Landesvorstand neu legitimiert - DJV Hessen
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Deutscher Journalisten-Verband ISSN 1861-9517 Landesverband Hessen e. V. Ausgabe 3 Gewerkschaft der Journalisten 2021 Landesvorstand neu legitimiert Zeitungsmarkt: Fachzeitschriften: 60 Jahre im DJV: Weiterbildung: Große Rochade Die Zauberin Der Doyen der Die Seminarreihe in und um Gießen des Magier-Magazins heute-Nachrichten im zweiten Halbjahr Seite 1 3/2021
Meinung Nachrichten Medien Internes Personalien Aus dem Inhalt Editorial: Mit Vernunft und Augenmaß.................................................................................................................... 3 Organ des Landesverbandes Hessen (Rheinbahnstraße 3, 65185 Verbandstag: Wiesbaden) und des Deutschen Vorstand weitgehend bestätigt, Beitragserhöhung beschlossen ........................................................ 4 Journalisten-Verbandes e. V., Ge- Presselandschaft in Mittelhessen: werkschaft der Journalisten. Ippen und VRM teilen Zeitungsmarkt in Gießen neu auf ................................................................... 7 32. Jahrgang, Oktober 2021 Zeitschriften: Herausgeber: Michelle Spillner verantwortet Monatsmagazin für deutsche Magier ................................................ 9 Deutscher Journalisten-Verband Landesverband Hessen e. V. Hanauer Anzeiger: Konrad-Adenauer-Stiftung erkennt Lokaljournalistenpreis zu ........................................................... 11 V. i. S. d. P.: Knud Zilian Stipendien des Landesverbands für Freie: Bildjournalist Rainer Drexel stellt an Bauzaun am Domplatz aus....................................................... 12 Redaktion: Ortsverband Wiesbaden: Dr. Christine Dressler (dre), Früherer heute-Redakteur Claus Seibel seit 60 Jahren DJV-Mitglied ................................................ 14 Jens Brehl (bre), Andreas Lang (ala), Kommentar: Koordination: Wozu die Erhöhung der Rundfunkgebühr ARD und ZDF verpflichtet . ............................................. 15 Andreas Lang Clubhouse: Schlussredaktion: Welche Räume die App dem Journalismus weiterhin öffnet . ............................................................ 16 Andreas Lang, Maik Schulz Außerhalb des DJV: DJV-Silberjubilarin Ingrid Kron wirbt für die Clown-Doktoren ............................................................ 18 Titelbild: Wolfgang Minich Online-Kolumne: Ein Streifzug durch hörenswerte Podcasts vom Fach ........................................................................ 19 Anzeigen: Axel Häsler Weiterbildung:: Welche Seminarinhalte für das zweite Halbjahr geplant sind ............................................................ 21 Anschrift der Redaktion: Rheinbahnstraße 3 „Fotografen haben Namen“: 65185 Wiesbaden Wie Verbandsmedien bei der Benennung der Urheber abschneiden ................................................ 23 Telefon: 06 11-3 4 1 9 1 24 Dokumentarfilm: Telefax: 06 11-3 4 1 9 1 30 Wie sich Lokaljournalisten in den multimedialen Sphären zurechtfinden ....................................... 24 E-Mail: info@djvhessen.de Homepage: www.djvhessen.de Journalisten in Wirtschaft und Verwaltung: Fachgruppensprecher von der Lahr über ausbalancierte PR-Arbeit.................................................... 25 Erscheinungsweise: Radio Hanau: viermal jährlich Gute Laune mit minimalem Aufwand . ................................................................................................ 26 Für Mitglieder im DJV Hessen ist der Heftpreis im Mitgliedsbeitrag enthal- Kooperation zwischen Landeshauptstädten: ten. Verbände Wiesbaden und Rheinhessen bitten Johann Lafer zu Tisch .............................................. 27 ISSN 1861-9517 Ortsverband Frankfurt: Empfang am Fuß des schmucken Goetheturms ................................................................................ 28 Gestaltung und Herstellung: MSB VVW GmbH & Co. KG, Gotha Veröffentlichungen, die nicht ausdrücklich als Stellungnahme des DJV-Vorstandes gekennzeich- net sind, stellen die persönliche Meinung des Verfassers dar. Für un- verlangt eingesandte Manuskripte kann keine Haftung übernommen werden. Nachdruck, auch auszugs- weise, nur mit Genehmigung des Herausgebers. Achtung: Texte für die nächste „Blickpunkt“- Ausgabe müssen an maxala@ online.de eingereicht werden. Einen lauschigen Herbst wünscht die „Blickpunkt“- Redaktion. Foto: ala Seite 2 3/2021
Meinung Nachrichten Medien Internes Personalien Mit Vernunft und Augenmaß L iebe Kolleginnen und Kollegen, zunächst einmal ganz herzlichen Dank an die E in zweiter wichtiger Punkt waren die Finanzen schlechthin. Da müssen wir leider beobachten, dass seit der letzten Bei- Delegierten unseres Verbandstages 2021 für tragserhöhung so ziemlich alles teurer und das Vertrauen, das sie dem Vorstand ausge- nur wenig preiswerter geworden ist. Und sprochen haben und dafür, dass ich weitere so müssen wir die Beiträge zum 1.1.2022 zwei Jahre an der Spitze des DJV-Landesver- anheben – auf 33 Euro, was gerade mal die bandes Hessen sein darf. Inflationsrate der letzten Jahre ausgleicht. M einen herzlichen Dank auch an Dr. Ina Knobloch, die in diesem Jahr nicht mehr angetreten ist. Sie hat tolle Aktionen für L eider sind auch einige Mitglieder aus dem Verband ausgeschieden. Ich habe mir alle Unterlagen angeschaut. So treten den Ortsverband Frankfurt erdacht, organi- viele aus ,weil sie ihren Beruf aufgegeben siert und durchgeführt. Ich hatte es schon auf haben. Viele wegen Corona, andere aus Al- Knud Zilian, Landesvorsitzender dem Verbandstag in Raunheim gesagt: Ina, tersgründen, weil sie in Rente gegangen DJV Hessen bitte mach weiter so im Ortsverband. Meine (Foto: Wolfgang Kühner) sind. Nun, auch dann kann man weiter Unterstützung hast du – und das nicht nur, Mitglied sein, eventuell sogar mit einem weil ich ja selbst Frankfurter bin. geringeren Beitrag. D er Frankfurter in mir hat auch lange gedacht, dass der Sitz des Verbandes wieder in Frankfurt sein sollte. Doch vernünftigen Argumenten sollte man sich beugen. Wir, der Vor- A lso liebe Kolleginnen und Kollegen, auch Ruheständler sind uns weiter willkommen im Verband, und natürlich auch Junge! Deshalb will ich an dieser Stelle wieder einmal dazu aufrufen, neue stand, hatten den Delegierten einen Antrag vorgelegt, ob wir als Mitglieder zu werben. Ich denke, und auch das habe ich auf unse- DJV Hessen die Geschäftsstelle in Wiesbaden kaufen sollen. Das rem Verbandstag erneut deutlich gemacht, dass der direkte Kontakt hätten wir nicht tun müssen, denn um solche Entscheidungen zu den Kolleginnen und Kollegen die beste Werbung ist, die wir zu treffen, ist ein geschäftsführender Vorstand auch mandatiert. machen können. U nd doch war es auch mir ein persönliches Anliegen, bei einer Entscheidung dieser Tragweite die Delegierten mit- zunehmen. Die Delegierten waren mehrheitlich dafür. Es war F lankierende Maßnahmen haben wir in Raunheim besprochen, und die werden kommen. Wer kann besser beurteilen, wie wert- voll der DJV Hessen ist, als ihr, die Mitglieder selbst. Also, ran an vor allem eine Vernunftentscheidung, denn wir verfügen über die Kolleginnen und Kollegen. Wir können mit so vielen Vorteilen ein gewisses Kapital, für das wir „Strafzinsen“ zahlen müssen. punkten. Und wer noch Argumentationshilfe braucht, der schaue Zinsen gibt es zurzeit keine auf dem Markt. Und so wäre es Un- mal auf unserer Website unter der Rubrik „Service“. sinn, das Geld einfach auf der Bank liegen zu lassen. Immobilien sind noch eine gute Anlage. Und dass wir die Büroflächen wieder in Wohnflächen umwandeln könnten, hat die Entscheidung er- leichtert. W ir wollen den Verband weiter stabil halten, und für die Zukunft ausrichten. Und die Zukunft beginnt jetzt! Also, seid alle da- bei. Ein Verband wie unserer braucht ehrenamtliches Engagement. W ir werden jetzt mit den Eigentümern in Verhandlungen treten. Zuvor hatten wir einen Immobiliengutachter be- auftragt, die Geschäftsstelle zu bewerten. Auch das Gutachten Euer Knud Zilian fiel zugunsten Wiesbadens aus. Die Weichen sind also gestellt. Letzte Meldung: Zwei heiße Kandidaten für die hr-Intendanz Für die Nachfolge des Ende Februar auf eigenen Wunsch für eine Amtszeit von fünf bis neun Jahren bestimmt. Gewählt ausscheidenden Intendanten des Hessischen Rundfunks, wird am 29. Oktober, dem 50. Geburtstag von Weber, die lange Manfred Krupp, stehen zwei Kandidaten zur Wahl: die Anfang Jahre beim Saarländischen Rundfunk führende Positionen im des Jahres berufene hr-Betriebsdirektorin Stephanie Weber Justiziariat und in der Senderverwaltung innehatte. Hager und – überraschend - ARD-Vize-Programmdirektor Florian (45) hat das digitale Jugendangebot von ARD und ZDF (funk) Hager. Entsprechende Personalvorschläge hat die vom als Gründungsgeschäftsführer in Mainz mit aufgebaut, ehe Rundfunkrat installierte Findungskommission dem Gremium er in die ARD-Zentrale nach Hamburg wechselte. Aus dem Ende September gemacht. Rennen ist damit hr-Programmdirektorin und Vize-Intendantin Gabriele Holzner, die Anfang des Jahres Interesse angemeldet Der Intendant oder die Intendantin wird mit einfacher Mehrheit hatte, Manfred Krupp zu beerben. ala Seite 3 3/2021
Meinung Nachrichten Medien Internes Personalien „Hessen vorn, der Bund folgt“ Verbandstag beschließt Beitragserhöhung ab 2022 und Ankauf der Wiesbadener Geschäftsstelle – Karsten Socher neu im Landesvorstand des Landes- Berufsstand kräftig durcheinandergewir- vorstands belt“, blickte Zilian zurück. „Einige haben zur Weiter- sich finanziell nicht über Wasser halten entwicklung können und kapitulieren müssen. Das zum Trotz schmerzt.“ Der Verband habe auf diver- hatte sich sen Ebenen seinen Einfluss geltend ge- die Juristin macht, um zum einen die Arbeitsbedin- in der Probe- gungen in der Phase der Einschränkun- zeit jedoch gen zu erleichtern und zum anderen mit entschieden, der Vermittlung von Stipendien rudimen- eine andere täre Einnahmequellen zu erschließen. Mit gebührendem Abstand: Blick ins Plenum. Foto: Karsten Socher beruf liche Entwicklung Bei der Zukunft des hybriden Arbeitens Knud Zilian bleibt für weitere zwei Jahre zu verfolgen. Zum Bedauern des Landes- sei noch eine Reihe arbeitsrechtlicher Fra- Vorsitzender des Landesverbands. Die vorstands. „Wir haben große Hoffnungen gen zu klären, etwa wie die neuen Modelle Delegierten des Verbandstags Mitte Sep- in sie gesetzt und ihr Potenzial gesehen“, rechtssicher fixiert werden: individuell, per tember in Raunheim wählten den langjäh- erklärte Zilian, der seit dem Frühjahr die Betriebsvereinbarung oder gar in einen rigen freien Mitarbeiter für den Hörfunk Geschäftsführung kommissarisch mit Manteltarifvertrag. Dieses Engagement des Hessischen Rundfunks und aktuell übernommen hat. „Wir sehen aber auch, gesellt sich zu den laufenden Geschäften stellvertretenden Gesamtpersonalratsvor- dass dieser Job kein einfacher ist, zumal und Projekten wie der Auswahl einer neu- sitzenden für eine dritte Amtszeit. Die Ver- wir uns im Gegensatz zu anderen Lan- en Telefonanlage oder der Modernisierung treter der neun Ortsverbände stimmten desverbänden keinen Hauptgeschäftsfüh- der IT-Umgebung für die Geschäftsstelle. auch einer moderaten Beitragserhöhung rer plus zusätzliches Führungspersonal und dem Kauf der Geschäftsstelle in der leisten können.“ Die Suche nach einem Erfreut äußerte sich Zilian in seinem Be- Wiesbadener Rheinbahnstraße zu. Damit Hauptamtlichen geht weiter. Sporadisch richt über die Resonanz auf die Weiter- ist ein Umzug von der Landeshauptstadt in hilft der pensionierte Geschäftsführer bildungsangebote des Verbands, die coro- die Finanzmetropole Frankfurt vom Tisch. Achim Wolff aus, der auf dem Verbands- nabedingt auf rein digitale Präsentationen tag von vielen alten Bekannten freudig be- umgestellt worden waren. Die von Rolf Mit über sieben Stunden Dauer war der grüßt wurde. Skrypzak koordinierten Seminare hätten jüngste Verbandstag einer der längsten in erheblichen Zuspruch erfahren. „An die- der Historie des DJV Hessen. Intensiver Schmerzhafte sem für alle ökonomischeren Format wer- Diskussionsbedarf hatte sich bereits im Kapitulationen den wir festhalten“, kündigte Zilian an. Vorfeld abgezeichnet. Die Rekordzahl von 13 Anträgen war vom Landesvorstand und Die Vakanz in der Geschäftsstelle fällt in Auch journalistisch habe der Verband – teils in den Ortsverbänden formuliert worden. die Zeit der fortgesetzten Bemühungen mit Unterstützung der Ortsverbände – Ak- Dominierende Themen: die Erhöhung der des Verbands, gerade für freischaffende zente gesetzt, etwa mit der erneuten Verlei- Mitgliedsbeiträge nach einer Dekade der Mitglieder Härten in Folge der Pande- hung von gleich zwei Federn für die Presse- Zurückhaltung, die Möglichkeit zum Kauf mie abzufedern. „Corona hat unseren freiheit, einer Demonstration gegen Quer- der Geschäftsstelle nach Ablauf des Miet- vertrags im kommenden Frühjahr und das Bedürfnis der Ortsverbandsvorsitzenden, allen datenschutzrechtlichen Beschrän- kungen zum Trotz über Mitgliederentwick- lungen informiert zu sein. Ein vertrautes Gesicht fehlte an der Seite des Landesvorsitzenden vor dem Plenum: das der Geschäftsführung des DJV Hes- sen. Nachdem Imke Sawitzky aus priva- ten Gründen Ende vorigen Jahres überra- schend gekündigt hatte, war mit Kristelle Hönsch zwar erfreulich schnell eine Nach- Gut gelaunt: Vorsitzender Knud Zilian bei der Eröffnungsrede. Foto: Karsten Socher folgerin gefunden worden. Allen Offerten Seite 4 3/2021
Meinung Nachrichten Medien Internes Personalien denker vor der hr-Zentrale in Frankfurt oder Initiativen gestartet, um den Verband zu- und Mika Beuster (Lahn-Dill). Stellvertre- mit Solidaritätsbriefen, die an inhaftierte Kol- kunftsfähig und für junge Mitglieder attrak- ter von Knud Zilian (Frankfurt) bleibt Jörg leginnen und Kollegen in der Türkei gesandt tiv zu machen, etwa eine Zukunftswerkstatt, Steinbach (Kassel). Den Vorschlag, ge- worden sind. „Die Pressefreiheit zu schützen die kurz vor der Eröffnung steht, eine AG gen ihn zu kandidieren, lehnte Knobloch und für sie einzutreten – das ist eine originäre Change oder diverse Online-Tools. „Der DJV ab. Schatzmeisterin Gabriela Blumschein Aufgabe dieses Verbands“, betonte Zilian. ist medial präsent, ist die Stimme, wenn es und Schriftführer Martin Schmidt sind um Journalismus in Deutschland geht.“ beide im Ortsverband Wiesbaden be- Zukunftsinitiativen heimatet. „Lasst uns beisammen stehen auf Bundesebene Bei den Vorstandswahlen ergab sich nur und alte Fehden begraben“, appellierte in einer Position eine Veränderung: An- Zilian nach seiner Wiederwahl. „Tarifpoli- Für den Bundesvorstand attestierte Mika stelle von Dr. Ina Knobloch (Frankfurt), tik, Verbandsarbeit, Mitgliederwerbung Beuster, zugleich Beisitzer im Landesvor- die nicht erneut kandidierte, wurde der – das sind unsere Herausforderungen, stand, dass die Stimme des Landesverbands Sprecher der hessischen Bildjournalis- die wir gemeinsam und gemeinschaftlich Hessen Gewicht habe. „Hessen vorn, der ten, Karsten Socher (Kassel) als Beisitzer angehen müssen und wollen, zum Wohl Bund folgt“, formulierte er in seiner bekannt gewählt. Beisitzer bleiben damit Sylvia unseres DJV und unserer gut 2200 Mit- saloppen Art. Der Bund habe eine Reihe Kuck (Wiesbaden), Axel Häsler (Hanau) glieder.“ Andreas Lang Was der Verbandstag beschlossen hat – die Anträge Beitragserhöhung Vorstand nun um mehr Geld bitten. Kauf der Geschäftsstelle „Vieles ist teurer geworden, weniges bil- Das leuchtete den Delegierten ein. Mit Diesen hätte der Vorstand kraft Amtes liger“, leitete Zilian seine Erläuterungen der nötigen Zweidrittelmehrheit stimm- zwar auch autonom beschließen können. ein. „Wir haben fast zu lange gewartet ten sie einer Erhöhung von in der Spitze Wegen der Tragweite der Entscheidung mit diesem Schritt, mit dem Risiko, bei plus vier Euro (für Vollzahler) ab Januar habe er aber den Souverän einbinden wol- einem weiteren Hinauszögern die Bei- 2022 zu. Der monatliche Mindestbeitrag len, erklärte der Vorsitzende. Frankfurt träge dann saftig anheben zu müssen.“ steigt um einen auf 15 Euro. als juristischer Sitz des Verbands wäre Nun sei der Zeitpunkt für eine maßvolle, prinzipiell auch in Frage gekommen und keine kräftige Erhöhung gekommen. Sie Im Vergleich der Landesverbände ver- ist auch geprüft worden. Dem gegenüber sei nicht mehr als ein Inflationsausgleich, langt Baden-Württemberg mit 43 Euro stünde die Nähe zur Politik in der Landes- ergänzte Schatzmeisterin Gabriela Blum- den höchsten Beitrag von Vollzahlern, hauptstadt, denkbare Synergien mit dem schein. Neun Jahre lang hätten die Bei- Bremen und das Saarland mit 25,50 Euro benachbarten Landesverband Rheinland- träge wegen zurückhaltender Haushalts- den geringsten. 10,29 Euro führt der Lan- Pfalz, Rücksicht gegenüber den Mitarbei- führung stabil gehalten werden können. desverband pro Monat und Mitglied an terinnen und die einmalige Gelegenheit, Erst zum zweiten Mal seit 1997 müsse der den Bund ab. die vertraute Geschäftsstelle zu attrak- Kommentar: Die Basis muckst sich Lang war er, dieser Verbandstag. Aber nicht langweilig. Eher lebendig Und hat an Prinzipien und das Kerngeschäft erinnert. Etwa, und dem entsprechend, wofür dieses Forum satzungsgemäß dass der DJV nicht nur Verband, sondern auch Gewerkschaft vorgesehen ist: als Arena, in der mit guten Argumenten um ist. Dass demnächst Betriebsratswahlen anstehen und dass zielführende Wege gerungen wird; ein Plenum, in dem der Souverän abgerungene Zugeständnisse in den Tarifverhandlungen nicht das letzte Wort hat. Dass es mal mehr Personalvorschläge und an Redakteursinteressen vorbeilaufen dürfen. Auch wenn es mit Kandidaturen gab ,als Positionen zu vergeben waren, mag den einen der Tarifbindung in der hessischen Presselandschaft nicht mehr oder die andere überrascht haben. Weil es mit reiner Akklamation weit her ist. Mika Beuster, Beisitzer sowohl auf Landes- wie auf nicht mehr getan ist, weil die Delegierten zu einem Urteil kommen Bundesebene hat die Botschaft jedenfalls verstanden. mussten über die optimale Verbandsspitze. Aber das ist nun mal die Quintessenz einer demokratischen (Aus-)Wahl. All diese Erwartungen (und noch eine Menge mehr) hat der neue Landesvorstand – der mit einer Ausnahme bei den Beisitzern der Dass aus den Ortsverbänden so viele Anträge gestellt wurden, alte ist – zu bündeln und zu kanalisieren. Keine leichte Aufgabe für dokumentiert, dass sie mitdenken und nicht einfach „die in Ehrenamtliche, erst recht ohne Geschäftsführung. Aber sie wollen Wiesbaden oder in Berlin“ machen lassen. „Vergesst nicht es ja so. Beruhigend zu wissen, dass in stürmerischen Zeiten die in die Basis reinzuhorchen“, mahnte etwa Thorsten Becker Verbandsführung in bewährten Händen bleibt, und ein Routinier zurecht an. In Raunheim hat sie sich gemuckst. wie Knud Zilian an der Spitze die Ruhe weg hat. Andreas Lang Seite 5 3/2021
Meinung Nachrichten Medien Internes Personalien tiven Konditionen als Gewerbeimmobi- lie zu erwerben und gegebenenfalls als Wohnimmobilie wieder zu veräußern. Der seit Juli 2000 laufende Mietvertrag für die zweite Etage in der Rheinbahn- straße ist vom Vermieter zu Mitte August 2022 gekündigt worden; verbunden mit dem Angebot, die Immobilie zu kaufen. Nach Prüfung mehrerer Optionen an den Standorten Frankfurt und Wiesbaden und nach Einholung eines Gutachtens empfahl der Vorstand nun diese Form der Kapitalanlage. Diesem Schritt folgten die Delegierten. Einen weitergehenden lehnten sie aber mit ebenso klarer Mehrheit ab. Die Mög- Der neue Landesvorstand unter Führung von Knud Zilian (links). Auf dem Bild lichkeit, in dem Mehrparteienhaus wei- fehlt Beisitzer Mika Beuster. Foto: Wolfgang Minich tere Flächen zu erwerben und diese als Wohn- oder Gewerberaum zu vermieten hat sich mit Einführung der EU-Daten- forme Wege aufzuzeigen und zu begehen, ging ihnen zu weit. Nach Ansicht meh- schutzgrundverordnung noch verschärft. um dem legitimen Informationsbedarf rerer Redner entfernt sich der Verband Das hemmt unter anderem die Ansprache gerecht zu werden. Denkbar wäre bei- mit einem solchen wirtschaftlichen Ge- von Mitgliedern und die gezielte Anwer- spielsweise, die Zustimmung zur geziel- schäftsbetrieb zu weit vom Verbands- bung von neuen. Diese Einschränkungen ten Weitergabe von Daten mit der jähr- zweck. in der Kontaktaufnahme haben die Orts- lichen Erinnerung zur Erneuerung des verbände Gießen und Darmstadt erneut Presseausweises einzuholen. Der frühere Umgang mit Mitgliederdaten zum Anlass genommen, mehr Transpa- Geschäftsführer Achim Wolff, bekannt für renz zu beantragen. Ein Anliegen, das seine juristische Nüchternheit, sprang den Seit Jahren wächst bei den Ortsverbands- aus anderen Regionen unterstützt wurde Antragstellern jedenfalls unmissverständ- vorsitzenden das Unverständnis darüber, und dem sich auch der Landesvorstand lich zur Seite. Er könne nicht erkennen, dass sie äußerst restriktiv Informationen grundsätzlich nicht entgegenstellt. dass Persönlichkeitsrechte mit der Über- über Mitgliederbewegungen in ihrem mittlung von Basisdaten an befugte und Sprengel erhalten. Diese Zurückhaltung Knud Zilian sicherte zu, datenschutzkon- zum Stillschweigen verpflichtete Mandats- Der wiedergewählte Landesvorsitzende Knud Zilian über … … seine Vorhaben in der dritten Amtszeit: Einwalzung der Zeitungslandschaft in Gießen bestätigt mich Es bleibt jedenfalls eine Menge zu tun, um den Landesverband in dieser Einschätzung. zukunf tsfest aufzustellen. Und zwar so wie wir es mit unserer regionalen Stärke und Relevanz bestens können, und … Qualitätsjournalismus in Hessen: nicht so wie sich das der Bund mit seinen Gedankenspielen Zu den lichten Momenten zählen gleich zwei renommierte über Regionalisierungen ausmalt. Zusammenschlüsse und Journalistenpreise, die in kurzem Abstand an zwei Verlage länderübergreifende Kooperationen gehen in Ordnung, solange im Land verliehen worden sind: Der Wächterpreis der sich Partner freiwillig und ohne Zwang dazu bereit erklären. Wir Tagespresse an ein Rechercheteam des Wiesbadener Kuriers , in Hessen sind stark aufgestellt und wollen das auch bleiben. das das Patronagesystem bei der dortigen Arbeiterwohlfahrt Die Voraussetzungen dafür sind jedenfalls gut. aufgedeckt hat; und der dritte Lokaljournalistenpreis, mit dem die Konrad-Adenauer-Stiftung die Berichterstattung des … den Zustand der äußeren und inneren Pressefreiheit Hanauer Anzeigers nach dem rassistisch motivierten Amoklauf in Hessen: würdigt. Ich sehe Licht, aber auch bedrohliche Schatten. Nicht nur Ich gratuliere voller Stolz auf diese herausragenden aus einer lautstarken gesellschaftlichen Minderheit heraus. Repräsentanten unseres Berufsstandes. Daran sehe ich, dass Auch was die redaktionelle Unabhängigkeit anbelangt. Die auch in Hessen Qualitätsjournalismus geliefert wird – aller ist bedroht nicht nur von Usern, deren Medienkritik immer Arbeitsverdichtung und ökonomischen Zwänge zum Trotz. militanter wird. Sondern auch von bedenklichen Eingriffen in die innere Pressefreiheit. Dass kein hessischer Zeitungsverlag … eine Fortsetzung des Jungjournalistentags: mehr durch einen Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung Dieses Format hat sich bewährt und wird neu aufgelegt. gebunden und damit allein dem Wohlwollen der Verlagsspitze Die Vorbereitungen laufen. Damit macht sich der DJV auch ausgesetzt ist, kann eine Mediengewerkschaft, die damit unter jungen Medienschaffenden einen Namen, das ist eine außen vor bleibt, nicht zufriedenstellen. Die beabsichtigte lehrbuchhafte Imagewerbung. ala Seite 6 3/2021
Meinung Nachrichten Medien Internes Personalien träger empfindlich verletzt würden. Frankfurt, Förder- und Stipendienmög- de mit in seine Debatten auf Bundesebe- lichkeiten intensiver zu bewerben und zu ne. Das gilt auch für Restriktionen bei der Der Vorstand macht sich die Intention der öffnen, wurde breit mitgetragen. Zulassung von freien Fotografinnen und Ortsverbände Darmstadt und Frankfurt Fotografen bei Live-Produktionen von zu eigen, die Mitglieder umfassender und Visuelle Pressefreiheit ARD und ZDF. Die Sender rücken immer professioneller über Verbandsaktivitäten öfter von Einzelakkreditierungen und zu informieren. Entsprechende Anträge, Den Dringlichkeitsantrag von Bildjour- Pool-Lösungen ab und behalten mit der News gezielter zu lancieren und zu kom- nalist Karsten Socher, unzulässige Retu- Bereitstellung von Material durch Haus- munizieren (etwa mit Mailings oder mit schen in der Berichterstattung der öffent- fotografen die Hoheit über die visuellen Links auf eine Landingpage), fanden auf lich-rechtlichen Sender zu brandmarken Publikationen. Diese Praxis hat sich mit dem Verbandstag eine große Mehrheit. (wie jüngst vom mdr gegenüber Bild TV Verweis auf Corona-Hygienekonzepte Auch das Anliegen des Ortsverbands geschehen), nimmt der Landesvorsitzen- weiter ausgebreitet. ala Ende einer gefühlten Ewigkeit Statt Zukunft mit Wetzlar nun Verkauf an die Konkurrenz: Gießener Anzeiger geht an die Gießener Allgemeine Zeitung – Zäsur in regionaler Medienlandschaft Paukenschlag im Sommer- der Gießener Anzeiger (GA) nen, herrscht gerade beim der GAZ in der Marburger loch: Getoppt wurden die wird von der VRM an die „ewi- GA in Gießen Ratlosigkeit bis Straße verlegt. Wohin das zurückliegenden, ohnehin ge Konkurrenz“ Gießener All- Ohnmacht. Denn die Trans- Verwaltungspersonal und die schon harten zwölf Monate gemeine Zeitung (GAZ) ver- formation des GA und der Anzeigenvertretung des GA für die 120 Journalistinnen kauft. Wetzlarer Neuen Zeitung zu (etwa ein Dutzend Mitarbei- und Journalisten des Orts- einem zentralen Produktions- ter) wandert, ist unklar. vereins Gießen von einer O-Ton VRM: „Die in den Re- desk und einer Online-Unit Mitte August in Betriebsver- gionen Gießen, Usingen, für alle Titel als VRM in Wetz- Die beiden „Gießener“ Lokal- sammlungen und Verlagsver- Wetterau und Vogelsberg er- lar hat – obgleich nicht voran- teile von GAZ und GA sollen lautbarungen eröffneten Ent- scheinenden Zeitungen und gekommen – schon lange zu ihre Unabhängigkeit und ihr scheidung des Medien- und Anzeigenblätter bieten unter Verunsicherung geführt. In jeweils eigenes journalisti- Serviceunternehmens VRM. Konzernbetrachtungen nicht Gießen läuft zudem zum Jah- sches Profil jedenfalls be- „VRM richtet ihr Mittelhes- mehr die erforderlichen Syn- resende der Mietvertrag für halten. Burkhard Bräuning, sen-Portfolio neu aus“, ist ergie- und Transformations- die Redaktionsräume aus. En- langjähriger Politikchef der die Mitteilung über eine Ent- potentiale, um sie künftig – gagierte Redakteure beim GA GAZ, ist designierter Chef- scheidung überschrieben, die auch im Kontext des heraus- versuchten, aktiv zu werden. redakteur des GA. Dieser ist die Presselandschaft in der fordernden Strukturwandels seit 2008 nicht mehr an einen Stadt und im Kreis Gießen in der Medienbranche – nach- In ersten Betriebs- und Be- Tarif gebunden; auch in der radikal verändern wird – und haltig sichern zu können.“ reichsversammlungen Ende GAZ wird der Flächentarifver- die etwa 50 Kolleginnen und Der Usinger Anzeiger (UA, August hat Führungspersonal trag für Tageszeitungsredak- Kollegen in den betroffenen nördlicher Hochtaunuskreis) der „aufnehmenden“ GAZ teure nicht angewandt. Verlagen massiv verängstigt. und der Kreis-Anzeiger (KA) bei UA, KA und GA den Erhalt Der DJV hat massive Hilfe für die Wetterau und den Vo- der Titel und der Titelkopffar- Verunsicherung und Unterstützung zugesagt. gelsberg sowie Anzeigenblät- ben angekündigt. Der Mantel in Alsfeld ter gehen laut VRM an die zur und damit die Spaltigkeit und Nach eigenen Angaben „frü- Münchener Ippen-Gruppe das Layout sowie das Redak- Vollkommen unklar ist die hestens zum 1. Oktober 2021“ gehörende Zeitungsholding tionssystem werden UA und Situation für die zehn Redak- wird die VRM mit Hauptsitz Hessen (ZHH) in Kassel. KA von der GAZ überneh- tionsmitglieder beim Lauter- in Mainz eine medien- und „Die VRM wird sich in Mittel- men. Die Lokalredaktionen bacher Anzeiger (LA) und gesellschaftspolitische Zäsur hessen künftig verstärkt auf sollen bestehen bleiben und der Oberhessischen Zeitung in der Universitätsstadt und die digitale Entwicklung und sich zur der GAZ gehörenden (OZ/Alsfeld). Ihr Verlag und dem Landkreis vornehmen. das Print-Geschäft der Wetz- „Wetterauer Zeitung“ mit Sitz ihre Titel werden von der Nach 72 Jahren wird es keine larer Neue Zeitung und ihrer in Bad Nauheim orientieren. VRM nicht erwähnt, obwohl zwei konkurrierenden, unab- Lokalausgaben konzentrie- Michael Emmerich und Mi- hängigen und selbstständi- ren“, heißt es weiter lapidar. Die Redaktion des GA wird chael Raubach im Impressum gen Tageszeitungen mehr ge- Während die Kolleginnen und aus dem derzeitigen Gebäu- in Personalunion als Ge- ben, von deren ehrgeizigem Kollegen der „aufnehmen- de in Gießen-Wieseck, für das schäftsführer der WNZ, des journalistischen Wettbewerb den“ GAZ recht gelassen auf der Mietvertrag ohnehin aus- GA sowie der OZ und des LA die Leser profitierten. Denn die Nachricht reagieren kön- läuft, in Räume im „Werk2“ aufgeführt werden. Die Mit- Seite 7 3/2021
Meinung Nachrichten Medien Internes Personalien arbeiter im Vogelsberg wis- Vorstand und die beiden sen aktuell nicht, wie es für DJV-Kollegen in den Betriebs- sie und ihre Titel weitergeht. räten von Gießener Anzeiger Die GAZ ist in Alsfeld mit der (GA) und Gießener Allge- „Alsfelder Allgemeinen“ am meine Zeitung (GAZ), tau- Markt. schen sich intensiv über die Konsequenzen aus, bieten Der Vorsitzende des Bezirks- Redakteurinnen und Redak- verbands Lahn-Dill Mika teuren Begleitung an und ha- Beuster, Mitglied im DJV-Lan- ben einen Forderungskatalog des- und Bundesvorstand, an die Verlage und Firmen ist hauptberuflich „Reporter- formuliert. Der DJV Hessen chef“ beim WNZ-Titel Weil- hat mit dem OV Gießen und burger Tageblatt. Im dortigen dem BV Lahn-Dill ein Hand- Landkreis Limburg-Weilburg out zusammengestellt, das warten nach dem VRM-Vor- die drängendsten Fragen auf- stoß weitere Aufgaben auf den greift. DJV Hessen. Denn nach VRM- Angaben „bekundet sie Inter- Der Vorstand des DJV-Orts- esse am Erwerb der Nassaui- vereins Gießen und die schen Neuen Presse (NPP) DJV-Betriebsräte in den be- und strebt den Kauf dieses troffenen Betrieben fordern Titels an, um ihr Angebotspro- von den Geschäftsleitungen fil und ihre Marktaktivität im klare und transparente Aus- Raum Limburg-Weilburg pro- sagen zu den künftigen Be- duktseitig abzurunden.“ Die triebs- und Redaktionsstruk- NNP wiederum gehört über turen und zum Arbeitsablauf. die Frankfurter Neue Presse Außerdem verlangen sie Ein- ebenfalls zur Ippen-Gruppe. blick in die Stellenpläne und Die Kolleginnen und Kollegen Informationen über die Per- in Limburg gehören dem DJV- sonalentwicklungsplanung. Einheitsbrei am Zeitungsstand: Der Gießener Ortsverein Wiesbaden an und Dass betriebsbedingte Kün- Zeitungsmarkt wird nach dem Deal zwischen Ippen und VRM monotoner. Foto: Frank Bugge dürfen dort auf Unterstützung digungen ausgeschlossen setzen. bleiben, setzen sie voraus. Der Gießener Ortsvereins- Frank Bugge Noch eine Stimme weniger Das war’s dann wohl mit Meinungs- Die betriebswirtschaftlichen Überlegun- auf die Ausstrahlung des Kollateralscha- vielfalt und publizistischem Wett- gen für eine Flurbereinigung in Mittel- dens weiter. Ebenso wie in Südhessen, bewerb in Gießen. In der immerhin hessen sind evident. Für die belebende wo das „Rüsselsheimer Echo“ als Teil des siebtgrößten Stadt des Landes gibt es Wirkung einer pluralistischen Medien- Tauschgeschäfts von Ippen an die VRM auf dem Zeitungsmarkt demnächst landschaft sind sie gleichwohl eine Ka- fallen soll. Die Mainzer Verlagsgruppe nur noch Berichterstattung aus einem tastrophe, ganz zu schweigen von den würde damit ihre Marktführerschaft in Guss. Dieser Befund relativiert nicht Synergieeffekten auf die administrativen diesem Sprengel ebenso arrondieren wie die Qualität, die die Redaktion der Gie- Doppelstrukturen in den beiden Verlags- mit der Übertragung der Nassauischen häusern, etwa bei der Blattplanung, in Neuen Presse im Raum Limburg-Weil- Kommentar der Mediengestaltung oder in den Assis- tenzen. burg. Alles verlegerische Schachzüge, bei de- ßener Allgemeinen Zeitung seit jeher Auch für die Handvoll Redaktionsmit- nen nicht nur DJV-Landesvorsitzender liefert. Aber auch ihr fällt der Spar- glieder in den kleinen Sprößlingen der Knud Zilian zurecht davor warnt, die Mit- ringspartner weg, der Konkurrent, hin- übermächtigen Ippen-Mutter wie dem arbeiterinnen und Mitarbeiter zu Bauern- ter den man nicht zurückfallen möch- Lauterbacher Anzeiger oder der Oberhes- opfern zu machen. Denn Opfer sind be- te, das Benchmark, an dem man sich sischen Zeitung geht jenseits des beste- reits genug gebracht worden. bislang messen konnte. henden Produktionsdrucks das Warten Andreas Lang Seite 8 3/2021
Meinung Nachrichten Medien Internes Personalien Die Platzhirsche auf dem hessischen Zeitungsmarkt Den regionalen Zeitungsmark t in Hes sen haben im die Geschäfte. Nach der Pensionierung von Bascha Mika Wesentlichen die beiden Verlagshäuser unter sich aufgeteilt, ist dort seit 2020 Thomas Kaspar alleiniger Chefredakteur. die jetzt auch in Gießen ihr Verhältnis zueinander klären: die Mediengruppe VRM (früher Verlagsgruppe Rhein-Main) und Neben den beiden Frankfurter Titeln und der Gießener die Münchner Ippen-Gruppe, die ihre Geschäfte in Hessen Allgemeinen gehören der Ippen- Gruppe mittlerweile in der in Kassel zentrierten Zeitungsholding Hessen (ZHH) die Of fenbach-Post, der Hanauer Anzeiger, Hessische/ gebündelt hat. An dieser ist letztere zu 80 Prozent beteiligt. Niedersächsische Allgemeine, die Hersfelder Zeitung, die Die restlichen 20 Prozent hält die Mittelhessische Druck- und Werra-Rundschau, die Waldeckische Landeszeitung sowie Verlagsgesellschaft, die der Gießener Verlegerfamilie Rempel weitere Anzeigenblätter und Druckereien. gehört. Die in Mainz ansässige VRM beherrscht auf der anderen Diese gibt die „Gießener Allgemeine Zeitung“ heraus, Rheinseite den Zeitungsmarkt in Südhessen („Darmstädter deren Chefredakteur Mitgesellschafter Max Rempel ist. Echo“), in Wiesbaden („Wiesbadener Kurier“) und in Wetzlar Mit dem 2018 vom Bundeskartellamt genehmigten Kauf („Wetzlarer Neue Zeitung“). Im nördlichen Rheinland-Pfalz, der Mediengruppe Frankfurt („Frankfurter Rundschau“, von wo aus sie expandiert ist, gibt sie neben der Allgemeinen „Frank fur ter Neue Presse“, Anzeigenblatt „Mix am Zeitung für Mainz, Alzey, Bad Kreuznach und Ingelheim/ Mittwoch“, Frankfurter Societäts-Druckerei) durch die Bingen die Wormser Zeitung und eine Reihe Anzeigenblätter ZHH hat er dort sukzessive auch die Geschäftsführung heraus. und die Chefredaktion der „Neuen Presse“ übernommen. Darüber hinaus führt Rempel auch bei der „Rundschau“ ala Wie von Zauberhand Michelle Spillner verantwortet die führende Fachzeitschrift für Zauberkünstler – Buchautorin und Kabarettistin seit 25 Jahren DJV-Mitglied Wo soll man bei Michelle Spill- liert sie sich schnell in einer ner anfangen? Bei der Chef- Fülle unterhaltsamer Anek- redakteurin, der Buchautorin, doten und überraschender der Zauberkünstlerin, der Querverbindungen, verblüf- Kabarettistin? Fakt ist, dass fenden Rückblicken und Zir- die Frankfurterin von all dem kelschlüssen, die aufzeigen, etwas ist – und doch noch dass geradlinige und vorher- mehr. In einem hr2-Interview sagbare Biografien nicht die ist sie als Universalkünstlerin spannendsten sein müssen. eingeführt worden. Am be- Dass Umwege und Seiten- kanntesten ist sie – weit über pfade Überraschungen ber- ihre Zunft hinaus – als die gen, ungeahnte Fähigkeiten Zauberin mit dem weißen Ka- offenbaren, Potenziale zur ninchen, die Kartentricks wie Entfaltung kommen lassen. In keine zweite beherrscht. In Spillners Fall ziehen sich die- der Branche zählt die 53-Jähri- se Schleifen quasi durch ihr ge zu den wenigen Chefredak- Leben und haben sie an Sta- teurinnen im Bundesland, die tionen geführt, die sie ohne Monat für Monat ein führen- außerplanmäßige Stopps und des Fachmagazin für Zauber- Weichenstellungen auf der kunst herausgibt. Strecke nie erreicht hätte. Zauberhaft: eine Auswahl an Covern des Magier-Magazins. Wenn man mit Michelle Spill- Das begann schon in der Gym- Foto: ala ner ins Gespräch kommt, ver- nasialzeit, in der sie nach einem Seite 9 3/2021
Meinung Nachrichten Medien Internes Personalien unerklärlichen Leistungsabfall staatliche Fördergelder ab- weit mehr drauf. Spillner höhlt dem Direktor einen Deal anbot, zweigte. Spillner heuerte statt- solche Klischees kokett aus und dass sie das Abitur doch noch dessen beim Höchster Kreis- lässt sich für ihre Auftritte einen bestehen würde, wenn sie trotz blatt an, zunächst als Freie, extra magischen Rock mit einer fehlender Punkte im Jahres- dann 13 Jahre als festangestellte Unmenge an Taschen nähen, in zeugnis versetzt würde. Die un- Redakteurin. denen eine Menge Requisiten konventionelle Wette ging auf. verstaut werden können. Man könnte Spillners Film aber Monat für Monat auch vor der Geschäftsstelle Magie produzieren Wenn sie nicht selbst die Kar- des „Hattersheimer Stadtan- ten in die Hand nimmt, sitzt sie zeigers“ anhalten. Dort passte Bis ihr Leben eine neue Wen- am heimischen Schreibtisch, die Schülerin den gestandenen dung nahm. Eine erste Krebs- um „Magie“ zu produzieren. So Lokalchef ab, um sich ihm als erkrankung bewegte sie dazu, heißt die bereits 100 Jahre alte freie Mitarbeiterin zu empfeh- wieder in den Freien-Status zu Mitgliederzeitschrift des 1912 len. Der Beginn ihrer journa- wechseln. Und sich mehr und gegründeten Magischen Zirkels Ausgezeichnet: Ina Knobloch listischen Karriere, für deren mehr einer weiteren Leiden- von Deutschland (MZvD). Zu de- ( l i n k s) e h r t d i e D J V-S i l späteren Verlauf sie das Abitur schaft zu widmen, die sie schon ren bezaubernden Eigenschaften berjubilarin Michelle Spillner. noch benötigen würde. in ihrer Kindheit fasziniert hatte: zählt es, dass sie ausschließlich Foto: Wolfgang Minich der Verzauberung. Endgültig ist gedruckt erscheint und nur unter Jedenfalls drückte der Chef des sie diesem Zauber verfallen, als den etwa 3000 Mitgliedern die- Stadtanzeigers der 16-Jährigen sie unsterblich einem Zauberer ser Vereinigung von Berufs- und Dass sie dem DJV – seit mitt- eine Kamera in die Hand und auf der Bühne des Neuen Thea- Amateur-Zauberkünstlern zirku- lerweile 25 Jahren – angehört, entsandte sie in die Hatters- ters in Höchst verfallen war. Sie liert. Schließlich dient das Ma- hatte für Michelle Spillner heimer Stadthalle, wo Spillner kaufte sich ein Seil und ein Buch gazin dazu, Techniken zu verfei- zunächst einen ganz prakti- eine Inszenierung mit Hans-Jo- mit Anleitungen, und los ging`s. nern, neue Kniffe zur Diskussion schen Grund: Mit 17 Jahren achim Kulenkampff in Text (ge- Später fielen ihr die Spielkarten, zu stellen und an Präsentationen wollte sie unbedingt an den tippt auf der Schreibmaschine) für die sie heute bekannt ist, zu feilen. Wenn sich Experten da „journalist“ rankommen – wie und Bild (entwickelt im Fotola- in die Hand. Weil die so schön so unverstellt auf ihr wertvollstes die „Magie“ ebenfalls exklusiv bor des Hattersheimer Jugend- rauschten und knisterten, legte Kapital wie Finger oder Gedan- Mitgliedern vorbehalten. Die hauses) dokumentieren sollte. sie sie nicht mehr beiseite. kengänge schauen lassen, wollen Geschichte, wie Dunja Rajter Der Verlag Dreisbach hielt an sie sichergehen, dass sich alle sie bat, mit der Sängerin ihre der jungen Mitarbeiterin fest, Heute zählt Spillner zu den an den Ehrenkodex halten und Biografie zu schreiben, ist bot ihr mit gerade so bestande- wenigen erfolgreichen Frauen Betriebsgeheimnisse nicht nach einen eigenen Artikel wert. nem Abitur und ohne Studium in diesem Fach, ist von einer außen dringen. Einer der Grün- Mittlerweile ist ein zweites ein Volontariat an. In der Wen- Jury unter die Top Ten der En- de, warum in den MZvD nach Buch erschienen. Die Hand- dezeit beabsichtigte die Jung- tertainerinnen in Deutschland etwa einjähriger Anwartschaft lung des Romans basiert auf redakteurin ins thüringische gewählt worden. Mit diesem nur aufgenommen wird, wer eine Erfahrungen und Erlebnissen, Altenburg zu ziehen, wo ein erarbeiteten Renommee kann Aufnahmeprüfung besteht. Prag- die Michelle Spillner nach findiger Manager eine Zeitung Spillner es verschmerzen, dass matismus, kein Okkultismus. der ersten Krebserkrankung aufbauen wollte. Der Pseudo- sie auf Fachmessen zunächst gemacht hat. Bei der IHK in Chefredakteur entpuppte sich für die Assistentin eines Zaube- Biografin von Frankfurt gibt sie gelegentlich jedoch rasch als Betrüger, der rers gehalten worden ist. Sie hat Dunja Rajter Weiterbildungen. Und dann hat diese wahrhaftige Uni- „ Zauberhaf ter N eujahrs Für diesen in 80 Ortszirkeln or- versalkünstlerin auch noch empfang“ im Hochsommer ganisierten Kreis produziert die Chefredakteurin gemeinsam ihre kabarettistischen Solo- programme, die nach der Co- Bei einem „zauberhaften Neujahrsempfang“ für etwa 60 mit einer Grafikerin seit fünf Jah- rona-bedingten Zwangspause Mitglieder hat der Ortsverband Frankfurt seine Jubilare ren Monat für Monat ein 52-sei- wieder anlaufen. Aktueller Ti- am Fuß des Goetheturms geehrt. Von den zahlreichen tiges Hochglanzmagazin. Dafür tel ihres Infotainments: Unter DJV-Getreuen konnte Vorsitzende Ina Knobloch sechs nach redigiert sie die Beiträge der frei- Kugelfischen. der langen Phase der aufgezwungenen Distanz persönlich en Autoren (die im Hauptberuf beglückwünschen: Lidia Pichler (25 Jahre Mitgliedschaft), weder zaubern noch schreiben, Aber das gehört zu den vielen Gabriele Calvo Henning (25), Michelle Spillner (25), Wolfgang sondern Professoren, Polizis- Talenten der Frankfurterin, die A. Eck (25), Norbert Dörholt (40) und Peter „Pit“ Knorr (50). ten, Lehrer sind), schreibt die hier nicht weiter ausgebreitet Letzterer ist als Titanic-Mitherausgeber und Autor sämtlicher Titelgeschichte, erst recht, wenn werden können. Dafür müsste Otto-Filme bekannt. Dörholt hat seinem Verband in diversen der geplante Header kurzfristig sie schon mehr Platz an dieser Funktionen gedient, aktuell als Sitzungspräsident bei wegbricht, fotografiert so man- Stelle freizaubern. Eine Kunst, Verbandstagen. Michelle Spillner bedankte sich mit einer che Titelseite, kommuniziert mit die allenfalls Michelle Spillner Showeinlage. Die besondere Kulisse für den Ehrungsabend den Lesern. Drunter tut es die beherrscht. wird in einem separaten Artikel auf Seite 28 beleuchtet. Perfektionistin nicht. Andreas Lang Seite 10 3/2021
Meinung Nachrichten Medien Internes Personalien „Opfern Gesicht und Würde gegeben“ Lokalredaktion des „Hanauer Anzeigers“ erhält für Berichterstattung nach dem Attentat von Hanau Lokaljournalistenpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung Wie paradox: Die Redaktion des „Hanauer an jenem schick- Anzeiger“ gewinnt einen der renommier- salhaften Mitt- testen Journalistenpreise und kann sich wochabend gera- nicht so recht darüber freuen. Denn der de die letzte Seite dritte Deutsche Lokaljournalistenpreis der abgemeldet, da Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) würdigt ging die erste Po- die Gesamtleistung in den Stunden nach lizeimeldung von dem rassistisch motivierten Attentat, dem Schüssen ein. Die im Februar 2020 neun Menschen in der Lage war zu die- Brüder-Grimm-Stadt zum Opfer gefallen sem frühen Zeit- sind. Der Attentäter tötete im Anschluss an punkt des Amok- die Morde seine Mutter und richtete sich laufs noch recht danach selbst. Dem kleinen Team um Re- unübersichtlich, daktionsleiterin Yvonne Backhaus-Arnold für eine Meldung Geschlossene Mannschaftsleistung: Für die besonnene Berichterstattung in sei es gelungen, „von der ersten bis zur in der Printaus- den Tagen und Wochen nach dem Amoklauf ist die gesamte Lokalredaktion des „Hanauer Anzeigers“ ausgezeichnet worden. Foto: Patrick Scheiber letzten Seite der Ausgabe eins nach dem gabe am nächsten Terroranschlag ein allumfassendes Bild Morgen reichte der Ereignisse zu zeichnen“, so die Begrün- der Wissensstand noch nicht aus. Erste un- 3/2020) beschrieben. dung der Jury unter dem Vorsitz von Jana mittelbare Mutmaßungen schlossen eine Tat Weil sich – verständlicherweise – die Er- Klameth, stellvertretende Chefredakteurin im Milieu nicht aus, das ganze Ausmaß des eignisse in den Tagen danach überschlu- der „Freien Presse“ in Chemnitz. Amoklaufs wurde erst im Lauf der folgen- gen, Hanau im Ausnahmezustand war, den Stunden offenbar. Weber-Stoppacher, von einer Woge der Anteilnahme, Polit- Vier Mantelseiten und das komplette der sich auf den Weg zum ersten Tatort, der prominenz und internationaler Medien- Hanau Buch waren freigeräumt worden, Shisha-Bar am Heumarkt, machte, hielt die präsenz überrollt wurde, musste auch die um den Amoklauf einzuordnen und die ganze Nacht über Kontakt zum Kollegen, der Redaktion eine Balance finden, von die- Lesererwartungen facettenreich zu er- die Online-Kanäle bestückte. sem Sog nicht mitgerissen zu werden und füllen. Besonders sensibel und pietät- kritische Distanz zu wahren. Als Insider voll sei die Redaktion von Beginn an Gefragte Gesprächspartner und Kenner ihrer Heimatstadt wurden mit der Würde der Opfer und dem Leid sie ihrerseits begehrte Gesprächspartner der Hinterbliebenen umgegangen, be- Früh am nächsten Morgen dann die Redak- vor Mikrofonen und Kameras aus aller fand die Jury. „Sie hat den Opfern ein tionskonferenz und die Blattplanung für Welt, mussten unvermittelt ihre Rollen Gesicht und Würde gegeben.“ Das war den ersten Erscheinungstag danach. Das tauschen, Beiträge für assoziierte Verlage umso herausfordernder als diese unter- Titelbild zierte ganzseitig eine brennende beisteuern – und hatten darüber hinaus schiedlichen Nationalitäten mit unter- weiße Kerze vor schwarzem Hintergrund. als Kernaufgabe, das eigene Blatt zu füllen schiedlichen Kulturen und Trauerriten Innen widmeten sich Redaktionsmitglie- und online Content nachzuschieben. angehörten. Das Gros der Mannschaft der, freie Mitarbeiter und Fotografen, die war als Reporter unterwegs und hat Hin- sich früh in einer (bis heute existieren- Das hat die 16-köpfige Crew um Back- tergründe recherchiert, der Rest hat den den) WhatsApp-Gruppe zusammenge- haus-Arnold so professionell erledigt, Kolleginnen und Kollegen den Rücken schlossen hatten, in Wort und dezenten dass sie nun erstmals mit einem be- vom Tagesgeschäft freigehalten, berich- Bildern den vielen Folgen der unfassba- deutsamen Journalistenpreis gewürdigt ren Tat. „Zu diesem Zeitpunkt haben wir worden ist. „Wir hätten gerne darauf funktioniert, da blieb – zum Glück – nicht verzichtet, wenn wir die schreckliche viel Zeit für Reflexion darüber, was diese Tat ungeschehen machen könnten“, be- Gewalttat mit uns und unserer Heimat- kennt die Redaktionsleiterin. Auch wenn stadt gemacht hat“, blicken Weber-Stopp- es unter diesen besonderen Umständen acher und Redakteur Christian Dauber auf keinen Anlass gibt, eine Sektflasche zu tet Backhaus-Arnold im Gespräch mit ihren professionellen Umgang in diesen köpfen, der stille Stolz ist berechtigt. dem „Blickpunkt“. Sie war es auch, die bewegten Tagen zurück. Wie diese Ha- „Mein Team hat die Erwartungen unse- dieses Teamwork bei der KAS zur Begut- nau verändert und die städtische Gesell- rer Leser und User an ihre Lokalzeitung achtung eingereicht hat. Mit Erfolg, wie schaft bis heute geprägt haben, hat auch erfüllt.“ Für Geschäftsführer Axel Grysc- jetzt beschieden worden ist. ihre – mittlerweile pensionierte – Kollegin zyk ist die Auszeichnung ein Beweis für Jutta Degen-Peters in zwei Berichten für die journalistische Qualität des HA. „Sie Redakteur Holger Weber-Stoppacher hatte den „Blickpunkt“ (Ausgaben 1/2020 und zeigt, mit welcher Hingabe und auf wel- Seite 11 3/2021
Meinung Nachrichten Medien Internes Personalien chem Niveau unsere Redaktion arbei- Dass die Redaktion die Erwartungen an Grenzen, hat kaum Ressourcen gebun- tet.“ Die drittälteste deutsche Tageszei- Qualitätsjournalismus auch unter for- den. „Für diesen schrecklichen Tag X und tung mit einer verkauften Auflage von dernden Rahmenbedingungen erfüllt dessen Folgen hatten wir keinen Hava- knapp 16.000 Exemplaren ist nach dem hat, lässt sich auch daraus ablesen, dass rieplan“, gesteht die Redaktionsleiterin. Aufkauf durch Dirk Ippen seit zwei Jah- sie sich im Netz keinem Shitstorm stel- „Wir haben in diesem Ausnahmezustand ren Teil des Redaktionsnetzwerks Ippen. len musste. Die Zahl der Kritiker, Leug- zusammengehalten – wie ganz Hanau Media. ner und Relativierer hielt sich auch in auch.“ den Wochen nach dem Attentat in engen Andreas Lang Frankfurter Still-Leben Bildjournalist Rainer Drexel hat menschenleere Publikumsmagnete in der Corona- Zeit dokumentiert – Ausstellung am Bauzaun - Förderung aus DJV-Stipendium Sie sind so symbolträchtig, diese mono- lungsraum kommen kann, kommen die tonen, braunfleckigen Rückseiten der Exponate eben zu ihm. Mit tatkräftiger Hil- Gemälde alter Meister im Frankfurter fe seines Sohns Philipp, der das aufwändi- Städel-Museum. Nicht nur weil sie die ge Fotoprojekt von Beginn an koordinierte, Farbenpracht auf der Schokoladensei- organisierte Drexel das Open-Air, zu des- te vorenthalten, sondern weil sich aus sen Vernissage der frühere Präsident der dieser Perspektive selbst die Meister- Offenbacher Hochschule für Gestaltung werke resigniert in sich zurückgezogen und Bildhauer Wolfgang Luy sprach. haben in dieser Pandemiezeit, in der kein Museumsbesucher sie anblicken Realisieren konnte Drexel sein Vorhaben darf. Diese Kapitulation vor dem Virus auch dank eines vom DJV initiierten und ist eine von vielen, die der renommierte von der Hessischen Kulturstiftung mitge- Bildjournalist Rainer Drexel an zu Nor- tragenen Förderstipendiums für freiberuf- malzeiten gut frequentierten Orten in liche Journalistinnen und Journalisten, das Frankfurt mit seiner Kamera festgehal- helfen sollte, die lange Corona-bedingte ten hat. Durststrecke zu überbrücken (wir berich- teten). Seine Projektskizze ist von der Jury Öffentlich zugänglich hat er eine Auswahl bewilligt worden, das Resultat ist virtu- dieser Still-Leben unter dem Titel „Kein schränkt für Publikumsverkehr geöffnet ell unter https://ichbinfrei.djv-hessen.de/ Mensch da“ im August entlang des Bau- werden können, sollen Kunstgenießer we- arbeiten/rainer-drexel/ zu sehen. Die Auf- zauns am Domplatz ausgestellt. Seine nigstens unter freiem Himmel und ohne nahmen des Bildreporters, der auch schon Überlegung bei der Konzeption: Wenn Einschränkungen ein bisschen zu ihrem von „Geo”, dem „Stern“, dem „Spiegel“, schon nicht absehbar war, wann Galerien, Recht kommen. Nach dem Motto: Wenn dem Magazin der „Zeit“ oder „Merian“ be- Kultur- und Sportstätten wieder uneinge- der Besucher schon nicht in den Ausstel- auftragt worden ist, zeigen Leerstände in üblicherweise vollen Frankfurter Locations: Schmerzliche Blicke ins Leere, wo es zu Stoßzeiten vor Menschen wimmelt. Blick ins Leere Der Blick vom Drei-Meter-Brett im Hal- lenbad auf eine spiegelglatte Wasserober- fläche verwirrt die Sinne ebenso sehr wie die unberührte Kurve im Gewächshaus des Palmengartens, wo allenfalls das in den Pfad ragende Grün der Pflanzen die Tristesse ein wenig auflockert. Registrier- kassen in Europasaal der E-Kinos sind mit blauen Müllsäcken verhüllt, die leeren Ses- selreihen im Kinosaal wirken genauso ste- ril und surreal wie das streng geometrische Halbrund im Konzertsaal der Jahrhundert- halle. „Ein Kino ohne kuschelnde Paare, Kehrseite eines Meisterporträts: das Städtel-Museum ohne Museumsbesucher. ein Schwimmbad ohne tobende Kinder, Seite 12 3/2021
Meinung Nachrichten Medien Internes Personalien ein Restaurant ohne seine Stammgäste, ein Stadion ohne Fans, eine Eisfläche ohne knirschende Kufen – es sind doch Orte wie diese, die unseren Alltag unterbrechen, unsere Gesellschaft zusammenhalten“, so die Botschaft des freiberuflichen Foto- journalisten, der über 40 Berufsjahre einen besonderen Blick auf Architektur, Industrie und Landschaften entwickelt hat. In Anbetracht des beträchtlichen logis- tischen Aufwands bleibt es bei der ein- maligen Ausstellung der 28 Aufnahmen um das Hauptportal am Domplatz. Sie sind eine Auswahl von rund 120 Moti- ven, die Drexel von November 2020 bis März 2021 aufgenommen hat. Allen ge- Auf dem Sprung: Blick ins leere Becken nerellen Corona-Einschränkungen zum Trotz musste er die Betreiber der ver- waisten Kultur- und Sportstätten nicht lange überreden, damit sie ihre Pforten exklusiv für ihn öffneten. Die Konzeption war schon weiter fortgeschritten, als er auf die willkommene Fördermöglichkeit durch das Projektstipendium für Freie stieß. „Ohne die ,Freien‘, die, angetrie- ben durch den Willen, eigene Vorstel- lungen und Darstellungen der Realität zu veröffentlichen, wären die Medien vielleicht ein Stück ärmer“, gibt Drexel bescheiden zu bedenken. „Diese Beihilfe ist eine schöne Bestätigung meiner Ar- beit“, dankt der 72-Jährige, der seit 1976 und damit fast sein ganzes Berufsleben lang aus innerer Überzeugung Mitglied im DJV ist. Neues Projekt Beängstigende Stille im Konzertsaal der Jahrhunderthalle in Vorbereitung Nach wie vor ist die Auftragslage beschei- den. Reisereportagen, die zu seinem Re- nommee beigetragen haben, sind nach wie vor allenfalls umständlich zu realisie- ren. Ein neues Projekt ist in der Entwick- lung, aber noch nicht spruchreif. Bis dahin bleibt der mal bizarre, mal melancholische Blick ins Leere der Veranstaltungsstätten in Frankfurt und Offenbach. Der Blues, die Irritation, die Rückmeldung des Gehirns, dass diese merkwürdigen Stille nicht zur Bestimmung dieses Ortes passt. Im Box- club Nordend sind die Handschuhe schon gerichtet, warten auf den beiseite gestell- ten Absperrgittern darauf, wieder über- gestreift zu werden. Die Szenerie wirkt als hätten die Sportler sie kurz abgelegt, um sich eben mal an der frischen Luft abzu- kühlen. Nur dass dieses „eben mal“ schon Monate dauert … Boxer-Stopp: Blick in den verwaisten Trainingsraum des Boxclubs Nordend in Offenbach. Fotos: Rainer Drexel ala Seite 13 3/2021
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