LEBENSWEGE UND ABSCHIEDSGESTALTUNG - Schwerpunkt: Hospiz-Dialog Nordrhein-Westfalen - ALPHA NRW

 
WEITER LESEN
LEBENSWEGE UND ABSCHIEDSGESTALTUNG - Schwerpunkt: Hospiz-Dialog Nordrhein-Westfalen - ALPHA NRW
Ansprechstellen im
                        Land NRW zur
                        Palliativversorgung,
                        Hospizarbeit und
                        Angehörigenbegleitung

Hospiz-Dialog Nordrhein-Westfalen
Juli 2018 Ausgabe 76

Schwerpunkt:
LEBENSWEGE UND
ABSCHIEDSGESTALTUNG
LEBENSWEGE UND ABSCHIEDSGESTALTUNG - Schwerpunkt: Hospiz-Dialog Nordrhein-Westfalen - ALPHA NRW
2

    Editorial

             Liebe Leserinnen und Leser,
              für unseren Lebensweg wird zuweilen
              das Bild der Reise genutzt. Auf dieser
              Reise befinden wir uns auf unterschied-
              liche Weise – manchmal auf unbekann-
              tem Terrain, auf dem wir uns, ob in der
              Kindheit oder im späteren Leben, heran-
              tasten und vieles lernen müssen.
              Manchmal erleben wir gewohnten Trott,
    der uns vielleicht Eintönigkeit, aber auch Sicher-
    heit und Routine beschert. Manchmal sind wir
    Unwägbarkeiten oder gar Traumata ausgesetzt.
    Alles, was uns begegnet oder auch nicht begegnet,
    wirkt sich auch auf unser Lebensende aus. In
    dieser Ausgabe des Hospiz-Dialogs werden einige
    dieser Facetten beschrieben bis hin zu den
    Auswirkungen auf die Gestaltung des Abschieds.
    Dies trägt nicht nur zur Enttabuisierung des The-
    mas bei, sondern eröffnet einen positiven Blick
    auf das Leben.
                                                         Hospiz-Dialog NRW - Juli 2018/76

    Ich wünsche Ihnen eine gute Lektüre!

    Ihre

    Dr. Gerlinde Dingerkus
LEBENSWEGE UND ABSCHIEDSGESTALTUNG - Schwerpunkt: Hospiz-Dialog Nordrhein-Westfalen - ALPHA NRW
Inhalt

                                                                                                 INFORMATION
                                                                                                 Gesundheitliche Versorgungsplanung –
                                                                                                 Wohin soll die Reise gehen?
                                                                                                 Gerlinde Dingerkus, Felix Grützner                 4

                                                                                                 Spezialbericht zur Hospizarbeit und
                                                                                                 Palliativversorgung in Nordrhein-Westfalen
                                                                                                 Nicole Rosenkötter                                 6

                                                                                                 „Pausentaste – Wer anderen hilft, braucht
                                                                                                 manchmal selber Hilfe“
                                                                                                 Ein Projekt des Bundesministeriums für Familie,
                                                                                                 Senioren, Frauen und Jugend                        9

                                                                                                 KOMMA – Kommunikation mit Angehörigen
                                                                                                 Sabine Pleschberger, Gerda Graf, Christiane Kreyer 10

                                   IMPRESSUM                                                     Mensch ist mehr als Diagnose, Prognose
                                                                                                 und Koma
                                   Herausgeber
                                   ALPHA - Ansprechstellen im Land Nordrhein-Westfalen zur       Eine Replik auf das Schwerpunktthema Demenz
                                   Palliativversorgung, Hospizarbeit und Angehörigenbegleitung   Franco Rest                                       12
                                   Redaktion
                                   Ansprechstelle im
                                   Land Nordrhein-Westfalen zur
                                   Palliativversorgung,                                          SCHWERPUNKT
                                   Hospizarbeit und                                              LEBENSWEGE UND ABSCHIEDSGESTALTUNG
                                   Angehörigenbegleitung
                                   im Landesteil Westfalen-Lippe
                                   Sigrid Kießling                                               Traumatisierungen im Zweiten Weltkrieg
                                   Friedrich-Ebert-Straße 157-159, 48153 Münster
                                   Tel.: 02 51 - 23 08 48, Fax: 02 51 - 23 65 76
                                                                                                 und ihre Folgen
                                   alpha@muenster.de, www.alpha-nrw.de                           Gereon Heuft                                      14
                                   Layout
                                   Art Applied, Hafenweg 26, 48155Münster                        Aus ganzem Herzen leben
                                                                                                 Andrea Weilguni                                   17
                                   Druck
                                   Buschmann, Münster
                                                                                                 Der Club der Särge
Hospiz-Dialog NRW - Juli 2018/76

                                   Auflage
                                   2500
                                                                                                 Barbara Barkhausen                                19

                                                                                                 Lebenswelt postmortem
                                   Die im Hospiz-Dialog-NRW veröffentlichten Artikel geben       Von der Foto- zur Biografie
                                   nicht unbedingt die Auffassung der Redaktion und der Her-     Thorsten Benkel, Matthias Meitzler                23
                                   ausgeber wieder. Für unverlangt eingesandte Manuskripte
                                   wird keine Gewähr übernommen. Fotos der Autoren mit Zu-
                                   stimmung der abgebildeten Personen.                           Veranstaltungen                                   27
LEBENSWEGE UND ABSCHIEDSGESTALTUNG - Schwerpunkt: Hospiz-Dialog Nordrhein-Westfalen - ALPHA NRW
4

    GESUNDHEITLICHE VERSORGUNGS-
    PLANUNG – WOHIN SOLL DIE REISE GEHEN?
    GERLINDE DINGERKUS, FELIX GRÜTZNER

    33              Seiten hat die Vereinbarung zur ge-
                    sundheitlichen Versorgungspla-
                    nung nach §132g SGB V (inkl. Anla-
                    gen). Die Intention dieser Verein-
    barung wurde 2015 im Hospiz- und Palliativgesetz
                                                           Die Rahmenbedingungen
                                                           Die Rahmenbedingungen für diesen Prozess sind
                                                           in der Vereinbarung festgeschrieben. Diese sind
                                                           sehr differenziert und machen Aussagen über den
                                                           Ablauf selbst, aber auch über die personellen und
    formuliert. Die Gesetzliche Krankenversicherung        sachlichen Rahmenbedingungen.
    (GKV) hat gemeinsam mit den Trägervertretern zum
    Ende des Jahres 2017 den dahinterstehenden             Zu dem gesamten Prozess gehören
    Gedanken konkretisiert. Was steht auf diesen vie-      – die Beratungen
    len Seiten und welche Bedeutung haben sie für die      – die Fallbesprechungen (unter Beteiligung mög-
    Hospiz- und Palliativversorgung in Einrichtungen         lichst vieler Akteure)
    der Altenhilfe und der Eingliederungshilfe?            – die Dokumentation (sowohl der Beratung als
                                                             auch der Willensäußerungen)
    „Vereinbarung nach §132g Abs. 3 SGB V über
    Inhalte und Anforderungen der gesundheitlichen         Zu den Beratungsgesprächen selbst gehört die Klä-
    Versorgungsplanung für die letzte Lebensphase“         rung der Fragen
    So lautet der Titel des Papiers. Mit ihm ist das       – Wer soll bei dem Gespräch dabei sein?
    Ziel verbunden, dass die Bewohnerinnen und             – Wie häufig sollen Gespräche stattfinden?
    Bewohner von Einrichtungen der Alten- und der Ein-     – Welche Aspekte sollen angesprochen werden: zu
    gliederungshilfe jene pflegerischen, medizinischen,      erwartende körperliche Zustände, Umgang mit
    sozialen und spirituellen Angebote erhalten, die sie     Notfallszenarien, Möglichkeiten der Versorgung?
                                    sich für ihr Lebens-   – Welche rechtlichen Vorsorgeinstrumente gibt es?
                                    ende wünschen.         – Wer assistiert bei starken kognitiven Einschrän-
                                    Um dies vorzube-         kungen?
                                    reiten, können sie
                                    sich mit der Un -      Der Beratungsprozess findet situations- und be-
                                    terstützung eines      darfsorientiert statt. Die Bewohner/Bewohnerin-
                                    sogenannten Bera-      nen müssen die Beratung nicht in Anspruch neh-
                                    ters/einer Berate-     men. Wenn sie es tun, können sie sie aber auch je-
                                    rin gedanklich aus-    derzeit beenden. Die sich ändernde Lebens- und
                                    einandersetzen:        Versorgungssituation kann dazu führen, dass das
                                    mit möglichen Ver-     Beratungsangebot mehrfach in Anspruch genom-
                                    änderungen ihres       men wird.
                                    gesundheitlichen
                                    Zustandes, mit         Vernetzung ist ein wesentliches Element
                                    Krankheitsverläu-      Die Vereinbarung sieht außerdem die interne und
                                    fen und möglichen      externe Vernetzung vor. Interne Vernetzung heißt,
                                                                                                                 Hospiz-Dialog NRW - Juli 2018/76

                                    Komplikationen         dass alle Mitarbeitenden einer Einrichtung über das
                                    und mit den damit      Konzept der gesundheitlichen Versorgungsplanung
                                    verbundenen mög-       informiert sind und deren Umsetzung unterstützen.
                                    lichen medizinisch-    Auch wenn der Beratende eine federführende Funk-
                                    pflegerischen Situ-    tion hat, ist das Mitdenken und die damit verbun-
                                    ationen.               dene Haltung aller im Haus Tätigen ein wesent-
                                                           licher Bestandteil.
LEBENSWEGE UND ABSCHIEDSGESTALTUNG - Schwerpunkt: Hospiz-Dialog Nordrhein-Westfalen - ALPHA NRW
5

                                   Externe Vernetzung heißt, dass auch die außenste-
                                   henden Partner, wie der Rettungsdienst oder das
                                   Hospizteam in das Konzept so eingebunden sind,
                                   dass auch von ihrer Seite den Wünschen des Be-
                                   wohners/der Bewohnerin Rechnung getragen wird.

                                   Wer führt die Beratungsgespräche durch?
                                   Die Vereinbarung sieht bestimmte qualifikatorische
                                   Voraussetzungen vor. Unter anderem wird davon
                                   ausgegangen, dass Personen aus pflegerischen,
                                   medizinischen und pädagogischen Berufen gute
                                   Voraussetzungen für diese Tätigkeit mitbringen.                                  Dr. Gerlinde Dingerkus, Dr. Felix Grützner
                                   Diese müssen eine dreijährige Tätigkeit im Hospiz-
                                   und/oder Palliativbereich oder in Einrichtungen der   arbeiter bis zum Rettungsdienst –, ist anzunehmen,
                                   Alten- oder der Eingliederungshilfe vorweisen.        dass eine flächendeckende Umsetzung nicht „auf
                                   Darüber hinaus müssen sie sich theoretisch weiter-    die Schnelle“ geschieht und auch nicht geschehen
                                   qualifizieren und einen praxisorientierten Anteil     sollte. Wie Paula Modersohn-Becker sagt: Wer
                                   absolvieren. Die Rahmenvereinbarung benennt de-       einen weiten Weg hat, läuft nicht. Es braucht viele
                                   tailliert die Lernfelder, zu erwerbende Kompetenzen   Schritte, viel Kommunikation und Abstimmung. Die
                                   und die Anzahl der Unterrichtseinheiten dieser für    Einbettung darf nicht die Entscheidung Einzelner
                                   die Beraterinnen und Berater erforderlichen Zusatz-   sein. Viele gehören schon im Vorfeld mit „an Bord“.
                                   qualifikation.                                        Und: Es macht Sinn, sich mit anderen Kolleginnen
                                                                                         und Kollegen auch über den eigenen Tellerrand
                                   Die Umsetzung                                         hinaus auszutauschen.
                                   Zu einer praktikablen Umsetzung gehört eine sach-     Deswegen möchten wir, die ALPHA-Stellen, ge-
                                   dienliche Finanzierung, die ebenfalls in der Verein-  meinsam mit dem Hospiz- und Palliativverband
                                   barung festgeschrieben ist. Ob diese dem Aufwand      NRW (HPV NRW) und der Landesgruppe der Deut-
                                   entspricht, wird sich zeigen. Am wichtigsten ist je-  schen Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP NRW)
                                   doch, dass die Umsetzung in ein Gesamtkonzept         ein Forum eröffnen und Sie über die Ziele und die
                                   eingebettet ist, das einhergeht mit einer gemein-     Umsetzungsansätze dieser Vereinbarung miteinan-
                                   samen Identifizierung aller Beteiligten mit einer     der ins Gespräch bringen: auf einer halbtätigen Ver-
                                   achtsamen hospizlichen und                                                 anstaltung am 24. Januar 2019
                                   palliativen Haltung. Nur Rah-
                                   menbedingungen oder Ver-
                                                                     » Das Ziel ist klar formuliert, in Hagen. Der Diskurs soll
                                                                                                              dabei über die eigene Träger-
                                   fahrensweisen umzusetzen,           die Umsetzungswege be-                 schaft, ja über die eigenen
                                   genügt nicht.                       nötigen einen behutsamen regionalen Bezüge hinaus ge-
                                   In diesem Jahr werden sich                                                 führt werden. Bitte merken Sie
                                   einige Einrichtungen auf den
                                                                       Transfer in die Praxis.
                                                                                                              sich diesen Termin schon jetzt
                                   Weg machen und darum be-                                                   vor, die Einladung ergeht zu
                                   mühen, ein Konzept gemäß dieser Vereinbarung          einem späteren Zeitpunkt und wird sich an alle
                                   für ihre Bewohnerinnen und Bewohner auf den Weg       Einrichtungen der Altenhilfe und der Eingliede-
                                   zu bringen. Es wird sich erst langfristig zeigen, ob  rungshilfe, an die hospizlichen und palliativen
                                   und wie die Umsetzung gelingt und ob „das, was        Dienste und Einrichtungen, an Ärztinnen und Ärzte,
                                   draufsteht, auch drin sein wird“. Auch wird sich erst an Betreuerinnen und Betreuer richten. Bis dahin
                                   im praktischen Tun zeigen, ob Aufwand und Ergeb-      wird es die ersten Ideen, Ansätze, Umsetzungsver-
                                   nis in einem ausgeglichenen Verhältnis zueinander-    suche geben, die eine gute Basis für den Austausch
                                   stehen.
Hospiz-Dialog NRW - Juli 2018/76

                                                                                         bieten und gleichzeitig den Blick eröffnen für die
                                                                                         weiteren Stationen dieser Reise.
                                   „Wer einen weiten Weg hat, läuft nicht.“
                                   Da es aber nicht nur die Träger, die Leitung und die           Dr. Gerlinde Dingerkus, Dr. Felix Grützner
                                   Mitarbeitenden der Einrichtungen, die Bewohner/                            Ansprechstellen im Land NRW
                                   Bewohnerinnen oder die Angehörigen sind, die sich                   zur Palliativversorgung, Hospizarbeit
                                   auf das besondere Vorhaben einlassen, sondern                                 und Angehörigenbegleitung
                                   am Ende alle Beteiligten – vom ehrenamtlichen Mit-                                     www.alpha-nrw.de
LEBENSWEGE UND ABSCHIEDSGESTALTUNG - Schwerpunkt: Hospiz-Dialog Nordrhein-Westfalen - ALPHA NRW
6

    SPEZIALBERICHT ZUR HOSPIZARBEIT
    UND PALLIATIVVERSORGUNG IN
    NORDRHEIN-WESTFALEN
    Nicole Rosenkötter

                             I
                                  m Mai dieses Jahres ist der       sorgung im eigenen Wohnraum, in ambulanten
                                  zweite Bericht zur „Hospizar-     und stationären Einrichtungen der Eingliede-
                                  beit und Palliativversorgung      rungshilfe, in Pflegeeinrichtungen, Krankenhäu-
                                  in Nordrhein-Westfalen“           sern und spezialisierten Einrichtungen vor und
                             erschienen. In diesem Artikel        • bezieht dabei auch die hospizliche und palliative
                             möchten wir Ihnen einige Inhalte       Versorgung von Kindern ein,
                             des Berichts vorstellen und          • beschreibt die an der Versorgung beteiligten Ak-
                             einen Einblick geben, wie aus          teurinnen und Akteure und deren Qualifizierungs-
                             einer anfangs überschaubar             möglichkeiten und
                             scheinenden Aufgabe ein viel-        • erläutert aktuelle Herausforderungen im Rahmen
                             schichtiges Projekt wurde.             der Hospizarbeit und Palliativversorgung.

                     Der erste nordrhein-westfälische
    Dr. Nicole Rosenkötter
                     Bericht zur Hospizarbeit und Pal-
                     liativversorgung erschien Anfang
                                                                  » Rahmenbedingungen und
    2007 (MAGS NRW, 2007). Etwa acht Jahre nach des-                Strukturen der Hospiz- und
    sen Erscheinen entwickelte sich der Plan diesen                 Palliativversorgung in NRW
    Bericht neu aufzulegen und zu aktualisieren. Das
    für Gesundheit zuständige Ministerium des Landes
                                                                    haben sich in den vergangenen
    Nordrhein-Westfalen beauftragte das Landeszen-                  Jahren sehr verändert.
    trum Gesundheit NRW (www.lzg.nrw.de), dieser Auf-
    gabe in Zusammenarbeit mit ALPHA NRW (www.al-
    pha-nrw.de) nachzukommen und die dargestellten                Beim Schreiben des Berichts traten jedoch einige
    Daten zur Versorgungssituation in NRW auf den                 Hürden auf, die es zu überwinden galt. Dies betraf
    neuesten Stand zu bringen.                                    vor allem die stark eingeschränkte Datenverfüg-
                                                                  barkeit im Bereich der Hospizarbeit und Palliativ-
    Schnell zeigte sich jedoch, dass eine rein daten-             versorgung, aber auch die Rechtslage, die sich
    basierte Aktualisierung der Versorgungslandschaft             während der Berichterstellung durch die Verab-
    in NRW nicht mehr gerecht werden konnte. Die Rah-             schiedung des Hospiz- und Palliativgesetzes im
    menbedingungen und die Strukturen der Hospiz-                 November 2015 verändert hatte.
    arbeit und Palliativversorgung hatten sich seit
    Erscheinen des ersten Berichts zu stark verändert             Die Kunst des Zählens
    und weiterentwickelt. Deshalb war es notwendig,               Die Herausforderung, aussagekräftige und valide
    den Bericht komplett neu zu konzipieren. Mit der              Datenquellen zu identifizieren, begann bereits mit
    Festlegung relevanter Kapitel für den neuen Bericht           der ersten Fragestellung: „Wo versterben die Men-
    wurde die Basis für die Neuauflage geschaffen. Der            schen in NRW?“ Leider ist diese Information nicht
                                                                                                                         Hospiz-Dialog NRW - Juli 2018/76

    vorliegende Bericht                                           Bestandteil der Statistik der Sterbefälle oder der
    • stellt die wichtigsten Entwicklungen der Hospiz-            Todesursachenstatistik. Die Statistiken führen
      arbeit und Palliativversorgung dar,                         Informationen zu den Sterbefällen nach Wohnort,
    • erläutert die Rechtsgrundlagen für die Versor-              Geschlecht und Alter (und Todesursache). Ob eine
      gung,                                                       Person jedoch im Krankenhaus (auf einer normalen
    • stellt die nordrhein-westfälischen Angebote und             oder einer Palliativstation), im Hospiz, zu Hause
      Strukturen zur hospizlichen und palliativen Ver-            oder in einer Pflegeeinrichtung verstorben ist, wird
LEBENSWEGE UND ABSCHIEDSGESTALTUNG - Schwerpunkt: Hospiz-Dialog Nordrhein-Westfalen - ALPHA NRW
7

                                                                                          Schwerpunktmäßig sollten in dem Bericht die Be-
                                                                                          sonderheiten der Versorgungsstrukturen in NRW
                                                                                          aufbereitet und die Datenbasis aktualisiert werden.
                                                                                          Leider gibt es keine offiziell verbindliche Statistik
                                                                                          über die Anzahl der Anbieter in der Hospizarbeit
                                                                                          und Palliativversorgung. Um dennoch ein möglichst
                                                                                          valides Bild der Versorgungslandschaft zu zeich-
                                                                                          nen, wurden Daten verschiedener Datenhalter zu-
                                                                                          sammengetragen. Im Vergleich zu dem ersten Be-
                                                                                          richt zur Hospizarbeit und Palliativversorgung
                                                                                          konnte in allen Versorgungsbereichen ein struktu-
                                                                                          reller Ausbau verzeichnet werden, der sich stetig
                                                                                          in Richtung einer flächendeckenden Versorgung
                                                                                          weiterentwickelt.

                                                                                          Eine besondere Herausforderung stellte jedoch die
                                                                                          Ermittlung des Versorgungsgrads durch Teams der
                                                                                          spezialisierten ambulanten Palliativversorgung
                                                                                          (SAPV) dar, da die Palliativmedizinischen Konsili-
                                                                                          ardienste in Westfalen-Lippe sowohl die allgemeine
                                                                                          als auch die spezialisierte Versorgung vorhalten.
                                                                                          Der Versorgungsgrad drückt in diesem Fall aus, wie
                                                                                          viele SAPV-Teams auf eine Million Einwohnerinnen
                                                                                          und Einwohner kommen. Werden die Palliativme-
                                                                                          dizinischen Konsiliardienste bei dieser Berechnung
                                   auf der Todesbescheinigung zwar dokumentiert,          mitberücksichtigt, dann rangiert der Versorgungs-
                                   aber nicht routinemäßig statistisch aufbereitet. Zur   grad in NRW in etwa im Bundesdurchschnitt.
                                   Beantwortung der Frage musste deshalb eine
                                   wissenschaftliche Untersuchung herangezogen            Auch zu den im Rahmen der hospizlichen und pal-
                                   werden, in der nachträglich die Sterbeorte für eine    liativen Versorgung versorgten Grunderkrankungen
                                   Stichprobe von Verstorbenen in Westfalen-Lippe         sowie den Bedürfnissen und Bedarfen unterschied-
                                   zusammengetragen wurden. Gut die Hälfte der            licher Patientengruppen liegen routinemäßig nur
                                   Verstorbenen ist demnach in 2011 in einem Kran-        wenige Daten vor. Die Anbieter der Hospizarbeit
                                   kenhaus verstorben (Dasch et al., 2015). Außerdem      und Palliativversorgung führen zwar eine Doku-
                                   konnten Analysen der Kassenärztlichen Vereinigun-      mentation, die Daten werden jedoch nicht evaluiert
                                   gen Nordrhein und Westfalen-Lippe zeigen, dass         und in einer Statistik zusammengeführt. Der Be-
                                   der Anteil an im Krankenhaus verstorbenen Perso-       richt fasst deshalb einige Ergebnisse aus wissen-
                                   nen etwa um ein Fünftel geringer ist, wenn die         schaftlichen Untersuchungen zusammen, um ver-
                                   Verstorbenen aufgrund einer ärztlichen Verordnung      schiedene Aspekte der Versorgung zu beschreiben
                                   eine palliative Versorgung in Anspruch nehmen          und beispielsweise Zugangsunterschiede für an
                                   konnten (Lux et al., 2016; Zimmermann, Merling,        Krebs und nicht an Krebs erkrankte Menschen dar-
                                   2015).                                                 zustellen.

                                   Deutlich wurde auch, dass der Anteil der Verstor-      Zeiten der Veränderung und der Weiterentwicklung
                                   benen in Hospizen und Palliativstationen sowie in      Während der Berichterstellung wurde das Hospiz-
                                   Alten- oder Pflegeeinrichtungen zwischen 2001 und      und Palliativgesetz verabschiedet (BMJV, 2015) und
                                   2011 zugenommen hat (Dasch et al., 2015). Dieses       es wurden Ziele im Rahmen der „Nationale Strate-
Hospiz-Dialog NRW - Juli 2018/76

                                   Ergebnis unterstreicht die Relevanz der Weiterent-     gie für die Versorgung von schwerstkranken und
                                   wicklung der hospizlichen und palliativen Versor-      sterbenden Menschen“ definiert (DGP, DHPV, BÄK,
                                   gung in Wohn- und Pflegeeinrichtungen – ein            2016). Neben einer Stärkung des Versorgungsbe-
                                   Prozess, der in den vergangenen Jahren in NRW          reichs und Impulsen zur Weiterentwicklung, kam
                                   verstärkt angestoßen wurde und in dem Bericht          es dadurch auch zu Veränderungen, die bis zum
                                   näher erläutert wird.                                  Abschluss der Berichterstellung noch nicht voll-
                                                                                          ständig abgeschlossen waren. In der Schlussbe-
LEBENSWEGE UND ABSCHIEDSGESTALTUNG - Schwerpunkt: Hospiz-Dialog Nordrhein-Westfalen - ALPHA NRW
8

                                                                        und Palliativversorgung von Frau Dr. Dinger-
                                                                        kus, Frau Mertens-Bürger und Herrn
                                                                        Dr. Grützner (ALPHA NRW) profitiert hat.

                                                                        Sie können den Bericht über den Broschü-
                                                                        renservice des Ministeriums für Arbeit, Ge-
                                                                        sundheit und Soziales herunterladen oder
                                                                        als Printversion beziehen (www.mags.nrw/
                                                                        broschuerenservice).

                                                                                           Dr. Nicole Rosenkötter
                                                                                      Landeszentrum Gesundheit
                                                                                              Nordrhein-Westfalen
                                                                        Fachgruppe Gesundheitsberichterstattung
                                                                                          Gesundheitscampus 10
                                                                                                   44801 Bochum
                                                 Spezialbericht S. 19                   Tel.: 02 34 - 9 15 35-31 05
                                                                                 Nicole.Rosenkoetter@lzg.nrw.de
    trachtung des Berichts werden deshalb die Beglei-                                      http://www.lzg.nrw.de
    tung der Veränderungsprozesse (teilweise durch                                    http://www.lzg.nrw.de/gbe
    ALPHA NRW) und die Implementierung der neuen
    gesetzlichen Möglichkeiten als primäres zukünfti-
    ges Aufgabenfeld benannt. Arbeitsfelder von be-           Literatur
    sonderem Interesse sind hierbei die Entwicklungen
    in der ambulanten Palliativversorgung, die Etablie-       Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz
                                                                  (BMJV) (2015). Gesetz zur Verbesserung der Hospiz- und
    rung von Beratungsstrukturen zur Hospiz- und
                                                                  Palliativversorgung in Deutschland (Hospiz- und Palliativ-
    Palliativversorgung, die Umsetzung der gesund-                gesetz – HPG). Bundegesetzblatt, Teil I, 48.
    heitlichen Versorgungsplanung für die letzte              Dasch, B., Blum, K., Gude, P., Bausewein, C. (2015). Sterbeorte:
    Lebensphase, die zunächst für Versicherte in                  Veränderung im Verlauf eines Jahrzehnts. Eine populations-
                                                                  basierte Studie anhand von Totenscheinen der Jahre 2001
    Pflegeeinrichtungen und Einrichtungen der Einglie-
                                                                  und 2011. Deutsches Ärzteblatt, 112 (29-30).
    derungshilfe vorgesehen ist, sowie die weitere            Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin, Deutscher Hospiz-
    Etablierung der Trauerbegleitung in NRW.                      und PalliativVerband e.V., Bundesärztekammer (DGP,
                                                                  DHPV, BÄK) (2016). Handlungsempfehlungen im Rahmen
    Außerdem kann der Bericht nun als Grundlage die-              einer Nationalen Strategie. Verfügbar unter: http://
                                                                  www.charta-zur-betreuung-sterbender.de/nationale-stra-
    nen, um einige Jahre nach der Umsetzung der neu-              tegie_handlungsempfehlungen.html (Abruf Juni 2018).
    en Gesetzgebung die Auswirkungen auf die Versor-          Lux, E.A., Hofmeister, U., Bornemann, R. (2016). Ambulante
    gungslandschaft in NRW erneut prüfen zu können.               Palliativversorgung in Westfalen-Lippe. Eine Follow-up-Er-
                                                                  hebung fünf Jahre nach Einführung einer strukturierten Ver-
                                                                  sorgung im häuslichen Umfeld. Deutsche Medizinische Wo-
                                                                  chenschrift, 141.
                                                              Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes
       » Neben der Beschreibung                                   Nordrhein-Westfalen (Hrsg.) (2007). Hospizarbeit und Pal-
         der aktuellen Situation                                  liativmedizin: Stand der Entwicklung. Gesundheitsberichte
                                                                  NRW Spezial. Band 2. Düsseldorf: MAGS NRW.
         finden in dem Bericht                                Zimmermann, H., Merling, A. (2015). Fakten, Daten, Trends zur
         auch die Zukunftsaufgaben                                ambulanten Palliativversorgung in Nordrhein. Kongress
                                                                  Zehn Jahre ambulante Palliativversorgung in Nordrhein,
         Erwähnung.                                               12.9.2015, Düsseldorf. Verfügbar unter: https://www.
                                                                                                                                 Hospiz-Dialog NRW - Juli 2018/76

                                                                  kvno.de/downloads/termine/palliativkongress/03_
                                                                  vortrag_zimmermann_merling.pdf (Abruf Dezember 2015).

    Vielleicht haben wir mit diesem kurzen Artikel Ihr
    Interesse an dem Bericht wecken können, dessen
    Erstellung in besonderem Maße von den Fachkennt-
    nissen und vielfältigen Bezügen zur Hospizarbeit
LEBENSWEGE UND ABSCHIEDSGESTALTUNG - Schwerpunkt: Hospiz-Dialog Nordrhein-Westfalen - ALPHA NRW
9

                                   „PAUSENTASTE – WER ANDEREN HILFT,
                                   BRAUCHT MANCHMAL SELBER HILFE“
                                   Ein Projekt des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

                                   N
                                             ach einer repräsentativen Befragung im          Das Angebot umfasst
                                             „Report Junge Pflegende des Zentrums            • die Website www.pausentaste.de
                                             für Qualität in der Pflege (ZQP)“ pflegen       • eine telefonische Beratung
                                             und versorgen ca. 5% (= 230.000) der            • eine E-Mail-Beratung sowie perspektivisch
                                   Kinder und Jugendlichen im Alter von 12-17 Jahren         • ein Chat oder ein Forum (in Planung).
                                   regelmäßig Angehörige. 90% von ihnen helfen
                                   mehrmals in der Woche, 33% helfen täglich. Pfle-          Die Website www.pausentaste.de beantwortet seit
                                   gende Kinder und Jugendliche machen sich oft viele        01.01.2018 grundlegende Fragen rund um die Pfle-
                                                                                             ge und präsentiert Erfahrungsberichte, Interviews
                                                                                             und Videos. Darüber hinaus weist sie auf Bera-
                                                                                             tungsangebote vor Ort hin. Auch Informationen zu
                                                                                             Erkrankungen und Leseempfehlungen werden zur
                                                                                             Verfügung gestellt,
                                                                                             alles optimiert für mo-
                                                                                             bile Endgeräte. Ein » Pflegende Kinder und
                                                                                             Chat oder Forum ist        Jugendliche haben oft
                                                                                             geplant.
                                                                                                                        niemanden, mit dem sie
                                                                                             Die Betreuung der          über ihre Situation
                                                                                             Telefon- und E-Mail-       sprechen können.
                                                                                             Beratung übernimmt
                                                                                             der Verein „Nummer
                                                                                             gegen Kummer“. Unter der Nummer 116 111 errei-
         Screenshot „Rike“                                      Quelle: www.pausentaste.de
                                                                                             chen ratsuchende Kinder und Jugendliche die Hot-
                                                                                             line von Montag bis Samstag jeweils von 14 bis 20
                                   Sorgen um ihre hilfe- und pflegebedürftigen Ange-         Uhr. Das Beratungsangebot ist kostenlos und auf
                                   hörigen, sie haben häufig zu wenig Freizeit, sind         Wunsch auch anonym. An Samstagen gibt es zu-
                                   körperlich angestrengt und haben oft niemanden,           dem eine „Peer-to-Peer“-Beratung durch ehrenamt-
                                   um über ihre Situation zu reden. Sie kümmern sich         liche Beraterinnen und Berater im Alter von 16 bis
                                   wie selbstverständlich um Familienmitglieder und
                                   nehmen sich selbst oft nicht als pflegende Ange-
                                   hörige wahr. Von allen durch ZQP Befragten wün-
                                   schen sich 30% einen Chat oder ein Forum im Inter-
                                   net; 24 % der pflegenden Jugendlichen haben sich
                                   für ein Sorgentelefon ausgesprochen.

                                   Das Projekt „Pausentaste – Wer anderen hilft,
                                   braucht manchmal selber Hilfe“ des BMFSFJ will
Hospiz-Dialog NRW - Juli 2018/76

                                   junge Pflegende bundesweit durch ein niedrig-
                                   schwelliges Beratungsangebot unterstützen. Die
                                   „Pausentaste“ soll jungen Pflegenden helfen, Pau-
                                   sen einzulegen, zu reflektieren und Hilfsangebote
                                   wahrzunehmen oder über die eigene Situation zu
                                   sprechen – auch anonym.                                   Screenshot „Hannah“                 Quelle: www.pausentaste.de
LEBENSWEGE UND ABSCHIEDSGESTALTUNG - Schwerpunkt: Hospiz-Dialog Nordrhein-Westfalen - ALPHA NRW
10

        21 Jahren. Per E-Mail gibt es über die Website              Ergänzend hat das BMFSFJ im Juli 2017 ein Netz-
        www.nummergegenkummer.de rund um die Uhr In-                werk zur Unterstützung von Kindern und Jugend-
        formationen und Beratung.                                   lichen mit Pflegeverantwortung ins Leben gerufen.
        Das Angebot richtet sich in erster Linie an pflegen-        Bisher nehmen 20 Initiativen teil. Dem Netzwerk
        de Kinder und Jugendliche. Aber auch Lehrkräfte,            gehören zum Beispiel verschiedene Hilfetelefone
        ambulante Pflegedienste, Sozialdienste an Schulen           und Interessenvertretungen pflegender Angehöri-
        und Kliniken sowie Jugendorganisationen und die             ger an. Zukünftig wird sich das Netzwerk jährlich
        Öffentlichkeit sollen auf das Thema aufmerksam              zu Fachfragen austauschen.
        gemacht und für Fragen in diesem Zusammenhang
        sensibilisiert werden.

        KOMMA –
        KOMMUNIKATION MIT ANGEHÖRIGEN
        Ein Projekt zur Entwicklung der Angehörigenarbeit in der häuslichen
        Hospiz- und Palliativversorgung
        SABINE PLESCHBERGER, GERDA GRAF, CHRISTIANE KREYER

                               F
                                         ür    die     Versorgung    Vor diesem Hintergrund wird seit März 2016 das Pro-
                                        schwerkranker und ster-      jekt KOMMA durchgeführt. Es wird durch die Stiftung
                                        bender Menschen zu           Wohlfahrtspflege NRW, Initiative „Pflege inklusiv“
                                        Hause sind An- und Zuge-     gefördert. Das transdisziplinäre Forschungsprojekt
                               hörige wichtige Partner im alltäg-    ist eine Kooperation der Hospizbewegung Düren –
                               lichen Leben. Ihre physischen,        Jülich e. V. mit den Wissenschaftspartnern GÖ FP –
                               emotionalen und sozialen Belas-       Gesundheit Österreich Forschungs- und Planungs
                               tungen sind durch viele Studien       GmbH Wien (PD Dr. Sabine Pleschberger) und der
                               belegt. Unterschiedliche Maßnah-      Privaten Universität für Gesundheitswissenschaften,
                               men der Unterstützung von Ange-       medizinische Informatik und Technik, Hall in Tirol
                               hörigen werden von Hospiz- und        (UMIT, Dr. Christiane Kreyer).
                               Palliativdiensten angeboten. Die-
                               se „Angehörigenarbeit“ erfolgt                                         Als Praxispart-
                               noch wenig systematisch und ist
                                                                    » Angehörige sind                 ner aus der Hos-
     Dr. Sabine Pleschberger
                               stark von den individuellen Fähig-     wichtige Partner in             piz- und Pallia-
                               keiten und Kompetenzen der             der Versorgung                  tivversorgung
                               jeweiligen Mitarbeiter und Mitar-                                      NRW sind das
                               beiterinnen abhängig, ebenso wie
                                                                      Schwerkranker und               Ambulante Hos-
                               von den Rahmenbedingungen              Sterbender.                     piz- und Pallia-
                               innerhalb der Hospiz- und Pallia-                                      tivzentrum Kreis
                               tivdienste. Im Projekt KOMMA wird     Düren, das SAPV- und das Hospizteam Malteser
                                                                                                                           Hospiz-Dialog NRW - Juli 2018/76

                               die Angehörigenarbeit in der          Krankenhaus Seliger Gerhard Rhein/Sieg sowie das
                               häuslichen Hospiz- und Palliativ-     Hospiz- und Palliativzentrum Dormagen mit dabei.
                               versorgung weiterentwickelt. Die
                               Bedürfnisse von Angehörigen           Ziele des Projektes sind
                               besser zu erfassen, ist ein erster    – Systematische Erfassung der Bedürfnisse von
                               wichtiger Schritt, um adäquate          Angehörigen mittels Einsatz eines standardisier-
                 Gerda Graf    Unterstützung anbieten zu können.       ten Assessmentinstrumentes (KOMMA)
11

                                                         – Erkenntnisse über den Unterstützungsbedarf von       Im kommenden Herbst, am Mitt-
                                                           Angehörigen                                          woch, den 07.11.2018 in Leverkusen
                                                         – Weiterentwicklung von Hospizkultur und pallia-       (siehe Veranstaltungshinweise), ist
                                                           tiver Versorgung durch Implementierung von           eine Fachtagung geplant, bei der
                                                           Maßnahmen zur Verbesserung von Angehörigen-          der KOMMA-Ansatz vorgestellt
                                                           arbeit in unterschiedlichen Kontexten wie ambu-      wird. Berichte über die Erfahrun-
                                                           lanten Hospizdiensten und Palliativteams             gen beim Einsatz in der Praxis
                                                                                                                und die Forschungsergebnisse
                                                         Der in England entwickelte Ansatz CSNAT („Carer        werden einen guten Einblick in
                                                         Support Needs Assessment Tool“) wurde auf wis-         ein strukturiertes Vorgehen zur
                                                         senschaftlicher Basis übersetzt – er wird hierzulan-   Unterstützung von Angehörigen
                                                         de KOMMA (Kommunikation mit Angehörigen) be-           bieten. Neben dem Forschungs-               Dr. Christiane Kreyer
                                                         zeichnet – und für den Einsatz im deutschsprachi-      team und den Praxispartnern wird
                                                         gen Raum angepasst.                                    Prof. Dr. Andreas Kruse vortragen zum Thema
                                                                                                                „Angehörige und ihre Sorgen als Auftrag für Hos-
                                                         Kernanliegen des KOMMA- Ansatzes ist es, mit An-       pizarbeit und Palliative Care“.
                                                         gehörigen in einem strukturierten Vorgehen über
                                                         ihre Bedürfnisse zu sprechen und darauf basierend
                                                         zielgerichtet Unterstützung anzubieten. Die Idee                                           Gerda Graf
                                                         dabei ist, dass Angehörige mit einem Reflexions-                       Hospizbewegung Düren-Jülich e. V.
                                                         bogen ihre vordringlichen Anliegen selbst benen-                                        Roonstraße 30
                                                         nen, und so auch mögliche Unterstützungen oder                                            52351 Düren
                                                         Entlastungen selbst entwickelt bzw. besser ange-                        info@hospizbewegung-dueren.de
                                                         nommen werden.
                                                                                                                                       PD Dr. Sabine Pleschberger
                                                         Die Heterogenität der Praxispartner in NRW stellt,                           Gesundheit Österreich GmbH
                                                         den unterschiedlich strukturierten Palliativ- und                                           Stubenring 6
                                                         Hospizdiensten entsprechend, für die Übertragbar-                                            A-1010 Wien
                                                         keit eine besondere Herausforderung dar. Dank des                           sabine.pleschberger@goeg.at
                                                         kontinuierlichen Dialogverfahrens zwischen Wis-
                                                         senschaft, Projektträger und Praxis konnte bisher                                   Dr. Christiane Kreyer
                                                         der Ansatz so adaptiert werden, dass die Anwen-                                                     UMIT
                                                         dung handlungsorientiert für alle Akteure Wege                                  Eduard Wallhöfer-Zentrum
                                                         aufzeigt. Für Angehörige ist der KOMMA-Ansatz ein                                     A-6060 Hall in Tirol
                                                         stabilisierender Faktor.
                      Hospiz-Dialog NRW - Juli 2018/76
© Christoph Gummert
12

     MENSCH IST MEHR ALS DIAGNOSE,
     PROGNOSE UND KOMA
     Eine Replik auf das Schwerpunktthema Demenz
     FRANCO REST

                               V
                                         or mir liegt das Heft    Glücklicherweise hatte man zu spät damit begon-
                                         einer Zeitschrift, das   nen, meiner Frau durch eine detaillierte Patienten-
                                         sich mit „Demenz am      verfügung die angeblich bevorstehenden Dilemma-
                                         Ende des Lebens“         ta einzureden, mit denen sich dann ihre poetische
                               befasst, mit dem Abschied vor      Seele bis zur „erwünschten Verzweiflung“ belastet
                               dem Sterben, wobei der Ab-         hätte (ich denke an die Patientenverfügung von
                               schied im Sterben unterschla-      „Parkinson Schweiz und Stiftung Dialog Ethik“, Zü-
                               gen wird, oder mit der Unter-      rich, von 2017). Und glücklicherweise wollte auch
                               stützung für die Angehörigen,      niemand mir als dem pflegenden Ehemann „hand-
                               wobei die Wirkung unterschla-      feste Unterstützungen“ zukommen lassen; dass
                               gen wird, welche in der            sich vertraute Menschen von uns zurückzogen,
       Prof. Dr. Franco Rest   „Schweigezeit“ vom Sterben-        steht auf einem anderen Blatt.
                               den ausgeht.
                                                                  Stattdessen haben wir zahlreiche Reisen gemacht
            „Bis dass der Tod...“                                 nach Athen, Prag, Dresden, Sylt, Rügen usw., jedes
            War Illusion                                          Jahr mindestens eine, weil wir immer gerne gereist
            Ganz Andres wird uns scheiden                         sind; nie habe ich meine kranke Frau dabei versteckt.
            Es ist schon Abschied nur                             Oftmals habe ich für sie geweint (wohlgemerkt
            Dein unentwegtes Schweigen                            nicht mit ihr), habe meinen Tränen einen Dialog mit
                                                                  ihren Tränen erlaubt, von dem sie mir dann berich-
     Dieses Gedicht schrieb ich nach drei Jahren, die ich         teten, habe ihr, die ihre letzten verbalisierten Jahre
     mit meiner an fortschreitendem Parkinson erkrank-            mit Poesie gefüllt hatte, meine neuesten Gedichte
     ten, inzwischen kommunikationslosen Ehefrau ver-             vorgelesen, habe ihr Leben – diesmal ausdrücklich
     bringen durfte, also in 24-stündigem, siebentäg-             mit ihr – fortgesetzt.
     lich-wöchentlichem Schweigen in dem gemeinsa-
     men Zuhause, bevor weitere vier stille und doch              Unsere Ehe war nie eine „Beziehung zweier Gehir-
     unendlich intensive Jahre folgten.                           ne“, sondern zweier Menschen. Wie hätte sich das
                                                                  aufgrund der Erkrankung eines Organs ändern sol-
     Ja, man hatte „Demenz“ diagnostiziert; aber: Wie             len? Zugegeben, zweimal landete sie ohne mich in
     diagnostiziert man Demenz bei einem Menschen,                einem Krankenhaus, und ich bekam sie desolater
     der weder schreibt noch spricht? Man hatte die               zurück, als ich sie hatte gehen lassen müssen.
     „Probleme“ wie Ostereier im Gehirn versteckt und
     fand sie dort mit Hilfe von MRT und CT wieder. Man           Die Diagnosen, Prognosen und endlich sogar das
     schlich einem „Dopaminmangel“ nach, vermutete                Koma hatten sicher etwas mit Realität, mit Wirk-
     zerstörtes Hirngewebe, folgte den „Fallbewegun-              lichkeit zu tun; aber unsere „Wahrheit“ hat sie ei-
     gen“, Stürzen, behauptete Gedächtnislücken, ver-             gentlich nie interessiert. Ja, auch wir hatten Ängste,
                                                                                                                           Hospiz-Dialog NRW - Juli 2018/76

     dächtigte die verschriebenen Medikamente der                 die sicher auch Ursachen hatten; und es war gut,
     Auslösung von Halluzinationen, experimentierte               dass man diese Ursachen zu erkennen oder auch
     nach den Methoden von „Trial and Error“, wobei               ihnen vorzubeugen suchte; meine Frau bekam
     der Error zur Triebfeder des Handelns wurde, weil            schließlich Tavor und Midazolam, da sie ja mögliche
     man das Gehirn schuldig gesprochen hatte, obwohl             Ängste nicht äußern konnte. Aber die Triebfeder
     es doch um den Menschen ging.                                Angst, welche unser Leben politisch, sozial,
                                                                  gedanklich und in der Liebe begleitet hatte, blieb
13

                                   erhalten, auch als sie aus meinen Armen in ein        ses von Liebe, Akzeptanz, Begegnung, Mit-Sein,
                                   anderes Zuhause hinüberwechselte. – Ja, die           Poesie und Musik geprägt ist, sind sie „beiläufig“,
                                   Bedarfsmedikation sah auch Schmerzmittel vor,         jetzt-gebunden. Demut (Dien-Mut) gegenüber den
                                   obwohl sie – selbst bei einem Oberschenkelbruch       großgeredeten Ereignissen verschafft uns Bereit-
                                   – kein Schmerzempfinden äußerte. Aber wir trans-      schaft für den „Mutwillen“ zum Leben. Die Bereit-
                                   ferierten unsere Energie „Leid“ in unsere Wahrheit    schaft der Begleiterinnen und Begleiter während
                                   hinüber, gerade als die „Leiden“ unwichtig gewor-     der Krankheit und dem Sterben meiner Frau, sich
                                   den waren. – Und obwohl die Prognosen vielerlei       zurückzunehmen auf die kleinen, zweifellos trotz-
                                   Erwartungen weckten, die nur teilweise eintraten,     dem wichtigen Kompetenzen, die ich nicht hatte,
                                   aber vielfach unnötig dramatisch und tragisch         ihre Nichteinmischung in die Wahrhaftigkeit unse-
                                   geklungen hatten, gelang uns, an jener Hoffnung       res Lebens und Liebens, erfüllen mich mit mehr
                                   festzuhalten, die niemals enttäuscht und eben         Dankbarkeit, als die Rezepte, Verordnung, Anwen-
                                   nichts „Schlimmes“ enthält.                           dungen, deren Zettel meine gesuchte Zukunft im-
                                                                                         mer noch verunstalten.
                                   Indem ich dies hier in aller Kürze aufschreibe,
                                   möchte ich bemutigen, Diagnosen und Prognosen
                                   zwar ihre Berechtigung zu lassen, sie jedoch auf                                  Prof. Dr. Franco Rest
Hospiz-Dialog NRW - Juli 2018/76

                                   das Minimum zu reduzieren, das ihnen gerade am                                               Giselanum
                                   Lebensende, selbst wenn sich dieses über sieben                         Zentrum für angewandte Poetik
                                   oder noch mehr Jahre hinzieht, zusteht. Es mag dra-                                      Stortsweg 41 a
                                   matische und traurige Episoden mit unserem Ge-                                        44227 Dortmund
                                   hirn, aber auch mit dem Herzen, der Lunge, dem                                    Tel.: 02 31 - 75 27 09
                                   Nervensystem usw. geben; aber verglichen mit den                                 rest@fh-dortmund.de
                                   spannenden Episoden des Lebens, zumal wenn die-                                     www.francorest.de
14      SCHWERPUNKT

        TRAUMATISIERUNGEN IM ZWEITEN
        WELTKRIEG UND IHRE FOLGEN
        GEREON HEUFT

                         Ä
                                      ltere Menschen können –       In der folgenden Fallgeschichte wird eine Verluster-
                                      angestoßen auch durch         fahrung zum Motor der Trauma-Reaktivierung, die
                                      politische Krisen – frühere   zunächst unbewusst bleibt und sich in einer Kör-
                                      Traumatisierungen, also       persymptomatik äußert.
                            lebensbedrohliche Erfahrungen, un-
                            ter akuter Symptombildung reakti-       Beispiel: Psychosomatische Symbolisierung bei
                            vieren (Heuft, 1993). Klinisch impo-    Trauma-Reaktivierung
                            nieren diese Trauma-Reaktivierun-       Der 63-jährige Patient litt seit drei Monaten unter
                            gen entweder als Wiederbelebung         einer schweren Dyspnoe, indem er stets wie gegen
                            von traumatisch empfundenen Sin-        einen Widerstand mit lautem Seufzen ausatmete:
                            neseindrücken (Bilder, Geräusche:       „Ich muss so schnaufen.“ In zwei stationären inter-
                            „Als wäre es gestern gewesen!“)         nistischen Durchuntersuchungen war die Diagnose
                            oder als psychische (Ängste) bzw.       eines erstmals im Alter aufgetretenen Asthmas
     Prof. Dr. Gereon Heuft
                            psychosomatische Symptombildun-         bronchiale gestellt und eine hochdosierte Asthma-
                            gen. Diese Körpersymptome können        Medikation für notwendig erachtet worden.
          in ihrer Ausgestaltung auch symbolhaft an den ur-
          sprünglichen Ablauf der traumatischen Erlebnisse    Auf Empfehlung seines Hausarztes kam der Patient
          erinnern (siehe das nachfolgende Fallbeispiel).     in die Ambulanz. – Zunächst berichtete er von
          Neben solchen äußeren Anlässen können auch          einem Beinahe-Unfall auf der Autobahn: Ein plötz-
          eigene (lebens-)bedrohlich erlebte körperliche      lich ausscherender LKW hatte ihn auf der Überhol-
          Krankheiten oder der real bevorstehende eigene      spur geschnitten. Er hatte das Gefühl, nur seine
          Tod die Trauma-Erfahrung wiederbeleben.             schnelle Reaktion hatte Schlimmeres verhindert.
                                                              Nach diesem Schrecken fuhr er auf den Standstrei-
        Es gibt drei Faktoren, die eine Reaktivierung von     fen und rang „nach Luft“. Nach einigen Minuten
        Traumatisierungen im Alter fördern. Diese drei Fak-   bekam er ganz langsam noch das Auto nach Hause
        toren stehen untereinander in einem sich gegen-       gesteuert. Von da an fuhr er selber nicht mehr und
        seitig begünstigenden Bezug:                          entwickelte die genannte Atemsymptomatik. Da er
        1. Ältere Menschen sind befreit vom Druck direkter    von Beruf Autoverkäufer war und am Stadtrand
           Lebensanforderungen durch Existenzaufbau,          wohnte, war er von dieser Zeit an auch arbeitsun-
           Beruf und Familie; sie ha-                                              fähig. – Im zweiten Untersu-
           ben „mehr Zeit“, bisher                                                 chungsgespräch erwähnte er
           Unbewältigtes bei sich » Eine Reaktivierung                             eher zufällig den plötzlichen
           wahrzunehmen;                   traumatischer Ereignisse Herztod seines besten Freun-
        2. sie spüren zudem nicht                                                  des 14 Tage vor dem Beinahe-
           selten auch den vorbe-
                                           kann    durch    verschiedene           Unfall auf der Autobahn. Beide
           wussten Druck, noch eine        Faktoren begünstigt                     Männer waren verheiratet,
           unerledigte Aufgabe zu          werden.                                 hatten aber auch viele
           haben, der sie sich stellen                                             gemeinsame Pläne, was sie
                                                                                                                           Hospiz-Dialog NRW - Juli 2018/76

           wollen und stellen müs-                                                 nach der absehbaren Beren-
           sen;                                               tung gemeinsam machen wollten. Dieser plötzliche
        3. darüber hinaus kann der körperliche Alterns-       Verlust sei für ihn so schlimm gewesen, dass er
           prozess selbst (in seiner „lebensbedrohlichen“     nicht einmal habe zur Beerdigung gehen können.
           somatischen Dimension) traumatische Inhalte        Warum konnte dieser Mann, der sich in seinem
           reaktivieren.                                      Leben mit vielen belastenden Situationen konfron-
                                                              tiert und Schwellensituationen gemeistert hatte,
LEBENSWEGE UND ABSCHIEDSGESTALTUNG                           15

                                   jetzt mit diesem Todesfall nicht adäquat trauernd     Junge damals vermutlich erdrückt wurde, die Phan-
                                   umgehen? – Vor dem dritten diagnostischen Ge-         tasie, er sei erstickt. Er selber sei mit dem Leben
                                   spräch war dem Untersucher aufgefallen, dass          davongekommen, weil er ganz hinten postiert
                                   innerhalb der biographischen Anamnese über die        gewesen sei. – Danach war der Krieg zu Ende und
                                   Jugendzeit noch kaum etwas bekannt war. Die           keiner interessierte sich für diese Erlebnisse. Es
                                   Nachfrage zu diesem Lebensabschnitt brachte die       galt, das tägliche Überleben durch Beschaffung von
                                   folgende, vom Patienten zunächst fast rein            Nahrungsmitteln zu sichern. Bald darauf begannen
                                   berichtsmäßig geschilderte Geschichte zu Tage:        die Berufsausbildung und seine erfolgreiche Tätig-
                                   Ausgangs des Zweiten Weltkrieges war der Patient      keit als Autoverkäufer, die Gründung der eigenen
                                   als Jugendlicher zum sogenannten „letzten Aufge-      Familie, Bau eines Eigenheimes etc.
                                   bot“ eingezogen worden. Er selber und seine
                                   Familie hatten glaubhaft wenig Identifikation mit     Durch den Tod seines jetzigen Freundes wurde
                                   der nationalsozialistischen Ideologie besessen. Für   plötzlich die eigene Endlichkeit und ein damit
                                   ihn als Jugendlichen sei es mehr ein „Räuber und      verbundenes, noch undeutliches Gefühl von Bedro-
                                   Gendarm-Spiel“ gewesen, als sie aus einem Wald-       hung bewusst. Der Beinahe-Unfall auf der Auto-
                                   stück heraus heranrückende amerikanische Panzer       bahn hatte dieses Bedrohungserleben zeitnah
                                   beschossen hätten. Dabei sei ein Jeep in Brand        erneut aktualisiert und in Identifikation mit dem
                                   geschossen worden. Daraufhin hätten die Panzer        als Ersticken phantasierten Tod des Jugendfreundes
Hospiz-Dialog NRW - Juli 2018/76

                                   die Richtung geändert und seien in das Waldstück      zu der Dyspnoe-Symptomatik geführt.
                                   hineingefahren, in dem die Jugendlichen in Schüt-
                                   zengräben lagen. Diese Gräben seien von den Ket-      Die Behandlung wurde als trauma-fokalisierende
                                   tenfahrzeugen dann „eingeebnet“ worden, wobei         ambulante Psychotherapie mit einer Frequenz von
                                   in einem der vorderen Schützengräben sein dama-       einer Therapiesitzung pro Woche über ein halbes
                                   liger Schulfreund ums Leben kam. Der Patient          Jahr durchgeführt. Im Laufe der Behandlung konn-
                                   äußerte unabhängig von der Realität, dass dieser      ten alle „Asthma“-Medikamente in Kooperation mit
16   SCHWERPUNKT

 » Traumatische Erlebnisse sollten nicht
   bedingungslos aufgedeckt, aber in der
                                                             Menschen mit einer traumatischen Erfahrung als
   therapeutischen oder pflegerischen                        Lebensthema, die „nie über diese Zeit sprechen“
   Begleitung berücksichtigt werden.                         können oder sich immer wieder über diese Zeit
                                                             z. B. „als Soldat in Russland“ mitteilen wollen.
                                                             Manche dieser Mitteilsamen verkehren ihre Erfah-
     den Internisten abgesetzt werden und der Patient        rungen ins Gegenteil, indem sie z. B. vor allem die
     begann, selber wieder Auto zu fahren und zu ar-         Kameradschaft unter den Soldaten idealisierend
     beiten.                                                 betonen, verstehbar als inneres Gegengewicht zu
                                                             den anbrandenden bedrohlichen Erinnerungen und
     Das „Miterleben“ berichteter traumatischer Erfah-       Affekten. Dort, wo in der biographischen Anamnese
     rungen kann auch für Ärzte und Pflegekräfte belas-      Alternder „Lücken“ bemerkt werden, könnten
     tend sein. So berichtete Ernst Federn, der in seiner    bewusst oder unbewusst traumatische Erfahrun-
     Jugend Gefangener in einem Konzentrationslager          gen zurückgehalten werden. Derartige „Lücken“
     der Nationalsozialisten war, als Psychoanalytiker       können z. B. bei einer heute 84-Jährigen (bei Krieg-
     im fortgeschrittenen Alter: „Was mich angeht, so        sende 1945 also 10 Jahre alt!) Flucht aus den ehe-
     hätte ich sehr gerne von meinen Erlebnissen erzäh-      maligen deutschen Ostgebieten im Winter
     len wollen, aber es waren die Analytiker, die aus-      1944/45, an der Hand einer vergewaltigten Mutter,
     nahmslos einem Gespräch über meine Lagererleb-          in Verantwortung für jüngere Geschwister und
     nisse aus dem Wege gegangen sind [...]. Unter dem       Erfahrungen von Tieffliegerbeschuss beinhalten. –
     Vorwand, meine Gefühle schonen zu wollen, ver-          Im Umgang mit über 60-Jährigen besteht immer
     barg sich die Angst vor eigenen Konflikten, die         auch die Notwendigkeit, zeitgeschichtlich zu
     durch die Berichte über die Schrecken des Lager-        denken (Radebold, 2004; 2005), d. h. solche Erfah-
     lebens ausgelöst werden konnten“ (1986, S. 465f;        rungen weder bei einem anamnestischen Gespräch
     zit. n. Ehlers-Balzer, 1996, S. 292).                   auszusparen noch ihre Offenbarung zu forcieren.

     Selbstverständlich sind die Behandler und Pflegen-
     den auch verpflichtet, den Patienten vor über-                 Univ.-Prof. Dr. med. Dr. theol. Gereon Heuft
     schwemmenden, die Ich-Funktionen potentiell                   Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie
     überfordernden traumatischen Erinnerungen und                                 Universitätsklinikum Münster
     Affekten nach Möglichkeit zu schützen. Menschen                                               Domagkstr. 22
     in einer palliativen Situation haben oft nicht mehr                                          48149 Münster
     die Kraft und die Zeit, ihre traumatischen Erfahrun-                                 Tel.: 02 51 - 8 35 29 01
     gen so durchzuarbeiten, wie es das obige Fallbei-                                    Fax: 02 51 - 8 35 29 03
     spiel zeigt. Aber für alle Seiten kann es schon                                   heuftge@ukmuenster.de
     hilfreich sein, wenn beispielsweise „gewusst“ wird,
     dass jemand aufgrund schwerwiegender Erfahrun-          Literatur
     gen in manchen (Pflege-)Situationen emotional           Ehlert-Balzer, M. (1996). Das Trauma als Objektbeziehung. Fo-
     „schwierig“ reagiert. Zu denken ist dabei etwa an           rum der Psychoanalyse, 12, 21-324.
                                                             Fooken, I., Heuft, G., (Hrsg.) (2014). Das späte Echo von Kriegs-
     eine 78-Jährige, die erst dann auf das Pflegeperso-         kindheiten. Die Folgen des Zweiten Weltkrieges in Lebens-
     nal aggressiv reagierte, als sie voll gepflegt werden       verläufen und Zeitgeschichte. Göttingen: Vandenhoeck &
     musste. Da bekannt war, dass sie ausgangs des               Ruprecht.
     Zweiten Weltkrieges ein Vergewaltigungstrauma           Franz, M., Hardt, J., Brähler, E. (2007). Vaterlos: Langzeitfolgen
                                                                 des Aufwachsens ohne Vater im zweiten Weltkrieg. Zeit-
     erlitten hatte und seither nie wieder jemanden „so          schrift Psychosomatische Medizin und Psychotherapie 53,
     nahe“ an sich herangelassen hatte, ermöglichte              216-227.
     dieses Wissen einen besonders reflektierten Pfle-       Heuft, G. (1993). Psychoanalytische Gerontopsychosomatik –
     geablauf. So konnte die Patientin viel „stressfreier“       Zur Genese und differentiellen Therapieintegration akuter
                                                                 funktioneller Somatisierungen im Alter. Psychotherapie
     gewaschen werden.
                                                                                                                                  Hospiz-Dialog NRW - Juli 2018/76

                                                                 Psychosomatik medizinische Psychologie, 43, 46–54.
                                                             Heuft, G. (2018). Psychodynamische Gerontopsychosomatik.
     Neben der Pathogenese direkt „traumatisch“ wirk-            Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.
     samer Situationen können auch Belastungen im            Radebold, H. (2004). Kindheit im II. Weltkrieg und ihre Folgen
                                                                 (2. Aufl.). psychosozial, Gießen.
     weiteren Sinne noch im Alter bedeutsam sein. So
                                                             Radebold, H. (2005). Die langen Schatten unserer Vergangen-
     ist das Risiko einer Depression bei Älteren, die als        heit. Zeitgeschichtlich denken in Beratung/Psychotherapie,
     Kinder im Zweiten Weltkrieg „Vater-los“ aufge-              allgemeiner ärztlicher und psychiatrischer Versorgung. Pfle-
     wachsen sind, erhöht (Franz et al., 2007). – Es gibt        ge und Seelsorge. Stuttgart: Klett-Cotta.
LEBENSWEGE UND ABSCHIEDSGESTALTUNG                             17

                                   AUS GANZEM HERZEN LEBEN
                                   ANDREA WEILGUNI

                                   W
                                                 er schaut schon gerne auf das, was        über ausreichend Courage und
                                                 man im Leben selber versäumt, nicht       den nötigen Glauben an sich. Mög-
                                                 gewagt, letztlich nicht gelebt hat,       licherweise hörte man zu sehr auf
                                                 sind damit doch oft Gefühle etwa von      andere und nicht auf sich selbst.
                                   Reue, Bedauern, auch Schuld und Scham verbun-           Vielleicht hatten wir aber auch
                                   den. Dieses Ungelebte ist aber Teil unseres Lebens.     schlichtweg einfach die zur Lösung
                                   Es kann sich gerade in Zeiten des Wandels und           nötigen Ressourcen (noch) nicht
                                   Übergangs mit Vehemenz zu Wort melden.                  parat. Selbstvorwürfe, Schuldge-
                                                                                           fühle, auch Verbitterung mögen
                                   In der Vorbereitung auf diesen Artikel spürte ich       ein Resultat sein.
                                   zuallererst und bis zuletzt Widerstand, denn Unge-
                                   lebtes haben wir alle und es holt uns immer wieder      Darauf zu blicken, braucht Mut,
                                   ein. Der Blick darauf kann zuweilen ganz schön          denn es führt uns unsere eigene Andrea Weilguni
                                   mühsam sein, denn das Ungelebte will Beachtung.         Fehlbarkeit, Begrenztheit vor Au-
                                   Und dann ganz unerwartet stürzte ich schwer und         gen. Wir sehen, dass wir in man-
                                   fand mich mit einer betagten Dame gemeinsam in          chem scheiterten, an unsere Grenzen kamen. Wir
                                   einer Rettung auf dem Weg ins Krankenhaus wie-          enttäuschten vielleicht andere und wir enttäusch-
                                   der. Sie war voller Altersweis-                                               ten uns vielleicht selber. Es
                                   heit, war fröhlich und gab mir                                                rührt oft schmerzhaft an Kum-
                                   ganz bodenständiges Wissen » Wir alle tragen Ungeleb-                         mer, Stolz, Trauer, Kränkung,
                                   mit: „Ich habe mein Leben ge-          tes in uns; nun kommt es               Scham, Reue und Schuld. Wo-
                                   nossen und habe das ge-                darauf an, wie wir damit               zu hat man es im Leben ge-
                                   macht, was möglich war. Nur                                                   bracht? Was hat man erreicht?
                                   nicht nach etwas anderem               umgehen.                               Stimmt die Bilanz, die man
                                   Ausschau halten, das macht                                                    zieht? Ein Resümé im Leben
                                   unglücklich. Zufrieden sein mit dem, was man hat,       ziehen wir besonders dann, wenn sich Dinge im
                                   das ist wichtig“. Es schien fast so, dass sie mit ihren Leben wenden. Veränderung, Wandlung und Über-
                                   94 Jahren nichts zu bedauern hat und dass sie auf       gang, Abschiede werden davon gerne begleitet.
                                   ein erfülltes Leben blickt. Aha, dachte ich, das The-   Und je näher unser eigener Tod rückt, desto dring-
                                   ma holt mich ein.                                       licher wird diese Auseinandersetzung mit dem
                                                                                           Ungelebten. Dabei gibt es eine Verknüpfung
                                   Grundsätzlich wird es jeder von uns kennen, dass        zwischen dem Ungelebten und dem Tod.
                                   manchmal im Leben etwas offenbleibt und es muss
                                   sich dabei nicht immer gleich um etwas Großes           Irvin D. Yalom schreibt in seinen Memoiren: „... je
                                   handeln. Ein unausgesprochener Dank. Eine Sym-          größer das Gefühl von ungelebtem Leben, desto
                                   pathiebekundung, die man aus Scheu nicht mitteil-       größer die Angst vor dem Tod.“ (Yalom, 2017, S.
                                   te. Jemandem sagen, wie sehr man ihn oder sie           382). Wer also Ungelebtes in sich trägt, und das
                                   liebt. Ein nicht geschlossener Friede. Ein unerfüllter  tun wir schließlich alle, und sich damit aber nicht
                                   Wunsch. Eine verpasste Chance. Eine zurückbehal-        auseinandersetzt, befeuert diese Angst und tut sich
                                   tene Bitte um Vergebung. Etwas, das man vorent-         letztlich schwer, es gut sein zu lassen. Aber zuwei-
                                   halten hat. Oder blieb man sich selber gar etwas        len beharren wir regelrecht darauf und lassen Un-
Hospiz-Dialog NRW - Juli 2018/76

                                   schuldig? Manches mag davon schwer wiegen.              gelebtes nicht gehen (vgl. Bahr u. Kast, 1990, S.66f)
                                   Letztlich sind es vielleicht auch Dinge, die wir nicht  und das kann es schwer machen.
                                   mehr erledigen können, weil es die Möglichkeit da-
                                   zu nicht mehr gibt.                                     Wenn man sich mit Ungelebtem auseinandersetzt,
                                                                                           wird sprachlich gerne der Konjunktiv herange-
                                   Die Gründe, warum manches im Leben offenbleibt          zogen. Kennen Sie das? Hätte ich doch mehr auf
                                   sind vielfältig. Vielleicht verfügte man damals nicht   meine innere Stimme gehört. Wäre ich doch damals
18         SCHWERPUNKT

          mutiger gewesen. Könnte ich das doch rückgängig        Um sich selbst und dem Anderen verzeihen, sich
          machen. Es gibt vor allem darüber Auskunft, dass       aussöhnen zu können, braucht es die Kompetenz
          man hadert, dass da noch etwas im Vergangenen          des Ein- und Mitfühlens in sich und andere. Ebenso
          hält und offen ist. Dieses Grübeln oder Ruminieren     braucht es die Fähigkeit zur Selbstreflexion. Es er-
          ist mühsam und quälend. Es hält uns und schwächt       möglicht eine Neubewertung. Empathie und Per-
          unserer Resilienz. Um eine konstruktive Ausein-        spektivenwechsel stellen den Schlüssel dar und er-
          andersetzung zu vermeiden, wird dieser innere          öffnen den Weg zur Aussöhnung.
          Konflikt gerne nach außen verschoben oder er kann
          wiederum, von Schuldgefühlen und Verbitterung          Sich zu versöhnen und zu verzeihen, löst Belasten-
                                           begleitet,     ver-   des und Negatives auf und trennt uns von Missli-
                                           drängt zu einer de-   chem. Es hilft, Gefühle wie Verbitterung, Enttäu-
»   Ein Leben lässt sich selten pressiven Grund-                 schung, den Wunsch nach Rache, empfundenen
                                           stimmung führen.      Hass etc. loszulassen. Es hilft, mit Unveränderba-
    nach Plan leben, es tun                Ruminieren hört       rem, Unwiederbringlichem abschiedlich zu leben.
    sich aber immer wieder                 erst dann auf: „...
    neue Chancen auf.                      wenn Menschen         Der Blick auf das Ganze birgt dabei etwas Tröstli-
                                                                                                                        Hospiz-Dialog NRW - Juli 2018/76

                                           sich von einem un-    ches in sich. Das erreichte, gelungene, geglückte
                                           erreichbaren Ziel     Leben stärkt. Es kann Traurigkeit, Wut, Reue etc.
          verabschiedet haben ...“ (Filipp u. Aymanns, 2010,     über das Ungelebte etwas abmildern helfen, mag
          S. 161). Weiterschreiten und Dinge lassen, die man     Verbitterung abwenden. In keinem Leben gelingt
          nicht leben konnte, die einem versagt blieben, ist     alles. So manche Wünsche und Sehnsüchte müs-
          wichtig, weil es andernfalls Entwicklung behindert.    sen vielleicht auch unerfüllt bleiben. „Mensch sein
                                                                 heißt, sich einzuüben in seiner Begrenztheit“ (Fun-
LEBENSWEGE UND ABSCHIEDSGESTALTUNG                                       19

                                   ke, 2015) und der Umgang damit bedeutet wiede-               diesem Lebensmoment zu erkennen vermögen. So
                                   rum persönliche Reifung. Aber auch das bedarf ei-            erweitert sich der Blick vom ungelebten Leben auf
                                   ner Trauer. Dann wird Konjunktiv zur Vergangen-              das noch zu lebende Leben.
                                   heit. Ich handelte so und nicht anders und damals
                                   mit den Möglichkeiten, die mir zu Verfügung stan-            Dazu müssen wir Milde, Güte, Dankbarkeit und
                                   den. Das klingt doch anders als: „Hätte ich doch             auch Vertrauen entwickeln. Sie helfen uns zu ver-
                                   ...“. Dieser Abschied befreit, bringt Entlastung und         zeihen und zu vergeben. Letztlich geht es darum,
                                   eine Neuausrichtung kann beginnen. Und die eige-             sich mit sich und dem eigenen Leben, so wie es
                                   ne Endlichkeit hilft uns dabei zu spüren, was wich-          war, auszusöhnen, um es aktiv zu gestalten, damit
                                   tig ist und wonach es uns sehnt.                             wir unserer Vorstellung von einem erfüllten Leben
                                                                                                möglichst nahekommen, um das heraus zu leben,
                                   Diese Lebensbilanz wartet auf uns alle und jeder             um das zu werden, was wir in uns tragen.
                                   hat dabei seinen eigenen Weg. So wie wir uns von
                                   Ungelebtem nicht nur verabschieden müssen, son-
                                   dern auch dürfen, können wir diese Erfahrungen                                                 Andrea Weilguni
                                   weitergeben und natürlich auch jene des gelunge-             Klin.-, Gesundheits-, Arbeits-, Notfallpsychologin,
                                   nen Lebens – das gibt Hoffnung. Zumal mit dem                                       Diplompsychogerontologin
                                   Vergeben und Verzeihen das eigene Wohlbefinden                                              anwemago@gmx.at
                                   steigt und die Hoffnung, die daraus erwächst, ein
                                   wesentlicher Sinnstifter im Hier und Jetzt ist. Hoff-        Literatur
                                   nung entsteht auch dann, wenn wir das wahrneh-               Bahr, H.-E., Kast, V. (1990). Lieben – Loslassen und sich ver-
                                   men und annehmen, was ist, was war, und offen                     binden. Kreuz Verlag, Stuttgart.
                                                                                                Filipp, S.-H., Aymanns, P. (2010). Kritische Lebensereignisse
                                   sind für das, was sein wird.                                      uns Lebenskrisen. Vom Umgang mit den Schattenseiten
                                                                                                     des Lebens. Kohlhammer, Stuttgart.
                                   Tröstlich mag auch sein, dass sich ein Leben selten          Funke, G. (2015). „Lass mal gut sein“ befreit vom ständigen Er-
                                   ganz nach Plan leben lässt und dass sich aber im-                 folgsdruck; Salzburger Nachrichten vom 12.05.2015,
                                                                                                     https://www.pressreader.com/austria/salzburger-nach-
                                   mer wieder neue Chancen und Optionen auftun,                      richten/20150512/282071980473918.
                                   für die es gilt, offen zu sein, für die es gilt, sich wie-   Yalom, Irvin D. (2017). Wie man wird, was man ist. Memoiren
                                   der mutig aufzumachen. Und vermutlich gibt es so-                 eines Psychotherapeuten. Verlagsgruppe Random House
                                   gar mehr Chancen und Optionen, als die, die wir in                GmbH, München.

                                   DER CLUB DER SÄRGE
                                   BARBARA BARKHAUSEN

                                   J     edes Land hat seine eigene Bestattungskultur
                                         und seine eigene Art, mit dem Thema Tod um-
                                         zugehen. In der westlichen Welt kann eine Be-
                                         erdigung leicht in die Tausende Euro gehen.
                                   Eine Gruppe älterer Leute in Neuseeland bietet dem
                                                                                                thronen eine Etage tiefer,
                                                                                                Weinflaschen zieren das
                                                                                                oberste Regalbrett. Ma-
                                                                                                kaber? Nein, sagt Katie
                                                                                                Williams, die 2010 den
                                   „Geschäft mit dem Tod“ die Stirn. In sogenannten             ersten „Club der Särge“
                                   „Coffin Clubs“ bauen und dekorieren die Senioren             in Neuseeland gegründet
                                   ihre Särge selbst. Viele ältere Leute finden dabei           hat. Für sie gehört der
Hospiz-Dialog NRW - Juli 2018/76

                                   nicht nur Anschluss, sondern setzen sich auch zum            Tod zum Leben dazu. Und
                                   ersten Mal auf positive Weise mit dem Ende ihres             irgendwo müssen die
                                   Lebens auseinander.                                          älteren Leute ja ihre Särge
                                                                                                aufheben, sagt sie. „Man-
                                   Zwei Särge lehnen senkrecht an der Wand des                  che nutzen sie eben als Barbara Barkhausen
                                   Wohnzimmers. Sie stützen ein Regal – in der Mitte            Buchregale, andere als
                                   steht eine große Musikanlage, die Lautsprecher               Kaffeetische und manche sogar als eine Art Sofa.“
Sie können auch lesen