bessere Rahmenbedingungen, wie Veigl ren“, fordert die GPA-Vorsitzende Barbara Teiber. Die betont. Zentral sind da die Gruppengröße und der Er- damalige SPÖ-ÖVP-Regierung hatte 2016 unter Kanz- wachsenen-Kind-Schlüssel. Die GPA tritt dafür ein, dass ler Christian Kern und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner künftig in eine Kindergartengruppe nur mehr 18 bis 20 einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung ab dem Mädchen und Buben gehen. Bei unter Dreijährigen soll- ersten Geburtstag für jedes Kind und mehr finanzielle ten es überhaupt nur acht bis zehn Kinder sein. Mittel für den Ausbau des Bereichs Elementarpädago- gik geplant. Kein Wunder, dass nicht nur die Beschäfi- Kinder würden hier die bestmögliche Förderung ver- tigten, sondern auch viele Eltern empört reagierten als dienen – und die Eltern müssten sich auf eine gute Be- im Zuge der Chat-Affäre bekannt wurde, dass Sebas- treuung verlassen können, sagt Veigl. Gleichzeitig müs- tian Kurz das hintertrieben hatte. Und warum? Er gönnte sen aber eben auch die Arbeitsbedingungen für die dem SPÖ-Kanzler diesen inhaltlichen Erfolg nicht. Politik Foto: Edgar Ketzer Beschäftigten passen. Lange haben sie gezögert, ihre also auf dem Rücken von Millionen Kindern, Eltern und Arbeit niederzulegen und darauf lautstark hinzuweisen. Beschäftigten. ● Diesen Herbst aber schlossen PädagogInnen, Assiste- ALEXIA WEISS 5
KOMPETENZ 4 / 2021 JASMIN BERGER, 37 Kinderbetreuerin in einer Kinderkrippe in der Steiermark „Ich arbeite in einer Gruppe mit derzeit elf Kindern von einem bis drei Jahren. Es gibt eine Päda- gogin und zwei Betreuerinnen. Manche Kinder können noch nicht gehen, fast alle müssen noch gewickelt werden. Wenn wir in den Garten gehen, stehe ich teilweise mit zwei Kinderwägen an der Rutsche oder Schaukel, um zu sichern. In diesem Alter braucht jedes Kind Hilfe. Mindestens eine Betreuerin ist dann immer mit einem Kind drinnen, um es zu wickeln oder umzuziehen. Das ist auch im Gruppenraum so – eigentlich wollen wir pädagogische Arbeit leisten, aber das ist meistens nicht möglich. An manchen Tagen ist man einfach nur froh, wenn man die Kinder wieder heil an ihre Eltern übergibt. Und gleichzeitig schieben einige Eltern immer mehr an Ver- antwortung an uns ab. Ein Beispiel: Eine Mutter gibt das Kind mit Schnuller in der Gruppe ab und sagt, nehmt ihm den Schnuller weg. Das sind aber Dinge, die zu Hause passieren müssen.“ SABRINA BRANDAUER, 25 Elementarpädagogin und Leiterin einer Kindertagesstätte in Kärnten „In der Kita arbeiten wir mit ein- bis dreijährigen Kindern. Theorie und Praxis zeigen, wie wichtig es ist, mit jungen Kindern bedürfnisorientiert zu arbeiten. Einst war die Kita eine Aufbewah- rungsanstalt, nun ist beziehungsweise soll sie ein Ort der Bildung, Entwicklung und des Wach- sens sein. Der aktuelle Betreuungsschlüssel und die Gruppengrößen ermöglichen es uns aber nicht, den Kindern gerecht zu werden. Eine Herausforderung bedeutet auch die gesellschaft- liche Veränderung. Kulturen treffen aufeinander, wodurch viele Kinder die deutsche Sprache nicht kennen und uns kaum verstehen können. Andere benötigen aufgrund von Beeinträchti- gungen oder Entwicklungsverzögerungen erhöhte Aufmerksamkeit. Ohne ärztliche Diagnose bekommt man kein zusätzliches Personal und unter drei Jahren wird selten eine solche Diag- nose gestellt. Wir müssen immer mehr bewältigen, ohne dass die Rahmenbedingungen – der Betreuungsschlüssel, die Gruppengröße oder die Bezahlung – verändert werden. Gleichzeitig müssen wir aber zu 100 Prozent belastbar sein. Unter dreijährige Kinder benötigen sehr viel Nähe und verstehen noch nicht, was es bedeutet kurz zu warten. ‚Wenn ich dich brauche, dann sofort!’ und dabei kommen mindestens fünf Kinder auf eine Person zugleich.“ Fotos unten: Lucia Bauer, Fotos oben: privat Mehr Geld, mehr Anerkennung und kleinere Gruppen waren die zentralen Forderungen der protestierenden PädagogInnen und AssistentInnen. 6
COVERSTORY BIANCA SCHATZ, 45 Mehr als zehn Jahre Assistentin in einem Kindergarten in Oberösterreich, heute Betriebsrätin „Wir haben ein Strukturproblem. Es fehlt an Personal und gleichzeitig sind zu viele Kinder in den Gruppen. Wenn KollegInnen krank werden, muss man immer kompensieren, es gibt kaum SpringerInnen. Dann steht man nicht selten alleine in der Gruppe. Ich habe mir dann immer den Platz im Gruppenraum gesucht, von dem aus ich alles überblicken kann. Gleichzeitig ist man nervös und hofft, dass jetzt kein Kind Hilfe beim Toilettengang braucht. Man kann ja dann die anderen Kinder nicht alleine lassen. Das ist eine absolute Stresssituation. Man möchte ei- gentlich Zeit haben für die Kinder, möchte zum Beispiel ein Buch vorlesen. Aber man ist nur hin- und hergerissen. Viele KollegInnen können daher nach einigen Jahren nicht mehr. Sie sind überfordert und völlig ausgebrannt.“ CHRISTINA BRUCKBAUER, 31 Elementarpädagogin und Krabbelstubenleiterin in Oberösterreich „Unser Haus ist klein, wir haben nur eine Krabbelstube mit zwölf Kindern. Wir sind insgesamt drei Personen, für meine Leitungstätigkeit stehen mir offiziell zwei Stunden in der Woche zur Verfügung. Das reicht natürlich nicht, ich nehme mir oft Arbeit mit nach Hause. Ich arbeite Voll- zeit, die zwei Helferinnen je 25 Stunden, wobei derzeit eine Helferin mit fünf Stunden mehr zur Pädagogin aufgestuft wurde. Die Gruppe ist aber von 6.30 Uhr bis 16.30 Uhr geöffnet, Freitag von 6.30 Uhr bis 15.00 Uhr. Um diese Zeiten abzudecken, ist vor allem zu den Randzeiten oft nur eine Person in der Gruppe. Wir brauchen grundsätzlich mehr Personal. Und gleichzeitig sehe ich auch als Leiterin den eklatanten Personalmangel. Viele steigen nach der Ausbildung in der BAFEP nicht mehr in den Beruf ein. Sie sehen, dass der Betreuungsschlüssel nicht passt, dass man immer mehr Kinder bekommt, das Gehalt nicht stimmt. Für uns bedeutet das, dass wir uns oft drei Mal überlegen, ob wir zum Beispiel mit den Kindern in den Garten gehen und sie in der Sandkiste gatschen und matschen lassen. Die Kinder lieben das und sie brauchen es, aber wenn man nur zu zweit ist, fehlen helfende Hände.“ icht ! Es re • Mehr Gehalt DIE GPA • Mehr Personal FORDERT: • Kleinere Gruppen • Besseren Erwachsenen-Kind-Schlüssel • Bezahlte Vor- und Nachbereitungszeit • Einheitliche Arbeitsbedingungen in ganz Österreich • Ein Entlohnungssystem für Beschäftigte in allen Bundesländern • Ausreichend Finanzierung • Österreichweit einheitliche Ausbildung für AssistentInnen Fotos: privat 7
KOMPETENZ 4 / 2021 ZWISCHEN KRISE UND ZUKUNFT Die Kollektivvertragsab- schlüsse in diesem Herbst wurden erst nach zähen Verhandlungen und Kampf- maßnahmen möglich. Speziell beim Handel saß auch die Pandemie mit am Verhandlungstisch. Die Gewerkschaft GPA verhandelt jeden Herbst Kollektivverträge für etwa 700.000 Beschäftigte in ganz Österreich. Neben dem Metallerkollektivvertrag, der nach wie vor eine Art Leitfunktion hat, ist der Handelskollektivvertrag für fast eine hal- be Million Beschäftigte überhaupt der größte Kollektivvertrag im Land. In der Metallindustrie verhandelt die GPA gemeinsam mit der Produktionsgewerk- schaft Pro-GE für etwa 190.000 Beschäf- Bei den Metaller-Warnstreiks wurde die Triesterstraße, eine Hauptverkehrsstraße in Wien, blockiert. tigte. Schon zum zehnten Mal in Folge ist es den Gewerkschaften gelungen, trotz der Auflösung der Verhandlungsge- tigte bekundeten im Vorfeld der Ver- der Kampfbereitschaft der Kolleginnen meinschaft der ArbeitgeberInnen, einen handlungen ihre Unterstützung für die und Kollegen in den Betrieben und ein einheitlichen Kollektivvertrag der Metall- gewerkschaftlichen Forderungen auf starkes Lebenszeichen gewerkschaftli- industrie, der Bergwerke und eisener- der Online-Plattform dubistgewerk- cher Solidarität“, so der Verhandlungs- zeugenden Industrie sowie der Gas- und schaft.at. führer der Gewerkschaft GPA, Karl Dürt- Wärmeversorgungsunternehmen zu er- scher. reichen. PLUS 3,55 PROZENT GROSSE UNTERSCHIEDE IM HANDEL KRÄFTIGES LEBENSZEICHEN Alle Beschäftigten in der Metallindustrie, der Bergwerke und eisenerzeugenden Konnte man in der Metallbranche von Vorangegangen sind dem Ergebnis sehr Industrie sowie der Gas- und Wärme- einer Überwindung der Krise reden, so langwierige und schwierige Verhandlun- versorgungsunternehmen erhalten 3,55 stellte sich die Situation im Handel ganz gen, die in Warnstreiks Anfang Novem- Prozent mehr Lohn und Gehalt. Die Lehr- anders dar. Zum einen gibt es Bereiche, ber gipfelten. Die Lohn- und Gehalts- lingseinkommen werden mit bis zu 6,74 wie den Lebensmittelhandel, die auch erhöhung im Coronajahr 2020 endeten Prozent noch weitaus stärker erhöht.Der in der Pandemie kräftig verdienten, zum nach einer Runde mit der Abgeltung Abschluss bedeutet angesichts der für anderen kämpfen etwa der Textil- und der Inflationsrate. Nachdem die Metall- die Kollektivvertragsverhandlung rele- der Schuhhandel nach wie vor mit den Foto: Daniel Gürtler branche im vergangenen Jahr wieder vanten durchschnittlichen Inflation der negativen Folgen der Pandemie. Diesen hervorragende Gewinne schrieb, war letzten 12 Monate von 1,9 Prozent einen Unterschieden galt es Rechnung zu tra- die Erwartungshaltung zu Recht groß. kräftigen Reallohnzuwachs. „Der Ab- gen, wollte man einen einheitlichen Kol- Tausende BetriebsrätInnen und Beschäf- schluss war auch ein großartiger Beweis lektivvertrag weiterentwickeln. Mit dem 8
KOLLEKTIVVERTRAG Abschluss in der vierten Runde am 24. allem Frauen im Lebensmittelhandel. gungen in hunderten Handelsbetrieben November ist dies gelungen. Das Recht der Beschäftigten ihre Teilzeit Betriebsversammlungen stattgefunden aufzustocken, dürfen künftig die betrieb- haben“, so der Verhandlerin der GPA, HÖHERES EINSTIEGSGEHALT UND lichen Sozialpartner regeln. Anita Palkovich. NACHTZUSCHLÄGE 2,8 PROZENT PLUS FÜR LEHRLINGE „Mit den Abschlüssen haben wir ge- Von der Anhebung der Einstiegsgehäl- zeigt, dass sich die Beschäftigten auch ter auf 1.800 Euro profitieren etwa ein Die Lehrlingseinkommen steigen um in schwierigen Zeiten auf die Gewerk- Drittel der Handelsangestellten. Sie er- durchschnittlich 2,8 Prozent plus Digita- schaftsbewegung verlassen können. Es halten eine Gehaltserhöhung von 3,45 lisierungsbonus von 100 Euro für techni- war eine Kombination aus Verantwor- Prozent. Die restlichen Beschäftigten sches Equipment. Voraussetzung ist, dass tungsbewusstsein und Entschlossenheit, erhalten 2,55 Prozent, was immer noch die Hard- bzw. Software bei österreichi- die unsere Stärke ausmacht. Jetzt hoffen deutlich über der zugrundeliegenden schen Händlern gekauft wird. wir, dass wir nach der Pandemie nicht Inflationsrate von 2,1 Prozent liegt. Der mehr über Kurzarbeit und Krisenmaß- Durchschnitt ergibt 2,8 Prozent. Gleich- „Mit dem Abschluss haben wir unsere nahmen, sondern wieder über die öko- zeitig konnten auch Ungerechtigkeiten Ziele weitgehend erreicht. Es ist eine Mi- nomische Basis für ein besseres Leben in beseitigt werden. Ab 1. Jänner 2022 gibt schung aus Zukunfts- und Krisendeal ge- einer hoch entwickelten Wirtschaft reden es endlich auch im Handel einen Nacht- worden. Der neuerliche Lockdown Ende können“, so der Bundesgeschäftsführer zuschlag von 50 Prozent für diese belas- November hat es für uns nicht leichter der Gewerkschaft GPA, Karl Dürtscher. ● tende Arbeit - so wie in anderen Bran- gemacht. Umso erfreulicher ist es, dass chen auch. Profitieren werden davon vor trotz dieser schwierigen Rahmenbedin- MARTIN PANHOLZER DIE ABSCHLÜSSE IM DETAIL: KOLLEKTIVVERTRAGS- KOLLEKTIVVERTRAGS- ABSCHLUSS ABSCHLUSS HANDEL METALL ● Einstiegsgehälter steigen auf 1.800 Euro: ● IST-Löhne und -Gehälter steigen um 3,55 Prozent. Das bedeutet ein Plus von 3,45 Prozent für ein ● KV-Löhne und -Gehälter steigen um 3 Prozent. Drittel aller Beschäftigten. ● Mindestlohn/Mindestgrundgehalt neu: ● Alle anderen erhalten 2,55 Prozent mehr. 2.089,87 Euro (für die Gas/Wärme: 2.141,23 Euro) ● Ab 1. Jänner 2022 gilt ein Nachtzuschlag von ● Erhöhung der kollektivvertraglichen Zulagen um 50 Prozent, wie in anderen Branchen. 3 Prozent, innerbetriebliche, im Kollektivvertrag ● Die Lehrlingseinkommen steigen um genannte Zulagen, werden um 3,55 Prozent erhöht. durchschnittlich 2,8 Prozent ● Aufwandsentschädigungen steigen um 2,5 Prozent. Digitalisierungsbonus von 100 Euro. ● Lehrlingseinkommen steigen um 6,74 Prozent im ● Möglichkeit der Stundenaufstockung bei 1. Lehrjahr, um 4,27 Prozent im 2. Lehrjahr, um 5,61 regelmäßiger Mehrarbeit per Betriebsvereinbarung Prozent im 3. Lehrjahr und um 5,63 Prozent im ● Geltungstermin: ab 1. Jänner 2022 4. Lehrjahr. ● Geltungstermin: ab 1. November 2021 9
PFLEGEPROTEST Tausenden Auszubildenden und Beschäftigten aus dem Gesundheitsbereich reicht es. Sie demonstrierten am 9. November 2021 für bessere Arbeits- und Ausbildungsbedingungen in der Pflege und Betreuung. PFLEGEAUSBILDUNG MUSS BEZAHLT WERDEN. Alle reden vom Pflegekollaps, aber die Regierung tut nichts um den Pflegeberuf attraktiver zu machen. Was für PolizistInnen oder LokführerInnen Normalität ist, bleibt in der Pflege bisher nur ein Wunschtraum: eine bezahlte Ausbildung. Ohne finanzielle Unterstützung durch Eltern sei es kaum möglich die Ausbildung zu machen, erzählen die jungen Menschen auf der Demonstration. QuereinsteigerInnen seien gezwungen wieder zu den Eltern zu ziehen oder am Wochenende zusätzlich zu jobben. Viele halten das nicht durch und brechen ihr Studium ab, weil Geld fehlt. Und das alles, während uns die Pflegekräfte ausgehen. Foto: Christian Hofmann Den Auszubildenden und den Beschäftigten im Gesundheitsbreich reicht es jetzt. Mehr als 4.000 Menschen gingen am 9. November 2021 auf die Straße um für eine österreichweite Ausbildungsoffensive, eine sofortige Pflegereform und für die sofortige Auszahlung des Covid-Bonus zu demonstrieren. ● 10
INTERVIEW „ARBEITSLOSENGELD RAUF“ Die Initiative „Arbeitslosengeld rauf!“ will für ihr Volksbegehren mindestens 100.000 Unterstützungserklärungen sammeln. Im Interview erklärt Mitinitia- tor Emmerich Tálos, wieso das Thema Arbeitslosigkeit uns alle etwas angeht. KOMPETENZ: Warum will die Regierung gerade Mit Sicherheit nicht! Mit einem degressiven Modell jetzt den Druck auf Arbeitslose erhöhen? wird erstens der Druck auf die Betroffenen enorm er- EMMERICH TÁLOS: Die Pandemie hat uns gezeigt, höht und zweitens das Leistungsniveau für einen Teil dass es auch in Österreich unter bestimmten Bedin- der Arbeitslosen gekürzt. Das heißt, die Problematik, gungen eine Massenarbeitslosigkeit geben kann. die wir heute haben, würde nur noch verschärft. Mit Vor eineinhalb Jahren waren es mehr als 500.000 Er- einer im internationalen Vergleich sehr niedrigen werbslose. Es ist erfreulich, dass aktuell die Zahl der Nettoersatzrate von 55 Prozent steht für viele erwerbs- Arbeitslosen sinkt, aber ich finde es ungeheuerlich, arbeitslose Menschen das Problem der Verarmung bei einem Stand von ca. 340.000 Betroffenen davon zu unmittelbar vor der Tür. Wenn Arbeitsminister Martin reden, dass das Problem schon weitgehend gelöst ist. Kocher davon ausgeht, dass ein degressives Arbeits- Es sinkt zwar die Arbeitslosigkeit insgesamt, aber die losengeldmodell einen höheren Arbeitsanreiz biete, Foto: Nurith Wagner-Strauss Zahl der Langzeitarbeitslosen kaum. wird dabei eine Frage vergessen: warum sind die- se Stellen offen? Wenn ich furchtbare Arbeitsbedin- Die Regierung plant, dass Arbeitslosenbezüge mit gungen anbiete, dann läuft das nicht. Warum sollen der Dauer der Arbeitslosigkeit sinken sollen, ein so- sich Menschen solchen Bedingungen unterwerfen? genanntes degressives Arbeitslosengeld. Könnte Mit einem degressiven Modell werden nicht mehr das ein ein wirksames Mittel sein? Arbeitsplätze geschaffen, nicht offene Stellen besetzt, 11
KOMPETENZ 4 / 2021 sondern es wird der Druck auf die Arbeitslosen er- sich das Parlament damit befassen muss. Das schafft höht, weniger gute Arbeitsplätze zu akzeptieren. auch Öffentlichkeit. Damit könnten wir deutlich ma- Und zugleich wird für einen Teil der Erwerbslosen die chen, dass das Anliegen für die materielle Verbesse- materielle Sicherung noch prekärer als sie schon jetzt rung von Arbeitslosen von vielen geteilt wird. Je mehr ist. Unterstützung wir haben, desto mehr Druck können wir auf politisch Verantwortliche ausüben. Ohne die- Was bedeutet das konkret? sen Druck wird‘s nicht laufen! Ein Beispiel: Viele Frauen verdienen in Teilzeit kaum mehr als 800 Euro. Schon mit einer Nettoersatz- Wieso solidarisieren Sie sich persönlich, als emeri- rate von 55 Prozent reicht das nicht zum Überleben. tierter Professor, eigentlich mit Arbeitslosen? Da ist Eine Untersuchung des Momentum Instituts hat ge- doch eine beträchtliche sozioökonomische Distanz zeigt, dass 9 von 10 befragten Arbeitslosen von Ver- vorhanden ... armung bedroht sind. Wenn die Nettoersatzrate noch In sozialer und ökonomischer Hinsicht gibt es diese weiter abgesenkt wird, erhöht sich damit das Armuts- Distanz zweifellos. Aber ich habe mein Wissenschaft- risiko. erleben zu einem großen Teil der sozialen Entwicklung und dem Sozialstaat gewidmet. Von daher ist es für Mit dem Volksbegehren „Arbeitslosengeld rauf!“ mich eine Selbstverständlichkeit, mich auch mit Ar- möchten Sie genau an dieser Situation etwas än- beitslosigkeit und Arbeitslosen zu befassen. In diesem dern. Was sind Ihre Forderungen? Zusammenhang sind AktivistInnen an mich herange- Mit der Pandemie gingen eine Reihe von Problemen treten, ob ich bei einem Volksbegehren mitmachen einher, nicht nur wirtschaftliche, auch soziale Proble- möchte. Und das mache ich sehr gerne, da ich damit me wie die enorm gestiegene Erwerbslosigkeit, das er- meine wissenschaftliche Arbeit auch politisch umset- höhte Risiko der Verarmung. In unserem Volksbegeh- zen kann. Das ist das Gute am Status eines Menschen ren steht die Verbesserung der materiellen Situation im formellen Ruhestand: ich kann mir immer aussu- von Erwerbslosen im Fokus. Daher fordern wir erstens chen, was ich mache! ● die Anhebung der Nettoersatzrate auf mindestens 70 JOHANNES GRESS Prozent. Zweitens wollen wir, dass die Zumutbarkeits- bestimmungen, die vor allem unter Schwarz-Blau restriktiver wurden, entschärft werden. Und drittens ZUR PERSON: treten wir dafür ein, dass es weiterhin Zuverdienst- Emmerich Tálos, geb. 1944, ist emeritierter Professor möglichkeiten für Betroffene gibt, weil für viele das für Politikwissenschaft und Mitinitiator des Volksbe- Arbeitslosengeld ohnehin nicht reicht. gehrens „Arbeitslosengeld rauf!“. Er veröffentlichte mehrere Bücher zum österreichischen Sozialstaat, Die Erhöhung der Nettoersatzrate auf 70 Prozent zu welchem er über mehrere Jahrzehnte forschte. würde etwas mehr als eine Milliarde Euro kosten. Ist das in der jetzigen Situation zu stemmen? Was ist in dieser Situation alles gestemmt worden! Wenn ich nur daran denke, wie viele Unterstützungs- leistungen Unternehmen im Vergleich dazu bekom- VOLKSBEGEHREN UNTERSTÜTZEN men haben. Für 340.000 erwerbslose Menschen würde Du bist für ein höheres Arbeitslosengeld? damit die materielle Sicherheit verbessert werden. Auf Dann unterstütze das Volksbegehren Wirtschaftsseite wird es als selbstverständlich erach- "Arbeitslosengeld rauf" mit deiner Unter- tet, dass Unternehmen in wirtschaftlich schwierigen schrift: www.arbeitslosengeld-rauf.at Situationen mit beträchtlichen Förderungen unter- stützt werden. Aber wenn Arbeitslose, deren Geld oh- SPENDENAUFRUF nehin nicht reicht, eine Anhebung fordern, dann auf Die Arbeit des Volksbegehrens einmal wäre das nicht zu stemmen. Das ist zu stem- „Arbeitslosengeld rauf!“ wird rein durch men! Es ist eine Frage des politischen Wollens – nicht Spenden finanziert. Du kannst das des ökonomischen Könnens! Volksbegehren durch eine Spende unterstützen: Was ist das Ziel des Volksbegehrens? IBAN: AT45 3477 7000 0627 7099 Derzeit haben wir ca. 18.000 Unterstützungserklärun- BIC: RZOOAT2L777 gen. Inklusive Eintragungswoche wollen wir mindes- tens auf 100.000 kommen! Das würde bedeuten, dass 12
ARBEITSSTRESS STRESS MACHT KRANK Wie Arbeitsdruck aktiv bekämpft werden kann. D ie Wirtschaft hat in den letz- Belastung, auf deren Grundlage in allen mehr, sich über Stressursachen klarzu- ten Monaten wieder deutlich Betrieben passende Maßnahmen zur werden und diese möglichst an der Wur- an Fahrt aufgenommen. Damit Vermeidung krankmachender Arbeits- zel zu bekämpfen. Der/Die Vorgesetzte verbunden steigen Arbeitsmenge und bedingungen festzulegen sind, müssen sollte hier auch Ansprechperson sein, Leistungsdruck. Gleichzeitig sind so gut BetriebsrätInnen übrigens in allen Pha- schließlich hat er/sie auch die Verant- wie alle Branchen von Personalknapp- sen beteiligt werden. Ratsam ist es für wortung, gesunde Arbeitsbedingungen heit betroffen. Für die ArbeitnehmerIn- BetriebsrätInnen jedenfalls, sich einen sicherzustellen. Warnsignale des Körpers nen führt dies zu mehr Stress und einer Überblick über die Stressbelastung im sind jedenfalls ernstzunehmen. Vor allem Vielzahl von negativen Auswirkungen Betrieb zu verschaffen. Die Betrachtung bei länger andauernden Beeinträchti- auf die körperliche wie auch psychische der Arbeitszeitsituation, der Pausenkultur gungen, wie Schlafstörungen, oder Kon- Gesundheit. Beschäftigte berichten im- oder der Krankenstände im Betrieb kann zentrationsschwierigkeiten, sollte eine/n mer öfter, dass Stress und Arbeitsdruck hier Orientierung geben. ÄrztIn konsultiert werden und dabei auch gerade in letzter Zeit enorm zugenom- die beruflichliche Belastung zur Sprache men haben. Ihre Einschätzungen wur- Aber auch einzelne ArbeitnehmerInnen kommen. Unterstützung im Betrieb er- den durch eine Umfrage von IFES be- müssen sich mit anhaltendem Stress halten ArbeitnehmerInnen auch vom/ stätigt: 35 Prozent der Befragten gaben nicht abfinden. Wichtig dabei: Stress und von der betrieblichen Arbeitsmedizine- hier unter anderem an, dass sie dem Überforderung sind meistens Anzeichen rIn, dem/der BetriebsrätIn, oder der Si- bestehenden Arbeitsdruck nicht bis zur für zu hohe Anforderungen und fehlen- cherheitsvertrauensperson. ● Pension standhalten werden können. de Ressourcen. Die Suche nach Defiziten bei sich selbst führt nicht weiter. Es bringt ISABEL KOBERWEIN BESSERER GESUNDHEITSSCHUTZ Dadurch zeigt sich der enorme Hand- STEIGENDER lungsbedarf bei Gesundheitsschutz und vor allem Stressprävention. Zwar ist die Verantwortung der ArbeitgeberInnen für den Schutz der psychischen Gesundheit ihrer Beschäftigten sogar gesetzlich ver- ARBEITSDRUCK ankert, praktische Maßnahmen gibt es aber viel zu selten. Dabei würden sich 80 Prozent der Befragten stimmen zu, solche auch für die Betriebe rechnen, dass der Druck auf die Beschäftigten immer beispielsweise durch weniger Kranken- stände und die Vermeidung ungewoll- größer wird. ter Fluktuation. Gefordert ist aber auch die Politik insgesamt. Wenn es ein Ziel 80% ist, dass die Menschen gesund ihr Pen- sionsalter erreichen können und der an- dernfalls eintretende volkswirtschaftliche Schaden verhindert werden soll, muss rasch gegensteuert werden. BetriebsrätInnen können einiges zur Ver- besserung der Stresssituation ihrer Kolle- gInnen beitragen. Nicht zuletzt können sie in Richtung der ArbeitgeberInnen Druck aufbauen, damit diese für Entlas- tung und gesunde Arbeitsbedingungen sorgen. Im Rahmen der gesetzlich vor- geschriebenen Evaluierung psychischer 13
KOMPETENZ 4 / 2021 9 TIPPS FÜR WENIGER STRESS Wir sagen dir, was du deinem Stress am Arbeitsplatz entgegensetzen kannst. 1. SUCHE DEFIZITE NICHT 4. FORDERE PAUSEN EIN UND MACH 7. GEHE NICHT KRANK IN DIE BEI DIR SELBST. SIE AUCH. ARBEIT. Stress und Überforderung sind zumeist Pausen sind wichtige Unterbrechungen, Das Recht auf Krankenstand ist gesetzlich Anzeichen für zu hohe Anforderungen die für Entlastung und Erholung sorgen. verankert. Trotzdem gibt es gar nicht so und fehlende Ressourcen. Du solltest da- Nach 6 Stunden hast du das Recht auf wenige Menschen, die trotz Erkrankung her nicht an deiner eigenen Leistungs- eine halbe Stunde Arbeitspause. Kürzere arbeiten gehen. Die Gründe dafür sind fähigkeit zweifeln, sondern dir vor allem und dafür häufigere Pausen sollten je- oftmals, KollegInnen nicht in Stich lassen Klarheit über die Stressursachen ver- doch generell im Arbeitsablauf möglich zu wollen. Vermeide es trotz allem, krank schaffen. sein. Bleibt dir im Alltag so gut wie nie in die Arbeit zu gehen. Du gefährdest Zeit zum Abschalten und Pause machen, deine Gesundheit und auch die deiner 2. NIMM WARNSIGNALE DEINES solltest du deine/n Vorgesetzte/n darauf KollegInnen. Übrigens: Auch im Homeof- KÖRPERS ERNST. hinweisen oder auch deine/n Betriebs- fice gilt das Recht auf Krankenstand. rätIn, ArbeitsmedizinerIn, Sicherheits- Anhaltender Stress schlägt sich auf die vertrauensperson um Unterstützung er- 8. WENDE DICH AN DEINE/N Gesundheit und führt zu körperlichen suchen. BETRIEBSRÄT/IN. und seelischen Beschwerden. Anzeichen sind z.B. Schlafstörungen, Schwierig- 5. NIMM DEINEN URLAUB. BetriebsrätInnen haben weitreichende keiten beim Konzentrieren, aber auch Mitbestimmungsmöglichkeiten in allen Verspannungen oder Magenproble- Wir brauchen Urlaub, um uns vom Ar- Fragen der Gesundheit und Sicherheit me. Du solltest solche Anzeichen nicht beitsstress zu regenerieren und um rich- bei der Arbeit. Sie können dich persönlich einfach übergehen. Wende dich jeden- tig abschalten zu können. Daher ist es beraten, aber auch gegenüber deiner falls an eine/n ÄrztIn. Unterstützung wichtig, den Jahresurlaub auch regel- Führungskraft Maßnahmen zur Stress- erhältst du auch von deinem/r Arbeits- mäßig zu verbrauchen. Ideal sind min- reduktion einfordern. BetriebsrätInnen medizinerIn, deinem/r BetriebsrätIn destens 2-3 Wochen durchgehender können darüber hinaus Vereinbarun- oder von einer Sicherheitsvertrauens- Urlaub. Aber auch kürzere Auszeiten gen bewirken, die gesunde Arbeitsbe- person. können zwischendurch zum Auftanken dingungen für die gesamte Belegschaft der Energiereserven wertvoll sein. Zu zum Ziel haben. 3. SUCHE DAS GESPRÄCH MIT DEI- bedenken ist, dass der Urlaub Verein- NER/M VORGESETZTEN. barungssache zwischen ArbeitnehmerIn 9. BEI EUCH GIBT‘S KEINEN und ArbeitgeberIn ist. BETRIEBSRAT? GRÜNDE EINEN! Führungskräfte tragen auch für die psy- chische Gesundheit ihrer Mitarbeiter- 6. SCHALTE IN DER FREIZEIT HANDY Die Erfahrungen zeigen, dass es in Un- Innen Verantwortung. Einige nehmen UND E-MAIL AUS. ternehmen mit Betriebsrat mehr Prä- diese zu wenig wahr. Wenn Belastungen, ventionsmaßnahmen und auch mehr z.B. durch andauernde Anordnung von Ständige Erreichbarkeit und das damit Angebote zur betrieblichen Gesund- Foto: Edgar Ketzer; Quelle: Ifes-Befragung Überstunden, fehlende Nachbesetzun- verbundene Verschwimmen von Arbeit heitsförderung gibt. Wenn du das Gefühl gen oder ungleiche Aufgabenverteilung und Freizeit sind mittlerweile weit ver- hast, dass es nicht nur dir schlecht mit Überhand nehmen, solltest du zeitge- breitete Stressfaktoren. Das Smartphone der Stressbelastung geht, sondern auch recht deine/n Vorgesetzte/n auf deine sollte nach der Arbeit abgeschaltet wer- andere KollegInnen unter ähnlichen Si- Situation hinweisen und auch Abhilfe den. Wenn du im Homeoffice arbeitest, tuationen leiden, ist die Gründung eines verlangen. kannst du durch die Festlegung von Er- Betriebsrates eine gute Überlegung. Wir reichbarkeitszeiten Klarheit schaffen. unterstützen dich und deine KollegInnen dabei in allen Phasen. 14
FOTOGRAMM STRESS LASS NACH! In Betrieben mit Betriebsrat gibt es fast doppelt so oft Maßnahmen zur Bekämpfung psychischer Belastungen. Foto: Edgar Ketzer; Quelle: Ifes-Befragung Betriebe mit Betriebe ohne Betriebsrat Betriebsrat
KOMPETENZ 4 / 2021 DIE STEUERREFORM IM ARBEIT- NEHMERiNNEN-CHECK Wir haben die Steuerreform Als Maßnahme zur Entlastung der unte- der Bundesregierung einem ren Einkommen ist eine Entlastung bei der Krankenversicherung geplant. Was Check unterzogen. Was ist auf den ersten Blick wie eine sinnvol- drin für ArbeitnehmerInnen, le Entlastung der untersten Einkommen was bekommen Konzerne? aussieht, stellt sich jedoch bei näherer Betrachtung als Mogelpackung heraus. SENKUNG DER STEUERSTUFEN Dies bestätigt auch eine von der AK in Auftrag gegebene Studie: Im von der Re- halts ab. Es ist also nicht mehr jedes Kind Im österreichischen Steuersystem zahlen gierung anvisierten Einkommensbereich gleich viel wert, sondern die Unterstüt- Beschäftigte, die mehr verdienen, auch bis 35.000 Euro Jahreseinkommen wer- zung ist für BesserverdienerInnen größer mehr Steuern. Zu diesem Zweck gibt den gut zehn Prozent der geringverdie- – das ist unlogisch und ungerecht. es sogenannte Steuerstufen, in die nenden ArbeitnehmerInnen durch Än- unterschiedliche Bestandteile des Ge- derungen bei der Krankenversicherung DIE STEUER UND DAS KLIMA halts fallen. Die geringste dieser Steuer- nicht entlastet. stufen, der Eingangssteuersatz, wurde Mit 1. Juli 2022 wird ein CO2-Preis von 30 bereits im Jahr 2020 von 25 Prozent auf Bei KleinstverdienerInnen unter 10.000 Euro pro Tonne CO2 eingeführt, der bis 20 Prozent gesenkt. Nun werden auch Euro sind es sogar 15 Prozent. In Summe 2025 auf 55 Euro pro Tonne CO2 ansteigt die zweite und dritte Steuerstufe gesenkt, profitieren 230.000 Personen in diesem (2023: 35 Euro, 2024: 45 Euro, 2025: 55 und zwar jeweils von 35 Prozent auf 30 Bereich überhaupt nicht von dieser Ent- Euro pro Tonne CO2). Dies bedeutet, dass Prozent und von 42 Prozent auf 40 Pro- lastung. Die Treffsicherheitsprobleme er- der Liter Diesel im ersten Schritt um rund zent. geben sich unter anderem aus der Tatsa- 9 Cent (inkl. Umsatzsteuer) teurer wer- che, dass die Sozialversicherung pro Job den wird, ein durchschnittlicher Haushalt Was im ersten Moment wie eine große und Monat abgerechnet wird – und nicht mit Gasheizung hätte dabei Mehrkosten Entlastung wirkt, sieht auf den zweiten pro Person und Jahr, wie die Steuer. So von rund 120 Euro pro Jahr. Wir sind für Blick anders aus: Seit 2016 haben die rutschen auch GeringverdienerInnen in Maßnahmen, die den Klimawandel be- ArbeitnehmerInnen durch die kalte Pro- eine höhere Stufe und fallen rückwirkend kämpfen. Schlecht ist allerdings, wenn gression (Gehälter steigen, werden aber um die Entlastung um. niedrige Einkommen besonders belastet zum Teil durch das Rutschen in höhere werden. Steuerstufen aufgefressen) knapp drei ES IST NICHT MEHR JEDES KIND Milliarden Euro mehr an Steuern gezahlt. GLEICH VIEL WERT Zum Ausgleich führt die Regierung den Die neue Steuerreform gibt den Beschäf- Klimabonus ein. Pro Erwachsenem soll tigten aber nur 2,4 Milliarden Euro zu- Ab 1. Juli 2022 wird der Familienbonus es zwischen 100 Euro und 200 Euro im rück, also weniger. von 1.500 Euro pro Kind und Jahr auf Jahr geben, je nach Wohnort. Je weiter 2.000 Euro angehoben. Auch der Kinder- weg von der Stadt und je schlechter aus- WER MEHR VERDIENT, PROFITIERT mehrbetrag wird angehoben, und zwar gebaut die Öffis, desto höher ist der Kli- AUCH MEHR von 250 Euro auf 450 Euro pro Kind und mabonus. Für Kinder gibt es den halben Jahr. Wir finden eine Unterstützung für Klimabonus. Die höchste Entlastung von 1.230 Euro berufstätige Eltern sinnvoll. Leider gibt es tritt erst bei einem Bruttogehalt von 6.000 aber rund 180.000 Kinder, die weder vom Wir hätten es wichtig gefunden, auch Euro ein. Nicht viele Beschäftigte verdie- Familienbonus noch vom Kindermehr- das Pendlerpauschale so umzugestalten, nen so viel. Bis rund 1.800 Euro Bruttoge- betrag profitieren. Auch hängt die Höhe dass es unabhängig vom Gehalt diesel- halt gibt es überhaupt keine steuerliche vom Familienbonus, den man dann auch be Entlastung pro gependeltem Kilome- Entlastung. wirklich bekommt, von der Höhe des Ge- ter gibt. 16
STEUERREFORM MieterInnen können sich in der Regel müssen, gesenkt wird, finden wir unfair. WAS BEI DER STEUERREFORM FEHLT? nicht aussuchen, wie bei ihnen geheizt Damit zahlen nämlich die Steuerzahle- wird, müssen aber bei Heizung mit Gas rInnen (also vor allem ArbeitnehmerIn- Was in der Steuerreform überhaupt nicht oder Öl künftig mehr zahlen. Gerechter nen) die Geschenke für Konzerne. vorkommt, sind Zukunftsinvestitionen. In wäre es, wenn VermieterInnen sich an Gesundheit, Pflege und Bildung braucht den Kosten des CO2-Preises beteiligen Von 25 Prozent auf 23 Prozent soll die es in den nächsten Jahren viel Geld. Die müssten, damit diese auch einen Anreiz Körperschaftssteuer schrittweise gesenkt Regierung hat nicht gezeigt, wie sie die zum Tausch des Heizungssystems haben. werden. Davon profitieren aber nur Un- Steuersenkungen finanzieren und trotz- Die Mehrbelastung soll durch den Klima- ternehmen, denen es wirtschaftlich gut dem Geld für diese wichtigen Zukunfts- bonus kompensiert werden. geht. Durch diese Steuersenkung fehlen themen übrig haben will. Wenn aber der dem Staat dann mindestens 750 Millio- Staat insgesamt nach der Reform zu we- GROSSZÜGIGE STEUERGESCHENKE nen Euro pro Jahr – Geld, das wir eigent- nig Geld hat, dann wird es in den kom- FÜR KONZERNE lich für Projekte wie Pflege, Kinderbe- menden Jahren entweder zu Steuererhö- treuung, Klimaschutz oder Infrastruktur hungen kommen oder wichtige Projekte Die SteuerzahlerInnen haben Unterneh- brauchen würden. werden nicht finanziert. ● men in der Pandemie mit viel Steuergeld gerettet. Für viele machten die Hilfen Darüber hinaus bekommen Unterneh- DANIEL GÜRTLER mehr aus als die Schäden. men noch einen sogenannten Investiti- onsfreibetrag und der Gewinnfreibetrag Dass nun die Körperschaftssteuer, also wird erhöht. Konzerne profitieren also eine Steuer, die Unternehmen zahlen sehr stark von dieser Steuerreform. UNGLEICHE ENTLASTUNG DER GESCHLECHTER BEI DER STEUERREFORM Alleinerzieherin Sonja Familienvater Peter verdient verdient 1.900 € 4.500 € brutto/Monat brutto/Monat ENTLASTUNG DURCH STEUERREFORM + 319 € + 1.912 € davon Familienbonus für 2 Kinder +0€ + 1.000 € Wer mehr verdient, profitiert auch mehr“ - das ist das Motto der aktuellsten Steuer-Reform. 17
KOMPETENZ 4 / 2021 Wann gilt COVID-19 als Berufskrankheit? BERUFSKRANKHEIT. Du hast dich bei der Arbeit mit COVID-19 angesteckt? Unter bestimmten Vorausetzungen kann das als Berufkrankheit anerkannt werden. Dann hast du Anspruch auf eine berufliche Rehabilitation. Wann COVID-19 als Berufskrankheit anerkannt werden kann: • Die Ansteckung muss mit hoher Wahrscheinlichkeit bei der Arbeit passiert sein. • Sie muss in einem sogenannten „Listenunternehmen“ passiert sein. Das sind Unternehmen, für die der Gesetzgeber festgehalten hat, dass ein erhöhtes Infektionsrisiko besteht: u.a. Krankenhaus, Kuranstalt, Pflegeheim, Apotheke, Schule, Kindergarten, Justizanstalt. (Die Liste legt der Gesetzgeber fest.) • Auch externe DienstleisterInnen, die sich dort anstecken, fallen unter diese Regel. • Es muss ein (formloser) Antrag bei der Unfallversicherung gestellt werden. Mehr zum Thema COVID als Berufskrankheit kannst du hier nachlesen: https://bit.ly/COVID_AUVA br in gt das Wer t sgeld? na ch Weih l im Jah r gibt’s a tsgeld . Zweim eihnach R Z A H L UNGEN l: d a s W SONDE zette ie Sond er- Gehalts le sind d e h r G eld am . F ü r v ie h r- m geld die jä Urlaubs lich wie und das s e lb s tv erständ g la uben so gar, g e n s o n c h e t. zahlun ng. Ma uch gib Foto: Pexels Edward Jenner/Adobe Stock e h a lt s erhöhu tz li c h e n Anspr liche G einen g ese g der darauf nstigun dass es ie S te u erbegü . Auf das e in Ir rtum. D s e tz g eregelt r Das is t t im G e t es abe rz a h lu ngen is e ld s e lbst gib e s Sonde bs g jed d Urlau werden chts- un ruch. Sie n von Weihna n A n s p n g e n g e s e tzliche g s ve r h andlu keine tra ektivver den Koll pft. Jahr in e r k ä m e w e r kschaft der G 18
KURZMELDUNGEN Gegen den Fachkräftemangel in der IT-Banche Jene, die in der IT-Branche arbeiten, klagen an- gesichts von immer mehr KollegInnen, die sich in Altersteilzeit befinden, über Arbeitsverdichtung und die Gefahr, in ein Burnout zu rutschen, wie Julian Sommer-Schmelzenbarth, Betriebsrat in einer der österreichweit nur 47 großen IT-Firmen (also mit 250 oder mehr MitarbeiterInnen) betont. Dieser Generationenwandel – „die Boomer-Jahr- gänge gehen langsam in Pension“ – sei ein Teil des Problems. Ein anderer Teil sei die Kleinteiligkeit der Branche. Julian Sommer-Schmelzenbarth, Betriebsrat im IT Bereich, fordert die Einrichtung eines Ausbildungsfonds. Der von uns vorgeschlagene Ausbildungsfonds könnte Unternehmen unterstützen, die Lehrlinge AUSBILDUNGSFONDS. Der IT-Branche fehlen ausbilden. Andere, die das nicht tun, müssten dafür 24.000 Fachkräfte. Wir möchte dem mit einem Aus- in den Fonds einzahlen. Das käme am Ende aber bildungsfonds für die österreichische IT-Wirtschaft allen zu Gute, denn die Branche braucht gut aus- entgegenwirken: Dieser soll Betriebe unterstützen, gebildete Beschäftigte. Gleichzeitig könnten mit die Lehrlinge ausbilden, aber auch Studierenden in Fondsmitteln auch berufstätige Studierende im Be- IT-relevanten Studiengängen unter die Arme grei- reich IT unterstützt werden, um die Abbruchsquoten fen. Etabliert werden sollen zudem neue Studien- in diesen Studiengängen zu senken. gänge im Bereich IT. Steuervermeidung s e t z neu stelltenge BANKEN. Die Europäische Steuerbeobachtungs- A nge ge s e t z feiert s einen be- stelle fand bei einer Untersuchung von 36 großen ellten noch gest igste as An wicht hren Finanzinstituten heraus, dass diese jedes Jahr 0 J A H R E . D E s is t d a s s e it 100 Ja 10 ag ! ha t cht. im Schnitt 20 Milliarden Euro, das sind 14 Pro- . G e burtst g e s e tz und A r b eitsre 10 0 r t e dem onde s gesa m z aus zent ihrer Gewinne, in Steueroasen verschieben. nde S für da geset stehe g e n dwirk u n ste ll t rk r f ü Darunter sind Kreditinstitute wie z.B. die Deutsche Vorbil z u m Ange n d ardwe nta r ein S t a bsrät- Bank, HSBC, BNP Parisbas, Banco Santander, omme 1965 betrie Der K g is t s e it dung u n d Wisse n- UniCredit und ERSTE. Verla nwen n aus ÖGB- ec h t s a ris t I n n e te il e hre, R fte Ju entar 14 % die Le is . N amha d ie Komm u f den Pra x n a DER GEWINNE liche a x is habe a t u r sind r udik Abn Amroo, Danske und P und J Bank, Monte de ei Paschi, Banco IN STEUEROASEN schaft ratur Sabadell, Deutsche Baank, Nationwide, Banco it e ht. auch Santander, DZ Bank, Norrd LB, Bankia BFA, ERSTE, sst. L c ltst du ebra Nordea, Barclays, Handelsbbanken, Nykredit, Realkredit, verfa d g r h ä a- e d aktu Bayern LB, Helaba, Rabobank, BBVA, HSBC, RBS, BNP Paribas, a n ntar s ten St laufen ING, SEB Bank, BPCE, Intesa Sanpaolo, aolo, Société Générale, Commerz- Comm neues omme bank, KBC Bank, Standard Chartere ed, Crédit Agricole, LBBW, Swedbank, Crédit Mutuel, Lloyds, Unicredi, Abn Amro, Danske Bank, Monte dei Paschi, e s K f e in e fd riff au m Kau Banco Sabadell, Deutsche Bank, Nationwide, tionwide, Banco Santa Santander, DZ Bank, Mit de ie Zug Nord LB, Bankia BFA, ERSTE, Nordea,a, Barclays, Handel Handelsbanken, Nykredit, Realkredit, Bayern LB, Helaba, Rabobank,nk, BBVA, HSBC HSBC, RBS, BNP Paribas, ING, k s o w -Boo SEB Bank, BPCE, Intesa Sanpaolo, Société été Générale, Générale Commerzbank, KBC Bank, das E nk. Standard Chartered, Crédit Agricole, LBBW, Swedbank, Sw Crédit Mutuel, Lloyds, enba e Dat Unicredit, Abn Amro, Danske Bank, Monteonte dei d Paschi, Banco Sabadell, Deut- t nen: sche Bank, Nationwide, Banco Santander,der, DZ Bank, Nord LB, Bankia BFA, ERS- lisier rmatio TE, Nordea, Barclays, Handelsbanken, Nykredit, Realkredit, Bayern LB, Helaba, Rabobank, BBVA, HSBC, RBS, BNP Paribas, ING, SEB Bank, BPCE, Intesa San- I n fo t re lag.a paolo, Société Générale, Commerzbank, KBC Bank, Standard Chartered, Weite gbver Crédit Agricole, LBBW, Swedbank, Crédit Mutuel, Lloyds, Unicredit, Abn Amro, Danske Bank, Monte dei Paschi, Banco Sabadell, Deutsche Bank, Nationwide, p .o e /sho Banco Santander, DZ Bank, Nord LB, Bankia BFA, ERSTE, Nordea, Barclays, https:/ Handelsbanken, Nykredit, Realkredit, Bayern LB, Helaba, Rabobank, BBVA, HSBC, RBS, BNP Paribas, ING, SEB Bank, BPCE, Intesa Sanpaolo, Société Générale, Commerzbank, KBC Bank, Standard Chartered, Crédit Agricole, LBBW, Swedbank, Crédit Mutuel, Lloyds, Unicredit, Abn Amro, Danske Bank, Monte dei Paschi, Banco Sabadell, Foto: Edgar Ketzer Deutsche Bank, Nationwide, Banco Santander, DZ Bank, Nord LB, Bankia BFA, ERSTE, Nordea, Barclays, Handelsbanken, Nykredit, Realkredit, Bayern LB, Helaba, Quelle: EU-Tax Observatory 19
KOMPETENZ 4 / 2021 EIN KÄMPFER IST 100 Ernst Fettner wurde heuer 100 Jahre alt. Mit dem Buch „Geh’ du voran – Ein Jahrhundert“ hat er nun sein Leben in Text und Bildern vorgelegt. Als Jude und Kommunist von den Nationalsozialisten verfolgt, musste er Österreich verlassen und konnte nach Großbritannien flüch- ten. Als Teil von „Young Austria“ setzte er sich dort für ein freies Österreich ein und kehrte schließlich nach dem Krieg als Soldat der britischen Armee zurück. Die KOMPETENZ sprach mit dem lang- jährigen „Volksstimme“-Redakteur über seinen Antrieb für sein politisches Engagement und seine Erinnerungen an die Jahre als Vorstandsmitglied der JournalistInnengewerkschaft. Als Verfolgter des NS-Regimes und hab ich 2,50 Schilling in der Woche be- Lohndruck ist immer ärger geworden. Kämpfer für ein unabhängiges Öster- kommen – als Aspirant in Richtung Ver- Und für die freien JournalistInnen war es reich ist Ernst Fettner heute ein wichti- kauf hätte ich 20 Schilling bekommen schon damals arg. Ich habe immer ge- ger Zeitzeuge. Aber eben nicht nur. „Ich müssen.“ sagt: wovon sollen die leben? Ich habe war 24, als der Krieg aus war. Man kann mein Gehalt gekriegt, der Kollektivver- doch nicht über mein Leben schreiben Das Gefühl, so behandelt zu werden, trag war gut, ich habe gut verdient. Ich und mich nur als Zeitzeugen sehen.“ Viel sollte Jahre später in seine Sozialrepor- weiß, viele sagen, ich will frei sein, dann hat er bis 1938 erlebt, viel bis 1945 – aber tagen einfließen, die er zunächst für den kann ich schreiben, was ich möchte, aber eben auch viel in den Jahrzehnten da- „Volkswille“, später die „Volksstimme“ – das stimmt ja nicht. Ich muss meine Tex- nach. beides Medien der KPÖ – schrieb. „Da te ja auch unterbringen. Und auf Zeile hab ich auch schon einmal gerne hin- zu schreiben, das ist schwer verdientes JUGEND IN WIEN eingefetzt.“ Ungerechtigkeiten zeigte er Geld. Da ist man nicht stark.“ aber auch als Betriebsratsobmann in der 1921 in Wien geboren, erlebte er rasch „Volksstimme“ und später als Mitglied » Für die freien JournalistInnen den ersten Verlust: die Mutter starb 1926 des Präsidiums der Journalistengewerk- war es schon damals arg. und er wuchs im jüdischen Waisenhaus in schaft auf. Als Vertreter der „Gewerk- Ich habe immer gesagt: Baden auf. Im Alter von 14 kehrte er nach schaftlichen Einheit“ wurde er unter Prä- Wien zurück und begann eine Lehre zum sident Günther Nenning Mitglied dieses wovon sollen die leben?« „Mieder- und Wäschewarenerzeuger“. Führungsgremiums. Ernst Fettner In der Schneiderei Baruch Friedländer hatte er alle Hände voll zu tun – nur das ÜBERZEUGTER GEWERKSCHAFTER Er selbst musste schon in jungen Jahren Foto: Nurith Wagner-Strauss Fertigen von Textilien lernte er dort nicht. sehr stark sein. Als die Nazis an die Macht „Ich war Z’sammrambua und Packlträ- Und womit hatte er sich damals – Fett- kamen, war er 17 Jahre alt und arbeitete ger, ein bissl im Verkauf, gelernt hab ich ner war bis zu seiner Pensionierung An- für die Schneiderei Pein im neunten Be- nichts, auch nicht in der Berufsschule. Es fang der 1980er Jahre gewerkschaftlich zirk als Fahrradbote. In der Pogromnacht war die reinste Ausbeutung. Als Lehrling engagiert - auseinanderzusetzen? „Der im November 1938 blieb er mit seinen 20
PORTRÄT Kollegen in den Räumen der Schneide- werkschaft bei. 1949 heiratete er seine platz ein zweites Mal in diese Hölle ging, rei. Die Männer wurden aber verraten erste Frau Hilde, bald kamen die beiden um darauf hinzuweisen, dass er nicht in und verhaftet. Im Verhör wurden sie ge- Söhne des Paares zur Welt. Doch Hilde der vorgegebenen Frist ausreisen könne, fragt, ob sie Kommunisten seien, einer starb früh an Krebs und Fettner heiratete da die Beamtenschaft die nötigen Papie- nach dem anderen verneinte – und wur- später erneut, und zwar seine „Volksstim- re nicht ausstelle, erzählt Fettner. Es war de niedergeprügelt. Fettner beschloss ja me“-Kollegin Herta Gisela Felbermayer. wahrscheinlich dieselbe Chuzpe, die ihn zu sagen – „dabei habe ich damals nicht Dass er nochmals für ein KPÖ-Medium dazu brachte, 1939 zu sagen, er sei Kom- einmal gewusst, was das ist, der Kommu- schreiben sollte, war allerdings in den munist, oder Jahrzehnte später für seine nismus. Aber mich haben sie dann nicht 1950er Jahren gar nicht klar. Den „Volks- KollegInnen in der „Volksstimme" eine verprügelt.“ Gefühlt hat Fettner in diesem wille“ musste er verlassen. Offenbar hat- kräftige Gehaltserhöhung zu fordern Moment jedenfalls etwas mitgenommen: te die KPÖ-Führung seine Tätigkeit für und auch zu erreichen. Man könnte auch dass der Kommunismus etwas Gutes ist. die britische Armee als problematisch sagen, Ernst Fettners Motto ist „wer nicht Alles, was Anti-Nazi ist, müsse etwas Gu- eingestuft. Nach Jobs als Schweißer bei wagt, der nicht gewinnt.“ ● tes sein. Steyr-Daimler-Puch in Favoriten und Ma- gazin- und Versandleiter bei „Heimpel & ALEXIA WEISS FLUCHT NACH ENGLAND Besler“ landete er aber doch wieder im Journalismus. Mehrere Wochen blieb er in Haft, wurde auch im Gestapo-Quartier am Morzin- platz verhört. Man entließ ihn schließlich mit der Auflage, das Land zu verlassen. Sein eigentliches Ziel war Israel, zuvor sollte er allerdings in England eine land- wirtschaftliche Ausbildung erhalten. Un- ter diesem Titel erhielt er auch die Auf- enthaltsbewilligung für Großbritannien, wo er aber dennoch interniert wurde. Der Krieg war ausgebrochen und er galt nun als feindlicher Ausländer. In England schloss er sich „Young Aust- ria“ an, einer Bewegung, die für ein frei- es Österreich kämpfte. Fettner und einige andere wollten aber noch mehr tun: als Teil der britischen Armee selbst gegen die Nazis kämpfen. 1943 wurde er Mit- glied der British Army. 1944 landete er mit seiner Einheit in der Normandie, zu Kriegsende war er in in Deutschland in einer Kleinstadt nahe Hannover und das Zunächst coverte er für die „Volksstim- in der Rolle des Besatzers. In dieser sollte me“ Niederösterreich-Geschichten, spä- Ernst Fettner: „Geh’ du voran“ er schließlich 1946 nach Österreich zu- ter schrieb er große Reportagen, immer Ein Jahrhundert rückkehren: nach Klagenfurt. Dort war er wieder Reisegeschichten, er berichtete einerseits als Soldat der britischen Armee 1968 aus Prag, kommentierte, schrieb stationiert, dort engagierte er sich aber über Soziales und Gewerkschaftliches, auch bei der „Freien Österreichischen was ihn schließlich auch zur Betriebsrats- Herausgegeben Jugend“ und begann für die KPÖ-Zei- arbeit und dem Mitwirken in der Journa- von Jana Waldhör, tung „Volkswille“ zu schreiben. listInnengewerkschaft brachte. Der SPÖ- Graz 2021, Kanzler Bruno Kreisky habe ihn einmal Verlag CLIO Foto: Nurith Wagner-Strauss REDAKTEUR BEI DER ZEITUNG als „Freund-Feind“ bezeichnet, erzählt Fettner. 184 Seiten, 25 Euro, Nach seinem Ausscheiden aus der eng- ISBN 978-3-902542-93-9 lischen Armee 1947 wurde er Redakteur Chuzpe habe er gehabt, als er nach sei- der Zeitung. Damals trat er auch der Ge- nem Verhör bei der Gestapo am Morzin- 21
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