Magazin AUFBRUCH IN EINE NEUE EPOCHE - FÜHRUNGSWECHSEL BEI DACHSER - German
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AUSGABE 4/2020 magazin DIE WELT DER INTELLIGENTEN LOGISTIK AUFBRUCH IN EINE NEUE EPOCHE FÜHRUNGSWECHSEL BEI DACHSER INTERLOCKING EUROHUBS IM VERBUND MIT DEN AGIL IM HEILKRÄFTEN DER NATUR NETZWERK
ZAHLEN, DIE ZÄHLEN IN NEUE DIMENSIONEN „Nichts auf der Welt ist so mächtig wie eine Idee, deren Zeit gekommen ist“, befand einst der französische Schriftsteller Victor Hugo (1802–1885). Stimmt. Auch wenn sich wirklich Weltbewegendes gerne auch ein bisschen Zeit lässt. 6 Kilometer Luftlinie und der Bristolkanal liegen zwischen der Insel Flat Holm und dem walisischen Festland. „So soll es sein“ lautete die Botschaft, die der 23-jährige italienische Erfinder Guglielmo Marconi 1897 erstmals drahtlos über diese Entfernung sandte. Der von ihm dazu entwickelte „Knallfunk“ stand am Anfang eines einzigartigen Siegeszuges kabelloser Kommunikation, der bis zu WLAN und mobiler Telefonie und mobilem Internet führte. Heute nutzen mehr als 3,2 Milliarden Menschen ein Smartphone. Allerdings ohne Knallfunk – der wurde wegen seiner Störempfindlichkeit in den 20er-Jahren verboten. 1 Atom groß ist der kleinste Transistor der Welt. Entwickelt wurde das quantenelektronische Bauelement, das elektrischen Strom über das kontrollierte Verschieben eines einzelnen Atoms schaltet, am Karlsruher Institut für Technologie. Ein weiterer Meilenstein der Elektro- technikgeschichte. Auf der Pionierarbeit von Julius Edgar Lilienfeld (1928) aufbauend, konnten die Ingenieure von Bell Laboratories 1947 erstmals ein Serienmodell vorstellen. Ihr Transistor hatte allerdings noch die Größe einer Pampelmuse. Heute sind in neuesten Smartphones Chips mit bis zu 15 Milliarden Transistoren verbaut. 2 Brillenlinsen waren es, die den Blick ins Universum öffneten. Spielende Kinder hielten 1608 die Gläser in der Werkstatt des Brillenmachers Hans Lipperhey übereinander, um schärfer sehen zu können. Die Idee zum ersten Teleskop war geboren. Galileo Galilei griff sie auf, wandte sich dem All zu und öffnete damit fundamental das Weltbild für völlig neue Erkenntnisse. 8 „Notizen“ fügte die britische Mathematikerin Lady Ada Lovelace Mitte der 1840er-Jahre einem Artikel zur „Analytical Engine“ bei. Darin enthalten: der erste Algorithmus in grafischer Darstellung. Zu ihren Lebzeiten wurde diese historische Denkleistung nie anerkannt. Erst Ende des 20. Jahrhunderts erkannte man, dass Lovelace die erste Programmiererin war. Ohne Computer. 10 Tonnen wog die erste Lokomotive der Welt. Leider zu schwer für die ersten Schienen. Konstruiert hatte sie Richard Trevithick 21 Jahre bevor George Stephenson dann tatsächlich den ersten Zug von Stockton nach Darlington fahren ließ. Trevithick verstarb verarmt und erfuhr erst posthum seine Würdigung als Vordenker. 12,5 Quadratzentimeter brauchte es im 9. Jahrhundert, um auf Kurs zu bleiben und das Mittelmeer sicher zu durchqueren. Arabische Seeleute nutzten mangels GPS und Satellitennavigation den Kamal – ein kleines Brettchen, in dessen Mitte sich ein Loch befand, durch das eine Schnur mit Knoten geführt wurde. Der Steuermann hielt das Schnurende mit den Zähnen und verschob in Augenhöhe die Stellung des Kamals, bis die Unterkante auf dem Horizont lag und die Oberkante den Polarstern berührte. Die Knotenstellung verriet dann die jeweilige Position. Das einfache, aber sehr nützliche Werkzeug war über 1.000 Jahre lang in der Seefahrt im Einsatz. 02 DACHSER magazin 4/2020
INHALT TITEL Führungswechsel: Aufbruch in eine neue Epoche 04 FORUM Menschen & Märkte: 12 Dachser Enterprise Lab, Start ins neue Ausbildungsjahr und Neues aus dem Dachser-Zukunftslabor Essay: Familienunternehmen – 04 Mit der Kraft der Generationen 16 KOMPETENZ Interlocking: Verbunden mit den Heilkräften der Natur 18 Nahverkehr 2.0: Alles in eigener Hand – das neue Assistenzsystem SAM 22 NETZWERK Netzkompetenz: News aus der Dachser-Welt 26 Eurohubs: Agil im Netz – 18 die Road-Architektur für Europa 28 GOOD NEWS Leuchtzeichen: Ein Blinklichtkonzept für mehr Verkehrssicherheit 35 22 DACHSER eLetter: Jetzt abonnieren! Spannende Storys aus der Welt der Logistik. Ganz einfach anmelden unter: www.dachser.de/eletter 28 Impressum Herausgeber: DACHSER SE, Thomas-Dachser-Str. 2, D – 87439 Kempten, Internet: www.dachser.com Gesamtverantwortlich: Dr. Andreas Froschmayer Redaktionsleitung: Christian Auchter, Tel.: +49 831 5916-1426, Fax: +49 831 5916-8-1426, E-Mail: christian.auchter@dachser.com Redaktion: Theresia Gläser, Annette Rausch, Madlen Recla, Christian Weber Vertrieb: Andrea Reiter, Tel.: +49 831 5916-1424, E-Mail: andrea.reiter@dachser.com Gesamtrealisierung: Schick Kommunikation, Kerschensteinerstraße 25, 82166 Gräfelfing, E-Mail: info@schick-kommunikation.de Projekt- leitung: Marcus Schick Gestaltung: Ralph Zimmermann Bildnachweis: alle Fotos Dachser außer Matthias Sienz/Foto Sienz (S. 1, 3, 4, 5, 8, 22, 23, 24, 25), gettyimages (S. 2, 3, 12, 13, 14, 16, 17, 26, 27), A.Vogel (S. 3, 18, 19, 20, 21), Ute Schmidt/bildfolio (S. 35) Illustration: Ralph Zimmermann (S. 16, 17) Druck: Holzer Druck und Medien Druckerei und Zeitungsverlag GmbH, Fridolin-Holzer-Str. 22–24, D – 88171 Weiler im Allgäu Auflage: 37.000/61. Jahrgang Erscheinungsweise: 4 x im Jahr Sprachen: Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch Übersetzung: Klein Wolf Peters GmbH, München. Dieses Produkt besteht aus FSC®-zertifizierten und anderen kontrollierten Materialien. DACHSER magazin 4/2020 03
TITEL AUFBRUCH IN EINE NEUE EPOCHE Am 1. Januar 2021 übernimmt ein neues Vorstandsteam die Führung von Dachser. Der Generationenwechsel ist von langer Hand vorbereitet und steht ganz in der Tradition einer in die Zukunft gerichteten Entwicklung des Familienunternehmens. n 90 Jahren von einem Ein-Mann-Unternehmen zu einem weltumspannenden Logistiknetzwerk: „Die Dachser- Historie ist geprägt vom Mut, das kalkulierte Risiko einzugehen, Entscheidungen zu treffen und Wege einzu- schlagen, die entgegengesetzt zu den Mehrheitsmeinungen und Branchentrends lagen“, befindet der Wirtschaftshis- toriker Professor Paul Erker. Es ist eine Kultur der eigenen Stärke und der Problembewältigung aus eigener Kraft. Die Grundlage dafür sind eine wertebasierte, vorausschauende Unternehmensorganisation und ein auch in Krisenzei- ten stabiles und robustes Geschäftsmodell. Dieses „Erbe“ prägt die unterschiedlichen, aufeinander aufbauenden Phasen der Entwicklung des Familienunternehmens. ‡ 04 DACHSER magazin 4/2020
TITEL Der Zukunft zugewandt: der scheidende CEO Bernhard Simon, der künftige CEO Burkhard Eling und Michael Schilling, scheidender COO Road Logistics DACHSER magazin 4/2020 05
TITEL Epoche 1 Vom Ein-Mann-Unternehmen zum führenden Transportunternehmen Süddeutschlands Der Weg führt von einem Ein-Mann-Transportunterneh- men im Gründungsjahr 1930 zu einer der führenden Spedi- tionen Süddeutschlands in den 70er-Jahren. Krieg und Wiederaufbau, das „Wirtschaftswunder“, der „Kalte Krieg“ und das Zusammenwachsen Europas setzen die Wegmar- ken in einem tiefgreifenden Transformationsprozess. 1952 erfolgt mit dem Beginn der Auslandsverkehre eine erste Umfirmierung in „Thomas Dachser, Internationale Spe- dition“. In dieser Phase setzen in Deutschland feste, staat- lich vorgegebene Tarife und limitierte Fernverkehrskon- Epoche 2 zessionen zum Schutz der Bahn die Leitplanken der Entwicklung Verkehrspolitik. Für Spediteure heißt dies, die Konzessionen zu erhalten. Geld wird vor allem mit Transport und eige- des Netzgedankens nen Assets verdient. Mit der Einführung der Wechselbrücke Mitte der 80er-Jahre wird nach einem Urteil des Europäi- und der Kostenrechnung setzt Dachser in dieser Phase schen Gerichtshofs der Verkehrsmarkt neu geordnet. Das allerdings bereits erste Wegmarken in Richtung eines Sys- führt zur Durchsetzung der Dienstleistungsfreiheit im in- temlogistikers. nergemeinschaftlichen Verkehr und zur Regelung der Zu- lassungsbedingungen von Verkehrsunternehmen inner- halb anderer EG-Mitgliedsstaaten. Die plötzliche freie Bil- dung von Preisen und der Wegfall von Konzessionen führen zu einem komplett anderen Marktmodell. Logistiksys- teme und nicht mehr bloß der reine Transport stehen im Vordergrund. Dachser vollzieht nun den Paradigmenwechsel hin zu einem Stückgut-Systemlogistiker. Nicht mehr die Teilladun- gen haben fortan die oberste Priorität, sondern das Stück- Epoche 3 gut. Regelwerke zur Steuerung der Systeme richten die Abfahrtszeiten nicht mehr allein nach dem größtmöglichen Systemische Steuerung Auslastungsgrad der Lkw aus, sondern nach im Voraus fixierten Ankunftszeiten. Die Einführung eines netzver- des Logistiknetzes bindenden, systematisch funktionierenden Fahrplans mit einem klaren Laufzeitversprechen kommt einer „Kultur- Die Einführung eines Verrechnungssystems, das sich aus- revolution“ gleich. Damit einher geht der Ausbau der elek- schließlich an Prozesskosten orientiert, regelt die Vergütung tronischen Datenverarbeitung. zwischen den am Leistungsprozess beteiligten Dachser- Niederlassungen. Das Logistiknetz wird dabei über entspre- chende automatisierte und IT-gestützte Prozesse gesteuert. Menschliche Fehler und Interpretationsmöglichkeiten kön- nen so weitestgehend ausgeschaltet werden. Die dadurch geschaffene Netzdisziplin macht erst Netzqualität möglich. Dazu trägt auch das von Dachser eigenentwickelte inte- grierte Transport- und Warehouse-Managementsystem bei. Das auf dem offenen EAN-Standard basierte Barcode- Identifikationssystem sowie ActiveReport (automatisiertes Supply Chain Event Management) werden geschaffen. Die Folge: Dachser erreicht mit der Exzellenz seiner Netz- steuerung einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil. 06 DACHSER magazin 4/2020
TITEL Epoche 4 1999 übernimmt Dachser eines der führenden französi- schen Logistikunternehmen: Transports Graveleau. Mit diesem Schritt wird die Strategie, den europäischen Bin- Europäisierung nenmarkt als „euronationalen Markt“ selbst zu entwickeln, endgültig besiegelt. Mit „entargo“ führt Dachser dazu eine Mitte der 90er-Jahre übernimmt mit Bernhard Simon ein neue Produktwelt mit klaren und einheitlichen Leistungs- Enkel des Unternehmensgründers Thomas Dachser im versprechen europaweit ein. Es folgt eine konsequente neu geschaffenen Bereich für Strategie und Unternehmens- Entwicklung aller europäischer Regionen. Überall werden entwicklung das Programmmanagement für das strate- die gleichen Prozesse, Systeme und Qualitätsstandards gische Schwerpunktprogramm „Mobilisierung für Europa“, eingezogen. Unter der Führung von Michael Schilling ent- kurz MOBILE. 1999 steigt er in die Geschäftsführung auf. steht das am tiefsten integrierte europäische Logistik- 2005 wird Bernhard Simon nach einer Zeit des familien- netz, das mit der Akquisition von Azkar im Jahr 2013 einen fremden Managements schließlich zum Sprecher der Ge- wesentlichen Reifegrad erreicht. Weitere Zukäufe und schäftsführung ernannt. Integrationsprojekte dienen der Netzabrundung. Epoche 5 Epoche 6 one world, Organisationsentwicklung, one company, Führung und Resilienz one network Mit der Umfirmierung in eine Europäische Gesellschaft Als konsequente Weiterentwicklung der Internationali- (SE) im Jahr 2014 trägt Dachser der fortgeschrittenen Inter- sierungsstrategie erhalten die Aktivitäten der See- und nationalisierung Rechnung. Die Führung des Unterneh- Luftfracht weitere Impulse. Der Slogan „one world, one mens mit zu diesem Zeitpunkt über 25.000 Mitarbeitern company, one network“ erhält eine besondere Bedeutung in 42 Ländern wird neu geregelt. Es entstehen acht Busi- in der Entscheidung, mit dem Transportmanagementsys- ness Units mit klaren Verantwortungen für die jeweilige tem Othello auch weltweit die Logistikprozesse vollkommen Geschäftseinheit und das Zusammenwirken im Gesamt- zu integrieren. Dachser Air & Sea Logistics wird in einem system. Damit trägt Dachser der Notwendigkeit zur weite- aufwändigen Change-Management-Prozess konsequent ren Agilität auf einem breiteren Verantwortungsgefüge zum Systemlogistiker umgebaut. Dies ist die Voraussetzung Rechnung. Der Wechsel hin zu einem familienfremden für eine weltweite Integration von Logistiknetzen und die Vorstand unter Burkhard Eling und eine Neubewertung Steuerung von globalen Supply Chains bei konsequenter der Bedeutung des Aufsichtsgremiums setzen ab 2021 Umsetzung von neuen Möglichkeiten der Digitalisierung. weitere Wegmarken. Die Selbstständigkeit von Dachser als Familienunternehmen ist damit generationenübergreifend sichergestellt. Dr. Andreas Froschmayer Die strukturelle Entwicklung von Dachser Epoche 3 Epoche 5 Systemische one world, Steuerung one company, Epoche 1 des Logistik- one network Vom Ein-Mann-Unternehmen netzwerks Weltweites zum führenden Logistik- Transportunternehmen Süddeutschlands unternehmen Epoche 4 Europäisierung Epoche 6 Epoche 2 Organisationsent- Entwicklung des wicklung, Führung Gründung Netzgedankens und Resilienz Die Entstehung des Dachser-Hauses lässt sich in verschiedenen Entwicklungsstufen rekonstruieren DACHSER magazin 4/2020 07
TITEL EIN VON LANGER HAND VORBEREITETER ÜBERGANG „Wir haben Menschen nicht gesagt, was sie tun müssen. Wir haben ihnen die Überzeugung vermittelt, eines der anerkanntesten, weltumspannenden Netzwerke zu schaffen“ 08 DACHSER magazin 4/2020
TITEL Mehr als drei Jahrzehnte haben CEO Bernhard Simon und Michael Schilling als COO Road Logistics gemeinsam im Executive Board das Familien- unternehmen Dachser geführt und zu einem Global Player der Logistik geformt. Mit der Übergabe der operativen Verantwortung an eine neue Generation und ihrem Wechsel in den Verwaltungsrat wird nun eine neue Epoche eingeläutet. Zeit für einen gemeinsamen Rück- und Ausblick. Am 1. Januar 2021 übernimmt ein neuer Vorstand unter Und hier spreche ich nicht nur von einem physischen Bernhard Simon und Leitung von Burkhard Eling die Führung von Dachser. Netzwerk, sondern ausdrücklich auch von einem Netzwerk Michael Schilling Kommt bei Ihnen jetzt kurz vor dem Führungswechsel von Menschen. Da geht es mir wie Bernhard Simon – diese wissen das persön- doch noch Abschiedsschmerz auf? Menschen nun nicht mehr regelmäßig zu treffen, schmerzt liche Gespräch schon Bernhard Simon: Wirklich gute Entwicklungen sind tatsächlich ein wenig. In einem Unternehmen von der immer zu schätzen. schmerzhaft und machen Freude zugleich. Natürlich geht Größe, der Komplexität und der Dynamik, wie Dachser es In Corona-Zeiten es nicht spurlos an mir vorbei, wenn ich nun die vielen ist, gibt es keinen wirklichen Endpunkt einer Entwick- war dies nicht immer Begegnungen mit Menschen, die Dachser mit der gleichen lung. Es ist aber jetzt ein Reifegrad erreicht, der es erlaubt, möglich. Für Bernhard Leidenschaft wie ich großgemacht haben, nicht mehr jeden an eine neue Generation zu übergeben und auf das Er- Simon steht fest: Tag im operativen Umgang erleben kann. Gleichzeitig er- reichte aufzusetzen. Es gibt immer neue Möglichkeiten für „Langsam ist der emo- füllt es mich jedoch mit Freude, mitzuerleben, wie erfolg- unternehmerische Entwicklungen. tionale Vorrat nach reich der von langer Hand vorbereitete Übergang gelingt. all dem Social Distan- Es ist nur wenigen Unternehmern vergönnt, über die eigene Woran denken Sie da beispielsweise? cing erschöpft. Es Schaffensperiode hinauszublicken, die unternehmerische M. Schilling: Es ist zum Beispiel von großer Bedeutung, wird Zeit, sich wieder Idee in den identitätsstiftenden Werten fortzuentwickeln neben der geographischen Dimension sehr tief in die Pro- treffen zu können.“ und rechtzeitig Nachfolger aufzubauen. zessverzahnung mit unseren Kunden und zwischen den Wie jetzt beim Inter- Geschäftsfeldern zu gehen. Das ist nur eine der vielfältigen view fürs DACHSER Ist dies für Sie also eher ein Aufbruch als ein Abschied? Aufgaben der nächsten Generation. Solche Themen sind magazin. Mit gebüh- B. Simon: Ein Aufbruch. Wir kappen ja nicht unsere Ver- bereits einige Zeit auf der Agenda, schließlich vollziehen rendem Abstand bindungen zum Unternehmen, sondern nehmen sehr wir den Führungswechsel nicht aus dem vollen Galopp, und sehr viel Nähe. bewusst mit dem Wechsel in den Verwaltungsrat eine ande- sondern haben uns mit reichlich Vorlauf Gedanken über re Rolle mit Gestaltungsmöglichkeiten ein, die Dachser den richtigen Zeitpunkt und die beste Konstellation weiterentwickeln werden. gemacht. Wir haben Dachser mehr als drei Dekaden lang geführt. B. Simon: Mit unserem Wechsel aus dem Vorstand in Jeder Standort des Unternehmens und alle seine Beson- den Verwaltungsrat, der als aufsichtsführendes, beraten- derheiten wurden von uns mit den Unternehmerper- des Gremium arbeitet, gehen wir unserem unternehmeri- sönlichkeiten vor Ort intensiv mitgestaltet. Wir haben tiefe schen Auftrag nach, das Familienunternehmen genera- Spuren hinterlassen. Dies war nur mit Menschen, die ge- tionsübergreifend zukunftsfest zu machen. Dazu ist es meinsam mit uns für Dachser gekämpft haben, möglich. notwendig, auch die Strukturen im Aufsichtsgremium Gemeinsam haben wir in den letzten acht Jahren das und in der nächsten Generation der Gesellschafter passend Dachser-Haus der Zukunft gebaut und gefestigt. Nun ist zu den Dimensionen des Wachstums von Dachser weiter- es an der Zeit, mit einer neuen Generation den nächsten zuentwickeln. Schritt zu gehen und ihr das gleiche Vertrauen zur Ge- staltung der Zukunft zu geben, wie wir es zum Anfang Wie war das, als Sie damals Verantwortung überneh- unseres Werdegangs bei Dachser erhalten haben. men sollten? Michael Schilling: Jede Generation hat ihre eigenen He- B. Simon: Wir hatten mit dem damaligen Vorsitzenden des rausforderungen, Aufgaben und Entwicklungspfade. Unsere Verwaltungsrates, Professor Werner Kirsch, einen exzellen- Zeit im Vorstand war maßgeblich geprägt durch die ten Sparringspartner und Coach an unserer Seite. Der Ordi- Internationalisierung und die Gestaltung des Netzwerkes. narius für Betriebswirtschaftslehre und strategische ‡ DACHSER magazin 4/2020 09
TITEL Dachser-Haus Das der Zukunft ist bereit Bernhard Simon, CEO Dachser für den nächsten Schritt Unternehmensführung an der Ludwig-Maximilians- auch die informatorischen Voraussetzungen schaffen. Universität München lud die „Neuen“ Ende der 90er-Jahre Mit einem enormen Aufwand hatten wir überall für inte- immer wieder zu langen und sehr intensiven Gesprächen grierte Prozesse gesorgt. Das gilt übrigens für die beiden in sein Haus am Ammersee, um die Gestaltung der Zu- Business Lines „European Logistics“ und „Food Logistics“ kunft von Dachser zu diskutieren. gleichermaßen. Dazu war ein intensives Change Mana- M. Schilling: Das Unternehmen war damals stark im Um- gement notwendig, mit dem wir schließlich alle Mitar- bruch. Die Herausforderungen waren in den 90ern förm- beiter in Europa davon überzeugen konnten, in einem lich mit Händen zu greifen. Die Maueröffnung und der Weg- unverwechselbaren Netzwerk zusammenzuarbeiten. Der fall der Schlagbäume in Europa hatten die Märkte kom- Erfolg bei unseren europäischen Kunden hat uns Recht plett verändert. In dieser Phase kämpfte Dachser mit Ergeb- gegeben. Er war der Motor für eine länderübergreifende nisproblemen und einer unscharfen strategischen Aus- Dachser-Kultur, die weltweite Ausstrahlung hat, und die richtung. Das war für uns als designierte neue Führungs- uns dabei hilft, nun unsere globalen Netze engmaschig generation schon ein ziemlich schwerer „Rucksack“, aber zu verknüpfen. zugleich eine spannende Aufgabenstellung. Warum haben Sie sich damit so viel Zeit gelassen und Wie sind Sie mit dem Druck umgegangen? einen so großen Aufwand im Change-Management be- B. Simon: Ich würde es nicht als Druck bezeichnen. Es war trieben? Als Vorstand hätten Sie das Zusammenwachsen eine große Herausforderung, die wir als junge Führungs- doch auch einfach „verordnen“ können? kräfte ja auch gesucht hatten. Wir hatten klare Vorstellungen B. Simon: Das entspricht nicht unserem Verständnis von zur Unternehmensentwicklung und wollten diese auch in Führung und gemeinsamer Verantwortung. Wir haben eine die Realität umsetzen. So haben wir die Geschäftsführungs- positive Streitkultur geschaffen. Die hat sich im Laufe der ressorts neu aufgebaut und eine nachhaltige Entwicklung Zeit immer wieder bewährt und maßgeblich zum Erfolg auf der Grundlage unseres Qualitätscredos in den Fokus von Dachser beigetragen. Ich bin mir sicher, dass diese Kul- gerückt. Über das kompromisslose Bekenntnis zu standar- tur bei Dachser auch in Zukunft gepflegt wird. Im Mittel- disierten Prozessen, samt ausgefeiltem Prozesscontrolling, punkt steht ein besonders intensives Zuhören. Führungs- und zur Kundenzufriedenheit, konnten wir schnell die kräfte können damit ihr seismographisches Gespür schär- Rendite sicherstellen. Zudem haben wir das strategische fen, ob eingeleitete Entwicklungen oder Strukturen viel- Schwerpunktprogramm MOBILE geschaffen. Darin wur- leicht noch in Teilen nicht richtig verstanden wurden und den die Strategien für eine konsequente Entwicklung des irgendwo Unmut keimt, der am Ende zu Unwuchten im europäischen Netzes gemeinschaftlich festgelegt. All dies Netzwerk führen kann. spiegelt sich in Strukturen und Strategien wider, die Dachser bis heute prägen. Wie funktionieren das Zuhören und Aufeinanderzu- M. Schilling: Das auf Deutschland und seine nächsten gehen auf den doch sehr unterschiedlichen Unterneh- Nachbarn konzentrierte Netzwerk, das wir übernommen mens- und Führungsebenen? hatten, war damals noch weit entfernt von einem europä- M. Schilling: Ich denke da beispielsweise an das Projekt ischen Netzwerkgedanken mit all den Standards und Find – Lead – Retain, im Rahmen des Schwerpunktpro- Qualitätsmerkmalen, wie wir sie heute als selbstverständ- gramms Idea2net, mit dem wir seit 2018 die Rolle der lich begreifen. Um zukunftsfähig auf expandierenden Logistics Operatives, unserer gewerblichen Mitarbeiter, Märkten zu sein, mussten wir sowohl die physischen als in den Fokus einer nachhaltigen Unternehmensführung 10 DACHSER magazin 4/2020
TITEL Michael Schilling, COO Road Logistics Dachser steht Netzwerk Das über allem rücken. Wir Vorstände sind dazu direkt in die Nieder- Wie geht es mit Ihnen ab dem 1. Januar weiter? lassungen gegangen, haben Roadshows durchgeführt und B. Simon: Ich werde die Freiräume, die sich mir durch das viele Einzelgespräche mit den Mitarbeitern geführt. Abtreten des operativen Geschäfts an die nächste Genera- B. Simon: Das kam sehr gut an – auf beiden Seiten. Mich tion eröffnen, dazu nutzen, die Governance bei Dachser hat sehr beeindruckt, immer wieder zu hören, wie stolz zukunftsfest zu machen. Wenn ich Mitte 2021 mein neues die Mitarbeiter sind, Teil von einem großen Ganzen zu sein Amt als Vorsitzender des Verwaltungsrates antrete, werde und eben nicht nur austauschbare Rädchen im Getriebe. ich mich aus dem Tagesgeschäft heraushalten und hinter- Der Türöffner ist eine offene, vertrauensvolle Kommuni- fragen, wie wir die gesteckten Ziele zuverlässig erreichen kation. Und die war in den vergangenen Jahren vielleicht und unsere Kultur des gegenseitigen Respekts erhalten dann doch an der ein oder anderen Stelle zu kurz ge- können – und ob dies überall im Unternehmen verstan- kommen. Wir müssen immer wieder gemeinsam dafür den und umgesetzt wird. Darüber hinaus freue ich mich kämpfen, dass auf jeder Hierarchieebene Transparenz und darauf, unsere Corporate Social Responsibility-Themen Durchlässigkeit gegeben sind. So können wir verstehen, weiter voranzubringen und diese mit weiteren Projekten was die Menschen beschäftigt, und wie wir mit diesen zum Klimaschutz zu verbinden. Erkenntnissen das Unternehmen und jeden Einzelnen M. Schilling: Ich selbst habe mich über die Jahre hinweg darin voranbringen. immer als Familienmitglied von Dachser gefühlt und eine M. Schilling: Dazu gehört auch die Botschaft an unsere entsprechende Wertschätzung erfahren. Dies möchte ich Servicepartner und Dienstleister, dass Dachser für sie im- weitertragen, indem ich die richtigen Fragen an die Akteure mer ein verlässlicher Partner ist. Und das selbst bei Ver- stelle und sie damit in ihren eigenen Entscheidungspro- änderungen, wie sie beispielsweise mit der Corona-Krise zessen unterstütze. Darüber hinaus werde ich die gewon- einhergehen. Unsere Botschaft in den Markt lautet: Auf nene Zeit dazu nutzen, mehr Aufmerksamkeit auf meine Dachser ist Verlass. Wir haben deswegen unsere Partner Familie und das Reisen zu richten. im Lockdown nicht hängen lassen und sie unterstützt, B. Simon: In 31 Jahren haben wir immer an einem Strang diese komplizierte Zeit zu überbrücken. gezogen, dabei aber auch miteinander gekämpft. Das war B. Simon: Für unsere Kunden ist es in der Corona-Krise gut so. Denn diese Energie ist ins Unternehmen geflos- wichtig, dass das Dachser-Netzwerk für sie immer und sen und hat Wertbildendes von hoher Intensität entstehen vollumfänglich verfügbar blieb. Während andere ihr Netz- lassen. In dieser Phase des Übergangs ist es nicht nur werk zwischenzeitlich stilllegten, um Kosten zu sparen, war schön zu sehen, was wir gemeinsam für und mit Dachser dieser Schritt bei Dachser explizit „verboten“ – Einschrän- geschaffen haben, sondern auch, dass die Art und Weise, kungen oder Extra-Corona-Aufschläge zu Lasten der Kun- wie dies gelang, weiter erhalten bleibt. den waren und sind für uns keine Option. Die Leistungs- bereitschaft und Steuerungsfähigkeit des Netzwerks stehen über allem. Diese Robustheit ist eine Grundvoraussetzung, um jederzeit auf unvorhergesehene Entwicklungen rea- gieren zu können. Und das alles geht nur mit eingespielten Systemen und Menschen, die wissen, was sie tun, wo sie hinwollen, und was sie gemeinsam erreichen möchten. Corona war dabei der Lackmustest, wie wir das Unter- nehmen in seinen vielen Dimensionen führen. DACHSER magazin 4/2020 11
FORUM: MENSCHEN & MÄRKTE EFFIZIENTER IM SCHWARM Gemeinsam geht es besser: Die Evolution von Fisch- und Vogelschwärmen macht es vor und wird mit Robotern nun auch wissenschaftlich bestätigt. ass der Schwarm viele Vorteile mit sich bringt und vor schaftlichen Schwarmwirbeln, so die Forscher, bringe D Feinden schützt, wissen Forscher seit Langem. Nun hat eine deutsch-chinesische Wissenschaftlergruppe an deutliche Vorteile beim gleichmäßigen Vorwärtsschwim- men wie auch bei schnellen Beschleunigungsvorgängen. Hand eigens entwickelter Roboterfische erstmals nachge- Die aus den Versuchen gewonnenen Daten brachten die wiesen, dass einzelne Fische im Schwarm auch besonders Forscher in Maschinenlernprozesse ein. Daraus konnten sie energiesparend vorankommen. Vorhersagen ableiten, wie sich einzelne Mitglieder in einem Synchronisieren sie ihre Schwanz-Schlagfrequenz mit der Fischschwarm positionieren sollten, um von optimierten des Nachbarn, unabhängig von ihrer exakten Position und Strömungsverhältnissen zu profitieren. Beobachtungen an dem Abstand zu ihm, werden die Strömungsverhältnisse gemeinsam schwimmenden Goldfischen, die sich wirklich im Schwarm so optimiert, dass sie eine geringstmögliche in verschiedenen Umweltsituationen wie vorhergesagt Wirkung gegen die Vorwärtsbewegung der einzelnen positionierten, bestätigten die Erkenntnis: Zusammen mit Schwarmteilnehmer entfalten. Das Erzeugen von gemein- anderen kommt man leichter voran. Nicht nur als Fisch. 12 DACHSER magazin 4/2020
FORUM: MENSCHEN & MÄRKTE Ausbildung AUF DEN NACHWUCHS BAUEN Zum Ausbildungsbeginn 2020 sind bei Dachser deutschlandweit 600 Auszubildende und 25 Studierende ins Berufsleben gestartet. er Logistikdienstleister setzt damit einen bewussten Akzent in D der Zeit der Unsicherheit und baut auf seine Mitarbeiter, die das leistungsfähige Netzwerk von Dachser und damit die weltweiten Lie- ferketten am Laufen halten. E-COMMERCE Besonders begehrt unter den jungen Menschen sind in diesem Jahr die Ausbildungsberufe Kaufmann/-frau für Spedition und Logistik- IM CORONA-BLUES dienstleistung sowie Fachlagerist/in. „Ausbildung bedeutet für uns langfristiges Engagement. Deshalb setzen wir auch in herausfordern- Dass Corona dem stationären Handel zugesetzt hat, den Zeiten weiter auf die Qualifizierung und Förderung unseres Lo- bedeutet nicht automatisch, dass deswegen zwangs- gistik-Nachwuchses“, sagt Dachser-CEO Bernhard Simon. läufig auch das Online-Shopping boomt. Über alle Jahrgänge hinweg befinden sich rund 1.800 angehende Logis- tiker bei Dachser in Ausbildung oder absolvieren ein Studium. Als Diesen vermeintlichen Trend hat kürzlich das Global Player macht das Familienunternehmen seine Nachwuchs- E-Commerce Netzwerk „Händlerbund“ einmal kritisch kräfte fit für die internationale Logistik und bietet ihnen eine beruf- unter die Lupe genommen und befragte 220 kleine liche Perspektive in einer zukunfts- und krisensicheren Branche. und mittelgroße Online-Händler in Deutschland zu Retouren, Versand und Verpackung. Danach zieht die Pandemie nach wie vor negative Auswirkungen bei der Verfügbarkeit und Lieferung von Waren nach sich. Zwar sei die Zahl der Online-Käufer insgesamt ge- stiegen, doch klagte jeder dritte befragte Händler über ein zu geringes Bestellaufkommen (33 Prozent). Einige Sparten waren härter betroffen als andere. Besonders Waren rund um das Thema Feste und Geschenkartikel sowie Werbeartikel wurden nicht Azubis im Kemptener Head Office mehr oft nachgefragt. Auch Grenzschließungen und verlangsamte Produktionsprozesse hätten den Stark in der Ausbildung von Berufskraftfahrern Online-Händlern und Logistikunternehmen zu Erfreulich hat sich auch das Engagement des Logistikdienstleisters schaffen gemacht. bei der Aus- und Weiterbildung von Berufskraftfahrern entwickelt: 99 angehende Fahrer, darunter 18 Fahrerinnen, starten aktuell ihre Die Mehrzahl der befragten Händler sah vor allem in Ausbildung mit Dachser. Außerdem schlossen 42 Fahrer und fünf immer mehr Retouren ein Minusgeschäft (59 Prozent). Fahrerinnen ihre Ausbildung im Sommer 2020 ab, 19 Berufskraft- Zudem berichteten Online-Händler von „Spaß- fahrer durchliefen die Teilqualifikation (TQ1) im gewerblichen Güter- käufern“, die ohne Kaufabsicht Produkte bestellten verkehr. Das Familienunternehmen Dachser legt traditionell viel Wert auf und wieder zurückschickten. Und das oft mit Beschä- eine qualitativ hochwertige Ausbildung mit entsprechender Wissens- digungen (67 Prozent), was zu Preisabschlägen vermittlung und Betreuung. „Die nächste Generation als wertvolle von durchschnittlich 39 Prozent gegenüber dem und motivierte Mitarbeiter auszubilden und anschließend langfris- Ursprungspreis führt. tig zu beschäftigen, ist Teil der Unternehmenskultur“, sagt Bernhard Simon. DACHSER magazin 4/2020 13
FORUM: MENSCHEN & MÄRKTE AUS DEM ZUKUNFTS- LABOR Tracking & Tracing SATELLITENGESTÜTZTE ORTUNG Das Synonym „GPS“ gilt als Basis für das Tracking & Tracing von Fahrzeugen und Sendungen. Neue Systeme wie Galileo bieten vielversprechende Möglichkeiten. Aber auch in Zukunft ist die satellitengestützte Ortung nicht für alle Anwendungen in der Logistik geeignet. Im Rahmen der Serie o bin ich? Diese Frage stellen sich Transporteure von Schwächen der GPS-Ortung, zum Beispiel bei der Bestim- „Aus dem Zukunfts- labor“ werden Ergeb- W Gütern schon seit über 2.000 Jahren. Unterwegs auf Handelsschiffen erfolgte die Bestimmung der eigenen Posi- mung, an welchem Verladetor sich ein Sattelauflieger befin- det. Eine 99,9 prozentige Zuverlässigkeit konnte bei diesem nisse aus dem Bereich tion durch Landmarken und Leuchttürme sowie gute See- Anwendungsfall allein mit GPS nicht erreicht werden. Research & Develop- karten. Nur so ließen sich der schnellste Weg finden und die ment präsentiert, die Ankunftszeit am Zielort abschätzen. Die optimale Route Neue „Leuchtfeuer“ in enger Zusammen- und eine möglichst präzise Estimated Time of Arrival (ETA) Eine Möglichkeit, noch genauer (bis zu 20 Zentimeter) und arbeit mit unterschied- sind auch heute wertvolle Informationen für jeden Logis- zuverlässiger via GPS die Position zu bestimmen, bieten so lichen Fachbereichen tiker. Dafür benötigt er eine möglichst permanente und genannte Differenzial-GPS-Systeme (DGPS). Hier wird ein und Niederlassungen exakte Positionsbestimmung aller Transportmittel und zusätzliches Signal von einem Sender auf der Erde verarbei- sowie dem Dachser Sendungen. Statt Landmarken kommen heute aber unter- tet. Nachteil: Dieses Funkangebot ist nicht überall verfügbar, Enterprise Lab am schiedliche funkbasierte „Leuchtfeuer“ zum Einsatz. meistens kostenpflichtig und verursacht höhere Energie- Fraunhofer IML und verbräuche im Empfangsgerät. Deshalb ist DGPS nur in sehr weiteren Forschungs- Präzisere GPS-Ortung definierten Fällen eine Lösung. Galileo will mit dem High und Technologiepart- Am bekanntesten ist die Ortung mittels eines Netzes glo- Accuracy Service (HAS) ein zusätzliches Signal direkt aus nern entstanden sind. baler Navigationssatelliten (GNSS). Die meisten Empfangs- dem Orbit für Genauigkeiten von bis zu 20 Zentimetern geräte in Fahrzeugen, Tracking-Devices oder Smartphones anbieten. Entgegen ursprünglicher Planungen soll dieser verarbeiten dabei seit über zwanzig Jahren die Signale der Service sogar kostenlos verfügbar sein. Aber: Das Reflexi- rund dreißig US-amerikanischen NAVSTAR-GPS-Satelli- onsproblem bleibt, und der HAS wird Genauigkeiten im ten, die in 20.000 Kilometer Höhe um die Erde kreisen. Zentimeterbereich wohl nicht für Realtime-Anwendun- Aber auch die Positionsdaten des russischen GLONASS- gen bieten können, da die Verarbeitung des Zusatzsignals oder chinesischen BeiDou-Systems werden verwendet. Nur bis zu 30 Minuten dauern kann. HAS-Praxistests stehen wenige Empfangsgeräte nutzen schon die Daten der euro- aber noch aus, da der Dienst noch nicht verfügbar ist. päischen Galileo-Satelliten. Der seit 2011 gestartete Aufbau Die Satelliten-Ortung wird in den kommenden Jahren des Systems ist immer noch nicht abgeschlossen, 26 der ge- genauere Positionsdaten liefern, aber es bleiben technisch planten 30 Erdtrabanten befinden sich im Orbit, die finalen bedingte Ungenauigkeiten und Restriktionen. Innerhalb Arbeiten sollen bis 2021/2022 erfolgen. Dann wäre Galileo von Gebäuden oder Behältern, wie Seecontainern, werden das modernste GNSS-System mit höchster Zuverlässigkeit GPS & Co. aufgrund der starken Signalabschirmung auch und Ortungsgenauigkeit. Aber auch die US-amerikanischen in Zukunft keine wirklich genauen Daten liefern. Hier GPS-Satelliten der ersten und zweiten Generation werden können Logistiker aber alternativ oder ergänzend andere erneuert, sodass mittelfristig alle Systeme mehr oder weni- „Leuchtfeuer“ zur Positionsbestimmung nutzen, vor allem ger gleichwertige Datenqualitäten liefern werden. Mobilfunkmasten, WLAN-Router, BLE-Beacons, RTLS, Die Ortungsgenauigkeit der GNSS-Systeme der ersten und SLAM oder optische Systeme – jede Technologie bietet dabei zweiten Generation liegt bei zehn bis 15 Metern, modernere spezifische Vor- und Nachteile. Auch in Zukunft existiert Satelliten wie Galileo sollen standardmäßig eine Präzision deshalb nicht die „eine“ Ortungstechnik für Logistiker. von vier bis acht Metern bieten. Beeinträchtigt wird die Vielmehr ist je nach Anwendungsfall der passende Mix an Genauigkeit unter anderem durch Reflexionen des Signals, Technologien zusammenzustellen, um die Frage „Wo bin vor allem in Häuserschluchten. Diese verzerren die exakte ich?“ bestmöglich beantworten zu können. Laufzeit des Satellitensignals, die zur genauen Berechnung Andre Kranke der Position benötigt wird. Tests bei Dachser zeigten hier Department Head R&D Research & Innovation Management 14 DACHSER magazin 4/2020
FORUM: MENSCHEN & MÄRKTE Virtual Reality hilft bei der Neugestaltung von Logistikprozessen Dachser Enterprise Lab FORSCHEN FÜRS LOGISTIKNETZ Das Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML und Dachser haben ihre Zusammenarbeit im Rahmen des Dachser Enterprise Lab um weitere drei Jahre verlängert. as Dachser-Netz steht im Mittelpunkt einer einzig- porate Solutions, Research & Development bei Dachser, D artigen Forschungs- und Entwicklungspartnerschaft von Unternehmen und Wissenschaft: Dachser-Logistik- der am 1.1.2021 das neue Vorstandsressort IT & Develop- ment übernehmen wird. „Die bisherige Zusammenarbeit experten und Forscher des Fraunhofer IML untersuchen hat bewiesen, dass sich Forschungsergebnisse aus dem dazu im Dachser Enterprise Lab in gemischten Teams an Dachser Enterprise Lab in neue Prozesse und Services digitalen Technologien wie Data Science und Künstliche im gesamten Logistik-Netzwerk umwandeln lassen“, sagt Intelligenz (KI), RTLS (Real-Time Locating System), 5G Stefan Hohm. und IoT (Internet of Things) sowie Fahrzeuge und adaptive „Wir freuen uns, dass Dachser die Zusammenarbeit mit Warehouse-Systeme. Die im Oktober 2017 gestartete Zu- dem Fraunhofer IML fortsetzt. Die bisherigen Forschungs- sammenarbeit wurde jetzt um drei weitere Jahre bis ergebnisse, aber auch die neuen Forschungsaufträge bele- Oktober 2023 verlängert. gen, wie wichtig angewandte Forschung für die Logistik und das Supply Chain Management sind“, sagt Professor Erkenntnisse für neue Prozesse Michael ten Hompel, geschäftsführender Institutsleiter und Services des Fraunhofer IML. „Besonders stolz sind wir darauf, dass „Ziel der gemeinsamen Forschungsarbeit im Dachser die Lab-Teams auch während der Einschränkungen durch Enterprise Lab ist es zunächst, neue Technologien und die Corona-Pandemie effektiv weiterarbeiten. Dabei hel- ihr Potenzial für die Logistik im Detail zu verstehen. Auf fen natürlich technische Hilfsmittel wie Videokonferenzen dieser Grundlage entwickeln wir Prototypen und Kon- und Collaboration-Tools. Vor allem aber sind das hohe zepte, die einen konkreten Mehrwert für Dachser und Engagement und die Motivation aller Mitarbeiter des unsere Kunden bieten und dadurch zu einer Innovation Dachser Enterprise Lab entscheidend für den Forschungs- werden“, erläutert Stefan Hohm, Corporate Director Cor- erfolg in herausfordernden Zeiten“, sagt ten Hompel. DACHSER magazin 4/2020 15
FORUM: ESSAY Familienunternehmen verbinden Herkunft mit Zukunft Mit der Industrialisierung fiel die bis dahin übliche Einheit von Werkstatt, Wohnung und Familie auseinander 16 DACHSER magazin 4/2020
FORUM: ESSAY MIT DER KRAFT DER GENERATIONEN Familienunternehmen bilden bis heute das Rückgrat vieler Volkswirtschaften. Dabei war der Archetypus aller Unternehmensformen einst eine Notlösung – und drohte im Laufe der Jahrtausende zum Auslaufmodell zu werden. ls der Stahlverzinker Heylmann Dresseler 1502 In der Mitte zwischen Adel und Arbeiterschaft bildete A seinen Beitrag für die örtliche Feuerstelle ent- richtete, konnte er nicht ahnen, dass er damit ein halbes Jahrtausend später für Gesprächsstoff sorgen sich ein eigener Stand heraus, der zunehmend an Einfluss gewann. Doch mit der Industrialisierung fiel die bis dahin übliche würde. Doch anhand jenes säuberlich dokumentierten Zah- Einheit von Werkstatt, Wohnung und Familie auseinander. lungsvorgangs gelang Historikern kürzlich ein Coup: Sie Unzählige Handwerks- und Kaufmannsbetriebe verschwan- konnten beweisen, dass die Wurzeln des deutschen Stahl- den – an ihre Stelle traten Fabriken für die Massenproduk- verzinkers, die heutige The Coatinc Company (TCC), deut- tion. Gelang es in Kontinentaleuropa noch einigen Familien, lich weiter zurückreichen, als gedacht. Seither gilt die die nötigen Investitionen weitgehend aus eigener Kraft zu Firma, bei der heute Dresselers Ururururururururururur- tätigen, gingen in den USA und England reihenweise Fami- urururenkel, also die 14. Generation, im Chefsessel sitzt, lienunternehmen in den Streubesitz von Aktionären über. als ältestes Familienunternehmen Deutschlands – zumin- Es war die Wiege vieler multinationaler Konzerne. dest unter denen, die überregional tätig sind. Tatsächlich haben sich verbliebene und neu entstandene Familienunternehmen Der Titel ist prestigeträchtig in einem Land, das wie kaum Familienunternehmen aber bis heute nicht nur behauptet. leben länger. Dafür ein anderes seine Wirtschaftskraft aus Firmen wie TCC Sie konnten auch Stürme im Wirtschaftsleben häufig deut- steht das japanische schöpft: Neun von zehn Unternehmen in Deutschland sind lich besser abfedern – und binden Mitarbeiter wie Kun- Hotel Nisiyama Onsen familiengeführt oder werden von einer Familie kontrol- den überdurchschnittlich lange an sich. Zudem bewahrt Keiukan als mutmaßlich liert. Zusammen erwirtschaften sie die Hälfte des Gesamt- das Planen in Generationen statt in Quartalen die Unter- ältestes Unternehmen umsatzes aller Unternehmen und stellen fast 60 Prozent aller nehmen vor manch riskanten Manövern. der Welt. Eröffnet wurde Arbeitsplätze. Darunter sind Tausende Kleinbetriebe, aber es im Jahr 705 und ist auch hochspezialisierte Mittelständler und Konzerne von Im digitalen Zeitalter angekommen seit über 52 Genera- Weltrang, wie die Autobauer VW und BMW, die Handels- So manch ein Wirtschaftsberater sieht gerade die als traditi- tionen in Familienhand. giganten Aldi und Lidl oder die Pharmariesen Merck und onsbewusst geltenden Familienunternehmen im Zeitalter Im Mittelpunkt steht Boehringer-Ingelheim. der digitalen Transformation hoffnungslos im Hintertreffen. das „Onsen“, eine heiße Doch wird dabei der Wille zur ständigen Erneuerung unter- Quelle, die den Gästen Zwischen Adel und Arbeiterschaft schätzt. Eine Meta-Analyse, die Studien aus 42 Ländern des Hotels seit 1.300 Der beständige Erfolg der Unternehmensform, der auch in auswertete, stellte fest: Familienunternehmen haben zwar Jahren Heilung und anderen Volkswirtschaften auffällig ist, ist ein Kuriosum. im Durchschnitt die kleineren Forschungs- und Entwick- Entspannung verheißt. Zwar preist man Familienbetriebe gerne als Keimzelle allen lungsetats – sind aber trotzdem besonders innovativ. Ein Wirtschaftens – tatsächlich waren sie die längste Zeit der Grund dafür: Die flachen Hierarchien, für die wendige Start- Menschheitsgeschichte aber kaum mehr als eine Not- ups sich so gerne rühmen, sind in mittelständischen Famili- lösung: Es mussten eben alle mitanpacken, damit der Bau- enunternehmen gang und gäbe. Gute Ideen erreichen schnell ernhof, der Handwerksbetrieb oder das Ladengeschäft die Unternehmensspitze. Und dort ist man oftmals bereit, genug zum Überleben abwarfen. Und was sollten die Spröss- in vielversprechende Projekte auch dann zu investieren, linge auch anderes machen, als in die Fußstapfen ihrer wenn sie sich erst nach Jahren oder Jahrzehnten auszahlen. Eltern zu treten? Auch beim deutschen Mittelständler The Coatinc Company Identitätsstiftenden Charakter entfalteten die generations- ist die Digitalisierung mit dem aktuellen Chef (Jahrgang übergreifenden Unternehmen erst im Hochmittelalter, als 1974) ganz nach oben auf die Agenda gerückt. Zusammen das Wachstum der Städte Handwerksbetriebe beflügelte. mit einem Start-up hat der 1.400 Mitarbeiter große Mittel- Die enge Verflechtung zwischen Familien- und Erwerbs- ständler gerade eine App entwickelt, mit der Kunden per leben blieb bestehen – doch sie war nicht länger nur wirt- Smartphone Bauteile automatisch vermessen und Aufträge schaftliche Notwendigkeit, sondern zunehmend Quell für erteilen können. Verankert bleibt die Firma indes in der phy- gesellschaftliches Ansehen. Wer das elterliche Unterneh- sischen Welt – schließlich lässt sich auch im Jahr 2020 noch men übernahm, bekam sozialen Status quasi obendrauf: kein Stahlträger durch eine Software ersetzen. S. Ermisch DACHSER magazin 4/2020 17
KOMPETENZ: INTERLOCKING 18 DACHSER magazin 4/2020
KOMPETENZ: INTERLOCKING NATURARZNEI AUF SICHEREN WEGEN Im Pharmabereich kommt es auf international gut funktionierende Lieferketten an. In Zusammenarbeit mit Naturarzneihersteller A.Vogel hat Dachser durch einen eigenen interdisziplinären, qualitätsgetriebenen Beratungsansatz eine logistische Mehrwert- lösung erarbeitet und implementiert. icht wir, die Naturkräfte sind die Ärzte“, soll Hippokrates, der Begründer der griechischen Me- dizin gesagt haben. Die heilende Wirkung von Pflanzen ist seit Jahrtausenden bekannt. Für den Schweizer Naturheilkunde-Pionier Alfred Vogel (1902–1996) war die Natur „meine liebste Universität“. Das von ihm gegründete Unternehmen A.Vogel liefert daher pflanzliche Arznei- mittel sowie die vitalisierenden Nahrungs- und Nahrungs- ergänzungsmittel auf der Basis frischer und biologisch angebauter Rohstoffe in viele Länder der Welt. Sogenannte Phytopharmaka (von griech. Phyton – Pflanze und Pharmakon – Arzneimittel) sind zu einem Milliar- denmarkt geworden. Häufig kommen die pflanzlichen Arzneimittel bei Erkältungen zum Einsatz. Aber auch zur Der Purpur-Sonnenhut (Echinacea purpurea) gehört Behandlung und Vorbeugung bei anderen Atemwegser- zu den Korbblütlern. krankungen, als Magenmittel und zur Beruhigung sind Er stärkt das Immunsystem pflanzliche Wirkstoffe beliebt. ‡ DACHSER magazin 4/2020 19
KOMPETENZ: INTERLOCKING Aus logistischer Sicht sind diese Mittel alles andere als ein- fach zu handhaben. Sie unterliegen wie andere Medika- mente dem Pharma-Qualitätsstandard GDP (Good Distri- bution Practise). „Wir merken, dass der Druck der ver- schiedenen Behörden im In- und Ausland aber vor allem der Kunden auf die Unternehmen in diesem Bereich immer größer wird“, weiß Samuel Haller, Country Mana- ger Air & Sea Logistics Switzerland. Zunehmend schärferer Wettbewerb Während sich bei den großen Pharmakonzernen ganze Abteilungen um die Einhaltung der Qualitätsstandards kümmern, bringt das Thema viele kleine und mittlere Frischpflanzen bilden die Basis ... Pharma-Unternehmen an ihre Grenzen. Diesen fehlen oft schlicht die Ressourcen, um die Qualitätsprozesse in der Logistik abzubilden und zu überprüfen. Die Folge sind höhere Kosten in einem zunehmend schärferen Wett- bewerb. Auch der Schweizer Naturarzneihersteller A.Vogel begann früh damit, die Qualitätsprozesse in der Produktion hoch- zufahren. Allerdings wurde schnell deutlich, dass mehr dazu gehört. „Wir haben festgestellt, dass wir kurzfristige und maßgeschneiderte Logistiklösungen zur Optimierung der Supply Chain und Einhaltung der Qualitätsstandards benötigen“, sagt Bernhard Bärtschi, Head International Markets bei A.Vogel. Vor etwa drei Jahren wurde das Un- ternehmen aus der Nähe von St. Gallen deswegen auf Dachser aufmerksam. „Ziel war es, Schnittstellen zu reduzieren und Bünde- lungseffekte herzustellen, um die Kosten zu senken und die Qualitätsprozesse sicherzustellen“, umreißt Haller die Auf- gabenstellung. Die Beratung musste daher alle Transport- arten miteinschließen. „Das setzte nicht zwingend und in jedem Fall voraus, dass Dachser die jeweiligen Transporte auch selbst durchführt“, hebt Haller den Beratungsansatz hervor. Vielmehr sei es um eine Gesamtlösung über alle Ver- kehrsträger hinweg gegangen. ... für wirksame Naturheilmittel ... „Viele Hersteller unterschätzen die indirekten Kosten, die ... und ihre Produktion im Transport an den Schnittstellen der einzelnen Verkehrs- träger anfallen“, erklärt Haller. Umladung, Standzeiten und Verzögerungen bei den Übertragungen der Daten wür- den oft mehr kosten, als die Unternehmen ursprüng- lich wahrhaben wollten. Das war früher auch bei A.Vogel der Fall. Der Hersteller arbeitet entlang seiner Liefer- ketten mit unterschiedlichen Anbietern zusammen. „Im Speditionsgewerbe gibt es entweder normale Fracht oder exklusive Fracht“, erklärt Bärtschi. Das sei aber nicht immer der günstigste Weg. Naturarzneien sind empfindlich So machen Lieferungen nach Kanada und nach Südafrika einen großen Teil des Überseegeschäftes von A.Vogel aus. Die Transporte in beide Länder sind unter den GDP-Anfor- derungen nicht einfach. Eine Risikoanalyse der Trans- porte zeigte, dass vor allem die Fragen nach der Haltbar- keit und der Temperaturempfindlichkeit der Naturarzneien 20 DACHSER magazin 4/2020
KOMPETENZ: INTERLOCKING Bernhard Bärtschi, Die Komplexität der Lieferkette Head International Markets, A.Vogel AG hat sich deutlich verringert im Vordergrund stehen muss. „Das haben wir mit Dachser sich im Ergebnis vor allem die Komplexität der Liefer- „Niemand achtet auf intensiv diskutiert“, erinnert sich Bärtschi an die kom- kette deutlich verringert hat. Das habe nicht zuletzt zu sie, still und schlicht plexe Aufgabenstellung. weniger Kosten geführt. Heute nutze A.Vogel vor allem mischen sie ihre Säfte In Probesendungen wurden dazu zunächst die Tempera- das Seefrachtangebot von Dachser. Darüber hinaus käme und bereiten eine turen in normalen Containern in kurzen Abständen gemes- auch Luftfracht zum Einsatz. Cargoplus Food bringt die Medizin, die vielen sen. Das Ergebnis waren erhebliche Temperaturschwankun- Ware zudem per Lkw-Komplettladung nach Griechen- Menschen zur Gesund- gen von bis zu 25 Grad Celsius. Zum Beispiel bei Schiffs- land, Irland, in den Norden Großbritanniens sowie nach heit und sogar als transporten nach Südafrika, bei denen der Weg über den Schweden. Lebensretter dienen Äquator führt. Bei der Luftfracht kann die Zwischenlage- Insgesamt habe sich durch den integrierten Lösungsansatz können“, schreibt rung auf dem Rollfeld temperaturkritisch werden, etwa die Qualität der Lieferungen verbessert. „Transport ist ein Alfred Vogel in seinem in Dubai. So war für A.Vogel der Einsatz von Standard- Commodity-Produkt. Bei der Beratung durch Dachser ist Buch „Der kleine Dok- containern nicht die erste Wahl. Aber auch Kühlcontainer dieser Bestandteil eines umfassenden Logistikkonzepts“, tor“, einem bis heute allein waren nicht die Lösung. Sie hätten die Kosten deut- berichtet Bärtschi. Das Ergebnis sei eine optimierte Lie- internationalen Klassi- lich erhöht. ferkette, bei der die Pharma-Qualitätsstandards einge- ker unter den Gesund- Die Antwort von Dachser lautete: maximale Flexibilität. halten und bis zum Endkunden lückenlos dokumentiert heitsratgebern, über Und so gehen heute die Naturarzneien in einer der Jahres- würden. So seien heute schnelle und zuverlässige Liefer- ein vermeintliches zeit angepassten Auswahl von Transportboxen auf die Reise. ungen ein weiteres Verkaufsargument von A.Vogel ge- Unkraut am Weges- In den Sommermonaten kommen Kühlcontainer (Reefer) worden. A. Heintze rand. „Bei manchem zum Einsatz. Ab Oktober kann der Transport nach Süd- Kinde würden die afrika mit herkömmlichen Containern durchgeführt wer- wachsfarbenen, blei- den. Waren, die per Luftfracht versendet werden, gehen IM PROFIL chen Bäckchen wieder nur noch im Direktflug ans Ziel, um das Umladen und ein leuchtendes Rot Standzeiten im heißen Dubai zu vermeiden. „Zusammen bekommen, wenn die mit Dachser haben wir den für uns perfekten Mittelweg Eltern wüssten, welch gefunden“, freut sich Bärtschi. wunderbare Säftlein die zu Unrecht ver- Ein einzigartiger vernetzter Ansatz achtete Brennnessel „Bei der Umsetzung flexibler Logistiklösungen gilt es, bereithält.“ immer auch interdisziplinär und multimodal zu denken“, rät Haller. So wurden Qualitäts- und GDP-Experten etwa aus dem Bereich Life Science & Healthcare (LSH) sowie Luft- und Seefracht-Spezialisten für Container- und Kom- plettladungsverkehre von Dachser Air & Sea Logistics Die A.Vogel AG wurde 1963 vom Naturarzt und gemeinsam mit Fachleuten von Dachser Cargoplus Food Phytotherapie-Pionier Alfred Vogel (1902–1996) in zu den jeweiligen Beratungs- und Entwicklungsschritten Roggwil gegründet und ist heute eine der größten hinzugezogen. „Diesen vernetzten Ansatz können nicht Herstellerinnen von Phytotherapeutika und gesun- viele Logistikdienstleister bieten, er zeichnet Dachser im den Ernährungsprodukten auf dem Schweizer Rahmen unseres Interlocking-Ansatzes besonders aus“, Markt. Zusammen mit den Partnergesellschaften betont Haller. sind weltweit zirka 500 Mitarbeitende für A.Vogel- Etwa ein Jahr lang lief der gemeinsame Austausch, von der Produkte tätig. Mit Fabrikationsbetrieben in Risikobewertung über Maßnahmen zur Schadenbegren- Roggwil (CH), Elburg (NL) und Colmar (F) erzielte zung bis hin zu Prozessdefinitionen und Formalisierung die Unternehmensgruppe zuletzt einen Umsatz von von Dachser und A.Vogel. Es wurde beraten und Pro- 130 Millionen Schweizer Franken. zesse diskutiert, überarbeitet und neu aufgesetzt. „Die letzte Entscheidung, was gemacht wird, liegt dabei immer www.avogel-company.ch beim Kunden“, betont Haller. Bärtschi freut sich, dass DACHSER magazin 4/2020 21
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