KULTUR-KONZEPT 2021 - Appenzell Ausserrhoden

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KULTUR-KONZEPT 2021 - Appenzell Ausserrhoden
KULTUR-
KONZEPT
2021
INHALT

 3 Ouvertüre
		 Vorwort

 7 Repertoire
		 Grundsätze der Kulturpolitik,
		 Leitsätze der Fördertätigkeit

 13 Reprise
		 Schwerpunkte und Meilensteine der
		 letzten vier Jahre, Evaluation 2019

25 Entr’acte
		 Schlüsselthemen und Spannungsfelder
		 der staatlichen Kulturpolitik aus Sicht
		 des Kulturrates

 31 Orchestrierung
		 Zusammenspiel von Partner*innen,
		 Strukturen und Finanzen der Kultur­-
		 förderung von Appenzell Ausserrhoden

35 Instrumentierung
		 Rundgang durch die Instanzen

 41 Zukunftsmusik
		 Sieben Schwerpunkte für
		 die Jahre 2021 bis 2024

45 Anhang / Register
E
O U V E RT Ü R
Vo r w o r t

                  Geschätzte Damen und Herren                     In den Grundzügen wird viel Bewährtes
                                                                  weitergeführt. So setzt das vorliegende
                  Das vierte Kulturkonzept liegt in Ihrer         Konzept wie bisher auf sieben Kapitel. In-
                  Hand und es freut mich sehr, Sie mit einlei-    haltliche Orientierung geben Begriffe aus
                  tenden Worten darauf einzustimmen.              der Welt der Musik. Das Kulturkonzept kon-
                                                                  kretisiert, was in den gesetzlichen Grund-
                  Im Regierungsprogramm 2020 bis 2023             lagen festgehalten ist. Kulturförderungsge-
                  sind Ziele für das gesellschaftliche Zusam-     setz und Kulturförderungsverordnung sind
                  menleben formuliert. Begriffe wie Partizi-      so geschaffen, dass sie auf einen längeren
                  pation, Offenheit, Vielfalt oder Individuali-   Zeitraum Bestand haben. Das ergänzende
                  tät werden dabei direkt mit dem kulturellen     Kulturkonzept hingegen ist bewusst auf
                  Leben in Appenzell Ausserhoden in Ver­          eine vierjährige Legislatur ausgerichtet
                  bindung gebracht. Ausgehend von dieser          und lässt damit Weichenstellungen für ei-
                  übergeordneten Zielsetzung formuliert das       nen begrenzten Zeitraum zu. Vier Jahre
                  Kulturkonzept 2021 die Umsetzung der Kul-       sind ein guter Horizont, um Schwerpunkte
                  turpolitik des Regierungsrates.                 zu formulieren, sie umzusetzen und allen-
                                                                  falls für das nächste Kulturkonzept wiede-
                                                                  rum neue Akzente zu setzen.

                                                                  Vieles, was beim ersten Kulturkonzept
                                                                  2008 noch Behauptung war, hat sich mitt-
                                                                  lerweile als zielführend und zukunftsge-
                                                                  richtet erwiesen. Zum Beispiel, dass für
                                                                  freie Projekte genügend Mittel zur Verfü-
                                                                  gung stehen müssen, oder dass es keinen
                                                                  Sinn macht, Fördergefässe nach Sparten
                                                                  aufzuteilen oder differenzierte Ausschluss-
                                                                  kriterien zu schaffen. Die bestehenden
                                                                  Grundlagen ermöglichen, auf aktuelle Ent-
                                                                  wicklungen zeitgerecht zu reagieren, las-
                                                                  sen auch unkonventionelle Projekte zu und
                                                                  setzen damit Impulse für die Zukunft.

3   OU VERTÜ RE
Nachdem ich im letzten Kulturkonzept zum
                                                   ersten Mal als Vorsteher des damals neuen
                                                   Departementes Bildung und Kultur zu Wort
                                                   kam, darf ich heute auf eine gelungene
                                                   Neuausrichtung des Departementes zu-
                                                   rückblicken. Die damals erhofften Syner-
                                                   gien zwischen Bildung und Kultur sind zu-
                                                   stande gekommen, und es zeigt sich ver-
Neu kommt auch die Lagebeurteilung des             mehrt, dass Künstlerinnen und Künstler
Kulturrates in einem eigenen Kapitel zum           bereits während ihrer Schulzeit zum ersten
Zug. Der Rat benennt dort Spannungs­-              Mal in Erscheinung treten. Damit wird deut-
felder, denen wir uns nicht verschliessen          lich, dass sowohl Bildungs- wie auch Kultur-
­können und die gerade in den Zeiten der           ausgaben Investitionen in die Zukunft sind.
Corona-­Pandemie viel stärker zu Tage tre-
ten. Vor diesem Hintergrund ist klar, dass         Kultur ist im Alltag von Appenzell Ausser­
gerade in dieser Ausnahmesituation die da-         rhoden stark präsent. Wir sind stolz auf un-
für zur Verfügung gestellten Fördergelder          ser Brauchtum, auf unsere Traditionen, auf
eine enorm wichtige Unterstützung für die          Gesang und Volksmusik, die bei verschie-
Kulturschaffenden und die Kulturunterneh-          denen Gelegenheiten eine tragende Atmo-
men im Kanton sind. Kultur ist systemrele-         sphäre schaffen. Dies ist Teil der appenzel-
vant. Sie nimmt im gesellschaftlichen Zu-          lischen Identität. Weniger präsent im Alltag
sammenhang eine zentrale Position ein.             ist die Tatsache, dass Appenzell Ausserrho-
Kultur ist eine wichtige Trägerin für soziale      den im Verhältnis zur Grösse des Kantons
Kontakte. Diese sind die ganz grundsätz-
liche Basis für den Zusammenhalt der Be-
völkerung und deren gesellschaftliche Ent-
wicklung. Darum ist mir die Unterstützung
der Kultur, der Kulturschaffenden und der
Kulturunternehmen, die in dieser Krise ­be-
sonders betroffen sind, ein grosses ­An­­liegen.

                                                                                OU V E RTÜ R E   4
Für die Realisierung des Projektes war die Kultur­
                                                   förderung neben einer namhaften Sponsoring-
                                                   zusage wohl der entscheidende Kick. Vom Moment
                                                   des positiven Bescheides an wussten wir, dass
                                                   wir es stemmen können. (…) Ich wünsche mir, dass
                                                   die Kulturförderung nicht ausschliesslich mit
                                                   Professionalisierung und damit mit einer stets wach­
                                                   senden Administration einhergeht, sondern
                                                   dass sie im Alltag Platz hat.

                                                                              W ER N ER H
                                                                                          U G EN ER ,   SC H Ö TZ E- C
                                                                                                                         H Ö R LI ST EI
                                                                                                                                        N AR

eine hohe Zahl Künstlerinnen und Künstler
vorzuweisen hat, die mit ihrem Schaffen
wesentliche Impulse setzen und auch auf
nationalem und internationalem Parkett
immer wieder viel Anerkennung finden.
Auf beides bin ich stolz, beides gibt mir die
Legitimation, als Kulturdirektor im kanto-
nalen, nationalen und internationalen Kon-
text den Kanton selbstbewusst zu vertre-
ten. Eines der im Kulturkonzept formu-
lierten Hauptanliegen, nämlich das Span-
nungsfeld zwischen traditioneller Kultur und    Den roten Faden durch das Kulturkonzept
zeitgenössischem künstlerischen Schaf­fen       bilden Statements von Kulturschaffenden,
als Quelle der Energie und der Bereiche-        wie sie die Zusammenarbeit mit dem Amt
rung zu verstehen, wird hierzulande ganz        für Kultur erleben. Diese Zitate wie auch die
einfach umgesetzt und praktisch gelebt;         umfassende Evaluation der Kulturförde-
ein stimmiges Gleichgewicht, meine ich.         rung der Aufbauphase von 2007 bis 2017
                                                zeigen, dass die kantonale Kulturförderung
Die zehn Leitsätze und die drei Hauptanlie-     wirkt und insbesondere der einfache und
gen, die vor über zehn Jahren formuliert        persönliche Zugang zur Verwaltung ge-
wurden, haben im Kern bis heute Bestand         schätzt wird. Er erlaubt einen offenen und
und sind eine gute Grundlage, um auf die        gegenseitig befruchtenden Austausch. Ich
Herausforderungen der Zeit zu reagieren.        bin überzeugt, dass es sich lohnt, diesen
Hoffen wir, dass auch die sieben Schwer-        Weg gemeinsam, konsequent und mit Res­
punkte, die für die nächsten vier Jahre ge-     pekt weiterzugehen.
setzt sind, sich als ebenso wirksam und
richtig erweisen werden.

                                                Im November 2020,
                                                Alfred Stricker, Landammann und
                                                Departementsvorsteher Bildung und Kultur

5   OU VERTÜ RE
E
R E P E R T O IR
ig k            e it
                                                        L e it s ä tz e d e r F ö rd e r t ä t
                                                      ,
                         der    Ku lt u r p o li t ik
    G r u n d s ä tz e

                                                                                             Die Rolle des Kantons Appenzell Ausser­
                                                                                             rhoden in der Kulturförderung ist durch
                                                                                             das Kulturförderungsgesetz und die Kul-
                                                                                             turförderungsverordnung festgeschrieben.
                                                                                             Sie verpflichten den Kanton zu drei kon-
                                                                                             kreten Hauptaufgaben:
Dies hier ist – nach 2008, 2012 und 2016 –                                                    – Kulturpflege
das vierte Kulturkonzept von Appenzell                                                        – Förderung des aktuellen Kulturschaffens
Ausserrhoden. Und wie der Evaluationsbe-                                                      – Förderung der Kulturvermittlung
richt vom Mai 2019 aufzeigt, der im nächs­
ten Kapitel etwas ausführlicher betrachtet    Dieses vierte Kulturkonzept, das wegen der     Der Kanton setzt sich für eine lebendige
wird, haben sich die rechtlichen und struk-   Abstimmung auf die Legislatur erst 2021        Auseinandersetzung mit dem überlieferten
turellen Grundlagen bewährt und es drän-      erscheint, setzt auf ein bewährtes Reper-      Kulturgut und für ein vielfältiges kultu-
gen sich keine grundlegenden Änderungen       toire. Es entspringt den kulturpolitischen     relles Leben ein. Denn Kunst und Kultur
des Fördersystems auf. Was sich also in den   Leitlinien, die seit 2006 im Kulturförde-      spielen eine zentrale Rolle für jede Gesell-
vergangenen vierzehn Jahren gesund ent-       rungsgesetz und in der Kulturförderungs-       schaft und also auch für Appenzell Ausser­
wickelt, sukzessive eingespielt, moderat      verordnung formuliert sind, und zeigt auf,     rhoden. Diese drei Hauptaufgaben nimmt
angepasst und in der alltäglichen Praxis      wie diese Gesetzesgrundlagen umgesetzt         der Kanton in Partnerschaft mit den Ge-
gut bewährt hat, ist nahezu eine Selbstver-   werden. Zudem formuliert das Kulturkon-        meinden, mit den umliegenden Kantonen
ständlichkeit geworden. Dass dies alles an-   zept 2021 erneut die Leitsätze und die         und dem Bund sowie mit privaten Kultur­
dere als selbstverständlich ist, zeigen die   Schwerpunkte der Kulturförderung der           förderern auf mehreren Ebenen wahr.
teils hitzigen Diskussionen um die Struk-     nächsten vier Jahre. Es prüft, inwiefern die
turen und Entscheide der Kulturförderung      Schwerpunkte der vergangenen fünf Jahre
in anderen Kantonen und Gemeinden der         erfüllt und welche Meilensteine realisiert
Schweiz in jüngerer Vergangenheit.            wurden. Es definiert und erläutert das or-
                                              chestrierte Zusammenspiel der Kulturför-
                                              derung mit all ihren Gremien, Strukturen
                                              und Instrumenten. Darum ist es auch kon-
                                              sequent, dass das Kulturkonzept als Pla-
                                              nungsinstrument rechtlich in der Kulturför-
                                              derungsverordnung verankert wurde.

7   R E P ERTOIRE
Das Eindrücklichste und Bemerkenswerteste in der
Zusammenarbeit mit der Kulturförderung Appenzell
Ausserrhoden sind für mich der Umgang und die
Offenheit gegenüber dem Fremden, dem in die Ferne
Gezogenen und dem anders Gewordenen. Vor über
dreissig Jahren habe ich meine St. Galler und
Appenzeller Heimat verlassen. Sowohl auf privater
und als auch auf beruflicher Ebene habe ich mich
stets bemüht, dieses Beziehungsgeflecht auf-
rechtzuerhalten und auszudehnen. Nirgendwo ist
mir das aber so leicht gemacht worden wie mit
den Beteiligten im Kanton Appenzell Ausserrhoden,
vor allem in den letzten Jahren. Der Umstand des
Abtrünnigen, des in die Welt Gezogenen wurde nicht
beleidigt aufgenommen, sondern als eine grosse                              ER
                                                                      STL
                                                                KÜN
Bereicherung aufgefasst.                                    ER,
                                                      ICK
                                            S   STR                                     		Aktuelles Kulturschaffen
                                   TH   OMA
                                                                                        Für ein Gemeinwesen wie Appenzell Ausser­
                                                                                        rhoden trägt ein vielfältiges, engagiertes
                                                                                        Kulturleben entscheidend zur Orientierung
                                                                                        und Diskussion über gesellschaftliche Werte
                                                                                        bei. Es fördert die At­traktivität des Stand-
                                                                                        ortes und regt den Tourismus ebenso an wie
                                                                                        den Austausch zwischen unterschiedlichen
                                         		Kulturpflege                                 Bevölkerungsgruppen. Und nicht zuletzt
                                         Die Pflege des kulturellen Erbes ist eine      bietet ein attraktives Kulturleben auch Un-
                                         zentrale Aufgabe. Kultur blickt hier zurück,   terhaltung und bereitet Freude. Den keines-
                                         leistet Erinnerungsarbeit, hält fest und       falls zu unterschätzenden wirtschaftlichen
                                         pflegt das Althergebrachte. Sie fördert Aus-   Nutzen von Kultur bezeugen zahlreiche Stu-
                                         einandersetzung und Diskurs, regt uns für      dien. Jeder staatliche Kulturfranken, der
                                         die Gegenwart, aber auch die Zukunft an.       ausgegeben wird, kommt mehrfach zurück.
                                         Der Kanton führt in eigener Verantwortung      Darum betreiben auch Gemeinwesen in
                                         drei Institutionen unter dem Dach des Amts     ländlichen Regionen der Schweiz längst
                                         für Kultur: die Kantonsbibliothek und die      eine aktive Kulturpolitik.
                                         Denkmalpflege sowie das Staatsarchiv, das      Die Mittel für die Förderung des aktuellen
                                         organisatorisch bei der Kantonskanzlei an-     Kulturschaffens stehen mit dem Kultur-
                                         gesiedelt ist. Im Rahmen von Leistungsver-     fonds zur Verfügung. Dieser wird in erster
                                         einbarungen, die auf vier Jahre ausgelegt      Linie aus Lotteriefonds-Geldern gespiesen.
                                         sind, erhalten zudem mehrere Institutionen     Der Kanton unterstützt damit Kulturpro-
                                         jährliche Beiträge, welche sich teils der      jekte nach festgelegten Kriterien und ist so
                                         Pflege des Kulturerbes, teils dem zeitgenös-   gemeinsam mit den Gemeinden ein Garant
                                         sischen Schaffen widmen (vgl. Anhang 4).       für eine kulturelle Vielfalt.

                                                                                                                        R E PE RTOI R E   8
Auf Gesuche kam mir nie nur ein Ja oder Nein zur Ant­
                                                  wort, vielmehr wurde ich auch für das weitere Vor-
                                                  ­g ehen beraten. Ich habe das sehr geschätzt. Bei aller
                                                  Kulturdichte nahm man sich Zeit für meine Anliegen.
                                                  Ich bin auf Interesse, Verständnis und Offenheit
                                                  für meine künstlerischen Kurven und Wege gestossen.                                 TE
                                                                                                                                JEK
                                                                                                                    NZ   P RO
                                                                                                               , TA
                                                                                                       F R ANK
                                                                                                G I SA
		Kulturvermittlung
Das Bestreben, Kultur möglichst breiten
Teilen der Bevölkerung nicht nur zugäng-
lich, sondern vertraut zu machen, hat in
den letzten Jahren an Bedeutung gewon-
nen. Auch national gehört die Kulturver-
mittlung zu den wichtigen Pfeilern der Kul-
turpolitik. Appenzell Ausserrhoden hat die-
sem Anliegen eine zentrale Rolle gegeben,
indem die Kulturvermittlung in allen voran-
gegangenen Kulturkonzepten als einer von
sieben Schwerpunkten definiert war; aus           HAUPTANLIEGEN
guten Gründen hat sie wiederum Eingang            DER KULTURFÖRDERUNG
in die formulierten Ziele bis 2024 gefunden.
                                               Die zehn Leitsätze der Kulturförderung, wie
Auf einer mehr ideellen Ebene versteht         sie seit dem ersten Kulturkonzept festgelegt
sich der Kanton als ein Kompetenzzentrum       wurden, sind vom aktuellen Kulturrat kri-
in Kulturfragen und als Anwalt der Kultur.     tisch geprüft und bestätigt worden. Sie bil-
Das Amt für Kultur ist Anlaufstelle für        den die entscheidenden Leitplanken der För-
Fachfragen, fungiert als Schnittstelle zu      derpraxis für die Legislatur 2021 bis 2024.
den Gemeinden, zum Bund und zu Privaten
und ist für Kooperationen unter den Kan-       Die Leitsätze und Hauptanliegen gelten
tonen und im Bodenseeraum zuständig. Es        praktisch unverändert weiter. Gemeinsam
vermittelt zwischen Kulturschaffenden, In-     bilden sie die entscheidenden Leitplanken
stitutionen und Veranstaltern (auch über       für die Förderpraxis. Die Kulturförderung un-
die Kantonsgrenzen hinweg), koordiniert        terstützt ideell und materiell Kulturschaffen-
Informationen und trägt so zur Vernetzung      de und Kulturinstitutionen. Sie ist in den Be-
der Kulturlandschaft bei. Das Amt für Kul-     reichen Vermittlung, Vernetzung, Koordina-
tur pflegt die Zusammenarbeit auch inner-      tion und Beratung tätig.
halb der Verwaltung. Im Auftrag der Regie-     Drei Hauptanliegen stehen dabei im Zentrum:
rung legen Amt für Kultur und Kulturrat die     – Die «kulturelle Streusiedlung», als das
Grundzüge der Kulturpolitik fest und kön-         charakteristische Merkmal des Kulturle-
nen thematische Schwerpunkte setzen.              bens im Kanton, durch Kooperationen und
                                                  Netzwerke zu erhalten und zu stärken.
                                                –		Dem inspirierenden Spannungsfeld zwi-
                                                  schen Volkskultur und zeitgenössischen
                                                  Kunstformen besondere Beachtung zu
                                                  schenken.
                                                –		Möglichst viele Bevölkerungsgruppen zur
                                                  Auseinandersetzung mit Kultur anzure-
                                                  gen und kooperative Modelle kultureller
                                                  Eigenaktivitäten zu unterstützen.

9   R E P E RTOIRE
Meine Zusammenarbeit mit dem Amt für Kultur war sehr
zufriedenstellend und vor allem notwendig. Ich erhielt einen
grosszügigen Produktionsbeitrag für die Fertig­stellung
meiner Publikation «Signal The Future», an der ich knapp
zehn Jahre gearbeitet hatte. Der Aufwand, um das gesamte
Budget der Publikation aufzutreiben, war immens. Denn
das Buch erfüllte aufgrund des komplexen und binationalen
Inhaltes (UK, Schweiz) bei vielen Förderstiftungen die
Eingabekriterien nicht. Weitaus offener hingegen zeigte sich
das Amt für Kultur Appenzell Ausserrhoden. Ich erhielt
die Zusage zur finanziellen Unterstützung – die Arbeit zu
meinem Buch konnte beginnen.
                                               G EO R G
                                                          GATSAS
                                                                   , KÜNS
                                                                          T   LER

                                         		 Die 10 Leitsätze
                                         1 		 Der Kanton sichert die kulturelle Grund-
                                            versorgung (Service public).
                                         2 Der Kanton fördert die Pflege der kultu-
                                            rellen Eigenart und Vielfalt.
                                         3 Der Kanton fördert das künstlerische
                                            Schaffen sowie die Pflege des kulturel-
                                            len Erbes und unterstützt die Auseinan-
                                            dersetzung mit Kunst und Kultur.
                                         4 Der Kanton fördert die Kulturvermitt-          All dies trägt aktiv dazu bei, die individuelle
                                            lung, den Kulturaustausch und die Ver-        kulturelle Wachheit und Bewegung zu stär-
                                            netzung aller Akteur*innen der Kultur-        ken und das kollektive kulturelle Profil des
                                            landschaft.                                   Kantons zu schärfen. Zugleich ist es Vor­
                                         5 Die Kulturförderung schafft und ermög-         aussetzung dafür, dass wir als Gesellschaft
                                            licht Freiräume.                              mit dem hohen Tempo der Veränderungen
                                         6 Die Kulturförderung trägt zu einem Kli-        und Tendenzen der Gegenwart geistig mit-
                                            ma der Kreativität und der Auseinan-          halten können.
                                            dersetzung bei.
                                         7 Die Kulturförderung setzt auf künstle-         Eine Reihe von institutionellen Förderins-
                                            rische Qualität und fördert diese nach        trumenten gehören mittlerweile zum fes­ten
                                            ausgewiesenen Kriterien.                      Bestand des hiesigen Kulturlebens: die Pu-
                                         8 Die Kulturförderung achtet die gesell-         blikation «Obacht Kultur», die alljährliche
                                            schaftliche Diversität und unterstützt ins-   Kulturbegegnung im November oder die
                                            besondere Projekte, die den gesellschaft-     Museumskoordination. Die Entwicklung die-
                                            lichen Zusammenhalt und das nichtkom-         ser Instrumente sowie die Pflege der ­inner-
                                            merzielle Kunstschaffen fördern.              und ausserkantonalen Netzwerke werden
                                         9 Der Kanton kann eigene kulturelle Auf-         weiterhin eine wichtige Rolle spielen.
                                            tritte und Projekte realisieren.              Ein zentrales Anliegen bleibt der Anspruch,
                                         10 Die Kulturförderung stärkt das kulturelle     auch jene Bevölkerungskreise anzuspre-
                                            Profil des Kantons und trägt damit zur        chen, die bisher dem Kulturbetrieb eher
                                            Standortattraktivität und touristischen       ferngeblieben sind. Dahinter steht die
                                            Anziehungskraft bei.                          Überzeugung, dass Kultur ein vorzügliches

                                                                                                                        R E PE RTOI R E   10
Vor zehn Jahren durfte ich fürs Radio SRF das grossartige
                    Buch «Vo Ärbet, Gsang ond Liebi» vom Herisauer Walter
                    Rotach lesen. Die Geschichte vom armen Mädchen Hatili aus
                    Schwellbrunn, das während der Hungersnot 1817 auswandern
                    musste, hat mich nicht mehr losgelassen. Es entstand die
                    Idee einer Lesung und einer Tournee durch die Schweiz. Doch
                    ich hatte keine Ahnung von Förderung, Anträgen usw. (…)
                    So setzte ich mich nach einem Telefongespräch «mit dem
                    Amt» hoffnungsvoll an mein erstes Unterstützungsgesuch.
                    Mit der Zusage hatte ich den Mut, mit Musik und Geschichte
                    im Rucksack auf Wanderschaft zu gehen. Als Greenhorn.
                    Daraus wiederum wurde einiges wiederbelebt: die Mundart­
                    literatur sowie das vergriffene Buch, das Marcel Steiner
                    vom Appenzeller Verlag prompt neu auflegte. Ganz nach
                    dem Zitat aus dem Buch: «Defriili, wa nötzet di fiinschte
                    Sächeli, wemme s nüd abbringt?»
                                                          P H IL IP
                                                                      P LANG
                                                                             ENE   G G E R,
                                                                                              S C H AU
                                                                                                         S P IE L E
                                                                                                                      R

Medium ist, um gesellschaftliche Grenzen
zu überwinden und der Gefahr ökonomisch-
politischer Ausschlüsse entgegenzuwirken.
Kunst und Kultur schaffen immer wieder
neue Orte, an denen sich eine Gesellschaft
ausprobieren und ihre Themen aushandeln
kann. Orte des Diskurses und der Begeg-
nung, Orte, die jüngst als «sys­temrelevant»
erfahren wurden. Investitionen in solche
Orte der Kultur sind somit nachhaltig und
wichtig für den Zusammenhalt in der Ge-
sellschaft.

11   R E PERTOIRE
E
REPRIS
,
                                                                   t e n v i e r J a h re
                                                                tz
                                           n s t e i n e der le
                                 dM   eile
          w   e r p  u n kte u n                                                           DIE SCHWERPUNKTE 2016 BIS 2019
     Sch                      9
                   i o n 20 1
                                                                                           AUF DEM PRÜFSTAND
     E v a l u a t
                                                                                        Ziel 1: Die Kulturförderung setzt einen
                                                                                        Schwerpunkt im Bereich der Kulturver­
                                                                                        mittlung.
                                        Dieses Kapitel blickt auf die kulturpoli-       Die Kulturvermittlungsplattform «kklick»
                                        tischen Schwerpunkte der letzten zwanzig        ist aufgebaut und beispielhaft. Die Zugriffe
                                        Jahre zurück. Es evaluiert die sieben Ziele,    sind stetig gewachsen. Glarus ist neu bei­
                                        die im Kulturkonzept für die Jahre 2016 bis     getreten und Vorarlberg sucht die Koopera-
                                        2019 formuliert wurden. Ausserdem wird in       tion. Die Integration von Freizeitange­bo-
                                        diesem Kapitel an Meilensteine der letzten      ten mittels «kkalender» musste aus ­Res­­-
                                        fünf Jahre erinnert und es werden die Er-       sour­­cengründen wieder eingestellt werden.
                                        gebnisse und das Fazit zum Evaluationsbe-       Doch mit der Teilnahme der Kantone Ap­pen­
                                        richt 2019 rekapituliert. Dieser stellt fest,   ­zell Ausserrhoden, Thurgau und St. Gallen
                                        dass die Zahl der kulturellen Aktivitäten im    am umfangreichen Projekt «Kultur­agent*­
                                        Kanton erfreulicherweise weiterhin zu-          innen für kreative Schulen» der Stiftung
                                        nimmt. Landauf, landab findet Kunst und         Mercator erfährt sowohl die Kultur in der
                                        Kultur statt, lokal verankert und von enga-     Schule wie auch die Zusammenarbeit mit
                                        gierten Veranstalter*innen vermittelt. Das      den beiden Kantonen eine weitere Stärkung.
                                        Engagement von Gemeinden und Privaten           Die Bilanz fällt positiv aus. Der Schwer-
                                        trägt entscheidend zu einer dynamischen         punkt soll fortgeführt werden und noch ei-
                                        Kulturpolitik bei, darum gehorcht die kan-      nen Schritt weiter gehen. Die Kulturver-
                                        tonale Kulturförderung weiterhin dem be-        mittlung soll aktiv Menschen mit besonde-
                                        währten Grundsatz der Subsidiarität. Das        ren Bedürfnissen ansprechen. Damit soll
                                        heisst: Priorität haben im Bereich der Kul-     die Teilhabe aller an der Kultur besonders
                                        turförderung die Privaten und die Gemein-       unterstützt werden.
                                        den. Der Kanton engagiert sich ergänzend,
                                        koordinierend, vermittelnd sowie dort, wo
                                        es um überlokale und überregionale kultu-
                                        relle Initiativen geht.

13   R E PRIS E
Ziel 2: Die Kulturförderung setzt einen         Ziel 3: Die Kulturförderung setzt einen
Schwerpunkt im Bereich der Literatur.           Schwerpunkt im Bereich der Musik.
Zwei erfolgreiche Schreibwettbewerbe wur-       Es zeigte sich, dass die Vernetzung zwi-
den durchgeführt, wobei es in Kooperation       schen unterschiedlichen Musiksparten und
mit den Regionalbibliotheken zu schönen         Formationen auch ohne Zutun des Amts
Begegnungen zwischen Publikum und Au­           stattfindet. Die Kompositionsförderung hat
tor*­innen kam. Erste Erfahrungen mit dem       eine Verzögerung erfahren, wurde aber in
neuen, kooperativen Fördermodell «Buch          der zweiten Hälfte 2019 umgesetzt. Die
und Literatur Ost+» der KBK-Ost sind sehr       Überprüfung der Förderpraxis hat zu einer
positiv. Die Kooperationen unter Akteur*­       Veränderung der Unterstützung von CDs          Ziel 5: Die Kulturförderung unterstützt
innen des Literaturbetriebs wurden durch        und von Einzelkonzerten geführt. Analog        den Aufbau von Räumen für künstleri­
die Unterstützung von konkreten Projekten       zur Literatur soll die Kreation in der Musik   sches Schaffen und Präsentationen.
gefördert, unter anderem «Buch und Lite-        künftig weiter gefördert werden.               Die Umsetzung dieses Schwerpunktes ist
ratur Ost+» und das Festival «Wortlaut».                                                       an verschiedenen Umständen gescheitert,
Innerhalb des Schwerpunkts scheint be­          Ziel 4: Die Kulturförderung stärkt und         darunter das Fehlen geeigneter Räumlich-
sonders die Kreation wichtig. Diese soll wei­   vertieft die Kooperation unter den Mu­         keiten. Mit der Ausstellung «Tu was du
ter gefördert werden und in einen neuen         seen.                                          willst. Sinnsuche in Stein» wurden Bestän-
Schwerpunkt münden. Darin integriert wer-       Die Kooperation unter den Museen wurde         de der Kantonsbibliothek öffentlich ge-
den kann unter anderem auch die Initiative      mit konkreten Projekten gefördert und un-      macht. Ein Ausstellungsprojekt mit Bestän-
«Literaturland». Wünschenswert wären in         terstützt, insbesondere der erfolgreichen      den der kantonalen Kunstsammlung wurde
diesem Rahmen auch Workshop-Program­            Ausstellung «iigfädlet» inklusive einer Be-    mangels geeigneter Räume noch nicht ver-
me für Autor*­innen.                            gleitpublikation. Die Auswertung der Mu­       wirklicht. Hingegen werden die Ankäufe
                                                seumsstrategie von 2011 bis 2017 kommt         seit 2006 in einem «Obacht Kultur» vorge-
                                                insgesamt zu einem positiven Ergebnis,         stellt. Der Schwerpunkt soll gestrichen und
                                                ­darauf aufbauend hat der Regierungsrat        erst wieder aufgenommen werden, wenn
                                                die Fortsetzung der Museumsstrategie von       ein konkretes Projekt beziehungsweise
                                                2018 bis 2023 verabschiedet; sie sieht in      Haus da ist oder eine Personengruppe sich
                                                den grossen Linien primär eine Konsolidie-     aktiv darum bemüht. Die Absicht soll aber
                                                rung vor. Das beabsichtigte gemeinsame         im neuen Kulturkonzept weiterhin formu-
                                                Kuratorium von Stein und Urnäsch ist nach      liert sein.
                                                mehreren gescheiterten Versuchen been-
                                                det worden. Hingegen wurde eine Mach-
                                                barkeitsstudie für ein kantonales oder kan-
                                                tonsnahes Museum durchgeführt. Mitte
                                                2020 gab das Departement Bildung und
                                                Kultur dazu eine Vorstudie in Auftrag. Der
                                                Schwerpunkt soll deshalb fortgeführt wer-
                                                den, eine weitere Gemeinschaftsausstel-
                                                lung wäre wünschenswert.

                                                                                                                              R E PR I SE   14
Die Unterstützung geht über das Finanzielle hinaus.
                                          Wir nehmen das Amt als eigentliches Kompetenzzentrum
                                          wahr, das auch Informationen liefert, die nicht direkt
                                          mit seinen Aufgaben zu tun haben. (…) Wir ziehen auch
                                          unseren Hut davor, wie das Amt während der Corona-
                                          Krise reagiert hat. Auch da erlebte man, wie sehr die
                                          Kultur den Mitarbeiter*innen eine Herzensangelegenheit
                                          ist und nicht bloss eine Verwaltungsaufgabe. Dieses
                                          Engagement spüren wir in jeder Art der Kommunikation
                                          mit dem Amt, und das finden wir sehr berührend.
                                                                                                                                      D E D E UX
                                                                                                                   O M PAG   N IE PAS
                                                                                                      TO R R E , C
                                                                                 N D M A R T IN D E L
                                                                      A L IN E U

Ziel 6: Die Kulturförderung setzt sich für    Ziel 7: Die Kulturförderung sensibilisiert
die Weiterführung und den Ausbau der          für die Bedeutung der Kultur, die den Zu­
Kulturlandsgemeinde als einzigartiges         sammenhalt der Gesellschaft stärkt.
Fes­t ival ein.                               Der Schwerpunkt brachte vor allem indi-
Die Konsolidierung ist erfolgt, ebenso wie    rekte Ergebnisse wie beispielsweise den
die Klärung der Strukturen und der Rolle      Beitrag an das Projekt «Begegnung mit ge-
des Amts für Kultur. Die neue Organisation    flüchteten Kunstschaffenden». Die Sensi-
wurde implementiert. Die Klärung der Fi-      bilisierung des Verständnisses von Kunst
nanzierung nach 2019 steht noch aus. Das      und Kultur wird unter anderem mit ­«Obacht
Ziel soll in einem neuen Schwerpunkt inte-    Kultur» kontinuierlich geleistet. Wo immer
griert werden. Der Kulturrat spricht sich     möglich werden Zugewanderte im ­«Obacht»
einstimmig dafür aus, dass die Kulturlands-   oder in der Kulturlandsgemeinde einbe­
gemeinde weiterbestehen soll. Sie ist wich-   zogen. Der Schwerpunkt soll fortgeführt
tig für den Kanton und besitzt eine überre-   werden.
gionale Ausstrahlung. Das Festival ist ein
Leuchtturm mit einer einzigartigen Atmo-
sphäre und soll mindestens im gleichen
Rahmen weitergeführt werden.

15   R E PRIS E
16,1 %
                                                                                                                Staatsarchiv

                                                                           23,5 %
                                                                           IKZAV

                                                                                                                                13,6 %
                                                                                                                                Kantonsbibliothek

                                                                                                                               10,9 %
                                                                                                                               Denkmalpflege
   AUFGEWENDETE MITTEL                                                  28,5 %
                                                                        Kulturförderung
   FÜR DIE KULTUR UND DIE KULTUR-                                                                             7,4 %
   FÖRDERUNG 2016 BIS 2019                                                                                    Amt für Kultur

Bei den Kulturausgaben gilt es zu unter-                                         Kulturausgaben 2016 bis 2019 auf
                                                                                 Aufgabenbereiche verteilt
scheiden zwischen den Aufwendungen, die
                                                                                 (Zahlen aus Staatsrechnung
einerseits alle Einrichtungen des Kantons                                        2016 bis 2019)
zur Kulturförderung und Kulturerhaltung
umfassen, und den Ausgaben, die anderer-
seits reine Kulturfördermittel sind, also für
die Unterstützung von Vorhaben und Insti-
tutionen Dritter eingesetzt werden.
Der Kanton hat in den vier Jahren (2016 bis
2019) insgesamt 20 348 883 Franken für
die Kultur aufgewendet, was einen jähr-
lichen Durchschnitt von 5 087 220.27 Fran-
ken ergibt. Aufgeschlüsselt nach Aufga-
benbereichen verteilen sich die kantonalen                                                           Verwendung der
Kulturausgaben für die Jahre 2016 bis 2019                                                           Kulturfördermittel
(inklusive Lohnkosten) wie folgt:               Das Staatsarchiv ist im Kulturförderungs-         Betrachtet man den Bereich der direkten
Staatsarchiv                CHF 2 026 346       gesetz als kulturelle Einrichtung des Kan-        Kulturförderung (ohne Lohnkosten) wäh-
Kantonsbibliothek           CHF 3 443 425       tons aufgeführt, folglich werden auch die         rend der vier Jahre näher, zeigt sich, dass
Denkmalpflege               CHF 2 749 536       Ausgaben des Staatsarchivs bei den Kultur-        das angestrebte Verhältnis von freien und
Amt für Kultur              CHF 1 878 251       ausgaben einberechnet. Aufgeführt ist             gebundenen Mitteln umgesetzt wurde, und
Kulturförderung             CHF 7 224 912       auch der Beitrag, den der Kanton an den           der Grundsatz, dass für freie Projekte 30
IKZAV                       CHF 3 026 412       Kanton St. Gallen im Rahmen des Interkan-         bis 40 Prozent der Fördermittel verfügbar
                                                tonalen Kulturlastenausgleichs (IKZAV) für        sein sollen, eingehalten wurde. 38 Prozent
                                                Konzert und Theater St. Gallen leistet.           der Fördermittel wurden für freie Projekte
                                                                                                  gesprochen. 62,1 Prozent gingen in Form
                                                                                                  gebundener Beiträge an Bibliotheken, Mu-
                                                                                                  seen sowie Kulturinstitutionen. Mit dem
                                                                                                  vorgegebenen Verteilschlüssel gelingt es
                                                                                                  weiterhin, den Raum für freie Projekte zu
                                                                                                  wahren und damit angemessen auf die Ent-
                                                                                                  wicklungen in der Kulturlandschaft reagie-
                                                                                                  ren zu können.

                                                                                                                                         R E PR I SE   16
3,6 %
                                      Leistungsvereinbarung (LV)
                                      Bibliotheken
                                                                            Verhältnis der freien zu den
                                                                            gebundenen Mitteln
                                                                            (Zahlen aus Rechenschaftsbericht
                                                                            2016 bis 2019)
38 %
Freie Projekte                                              38,6 %
                                                            LV Museen

            1,5 %
            LV Ausserkantonale                                                                          1,8 %
                                    18,3 %
            Kulturinstitutionen                                                                         Dokumentation / Kommunikation
                                    LV Kulturinstitutionen von                          3,4 %
                                    kantonaler Bedeutung                                Austausch

                                                                                                                             27,1 %
                                                                                                                             Kreation

                                                                   36,1 %
                                                                   Verbreitung

                                                                                                                                      6%
                                                                                                                                      Kulturpflege

                                                                                                                                2,8 %
                                                                                                                                Betriebs- / Strukturförderung

                                                                                     8,1 %                            10 %
                                                                                     Ankäufe und                      Vermittlung
                                                                                     Aufträge, Preise       4,7 %
Beleuchtet man die Verteilung der Förder-                                                                   Schwerpunkt
mittel genauer, steht die Verbreitung – sie
umfasst alle Massnahmen und Prozesse, die            		Private Kulturförderung
                                                                                                                    Fördermittel 2016 bis 2019
ermöglichen, dass das Werk zum Publikum              Eine sehr grosse Bedeutung bei der Kul-                        auf Förderbereiche
gelangt – an erster Stelle (36,1 Prozent). An        turförderung kommt den privaten Stif-                          (Zahlen aus Rechenschaftsbericht
zweiter Stelle folgt mit 27,1 Prozent die Kre-       tungen zu, die namhaft zum Kulturleben                         2016 bis 2019)

ation. In die Kulturvermittlung fliessen drit-       beitragen. Ohne ihre Unterstützung kön­
tens 10 Prozent der Fördermittel.                    nten viele Projekte nicht realisiert werden.
                                                     Es sind dies unter anderem folgende Insti-
Anmerkung zu den Zahlen aus dem Re­                  tutionen und Stiftungen: Appenzellische
chenschaftsbericht und der Staatsrech­               Gemeinnützige Gesellschaft (AGG), Bertold-
nung: Im Rechenschaftsbericht werden die             Suhner-Stiftung, Dr.  Fred Styger Stiftung,
verfügten Fördermittel ausgewiesen und               Lienhard-Stiftung, Friedrich und Anita Frey-
nach Förderbereichen gegliedert. Die                 Bücheler-Stiftung, Hans und Wilma Stutz
Staats­rechnung gibt Auskunft über die ef-           Stiftung, Huber+Suhner Stiftung, Johannes
fektiv ausbezahlten Förderbeiträge und               und Hanna Baumann-Stiftung, Johannes
gliedert diese nach freien und gebundenen            Waldburger Stiftung, Metrohm Stiftung,
Bei­trägen. Da zwischen der Zusprechung              Rudolf und Gertrud Bünzli-Scherrer-Stif-
von Fördermitteln und deren Auszahlung               tung, Steinegg Stiftung und Tisca/Tiara-
einige Zeit vergeht (oft auch über ein Jahr          Stiftung. Die Mehrheit der Kulturprojekte
hinaus) bestehen zwischen den Zahlen aus             kann durch ein Zusammenspiel von öffent-
der Staatsrechnung und dem Rechen-                   licher und privater Unterstützung realisiert
schaftsbericht erklärbare Differenzen.               werden.

17   R E PRIS E
2007

2008

2009

2010

2011

2012

2013

2014

2015

2016

2017

       0                              0,5                            1                        1,5                        2

       Verfügbare Kulturfördermittel von 2007 bis 2017 in Millionen Franken

       Vortrag
       Beitrag aus Staatsrechnung
       Beitrag aus Lotteriefonds
       Aufwandsentschädigung
                                                         DER EVALUATIONSBERICHT 2019
       Heimfall
       (Projekte, die nicht realisiert wurden
       oder bei denen die Defizitgarantie            Was lässt sich über die Kulturförderung         «Die Kriterien und das Vorgehen bezie-
       nicht in Anspruch genommen wurde)             von Appenzell Ausserrhoden sagen, wenn          hungsweise die Verfahrenswege bei der Be-
                                                     man sie über einen längeren Zeitraum ana-       urteilung der Fördergesuche haben sich
                                                     lysiert? Diese Frage hat den Regierungsrat      bewährt», heisst es im Evaluationsbericht.
                                                     interessiert, als er das Departement Bil-       Bewährt habe sich die Speisung des Kultur-
                                                     dung und Kultur beauftragte, eine retro-        fonds mit Mitteln aus dem Staatshaushalt
                                                     spektive Evaluation zu erarbeiten.              einerseits und den Beiträgen aus dem Lot-
                                                                                                     teriefonds andererseits. Allerdings wurden
                                                     Ziel des Evaluationsberichts war es, folgen­    auch drei Problemstellungen erkannt:
                                                     de Fragen zu beantworten:                        – Die stetig wachsende Anzahl an Förder-
                                                       – Braucht es Anpassungen der gesetz-             gesuchen steht den stagnierenden re-
                                                        lichen Grundlagen?                              spektive im Jahr 2015 gekürzten Förder­
                                                       – Braucht es Anpassungen für die zukünf-         mitteln gegenüber.
                                                        tige Finanzierung?                            – Der Kulturfonds hat keine Mittel, mit de-
                                                       – Wie soll das Kulturkonzept in Zukunft          nen Schwankungen unter den Jahren
                                                        aufgebaut sein?                                 begegnet werden könnte.
                                                                                                      – Es fehlt an verbindlichen Regeln für eine
                                                     Der ausführliche Bericht, der im Mai 2019          angemessene Aufgabenteilung zwischen
                                                     dem Regierungsrat vorgelegt wurde, infor-          Kanton und Gemeinden, insbesondere
                                                     miert unter anderem über die Methodik der          bei Betriebsbeiträgen von Kulturinsti­
                                                     Evaluation, die bislang geltenden rechtli-         tutionen wie beispielsweise Museen und
                                                     chen Grundlagen und gibt einen Überblick           Bibliotheken.
                                                     über die Kulturförderung und die Finanzie-
                                                     rung der Kulturförderung seit 2007 und
                                                     wertet diese aus. Das Fazit der detaillierten
                                                     Analyse, die auch den Handlungsbedarf
                                                     aus Sicht des Departements Bildung und
                                                     Kultur skizziert, soll hier kurz zusammen-
                                                     gefasst werden.

                                                                                                                                     R E PR I SE   18
250

     200

     150

     100

     50

       0
           2007    2008      2009   2010     2011    2012   2013   2014    2015    2016    2017

             Entwicklung Gesuche von 2007 bis 2017

             Total Gesuche
             Zusagen
             Ablehungen

Die Auswertung der bisherigen Finanzie-               schneidende Kürzungen nötig werden.»
rung der Kulturförderung hat sich laut dem            Das würde auf längere Sicht aber auch Kür-
Bericht bewährt und deren Grundlagen und              zungen der Betriebsbeiträge an die Institu-
Vorgehen werden als «zielführend» be-                 tionen zur Folge haben müssen, damit das
zeichnet. «Es besteht nach Ansicht des De-            festgelegte Verhältnis (dreissig Prozent /
partements Bildung und Kultur keine Not-              vierzig Prozent) der Fördermittel zwischen
wendigkeit, die Finanzierung der kanto-               freien Projekten und gebundenen Mitteln
nalen Kulturförderung grundlegend zu än-              an Institutionen eingehalten werden kann.
dern. Ein neues Finanzierungsmodell ist
aktuell auch nicht realistisch … Die bishe-
rige Finanzierung der Kulturförderung soll
auch die zukünftige sein», hält der Evalua-
tionsbericht klar fest.

Der Kulturrat hatte ob der wachsenden Mit-
telknappheit aufgrund der gestiegenen An-
zahl von Gesuchen im Verlauf des Jahres
2017 einige Veränderungen gegenüber der
bisherigen Förderpraxis empfohlen, mit
dem Ziel, die Kriterien enger zu fassen. Der                  Kultur braucht eine Förderlandschaft, die visionär,
Regierungsrat hat diesen Anpassungen zu-                      zu­versichtlich und mutig ist und die Vertrauen schafft.
gestimmt, die im vorliegenden Kulturkon-                      Appenzell Ausserrhoden hat eine reiche Vergangen-
zept Eingang gefunden haben. Allerdings:                      heit, ein Netzwerk an grosszügigen Stiftungen und eine
«Hält der Trend der steigenden Gesuche                        gut strukturierte kantonale Kulturförderung. Hier
an, werden zum einen die durchschnitt-                        haben die Amtsträger*innen nicht nur Namen, sondern
lichen Förderbeiträge pro Gesuch weiter                       Gesichter, und durch ein Gespräch lassen sich die
sinken und zum andern die Quote der ab-                       Wege kurz und unkompliziert gestalten. Danke.
gelehnten Gesuche steigen. Zudem werden                                                                                                        M
                                                                                                                               PA N O PT IKU
                                                                                                                  ER, VE RE IN
bei umfangreicheren Projektvorhaben ein-                                                            KA RI N BU CH

19    R E PRIS E
Fazit der Evaluation der
 Kulturförderung 2007 bis 2017
Der Bericht zieht ein positives Fazit: «Ins-
gesamt lässt sich festhalten, dass die Auf-
bauarbeit des Amts für Kultur erfolgreich
abgeschlossen ist. Die Kulturförderung funk-
tioniert wirkungsvoll, die Grundlagen und
Strukturen sind auf Appenzell Ausserrho-
den zugeschnitten, sie sind klar, nachvoll-
ziehbar und haben sich bewährt. Die Arbeit
des Amts für Kultur strahlt aus und wird
wahrgenommen. Ein wichtiger Erfolgsfak-
tor ist darin begründet, dass die Kultur­
förderung des Kantons von Grund auf neu
konzipiert werden konnte und dabei die         Basierend auf der Evaluation wurde Fol-
verschiedenen Anspruchsgruppen einbe-          gendes umgesetzt und die Kulturförde-
zogen wurden.» Da sich zudem sowohl die        rungsverordnung entsprechend angepasst:
Amtszeitbeschränkung des Kulturrates wie        – Die seit April 2012 eingerichtete Muse-
auch dessen Förderkriterien, der Verzicht        umskoordination ist neu in der Kultur­
auf festgelegte Sparten-Fördertöpfe, das         förderungsverordnung aufgenommen.
festgelegte Verhältnis der Fördermittel für     – Das Kulturkonzept ist neu in der Kul-
freie Projekte und gebundene Mittel be-          turförderungsverordnung verankert.
währt haben, «drängt sich keine grundle-        – Die Entscheidbefugnis des Departe-
gende Änderung des Fördersys­tems auf».          ments Bildung und Kultur beträgt neu
Zudem würden die gesetzlichen Grundla-           10 000 Franken. Bei Entscheiden über
gen eine solide Basis bilden: «Das Zusam-        5000 Franken wird der Kulturrat bera-
menspiel der drei Ebenen (Gesetz, Verord-        tend beigezogen.
nung, Konzept) hat sich bewährt. Es be-         – Einführung eines Anerkennungspreises;
steht keine Überregulierung. Das Kul­            ergänzend zum kantonalen Kulturpreis
turkonzept ermöglicht eine Feinjustierung        soll der Anerkennungspreis das Engage-
und strategische Weichenstellungen.»             ment im Bereich der Vermittlung oder
                                                 der Kulturpflege von Personen, Gruppen
                                                 oder Institutionen, welche nicht selbst
                                                 als Kulturschaffende tätig sind, ehren.

                                                                                            R E PR I SE   20
MEILENSTEINE DER
     KULTURFÖRDERUNG 2016 BIS 2020

                                                 2 0 17
     2 0 16

     Januar 2016                                 April bis Oktober 2017                         Juli 2017
Umzug des Amts für Kultur nach Trogen.        Ausstellung «iigfädlet. Ostschweizer Textil-   Start des Pilotförderprogramms «Buch und
                                              geschichten». Die erste, erfolgreich durch-    Literatur Ost+» der KBK-Ost.
Verabschiedung des Konzepts der Kultur-       geführte Gemeinschaftsausstellung, unter       Mit dem auf vier Jahre angelegten Pilot-
landsgemeinde 2016 bis 2019 und Beschluss     der Projektleitung der Museumskoordina-        programm wollen die Ostschweizer Kan-
über den Unterstützungsbeitrag des Kan-       tion. Das Ausstellungsprojekt ist kantons-     tone und das Fürstentum Liechtenstein das
tons.                                         übergreifend und wird national wahrge-         Buchwesen und die literarischen Netz-
                                              nommen.                                        werke durch disziplinübergreifende künst-
     März 2016                                                                               lerische Zusammenarbeit rund um das
Koordinierte Tanzförderung für «TanzPlan         Mai 2017                                    Buch fördern. Eine Fachjury wählt die Pro-
Ost» 2017 bis 2020 durch KBK-Ost.             Die Stiftung «Erbprozent Kultur» feiert im     jekte von Annette Hug, Schriftstellerin aus
«TanzPlan Ost» ist schweizweit ein einzig-    Rahmen der Kulturlandsgemeinde im Sport­       Zürich, Anna Hilti, Kunstschaffende aus
artiges Projekt. Die acht Ostschweizer Kan-   zentrum in Herisau ihre erste Vergabe.         Liechtenstein und Zürich, sowie von Künst-
tone Appenzell Ausserrhoden, Appenzell        Die Stiftung wurde anlässlich der Kultur-      ler und Verleger Josef Felix Müller aus
Innerrhoden, Glarus, Graubünden, Schaff-      landsgemeinde 2015 lanciert mit der Grund-     St. Gallen aus.
hausen, St. Gallen, Thurgau, Zürich sowie     idee, dass jede Person – unabhängig von
das Fürstentum Liechtenstein haben sich       Herkunft, Status oder Höhe des Vermö­-            November 2017
zum Ziel gesetzt, mit einem gemeinsamen       gens – freiwillig ein Prozent ihres persön-    Beschluss der Leistungsvereinbarungen
Modell die Tanzförderung zu koordinieren.     lichen Erbes für die Kultur stiftet.           2018 bis 2020 durch den Regierungsrat
Entstanden ist 2009 der «TanzPlan Ost». Die                                                  nach Überprüfung und auf Empfehlung des
Trägerschaft liegt beim Verein IG Tanz Ost.   Die Schriftstellerin Helen Meier erhält den    Kulturrates (vgl. Anhang 3 und 4).
                                              mit 25 000 Franken dotierten Kulturpreis
     Mai 2016                                 des Kantons Appenzell Ausserrhoden.
Preisverleihung des ersten Schreibwettbe-
werbs des Amts für Kultur zum Thema
«Aussicht». Der Gewinner des Jury- sowie
des Publikumspreises ist Ralf Bruggmann
aus Speicher, geboren 1977.

     November 2016
Verabschiedung des dritten Kulturkonzepts
2016 durch den Regierungsrat.
Kulturbegegnung im Kursaal Heiden zum
Thema «Ein Jahrzehnt Kulturförderung».

21   R E PRIS E
2 0 18

                                                                                                2 0 19

   2018 – Kulturerbejahr                           November 2018                                Mai 2019
Im Rahmen des Internationalen Jahres des        Preisverleihung des zweiten Schreibwett-     Zum 15. Mal findet die Kulturlandsgemeinde
Kulturerbes haben die Kantone Appenzell         bewerbs des Amts für Kultur.                 statt. Das zweitägige Festival im und vor dem
Ausserrhoden und St. Gallen zahlreiche Ver-     Den Preis der Jury in der Kategorie Er-      Zeughaus Teufen steht unter dem Thema
anstaltungen lanciert, welche die regio-        wachsene gewinnt Jessica Jurassica, ge-      «Macht.Gemein.Sinn» und stellt eine der
nalen Schätze – ob beweglich, unbeweglich       boren 1993. Gewinnerin des Preises der       grossen Fragen: Was hält die Gesellschaft
oder immateriell – ins Zentrum stellen. Or-     Jury in der Kategorie Jugendliche (14 bis    heute und in Zukunft zusammen?
ganisiert werden die Anlässe durch die Äm-      18 Jahre) ist Lea Sager, geboren 2001. Ge-
ter für Kultur und Denkmalpflege-Fachstel-      winnerin des Publikumspreises ist Ruth          Juni 2019
len der Kantone St. Gallen und Appenzell        Weber-Zeller, geboren 1971.                  Das Amt für Kultur von Appenzell Ausserrho-
Ausserrhoden, die Heimatschutzvereine,                                                       den hat einen Schwerpunkt in der Förderung
die Architektenverbände BSA, sia sowie                                                       der Musik gesetzt und dazu einen Komposi-
MUSA, Museen Kanton St. Gallen und die                                                       tions-Wettbewerb ausgeschrieben. Bis zum
Museumskoordination Appenzell Ausser­                                                        31. August 2019 gehen 17 Bewerbungen ein.
rhoden.
                                                                                                Juni 2019
   Mai 2018                                                                                  Puppenspielerin Kathrin Bosshard erhält
Lancierung «TaDA» (Textile and Design Al-                                                    den Kulturpreis 2019 des Kantons Appenzell
liance), ein Pilotprojekt der Kantone Appen-                                                 Ausserrhoden.
zell Ausserrhoden, Thurgau und St. Gallen.
Das Projekt fördert den kreativen Aus-                                                          August 2019
tausch zwischen dem zeitgenössischen                                                         «kklick – Kulturvermittlung Ostschweiz» er-
künstlerischen Schaffen und der gleicher-                                                    hält eine Geschäftsstelle in Glarus.
massen traditionsreichen und von Hightech                                                    Die gemeinsame Kulturvermittlungs-Platt-
geprägten Textilproduktion der Ostschweiz.                                                   form der Kantone Appenzell Ausserrhoden,
Es wird ein Residenzprogramm für regio-                                                      St. Gallen und Thurgau hat sich seit ihrer
nale und internationale Kunstschaffende                                                      Lancierung 2014 etabliert und wird rege ge-
sowie eine jährliche Sommerakademie an-                                                      nutzt. Auf kklick.ch sind rund 300 Kulturver-
geboten.                                                                                     mittlungsangebote aller Sparten einfach
                                                                                             und attraktiv zugänglich.
Die dreissigste Ausgabe von «Obacht Kul-
tur» erscheint zum Schwerpunktthema                                                             November 2019
«Frieden». «Obacht Kultur», das dreimal                                                      Die Ausserrhodische Kulturstiftung feiert ihr
jährlich erscheint, hat sich seit seiner Lan-                                                30-Jahre-Jubiläum im Zeughaus Teufen mit
cierung im August 2008 zu einer vielbe-                                                      einem grossen Fest. Künstler*innen, die in
achteten Vi­sitenkarte des kulturellen Le-                                                   den vergangenen dreissig Jahren von der
bens in Ap­penzell Ausserrhoden entwickelt                                                   Kulturstiftung ausgezeichnet wurden, sind
und wird schweizweit, ja sogar über die                                                      in Kurzauftritten zu erleben. Zum Fest er-
Landesgrenzen hinaus gelesen und in Fach-                                                    scheint eine Jubiläumsedition in limitierter
kreisen sehr beachtet. Die Zahl der Abon-                                                    Auflage von hundert Stück, mit Beiträgen
nent*innen hat sich seit der Gründung ver-                                                   von ausgezeichneten Kulturschaffenden al-
doppelt, auf aktuell 2032.                                                                   ler Sparten.

                                                                                                                          R E PE RTOI R E   22
2020

     März 2020                                  August 2020                                   Dezember 2020
«TaDA» stösst bereits bei der ersten Aus-    Aufgrund der hohen Gesuche auf Ausfall-       Der Kantonsrat genehmigt den Kredit zum
schreibung auf enormes Interesse. 176 Be-    entschädigung stellt der Regierungsrat        Vollzug der Verordnung über die Abfede-
werbungen aus über 40 Ländern sind ein-      weitere 518 300 Franken aus dem Lotterie-     rung der wirtschaftlichen Auswirkungen
gegangen.                                    fonds bereit. Mit den Mitteln des Bundes      des Coronavirus (Covid-19) im Kultursektor
                                             stehen damit insgesamt 1 936 600 Franken      (Covid-Verordnung Kultur) am 7. Dezember.
Am 17. März beschliesst der Bundesrat auf-   für Ausfallentschädigungen für Kultur-
grund der Corona-Pandemie den natio-         schaffende und Kulturinstitutionen zur        Zum Vollzug der eidgenössischen Covid-19-­
nalen Lockdown. Alle Kulturbetriebe wer-     Verfügung.                                    Kulturverordnung stellt der Regierungsrat
den geschlossen. Im Kanton Appenzell Aus-                                                  Mittel im Umfang von 490 000 Franken aus
serrhoden sind davon bis zu 120 Kultur­         September 2020                             dem Lotteriefonds bereit. Damit können
veranstalter*innen und Kulturinstitutionen   Das Residenz-Programm «TaDA» kann nach        rückwirkend ab November 2020 Finanz­
und gegen 100 Kulturschaffende betroffen.    Verschiebungen infolge der Corona-Pande-      hilfen in Form von Ausfallentschädigungen
                                             mie endlich starten. Sechs Künstler*innen     und an Transformationspro­jek­te gewährt
     April 2020                              nehmen ihre Arbeiten in Arbon und den be-     werden.
Rund fünfzig Prozent der Kulturschaffen-     teiligten Textilunternehmen auf.
den beantragen auf Grund der Verschie-
bungen und Absagen von Projekten und            Oktober 2020
Veranstaltungen eine Ausfallentschädigung.   Die Vorstudie für eine kantonal getragene
Der Regierungsrat stellt 450 000 Franken     oder kantonsnahe museale Institution be-
aus dem Lotteriefonds zur Verfügung. Mit     ginnt. Sie soll das inhaltliche und strate-
den Mitteln des Bundes stehen damit ins-     gische Profil einer möglichen künftigen In-
gesamt 900 000 Franken für Ausfallent-       stitution schärfen und strukturelle Fragen
schädigungen für Kulturschaffende und        klären. Der Prozess der Vorstudie soll das
Kulturinstitutionen zur Verfügung.           künftige Funktionieren des Museums abbil-
                                             den, indem Stimmen aus der Bevölkerung
     Juni 2020                               einfliessen.
Der Regierungsrat nimmt die Ergebnisse
der Machbarkeitsstudie zu einer kantonal        November 2020
getragenen oder kantonsnahen musealen        Der Kulturrat verabschiedet den Entwurf
Institution zur Kenntnis. Das Departement    des vierten Kulturkonzepts.
Bildung und Kultur gibt dem Amt für Kultur
einen Auftrag für eine konkretisierende
Vorstudie. Die Machbarkeitsstudie emp-
fiehlt das Szenario «kantonales Museum
mit starkem Fokus auf die Bevölkerung».

23   R E PERTOIRE
E N T R ’AC T E
S c h lü s s e lt h e
                       men und Sp
 d e r s ta a t li c h                   a n n u n g s fe ld
                       e n Ku lt u r fö r                    er
                                          derung aus
                                                            S ic h t d e s Ku
                                                                              lt u r ra te s

                                        CORONA – UND DIE FOLGEN
                                        FÜR DIE KULTUR UND
                                        DIE KULTURFÖRDERUNG

                                     Corona bedrängt das kulturelle Leben –            DAS PUBLIKUM: VON EUPHORISCH
                                     vermutlich auf Jahre hinaus ist der Kultur-       BIS SKEPTISCH ABWARTEND
                                     betrieb nicht mehr derselbe, der er vor der
                                     Pandemie gewesen ist. Das gilt allerdings      Mitte März 2020 stand die Kultur still:
                                     weit über das Kulturgeschehen im enge­-        Lockdown als Folge der stark steigenden
                                     ren Sinn hinaus. Es gilt für den zwischen-     Covid-19-Infektionen. Nach den vorsich-
                                     menschlichen Umgang generell, für die Art      tigen und experimentellen Lockerungen
                                     und Weise des Zusammenkommens, des             nach dem Lockdown im Frühsommer 2020
                                     Austausches, der Debatten, der Nähe. Pla-      gab es in einer ersten Phase teils eupho-
                                     kativ gesagt: Corona bringt uns auseinander.   rische «Wiedersehensfreude» mit der Kul-
                                     Die Folgen für die Kultur sind momentan,       tur. Der Wiederanstieg der Infektionsfälle
                                     beim Schreiben dieses Kulturkonzepts rund      im Sommer 2020 dämpfte dann weitherum
                                     ein Dreivierteljahr nach dem Beginn der        die Hoffnungen auf eine rasche Rückkehr
                                     Pandemie, noch offen und schwer einzu-         zum kulturellen «Normalbetrieb». Grossan-
                                     schätzen. Nachstehend einige notgedrun-        lässe wie Kleintheater meldeten unisono:
                                     gen provisorische Stichworte zu vier The-      Zukunft ungewiss. Eine vom Bundesamt für
                                     men: Verunsicherung im Publikum, Verän-        Kultur (BAK) im September unter dem Titel
                                     derungen im künstlerischen Schaffen, He-       «Kulturbesuche in Zeiten von Corona» pu-
                                     rausforderungen für die Kulturförderung        blizierte Befragung ergab: Ein Drittel der
                                     sowie neue Aufgaben im Bereich der kultu-      Kulturinteressierten will Kulturbesuche
                                     rellen Teilhabe.                               erst wieder aufnehmen, wenn die Corona-
                                                                                    krise «endgültig vorbei ist». Nur 18 Prozent
                                                                                    sind bereit, «ohne grosse Bedenken» wie-
                                                                                    der ins Konzert, Theater oder Kino zu ge-
                                                                                    hen. Zwei Drittel wollen künftig «weniger
                                                                                    frequentierte» Kulturorte bevorzugen.
                                                                                    Rund die Hälfte der Befragten gibt an, ge-
                                                                                    nerell «weniger kulturelle Veranstaltungen

25   E N TR’ACTE
Ich weiss von kulturell interessierten Personen anderer
Kantone, die mit neidischem Blick auf die sehr pro-
fessionelle, in der öffentlichen Wahrnehmung «sichtbare»
und gegenüber berechtigten Anliegen auch gross-
zügige Kulturförderung blicken. Auch innerhalb des
Kantons schätzen wir die kurzen Wege sehr und
auch die verschiedenen Möglichkeiten, an Anlässen des
Amtes für Kultur den Austausch zu pflegen.
                                              PETER A
                                                           B EG G L E N
                                                                        ,
                                              P R Ä S ID E
                                                           NT SONN
                                                                       E N G ES E L
                                                                                      LSCHAFT
                                                                                                S P E IC H E
                                                                                                               R

                                        besuchen» zu wollen. Contact tracing, Mas-
                                        kenpflicht und Platzreduktionen werden
                                        grossmehrheitlich akzeptiert und unter-
                                        stützt, ebenso die finanziellen Stützungs-
                                        massnahmen, welche Bund und Kantone
                                        bis dahin aufgegleist hatten.                           nehmen soll? Das Thema trifft aber Men-
                                        Will ich mir ein klassisches Konzert mit                schen allen Alters. Die zitierte Befragung
                                        Maske anhören? Wie fühlt sich ein Theater-              des BAK hat gezeigt, dass nur ein kleiner
                                        saal an, wenn jeder zweite Platz unbesetzt              Teil des Publikums mit derselben Unbe-
                                        bleibt? Überwiegt die Lust auf Kino, die                schwertheit wie in der Vor-Pandemie-Zeit
                                        Neugier auf einen neuen Film gegenüber                  wieder in den Kulturbetrieb einzusteigen
                                        dem Risiko einer allfälligen Ansteckung?                bereit ist. Das ist verständlich: Distanz ist
                                        Das Kulturpublikum ist verunsichert, es hat             angesagt, Abstandhalten, Minimierung der
                                        Entscheidungen zu fällen, die noch vor                  Sozialkontakte – dem fallen naheliegender-
                                        kurzem kein Thema waren. Und in einem                   weise all jene Aktivitäten zum Opfer, die
                                        hohen Mass betrifft dies ausgerechnet die               nicht um jeden Preis sein müssen. Zum Bei-
                                        ältere Generation, die im Bereich der Klas-             spiel der Opernbesuch oder der Kabarett­
                                        sik, aber auch in den Kinos, an Vernissagen             abend im Kleintheater.
                                        etc. einen gewichtigen Teil der Besucher*­              Der muss tatsächlich vielleicht nicht um je-
                                        innen ausmacht. Das wirft ganz neue Fra-                den Preis sein … aber umgekehrt hat der
                                        gen der «kulturellen Teilhabe» auf: Was                 Lockdown im Frühjahr 2020 einer breiten
                                        passiert, wenn eine ganze Generation mit                Öffentlichkeit ins Bewusstsein gerufen, wie
                                        dem Stigma der «Vulnerabilität» gestem-                 selbstverständlich ein vitales Kulturleben
                                        pelt ist und, ob freiwillig oder gezwungen,             zum täglichen Leben, zum geschätzten und
                                        Abstand vom gesellschaftlichen Leben                    viel genutzten Angebot dazugehört. Und
                                                                                                «wie es ist, wenn nichts ist». Vor Corona
                                                                                                drehte der Kulturmotor auf hohen Touren.
                                                                                                Es war viel los, an gewissen «neuralgi­
                                                                                                schen» Terminen manchmal fast zu viel, aus
                                                                                                der Optik der vielfältig interessierten, neu-
                                                                                                gierigen und die Arbeit der Kulturschaffen-
                                                                                                den wertschätzenden Kultur­freund*­innen.

                                                                                                                              E N TR ’ACTE   26
DIE KULTURSCHAFFENDEN
                                                  UND IHRE PROJEKTE:
                                                  VON GEFORDERT BIS GEFÄHRDET

                                               Schutzmassnahmen, Publikumsskepsis, die
                                               Verschiebung oder Absage von Veranstal-
                                               tungen und Projekten beeinträchtigen eine
                                               Vielzahl von Institutionen und Kulturschaf-
                                               fenden. Das ist gravierend, auch wenn sich
                                               Künstler*innen gewohnt sind, Risiken ein-
Dann kam Corona, die grosse Bremse –           zugehen und neue Wege zu finden. Risiko-
plötzlich war Stille, die Kulturagenda leer,   bereitschaft ist geradezu ein konstituie-
das gesellschaftliche Leben annulliert. Der    rendes Merkmal künstlerischer Betätigung.
eine und die andere atmete auf, schätzte       Eine grosse Zahl der Musikerinnen, Filmer,
die aufgezwungene Entschleunigung, kam         Theaterleute, Autorinnen, Tanz- oder Kunst­-
vielleicht sogar auf den Geschmack des         schaffenden, Zeichnerinnen und Komödi-         auffangen, aber das analoge Kulturerleb-
«Weniger ist mehr» – andere litten unter       anten erfindet sich mit jedem ihrer Pro-       nis, hier und jetzt und im Beisein anderer,
Entzugserscheinungen, vermissten Inspira-      jekte neu. Täglich Premiere: Das gilt quer     ist durch virtuelle Formate allenfalls zu er-
tion und Kommunikation, merkten buch-          durch alle Sparten (und natürlich nicht nur    gänzen, aber nicht zu ersetzen.
stäblich am eigenen Leib, wie unverzichtbar    in der Kultur, sondern auch in vielen ande-    Pessimistische Stimmen befürchten, dass
die Angebote der Theater, Kinos, Konzert-      ren innovationsfreudigen Berufen).             diese Veränderungen so einschneidend
hallen, Museen, Verlage und all der anderen    In der Kultur kommt allerdings hinzu, dass     und langfristig sein könnten, dass das Be-
Veranstalter*innen für sie sind.               die Löhne tief, die Honorare häufig prekär,    rufsfeld Kultur insgesamt in Frage gestellt
Was aus Sicht des Publikums im Zuschau-        die soziale Absicherung vielfach ungenü-       wird. Kann ich als freischaffende, sogar als
erraum eine freie Entscheidung ist, ein Ab-    gend ist – selbst Publikumserfolg und volle    etablierte, erfolgreiche Künstlerin unter
wägen, ein individuelles Suchen nach der       Kassen garantieren noch kein gesichertes       Coronabedingungen meinen Beruf noch
eigenen Einstellung gegenüber der epide-       Einkommen. Die Coronakrise hat auch in         wie bisher ausüben? Oder muss ich mir,
miologischen Gefahrenzone namens Kul-          dieser Hinsicht gnadenlos die Realitäten       wenn die Auftrittsmöglichkeiten rar wer-
turbetrieb – das wird für die Kulturschaf-     aufgezeigt. Zum einen finanziell: Der Lock-    den, wenn Veranstalter*innen die Türe für
fenden existentiell. Für die Künstler*innen    down hat klar gemacht, wie viele Kultur-       immer schliessen oder das Publikum aus-
auf der Bühne, im Atelier, im Bandraum und     schaffende ohne finanzielles Polster, ohne     bleibt, eine neue Berufsexistenz aufbauen?
Tanzsaal, für Chöre und Orchester, für die     ausreichende Sozialversicherung und un-        Die optimistischere Perspektive heisst:
Veranstalterinnen und Vermittler, für Tech-    ter teils selbstausbeuterischen Arbeitsbe-     Trans­formation. Sie kann alle Ebenen der
nikerin, Grafiker, Kamerafrau, Caterer und     dingungen ihr «täglich Brot» verdienen –       künstlerischen Arbeit mit einbeziehen. Zum
so weiter. Corona wirft ganze Branchen aus     und auf einen Schlag eben nicht mehr ver-      einen die Veranstaltungsformen: Projekt-
dem Gleis.                                     dienen konnten. Zum andern inhaltlich:         konzepte müssen den Schutzmassnahmen
                                               Kultur lebt vom Live-Erlebnis – und genau      Genüge tragen – openair statt indoor, kür-
                                               dieses ist mit den virusbedingten Regle-       zere Spielsequenzen, kleinere Formationen,
                                               mentierungen vielerorts in Frage gestellt.     offene Spielorte, Sitz- statt Stehplätze ...
                                               Digital lässt sich, wie diverse Anstren-       Zum andern die Medien: Virtuelle Kanäle
                                               gungen und Experimente während des             werden an Bedeutung noch zulegen, neue
                                               Lockdowns gezeigt haben, einiges davon         technische Fertigkeiten sind gefragt, die

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