Kobalt. kritisch - INKOTA Webshop
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Kobalt.� kritisch global gerecht!
TEIL I
�
Kobalt. kritisch Status Quo Kobalt weltweit
Kobalt ist einer der kritischsten Rohstoffe der Gegenwart. 1. Magic Cobalt: Begehrtes Metall –
Kritisch aus Sicht der Industrie, die abhängig ist von großen Mengen des Roh- Tendenz steigend
stoffes für die Technologien der Zukunft, insbesondere Batterien.
Kobalt wurde vor dem 2016 beginnenden Akku-Boom nur
Kritisch aus Sicht von Menschenrechts- und Umweltorganisationen weltweit, in begrenztem Maße benötigt. In den Erzadern kommt es
die tagtägliche Menschenrechtsverletzungen, ökologische Desaster und soziale meist nur in geringer Konzentration zusammen mit Kupfer
Missstände rund um den Kobaltabbau nicht länger hinnehmen wollen. oder Nickel vor und wurde aufgrund der begrenzten
Nachfrage nicht gezielt abgebaut, sondern als Neben-
Kritisch für ArbeiterInnen im Kleinbergbau in der DR Kongo, die einen wesentlichen produkt gewonnen. Seit 2016 steigt mit der Energiewen-
Teil des weltweit begehrten Rohstoffs unter höchst riskanten Bedingungen aus der de, Elektromobilität, Smart Cities, Digitalisierung und
Erde holen. Industrie 4.0 der Bedarf an Kobalt insbesondere für die
Produktion von Speichersystemen rasant an. Kobalt ist
Die Kobalt-Wertschöpfungskette muss fair werden und dabei den artisanalen Klein- zum wirtschaftsstrategischen Rohstoff geworden und ist
bergbau vollwertig integrieren. Wer Kobalt nutzt, muss Verantwortung übernehmen derzeit aus Lithium-Ionen-Batterien nicht wegzudenken.
für die Wahrung von Menschenrechten und ökologischen Standards entlang der Neben Lithium, Nickel, Mangan und Platin steht Kobalt im
gesamten Lieferkette. Damit deutsche Unternehmen das umfassend und zuverlässig Fokus von Automobilherstellern und auch der Erneuerba-
umsetzen, braucht es konsequente staatliche Regulierungen und unterstützende re Energien-Branche. Regierungen und Unternehmen aus
Begleitmaßnahmen für den Kleinbergbau und die lokale Bevölkerung in den Abbau- aller Welt versuchen, eine langfristige und kostengünstige
gebieten. Verfügbarkeit abzusichern.
Rohstoffrisiko- und Marktanalysen entwerfen unter- der Tendenz, Kobalt in Lithium-Ionen-Batterien teilweise
schiedliche Szenarien, in welchem Verhältnis sich Ange- durch Nickel zu ersetzen. Seitdem ist der Preis wieder
bot und Nachfrage des begehrten Metalls in den kommen- deutlich zurückgegangen.
den Jahren bewegen werden. Einigkeit besteht darüber,
dass sich der Gesamtbedarf an Kobalt bis 2026 mehr als Kobalt wird zu einem großen Teil in Gebieten mit hoher
verdoppeln wird. 2017 wurden weltweit ca. 110.000 t staatlicher Fragilität abgebaut. Fast die Hälfte der welt-
Kobalt nachgefragt1, im Jahr 2026 geht die DERA2 von weiten Kobaltvorräte befindet sich in der Demokratischen
einer Nachfrage bis zu 225.000 t aus, für das Jahr 2050 Republik Kongo (DR Kongo), gefolgt von Australien mit
wird seitens des Ökoinstituts allein für den Ausbau der 16,5 % und Kuba mit knapp 7 %.4 Zusammen mit Russ-
Elektromobilität ein Bedarf von rund 800.000 t3 prognos- land stellten diese drei Länder 2017 76,8 % der globalen
tiziert. Bergwerksförderung von Kobalt. Die DR Kongo, in der im
selben Zeitraum 64 % des weltweit genutzten Kobalts
Seit sich 2016 die Tendenz einer steigenden Nachfrage gewonnen wurde, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit auch
abzeichnete, stieg der Kobaltpreis von 22.000 US$/t zukünftig der größte Primärproduzent von Kobalt bleiben.
Anfang 2016 an und erreichte 2018 97.000 US$/t. Grund Es ist davon auszugehen, dass, auch bei intensiver Sub-
dafür waren erwartete temporäre Angebotsdefizite. Der stitutionsforschung und der Erschließung neuer Lager-
Preisanstieg führte einerseits zu Investitionsankündigun- stätten in anderen Regionen, die DR Kongo als zentraler
gen zur Erschließung neuer Vorkommen, andererseits zu Lieferant des begehrten Metalls unumgänglich bleibt.
01 02
Vorkommen 2. Boom auf Kobalt. Industrie 4.0
geht nicht ohne.7
Abgebaute Mengen -
Kobaltvorkommen und derzeit abgebaute Mengen5 Weltanteil 2017
Kobalt zählt zu den sogenannten kritischen Rohstoffen. Kongo. Diese Kombination macht den Rohstoff „kritisch“.
Aus Sicht der Industrieverbände und der Bundesanstalt Aus Sicht von Menschenrechts- und Umweltorganisatio-
01 Kanada 02 Russland 03 China für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) 8 vereinen nen bezieht sich die Kritikalität von Kobalt hingegen vor
0,25 Mio t 0,25 Mio t 0,08 Mio t sich bei Kobalt eine hohe Angebotskonzentration in we- allem auf die Menschenrechtsverletzungen beim Abbau
nigen Ländern und ein hohes Risiko bzgl. der politischen und die unumkehrbare Zerstörung von Ökosystemen und
3,4 % 3,4 % 1,1 % Stabilität in den Abbauländern, inbesondere in der DR damit der Lebensgrundlage vieler Menschen.
3,0 % 4,6 % 1,5 %
EU-Konfliktmineralien-Verordnung
Mit der EU-Konfliktmineralien-Verordnung hat das Europäische Parlament 2017 erstmals verbindliche Regeln für
Unternehmen und Händler beschlossen, die Rohstoffe aus Konfliktgebieten importieren. Importeure von unver-
04 DR Kongo 05 Philippinen arbeiteten Rohstoffen müssen sicherstellen, dass die Rohstoffe Zinn, Tantal, Wolfram (einschließlich ihrer Erze)
sowie Gold, die sie in die EU einführen, keine Kriege und Menschenrechtsverletzungen finanzieren. Jedoch um-
3,5 Mio t 0,28 Mio t
fasst die Verordnung nicht alle Importe dieser Rohstoffe: Unternehmen, die die genannten Rohstoffe in bereits
weiterverarbeiteter oder verbauter Form nutzen, sind von der Regelung ausgenommen. Durch Schwellenwerte
48 % 3,8 %
können kleinere Mengen der Rohstoffe zudem auch ohne genauere Prüfung in die EU gelangen.
64,1 % 3,5 % Obwohl Kobalt nicht als sogenannter Konfliktrohstoff, wie er im Rahmen der 2017 verabschiedeten EU-Konflikt-
mineralien-Regulierung definiert wird, einzuordnen ist, ist der Kobaltabbau und –handel in einigen Ländern bei
Weitem nicht konfliktfrei.
Kobalt ist unabdingbar für zahlreiche Zukunftstechno- erhofft sich die Branche eine Alternative, die ohne Kobalt
logien. Vor allem ist es eines der Metalle, die als Pluspol funktioniert. Nach Aussagen des belgischen Unter-
(Kathode) Li-Ionen-Akkus zum Laufen bringen. In Smart- nehmens Umicore, einem der führenden Zulieferer für
phones werden Li-Ionen-Akkus bereits seit Längerem Batterierohstoffe in Europa, wird das jedoch in absehba-
genutzt. Ein Akku für ein Elektroauto enthält rund 3000 rer Zukunft nicht gelingen: „Kobalt ist das Element, dass
06 Kuba 07 Sambia 08 Madagaskar 09 Papua-Neuguinea Mal mehr Kobalt als der eines Smartphones. Um Versor- den Mangel an Stabilität, den Nickel aufweist, aufwiegt.
gungsengpässen vorzubeugen, arbeiten zahlreiche For- Es gibt kein besseres Element als Nickel, um die Ener-
0,5 Mio t 0,27 Mio t 0,15 Mio t 0,05 Mio t
schungsprojekte an der Entwicklung von Substitutions- giedichte zu erhöhen, und es gibt kein besseres Element
6,9 % 3,7 % 2,1 % 0,7 % möglichkeiten für Kobalt. Die Automobilbranche ringt um als Kobalt, um das Material stabil zu machen. „Wenn also
einen niedrigeren Kobaltgehalt pro Akku in Elektrofahr- darüber gesprochen wird, Kobalt im Design von Batte-
3,9 % 1,5 % 3,1 % 2,8 %
zeugen. Auch mittels der Entwicklung von Feststoffbat- rien zu umgehen, wird das nicht in den nächsten drei
teriezellen, Brennstoffzellen oder Flusszellentechnologie Jahrzehnten passieren. Es funktioniert schlicht nicht.”9
10 Brasilien 11 Südafrika 12 Australien
0,08 Mio t 0,03 Mio t 1,2 Mio t
Technologien / Produkte, in denen Kobalt verwendet wird10
1,1 % 0,4 % 16,5 %
1,5 % 4,2 % 42 % Lithium-Ionen-Batterien
16 % Superlegierungen
10 % Schnellarbeitsstahl, andere Legierungen
Betrachtet man die weltweiten Reserven, ist ausrei- Mengen verkaufen zu können. Dies führt zu Druck auf die 5% Färbemittel für Glas, Emaille, Plastik, Keramik, Künstlerfarben, Textilien
chend Kobalt vorhanden, um den steigenden Bedarf über Abbaugebiete, auf Kosten von Umweltschutz und Men- 5% Magnete
Jahrzehnte zu decken. Die sicheren globalen Reserven schenrechten. Viel wichtiger als die quantitative Frage 7% Katalysatoren
betragen laut Öko-Institut 25 Millionen Tonnen; im Mee- nach den vorhandenen Reserven ist daher: In welchem 4% Trocknungsmittel für Seifen und Farben, Adhäsionsmittel für Reifen
resboden werden weitere 120 Millionen Tonnen vermutet.6 Maße nehmen wir Menschenrechtsverletzungen und die 4% Futtermittel, Biotechnologie
Das plötzliche Nachfragehoch allerdings versetzt Bergbau- unwiederbringliche Zerstörung von Ökosystemen in Kauf, 7% Hartmetalle (Karbide, Diamantwerkzeuge)
unternehmen in die Situation, kurzfristig sehr viel größere um den rasant steigenden Bedarf an Kobalt zu decken?
03 04
3. Ringen um Kobalt – Lieferkettenverflechtung Zentralpazifik
und -verantwortung am Beispiel deutscher Weil allerorts Sorge um verfügbare Kobaltlagerstätten vorherrscht, setzt die Bundesregierung auch auf
marine Lagerstätten. Seit 2006 hält die Bundesrepublik Deutschland Lizenzen bei der Internationalen
Autobauer Meeresbodenbehörde der Vereinten Nationen für die Erkundung von Manganknollen und Massisulfiden in
einem rund 75.000 Quadratkilometer großen Gebiet im östlichen Pazifik. Dort lagern in 4.000-6.000 Me-
tern Tiefe rund 175 Millionen Tonnen Manganknollen, die neben ihrem namengebenden Hauptbestandteil
Chinesische und europäische Unternehmen dominieren Zwischenschritt in Schmelzen und Raffinerien, die sich zu auch 3 % Kupfer, Nickel und Kobalt enthalten.17 Die Auswirkungen von Tiefseebergbau auf das sensible
den weltweiten Kobaltabbau. Nicht nur die Primärrohstoff einem großen Teil in asiatischen Ländern befinden. Neun marine Ökosystem sind gravierend und zerstören auch die Lebensgrundlage vieler Menschen. Zahlrei-
gewinnenden Konzerne, sondern auch Automobil- und von zehn Batteriezellen werden derzeit ebenfalls von asi- che Menschenrechts- und Umweltorganisationen weltweit sagen deshalb „NEIN! zum Raubbau an der
Batteriezellenhersteller liefern sich ein Wettrennen, um atischen Anbietern hergestellt. Deutsche Unternehmen, Tiefsee!“ (vgl. Positionspapier zivilgesellschaftlicher Akteure vom April 2018)
sich die benötigten Kobaltmengen oder daraus gefertigte insbesondere aus der Automobil- und Elektronikbranche,
Komponenten zu möglichst günstigen Konditionen zu beziehen große Mengen dieser Batteriezellen.
sichern. Ein Großteil des abgebauten Kobalts landet im
CHINA: Contemporary Amperex Technology (CATL). Mit DR KONGO: Congo DongFang International Mining (CDM),
12 GWh produzierten Batterien ist CATL in der südostchi- eine Tochtergesellschaft des chinesischen Großkonzerns
DEUTSCHLAND: Die deutschen Autobauer kümmern sich dabei nicht nur auf den artisanalen Bergbau, sondern nesischen Provinz Fujian 2018 weltgrößter Hersteller für Huayou Cobalt, gehört zu den wichtigsten Kobaltlieferan-
eifrig um die Sicherung von Kobalt und Batteriezellen. betreffen auch den industriellen Sektor.14 Laut der Zeitung Batterien von Elektroautos. Unter anderen mit Daimler, ten, die auch Elektronikunternehmen wie Apple und Sam-
BMW ist bereits Großkunde bei CATL. Der Autohersteller Bloomberg hat das US-amerikanische Justizministerium BMW und VW als Kunden steht dem weiteren Wachstum sung sowie zahlreiche deutsche Autobauer – teilweise über
bestellte Batteriezellen im Wert von 1,5 Milliarden Euro, die Glencore Anfang Juli 2018 zu einer Anhörung vorgeladen, wenig im Weg. Im Juli 2018 öffnete sich CATL erstmalig Mittler wie Kathodenmaterialhersteller – versorgen. Direkt
ab 2021 aus der CATL-Fabrik in Erfurt kommen sollen. Für unter anderem wegen dessen Verwicklung in Geldwäsche für ausländische Investoren: BMW sicherte sich als erster neben Congo DongFang International Mining ist ein Wohn-
weitere 2,5 Milliarden Euro kauft BMW bei CATL in China.11 und Korruption in der DR Kongo15. nicht-chinesischer Autobauer einen kleinen Anteil an viertel entstanden. Wenn es regnet, läuft Abwasser aus der
Volkswagen schrieb im September 2017 einen (mindes- dem strategisch wichtigen Batteriezellen-Hersteller. CDM-Erzraffinerie in Lubumbashi in den Stadtteil Kasapa
tens) 5-jährigen Versorgungsvertrag zu einem festen BMW gewinnt dadurch an Liefersicherheit und Transpa- nebenan. Die AnwohnerInnen klagen über schwere Haut-
Preis aus, um sich Kobaltlieferungen langfristig zu guten renz. Im Juli 2018 bestätigte CATL außerdem den Bau und Atemwegsprobleme. Auf ihre zahlreichen Anfragen
Preisen zu sichern. Kein Anbieter ließ sich bislang darauf SÜDKOREA: LG Chem Ltd. ist ein südkoreanisches eines großen Batteriezellenwerkes in Erfurt. Bis 2022 will bei CDM bekamen sie bisher keine Rückmeldung.19 Congo
ein, da die Nachfrage enorm hoch ist. Derzeit kaufen VW, Chemieunternehmen und hat 2017 4,5 GWh Batterien pro- CATL dafür 240 Millionen Euro investieren. Zwar hat CATL DongFang bezieht Kobalt auch aus artisanalen20 Minen.
Daimler und BMW Batteriezellen noch in Asien ein und duziert. Das Unternehmen beliefert in Deutschland zum ein Supply Chain Management System erstellt, um dies- Der Mutterkonzern Huayou räumte bei einer Befragung
bauen diese dann zu großen Akkus für Elektroautos zu- Beispiel Audi, Renault und VW. LG CHEM erwirbt Kobalt bezügliche Risiken zu vermindern, es mangelt jedoch an durch Amnesty International 2016 ein, dass der Konzern
sammen. Zeitgleich treibt die deutsche Bundesregierung vom Schweizer Bergbaukonzern Glencore und behaupte- der konsequenten Umsetzung und Transparenz.18 ein unzureichendes Bewusstsein bzgl. des Lieferketten-
den Aufbau einer großen europäischen Batteriezellen- te 2017 auf Basis einer entsprechenden Aussage seines managements habe und nicht wusste, dass der Einkauf
fertigung in Deutschland voran, um deutsche Unterneh- Zulieferers Glencore, dass das von LG Chem verwendete von Kobalt aus artisanalen Minen bspw. Kinderarbeit
men langfristig vom asiatischen Markt unabhängig zu Kobalt einzig und allein aus industriellen Minen kommt, begünstigt.
machen. Als Reaktion auf Medien- und NRO-Berichte zu in denen Kinderarbeit und Menschenrechtsverletzungen
Menschenrechtsverletzungen im Kobaltbergbau reagier- ausgeschlossen seien.16 LG Chem hat sich intensiver
ten mehrere große Autohersteller mit dem Verweis, nur als andere Unternehmen mit dem Thema Supply Chain
noch Kobalt aus dem scheinbar „sicheren“ industriellen Management beschäftigt, hat Audits und Umfragen bei
Bergbau zu beziehen. Dabei wissen die Unternehmen, ausgewählten Zulieferern durchgeführt. Eine systema-
Fazit: Kobaltlieferketten sind weltweit verzweigt. Deut-
dass ein Viertel der gesamten Kobaltmenge über den tische Praxis der Lieferkettenverantwortung ist aber
sche Unternehmen der Elektronik- und Automobilbranche
Schwarzmarkt vom artisanalen in den industriellen auch bei LG Chem nicht gegeben.
beziehen Kobalt aus Quellen, in denen Menschenrechts-
Sektor eingeschleust wird.
verletzungen nicht ausgeschlossen werden können.
Trotz punktueller Versuche, Risiken zu identifizieren,
CHINA: GEM ist eines der wichtigsten Recyclingunterneh- Audits durchzuführen etc., kann kein einziges dieser
SCHWEIZ: Der Bergwerkkonzern Glencore stellt etwa men in China und zählt weltweit zu den bedeutendsten Zu- Unternehmen heute zu 100 % ausschließen, dass entlang
35 % der gesamten Kobaltproduktion. Im März 2018 ver- lieferern für aufbereitete Batterierohstoffe. Bislang hatte seiner Kobaltlieferkette Menschenrechtsverletzungen
kaufte der Konzern ein Drittel seiner Produktion an Chinas der Konzern den größten Teil des verwendeten Kobalts aus
geschehen. Zahlreiche Autobauer räumen ein, dass ihre
GEM. Auch für CATL ist Glencore einer der wichtigsten recycelten Batterien und Elektrogeräten gewonnen. Um
Lieferketten inzwischen transparenter und nachvollzieh-
Zulieferer. Glencore strebt an, seine Produktion von ca. seine Produktion zu steigern, hat GEM 2018 den Bezug von
bar geworden sind, nutzen diese Fortschritte jedoch noch
39.000 t in 2018 auf 65.000 t in 2019 zu steigern.12 Der großen Mengen Kobalt von Glencore vertraglich verein-
nicht ausreichend für eine systematische Analyse und
weltweite größte Produzent von Kobalt steht seit vielen bart. CATL wiederum will in den nächsten Jahren große
Jahren stark in der Kritik aufgrund systematischer Men- Mengen Kobalt von GEM beziehen. Beseitigung von menschenrechtlichen Risiken in ihren
schenrechtsverletzungen im Rohstoffabbau, unlauterer Lieferketten.
Geschäftspraktiken, Korruption und der Hinterziehung
von Abgaben.13 Vorwürfe aus der DR Kongo beziehen sich
05 064. Fokus: Kobalt aus der DR Kongo – kritisch, Rohstoffe, politische Fragilität und Konflikte in der DR Kongo
aber unentbehrlich Die fragile Situation in der DR Kongo ist ein Konglomerat aus fehlender Staatlichkeit, Korruption und Konflikten
um den Zugang zu Land und Ressourcen. Mineralische Rohstoffe wie z.B. Koltan, Zinn und Gold sind nicht die
Ursachen der verschiedenen Konflikte in den rohstoffreichen östlichen Regionen des Nord- und Südkivus und
Die DR Kongo verfügt über den Hauptanteil der weltweiten In der DR Kongo wird rund 20 % des Kobaltvorkommens
Maniema, treiben diese aber entscheidend mit an. Die Wurzeln der anhaltenden gewaltvollen Konflikte sind in na-
Kobaltvorkommen. Etwa 64 % (rund 76 000 t) der weltwei- artisanal abgebaut. Der meist informelle Kleinbergbau tionalen und regionalen politischen Auseinandersetzungen über Macht und Einfluss ebenso wie über den Zugang
ten Bergwerksförderung von Kobalt im Jahr 2017 entfielen ist ein wichtiger Einkommenssektor für die Bevölke- zu Land und die Frage nach Identität und Zugehörigkeit in den östlichen Provinzen des Landes, vor allen entlang
auf das zentralafrikanische Land.21 Die Kobaltförderung rung in den rohstoffreichen Regionen des Landes, birgt der Staatsgrenzen, zu finden. Die Möglichkeit, (mineralische) Rohstoffe abzubauen, den Transport zu besteuern
konzentriert sich vor allem auf die ehemalige Provinz Ka- aber gleichzeitig viele Gefahren. Amnesty International und den Profit einzustreichen, ist eine von mehreren Einnahmequellen für bewaffnete Gruppen und staatliche
tanga (die jetzigen Provinzen Haut-Katanga und Lualaba) schätzt, dass ca. 110.000 – 150.000 Menschen im arti- Akteure in der DR Kongo. Auch regionale Akteure wie die Nachbarländer Ruanda und Uganda unterstützen durch
im Südosten des Landes. Aufgrund der fragilen politi- sanalen Kobaltsektor beschäftigt sind.22 Eine genaue StellvertreterInnen wie eigens installierte militarisierte Gruppen oder ZwischenhändlerInnen diese verheerende
schen Situation steht die DR Kongo bei Industrieverbän- Zahl zu ermitteln ist aufgrund der fehlenden statistischen Situation, um sich selbst Zugang zu den begehrten kongolesischen Rohstoffen zu verschaffen und Handelswege
zu kontrollieren.
den und Regierungen in einem kritischen Licht. Gleich- Erhebungen sowie einer hohen Fluktuations- und Migra-
zeitig sind sie jedoch von den hohen Kobaltvorkommen in tionsrate in den Abbaugebieten nicht möglich. Zudem
der DR Kongo abhängig, denn die übrigen erschlossenen findet der Abbau und Handel der Rohstoffe aus dem
Lagerstätten der Welt können den Bedarf der Industrie Kleinbergbau im Gegensatz zum industriellen Bergbau Kleinbergbau im kongolesischen Kobaltsektor - Chancen und Risiken
allein nicht decken. häufig ohne staatliche Kontrolle und rechtliche Absiche-
rung statt. Im Kleinbergbau (auch „artisanaler Bergbau“ genannt: Mineralien; keinerlei wirtschaftliche Rechte und Gleich-
Englisch ASM – Artisanal and Small-Scale Mining) wird behandlung der KleinschürferInnen durch die Zwischen-
meistens per Hand geschürft. Die Arbeitsbedingungen händlerInnen und damit eine einseitige Profitschleife;
im Kleinbergbau verstoßen oft gegen allgemeingültige Gewalt durch Sicherheitskräfte und Milizen; Prostitu-
Übersichtskarte des kongolesischen industriellen und artisanalen Menschenrechte, Umweltauswirkungen sind untragbar. tion in den Camps nahe der Abbaugebiete.25 Allein im
Kobaltabbaus im zentralafrikanischen Kupfergürtel Die KleinschürferInnen arbeiten oftmals unter prekä- Zeitraum von Oktober 2014 bis Oktober 2015 wurden 72
ren Bedingungen. Es fehlt an ausreichender Schutz- Todesfälle bei eingestürzten Tunneln oder anderen Vorfäl-
bekleidung und Sicherheit für die ArbeiterInnen. Viele len während des Kobaltabbaus gezählt.26
KleinschürferInnen begeben sich bei ihrer Arbeit in
Lubudi
den selbstgebauten Tunneln in Gefahr und setzen sich Im Gegensatz dazu wird im industriellen Großbergbau
gesundheitsschädlichen Risiken aus. Laut der Weltge- (LSM -Large-Scale Mining) mit größeren Schwermaschi-
sundheitsorganisation (WHO) kann Kobaltstaub langfris- nen gearbeitet. Zwischen beiden Bereichen kommt es
tige Gesundheitsprobleme, insbesondere Atemwegser- nicht selten zu Konflikten. Wenn große Unternehmen den
Mutshatsha krankungen, verursachen. Oft arbeiten auch Kinder und Rohstoffabbau auf einem Gebiet betreiben möchten, auf
Jugendliche im Kleinbergbau. Sie sortieren und waschen dem zuvor viele Menschen im Kleinbergbau tätig waren,
Likasi die Mineralien aus und betätigen sich als TrägerInnen. kommt es häufig zu Vertreibungen und weiteren Proble-
Eine der Hauptursachen für die Arbeit von Minderjährigen men wie zum Beispiel dem Ausbleiben einer Entschädi-
in den Abbaugebieten ist die grassierende wirtschaftliche gung für den Verlust der Lebensgrundlage. Die Konflikte
Armut.23 Amnesty International und African Resources zwischen den KleinschürferInnen und den industriellen
Haut-Katanga sambia Watch wiesen bereits vor zwei Jahren nach, dass schon Bergbauunternehmen nehmen in Haut-Katanga und Lual-
Lubumbashi
dr kongo
Kinder ab sieben Jahren ihr Leben und ihre Gesundheit im aba mit der wachsenden globalen Nachfrage von Kobalt
Kleinbergbau von Kobalt riskieren. Laut Amnesty Interna- rasant zu. Es kommt immer wieder zu Streitigkeiten um
tional arbeiten Kinder bis zu 12 Stunden täglich für einen Abbaurechte und fehlende Gebiete für die Kleinschürfe-
Lohn von ein bis zwei Dollar pro Tag.24 Kongolesische rInnen. Diese dringen auf Konzessionsgebiete von Berg-
sambia
NRO und kirchliche Verbände nennen weitere Probleme bauunternehmen ein, um schürfen und dadurch ihr Über-
beim Kleinbergbau: Fehlende Ausbildung und Sensibi- leben sichern zu können. Sie besitzen häufig keine Titel
lisierung im Umweltschutz für die ansässigen Koope- oder gültigen Papiere und werden von den Unternehmen
Raffinerien/Hütten Roan Gruppe Sakania rativen und KleinschürferInnen; stillgelegte Gruben nur geduldet oder vertrieben. „Die artisanale Rohstoffge-
Industrieller Cu-Co-Bergbau Städte werden nicht rehabilitiert bzw. offene Gruben bleiben winnung findet aktuell auf privaten Konzessionen statt, in
0 25 50 100 Km bestehen; Abholzung für die Bohrung von Abbaugruben; der Folge werden die KleinschürferInnen verjagt und wenn
Artisanaler Cu-Co-Bergbau Gewässer
Verschmutzung der Gewässer durch Auswaschung der sie verjagt werden, sorgen sie für Tumult.“27 Des Weiteren
07 085. Akteure und Profiteure
finden laut der kongolesischen NRO CARF Verlagerungen Der seitens der weiterverarbeitenden Industrie vorge- entlang der Kobaltlieferkette
von Abbaugebieten der KleinschürferInnen durch Unter- brachte Lösungsansatz, den Kleinbergbau zu reduzieren
nehmen und Sicherheitskräfte statt. Oftmals befinden oder zu verbieten, ist nicht gekoppelt an die Schaffung Vom gestiegenen Preis für Kobalt profitieren vor allem die Unternehmen und HändlerInnen an
sich die Zonen, in denen KleinschürferInnen arbeiten von alternativen Einkommensmöglichkeiten und würde den weltweiten Rohstoffmärkten, nicht aber die lokalen SchürferInnen, die das Kobalt abbauen.
dürfen, in weniger attraktiven Gegenden. Dort haben die in tausenden von KleinschürferInnen und ihren Familien in
Kooperativen zusammengefundenen KleinschürferInnen den Bergbauregionen schaden.31 Ebenso problematisch
keine Möglichkeit eine Bergbaumine zu entwickeln.28 ist das Umgehen des Kleinbergbaus durch weiterverarbei-
tende Industrien: Wenn die Daimler AG festlegt, „dass in Kobalt-Lieferkette upstream / downstream mit Ursprung DR Kongo
Hinzu kommt die prekäre Sicherheitslage in und um die [ihren] Lieferketten ausschließlich Kobalt aus industriel-
Minen herum. Aufgrund der lukrativen Gewinnspanne zieht len Minen mit entsprechenden Nachhaltigkeitsstandards
der Abbau und Handel von Kobalt viele Akteure an. Neben verarbeitet wird“ dient dies nicht nachhaltig einer konst-
den KleinschürferInnen und großen Bergbauunternehmen ruktiven Weiterentwicklung des Bergbausektors in der DR
sind es auch Angehörige des Geheimdienstes, der Präsidi- Kongo, sondern verschärft eher bestehende Konflikte.32
algarde, der nationalen Armee FARDC und verschiedener Zudem ignoriert es die Tatsachen: Aufgrund der enormen
Milizen. Dies führt zu wachsenden Unsicherheiten sowohl Nachfrage landet ohnehin ein Teil des artisanal gewonne- Industrieller Artisanaler
für die KleinschürferInnen als auch für die lokale Bevölke- nen Kobalts bei jenen Zwischenhändlern, in denen auch Bergbau Bergbau
rung.29 das Kobalt aus industrieller Produktion gehandelt und mit
letzterem vermischt wird. Ein kongolesischer
legal illegal
Dabei birgt der Kleinbergbau laut den kongolesischen Angestellter der Huayou Cobalt Company, einem der
NRO CARF und Afrewatch Potential, vor allem im Einkom- größten chinesischen Handelshäuser in der DR Kongo,
men schaffenden Sektor. Es ist der Kleinbergbau, der im beschrieb France 24 gegenüber Anfang 2018: „Egal, wie Kooperative auf Kooperativen auf informelle
gesamten Land aufgrund direkter und indirekter Aktivitä- hoch die Qualität oder der Kobaltgehalt des Gesteins Fremdkonzession ausgewiesener Zone* Arbeitsgruppe
ten im und um den Abbau von mineralischen Rohstoffen sind, hier wird alles aufgekauft. Der Schwarzmarkt
um die 20 Millionen Menschen versorgt. In der ehemaligen funktioniert hervorragend, er ist gut organisiert.“33 Wei-
Katanga-Provinz soll der Abbau von Kobalt und Kupfer terverarbeitende Industrien sollten sich der Realität in
für rund 10 Millionen Menschen Einkommen generieren. den Abbaugebieten stellen und entlang internationaler
Im Vergleich dazu beschäftigen die über 100 im Bergbau Standards wie der OECD-Leitlinien für Wirtschaft und
tätigen Unternehmen in derselben Region unter einer Menschenrechte Verantwortung tragen. Dies bedeutet, Zwischenhändler * Eine Zone d‘exploitation artisanale
upstream
Millionen Menschen.30 dass Standards für einen verantwortungsvollen Bezug (ZEA) ist eine vom Staat für die Aus-
von Kobalt etabliert werden müssen und der artisanale übung von Kleinbergbau freigegebene
Zone.
Teils in Kooperativen organisiert, teils außerhalb, arbeiten Bergbau in die Wertschöpfungskette integriert wird.
die KleinschürferInnen zum größten Teil im informellen Die Forderung nach transparenten Lieferketten mit ga- Depot
Sektor. Das bedeutet, dass sie kaum Zugang zur Justiz ha- rantierten Rechten für alle Akteure in der Lieferkette
ben und keine kollektiven Arbeitnehmervertretungen und muss gesetzlich verankert werden. Noch funktioniert
Rechte in Anspruch nehmen können. Sie besitzen kaum die Umsetzung menschenrechtlicher Sorgfalt vor Ort
Möglichkeiten, Geld anzulegen oder zu sparen sowie bei nicht: „Viele Unternehmen kümmern sich überhaupt nicht lizensierte Komponentenhersteller
Verhandlungen um Verteilung von Gewinnen und Anteilen um menschenrechtliche Sorgfalt.“34 Handelshäuser für Lithium-Ionen-Batterien
am Verkauf von mineralischen Rohstoffen ihre Interessen
zu vertreten. Angesichts des anwachsenden Konflikts zwi- Zudem birgt auch der industrielle Sektor Risiken für
downstream
schen industriellen Bergbauunternehmen und expandie- Bevölkerung und Umwelt in den Abbaugebieten und ist
(lokale) Lithium-Ionen-Batterie-
rendem Kleinbergbau in den Kobaltabbaugebieten haben insbesondere für Korruption und illegale Steuerzahlun-
Bergbauunternehmen produzenten
sie kaum Möglichkeiten, in einen gleichberechtigten Dialog gen anfällig. IndustrieAll Global Union-Mitglieder aus der
um die Frage von Landzugang und Preisdiktat zu treten. DR Kongo erhoben 2018 im Rahmen einer Untersuchung
Hinzu kommt ein Umfeld, in dem Milizen Schutzgelder und bspw. massive Vorwürfe gegen Arbeitsbedingungen in
private Steuern erpressen. Aufgrund fehlender rechts- den Glencore-Minen Kamoto und Mutanda in der ehemali- Automobilbranche /
Schmelzen
staatlicher Strukturen fehlen den Menschen Instrumente gen Katanga-Region.35 und Raffinerin Elektronikbranche
und Sicherheit, um ihre Rechte gegenüber Bergbauunter-
nehmen oder anderen Akteuren einzufordern.
09 10Der artisanale Bergbau birgt zwar größere Gewinnspan- nen, ZwischenhändlerInnen und weiterverarbeitende Rohstoffhandel und Staatskassen
nen als bspw. die landwirtschaftliche Produktion, ist aber Industrie besteht bislang nicht. Daher lautet die Forde-
Verschiedene Studien, wie die Panama Papers oder „The Plunder Route to Panama“ belegen die Verwick-
gleichzeitig abhängig vom globalen Rohstoffwertsteige- rung der NRO CARF: „Damit der Kleinbergbau profitiert,
lung des Staates in zwielichtige wirtschaftliche Geschäfte, auch im Bergbaubereich. Laut der Nicht-
rungen und -verlusten. Die KleinschürferInnen stehen da- müssten moderne Handelszentren mit klaren Spielregeln
regierungsorganisation Global Witness sollen zwischen 2013 und 2015 mehr als 647 Millionen Euro, die
bei am Anfang der Wertschöpfungskette und bekommen geschaffen und ebenso wie Kleinbergbaukooperativen von Firmen an den kongolesischen Staat gezahlt wurden, versickert sein. Die meisten Bergbaulizenzen
den geringsten finanziellen Anteil der Rohstoffgewinne und Zwischenhandelsstrukturen von Investitionsbanken in der DR Kongo vergibt die staatliche Bergbaugesellschaft Gécamines, dessen Vorstand laut Global Wit-
ab. Laut den Autoren der CEGA-Studie36 sieht das unglei- im Bergbausektor unterstützt werden“37. Laut Emmanuel ness zum engsten Kreis der Präsidentschaftsfamilie gehört. Da Gécamines keine Bilanzen veröffentlicht,
che Preisgefälle folgendermaßen aus: „Der Preis, den die Umpula von der Organisation Afrewatch gibt es trotz des ist nicht bekannt, wo das Geld aus den Lizenzen schlussendlich landet. Der kongolesische Anwalt Jean
KleinschürferInnen für den direkten Verkauf von reinem Preisanstieges von Kobalt in den vergangenen Monaten Claude Katende macht auf Kobalt als strategische Einkommensquelle für die kongolesische Regierung
Kobalt an ZwischenhändlerInnen erhalten, beträgt in der keine Verbesserungen für die KleinschürferInnen. Es ist aufmerksam und warnt davor, dass die enorme Einkommensspanne des Rohstoffes für erneute Konflikte
Lieferkette weniger als die Hälfte und entspricht (mög- der/die EinkäuferIn bzw. ZwischenhändlerIn, der/die den sorgt.39 Auf dem Korruptionsindex von Transparency International landet die DR Kongo auf Platz 161 von
licherweise) nur 6 % des Preises/Wertes für die gleiche Preis diktiert, die KleinschürferInnen können sich dem 180 Ländern.
Menge an reinem Kobalt, welchen die ZwischenhändlerIn- Markt nur anpassen, bislang aber keine Forderungen stel-
nen durch den Verkauf der Mineralien an die verarbeiten- len. „Der kongolesische Staat müsste, in Zusammenarbeit
den Betriebe in der DR Kongo erzielen.” mit den internationalen PartnerInnen, einen internen, 1 Vortrag Al Barazi: Rohstoffrisikobewertung Kobalt. -aus-der-dr-kongo.pdf?__blob=publicationFile&v=2), S. 9,
DERA-Industrieworkshop Kobalt 2.7.2018 zuletzt besucht: 27.11.2018
lokalen Markt für Kobalt aus dem Kleinbergbau aufbauen. 23 Center for Effective Global Action Policy Report: “Artisanal
2 Deutsche Rohstoffagentur: Rohstoffwirtschaftliches
Oftmals müssen die KleinschürferInnen für die zusätzli- Dieser Markt sollte begleitet werden von einer Art lokaler Kompetenzzentrum zu mineralischen und Energierohstoffen für Mining, Livelihoods, and Child Labor in the Cobalt Supply Chain of
chen Kosten, welche durch Zertifizierung und Industriei- Rohstoffbörse. HändlerInnen und Handelshäuser sollten die deutsche Wirtschaft; Bestandteil der Bundesanstalt für the Democratic Republic of Congo”, 2017, Abstract
24 Amnesty International: Time to Recharge, 2017, S. 18
nitiativen37 entstehen, finanziell aufkommen. Eine faire den Einkaufspreis für Kobalt aus dem artisanalen Sektor Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR)
3 Agora Verkehrswende. Strategien für die nachhaltige 25 Fragebogen-Interview Jacques Nzumbu Mwanga, Experte für
Verteilung der zusätzlichen Kosten auf KleinschürferIn- nicht allein festlegen.“38
Rohstoffversorgung der Elektromobilität. 2017 Rohstoffgovernance, Direktor für Forschung und Naturressourcen-
4 Pressemitteilung DERA/BGR vom 2.7.2018 management der kongolesischen NRO CARF, August 2018
5 DERA/BGR: Rohstoffinformation 36 (Hrsg.): Rohstoffrisiko- 26 www.bbc.com/news/technology-35311456,
bewertung Kobalt. (Vorabversion Datenstand Februar 2018); S. 39/75 zuletzt besucht: 27.11.2018
6 Stefan Hajek: „Bremsen Rohstoffengpässe das Elektroauto aus?“ 27 Fragebogen-Interview Emmanuel Umpula, Afrewatch, Mai 2018
www.wiwo.de vom 15.11.2017, zuletzt besucht: 27.11.2018 28 Fragebogen-Interview Jacques Nzumbu Mwanga, August 2018
7 Als Industrie 4.0 bezeichnet man die umfassende Digitalisierung 29 Fragebogen-Interview Jean Claude Katende, Anwalt und Leiter
der industriellen Produktion. des kongolesischen NRO ASADHO. Mai 2018
8 Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe 30 Fragebogen-Interview Jacques Nzumbu Mwanga, August 2018
9 Umicore Chief Executive Marc Grynberg, www.reuters.com, 31 Center for Effective Global Action Policy Report: “Artisanal
zuletzt besucht: 6.11.2018 Mining, Livelihoods, and Child Labor in the Cobalt Supply Chain of
10 DERA/BGR: Commodity Top News n° 53: Kobalt aus der DR Kongo the Democratic Republic of Congo”, 2017, S.9f.
– Potenziale, Risiken und Bedeutung für den Kobaltmarkt 32 Deutsche Welle: Nahaufnahme vom 26.11.2018: Der wahre Preis
11 www.t3n.de/news/bmw-daimler-vw-kunden-catl-baut-1094144/, der Elektroautos. www.dw.com/de/der-wahre-preis-der-elektro
zuletzt besucht: 28.11.2018 autos/av-46454486, Minute 26. zuletzt besucht: 28.11.2018
12 www.reuters.com/article/us-gem-glencore-cobalt/ 33 Vgl. Schurath: Kratzer im Hochglanzlack; Südlink Nr. 185,
glencore-signs-massive-cobalt-sale-deal-with-chinas-gem September 2018
-idUSKCN1GQ3B3, zuletzt besucht: 7.11.2018 34 Fragebogen-Interview Jean-Claude Katende, Mai 2018
13 Misereor/Facing Finance, 2017: Fragwürdige Unternehmens- 35 IndustrieAll Global Union: Report of the Fact-Finding Mission
tätigkeiten des Schweizer Bergbauriesen Glencore und die to the Democratic Republic of Congo Testimonies of Mineworkers
Verantwortung deutscher Banken, S. 9-10 from Kamoto copper-cobalt (KCC) and Mutanda copper mine
14 Vgl. IndustrieAll Report 2018 (MUMI), März 2018
15 www.bloomberg.com/news/articles/2018-10-09/is-the-reign-of 36 CEGA: Artisanal mining, livelihoods and child labor in the Cobalt
-glencore-s-billionaire-copper-king-near-its-end, supply chain of the Democratic Republic of Congo, 2017, S.8
zuletzt besucht: 28.11.2018 37 Als Zertifizierung wird im Kontext des Bergbaus ein Verfahren
16 Vgl. Amnesty International 2017: Time to recharge, S. 91 bezeichnet, mit dessen Hilfe die Einhaltung bestimmter men-
17 Marine Rohstoffe Newsletter 2016, BGR und www.bgr.de schenrechtlicher und ökologischer Anforderungen bei der
18 Vgl. Amnesty International 2017: Time to recharge, S. 90 Extraktion von Rohstoffen nachgewiesen wird. Seit den Berichten
19 www.dw.com/de/kongo-der-preis-der-kobaltgier/g-43916245, durch AI zu Kinderarbeit im Kobaltsektor haben sich verschiedene
zuletzt besucht: 28.11.2018 Industrieinitiativen zur diesbezüglichen Kontrolle ihrer Lieferketten
20 Im Kleinst- oder artisanalen Bergbau werden die Arbeiten im gegründet. Bestehende Zertifizierungsinitiativen in der DR Kongo
Gegensatz zur industriellen Produktion mit einfachen nicht fokussieren v.a. auf das Kriterium „konfliktfrei“. Auch die BGR ver-
industriellen Methoden (Handwerkzeug) verrichtet. folgt mit dem CertifiedTrading-Chains (CTC)-Ansatz eine Verbes-
21 DERA Rohstoffrisikobewertung-Kobalt, 2018, S.10 serung der Bedingungen in den Minen.
22 www.deutscherohstoffagentur.de/DE/Gemeinsames/Produkte/ 38 Jacques Nzumbu Mwanga, Interview, Juli 2018
Downloads/Commodity_Top_News/Rohstoffwirtschaft/53_kobalt 39 Jacuqes Nzumbu Mwanga, Stellungnahme November 2018
40 Fragebogen-Interview Jean Claude Katende, Mai 2018
11 12TEIL II Konstruktive Ansätze für Gerechtigkeit
Who cares? Ansätze für entlang der Wertschöpfungskette
von Kobalt:
zukunftsfähige Kobaltnutzung
Menschenrechtliche Sorgfaltspflichten gesetzlich
verankern
Deutschland wird zukünftig nicht weniger, sondern oder mehrere dieser Initiativen auf freiwilliger Basis invol- Klarheit im Narrativ: Menschenrechtliche Sorgfalt
stärker ins Kobaltgeschäft involviert sein und nimmt viert – ein guter erster Schritt. Die Wirksamkeit vor Ort ist
ist kein Marketinginstrument
damit auch eine Vorreiterrolle bei der Lieferketten-Ver- jedoch noch begrenzt, mehr Engagement für Gerechtig-
antwortung ein. Bundeswirtschaftsminister Altmaier hat keit entlang der Wertschöpfungskette seitens Politik und Funktionierende Beschwerdemechanismen einrichten
im November 2018 eine Milliarde Euro für die Entwicklung Industrie sind unabdingbar. Gleichzeitig können interna-
einer Batteriezellenproduktion in Deutschland zugesagt. tionale Zertifizierungsinitiativen und Monitoring rechts- Zugang zu gerichtlichen und außergerichtlichen
Je stärker deutsche Unternehmen in der Lieferkette staatliche Strukturen nicht ersetzen.
mitwirken, desto schwieriger wird es, die alleinige
Instanzen schaffen
Verantwortung an Zulieferer im upstream-Bereich41 ab- Vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit Zertifizierung
Rohstoffgovernance neu gestalten, Kleinbergbau
zugeben. Politische Rahmenbedingungen müssen sich von Rohstoffen im Osten der DR Kongo betrachten zahl-
dem anpassen. reiche zivilgesellschaftliche Akteure vor Ort den Ansatz akzeptieren und integrieren
mit Vorbehalt: „Die Zertifizierung von artisanalem Kobalt
Eine verantwortungsvolle Wertschöpfungskette bedeu- erhöht die Produktion des industriellen Kobalt-Bergbaus, Stärkung der Bergbaukooperativen durch Begleitmaßnahmen
tet, dass der Kobalthandel, der weltweit für Profit sorgt, der mehr Steuern an den kongolesischen Staat zahlt“, im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit
auch dort, wo der Primärrohstoff gewonnen wird, der erklärt Jaques Nzumbu Mwanga. Zertifizierung berge
Entwicklung von Souveränität dient. Gut geführte und aber das Risiko, „den artisanalen Sektor nach und nach zu Wirtschaftliche Diversifizierung unterstützen
in die globalen Wertschöpfungsketten auf Augenhöhe verdrängen, weil die Kosten der Zertifizierung zu hoch für
integrierte Bergbaukooperativen können die Lebens- die KleinschürferInnen“ werden. In der Folge drohten auch Aufbau lokaler Wertschöpfungsketten fördern
bedingungen von KleinschürferInnen maßgeblich „Gewalt und Sabotageakte gegen die industriellen Minen“
verbessern. Die Wahrung der Menschenrechte und der zuzunehmen, die „ohnehin schon existierenden sozia-
Umwelt als Lebensgrundlage von Millionen Menschen sind len Spannungen“ könnten sich weiter verschärfen. Der
nur möglich, wenn der politische Wille und die entspre- Experte für Rohstoffgovernance gibt zudem zu bedenken:
chenden Rahmenbedingungen vorhanden sind und ernst „Zertifizierung bei gleichzeitiger Abhängigkeit von Kobalt 1. Menschenrechtliche Sorgfaltspflichten
genommen werden. aus dem artisanalen Bergbau führt dazu, dass Kobalt aus
artisanaler Produktion einfach eingeschleust wird in die gesetzlich verankern
Auf die Berichte von Amnesty International, SOMO, CEGA Lieferkette und dann dennoch von Konzernen erworben
und anderen hin sehen sich Unternehmen zunehmend wird.“ Die Zertifizierung öffne auch „einem illegalen grenz- 2011 hat der UN-Menschenrechtsrat die Leitprinzipien für für Kobalt sind inzwischen weitestgehend nachvollziehbar,
gezwungen, Industrieinitiativen zu gründen, um Wert- überschreitenden Kobalthandel die Türen.“42 Wirtschaft und Menschenrechte verabschiedet. Diese das räumen sogar viele große Automobilunternehmen als
schöpfungsketten besser zu kontrollieren. Dazu gehören Prinzipien sind konkret und lassen nicht viele Fragen offen: wichtige Einkäufer von Kobalt ein. Was fehlt, ist eine klare
Global Battery Alliance, Responsible Sourcing Initiative, Punktuelle Zertifizierung kann dazu beitragen, die Unternehmen sollen sicherstellen, dass sie weder indirekt gesetzliche Verpflichtung seitens der Bundesregierung
Cobalt Due Diligence, European Battery Alliance, Cobalt Bedeutung der Kontrolle von Lieferketten mehr ins noch direkt zu Menschenrechtsverletzungen beitragen; an Unternehmen, Lieferketten nicht nur transparent zu
Pilot Scheme und RMI. Einige der großen deutschen Bewusstsein aller beteiligten Akteure zu bringen, ist Staaten sollen die Menschenrechte aktiv schützen und Zu- machen, sondern konkrete Maßnahmen umzusetzen, die
Automobil- und Elektronikunternehmen sind in einer aber keine umfassende Lösung für die oben genannten gang zu Beschwerdemechanismen schaffen. Lieferketten Mensch und Natur entlang der Lieferketten schützen.
Herausforderungen.
13 14Die menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten sind der 2. Klarheit im Narrativ: Menschenrechtliche
Kern der unternehmerischen Verantwortung der UN-
Leitprinzipien. Sorgfaltspflicht ist kein Marketinginstrument
Es muss deutlich kommuniziert werden, dass die men- selbige als Allheilmittel zu verstehen. Klar muss aber sein:
Sorgfaltspflichten entlang der Lieferkette (am Beispiel eines Batteriezellenproduzenten) schenrechtliche Sorgfaltspflicht kein Marketinginstru- Menschenrechtliche Sorgfalt allein kann nicht die bereits
ment ist und nicht alle Probleme und Herausforderungen existierende Radioaktivität vermindern. Sie wird vermut-
lösen kann. Sie muss als Mindeststandard beim Abbau und lich auch nicht komplett den Einsatz von Schwermetallen
1. Der Batteriezellenhersteller entwickelt eine Unternehmenspolitik zu Menschenrechten:
Handel von Rohstoffen wie Kobalt gelten. zur Rohstoffgewinnung verhindern können und verändert
bei allen Entscheidungen, bspw. im Einkauf von Kathodenmaterial oder der Wahl von Zu-
nicht grundlegend die existierenden Machtstrukturen im
lieferländern müssen sich Mitarbeitende fragen, ob ihre Entscheidung den Kriterien eines
Die politische Debatte trägt derzeit zu einem Fehlverständ- Bergbausektor. Ebenso wenig verhilft sie kongolesischen
aktiven und umfassenden Schutzes der Menschenrechte standhält. Ist das nicht der Fall,
nis menschenrechtlicher Sorgfalt bei. Wenn Ratgeber des KleinschürferInnen zur Souveränität über ihre Lebens-
müssen andere Wege identifiziert werden.
Global-Compact-Netzwerks43 Unternehmen mit wirtschaft- grundlagen.44 Menschenrechtliche Sorgfaltspflicht, wie
2. Das Batteriezellenunternehmen analysiert kontinuierlich die Auswirkungen der eigenen lichen Vorteilen für menschenrechtliche Sorgfalt motivie- sie derzeit diskutiert wird, hat Grenzen. Aber sie kann
Tätigkeit sowie seiner Geschäftsbeziehungen im Hinblick auf die Menschenrechte und be- ren, wie der „Vermeidung von operativen, rechtlichen und einen wichtigen Beitrag leisten, um im bestehenden
zieht in diese Analyse aktiv die betroffene Zivilgesellschaft in Zulieferländern von Primär- Managementkosten“ oder einer „verbesserten Kreditwür- System mehr Augenhöhe und Respekt zwischen Produ-
rohstoffen ein. Ein deutscher Batteriezellenproduzent begreift seine Unternehmensverant- digkeit“, dann dient das nicht unbedingt einem grundlegen- zentInnen und ProfiteurInnen zu etablieren. Der Diskurs
wortung auch über die schlussendliche Produktionsstätte hinaus. Menschenrechtswidriges den Umdenken bzgl. des Zusammenhangs zwischen Profit über menschenrechtliche Sorgfaltspflichten muss beide
Verhalten anderer Akteure entlang der Zulieferkette, zum Beispiel gegenüber kongolesi- und Verantwortung. Bei dieser Herangehensweise wird genannte Aspekte berücksichtigen. Unternehmerische
schen KleinschürferInnen muss es dann als mittelbare Folge seiner Unternehmenspraxis
menschenrechtliche Sorgfalt vielmehr bereits verwäs- menschenrechtliche Sorgfalt ist keine Extrapflicht, son-
anerkennen und für die Konsequenzen einstehen.
sert, bevor sie umgesetzt wird. Zudem birgt der derzeitige dern das Mindeste, was eingehalten werden muss, wenn
Diskurs rund um menschenrechtliche Sorgfalt das Risiko, Unternehmen und Menschen aufeinandertreffen.
3. Wenn Missstände entlang der Lieferkette entdeckt werden, ergreift der Batteriezellen-
produzent effektive Gegenmaßnahmen, um die Missstände zu beheben und sie wieder-
gutzumachen. Das gilt auch, wenn das Unternehmen nicht selbst bzw. direkt den Schaden
verursacht hat, sondern ein anderer Akteur in der Lieferkette. Doch die Verantwortungsket- 3. Funktionierende
Beschwerdemechanismen einrichten
te endet nicht beim Batteriezellenhersteller. Wenn das in Batteriezellen enthaltene Kobalt
anschließend also im E-Golf, E-Tron Quatro oder im BMW i3 verbaut wird, müssten sich nicht
nur der Batteriezellenproduzent, sondern auch VW, Audi und BMW dem verseuchten Trink-
wasser am Anfang der Lieferkette stellen, auch wenn sie die Schwermetalle nicht selbst in Ein funktionierender Beschwerdemechanismus ist ein fenen ermöglicht, in ihrer lokalen Sprache bestehende
das Grundwasser eingeleitet haben. Kosten für Schutz- und Wiedergutmachungs-Maßnah- Menschenrechtsverletzungen anzuzeigen und beglei-
wichtiges Element für die Schaffung von gerechten
men können dann verteilt werden unter den downstream-NutzerInnen des Kobalts.
Strukturen. Mittels Beschwerdemechanismus entspre- tend das Vertrauen in Gerichtsbarkeit aufbauen.
chend der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Men- Eingegangene Beschwerden und deren Bearbeitung
4. Ergänzend holt der Batteriezellenhersteller von den Betroffenen sowie unabhängigen
schenrechte könnten Betroffene von Menschenrechts- müssen transparent gemacht werden. Zugleich würde
BeobachterInnen Feedback ein, ob die Gegenmaßnahmen sinnvoll waren und den Schaden
wirklich beheben konnten. verletzungen oder dem Verlust von Lebensgrundlagen mit funktionierenden Beschwerdemechanismen eine
im Kontext des Kobaltabbaus ihre Anliegen direkt und breitere Datengrundlage über die sozialen, ökologischen
5. Der Batteriezellenhersteller richtet in allen von ihm genutzten Bezugsregionen für niedrigschwellig anzeigen. Die Bundesregierung muss und ökonomischen Auswirkungen von Geschäftspraktiken
Primärrohstoffe leicht zugängliche Beschwerdemechanismen ein, die nicht nur Klein- Unternehmen dazu verpflichten, einen wirkungsvollen deutscher Unternehmen im Ausland und ihrer Zulieferer
schürferInnen, sondern bspw. auch AnwohnerInnen rund um eine Mine ermöglichen, Beschwerdemechanismus einzuführen, der es Betrof- geschaffen.
direkt zu signalisieren, wenn Missstände entdeckt werden.
4. Zugang zu gerichtlichen und
außergerichtlichen Instanzen schaffen
Im Gegensatz zu einer reinen Zertifizierungsstrategie, tiefergehende Auseinandersetzung mit den Auswirkun-
d.h. der Einteilung von Primärrohstoffquellen aus einer gen ihrer Geschäftstätigkeit. Lösungsansätze können Auch die Einführung ernsthafter Sanktionen ist unum- Entsprechend der UN-Leitprinzipien sollte die Bundes-
Mine kommend in fair und konfliktfrei bzw. unfair und gemeinsam mit Betroffenen entwickelt werden. Bislang gänglich für die wirksame Kontrolle von Lieferketten. Ohne regierung Zugänge zu gerichtlichen und außergericht-
kritisch, ist der Ansatz der Sorgfaltspflichten stark nimmt die Bundesregierung Unternehmen nicht in die dieses juristische Mittel lässt sich kein ausreichender lichen Mitteln schaffen, damit wirtschaftsbezogene
prozessorientiert. Konsequent umgesetzte Sorgfalts- Pflicht, Sorgfaltspflichten entlang der Lieferkette um- Handlungsdruck aufbauen. Dass Unternehmen als Kehrsei- Menschenrechtsverstöße untersucht und geahndet
pflichten ermöglichen Unternehmen eine schrittweise zusetzen. Das muss sich dringend ändern. te ihrer Freiheiten am Markt auch strafrechtliche Verant- werden können und Betroffene (finanzielle) Ausgleichs-
wortung für unrechtmäßiges Handeln tragen müssen, ist leistungen erhalten.
plausibel.
15 165. Rohstoffgovernance neu gestalten 6. Stärkung der Bergbaukooperativen durch
Rohstoffgovernance ist ein entscheidender Hebel im Lie- Zugleich muss sie für die Industrie im Downstream-Be- Begleitmaßnahmen im Rahmen der EZ
ferkettenmanagement. Sie umfasst sozial und ökologisch reich der Lieferkette verbindliche Standards für den
zukunftsfähige Regeln zur Regulierung der Nutzung von verantwortungsvollen Bezug von Kobalt festlegen und die Das Instrument Entwicklungszusammenarbeit wird KleinschürferInnen hinsichtlich gesundheitlicher Risiken
Bodenschätzen. Ebenso beinhaltet sie die gerechte Ver- Übernahme beim Rohstoffabbau entstehender (externa- seitens der Bundesregierung bereits für die Umsetzung bei der Gewinnung von Kobalt, bspw. dem Freiwerden
teilung von (öffentlichen) Einnahmen sowie Regelungen lisierter) Kosten durch alle Profiteure der Lieferkette klar von rohstoffpolitischen Strategien genutzt. Im Sinne radioaktiver Strahlung. Grundsätzlich muss darüber
über die Übernahme der Kosten für die Einhaltung von zuteilen. Auch der konsequente Einsatz für die Demokra- bundespolitischer Ziele wie den SDGs 1, 8, 10 und 1246 hinaus mit Provinzregierungen und anderen staatlichen
Umwelt- und Sozialstandards. Die Bundesregierung berät tieförderung im Zuge diplomatischer Bemühungen ist un- muss die Bundesregierung dieses Instrument vermehrt Institutionen ein formal gleichwertiger Platz des artisana-
im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit staatli- abdingbar, um neuen Strukturen der Rohstoffgovernance bedienen, um Bergbaukooperativen als eine der wich- len Bergbaus neben dem industriellen Bergbau ausge-
che und nichtstaatliche Akteure in der DR Kongo dabei, einen fruchtbaren Boden zu bieten. Rohstoffgovernance tigsten Einkommensquellen für bis zu 250.000 Klein- handelt werden. Dazu gehört u.a. auch die Stärkung der
die Kobalt-Governance weiter zu entwickeln. Sie muss beinhaltet überdies ein systematisches Öko-Screening, schürferInnen und ihre Familien wirkungsvoll zu stärken. juristischen Begleitung von Kooperativen und die Klärung
sich insbesondere noch konsequenter für die formale um die Zerstörung von Ökosystemen im Umfeld von Klein- Dazu gehören der Aufbau von Kreditgenossenschaften, juristischer Rahmenbedingungen in Bezug auf Landti-
Verankerung des artisanalen Kleinbergbaus einsetzen. und Großbergbau zu verhindern. das Capacity Building zum Management von Kooperativen, tel, Genehmigungen und Lizenzen. Bislang sind bspw.
Schulungen in Explorations- und Bergbautechniken sowie Ausweisungen der Zonen für Kleinschürfer (ZEA) rechtlich
Sicherheitsmanagement sowie die Sensibilisierung von fragwürdig und ohne gültigen Bergbautitel.
Neustrukturierung des kongolesischen Bergbausektors – das neue
Bergbaugesetz. Ein Schritt in Richtung verbesserter Rohstoffgovernance. 7. Diversifizierung unterstützen
Im März 2018 erließ die kongolesische Regierung eine Revision des Bergbaugesetzes von 2002. Wenn rohstoffabbauende Länder ihre Wirtschaft diver- Wenn KleinschürferInnen dabei unterstützt werden,
Viele internationale Unternehmen kritisieren diesen neuen „Code minière“, der unter anderem die sifizieren, reduzieren sie ihre Abhängigkeit vom Roh- alternative Einkommensquellen bspw. in der Landwirt-
Exportsteuer auf Kobalt um das 5-fache auf 10 % erhöht. Zudem drohen Sondersteuern von bis zu stoffexport und werden unabhängiger von den Schwan- schaft, zu erschließen, können lokale bzw. regionale
50 Prozent auf Rohstoffe, deren Preise besonders stark gestiegen sind. Des Weiteren wurde eine Si- kungen der Weltmarktpreise für Rohstoffe. Die Rollen Wirtschaftskreisläufe entstehen, die die Entwicklung
cherheitsklausel gestrichen, welche den Unternehmen einen 10-jährigen Schutz vor Steuerschwan- entlang der Kobalt-Wertschöpfungskette sind derzeit klar des Staates ankurbeln. Menschen, die aufgrund fehlen-
kungen gewährleistet45. verteilt: die DR Kongo ist auf ihre Rolle als reiner Kobaltlie- der alternativer Einkommensquellen große gesundheit-
ferant weltweiter Wirtschaftsaktivitäten festgelegt. Wenn liche Risiken auf sich nehmen, um Kobalt zu schürfen,
An der Ausarbeitung des reversierten Bergbaugesetzes waren kongolesische NRO beteiligt. Diese die DR Kongo ihre Wirtschaft diversifiziert, stärkt sie ihre würden an Souveränität gewinnen.
haben das neue Bergbaugesetz begrüßt, sind mit dessen Implementierung allerdings vorsichtig. Verhandlungsposition im Kontext des internationalen Roh-
Zwar würden nun höhere Exportsteuern auf gefragte Rohstoffe wie Kobalt in die Staatskassen stoffhandels.
fließen, so der Anwalt Jean Claude Katende, aber es ist nun abhängig von der tatsächlichen Ver-
wendung dieser Gelder, die auch zurück auf die lokale Ebene fließen müssen, ob die Bevölkerung
tatsächlich davon profitiert. 8. Aufbau lokaler Wertschöpfungsketten fördern
Die Rohstoffexperten Jaques Nzumbu Mwanga und Georges Mukuli aus der DR Kongo unterstrei- Der Aufbau von Wertschöpfung im eigenen Land kann bleibt aber nicht bei den KleinschürferInnen, sondern
chen die nun gesetzlich festgehaltenen besseren Bedingungen für KleinschürferInnen. Zum einen dazu beitragen, dass Staaten ihre Bodenschätze stärker verteilt sich auf die weiteren Teile der Wertschöpfungs-
sieht das neue Bergbaugesetz vor, dass 0,5 % der erzielten Profite aus dem Kobaltabbaus direkt in für die Entwicklung ihres Landes nutzen können. Bislang kette. Daher ist die Schaffung von Partnerschaften
einen Fonds fließen soll, der für die lokalen Kommunen geschaffen wurde und der ausschließlich der gibt es nur wenige Kooperationen von Unternehmen am zwischen weiterverarbeitenden Industrien und Koopera-
Finanzierung sozialer Projekte dient. Zum anderen verpflichtet das Gesetz alle Unternehmen, die Ende der Wertschöpfungskette und Kooperativen von tiven notwendig, um Preisgerechtigkeit und Transparenz
im Bergbau tätig sind, ihrer sozialen Verantwortung nachzukommen. Der freiwillige Charakter der KleinschürferInnen im Kobaltsektor. Der Handel und zu schaffen. Unternehmen sollten verstärkt die direkte
Cooperate Social Responsability (CSR) wurde somit abgeschafft. Faktisch können Unternehmen bei Verkauf des Kobalts fungiert über ZwischenhändlerInnen Kommunikation und Zusammenarbeit mit Kooperativen
Verstößen gegen Umweltauflagen und soziale Standards von kongolesischen Gerichten verurteilt und Schmelzen. Ein Großteil des Preises für den Rohstoff fokussieren, um auch die Lieferketten zu verkürzen.
werden. Trotz der positiven Stimme seitens der Zivilgesellschaft zum neuen Bergbaugesetz, ist die
Skepsis der tatsächlichen Umsetzung aufgrund der großen politischen Instabilität und der hohen
Korruptionsrate hoch. 41 Im Bereich der metallischen Rohstoffe unterteilen sich 44 Schurath: Kratzer im Hochglanzlack. Südlink n° 185, 2018
Lieferketten in den Upstream-Bereich, also vom Bergbau zur 45 Reuters: https://www.reuters.com/article/us-africa-mining-
Verhüttung, und in den Downstream-Bereich, also von der congo/congo-minister-declines-to-say-whether-new-mining-
Verhüttung zum fertigen Produkt. code-signed-into-law-idUSKBN1FR0IF, zuletzt besucht: 16.12.2018
42 Jacques Nzumbu Mwanga, kurze Analyse zu Zertifizierung im 46 SDG 1: Keine Armut; SDG 8: Menschenwürdige Arbeit und
Kobaltsektor, per Mail, November 2018 Wirtschaftswachstum; SDG 10: Weniger Ungleichheiten;
43 Der United Nations Global Compact ist die weltweit größte SDG 12: Nachhaltiger Konsum und Produktion
Initiative für verantwortungsvolle Unternehmensführung.
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