LEICHT.WERT Nr. 4 Plattformökonomie Markt-Insights Japan
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LEICHT.WERT Weniger ist mehr. Information. Das Magazin der Leichtbau BW. Nr. 4 TITELTHEMA KMU@INTERNATIONAL TIPPS & TRICKS Plattformökonomie Markt-Insights Japan CO2 -Einsparpotenzial © Song_about_summer – stock.adobe.com
Digital.Showroom Editorial Liebe Leserinnen „Der Leichtbau profitiert vom und Leser, Datenaustausch.“ Sie über die neuesten Branchentrends zu informieren – das ist unsere Motivation hinter jeder Ausgabe unseres Kundenmagazins LEICHT.WERT. Ein brandaktuelles Thema steht deswegen auch in unserer vierten Ausgabe im Fokus: Die Plattformökonomie nimmt Einzug in den B2B-Sektor. Dabei sind die Potenziale von digitalen Plattformen für KMU höchst interessant und auch der Leichtbau profitiert vom Datenaustausch und von neuen Geschäftsmodellen. In unserer Titelgeschichte möchten wir Ihnen die Vorteile, aber auch Herausforderungen digitaler Plattformen für den Leichtbau aufzeigen, Sie mit Best-Practice-Beispielen ermutigen und dabei gleichzeitig nicht den Blick auf die Nachhaltigkeit verlieren. Können Digitalplattformen einen Beitrag zum Klima- und Ressourcenschutz leisten? Mögliche Antworten halten Sie in Ihren Händen. Eine inspirierende Lektüre wünscht Ihnen Die optimale Bühne für Ihre Leichtbaulösung „Finden und gefunden werden“, lautet das Motto unseres DIGITAL.SHOWROOM. Auf der digitalen Aus stellungsplattform können baden-württembergische Unternehmen und Forschungsinstitute ihre Leichtbau- lösungen rund um die Uhr präsentieren. Sie möchten ebenfalls im DIGITAL.SHOWROOM aufgeführt werden? Machen Sie so potenzielle Kundschaft und Geschäftspartner*innen auf der ganzen Welt auf Ihr Know-how Ihr Dr. Wolfgang Seeliger sowie Ihre Produkte und Dienstleistungen aufmerksam! Geschäftsführer der Leichtbau BW www.leichtbau-showroom.de Ihre Mehrwerte auf einen Blick: Wo immer Sie dieses Symbol sehen, warten weiterführende Informationen darauf, von Ihnen entdeckt zu werden. Unsere LightQueen nimmt Sie dabei gerne mit. Alles, was Sie dazu benötigen, ist unsere kostenlose Kostenloses Zielgruppengerechte Kategorisierung und Virtueller Visiten- Mehrsprachigkeit Leichtbau App. Öffnen Sie dort die Funktion „Augmented Reality“, erfassen Sie mit Ihrer Smartphone-Kamera Angebot Präsentation Filteroptionen kartenaustausch (DE, EN, CN) das AR-Symbol und los geht’s. Viel Spaß! 02 03
Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis TITELTHEMA Plattform- Editorial 03 ökonomie Inhaltsverzeichnis 04 © ZinetroN – stock.adobe.com Leichtbau on Tour 06 DIE PLATTFORMÖKONOMIE HÄLT EINZUG IM B2B-SEKTOR Wer die Daten hat, hat die Macht 08 WERTSCHÖPFUNG DIGITAL Plattformökonomie – mehr als pure Technik 13 PLATTFORMÖKONOMIE IM VERBUND MIT ADDITIVER FERTIGUNG KMU@INTERNATIONAL Im Duett zur Serienreife 16 Markt-Insights KLASSISCHES FORMAT AUF NEUEN WEGEN Hybriden Messen gehört die Zukunft 19 Japan IM GESPRÄCH © Travel mania – stock.adobe.com Plattformen: Chance für die Umwelt? 20 KMU@SCIENCE Mit innovativen Technologien zum nachhaltigen Leichtbau 22 TRENDS Leichtbautrends auf der Spur 24 TIPPS & TRICKS KMU@INTERNATIONAL CO2 berechnen Technologien, Trends und Kooperationen TIPPS & TRICKS CO2 berechnen rechnet sich 30 32 rechnet sich © Kittiphan – stock.adobe.com Tipps der Redaktion 34 Impressum 35 04 05
On Tour So wird das Planen für den Leichtbau zum Standard Leichtbau on Tour Wie kann das klimafreundliche Planen für den Bau von morgen gelingen? Beim Symposium „Leichtbau im urbanen System“ am 7. Juli 2022 standen alternative Ansätze und Herangehensweisen in der Bauplanungs- praxis im Mittelpunkt. Zudem thematisierten die Endlich wieder persönlich zusammenkommen! Wir freuen uns, dass wir dieses Referent*innen und Teilnehmenden des Symposiums Jahr wieder verstärkt mit Präsenz-Events durchstarten konnten. Einige der bis Anreize und neue Abläufe, die zur Etablierung des herigen Highlights aus dem Jahr 2022 finden Sie hier zum Nachlesen. Leichtbaus in der Bauplanung entscheidend sind. www.leichtbau-bw.de/lus22 Fachmessen – wieder live und vor Ort JEC World in Paris, Hannover Messe, ILA Berlin, IAA Transportation – es geht endlich wieder los mit internationalen Fachmessen. Bei diesen wichtigen Branchentreffen durfte auch der Leichtbau nicht fehlen. Wir freuen uns, dass viele Unternehmen und Forschungseinrichtungen aus unserem Netzwerk die Erstes internationales Chance genutzt haben, an unseren baden-württembergischen Gemeinschafts Leichtbausymposium auf der Expo Dubai ständen ihr Know-how der Welt zu präsentieren. Sie möchten das nächste Wir waren Partner des Baden-Württemberg Hauses auf der Mal gerne mit dabei sein? Werfen Sie einen Blick in unser Jahresprogramm. diesjährigen Expo Dubai, das mit seiner imposanten Architektur alle Blicke auf sich zog. Am 16. März 2022 fand dort unser www.leichtbau-bw.de/termine erstes internationales Leichtbausymposium statt. Neben zahl- reichen baden-w ürttemb ergischen Teilnehmenden, die im Rahmen einer Unternehmer*innenreise vor Ort waren, lausch- ten auch Branchenkenner*innen und Architekt*innen aus den Ein Hoch auf die ThinKings 2021 VAE den Fachvorträgen rund um das Thema „Lightweight In diesem Sommer konnten wir die Top-Leichtbaulösungen 2021 Design To Production“. wieder live vor Ort mit dem ThinKing Award auszeichnen. Das Rennen bei der Fachjury machte dieses Mal die solidian GmbH mit einer www.leichtbau-bw.de/expo innovativen Carbonbewehrung für den Betonbau. Den zweiten Platz sicherte sich die Materialprüfungsanstalt der Universität Stuttgart mit einem Kraftmesssensor, der unter Wasserstoffatmosphäre äußerst präzise Werkstoffkennwerte liefert. Auf Platz drei überzeugte das intelligente CFK-Spannfutter der HAINBUCH GmbH. Außerdem konnte Mit 3D-Druck die induktive Heizmatte der msquare GmbH beim Online-Voting die in Japan durchstarten meisten Punkte der Leichtbau-Community sammeln. Unsere erste „Sprechstunde 3D- Druck“ in Zusammenarbeit mit www.thinking-award.de der JETRO München bot KMU aus THE LÄND die Chance, ihre Innovationen im Bereich Addi Statement für den tive Manufacturing japanischen europäischen Leichtbau Unternehmen zu pitchen. So er- Die European Lightweight Association (ELA) gaben sich attraktive Möglich- sowie die European Lightweight Clusters keiten für die potenzielle inter- Alliance (ELCA) haben ihre Zusammenarbeit nationale Zusammenarbeit. beschlossen. Die beiden europäischen Leicht baucluster verbindet das gemeinsame Ziel, www.leichtbau-bw.de/japan dem enormen ökonomischen und ökologi- schen Potenzial des Leichtbaus mehr Sicht- barkeit in Politik, Wirtschaft und Wissen- © Sébastien D’Halloy schaft zu verleihen. Ein wichtiges Ziel ist es, den Leichtbau insbesondere auf der Agenda der Europäischen Kommission zu priorisieren. Sie möchten keine News der Leichtbau BW GmbH mehr verpassen? www.european-lightweight.com Follow us! Treten Sie mit uns im Social Web in Kontakt! 06
Plattformökonomie im B2B-Sektor DIE PLATTFORMÖKONOMIE HÄLT EINZUG IM B2B-SEKTOR Wer die Daten hat, hat die Macht Schlichte Büros in einem eher tristen Zweckbau: Sieht so die Zukunft der deutschen Wirtschaft aus? Wer eine digitale Platt- form betreibt, braucht eben keine Werkshallen, zumindest keine eigenen. Der riesige Fräsmaschinenpark, auf den die Stuttgarter InstaWerk GmbH zurückgreifen kann, besteht aus rund 1.500 Maschinen, verteilt auf unterschiedliche Fertigungsunternehmen, die dem plattformbasierten Netzwerk angehören. Geschäfts- führer Marcel Erich und sein Team bringen als Plattformbetreiber Angebot und Nachfrage, Hersteller und Kunden zusammen. Oder besser gesagt, sie überlassen das der von ihnen entwickelten Künstlichen Intelligenz (KI): Diese analysiert eingehende Aufträge, prüft Bestellparameter wie Stückzahl, Lieferzeit oder Oberflächen beschaffenheit, leitet aus den Daten Preise und Konditionen ab und weist die Aufträge den passenden Herstellern zu. Aufträge frei Haus Die Plattformökonomie, da ist sich die Forschung einig, hat das Potenzial, bestehende Geschäftsmodelle abzulösen oder zu- mindest zu ergänzen. Auf Kundenseite entfällt die Suche nach passenden Herstellern, das mühsame Einholen von Angeboten, der zeitraubende Vergleich von Preisen, Konditionen und Liefer zeiten. Die im Netzwerk versammelten Hersteller wiederum bekommen ihre Aufträge quasi frei Haus. Statt zu akquirieren, können sie sich auf ihr Kerngeschäft konzentrieren. Die KI, ge- speist mit Daten aus Tausenden Transaktionen, übernimmt die komplette Geschäftsabwicklung, von der Bestellung bis zur Lieferung. Auf der Website der InstaWerk GmbH beispielsweise laden die Kunden ein am Computer generiertes Modell (CAD- Modell) des gewünschten Dreh- oder Frästeils hoch, wählen die gewünschten Parameter aus und erhalten binnen Sekunden ein Angebot. Das Netzwerk aus Herstellern, von denen jeder über bis zu 25 Dreh- und Fräsmaschinen verfügt, schafft Verlässlich keit und gute Konditionen. Unwägbarkeiten wie Material- und Lieferengpässe sowie kaum kalkulierbare Preise schließt die Plattformökonomie aus. Denn die KI weiß aus der Analyse von Datensätzen, wo Kapazitäten frei und Materialien verfügbar sind. Vom belächelten Online-Buchhandel zur geachteten Weltmarke: Der Handelsriese Amazon ist das wohl prominenteste Beispiel, wenn es um das Thema Plattformökonomie geht. Im Business-to-Business-Bereich (B2B) dagegen ist dieses Geschäftsmodell weit weniger der Unternehmen hinken bei der Entwicklung © ZinetroN – stock.adobe.com verbreitet. Dabei eröffnet es gerade kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) datengetriebener Geschäftsmodelle hinterher. die Möglichkeit, neue Märkte und Zielgruppen zu erschließen. Auch der Leichtbau kann profitieren, etwa durch anwendungsoptimierte Produkte oder kleinere Stückzahlen. 09
Plattformökonomie im B2B-Sektor Plattformökonomie im B2B-Sektor Deutschland hat Nachholbedarf Rolle, hinzu kommen Bedenken hinsichtlich Datenmissbrauchs Daten sind der Treibstoff der Plattformökonomie – Dr. Jähnert und unfairen Wettbewerbs. Vielleicht braucht das Umdenken nennt sie „die neuen Assets“ und meint damit nicht weniger als aber auch einfach noch ein bisschen Zeit. „Wir müssen uns daran „Wer den Sprung in die Plattform Vermögens- und Anlagewerte. „Erst aufbereitet werden sie zu gewöhnen, dass der Austausch von Daten nichts per se Schlechtes einem verwertbaren Rohstoff“, sagt der gelernte Ingenieur und ist. Wer den Sprung in die Plattformökonomie wagt, dem eröffnen vergleicht diesen Vorgang mit dem Raffinieren von Rohöl, das erst sich enorme Potenziale“, sagt Dr. Roman Dumitrescu, Professor ökonomie wagt, dem eröffnen durch die Aufbereitung in der Raffinerie verschiedenen Anwen- dungen zugeführt werden kann. Ähnlich verhält es sich mit Daten für „Advanced Systems Engineering“ an der Universität Pader- born und Direktor am Fraunhofer-Institut für Entwurfstechnik sich enorme Potenziale.“ sätzen. Je besser sie aufbereitet sind, beispielsweise durch die Erkennung von Mustern und Zuordnungen, desto besser kann die KI daraus neue Anwendungen entwickeln, sei es zur Verbes- Mechatronik (IEM). Thematisch fokussieren Prof. Dr. Roman Dumitrescu, serung der Transaktionen oder zur Optimierung der auf der Platt- „The winner takes it all“ – auch das ist ein Prinzip der Plattform- Universität Paderborn form angebotenen Services. Verschlafen habe Deutschland die ökonomie. Während ein Anbieter den Markt beherrscht, gehen Entwicklung hin zu datenbasierten Geschäftsmodellen, kritisiert alle anderen leer aus. Beispiele sind Google oder Amazon, die Dr. Jürgen Jähnert. Statt Geschäftsmodelle zu verändern, würden dem Wettbewerb kaum Spielraum lassen. Denn je mehr Platt- Technologien genutzt, um Produkte und Prozesse zu optimieren. formen dieselben Transaktionen und Dienstleistungen anbieten, „Never change a running system“ nennt Dr. Christian Rusche desto unattraktiver wird das Geschäftsmodell. Diese Tendenz Handel mit Lösungen statt Produkten lich übernehmen Plattformbetreiber häufig auch Dienstleistungen dieses Festhalten am Bewährten. Einer aktuellen Umfrage des zur Monopolisierung muss im Blick haben, wer mit dem Gedanken Dr. Jürgen Jähnert, Geschäftsführer der bwcon GmbH und bwcon wie Logistik, Versicherung oder Geschäftsanalysen. Solche Branchenverbandes Bitkom zufolge haben sich 24 Prozent der spielt, selbst eine Plattform zu gründen. Auch im B2B-Bereich research gGmbH, erklärt das Prinzip von Plattformökonomien Dienste auszulagern, schlägt sich gerade in KMU positiv auf befragten Unternehmen noch gar nicht mit datengetriebenen wird eine gewisse Konsolidierung erwartet, wenn auch in weniger am Beispiel der beliebten Plattform Airbnb, die Unterkünfte an die Betriebskosten nieder. Geschäftsmodellen befasst, 19 Prozent haben eigenen Angaben starkem Ausmaß. Für künftige Plattformbetreiber hat InstaWerk- Reisende vermittelt: „Das Wissen, wer wann ein Hotel braucht, nach den Anschluss verpasst und 35 Prozent sehen sich als Chef Marcel Erich einen konkreten Tipp: „Thematisch fokussieren, ist möglicherweise mehr wert als das Hotelbett selbst.“ Denn Produktoptimierung auf Plattformbasis Nachzügler. entweder auf ein spezielles Produkt, einen Service oder eine anstelle von Produkten werden Lösungen verkauft: „Man bezahlt die Der gewichtsoptimierte und anwendungsorientierte Leichtbau Dienstleistung und mit der Kundenseite beginnen, also Kunden Schweißnähte, nicht mehr die Schweißroboter, man mietet Druck- findet in der Plattformökonomie ein kongeniales Instrument. Hohes Wachstumspotenzial nachhaltig für das Geschäftsmodell begeistern.“ Unternehmen, luft und kauft nicht mehr die Kompressoren“, sagt Dr. Christian Plattformen prüfen spezielle Anforderungen und verteilen Auf- Aber warum nutzen so wenige Unternehmen diesen vergleichs- ob Start-up oder KMU, ob im Leichtbau oder in klassischer Fer- Rusche, Senior Economist beim Institut der Deutschen Wirtschaft träge für einzelne Bauteile oder Bauteilgruppen an darauf spe- weise jungen Plattformmarkt, dem der Sachverständigenrat der tigung, müssen nicht gleich ihr komplettes Geschäftsmodell in Köln. Anders als im klassischen Geschäftsmodell, das nur zialisierte Hersteller aus dem Netzwerk. Dieses „Distributed Bundesregierung in seinem jüngsten Jahresgutachten „auf An- über den Haufen werfen, um von der Plattformökonomie zu pro- Anbieter (Hersteller) und Kunden kennt, kommt in der Plattform- Manufacturing“ macht auch kleinere Stückzahlen für die Her- bieter- und Nutzerseite hohes Wachstumspotenzial“ bescheinigt? fitieren. In der Regel ergibt sich der Mehrwert schon aus der ökonomie noch der Plattformbetreiber hinzu. „Er schiebt sich steller profitabel und lässt anwendungsoptimierte Leichtbau- Die Scheu, Daten mit anderen zu teilen, spielt eine wesentliche bloßen Teilnahme, ob auf Hersteller- oder Kundenseite. zwischen Produzenten und Kunden“, erklärt Dr. Jähnert. Das produkte zu. Ein Beispiel ist das Leichtbau-Konzeptauto „ILO 1“ funktioniert allerdings nur, wenn die Plattform einen echten der emm! solutions GmbH aus Weil der Stadt, das in nur vier Mehrwert bietet, indem sie Abläufe beschleunigt, die Produkt- Monaten von einem Netzwerk aus Lieferanten entwickelt und qualität verbessert und Transparenz herstellt. Dann beteiligen produziert wurde. Nicht nur der Datenaustausch, auch die Do- sich immer mehr Nutzer*innen auf Anbieter- und Kundenseite. kumentation und die Kommunikation der Fertiger untereinander Im Fachjargon spricht man von Skalen- und Netzwerkeffekten. erfolgten über eine webbasierte Software – die Plattform. Statt nacheinander fanden die einzelnen Entwicklungsschritte Chancen für KMU parallel zueinander statt, was den Prozessablauf verkürzte und Dr. Jähnert ist überzeugt, dass lineare Wertschöpfungsketten mit das Produkt am Ende verbesserte. Das ILO 1 zeigt, was digitale zahlreichen vorgeschalteten Zulieferern, wie sie für Deutschland Plattformen in Verbindung mit Leichtbaukonzepten möglich typisch sind, bald von „Wertschöpfungsnetzwerken“ abgelöst machen, wenn Entwicklung und Konstruktion von der Anwendung werden. Insbesondere für KMU bieten solche Netzwerke zahlreiche her gedacht werden. Ein Kleinfahrzeug für das Flughafenvorfeld Chancen. Sie öffnen ihnen den Zugang zu neuen Zulieferern, beispielsweise muss, anders als normale Serienautos, nur ganz Vertriebskanälen, Kundengruppen und Märkten. Der Austausch bestimmte Anforderungen erfüllen und wird in kleinen Stück- von Daten ermöglicht es, Bedürfnisse von Kunden besser zu zahlen benötigt. Ein klassischer Fall für den plattformbasierten verstehen. KMU können so im Idealfall ihre Produkte oder sogar Leichtbau: Hersteller mit unterschiedlichem Produktportfolio ihr gesamtes Business optimieren. Zudem erweitern plattform- steuern einzelne Teile zu dem Nischenfahrzeug bei und optimie- © everythingpossible – stock.adobe.com basierte Netzwerke den Kreis potenzieller Geschäftspart- ren es gemeinsam noch während der Entwicklung – über den ner*innen, ob Zulieferer oder Kunden – nicht nur auf regionaler, Datenaustausch auf der Plattform. Auf diese Weise wird auch sondern auch auf nationaler oder sogar globaler Ebene. Schließ- die Fertigung in kleinen Stückzahlen wirtschaftlich. 10
© Siarhei – stock.adobe.com Wertschöpfung digital ebay und Amazon begründeten das Modell der Plattformökonomie in den 1990er-Jahren, heute sind digitale Online-Handelsplätze im Business-to-Consumer-Bereich (B2C) gang und gäbe. Das Prinzip der gezielten Vernetzung von Angebot und Nachfrage, verbunden mit dem Aufbau von Communitys, deren Mitglieder durch Datenaustausch voneinander profi- tieren, verspricht auch für industrielle Wertschöpfungsketten zahlreiche Vorteile. Mit zu- nehmender Digitalisierung im B2B-Sektor kann das Plattform-Modell Ergänzung oder sogar Alternative gängiger Geschäftsmodelle sein. Dabei sind die Potenziale von digitalen Platt- formen nicht nur für die großen Global Player, sondern auch für KMU interessant. Wie funktioniert’s? Digitale Plattformen bahnen Transaktionen zwischen mindestens zwei unabhängigen Nutzer NEUE GESCHÄFTSMODELLE gr uppen an. Alle Beteiligten dieses digitalen Ökosystems erzielen einen wirtschaftlichen Plattformökonomie – Vorteil. Während die Plattformbetreiber möglichst attraktive Rahmenbedingungen schaffen, stellen die Nutzer*innen die gehandelten Waren, Dienstleistungen oder Daten zur Verfügung. Plattformökonomie ist datengetrieben. Algorithmen automatisieren mithilfe der Daten, die mehr als pure Technik Anbieter und Kunden hinterlassen, die komplette Geschäftsabwicklung. Zentraler Nutzen: die Transparenz von Angeboten und Bedarf sowie das Tempo, in dem beides zusammen gebracht wird. Mit jedem neuen Datensatz lernt die Künstliche Intelligenz (KI) dazu, wird der Match zwischen Anbieter und Abnehmer passgenauer. Angebotsvielfalt, Preise und Rahmen bedingungen werden also in dem Maße attraktiver, je mehr Teilnehmer*innen sich auf der Plattform versammeln (Skalen- und Netzwerkeffekte). Die futurebrains UG & Co. KG ist ein junges Beratungsunternehmen mit Fokus auf digitale Plattformen, Netzwerke und Ökosysteme. Die beiden Co-Founder Nicolas Dürr und Maximilian Was bringt’s? Gutsche begleiten ihre Kunden von der Ideenfindungsphase über die Definition einer Platt Neben einer (kosten-)effizienten Struktur für Vertrieb und Einkauf bieten die Plattformen den formstrategie bis hin zur Validierung im Markt und dem anschließenden Auf- und Ausbau. Unternehmen unter anderem die Möglichkeit zur Datenanalyse und Vernetzung untereinander. So lässt sich etwa die Auswertung von Nutzungsdaten für die bedarfsgerechte Auslegung des eigenen Portfolios einsetzen. Aus der Vernetzung mit anderen Unternehmen hingegen können kostensparende Synergieeffekte wie innovationstreibende Entwicklungskoopera- Herr Dürr, ist Plattformökonomie eher landschaft integrieren. Das ist dann jedoch Unternehmen wollen und müssen wach- tionen erwachsen. Bestenfalls lassen sich so neue Geschäftsmöglichkeiten oder Märkte etwas für Global Player oder können keine Plattform, sondern ein Produkt, das sen. Dies geschieht, indem sie in Mitarbei- erschließen. Die Forschung bescheinigt dem Plattformmodell das Potenzial, komplette auch KMU Vorteile daraus ziehen? Features mitbringt, die ein konkretes Kun- tende, Maschinen und Gebäude investieren. Wirtschaftszweige umzukrempeln: Das Revolutionäre besteht darin, nicht mehr nur Produkte, Der Erfolg digitaler Plattformen ist nicht denproblem lösen. Eine Plattform dagegen Mit einer Plattform sehen Wachstum und sondern Lösungen oder Dienste anbieten zu können. abhängig von der Unternehmensgröße, fördert die Interaktion ganz unterschied Skalierung jedoch anders aus. Einfach sondern von einem klaren Verständnis licher Parteien miteinander, um Daten, gesagt: Mit einer digitalen Plattform schaf- Wo anfangen? darüber, wie Wertschöpfung hier funkti- Produkte oder Dienstleistungen auszutau fen sie einen Ort, an dem die Teilnehmen Ob Produkte und Dienstleistungen plattformtauglich sind, diese Evaluation sollte am Anfang oniert, und einem klaren Commitment zur schen. Die Wertschöpfung passiert außer den vom dort gehandelten Know-how, den der Entwicklung einer Plattformstrategie stehen. Welchen Mehrwert bringt der Einsatz einer Veränderung. halb des Unternehmens und nicht in den Kapazitäten und Informationen gegensei- digitalen Plattform für das Unternehmen und seine Kunden? Und mit Blick auf die eigenen eigenen vier Wänden. Ein plakatives Bei- tig profitieren. Nehmen Sie die Plattform Ressourcen und das erforderliche Know-how: Ist der Anschluss an eine vorhandene Platt- Wo liegen die größten Missverständ- spiel dafür ist Uber: Die Taxi-Alternative „AddiMap“ als Beispiel für eine B2B - form sinnvoll oder der Neuaufbau? Es gilt, Potenziale, Vor -und Nachteile abzuwägen und zu nisse, wenn Kunden mit der Idee, eine verwaltet die größte Flotte der Welt, ohne Plattform für den 3D-Druck. Skalierbar prüfen, welche (vorhandenen) Plattformlösungen sich eignen. Plattform aufzubauen, auf Sie zukom- ein einziges Fahrzeug zu besitzen. heißt hier: Anstatt die Qualität und Eig- men? nung von Maschinen- und Werkstoffpara Viele Unternehmen sprechen von einer In die B2B-Welt des Leichtbaus über metern über Wochen mit eigenen Testrei- Plattform, meinen aber ein rein techni- tragen: Worin liegen die größten Vor- hen zu validieren, werden die Ergebnisse sches Konstrukt, in das sie ihre Produkt teile des Plattformkonzepts? auf dem Marktplatz gehandelt, um das © Envato Elements 13
Beratung Beratung „Der größte Vorteil digitaler Einige Kunden suchen den Impuls, an- dere kommen bereits mit einer Idee oder das erfolgt zunächst ohne den Aufbau komplizierter und teurer Technologie. Da- die x-te Industrial-Internet-of-Things-Platt form bauen. Das hat nichts mit Schwäche Plattformen ist ihre Skalierbarkeit.“ haben schon erste Schritte gemacht. Die meisten treibt die Sorge um, dass sie bis zu den ersten Erfolgen viele Res- rüber hinaus erarbeiten wir Regeln und Mechanismen für die reibungslose Teil- nahme an der Plattform. Schließlich ver- oder Misserfolg zu tun, im Gegenteil: Es eröffnet mir die Möglichkeit, zu lernen, wie Mechanismen und Regeln einer Platt- Nicolas Dürr sourcen und Zeit investieren müssen. tiefen wir in phasenspezifischen Workshops form funktionieren. Auf eine existierende Viele Unternehmen wissen nicht, wie sich dedizierte Plattformthemen, wie zum Bei- Plattform aufzusetzen, kann vor allem das Erfolg hier definiert. Daher ist es uns wich- spiel das Thema Monetarisierung. für die Plattformökonomie existenzielle volle Potenzial sofort zu nutzen. So lassen Was sollte dem Einstieg in die Platt- fen und neue Geschäftsmodelle definie- tig, früh zu validieren, um zu verstehen, Henne-Ei-Problem lösen: Wer muss zuerst sich Kosten einsparen und die Produkti- formökonomie vorausgehen? ren zu können. ob und wie ein Plattformgeschäftsmodell Muss es immer Eigenbau oder kann es da sein, Produzenten oder Konsumenten? vität der Anlagen steigern. (Anm. d. Red.: Der Wandel vom Produkt zur Plattform und dessen Mehr werte angenommen auch eine vorhandene Plattform sein? Mehr zu „AddiMap“ erfahren Sie ab S. 16.) ist ein tiefer Eingriff ins Unternehmen. Mit anderen Worten: Nicht alle digi- werden. Das sorgt für erste Erkenntnisse Letzteres. Ich muss ja zum Beispiel nicht Vielen Dank für das Interview! Das Management muss also die treibende talen Angebote taugen auch automa hinsichtlich der Annahmen, zeigt aber Das bedeutet ein hohes Maß an Trans Kraft sein und hundertprozentig dahinter- tisch als digitale Plattform? auch erste Erfolge auf. parenz meiner Daten. Ist das nicht stehen. Wichtig ist, Know-how aufzubau- Richtig. Plattformgeschäftsmodelle auch ein hohes Risiko? en, zu verstehen, wo die Unterschiede funktionieren gut in fragmentierten Märk- Wie unterstützen Sie Ihre Kunden Plattformökonomie verlangt ein Mind- set, das Transparenz und Offenheit nicht liegen zwischen dem klassischen Ge- schäftsmodell und der Plattformökono- ten mit sehr vielen potenziellen Teil - nehmer*innen. Ist die Teilnehmerzahl konkret beim Aufbau einer solchen Plattformstrategie? Nicolas als Risiko, sondern als Chance begreift. Eine der größten Hürden – und damit der Risiken – ist das sogenannte Not-invented- mie. Es geht nicht darum, das Bestands- portfolio zu verwerfen, sondern zu prüfen: Welche der Produkte, Dienstleistungen jedoch schnell erschöpft, wird daraus keine skalierfähige Plattform. Auch hohe Transa ktionskosten, etwa weil es noch Wir haben über 30 Wege definiert, um Plattformgeschäftsmodelle zu identifizie- ren. Unser Fokus liegt zunächst auf der Dürr here-Syndrom: eine ablehnende Haltung oder vorhandenen Netzwerke bieten einen viele manuelle Prozesse im Austausch Sichtung der größten Potenziale sowie der Co-Founder gegenüber beispielsweise Ideen, Daten Ansatz, um neue Interaktionsmöglich- gibt, sind ein guter Indikator. Analyse der größten Risiken. Das ist ein futurebrains und Innovationen, die nicht aus dem eige- keiten zu schaffen? Wo lassen sich Netz- klar definierter Prozess der Inside-out- UG & Co. KG. nen Haus stammen. Außerdem herrscht werkeffekte erzielen? Im ersten Schritt An welcher Stelle des Aufbauprozesses und Outside-in-Betrachtung; ihm folgen im europäischen B2B-Umfeld immer noch gilt es, den Schatz zu identifizieren, der es holen sich interessierte Unternehmen Konzeption und Durchführung der Vali- große Skepsis, Daten zu teilen. mir ermöglicht, neue Mehrwerte zu schaf- Beratung bei Ihnen? dierung der kritischsten Annahmen. All © Siarhei – stock.adobe.com 14 15
© Rosswag GmbH Best Practice ren. Dabei schmelzen Laser Metallpulver Schicht für Schicht auf, bis ein belastbares Bauteil im Pulverbett entsteht. Geome INTWERTL trien, Dichte, Festigkeit, Elastizität – alles ist beliebig variierbar, bei Einsatz und Kombination unterschiedlicher Materialien. So Plattform für lassen sich beispielsweise Bauteile herstellen, die wie Knochen aufgebaut sind, mit geringeren Materialdichten oder porösen elektrifizierte Strukturen im Inneren, wovon vor allem der Leichtbau profitiert. Über 45 Prozent beträgt beispielsweise die Gewichtsersparnis Leichtbauautos eines Aluminium-Leichtbaulagers aus dem Drucker. Ein weiteres, gerade entstehendes Beispiel ist Die Rosswag-Ingenieur*innen erkannten allerdings schnell die „Intelligente Wertschöpfungsnetzwerke für Leicht Grenzen des komplexen Verfahrens. Die Einstellung des Lasers, baufahrzeuge geringer Stückzahl“ (IntWertL). die Zusammensetzung der Legierung, die Beschaffenheit des Das Ziel des von der Leichtbau BW begleiteten Metallpulvers, der Abstand zwischen den Schmelzbahnen: Über Projekts ist es, eine digitale Engineering- und 180 Faktoren mit zahllosen Variablen beeinflussen den 3D-Metall Produktionsplattform aufzubauen, die das Ent- druck. „Es dauert zwei Monate und kostet mindestens 15.000 wickeln neuer Formen der Mobilität und deren Euro, einen Prozess-Parametersatz für eine einzige Anwendung Realisierung auch für kleine und mittelständi- zu entwickeln“, erläutert Graf. Jeder Parametersatz benötigt sche Unternehmen attraktiv macht. Mehr dazu Additive Fertigung: außerdem die passenden Werkstoffdaten zur Validierung. Vier lesen Sie auf Seite 22–23. Schicht für Schicht schmelzen Laser das Metallpulver auf. bis fünf Standardwerkstoffe, auf die derzeit 90 Prozent aller 3D-Drucker zurückgreifen, reichen nicht aus. Im Gegenteil: Sie beschränken die Produktion und Vielfalt der additiven Fertigung. „AddiMap“: Digitaler Marktplatz PLATTFORMÖKONOMIE IM VERBUND MIT ADDITIVER FERTIGUNG für Material- und Prozessdaten Aus dieser Problemlage heraus entstand die Idee, einen digitalen chend drücken. Je mehr Dienstleister*innen und je schneller die Im Duett zur Serienreife Marktplatz für den Handel mit Material- und Prozessdaten zu Fertigung, desto günstiger die Preise, desto mehr wächst der entwickeln. Auf der Plattform „AddiMap“, der ersten dieser Art, Markt für den 3D-Metalldruck – das ist das Kalkül der „AddiMap“- können Kunden Daten für den 3D-Metalldruck kaufen, statt sie Entwickler*innen. selbst zu entwickeln. Das verhindert Mehrfachentwicklungen und generiert zudem neue Einnahmequellen für Anbieter. „Wir MakerVerse will Amazon des 3D-Drucks werden Plattformökonomie und additive Fertigung sind ein vielversprechendes Team. Nicht nur, monetarisieren unser Know-how der Prozessentwicklung“, erklärt Zu den potenziellen Kunden von „AddiMap“ könnten künftig dass beide datengetrieben sind. Aus dem 3D-Druck kann auch ein neues Geschäftsmodell Graf das Businessmodell. Die Plattform soll im November 2022 auch die Fertiger aus dem MakerVerse-Netzwerk gehören. Die wie der plattformbasierte Datenhandel erwachsen. Wie das geht, zeigen die Beispiele an den Start gehen und ist offen für alle Mitbewerber*innen, MakerVerse GmbH, Anfang des Jahres in Berlin gegründet, ver- die wie Rosswag Engineering Prozessparameter entwickeln oder treibt über die gleichnamige Plattform Bauteile aus hochwertigen „AddiMap“ und „MakerVerse“. für die Produktherstellung danach suchen. Das Potenzial ist Metallen und Kunststoffpolymeren, produziert in 3D-Druck von groß. Graf schätzt, dass weltweit bis zu 10.000 Anlagen für den etwa zwei Dutzend Herstellern, die der Plattform angehören. Dass die Rosswag GmbH, die größte Freiformschmiede Süd- das traditionelle Geschäft nicht substituieren, sondern ergänzen“, 3D-Metalldruck im Einsatz sind: „Wenn diese Technologie einen Dabei kommen vier verschiedene Verfahren zum Einsatz. Bis- deutschlands, auf besonders anschauliche Weise traditionelle sagt Gregor Graf, Head of Engineering bei Rosswag Engineering. echten Mehrwert bieten soll, dann brauchen wir mehr Werk- her entwickeln die Hersteller aus dem MakerVerse-Netzwerk Herstellungsverfahren mit modernen Fertigungsmethoden und Der neue Geschäftsbereich für die additive Fertigung machte stoffe und produktivere Prozesse, weil sonst viele industrielle ihre Materialien und Prozesse selbst. In naher Zukunft könnten plattformbasiertem Datenhandel vereint, ist auf den ersten Blick sich schnell bezahlt. Mehr als 60.000 funktionale Bauteile ent- Applikationen nicht funktionieren.“ sie die entsprechenden Prozessdaten bei „AddiMap“ kaufen. nicht erkennbar. Auf dem Werksgelände in Pfinztal lagern Tau- standen in den vergangenen fünf Jahren im Laserschmelzverfah- sende Tonnen Metallhalbzeuge, in den Hallen bestimmen riesige Bei Rosswag Engineering sind sie davon überzeugt, dass die Markus Seibold, Geschäftsführer der MakerVerse GmbH, sieht Öfen, überdimensionale Zangenstapler und meterhohe Schmiede Plattformökonomie einer Technologie wie dem 3D-Metalldruck durchaus Synergien: „AddiMap als Materialplattform, MakerVerse pressen das Bild. Hier werden Werkstoffe auf Eisen-, Nickel-, Über zum Durchbruch im industriellen Maßstab verhelfen kann, auch als Transaktionsplattform, das wäre ein aufeinander aufbauendes Aluminium- oder Kupferbasis zu tonnenschweren Bauteilen und gerade aus wirtschaftlichen Gründen. Denn Plattform-Kunden Angebot.“ Bis es soweit ist, müssen sich die beiden jungen Unter- verarbeitet, hauptsächlich für den Energiemaschinenbau. können nicht nur mechanische Kennziffern wie Härte, Zugfestig nehmen aber erstmal selbst am Markt freischwimmen. Seibold keit oder Materialdichte vorgeben, um den gewünschten Para- hat große Pläne: „Wir wollen das Amazon des industriellen 3D- 3D-Druck ergänzt traditionelles Geschäft metersatz zu erhalten. Auch wirtschaftliche Kennzahlen wie Drucks werden“, sagt er in Richtung Wettbewerb. Das Beispiel mit Dagegen wirken die Anlagen für den 3D-Metalldruck fast filigran. Produktivität stehen zur Auswahl. Ein geeigneter Parametersatz, Amazon ist nicht zufällig gewählt. Denn das, wofür der Online- 2014 hat Rosswag die ersten Drucker angeschafft. „Wir wollten Faktoren beeinflussen den 3D-Metalldruck. der die Fertigungszeit halbiert, kann auch die Kosten entspre- Gigant im B2C-Bereich steht, will Seibold auf den B2B-Bereich 16 17
Best Practice Fachmessen der Zukunft Über übertragen. Deshalb bezeichnet sich „MakerVerse“ auch als KLASSISCHES FORMAT AUF NEUEN WEGEN „One-Stop Shop Plattform“. Frei übersetzt heißt das: Die Kunden Hybriden Messen bekommen alles aus einer Hand, und zwar „on demand“, also zeitnah und frei Haus. Nur dass es sich in diesem Fall nicht um Güter des täglichen Bedarfs, sondern um industrielle Präzisions beträgt die Gewichtsersparnis eines bauteile handelt, vorwiegend für den Maschinenbau und die Aluminium-Leichtbaulagers aus dem Drucker. gehört die Zukunft Automobilindustrie. Dass sich „MakerVerse“ zu einer weltweit gefragten Plattform selbst investieren müssen. Zum anderen profitieren auch er- entwickeln wird, davon ist Seibold überzeugt. Während seiner fahrene Nutzer*innen der additiven Fertigung von der breiten Zeit bei Siemens Energy hat er dort die additive Fertigung auf- Technologie- und Materialpalette und den wettbewerbsfähigen gebaut: „Gefühlt gab es jeden Tag neue Technologien und Ma- Lieferzeiten der Plattform. Die 3D-Fertiger im Netzwerk liefern Bis die Pandemie das Messewesen weitgehend lahmlegte, waren Messen eines der be- terialien.“ Zudem half der 3D-Druck, die Ersatzteilversorgung ihren Kunden schwerpunktmäßig Prototypen, Werkzeuge und vorzugten Instrumente im Marketing-Mix deutscher Unternehmen. Nach Angaben des sicherzustellen und zugleich die Lagerkosten zu senken. So Ersatzteile, doch Seibold denkt längst an die industrielle Serien Verbands der deutschen Messewirtschaft (Auma) investierten Aussteller*innen fast die entstand die Idee, eine „On-demand-Plattform“ zu entwickeln, produktion: „Das ist der nächste Schritt. Wir wollen unsere Kun- Hälfte ihres B2B-Kommunikationsetats in Messebeteiligungen. Das änderte sich erst, die immer die neuesten additiven Technologien vorhält, immer den während des gesamten Produktlebenszyklus unterstützen.“ verfügbar und schnell reaktionsfähig ist. Nicht nur Siemens Energy, als Corona von März 2020 an Präsenzmessen aushebelte. Die deutschen Messeveran- auch andere Kunden mit ähnlichen Ansprüchen an industrielle Die Potenziale der additiven Fertigung zu heben und sie auf ein stalter entwickelten fortan digitale Ersatzformate – weniger aus Überzeugung als aus Qualität sollten daran partizipieren. Zusammen mit Zeiss und industrielles Niveau zu bringen, weil dem Markt immer mehr der Not heraus. einigen Investoren gründete Siemens Energy ein Joint Venture: geeignete Materialien und Verfahren zur Verfügung stehen – die MakerVerse GmbH. das ist die Grundidee beider Geschäftsmodelle: Aus dem Zu- sammenspiel von Plattformökonomie und additiver Fertigung Liegt die Zukunft des Veranstaltungswesens sen präsent. Mirko Bromberger, Director igitale zudem Content, der weiter D Zugriff auf additive Technologien entsteht eine neue, industrielle Wertschöpfung. also im Digitalen? Nein, sagt das Münchner Marketing DACH, hat mit dem erzwunge- verwendbar ist.“ Die Interaktion mit den Vorteile bietet die Plattform zum einen für Unternehmen, die Ifo Institut für Wirtschaftsforschung unter nen Fokus auf digitale Formate während Teilnehmenden kurbelt Bromberger bei noch keine eigenen Maschinen haben, dafür aber eine Anwen- Erfahren Sie mehr über unsere Best-Practice-Beispiele: Bezugnahme auf seine Konjunkturumfrage der Pandemie gemischte Erfahrungen ge- Altair mit eigenen Webinaren und durch dung, die für den 3D-Druck geeignet ist. „MakerVerse“ gibt ihnen vom August 2021. Danach setzen 85 Pro- macht: „Es war schwierig, in den Dialog Umfragen an. Die dadurch gewonnenen www.addimap.com www.makerverse.ai Zugriff auf verschiedene additive Technologien, ohne dass sie zent der Industrieunternehmen weiterhin zu treten. Der Zuspruch war überschau- Daten seien dann auch für den Vertrieb auf physische Messen. Virtuelle Veran- bar“, berichtet der Marketingchef. Seiner verwertbar. staltungen sehen 54 Prozent der Befrag- Einschätzung nach macht es einen großen ten zumindest als Ergänzung. Das jüngste Unterschied, ob man sich in der realen Für die klassischen Marketingziele, die Messe-Revival im Post-Pandemie-Sommer Welt trifft oder zu einem Online-Chat ver- Unternehmen auf Messen verfolgen – Leichtbaulager in 3D-Metalldruck. 2022, als Präsenzveranstaltungen wieder abredet. „Bei digitalen Formaten fehlen Pflege von Geschäftsbeziehungen, Gewin- Zulauf fanden, scheint diese Umfrage Verbindlichkeit und Intensität.“ nen neuer Kunden, Präsentation des Un- ergebnisse zu bestätigen. ternehmens, Erschließen neuer Märkte – Dagegen lasse sich in der digitalen Welt eignen sich der ifo-Umfrage zufolge eher „Bei digitalen Formaten fehlen leichter Reichweite erzielen, berichtet Präsenzveranstaltungen. Was also tun? Verbindlichkeit und Intensität.“ Bromberger: „Bei unserer digitalen Anwen „Hybriden Veranstaltungen gehört die Die Altair Engineering GmbH, ein auf Si- derkonferenz etwa hatten wir mehr Teil- Zukunft“, stellt das ifo abschließend fest. mulation, künstliche Intelligenz und High- nehmerinnen und Teilnehmer als sonst – Während die Messe vor Ort durch per- Performance-Computing spezialisiertes schließlich entfiel die Hürde der Anreise.“ sönliche Kontakte und Live-Erlebnisse Unternehmen mit Sitz in Böblingen, be- Auch Download-Möglichkeiten und Vor- punktet, können digitale Verlängerungen dient eine Vielzahl von Branchen und ist träge würden bei Online-Formaten gut die Reichweite erhöhen und eine 24-Stun- deshalb auf unterschiedlichen Fachmes- angenommen. „Man generiert durchs den-Verfügbarkeit gewährleisten. Sie möchten mit Ihrer Leichtbaulösung ebenfalls auf wichtigen Fachmessen präsent sein? Wir unter- stützen Sie dabei! Werden Sie Aussteller*in an unseren Gemeinschaftsständen und profitieren Sie von einem Rundum-sorglos-Paket. Aktuelle Messeangebote finden Sie unter: www.leichtbau-bw.de/termine. Eine kostenlose Online-Ausstellungsplattform bietet Ihnen auch unser DIGITAL.SHOWROOM (s. Seite 2). © Rosswag GmbH 18 19
Nachhaltigkeit Nachhaltigkeit IM GESPRÄCH Plattformen: Chance für die Umwelt? Glöser-Chahoud: Ein Ansatz wäre, Unternehmen gemeinsam eine digitale was zu mieten, dann kann das der Nach- anwendungsfallspezifisch die Hotspots zu Entwicklungsplattform für den Maschi- haltigkeit zuwiderlaufen. Um ein Beispiel identifizieren, die bei der Umweltwirkung nenbau aufbauen wollen. Unser Part wer- aus der B2C-Welt aufzugreifen: Durch auf jeden Fall berücksichtigt werden sollten, den Lebenszyklusanalyse und Nachhal- Carsharing fahren manche Menschen zum Beispiel, dass die Verwertung bereits tigkeitsbewertung sein. Konkret wollen Strecken mit dem Auto, die sie zuvor mit Nachhaltigkeit ist ein häufig gehörtes Schlagwort. Leichtbau-Unternehmen bringen dafür bei der Entwicklung mitgedacht wird. Man wir prüfen, ob sich die Plattform mit Life- öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt per se gute Voraussetzungen mit, weil sie Material einsparen und möglichst umwelt- darf aber nicht vergessen, dass B2B-Platt- cycle-Inventory-Datenbanken koppeln hatten. Sie tun das, weil es für sie bequem schonend handeln und fertigen. Ob Digitalplattformen diesbezüglich einen Mehrwert formen noch ganz am Anfang stehen. Die lässt, um auf Materialebene grob einen und billig ist. Nachhaltiger ist es nicht. Unternehmen tasten sich da erst heran. ökologischen Fußabdruck zu ermitteln. bringen, ist unklar. Die Chancen stehen aber nicht schlecht, wie die Diskussion dreier So ließe sich ein Produkt bereits in der Manchmal taucht das Argument auf, Fachleute zeigt. Neligan: Stimmt. Bei einer unserer Entwicklung nachhaltiger gestalten. dass durch die Plattformökonomie Umfragen wurde deutlich, dass vielen CO2 -Emissionen nur verlagert werden. unklar ist, dass sie durch die Digitalisie- Führt das nicht fast automatisch zu IT-Systeme brauchen auch Strom … Wie umweltverträglich ist eine B2B- Geschäftsmodelle möglich werden. Digi- Manufaktur, neue oder alte Technologie? rung nicht nur die Ressourceneffizienz einer Verbesserung der Ökobilanz? Digitalplattform verglichen mit her- talplattformen sind der Ort, wo das alles Womöglich kann eine bewährte Anlage steigern können, sondern letztlich auch Glöser-Chahoud: Der Energiebedarf kömmlichen Prozessen? zusammenkommt. Sie haben das Potenzial, besser abschneiden als eine neue mit das Klima schonen. Nur ein Drittel sah Glöser- Chahoud: Dass durch die der Produktion, die für die Herstellung den Ressourcenverbrauch zu senken – unausgereiften Prozessen. Das alles muss dieses Potenzial. Plattformökonomie grundsätzlich nach- eines Produkts erforderlich ist, wiegt den Dr. Matthias Harsch: Das lässt sich was sich unmittelbar positiv auf die Öko- man individuell erfassen. In öffentlich haltigere Produkte entstehen, würde ich der IT bei Weitem auf, die für den Betrieb nicht pauschal sagen. Bei Ökobilanzen bilanz auswirkt. zugänglichen Datenbanken gibt es nur Wen hatten Sie da befragt? bezweifeln. einer Plattform nötig ist. Gerade wenn muss man vorab ein Ziel definieren, einen Basisinformationen, etwa den CO2 -Fuß- die IT in der Cloud in einem grünen Rahmen: Was will ich untersuchen, was Was fehlt, um eine präzisere Ein- abdruck für gängige Materialien, für Neligan: Knapp 900 Industrieunter- Harsch: Man sollte die Komplexität des R echenzentrum läuft. Der Energiever- vergleichen, bis zu welchem Umfang und schätzung abgeben zu können? Transportwege, für den Strommix von nehmen und Unternehmen, die industrie Themas nicht unterschätzen. Das ist nichts, brauch von Plattformen ist nur ein Problem, welche Datenbasis habe ich? Entschei- Ländern oder für Grundverarbeitungs- nahe Dienstleistungen anbieten. was sich so nebenbei analysieren lässt. wenn es um Big-Data-Analysen geht – dend ist immer, wie der konkrete Fall Harsch: Bei der konkreten Bilanzie- prozesse wie Spritzgießen, Drehen oder und dann eher bei B2C-Plattformen, weil aussieht. rung – egal ob Digitalplattform, Prozess Fräsen. Das weicht im betrachteten An- Glöser- Chahoud: Wir werden bald Neligan: Ja, das ist kein Selbstläufer. sie mit sehr viel mehr Daten arbeiten. oder Produkt – kommen sehr viele As- wendungsfall meist deutlich vom jeweili- a n einem Projekt teilnehmen, an dem Zudem sind Rebound-Effekte möglich. Dr. Simon Glöser-Chahoud: In der pekte ins Spiel. Massenproduktion oder gen Datenbankeintrag ab. wissens chaftliche Einrichtungen und Soll heißen: Wenn es etwa leicht ist, et- Vielen Dank für das Gespräch! Tat gibt es zu dieser Frage keine allgemein gültigen Ergebnisse. Wenn eine Plattform die komplette kreislaufwirtschaftliche Wertschöpfung und alle relevanten Ak- teure zusammenbringt, dann dürfte das aber ein großes Potenzial haben – auch für die Nachhaltigkeit. Dr. Adriana Neligan: Durch Digital- Dr. Dr. Dr. Simon plattformen werden industrielle Wert- schöpfungsketten vereinfacht oder über- Matthias Adriana Glöser- Harsch Neligan Chahoud haupt erst möglich. Sie tragen dazu bei, dass sich Lagerkapazitäten besser aus- nutzen und Transportwege verkürzen lassen. Rohstoffe und Papierdokumente lassen sich einsparen. Man kann maßge- schneidert produzieren, gerade bei Vor- leistungen. Produkte lassen sich länger Inhaber und Geschäftsführer der LCS Life Cycle Simulation GmbH, Senior Economist für Green Economy und Leiter der Arbeitsgruppe „Nachhaltige Wertschöp- und intensiver nutzen. Es können neue Backnang. Das Unternehmen analysiert Technologie ganzheitlich, Ressourcen am Institut der deutschen Wirtschaft fungsketten“ am Institut für Industriebetriebslehre mit Technikb ewertungen, Wirtschaftlichkeitsanalysen und e. V. (IW), einem privaten Wirtschaftsforschungs und industrielle Produktion (IIP) des Karlsruher Ökobilanzierungen. institut mit Sitz in Köln. Instituts für Technologie (KIT). 20 21
KMU@Science KMU@Science Mit innovativen „Damit werden fertigende Unternehmen und Engineering-Dienst- leister gemeinsam komplexe Produkte in kleinen Stückzahlen anbieten können“, erläutert Bönsch. Das auf dreieinhalb Jahre teile für die Straßenentwässerung, die deutlich dünner sind und dennoch verlässlich alle Vorgaben erfüllen. Die KI unterstützt dabei, die geeignete Materialmischung zu finden. Technologien angelegte Projekt konzentriert sich zunächst auf ein Kompakt- fahrzeug, das zwei kommunale Standorte emissionsfrei mitein- AITT: Nutzung von Kunststoff-Recyclaten ander verbinden kann, sowie auf einen Lieferroboter für die letzte für Spritzgussverfahren Meile. „Die Plattform wird dank KI weitgehend automatisiert und Beim auf drei Jahre angelegten Projekt „AI-assisted Technology zum nachhaltigen damit auch kommerziell nutzbar sein“, sagt Bönsch. Transfer“ (AITT) geht es um die Verwendung von recyceltem Kunststoff für qualitativ hochwertige und CO 2 -arme Produkte. AIBetOn3D: Geringerer CO2 -Ausstoß durch 3D-Betondruck „Solche Recyclate haben bislang keine so hohe Reinheit wie Im Projekt „KI-assistierter 3D-Druck für Baustoffe“ (AIBetOn3D) Neumaterialien, zudem schwankt der Reinheitsgrad“, erklärt Leichtbau haben sich die Forscher*innen und Entwickler*innen vorge- Bönsch. Will man die Recyclate spritzgießen, ein typisches nommen, mithilfe einer KI-assistierten Engineering-Lösung Herstellungsverfahren in der Kunststoffverarbeitung, müssen 3D-druckbare Betonmischungen zu realisieren. Beteiligt sind die Maschinen trotz dieser Schwankungen die geforderte Qua- neben dem IMI ein Anbieter betriebswirtschaftlicher Standard- lität liefern können. Die Herausforderung besteht darin, eine software, eine Materialentwicklungsfirma sowie ein Hersteller Datenbank zu schaffen, die die unterschiedlichen Qualitäts Das Erreichen der Ziele für nachhaltige Entwicklung setzt eine Umsetzung voraus, bei von Betonbauteilen. „Beton ist ein sehr energie- und damit CO2 - stufen der Recyclate erfasst und mit deren Hilfe der Spritz- der innovative Technologien wie Künstliche Intelligenz (KI) und Digitale Zwillinge (DT) auf intensives Material“, erklärt Bönsch. „Durch alternative Herstel- gussprozess entsprechend angepasst wird. Unternehmergeist treffen. lungsverfahren lässt sich der Materialeinsatz verringern, was auch der CO2 -Bilanz zugutekommt.“ Im Projekt entstehen Bau- Im Leichtbau geht es immer auch darum, Bauteile, deren Funktion „Uns kommt dabei die Aufgabe zu, Daten, Informationen und und die zugrundeliegenden Herstellverfahren neu zu denken. Wissen im betrieblichen Umfeld nutzbar zu machen. Wir verstehen Soll Leichtbau auch mit „Leichtigkeit“ in der Produktentstehung uns als Transformations-Hub zur Befähigung mittelständischer zur Anwendung kommen, kann dies nur über einen „industriali- Unternehmen an der Teilnahme in digitalen Ecosystemen.“ sierten“ Innovationsprozess gelingen: „Best of Breed“ neu defi nieren und mit richtigen „Gamechangern“, wie KI und DT, gezielt In diesem Jahr wurden am Institut drei neue Forschungsprojekte anreichern. Industrialisierung bedeutet hier, sich bis ins letzte gestartet, die durch den Einsatz von KI Mehrwerte in puncto Detail optimierte Prozesselemente zunutze zu machen, wo immer Nachhaltigkeit, Flexibilität und Kosten schaffen sollen. Alle drei es bei einer Produkt- oder Prozessinnovation sinnvoll erscheint. werden vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert. Das Institut für Informationsmanagement im Ingenieurwesen (IMI) des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) hat dafür be- IntWertL: Plattform für elektrifizierte Leichtbauautos sondere Kompetenzen aufgebaut. Das IMI-Team um Professorin Das Projekt „Intelligente Wertschöpfungsnetzwerke für Leicht- Dr. Dr.-Ing. Dr. h.c. Jivka Ovtcharova ist fachübergreifend auf- baufahrzeuge geringer Stückzahl“ (IntWertL) soll eine Digital- gestellt. Die vier Forschungsgruppen befassen sich mit den plattform aufbauen, welche die Entwicklung neuer Formen der Themen Digital Twin, Artificial Intelligence, Process Modeling Mobilität auch für kleine und mittelständische Unternehmen und Smart Immersive Environments. attraktiv macht. „Automobilhersteller konzentrieren sich derzeit auf Fahrzeuge, die in Stückzahlen von mehr als einer Million „In unseren Forschungs- und Industrieprojekten verfolgen wir gefertigt werden“, erklärt Jakob Bönsch, wissenschaftlicher methodische, interdisziplinäre und industrienahe Ansätze“, so Dr. Mitarbeiter am IMI. „Die Produktion von Fahrzeugstückzahlen © KIT Institut für Informationsmanagement im Ingenieurwesen (IMI) Michael Grethler, Leiter der Forschungsgruppe Digital Twin am IMI. im ein- bis vierstelligen Bereich liegt dagegen weitgehend brach.“ Dabei ermöglicht gerade die Elektromo- bilität durch die starke Vereinfachung des Antriebsstrangs in Verbindung mit Leicht- baukarosserien völlig neue Fahrzeugkon- zepte, die auch geringe Stückzahlen wirt- schaftlich profitabel machen. Im Projekt IntWertL arbeiten 20 Projektbeteiligte aus Forschung und Industrie am Aufbau einer Projektbeteiligte aus Forschung und Jahre beträgt die Laufzeit Engineering- und Produktionsplattform für Starkes Team am KIT IMI: Industrie arbeiten am Projekt IntWertL. des Projekts IntWertL. elektrifizierte Leichtbaufahrzeuge. Dr. Michael Grethler, Prof. Dr. Dr.-Ing. Dr. h.c. Jivka Ovtcharova und Jakob Bönsch (v. l. n. r.). 22 23
Trends Trends Leichtbautrends AUTOMOTEAM GMBH Gesalzenes Upgrade © AUTOMOTEAM GmbH auf der Spur für den Aluminiumguss Leicht, thermisch und mechanisch hoch belastbar so- wie als Monomaterial hybridisierbar. Diese besondere Ein Blick über den eigenen Tellerrand lohnt sich immer. Gerade der Leichtbau ist als Quer- Eigenschaftskombination zeichnet den offenporigen schnittstechnologie in vielen Branchen interessant. Lassen Sie sich deswegen von ausgewähl- Aluminiumguss der AUTOMOTEAM GmbH aus, welcher ten Trends inspirieren und entdecken Sie unter anderem die ThinKings der letzten Monate. mit Kochs alz als Hilfsmittel hergestellt wird und für Leichtbaustrukturen bestens geeignet ist. www.automoteam.com © PARARE GmbH PARARE GMBH Individualisierter Achsschenkel für das Fahrzeugtuning FRAUNHOFER-INSTITUT FÜR PRODUKTIONSTECHNIK UND AUTOMATISIERUNG (IPA) Ein Paradebeispiel für das Potenzial des 3D-Drucks von Metallen für Leichtbauteile, die hohen mechanischen Belastungen standhalten müssen: Der individualisierte Achsschenkel Leichtbauzentrum eröffnet der PARARE GmbH punktet mit optimierten Belastungskennwerten sowie dank Topologie optimierung mit nahezu halbiertem Gewicht. Zum Einsatz kam die Leichtbaukomponente Fast 100 Tonnen wiegt die Glaskeramikfassade des neuen Leichtbauzentrums auf dem Campus in Stuttgart- in einem getunten Super-Golf und konnte auf der Rennstrecke bereits überzeugen. Vaihingen. Ein Widerspruch? Keineswegs, denn die Gebäudehülle besteht zu 100 Prozent aus Altglas und das Leichtbaumaterial Keramik findet sich nicht nur in der Fassade, sondern im ganzen Gebäude verteilt wieder. www.parare.de Die Forscher*innen des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) haben also den passenden Rahmen für ihre Tätigkeit. Diese besteht unter anderem darin, den Einsatz von Leichtbautechno- logien im Maschinen- und Anlagenbau sowie in der Produktionstechnik zu erforschen. Ziel ist es, insbesondere UNIVERSITÄTEN STUTTGART UND FREIBURG regionale Unternehmen bei der Entwicklung und Umsetzung entsprechender Lösungen zu unterstützen. Nachhaltig bauen mit Flachs www.ipa.fraunhofer.de Beton, Stahl, Aluminium: Die am häufigsten genutzten Baustoffe © ICD/ITKE/IntCDC University of Stuttgart, Rob Faulkner sind auch die umweltschädlichsten. Die Suche nach möglichst nachhaltigen Alternativen läuft deshalb auf Hochtouren. Flachs beispielsweise ist natürlich, erneuerbar, biologisch abbaubar und © Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik sogar regional verfügbar. Dass er als Baustoff taugt, beweist die und Automatisierung (IPA)/Rainer Bez Tragstruktur des livMatS-Pavillons im Botanischen Garten von Freiburg. Sie besteht ausschließlich aus robotisch gewickelten Flachsfasern. Forscher*innen der Universitäten Stuttgart und Freiburg suchten nach einer natürlichen Alternative zu geklebten Faserverbundwerkstoffen und stießen dabei auf das Leingewächs. Inspirieren ließen sie sich vom Saguaro-Kaktus, dessen netzartige Struktur besonders stabil und leicht ist. www.livmats.uni-freiburg.de 24 25
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