Modelle im Wandel 2/2021 - Argomed Ärzte AG
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2/2021 Bringt Ärzte weiter TARDOC: «Eine sehr gute Sache, Osteoporose-Refresher Modellvergleich auf die nun weiter verzögert wird.» www.hausarztmodell.ch Modelle im Wandel www.argomed.ch
Impressum Inhalt sver zeichnis 02 Editorial 03 DEFACTO | Fokus Metamorphose einer Berufsbezeichnung: 04 von der Hausarzt- zur Familienmedizin? Bernhard Stricker, lic. phil. TARDOC: «Eine sehr gute Sache, 08 die nun weiter verzögert wird.» Interview mit Pius Zängerle, Dipl. Math. ETH/lic. oec. HSG, Direktor curafutura Modellvergleich auf www.hausarztmodell.ch 13 Tagebuch einer Hausarztpraxis in der Pandemie 14 Dr. med. Gregor Dufner «Qualitativ gute Medizin ist nachhaltig finanziert» 20 Fragen an Alfred Neff, Concordia Bringt Ärzte weiter «Die Zukunft gehört den 21 integrierten medizinischen Angeboten» Argomed Ärzte AG Fragen an Radek Bozdech, Sympany Bahnhofstrasse 24 CH-5600 Lenzburg T +41 56 483 03 33 argomed@argomed.ch www.argomed.ch DEFACTO | Medizin Redaktionelle und inhaltliche Verantwortung Osteoporose-Refresher 23 Dr. med. Gregor Dufner Dr. med. Corina Omlin Bernhard Stricker, lic. phil. Martina Gottburg Marco Plüss Michelle Stettler DEFACTO | Argomed Gestaltungskonzept Unsere Handlungsfelder – Ihr Mehrwert 27 Stier Communications AG Teil II – Hausarztmodell www.stier.ch Projektlandkarte – 28 was macht die Argomed im Bereich Hausarztmedizin? Die Stimme unserer Kunden und Mitarbeitenden 30 Kostendämpfungsmassnahmen – das Hausarztmodell 31 darf durch Verstaatlichung nicht torpediert werden! in guter Partnerschaft Marco Plüss, Dr. med. Corina Omlin DEFACTO | Persönlich «Die Suche nach regionaler 34 Identität ist eine Gegenbewegung zur Globalisierung» Interview mit Christian Schmutz, Mundartredaktor
Editorial 03 Recherchiert man das Wort «Modell» im Duden, so erklärt es uns das Wörterbuch als Muster, die Form eines vorhandenen oder noch zu schaffenden Gegenstands, ein Abbildungsobjekt, die Interpretation, eine Vorlage, ein Muster oder Typ eines Fabri- kats. Je nach Anwendung in der Mathematik, Rechtssprache, Mode, Kunst, Wissen- schaft, Technik oder in der Sprache wird das Wort unterschiedlich gebraucht. Übertra- gen auf das Hausarztmodell stellt sich doch die Frage, ob dieses als Vorlage oder doch eher als Typ eines Fabrikats oder gar als die Interpretation eines Systems gemeint ist? Wir stellen Ihnen in dieser Ausgabe verschiedene Modelle in der Hausarztmedizin vor. Unser Redaktionsleiter Bernhard Stricker ist der sprachlichen Veränderung der Berufs- Dr. med. Corina Omlin bezeichnung des «Allgemeinmediziners» nachgegangen und klärt auf, was es mit der FamilienärztIn auf sich hat und was die Politik damit zu tun hat. Ganz aktuell nimmt der Direktor von curafutura, Herr Pius Zängerle, Stellung zum revi dierten TARMED, zum TARDOC und dazu, was er unter Qualität in der Medizin versteht. Verschiedene Typen des Fabrikats «Hausarztmodell» stellen wir Ihnen nochmals vor – ist das Versicherungsmodell Ihres Patienten oder Ihrer Angehörigen das richtige? Ein Check lohnt sich immer! Wie haben Sie Ihre Zeit als Ärztin oder Arzt in der Pandemie erlebt? Worauf muss- ten Sie sich neu einstellen und Abläufe anpassen? Dr. med. Gregor Dufner steht uns Modell für einen bewegenden, nachdenklichen Einblick in seine Zeit als Hausarzt in der Pandemie. Alfred Neff von der CONCORDIA und Radek Bozdech von Sympany stehen uns Rede und Antwort zu ihren Hausarztmodellen und zu Managed Care. Kennen Sie die Risikofaktoren Ihrer Patienten für die Entwicklung einer Osteoporose? Welche «Tools» können das Frakturrisiko einschätzen und welche Therapien gibt es? Wir haben für Sie eine Kurzübersicht zusammengefasst im DEFACTO | Medizin im Sinne eines Refreshers nach den wohlverdienten Sommerferien. Die Argomed stellt Ihnen eine weitere Projektlandkarte zum Thema Hausarztmodell vor. Die geplante Kostendämpfungsmassnahme des Bundesrates haben wir Ihnen übersichtlich zusammengefasst und auch, welche Stellung die Argomed dazu nimmt. Zum Abschluss des sprachlichen Diskurses erklärt uns Journalist, Dialektologe, Sprach- forscher, Schriftsteller und Mundartredaktor beim SRF Christian Schmutz die verschie- denen Modelle des Schweizerdeutschen (sogenannte Dialekte). Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre mit diesem Modell des DEFACTO. Dr. med. Corina Omlin Mitglied DEFACTO-Redaktion DEFACTO 2/2021
DEFACTO | Fokus – Schwerpunktthema 04 Metamorphose einer Berufsbezeichnung: von der Hausarzt- zur Familienmedizin? Die Berufsbezeichnung Hausärztin oder Hausarzt (bzw. der Begriff Hausarztpraxis) ist in der Deutschschweiz zwar nach wie vor Standard und am weitesten verbreitet. Trotzdem beginnen einzelne Praxen, sich als «Familienpraxis» zu positionieren. Im deutschen Sprachraum ist heute die kunde» zum «Doktor als akademische ten, die Teilzeitlösungen für Frauen wie Berufsbezeichnung «Hausärztin» oder Würde» (Professor) entwickelt. Ab etwa auch für Männer ermöglichen. Und damit «Hausarzt» vorherrschend – im Unter- dem Jahr 1500 wurde Doktor auch für attraktiv sind.» schied zum französischen (« m édecin «in der Heilkunst Tätige» gebraucht. Es de famille») oder englischen («family ist eine interessante, langfristige Bedeu- Im aargauischen Kirchleerau steht die doctor»), wo der Bezug zur Familie her- tungsentwicklung, die auch zeigt: «Praxis für Chli &Gross». Praxisleiter vorgehoben wird. Latein ist in der Sprache der Medizin Dr. med. Ueli Deubelbeiss weiss, dass sehr wichtig geblieben.» der Praxisname ungewöhnlich ist: «Die Warum ist das so? Ist das «nur» ein Namenswahl ist bewusst so ausgefal- sprachliches oder eher ein kulturelles Auch Dr. med. Phillippe Luchsinger, len, weil ich vom Säugling bis zu den Phänomen? Ist der Bezug zur Familie Präsident von Hausärzte Schweiz (mfe), Grosseltern alle Patienten betreue. Die in Frankreich oder England stärker als stellt fest, «dass immer mehr Praxen Mundartschreibweise entstand aus bei uns? Oder sind das nationale Unter- beginnen, sich als Familienpraxen zu meinen regionalen Verwurzelungen. schiede im Selbstverständnis des Beru- bezeichnen, vor allem die grösseren Ich denke, die jungen Hausärzte wollen fes Hausärztin oder Hausarzt? Und Praxen, die meist neben Hausärztin- wieder einen Bezug zur Bevölkerung warum tauchen vor allem in der Deutsch- nen auch Pädiaterinnen unter einem schaffen und generationenübergrei- schweiz immer mehr Hausarztpraxen Dach vereinen», und ergänzt: «Für mich fend behandeln.» auf, die sich «Familienpraxis» (oder ähn- ist ‹Haus› synonym zu ‹Familie › … lich – mit Bezug zur Familie) nennen? Wahrscheinlich ist der Begriff des In Root LU gibt es die «Familienp raxis Hausarztes kulturell so klar gewachsen, Wilweg». Erich Oetiker, CEO der Pra- Eine Spurensuche in der Deutsch- so eindeutig entwickelt, dass kein wei- xis, sagt: «In unserem Fall war es wich- schweiz. Und in Europa terer Begriff geprägt werden musste.» tig, dass wir nach der Übernahme und Der Sprachforscher Christian Schmutz Zusammenführung von zwei etablier- (siehe auch Rubrik DEFACTO | P ersönlich, Umfrage bei «Familienpraxen» ten, langjährigen Hausarztpraxen zur S. 34) sagt dazu: «Im Deutschen dürf- Eine nicht repräsentative Umfrage bei Familienpraxis Wilweg den Fokus klar ten die Hausbesuche zum Namen drei Praxen, die sich einen neuen fami- auf die Familienmedizin legten. Wir Hausarzt geführt haben. Mundartlich lienbezogenen Namen gegeben haben, haben durch die Zusammenlegung ist Husarzt eine Krücke, denn Arzt ist ergibt kein einheitliches Bild: eine Gruppenpraxis geschaffen, wel- eigentlich ein sehr standarddeutsches che etwas grösser ist als eine übli- Wort, das auch im Englischen und in In Thun gibt es das «PraxisZentrum Fami- che Hausarztpraxis, aber nicht in die den nordischen Sprachen nicht vor- lienmedizin». Katrin Rordorf- M isteli, K ategorie ‹Arztzentrum› passt. Der kommt. Althochdeutsch arzât wurde CEO des PraxisZentrums, sagt zu dieser Begriff Familienpraxis ist da neutral im Mittelalter aus der griechischen Heil- Namensgebung: «Unser Ansatz ist eben, und passt sehr gut. Für ausländische kunde über romanische Sprachen ans Familienmedizin anzubieten als Dienst- Patientinnen und Patienten ist der Deutsche vermittelt. leistung für die ganze Bevölkerung. Begriff ‹Familienpraxis› ebenfalls sehr Dies beinhaltet Gynäkologie, ‹Start ins geläufig. Der Gebrauch der Begriffe Wir gehen in der deutschen Schweiz Leben›, Pädiatrie und Hausarztmedizin. ‹Familienpraxis› oder ‹Familienarzt› als eigentlich zum Dokter (von lateinisch Im Sinne von Betreuung von der ‹Wiege Alternative zur ‹Hausarztpraxis› oder docere «lehren»). Im Hochmittelalter bis zur Bahre›. Dann gibt es einen zwei- zum ‹Hausarzt› kommt sicher aus dem hat sich ein Doctor medicinae zuerst ten Aspekt: Wir wollen Arbeitsmodelle englischen oder französischen Sprach- vom «akademischen Lehrer der Heil- für junge Ärztinnen und Ärzte anbie- gebrauch, wobei auch anderswo diese DEFACTO 2/2021
DEFACTO | Fokus – Schwerpunktthema 05 Begriffe gängig sind. Ich denke, es han- pekten hat die Entwicklung der Berufs- tes wurden die FIAM in FIHAM (Fakultäre delt sich hier eher um ein sprachliches bezeichnung auch einen Bezug zur Instanz für Hausarztmedizin) umbenannt. Phänomen. Damit werden unter ande- Entwicklung der Standespolitik – und rem die persönliche Patientenbezie- spiegelt diese: 1994 folgte die Gründung des Kollegi- hung sowie ein ganzheitlicher Ansatz ums für Hausarztmedizin (KHM) durch vermittelt. Man möchte sich allenfalls Zu Beginn der Standespolitik war der die Schweizerische Gesellschaft für All- qualitativ vom Arztzentrum oder der Begriff Allgemeinmedizin(er) weitver- gemeinmedizin (SGAM), Innere Medi- Permanence abheben.» breitet. 1966 wurde der Facharzttitel zin (SGIM), Kinder- und Jugendmedizin für Allgemeinmedizin FMH geschaf- (SGP) sowie die Schweizerische Akade- Erich Oetiker kann den Eindruck nicht fen, 1977 organisierten sich die All mie der Medizinischen Wissenschaften bestätigen, dass es immer mehr Fami- gemeinmediziner mit der Gründung (SAMW). lienpraxen gibt: «Ich wäre aber nicht der Schweizerischen Gesellschaft für erstaunt, falls es so wäre. Für mich Allgemeinmedizin (SGAM). Auf die- Zu Beginn des neuen Jahrtausends stellt sich die Frage, in welche Richtung ser Basis wurden zwischen 1983 und setzte sich in der Standespolitik der sich die medizinische Grundversorgung 1997 an den fünf medizinischen Fakul Begriff der Hausarztmedizin durch, vor in der Schweiz bewegen wird und wie täten der Universitäten von Bern (1983), allem durch die Schaffung von Lehr- sich diese Entwicklung auf die Rolle des Zürich (1984), Genf (1993), Basel (1994) stühlen in Hausarztmedizin mit eige- Hausarztes auswirken wird.» und Lausanne (1997) Fakultäre Instanzen ner Professur und einem offiziellen für Allgemeinmedizin (FIAM) installiert. Lehr- und Forschungsauftrag an allen Der Einfluss der (Standes-)Politik auf Universitäten. 2005 machte das Insti- die Namensgebung Nur wenige Jahre später kam der Begriff tut für Hausarztmedizin Basel IHAMB Neben sprachlichen und kulturellen As- der Hausarztmedizin ins Spiel und als Ers- den Anfang, seit Ende 2014 gibt es nun DEFACTO 2/2021
DEFACTO | Fokus – Schwerpunktthema 06 an allen fünf Universitäten Institute für Europäischer Einfluss Zu erwähnen ist, dass in der «WONCA- Hausarztmedizin. Seit die Schweizer Hausärzte in den Definition» der Begriff Hausarzt für die 1990er-Jahren begonnen haben, sich ärztliche Person und Allgemeinmedizin Schliesslich sind seit der Volksabstim- europäisch zu vernetzen, ist auch ein oder Hausarztmedizin für die Fachbe- mung vom 18. Mai 2014 die Begriffe entsprechender Einfluss auf die Berufs- zeichnung verwendet werden. Hausarztmedizin und Grundversorgung bezeichnung festzustellen, vor allem auch in der Schweizer Bundesverfassung über den Weg der Akademisierung. Die erstmalige Durchführung des euro- verankert: Dort heisst es nun (in Art. Die Schweizer Hausarztmedizin war zu päischen Hausarztkongresses in der 117a Medizinische Grundversorgung): Beginn des 21. Jahrhunderts aus wis- Schweiz (2009 in Basel) war Aus- senschaftlicher Sicht noch ein Schwel- druck dieses neuen wissenschaftlichen 1) Bund und Kantone sorgen im Rah- lenland. In intensivem Kontakt und Selbstverständnisses und Selbstwert- men ihrer Zuständigkeiten für eine Zusammenarbeit mit dem Welthaus gefühls und stand auch Pate zur Grün- ausreichende, allen zugängliche medi- ärzteverband WONCA (World organi dung von mfe, dem politischen Zusam- zinische Grundversorgung von hoher zation of family doctors), insbesondere menschluss von SGAM und SGIM sowie Qualität. Sie anerkennen und fördern aber WONCA Europe, entwickelte sich Pädiatrie Schweiz. die Hausarztmedizin als einen wesent- das Selbstverständnis der Schweizer lichen Bestandteil dieser Grundversor- Hausarztmedizin «als eine eigene aka- Einer der besten Kenner der europä- gung. 2) Der Bund erlässt Vorschriften demische und wissenschaftliche Dis- ischen Hausarztszene und -kultur ist über: a) die Aus- und Weiterbildung für ziplin mit eigenen Lehrinhalten, eige- Dr. med. Bruno Kissling, bis vor Kur- Berufe der medizinischen Grundversor- ner Forschung, eigener Evidenz und zem noch Hausarzt mit eigener Praxis gung und über die Anforderungen zur als eigenständiges Spezialgebiet, das in Bern, seit Kurzem pensioniert und Ausübung dieser Berufe; b) die ange- auf die Primärversorgung ausgerichtet nun als Autor tätig. Zu seinen haus- messene Abgeltung der Leistungen der ist» (Europäische Definition der Allge- arztpolitisch aktiven Zeiten war er Vor- Hausarztmedizin. meinmedizin WONCA Europe 2002). standsmitglied der SGAM, meistens DEFACTO 2/2021
DEFACTO | Fokus – Schwerpunktthema 07 als S ekretär (1995 bis 2003), Co-Chef- Krankenversicherer nennen ihre Mana- Denken wir an die Skigebiete, wo Haus redaktor von Primary Care (2001 ged Care-Versicherungsprodukte, bei ärzte während der Saison z. B. konser- bis 2014), Schweizer Delegierter bei denen man sich gegen eine Prämienre- vative Frakturbehandlungen im grossen WONCA (2000 bis 2009) und 2009 duktion immer zuerst an den Hausarzt Stil durchführen.» OK-Präsident des europäischen WON- wenden muss, Hausarztmodelle.» CA-Hausarztkongresses in Basel. Er kommt zum Schluss: «Mir gefällt Heute: SGAIM und mfe der Hausarzt besser als der Allgemein- Auf die Frage, wie er den fehlenden Heute sind die Schweizer Hausärzte in mediziner: Mediziner ist für mich eine Familienbezug im deutschsprachi- zwei Verbänden organisiert: politisch sehr technische Beschreibung für eine gen Raum erklärt, sagt Kissling: «Ich im Berufsverband Haus- und Kinder- Berufsperson, die Medizin anwen- denke, es ist vor allem ein kulturel- ärzte Schweiz (mfe – gegründet am det: cure. Arzt ist umfassender und ler Aspekt hinter dieser Bezeichnung, WONCA-Kongress in Basel 2009) und beinhaltet auch den Beziehungs- und unter der wir dasselbe verstehen. Ver- im wissenschaftlich-medizinischen Kon- Betreuungsaspekt, den die Berufsper- schiedene Bezeichnungen werden wert- text in der Schweizerischen Gesellschaft son wahrnimmt: care. Aus demselben neutral nebeneinander verwendet. Die für Allgemeine Innere Medizin (SGAIM – Grund ziehe ich auch Hausarztmedi- ÖGAM (Österreichische Gesellschaft gegründet 2015). zin der Allgemeinmedizin vor. Familien für Allgemeinmedizin) und die DEGAM medizin ist ein neuerer Begriff, der in (D eutsche Gesellschaft für Allgemein- Gerade die Berufsbezeichnung und Deutschland und Österreich seinen medizin) haben auch Familienmedizin Wortwahl des politischen Verbandes Weg in den Namen der hausärztli- in ihren Namen aufgenommen: Gesell- mfe steht exemplarisch für den Ver- chen Fachgesellschaften gefunden hat. schaft für Allgemeinmedizin und Fami- such einer Zusammenführung zwischen Gefällt mir ganz gut, denn Familien- lienmedizin. Die ÖGAM verwendet in französisch- und deutschsprachigem praxis nimmt den Aspekt der genera- ihrem ‹Masterplan Allgemeinmedizin› (Selbst-)Verständnis des Berufes. Nach tionenübergreifenden Betreuung von (2018) nebeneinander die Begriffe: Haus- monatelangen internen Diskussionen Menschen aller Altersklassen schön auf. arztmedizin, Hausarzt, Hausarztpraxis, einigte man sich bei der Gründung Die Ärztinnen und Ärzte, die in einer Hausarztmodell, Hausarztberuf, haus- 2009 auf einen «Kompromiss»: Der Ver- Familienpraxis arbeiten, dürften aber arztzentrierte Versorgung. Aber auch band nennt sich heute (im Deutschen) (vorderhand) weiterhin ‹meine› Haus Allgemeinmediziner wird häufig verwen- Berufsverband Haus- und Kinderärzte ärztin und nicht ‹mein› Familienarzt det. Allgemeinarzt nur einmal als Allge- Schweiz und im angehängten Kürzel genannt werden.» meinarztmangel. Die DEGAM hat z. B. das französische mfe (für médecins de ein Informationsblatt, das sie ‹Der Haus- famille et de l’enfence Suisse). Fazit arzt› nennen. Auch in unseren Nach Der «Hausarzt», «die Hausärztin» und barländern erhält man den Eindruck, Dr. Bruno Kissling hat diese Entwicklung die «Hausarztmedizin» sind in der dass Hausarzt eher für die ärztliche hautnah miterlebt: «Mit dem neuen Deutschschweiz nach wie vor die domi- Person, Allgemeinmedizin, Hausarztme- Namen der zusammengeführten Gesell- nierenden Begriffe für die Berufsbe- dizin und Familienmedizin für den fach schaften SGIM und SGAM zu SGAIM für zeichnung. Die übrigen Synonyme sind lichen Bereich verwendet werden. Allgemeine Innere Medizin bin ich nicht in Bewegung geraten: «Der Grundver- wirklich glücklich. Der Name reduziert sorger» kann sich in etwa halten, wäh- Hausarzt bedeutet in der deutschspra- den Hausarzt und Allgemeinmedizi- ren «der Allgemeinmediziner» deutlich chigen Schweiz traditionell der Arzt, ner auf die internistischen Aspekte sei- an Boden und Bedeutung verliert und der für die ganze Familie zuständig nes Tuns. Diese stellen heute zweifellos auf der sprachlichen Intensivstation ist von der Geburt, über die Kindheit den bedeutendsten Anteil seiner Arbeit. liegt. Zulegen kann hingegen die «Fami- bis zu den alten Menschen und deren Typisch für den Hausarztberuf ist aber lienmedizin» – in welchem Ausmass ist Sterben. Infolge der Entwicklung und seine Zuständigkeit für weitere Fachbe- allerdings noch offen. Spezialisierungen der Medizin ist diese reiche, die über die Innere Medizin hin- Rundumversorgung durch einen einzi- ausgehen, also auch für chirurgische, Bernhard Stricker, lic. phil. Redaktor DEFACTO gen Arzt heute lange nicht mehr der psychologische etc., zumindest was Fall. Trotzdem hat sich der Name Haus- Diagnostik, Indikationsstellungen und arzt umgangssprachlich erhalten. Die Nachbehandlungen betrifft. Kleinchi Menschen meinen damit ‹ihren› Arzt, rurgische Tätigkeiten bieten ohnehin die dem sie vertrauen und an den sie sich, meisten an. Je nach Ort, wo der Haus- oft über einen langen Zeitraum hin- arzt seine Praxis hat, beinhaltet sein weg, für alle Fälle zur Beratung und/ Arbeitsbereich viele nichtinternistische oder Behandlung wenden können. Die und unfallmedizinische Tätigkeiten. DEFACTO 2/2021
DEFACTO | Fokus – Schwerpunktthema 08 TARDOC: «Eine sehr gute Sache, die nun weiter verzögert wird.» INTERVIEW MIT PIUS ZÄNGERLE, DIREKTOR CUR AFUTUR A DEFACTO: Curafutura hat am 12. Juli 2019 Bremse zu stehen. Wir werden nun zusammen mit der FMH dem Bundes- gemeinsam mit den Tarifpartnern die rat einen neuen Arzttarif (TARDOC – für Situation analysieren und die notwendi- ambulante ärztliche Leistungen) einge- gen Schritte einleiten, um den TARDOC reicht, um den veralteten TARMED zu wie vom Bundesrat gefordert erneut ersetzen. Was bezwecken Sie damit? zur Genehmigung vorzulegen. Jedes Pius Zängerle: Der Tarif TARMED ist weitere Hinauszögern vertilgt unnö- 2004 eingeführt und seither nie mehr tig Geld, das man anderweitig besser aktualisiert worden. Die Nachteile für für die Prämienzahlenden einsetzen alle Beteiligten liegen auf der Hand: könnte. Deshalb auch sind wir darum Der Tarif ist nicht mehr zeitgemäss bemüht, nicht lockerzulassen. und deckt die heutige Situation im Pius Zängerle, Dipl. Math. ETH / lic. oec. HSG spitalambulanten Bereich sowie in den Und was hat der TARDOC für die Haus- Arztpraxen nicht mehr adäquat ab. Es arztmedizin für konkrete Folgen? gibt Leistungen, die sind übertarifiert, Die Hausarztmedizin erhält im TAR- und solche, die sind untertarifiert. Mit DOC ein eigenes Kapitel, was deren dem TARDOC haben wir ein neues Ins- Wichtigkeit unterstreicht. Das Kapitel trument zur Hand, das die aktuelle Situ- berücksichtigt spezielle Leistungen der ation wieder aktuell abbildet. Hausarztmedizin. So zum Beispiel die Umfeldarbeit in Abwesenheit des Pati- Was heisst das konkret? enten, die aufgrund der koordinierten Curafutura, die FMH, die MTK und Rolle des Hausarztes umfassender aus- bis Ende 2018 auch H+ sind zusam- fallen kann als bei anderen Fachärzten. mengesessen und haben die Situation Zudem ist die hausärztliche Palliative in der Praxis und im Ambulatorium Care neu in der Tarifstruktur abgebil- durchgespielt und entsprechend die- det, um dem erhöhten Betreuungs- und ser Situation die einzelne Leistung Behandlungsbedarf gerecht zu werden. abgebildet. So haben wir die Zahl der Im engen Kontext der Hausarztmedizin einzelnen Leistungen auf 2700 Positio ist das Chronic Care Managmenet der nen reduziert. Zum Vergleich: Beim Medizinischen Praxiskoordinatorinnen TARMED waren es noch 4500 Tarifpo- zu sehen. Auch diese Leistungen sind sitionen. Die komplette Überarbeitung im TARDOC abgebildet. des Arzttarifs umfasst die Bereinigung von Unnötigem, die Aufnahme von Was halten Sie von den obligatori- neuen medizinischen Verfahren und schen «Erstberatungsstellen» wie sie technischen Möglichkeiten sowie die im aktuellen Kostendämpfungsmass- adäquate Abbildung der hausärztlichen nahmenpaket des Bundesrates vorge- Tätigkeit. Eine sehr gute Sache, die nun schlagen werden? leider weiter verzögert wird aufgrund Die Einführung einer für alle Versi- des Entscheides des Gesamtbundesra- cherten verbindlich von den Kanto- tes von Ende Juni. Aus verschiedenen nen bewilligten Anlaufstelle lehnt Gründen scheint der Bund auf der c urafutura dezidiert ab. Mit dem DEFACTO 2/2021
DEFACTO | Fokus – Schwerpunktthema 09 vorgesehenen doppelten Obligato- hend versorgt werden. Es werden also rium schränkt der Bundesrat sowohl noch mehr Kosten gespart werden. Von die Freiheiten der Versicherten und dieser Entwicklung profitieren sowohl der Leistungserbringer als auch den die Kantone, also die Steuerzahlenden, Wettbewerb bei den alternativen als auch die Versicherten, also die Prä- Versicherungsmodellen AVM ein. Fak- mienzahlenden. tisch wird die freie Arztwahl damit abgeschafft. Die Krankenversicherer Wie beurteilen Sie die Chance, dass sich haben mit den Leistungserbringern EFAS im politischen Prozess durchsetzt? funktionierende Modelle eingeführt, Ich bin zuversichtlich, dass EFAS als die weiterentwickelt und gefördert Gesetzesvorlage im Laufe des kommen- werden müssen. Bereits heute haben den Jahres die parlamentarische Hürde sich rund drei Viertel der Versicherten nehmen und von beiden Räten verab- freiwillig für ein Versicherungsmodell schiedet wird. mit eingeschränkter Wahl des Leis- tungserbringers entschieden. Das sagt In einem Positionspapier zur Qualität sehr viel aus. in der Medizin plädieren Sie für «Quali- tätswettbewerb». Warum? Was spricht Welche Bedeutung hat für Sie das Kon- gegen eine einheitliche Regulierung der zept EFAS (Einheitliche Finanzierung Qualität anstelle eines Wettbewerbes? von ambulanten und stationären Leis- Qualitätswettbewerb bedeutet die Ori- tungen) – ein Konzept, das auch Ärzte- entierung an den Besten. Ein funktionie- netze direkt betrifft? render Qualitätswettbewerb ermöglicht EFAS ist eine der tiefgreifendsten Refor- eine qualitätsbasierte Leistungsabgel men der obligatorischen Krankenpfle- tung. Qualitativ schlechte Leistungen geversicherung der letzten 15 Jahre. werden nicht mehr von den Patientin- Denn EFAS entlastet Prämien- und nen und Patienten nachgefragt und Steuerzahlende, ohne die gute Gesund- somit aus dem Gesundheitswesen ver- heitsversorgung oder die Zufrieden- drängt. Damit der Qualitätswettbewerb heit der Patientinnen und Patienten funktionieren kann, braucht es aber mit der medizinischen Versorgung in Transparenz. Dies soll über eine Offen- der Schweiz zu beeinträchtigen. Im legung von Qualitätsindikatoren und Gegenteil, EFAS verleiht der integrier- Qualitätsmessungen erreicht werden. ten Versorgung sogar zusätzlich Schub: Hier bieten die neu abzuschliessenden Durch die grössere Prämiendifferenz nationalen Qualitätsverträge eine recht- gegenüber dem Standardmodell steigt liche Grundlage. für viele Versicherte der Anreiz, in ein innovatives Modell mit hoch integrierter Und wie steht es damit? Wie weit sind Versorgung zu wechseln. Dadurch kön- die Qualitätsverträge gediehen? nen für noch mehr Personen unnötige Da sind wir noch am Anfang. Die stationäre Behandlungen vermieden gesetzliche Grundlage der revidierten und diese dennoch qualitativ hochste- Art. 58a ff. KVG ist seit dem 1. April DEFACTO 2/2021
DEFACTO | Fokus – Schwerpunktthema 10 2021 in Kraft. Die Verbände der Versi- der hausärztlich koordinierten Versor- cherer (curafutura und santésuisse) sind gung zusätzlich Schub zu verleihen, ist nun mit den Verbänden der Leistungs- die zeitnahe Umsetzung von EFAS ein erbringer in erste Diskussionen rund wichtiger Schritt (siehe oben). um die zukünftigen Qualitätsverträge eingestiegen. Die verhandelten Qua- Welche Massnahmen braucht es, um litätsverträge müssen dem Bundesrat die hausärztlich koordinierte Medizin bis zum 1. April 2022 zur Genehmigung zu stärken? vorgelegt werden. Wir haben also noch Erstens muss das Bewusstsein geschaf- viel Arbeit vor uns, die in kurzer Zeit fen werden, dass eine koordinierte geleistet werden muss. Medizin der Bevölkerung Vorteile bringt. Und dass Dr. Google eben nicht Welches sind für Sie die wichtigsten in der Lage ist, Zusammenhänge her- (inhaltlichen) Kriterien für Qualität in zustellen und Synergien zu nutzen. der Medizin? Zweitens müssen Ärztenetzwerke, die Zentral ist die Angemessenheit der koordiniert vorgehen, gute Qualität Behandlung. Das heisst, dass die rich- erbringen und echte Synergien bringen, tige Indikation für eine Behandlung gestärkt werden. Mit anderen Worten gestellt wird. Dadurch wird Fehl- und gilt es, die Spreu vom Weizen zu tren- Überversorgung vermindert. Zudem nen und den Weg für weiterentwi- muss die Behandlung qualitativ hoch- ckelte, echte Hausarzt-Versicherungs- wertig sein, d. h., die Ergebnisqualität modelle zu ebnen. Hierzu gehört auch muss stimmen und die Behandlung die Optimierung des elektronischen dem Patienten einen effektiven Nut- Datenaustauschs, damit der höhere zen bringen. Der Patientennutzen Koordinationsaufwand effizient erfol- kann beispielsweise durch spezifische gen kann. Ich denke hierbei an den Patientenbefragungen erhoben wer- Einbezug von digitalen Gesundheits- den. Solche Erhebungen sind aber in applikationen und Wearables in die der Schweiz bisher noch nicht stan- hausärztliche Betreuung. Dabei geht es dardmässig eingeführt, weswegen wir keinesfalls darum, den Hausarzt durch uns dafür einsetzen, dass solche Erhe- einen Roboter zu ersetzen. Vielmehr bungen vermehrt eingesetzt werden. sollen ihn die wirksamsten Tools bei Dadurch werden wir in der Lage sein, seiner Arbeit unterstützen. Und in die- die Behandlung auf den Patientennut- ser Beziehung stellt sich auch die Frage, zen auszurichten und sie dadurch sach- inwiefern nicht ärztliches Personal in gerecht und wirtschaftlich durchführen der Hausarztpraxis mehr Kompetenzen zu können. erhält, wobei auch hier die Koordina- tion beim Hausarzt bleibt. Welchen Stellenwert und welche Bedeu- tung hat für Sie die hausärztlich koordi- Wie sähe Ihr Wunsch-Hausarztmodell nierte Medizin (Managed Care) heute? 2031 aus? Die Hausarztpraxis ist im besten Fall Ich sehe ein Hausarztmodell vor mir, der Eingang in ein weitverzweigtes das niederschwellige Telemedizin und integ riertes Ärztenetzwerk. Eine inte- die Konsultation beim Arzt gleichwertig grierte, gut koordinierte Versorgung berücksichtigt. Telemedizin wird dabei verhindert unnötige Behandlungen den Arzt niemals ersetzen können. Und und dämpft dadurch die Kosten im der Patient wird auch nicht auf eine Gesundheitswesen insgesamt. Auch persönliche Betreuung verzichten wol- aus medizinischer Sicht ist die Stär- len und auch nicht verzichten müssen. kung der integrierten Versorgung Doch macht es Sinn, die beiden Modelle wünschenswert. Denn die Versorgung nicht gegeneinander auszuspielen, ist qualitativ besser, weil Patientinnen sondern deren Vorteile bestmöglich zu und Patienten bedarfsorientiert und nutzen, wobei sicherzustellen ist, dass noch gezielter behandelt werden. Um der Datenfluss gewährleistet ist.
DEFACTO | Fokus – Schwerpunktthema 11 Wie hat sich die gesundheitspolitische den ambulanten Listen bekämpft man 24-Stunden-Einsatzbereitschaft hin zu Strategie «ambulant vor stationär» aus zudem nicht die Ursachen des Pro hausärztlicher Betreuung in Gruppen- Ihrer Sicht bewährt? blems, wie z. B. die unterschiedlichen praxen, auch mit Teilzeitangestellten. Dort, wo es medizinisch sinnvoll, tech- Finanzierungsarten von ambulanten Ausserdem kam und kommt es noch nisch machbar und auch günstiger ist, und stationären Leistungen. Es findet verstärkt zu Praxisübernahmen durch sollten Eingriffe, die bisher einen sta- vielmehr eine Verlagerung statt, wobei Zuwanderung, darunter auch Spezial tionären Spitalaufenthalt erforderten, insbesondere die Kantone aus finanzi- ärzte, die als praktische Ärzte in der ambulant durchgeführt werden. Diese eller Sicht davon profitieren. Wir setzen Hausarztmedizin tätig sind. Eine wei- Verlagerung darf sich aber nicht nach- uns daher klar für EFAS ein, weil damit tere Veränderung wird voraussichtlich teilig auf die Prämienzahler auswirken. das Problem beim Schopf gepackt wird in der Aufgabenvielfalt stattfinden. Das Deshalb beobachten wir diese Entwick- und alle die gleichen finanziellen Vor- heisst, es wird mehr Spezialisten geben. lung ganz genau und haben hierzu die aussetzungen haben. Und nicht zuletzt nimmt die Anspruchs- Daten unserer Versicherer ausgewertet. haltung der Patientinnen und Patienten Die Zahlen zeigen, dass die potenziellen Wie haben Sie die Entwicklung der weiter zu. Das kennen wir alle: Wir wol- Einsparungen bescheiden sind. Hausarztmedizin in den letzten 20 Jah- len sofort ein MRI, statt dass wir abwar- ren in der Schweiz erlebt und welche ten, ob der verknackste Fuss wieder Zudem beobachten wir, dass eine Mehr- Veränderungen erwarten Sie in den abheilt, und humpeln viel zu schnell zum heit der Eingriffe, für die bestimmte nächsten 10 Jahren? Spezialarzt. Alles in allem wird die Haus- Kantone eine ambulante Durchführung Bei den Hausärzten findet klar ein arztmedizin eine Aufwertung erhalten vorschreiben, seit 2015 kaum häufi- Generationenwechsel statt. Weg vom respektive sich etablieren und das Haus- ger ambulant durchgeführt wird. Mit einzelkämpfenden Universaldoktor mit arztmodell als Versicherungsform fest DEFACTO 2/2021
DEFACTO | Fokus – Schwerpunktthema 12 verankert werden, wobei Gruppenpra- weil hier eine grosse Anzahl von Men- xen mit grosser Wahrscheinlichkeit zu schen geimpft werden muss. Da braucht Pius Zängerle, Dipl. Math. ETH / lic. weniger stabilen Arzt-Patienten-Bezie- es nur im Einzelfall den Hausarzt – wenn oec. HSG, ist seit 2015 Direktor von hungen führen werden, die ja auch ein überhaupt. Die Kantone haben hier curafutura. Element des Erfolgsrezepts der Haus- einen guten Job geleistet und wer schon Die Krankenversicherer CSS, Helsana, arztmedizin sind. impfen war, der weiss, wie professionell Sanitas und KPT haben im April 2013 dies aufgezogen wurde. Einige Kantone den Verband «curafutura» gegrün- Wie haben Sie die Rolle der Hausarzt- haben die Hausärzte in ihre Planung det, nachdem sie aus der santésuisse medizin während der COVID-Pandemie stärker miteinbezogen, andere Kantone ausgetreten waren. Mit der CSS und erlebt? weniger. Dies liegt zu Recht in der Ver- der Helsana sind die Nummern 1 und Hausärzte waren teils stark gefordert antwortung der einzelnen Kantone. 2 der Branche vertreten. curafutura aufgrund verunsicherter Patientin- Schliesslich sind sie dafür verantwortlich, vertritt rund 4 Millionen Schweize- rinnen und Schweizer bzw. ca. 43 % nen und Patienten und eines höheren wie sie die Planung ausgestalten müs- der Bevölkerung. Betreuungsbedarfs beim bestehenden sen. Gemäss FMH-Umfrage aus der ers- Patientenstamm. ten Welle ist ein Grossteil der Auskunft Weitere Infos www.curafutura.ch. gebenden Ärzte mit dem Krisenmanage- Zudem wollten Menschen, die normaler- ment ihres Kantons zufrieden. Das sagt weise selten zum Arzt gehen, plötzlich eigentlich sehr viel aus. Und dem habe wissen, wann sie denn nun einen Impf- ich nichts hinzuzufügen. termin erhalten, ohne dass der Arzt oder die Ärztin hier hätte Einfluss nehmen Die Fragen stellten Dr. med. Gregor Dufner und Bernhard Stricker, lic. phil. können. Abgesehen davon bin ich aber Redaktor DEFACTO ein starker Verfechter der Impfzentren, Testen Sie unsere Kompetenz. Das medizinisch-diagnostische Labor an der Südbahnhofstrasse 14c in Bern. professionell www.medics.ch und persönlich
DEFACTO | Fokus – Schwerpunktthema 13 Modellcheck für Ihre Patienten auf hausarztmodell.ch Diverse Krankenversicherer bieten Versicherungsmodelle an, die dem Hausarztmodell auf den ersten Blick zwar ähnlich sind, jedoch einen wesentlichen Unterschied aufwei sen: Die Hausarztpraxis ist nicht im Prozess eingebunden – weder vertraglich noch organisatorisch noch elektronisch! Doch welches ist nun ein echtes Hausarztmodell? Machen Sie jetzt den Im Dschungel der Krankenversicherungsmodelle Modellcheck für Ihre Patienten auf geht der Überblick schnell einmal verloren. Deswe- www.hausarztmodell.ch/modellcheck gen haben wir eine Abfragehilfe entwickelt. Mit dem Modellcheck erlangen Sie mit wenigen Klicks Klar- Hotline +41 56 48 303 48 heit – für Sie und Ihre Patienten. Weitere Informationen: www.hausarztmodell.ch/modellcheck DEFACTO 2/2021
DEFACTO | Fokus – Schwerpunktthema 14 Tagebuch einer Hausarztpraxis in der Pandemie 11. März 2021. Vor genau einem Jahr hatte ich realisiert, dass ich mich getäuscht hatte. Kein Gripezinho, sondern eine heimtückische virale Erkrankung, die wir (noch) nicht kennen und eigentlich auch nicht kennen wollen. Seither beherrschen Masken, Desinfektionsmittel, Abstand, PCR, mRNA, Spike-Proteine und COVID-19-Mutanten unseren Alltag. DEFACTO 2/2021
DEFACTO | Fokus – Schwerpunktthema 15 15.3.2021: Wir planen die Impfung des das eine, Ängste anzuhören und abzu- der Institution . Alles läu f t rei- Personals. Quarantänen und Isolatio- bauen und eine Risikoeinteilung in unse- nen haben wir hinter uns. Um ein Haar rer Krankengeschichte vorzunehmen, ist bung slos . Zum Schluss werde haben diese nicht zum internen Lock- das andere. Wohlverstanden: Parallel down geführt. Ich gebe allen Angestell- zur Sprechstunde, die aus COVID-Grün- ich ebenfalls g eimp f t, bin da- ten eine Woche frei im Zusammenhang den klar terminiert sein muss, da unser mit der Impfung. Ein eventueller Arbeits- Wartezimmer – als oberste Priorität – für sehr dankbar und freue ausfall von ein bis zwei Tagen vor allem nicht überlaufen darf. nach der zweiten Impfung muss einge- mich, dass ich nach einig en plant werden, die restlichen Freitage 21.3.2021: Föderalismus. Was soll ich sind Ausdruck meiner Dankbarkeit. da sagen? In einer Pandemie irgend- Stunden wie ein Schlosshund wie schwerfällig. In Zürich impfen die 17.3.2021: Die Informationskanäle sind H aus ä rzte. Unser Kanton hat einen zu schlot tern beg inne . hervorragend. Ich finde Antworten anderen Plan. Wir sind gespannt und auf die meisten relevanten Aspekte bleiben positiv. zu COVID-19, die Onlineteilnahme ist Mit rund 60 % Geimpften beim Perso- unkompliziert und wird immer selbst- 24.3.2021: Nachdem wir alle zwei nal bin ich zufrieden. Ich hoffe, dass verständlicher: Streamed-up der deut- bis drei Wochen neue Informationen der reibungslose Ablauf dazu beiträgt, schen Internisten, Videokonferenzen zur Impfstoffverteilung erhalten hat- dass der Anteil der Geimpften noch mit den Kantonsspitälern und dem Kan- ten und ich jedem Patienten in der weiter zunimmt. Das dürfte dann den ton, regelmässige Informationen des Sprechstunde gesagt hatte, dass wir leichten schalen Beigeschmack egali- Ärzteverbandes, Diskussionen im Qua- im Februar, nein im März, Entschuldi- sieren, den ich erhalten hatte, als ich litätszirkel. Die ständigen Änderungen gung erst im Mai 2021 mit dem Imp- im Angesicht unserer Privilegierung der Vorgaben, Merkblätter und Quer- fen beginnen können, sage ich nichts bei der Impfpriorisierung trotzdem ein verweise sind manchmal kaum mehr zu mehr. Sie sollen bitte regelmässig die Motivationsschreiben für die Impfung verarbeiten. Kein Vorwurf an nieman- Tagesschau schauen und/oder Zeitung verfassen musste. den: Es ist Pandemie. lesen. Erstaunlicherweise ist der Weg über die Medien just immer etwas Am Vortag hatte ich die rund 250 20.3.2021: Wenn immer möglich spre- schneller als unsere offiziellen Wege. Impfausweise unterschrieben. Rich- che ich alle Patienten zur COVID-19-Imp- Das ist zwar etwas ärgerlich, aber tig, das war am Sonntag. Während ich fung an. Gerade die Jüngeren sind sich irgendwie nachvollziehbar. unterschrieb, habe ich berechnet, wie oft noch nicht bewusst, dass sie wohl lange das dauern würde. Als ich über- in den nächsten zwei bis drei Monaten 29 .3 . 202 1 : Als H eimar zt schlagmässig auf 25 Minuten kam, war konkret vor der Frage stehen, ob sie ich frustriert. Erst als ich nach jeder sich impfen lassen wollen. In kurzer Zeit betreue ich die zweite COVI D- U nterschrift innerlich «Gratuliere» möglichst viele Informationen über die sagte, lief es deutlich flüssiger und Wirksamkeit, den Ablauf und die mög- 19 -Imp fung in der Turnhalle (gefühlt) schneller. lichen Nebenwirkungen abzugeben, ist DEFACTO 2/2021
DEFACTO | Fokus – Schwerpunktthema 16 13.4.2021: Wiederholt höre ich von len. Nicht gerade vereinfachend ist der Gefälligkeitszeugnis ist, er bitte seine Patienten mit Ängsten vor der COVID- seit jeher vermerkte Hochrisikoverweis Maske nun aufziehe, um mich und die 19-Impfung, dass sie von Todesfällen für arterielle Hypertonie, deren wei- anderen Patienten in unserer Praxis gehört hätten (es grüsst die 20-Minu- tere Differenzierung von kaum einem eben auch zu schützen. Dies tat er dann ten-Generation). Eine schön laminierte Patienten gelesen, geschweige denn auch und wir konnten eigentlich noch Auflistung der Nebenwirkungen von verstanden wird. Nächtelang hatte eine ganz wertvolle Besprechung seiner Moderna und Pfizer hilft mir bei der ich versucht, konstruktiv auch eigene tatsächlich vorliegenden Gesundheits- Klarstellung. Sie zeigt die Todesfälle der Überlegungen einzubringen. Doch da probleme abhalten. Impfgruppe und der Placebogruppe. beisst man auf Granit. Im Nachgang Vor allem die drei Todesfälle in der Pla- darf sicher überlegt werden, ob es 18.4.2021: Die dritte Welle steht vor cebogruppe (versus zwei in der Impf- auch kohäsivere Steinarten gäbe. Sogar der Türe. Kommt sie, kommt sie nicht, gruppe) lasse ich die Patienten selber in der Pandemie. wie kommt sie? Glücklicherweise sind erklären. Nicht alle verstehen. Leider. schon viele der höchsten Risikogruppe Und doch freue ich mich, wenn es 16.4.2021: Dieser Patient kommt mit geimpft. Die Meldungen von über- jemand versteht. Bei den anderen hoffe einem Attest zur Maskenbefreiung. all her, dass auch zunehmend jüngere ich, wenigstens einige Denkvorgänge Welcher Art Befreiungsideologie dies Patienten mit schweren Verläufen hos- angestossen zu haben. geschuldet war, weiss ich nicht. Denn pitalisiert werden müssen, beunruhigen ich musste versprechen, den ausstellen- mich und meine Patienten. Indien steckt 14.4.2021: Die Einteilung in die Risiko den Arzt nicht zu dokumentieren und … mitten in einer verheerenden Welle mit gruppen ist schwierig und über ein- und … und. Darum habe ich das Attest einer COVID-19-Doppelmutante. zelne Fälle könnte man wohl raumfül- (ein Zweizeiler) nur aus der in der Pra- lend Weiterbildungen abhalten. So ist xis zwingend einzuhaltenden D istanz Gleichentags bin ich wieder beruhigt. der 51-jährige Patient mit stabiler KHK von 1,5 m beäugt. Da ich den Patienten Von Herrn Aeschi erfahre ich am TV, vor drei Jahren und einem BMI von 34,7 aber bestens kannte, wusste ich, dass dass wir offenbar eine ganz Schweiz- kaum glaubhaft in Gruppe 3 einzutei- dies – zurückhaltend ausgedrückt – ein eigene COVID-19-Mutante haben. DEFACTO 2/2021
DEFACTO | Fokus – Schwerpunktthema 17 Unseren Gebräuchen angepasst, 27.4.2021: Der korrigierte Link sei per teilung und Impfbereitschaft bezüglich scheint es verhandlungsfähig und hört Mail unmittelbar vor dem Onlinetermin COVID-19-Impfung zu erstellen. Da wir auf den Namen «Eigenverantwortung». doch noch eingegangen, die Aufzeich- bereits im Januar 2021 damit begonnen Auch wenn ich wirklich im vergangenen nung folge. Grosszügig bleiben, Nach- hatten, waren die Listen – vor allem in Jahr mehr als genug über Epidemiolo- sicht walten lassen. Alle tun ihr Bestes. der höchsten Risikogruppe 1 – alles gie gehört und gelesen habe, es ist mir Unsere MPA sind am Ball geblieben. Auch andere als aktualisiert. lieber als Ideologie. In einer Pandemie sie tun ihr Bestes, und das ist Gold wert! und der damit zusammenhängenden Eine MPA telefoniert den ganzen Tag. Gesellschafts- und Weltkrise gehört 28.4.2021: 10 % der Bevölkerung sind Am Abend wirkt sie erschöpft. Sie weiss sich dies einfach nicht. vollständig, weitere 18 % einmalig noch nicht, dass ihr auch am nächsten geimpft. Es geht vorwärts. Ich erinnere Tag das Gleiche in Grün bevorsteht. 26.4 . 202 1 : Praktische mich an die letzte «Arena», wo darüber Viele sind schon geimpft worden. debattiert wurde, ob wir an 7. oder 20. Schon geimpft? Wer denkt, das war’s, Anwendung des Moderna- Stelle der Länder im Impftempowettbe- der irrt. Einmal? Zweimal? Wann? Wo? werb stehen. Wer für dieses «Versagen» Welcher Impfstoff? Gut vertragen? Und Imp fstof fes: Das Gehetze verantwortlich sei. Offenbar ist es allge- Ihr Ehepartner? – KG-Eintrag, Eintrag mein akzeptiert, dass wir – schon vor der in unsere praxisinterne Impfübersicht, über die Mit tag szeit hat Pandemie Privilegierte – auch bezüglich Änderung der Archivnummer, Eintrag Impftempo auf dem roten Teppich emp- und Abhäkeln auf der ausgedruckten nichts g enützt, der Link für fangen werden müssen. Ich frage mich, Papierliste. Ich mag in diesem Moment was jemand in Lesotho wohl darüber nicht an die Vergütung denken, hoffe die vir tuelle Sitzung führ t ins denkt (aktuell 0,2 % Geimpfte). noch ganz naiv darauf, dass der Kan- ton ein Herz für Ärzte (und Patienten) elektronische Niemandsland . 29.4.2021: Wir haben einen Archiv- zeigen wird. Vielmehr versuche ich, code kreiert, um Tabellen mit Risikoein- mich bei jedem Patienten darüber zu DEFACTO 2/2021
DEFACTO | Fokus – Schwerpunktthema 18 freuen, dass bald die Impfung kommt. erfahren, wie sich das die anfordern- Seite, dass das unkontrollierte Bestim- Denn diese ist uns nun definitiv zuge- den Stellen vorstellen. Windelneid? men von Antikörpern ohne klinische sichert worden. Die Verteilung scheint E infach absurd. Das nervt. Gerade in Verknüpfung Unsicherheiten in die gut organisiert. der Pandemie! Bestimmung des Infektionszeitpunktes bringt und damit die ganze Batterie von 30.4.2021: Nun ist die Anzahl der 3.5.2021: Long-COVID: Ein Update (noch zu realisierenden) COVID-19-Zer- gelieferten Impfdosen bekannt, die über die vielfältigen Erscheinungsfor- tifikaten gefährdet. Ich bin aber nicht wöchentliche Verteilung ermöglicht men des Long-COVID hatte uns bereits unkontrolliert. Ich bin in erster Linie es endlich, definitive Impfpläne und im Online-QZ aufgefrischt. Der zustän- Arzt und in dieser Funktion gewohnt, Abläufe in der Praxis festzulegen. Kurz- dige Oberarzt der Long-COVID-Sprech- Vor- und Nachteile von Untersuchun- fristig wird zusätzliches Personal rekru- stunde des Universitätsspitals berich- gen gegeneinander abzuwägen – tiert. Auch der Samstag wird einbezo- tete. Alle der QZ-Teilnehmer haben auch in der Pandemie. gen. Das heisst: Gürtel enger schnallen Long-COVID-Patienten in der Sprech- im Mai und Juni. stunde. Auch überraschende, von jung 4.5.2021: Studentenkurs in bis alt. Fatigue, pneumologische, neu- Die Risikogruppen, wie sie im «COVID- rologische, kardiale Langzeitwirkun- der Praxis. Herrlich, diese 19-Kochbuch» erneut aufgeführt sind, gen. Veränderte Patienten. haben wir im Qualitätszirkel per Zoom funkelnden, wissbegierigen diskutiert. Es ist hilfreich, zu hören, Schon lange beschäftigt mich die wie die Kolleginnen und Kollegen Frage nach COVID-Nachweis. Kommt Augen! Das kann keine mit der aktuellen Situation umgehen. jemand mit Müdigkeit in die Sprech- «Das Kochbuch ist die Grundlage des stunde, kann ich selbstverständlich alle Maske verbergen. Gerichts, zur Zubereitung wird ein Koch möglichen Viren suchen. Die Laborbe- benötigt.» Dieser pragmatische Spruch stimmungen sind kassenpflichtig. Nur eines erfahrenen Praktikers bringt es beim aktuell am wahrscheinlichsten – 6.5.2021: Die dritte Welle, kommt sie auf den Punkt. nämlich St. n. COVID – muss der Pati- doch nicht? Die ernüchternde Erfah- ent zahlen. In erster Linie bin ich Arzt. rung des Überrolltwerdens während 1.5.2021: Wochenende – Homeoffice. Und wenn COVID aufgrund der Klinik der zweiten Welle sitzt noch tief. Der Während bestimmte Beschwerden, infrage kommt, dann macht die Anti- Einfluss der beginnenden Impfimmu- Erkrankungen oder Unfälle während körperbestimmung nicht nur Sinn. Es nität ist schon jetzt sehr deutlich. Und der Pandemie praktisch verschwun- könnte später auch erklärend für eine die Wirksamkeit der mRNA-Impfstoffe den sind, gibt es eine beharrliche anhaltende Arbeitsunfähigkeit sein. bestätigt sich nun auch ausserhalb der COVID-Resistenz bei der Anzahl der Irgendwann (wann?) sind die Antikör- Ursprungsstudien. Das hilft zur Argu- nervenden Atteste. Wieder mal muss per wieder weg. Zudem hatte ich zwei mentation in der Sprechstunde. Astra ich so tun, als hätte ich die Windeln Fälle von wiederholten negativen PCR Zeneca, Johnson & Johnson, Sputnik: eines Patienten im 24-Stunden-Verlauf (auch im Spital) mit späterer Antikörper Auch hier gilt es, mit dem Wissen am kontrolliert. Wäre mal interessant, zu antwort. Natürlich sehe ich die andere Ball zu bleiben. DEFACTO 2/2021
DEFACTO | Fokus – Schwerpunktthema 19 8.5.2021: Die ersten 20 Patienten erhal- auch et was unterhaltsamer werden ausgeblendet und nicht in ver- ten ihre Impfung. Der Gang ist gepflas- nünftige Relation zu den Impfneben- tert mit Sitzgelegenheiten im Sicher- als « 20 Minuten ». Geg en das wirkungen gesetzt. Die Angst vor dem heitsabstand und unter Blickkontakt. Unbestimmten. Dumpf, diffus, ratio- Das zusätzliche administrative und Gerede ist man machtlos . nal nicht nachvollziehbar. Angst eben. medizinische Personal ist instruiert. Die So ist sie. Die Emotionen verzerren Spritzen sind sorgsam aufgezogen. Für Man k ann sich ärg ern oder – die Wahrnehmung und die Verarbei- die Notfallsituation stünde alles parat. tung. Natürlich auch von mir: Die vie- Die Algorithmen haben wir wiederholt solang e Grenzen eing ehalten len traurigen Schicksale, oft noch unbe- durchgespielt und verinnerlicht. stimmten Verläufe, halt COVID-19 live, werden – darüber amüsieren . verändern auch meine Wahrnehmung Vier Stunden später ist der Impfstart in und Verarbeitung. Hingegen glaube der Praxis erfolgreich verlaufen. Schön, ich nicht, dass in einem Jahr am USZ dass auch die letzten Risikopatienten 22.5.2021: Immer wieder lese ich, wie neben der Long-COVID-Sprechstunde bald ihre erste Impfung erhalten werden. sehr die Präsenzveranstaltungen ver- auch eine Sprechstunde für Long-Vac- misst werden. Klar, mit den Kollegin- cination-Side-Effects geführt wird. 11.5.2021: Die Schweiz plant die Eli- nen und Kollegen nach dem QZ essen, Aber ich drücke die Daumen, dass die mination von Hepatitis C bis 2030. Ein trinken und diskutieren vermisse ich nächste Welle meinen Patienten nicht ehrgeiziges Ziel! Anderes Virus, andere auch. Andererseits habe ich an so vie- erwischt. Und hoffe natürlich, dass die Übertragung, andere klinische Mani- len Weiterbildungen teilgenommen wie progressive Durchimpfung der Bevölke- festation, aber eins ist gemeinsam und bisher noch nie. Ganz einfach: Weil ich rung gerade eben diese nächste Welle doch sehr unterschiedlich: Testen, tes- nicht hinfahren musste, sondern online im Herbst einschränkt oder – noch bes- ten, testen. Auch hier gilt es, die asym- teilnehmen konnte. Und – Hand aufs ser – weitgehend verhindert. ptomatischen Träger zu identifizieren. Herz – es ist doch angenehm, etwas Denn – im Unterschied zu SARS-CoV2 – zum Trinken holen zu können und ein- Irgendwie ist jetzt schon klar, dass existiert eine medikamentöse Behand- fach zu Hause zu sein. Der ökologi- COVID unser Wissen, unsere Arbeit lung mit einer sensationellen Wirkung sche Aspekt kommt hinzu. Gerade die und unser Verhalten in der Praxis auf von über 99 %. Pandemie hat mich für diese zukunfts- Jahre hinaus verändern wird: H ygiene, weisenden Aspekte sensibilisiert. Ich Aufmerksamkeit bei Infekten, Ein- 15.5.2021: Samstagmorgen. In vier wünsche mir in Zukunft zumindest die satz telemedizinischer Möglichkeiten, Stunden impfen wir 40 Patienten. Ein Möglichkeit zur Onlineteilnahme bei COVID-Impfschemata sind nur einige Arzt, drei MPA, eine administrative Weiterbildungen. von vermutlich viel komplexeren Verän- Hilfe. Insgesamt ein Riesenaufwand. derungen. Da dürfen wir gespannt sein. Die zufriedenen Gesichter der Geimpf- 25.5.2021: COVID-Zertifikat, Aargauer ten stellen auf. Die Vergütung von 45 Zeitung. Die Kantone drängen auf eine Dr. med. Gregor Dufner Redaktionsleiter DEFACTO Franken für eine Impfung finde ich fair. Lösung, befürchten aber, nur schon Mit den Kolleginnen und Kollegen in zum Ausfüllen des COVID-Zertifikates Zürich fühle ich mich solidarisch: 16.50 zusätzliches Personal einstellen zu müs- Franken reichen bei Weitem nicht. Das sen. Der Bund im Gegenzug befürchtet, wäre ein empfindlicher Affront. So geht dass Ärzte und Apotheker möglicher- es nicht, auch nicht in der Pandemie. weise eine Entschädigung verlangen könnten, und geht daher kurzerhand 17.5 . 202 1 : «De Du fner hät t ’ s davon aus, dass «der Betrag mit der Entschädigung für die Impfung/Testung zämeg leit .» Das werde über gedeckt ist. Der Aufwand sei gering.» Erstaunliche Diskrepanzen der Wahr- den L atrinenweg über meine nehmung. Quelle: AZ, 25.5.2021, S.4. Reaktion nach der zwei- 8.6.2021: Mit noch nicht einmal 40 Jah- ren bereits einen Herzinfarkt durchge- ten Imp fung herumer zählt . macht zu haben, ist schon happig. In dieser Situation auf eine COVID-Imp- Schneller, unpräziser, aber fung zu verzichten, finde ich allerdings auch happig. Langzeitfolgen von COVID DEFACTO 2/2021
DEFACTO | Fokus – Schwerpunktthema 20 «Qualitativ gute Medizin ist nachhaltig finanziert» FRAGEN AN ALFRED NEFF, CONCORDIA auf sog. «Listenmodelle». Weshalb hat ged Care-Modelle auch in Zukunft eine sich CONCORDIA für diese Strategie sehr wichtige Rolle spielen werden, da entschieden? sie aus unserer Sicht genau diejenigen Die CONCORDIA richtete ihre Produkte Punkte adressieren, welche wohl noch konsequent auf ihre Kundinnen und Kun- an Bedeutung gewinnen werden: qua- den aus. Die Produkte müssen einfach, litativ gute Medizin zu kostengünsti- verständlich und auf lange Frist ausge- gen Preisen. Ich kann mir gut vorstel- legt sein. Genau dies erfüllt unser Haus- len, dass im Umfeld von steigenden arztmodell myDoc und natürlich auch Gesundheitskosten gezielte integrierte die vorbildliche, langjährige Zusammen- Versorgung noch wichtiger wird. Die arbeit mit Argomed. Eine partnerschaftli- CONCORDIA wird auch weiterhin stark che Zusammenarbeit im Hausarztmodell auf diese beiden alternativen Versiche- Alfred Neff bringt allen Beteiligten Vorteile. rungsmodelle setzen. Das Kollektiv der CONCORDIA setzt sich Wie definieren Sie Qualität in der Medi- DEFACTO: CONCORDIA arbeitet seit über zu rund 80 % aus Versicherten in alter- zin? Und welches sind für Sie die wich- 20 Jahren mit der Argomed zusammen. nativen Versicherungsmodellen (AVM) tigsten Kriterien? Welches Fazit ziehen Sie bezüglich die- sowie lediglich zu 20 % aus dem Stan- Qualität in der Medizin verstehen wir ser Zusammenarbeit? dardmodell (OKP) zusammen. Wie inter- als konstanten Auftrag an alle, die Alfred Neff: Ich selbst kann nur für die pretieren Sie dieses Verhältnis? erkrankte Menschen behandeln. Mit letzten fünf Jahre sprechen, wobei ich Die CONCORDIA konnte den Anteil der den verfügbaren finanziellen Mitteln insbesondere seit ca. zwei Jahren inten- Versicherten in alternativen Versiche- sollen die bestmöglichen Behandlungs- siv mit der Argomed zusammenarbeite. rungsmodellen für das Jahr 2021 sogar resultate erreicht werden. Dabei sind Dabei kann ich die zuverlässige, prag- nochmals steigern. Mittlerweile sind neben den medizinischen Guidelines matische und zielorientierte Arbeits- rund 84.6 % unserer Kundinnen und auch die persönlichen Bedürfnisse und weise hervorheben. Die Zusammen- Kunden entweder im Hausarztmodell die individuelle Situation der einzelnen arbeit ist lösungsorientiert und stellt myDoc oder im HMO-Modell versi- Erkrankten zu berücksichtigen. Qualita- immer unsere gemeinsamen Kundinnen chert. tiv gute Medizin ist zudem nachhaltig und Kunden in den Fokus. Die Argomed finanziert. Nur so ist sichergestellt, dass ist in allen Belangen schon seit Jahren Einerseits gehen wir davon aus, dass auch künftige Generationen von einer ein guter und verlässlicher Partner. Ver- unsere Kundinnen und Kunden von hochstehenden medizinischen Versor- besserungspotenzial sehe ich noch bei qualitativ hochwertiger ärztlicher gung profitieren können. den administrativen Abläufen, dies aber Betreuung durch die Hausärzte profi- bei der gesamten Branche und nicht tieren wollen. Andererseits verursacht Die Fragen stellten Marco Plüss, Co-Geschäftsführer Argomed, und nur auf die Argomed bezogen. Wenn die integrierte Versorgung im Vergleich Bernhard Stricker, lic.phil., wir bei der Administration effizienter zur traditionellen Grundversicherung Redaktor DEFACTO wären, würde beiden Parteien mehr weniger Leistungskosten, weshalb wir Zeit für die eigentlichen Kernaufgaben im Hausarztmodell tiefere Prämien zur Verfügung stehen. Dies würde mei- anbieten können. ner Meinung nach direkt den Patientin- Alfred Neff ist Bereichsleiter nen und Patienten zugutekommen. Wie beurteilen Sie generell die Zukunft Leistungseinkauf und Managed von hausärztlich koordinierter Medizin Care von CONCORDIA. CONCORDIA setzt seit Jahren ein- (Managed Care) bzw. von «echten» zig auf das «echte» Hausarztmodell Hausarztmodellen? Weitere Infos: www.concordia.ch myDoc und verzichtet damit bewusst Wir sind der Überzeugung, dass Mana- DEFACTO 2/2021
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