Moderne Therapie der rheumatoiden Arthritis - OSTechnik
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MEDIZIN & TECHNIK Moderne Therapie der rheumatoiden Arthritis VON MISA VALO, DR.MARTINA HENNIGER, PROF DR. STEFAN REHART Fotolia/Kaulitzki Zusammenfassung: Die Behandlungsstrategie der rheumatoi- den Arthritis (RA) hat sich in den vergan- D ie RA ist eine chronisch-entzündli- che, meist schubweise verlaufende Systemerkrankung. Die genaue Entste- zum Einsatz der zur Verfügung stehen- den Medikamente haben sich dabei in den vergangenen Jahren stark verändert. genen Jahren stark verändert. Therapieziel hungsursache ist bis heute nicht kom- Noch bis in die 90er-Jahre hinein ist heute die komplette Remission, also plett geklärt. Diverse Risikofaktoren wur- wurde die medikamentöse Therapie in die Unterdrückung sämtlicher Krankheits- den ermittelt, welche einen schweren Abhängigkeit von der klinischen Symp- symptome und das Verhindern von Ge- Krankheitsverlauf, beziehungsweise eine tomatik langsam intensiviert. Für viele lenkschädigungen. Dafür stehen in den frühe Manifestation der Erkrankung ver- Patienten kam es jedoch langfristig zu letzten Jahren immer mehr und immer ursachen (z. B. Nikotinkonsum). Eine aus- massiven Folgen: Behinderung, chroni- effektivere Medikamente zur Unter- geprägte Anfälligkeit für das Auftreten sche Schmerzen, frühzeitige Berentung, drückung der Krankheitsaktivität zur Ver- der Erkrankung scheint jedoch genetisch sowie eine erhöhte Mortalitätsrate. fügung. Durch den sehr frühzeitigen und vererbt zu werden. Die Prävalenz, also der Durch die Einführung neuerer Medi- konsequenten Einsatz dieser Medikamen- prozentuale Anteil der Erkrankten zu den kamente wie Leflunomid 1998 und die te erhofft man sich, Gelenkdestruktionen Nicht-Erkrankten, beträgt weltweit zirka Gruppe der sogenannten „Biologika“ ab möglichst zu vermeiden. Wichtig ist in 0,5 – 1 Prozent und nimmt mit höherem dem Jahr 2000, sowie den Erkenntnisge- diesen Kontext die Früherkennung der Er- Lebensalter drastisch zu. Frauen sind da- winn, dass die Gelenkdestruktion mit der krankung – denn einmal aufgetretene Ge- bei zirka drei Mal häufiger betroffen als Krankheitsdauer bis zur Ersttherapie ver- lenkdestruktionen sind irreversibel – und Männer und erkranken zudem in einem gesellschaftet ist, wurde ein völlig neuer eine intensive Kooperation der verschie- früheren Lebensalter. Die Erkrankung Therapieansatz begründet. denen an der Versorgung von „Rheuma- manifestiert sich durch die typischen Heutige Therapieziele sind nicht mehr patienten“ beteiligten Fachdisziplinen. Entzündungszeichen (Rötung, Schwel- lediglich die Beseitigung von Sympto- Anatomische Strukturen an den Füßen lung, Überwärmung, Schmerz und Funk- men, sondern vielmehr das dauerhafte und Sprunggelenken sind im Verlauf der tionseinschränkung). Diese treten häufig Nachlassen, die sogenannte „vollständi- RA häufig betroffen. Die stadienabhängi- im symmetrischen Befallsmuster an den ge Remission“ der entzündlichen Akti- ge Behandlung der durch die entzünd- peripheren Gelenken auf, bevorzugt an- vität und Vermeidung von Gelenk- lichen Prozesse betroffenen Weichteile fänglich an den kleinen Gelenken der destruktionen. Diese können in den und Gelenke, auch mit speziellen Schuh- Füße und Hände. Im Krankheitsverlauf meisten Fällen durch eine frühe und einlagen beziehungsweise orthopädischem können dann sämtliche auch größere Ge- konsequente medikamentöse Einstellung Schuhwerk, ist dabei eine wichtige lenke betroffen sein, aber auch Sehnen nach dem Prinzip von „hit hard and ear- Schnittstelle zwischen den behandelnden (Tenosynovialitis) und Schleimbeutel ly“ (hart und früh zuschlagen) erreicht Ärzten und dem Orthopädieschuhtech- (Bursitis). Eine „Heilung“ der RA ist bis werden. Bei Nicht-Erreichen der Thera- niker. heute nicht möglich. Ziele einer Therapie pieziele beziehungsweise einem Thera- sind somit die Remission der Entzün- pieversagen erfolgt eine umgehende dungsaktivität, der Funktions- und Kraft- Anpassung der Therapie an die aktuelle erhalt sowie die Linderung von Schmer- Entzündungsaktivität nach dem Prinzip zen. von „treat to target“ (zielgenaue Be- handlung). Therapie der Um eine möglichst frühe Diagnose- rheumatoiden Arthritis stellung und Therapieeinleitung zu er- Bei der Behandlung der RA stellt die me- möglichen, wurden 2010 für die RA neue dikamentöse Therapie die Basis aller The- Klassifikationskriterien von amerikani- rapiemaßnahmen dar. Die Empfehlungen schen und europäischen rheumatologi- 34 ORTHOPÄDIESCHUHTECHNIK 4|16
MEDIZIN & TECHNIK schen Gesellschaften (ACR/EULAR) erar- se Botenstoffe in ihrer Wirkung neutra- Abhängig vom radiologischen Bild beitet. In entsprechenden nationalen, lisiert werden. Daraus ergibt sich auch unterteilt man am muskulo-skelettalen beziehungsweise internationalen Leit- gleichzeitig das größte Risiko der Biolo- System die Gelenkdestruktionen zum linien zur Diagnostik und Therapie der gika: Die Infektanfälligkeit ist insgesamt Beispiel nach der Klassifikation von Lar- RA wurden diese umgesetzt. Um die an- erhöht. Im Vergleich zu den DMARDs sen-Dale-Eek (LDE-Stadien). spruchvollen Therapieziele zu erreichen, wirken Biologika schneller und schaffen Sechs Stadien mit jeweils zunehmen- kommen neben der medikamentösen meist eine Remission auch bei Patienten der Destruktion von 0 bis 5 werden hier- Therapie auch die Physiotherapie, physi- mit mäßiger bis schwer verlaufender RA, bei unterschieden. Abhängig vom jewei- kalische Maßnahmen, Ergotherapie, welche zuvor nicht zufriedenstellend mit ligen Zerstörungsstadium können den Technische Orthopädie, psychologische DMARDs eingestellt werden konnten. Patienten bei persistierenden Beschwer- Beratung, Selbsthilfegruppen und nicht Vor dem Beginn einer Therapie mit den unterschiedliche konservative oder zuletzt operative Maßnahmen zum Ein- Biologika sollten eine Tuberkulose-, eine operative Therapien empfohlen werden. satz. virale Hepatitis- und eine HIV-Infektion In den Anfangsstadien 0 bis 2 empfiehlt ausgeschlossen werden, damit es nicht sich eine möglichst vollständige Entfer- Medikamentöse Therapie unter der immunsupprimierenden Thera- nung der Gelenkschleimhaut (totale „Sy- Nach Diagnosestellung wird in der Regel pie des Biologikums zu einer Aktivierung novektomie“) möglichst im Rahmen einer zeitnah eine anti-entzündliche Basisthe- dieser potenziell latenten (ruhenden) In- Spiegelung. Bei bereits fortgeschrittenen rapie mit einem sogenannten DMARD fektion kommt. Des Weiteren empfiehlt Destruktionen in den LDE-Stadien zwi- (disease modifying antirheumatic drug) die Leitlinie die Überprüfung des Impf- schen 4 und 5 sollte eine endoprotheti- begonnen. Hierzu zählen als „gold-stan- status der Patienten. Lebendimpfungen sche Versorgung erwogen werden. Bei dard“ Methotrexat (MTX), zudem Leflun- werden unter laufender immunsuppri- vollständiger Destruktion und weitge- omid (LEF), Sulfasalazin (SSZ), Hydroxy- mierender Therapie nicht empfohlen. hender Instabilität kann sich auch eine chloroquin (HCQ) und weitere. DMARDs Impfungen mit Totimpfstoffen sind je- Gelenkversteifung (Arthrodese) empfeh- können bei unzureichender Wirkung doch offensichtlich unproblematisch. Ei- len, zu Gunsten der Stabilität bei zeit- auch in Kombinationstherapien unterein- ne jährliche Grippeschutzimpfung, sowie gleichem Beweglichkeitsverlust. ander verabreicht werden (z. B. MTX, SSZ eine alle 3 Jahre erneute Impfung gegen Eine Beteiligung der Sprung-, Fuß- und HCQ). Da der Wirkungseintritt der Meningokokken und alle 6 Jahre gegen und Zehengelenke im Rahmen der RA ist DMARDs zeitlich erst um zirka 4 bis 12 Pneumokokken sind empfehlenswert. typisch und besteht meist schon sehr Wochen versetzt erfolgt, wird zur Über- früh, fast immer aber nach langjährigem brückung dieser Zeitspanne oftmals Wenn konservative Krankheitsverlauf bei fast allen Patienten. gleichzeitig mit einer Glukokortikoid- Therapiemaßnahmen nicht Am häufigsten sind die Metatarsopha- Einnahme begonnen. Prophylaktisch soll- ausreichend wirksam sind langealgelenke (80 – 95 %), gefolgt von te dabei auch zumindest Vitamin D sub- Wenn die entzündliche Aktivität nicht den Mittelfußgelenken (40 – 60 %) und stituiert werden, um einer Osteoporose ausreichend unterdrückt werden kann, dem oberen Sprunggelenk sowie dem vorzubeugen. Weitere Medikamente in kommt es zur fortschreitenden Gelenk- Subtalargelenk (30 – 50 %) befallen. der Akuttherapie oder in einem Schub der zerstörung. Die RA manifestiert sich Mit fortschreitendem Verlauf der Er- RA zur vorübergehenden Anwendung zudem auch im Bereich von Organen, krankung kommt es stadienhaft zu typi- sind die nichtsteroidalen-Antirheumati- die von einer Schleimhaut (Synovialis) schen Deformitäten wie dem Knick- ka (z. B. Cox-2-Hemmer). ausgekleidet sind (Gelenke, aber auch Plattfuß, Spreizfuß, Hallux valgus mit Bei Patienten mit mäßiger bis schwe- Herz, Lunge, Blutgefäße, Augen u. a.). Metatarsus primus varus sowie Ham- rer RA, welche nicht ausreichend auf die Durch die fehlgesteuerte Immunreaktion mer- und/oder Krallenzehen. Begleitet DMARD-Therapie unter Verwendung kommt es zur Entzündung dieser Syno- werden die Zehenfehlstellungen beim mindestens zwei unterschiedlicher vialis mit Erweiterung der Gefäße, der „Rheumapatienten“ typischerweise von DMARDs in einem zeitlichen Intervall Bildung von Eiweißausschwitzungen und der rheumatischen Synovialitis mit ent- von mindestens 6 Monaten angespro- der weiteren Einwanderung von Entzün- zündlicher Destruktion des Kapsel-Band- chen haben oder diese Medikamente dungszellen. Klinisch zeigt sich an den Apparates, der Sehnen und Gelenke. nicht vertragen haben, empfehlen die Gelenken ein Erguss, welcher die Gelenk- Meist bestehen mehrere Deformitäten aktuellen Leitlinien den Einsatz von Bio- kapseln und den Bandapparat überdehnt nebeneinander. Angrenzende deformier- logika. und zur Instabilität führt. Durch Über- te Gelenke können zusätzlich negativen Biologika sind aufwendige, gentech- greifen der wuchernden Schleimhaut auf Einfluss auf die Fußdeformität haben nisch hergestellte Eiweiße und nicht oral den Gelenkknorpel und durch die Freiset- und sind bei der Therapieplanung zu als Tablette einnehmbar, da sie im Ma- zung entzündungsfördernder „Zytokine“ berücksichtigen (z. B. Valgusfehlstellung gen-Darm-Trakt direkt abgebaut wür- (besonders TNF- , IL-1b und PGE2) wird des Kniegelenkes). Insbesondere die Vor- den. Sie müssen daher entweder subku- der Gelenkknorpel von zwei Seiten her fußdeformität beeinträchtigt die Fuß- tan injiziert oder als Infusion intravenös angegriffen. Im fortgeschrittenen Stadium funktion der Patienten. Diese beklagen verabreicht werden. Biologika greifen unterminiert die Synovialitis den Kno- eine Verminderung der Gehstrecke, In- gezielt entzündungsfördernde Boten- chen von den Gelenkrändern her und stabilitätsgefühl und erhebliche Schwie- stoffe im menschlichen Immunsystem an führt schließlich zur Zerstörung, bezie- rigkeiten bei der Schuhversorgung. oder besetzen deren Andockstellen an hungsweise Deformierung des gesamten Die Destruktion der Gelenke wird Zellen des Immunsystems, wodurch die- Gelenkes. subjektiv unterschiedlich schmerzhaft ORTHOPÄDIESCHUHTECHNIK 4|16 39
MEDIZIN & TECHNIK Schema der Schuh- und Einlagenversorgung bei rheumatoider Arthritis. Je nach Krankheitsstadium und Ausprägung der Krankheit reichen Einlagen und Schuhzu- richtungen aus. Schwere Deformitäten werden mit Maßschuhen versorgt. Postoperativ kommen Entlastungsschuhe und Walker zum Einsatz. (Grafik mit freundli- cher Unterstützung des Sanitätshaus Otto Müller am MediCentrum Markus in Frankfurt am Main). wahrgenommen. Oftmals werden ohne begleitende Druckumverteilung Frühmobilisierung nach Operationen Schmerzen erst bei weit fortgeschrittenen wäre hierbei nicht zielführend. am Vorfuß indiziert Destruktionen mit Luxationstellung der Reicht eine Bettungseinlage des - Walker wie der „VACOped“ oder „VA- Zehen und daraus resultierender er- Fußes nicht mehr aus – zum Beispiel bei COpedes“ sind ebenfalls für die schwerter Schuhversorgung beklagt. Beinlängendifferenz beziehungsweise Frühmobilisation nach Operationen am Achsfehlstellung (X- und O-Bein) bezie- Rück- beziehungsweise Mittelfuß ge- Hilfsmittelversorgung hungsweise fehlerhaftem Abrollvorgang eignet, wenn eine entsprechende Stabi- Im Anfangsstadium können sich die Ge- des Fußes – wird diese häufig mit einer lität benötigt wird. lenkdestruktionen in einer Reduktion der entsprechenden Schuhzurichtung kom- schmerzfreien Gehstrecke äußern. Wenn biniert (z. B. Verkürzungsausgleich, Resümee zu diesem Zeitpunkt keine oder nur ge- Schuhaußenranderhöhung bei O-Bein- In den letzten 20 Jahren hat sich in der ringe Fehlstellungen zu beobachten sind, fehlstellung, Abrollhilfe, Absatzmodifi- Behandlung der RA viel verändert. Die können wie beim „nicht-Rheumapatien- kationen u. a.). medikamentösen Therapiemöglichkeiten ten“ Korrektureinlagen eingesetzt wer- Die letzte Eskalationsstufe ist die Ver- und die neue Therapiestrategie haben den. Die wichtigste Einlagenform bleibt sorgung mit orthopädischen Maßschu- zwar noch nicht zur „Heilung“ der RA ge- für den „Rheumapatienten“, sobald hen. Der Schuh wird dabei den Bedürf- führt, können die Krankheitsaktivität je- strukturelle Veränderungen aufgetreten nissen des Patienten zugearbeitet und doch drastisch herabsenken und somit sind, die Bettungseinlage zur Schmerzre- ganz individuell an dessen Füße ange- eine Schmerzlinderung und eine deutliche duktion und zum Schutz der gefährdeten passt. Hierbei ist spätestens zu prüfen, Steigerung der Lebensqualität für die Pa- Haut. Um die überlasteten von den ob nicht durch eine operative Versor- tienten leisten. Die Therapie ist dadurch unterbelasteten Sohlenanteilen zu unter- gung eine Schmerzreduktion, bezie- allerdings komplexer geworden und er- scheiden, empfiehlt sich die Durch- hungsweise erleichterte Beschuhung fordert ein erfahrenes Behandlungsteam führung einer Fußdruckmessung (Pedo- möglich wäre. aus internistischem und orthopädischem barographie). Postoperativ nach fußchirurgischen Rheumatologen, Physiotherapeut, Ergo- Eine Belastungsverlagerung von der Eingriffen bei Patienten mit RA emp- therapeut und Orthopädietechniker. ❚ Ferse und Vorfuß in den Mittelfußbe- fiehlt sich ebenfalls eine vorübergehen- reich wird zum Beispiel durch den Einsatz de Versorgung mit orthopädieschuh- von Pelotten und Längswölbungsunter- technischen Hilfsmitteln. Hierbei sind Anschrift für die Verfasser: stützung erreicht. So werden die typi- vor allem folgende drei zu nennen: Prof. Dr. med. Stefan Rehart schen Druck- und Schmerzbereiche (bei- - Redressionsschienen zum Erhalt einer Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie spielsweise MFK 2 – 3 Köpfchen) postoperativen Zehenstellung (Hallux- Agaplesion Markus Krankenhaus weichgebettet und der Druck auf den valgus-Schienen zur Varisierung des Wilhelm-Epstein-Str. 4 unbelasteten Bereich nach proximal mit- 1. Strahls) 60431 Frankfurt tels einer retrokapitalen Pelotte umver- - Vorfußentlastungsschuhe, beziehungs- teilt. Eine reine Weichbettung der Sohle weise Verbandschuhe sind vor allem zur Literatur beim Verfasser 40 ORTHOPÄDIESCHUHTECHNIK 4|16
LESETIPP Prof. Johannes W. Rohen, Prof. em. Chihiro Yokochi, Prof. Elke Lütjen- Drecoll: Anatomie. Der fotografi- sche Atlas. Schattauer Verlag. 8. Auflage. 2015. 557 Seiten, 1209 Abb., gebunden, 89,99 Euro. ISBN 978-3-7945-2981-0 (Buch) ISBN 978-3-7945-6804-8 (eBook) Ob man die Anatomie des Men- schen besser anhand von Illus- trationen oder von Fotografien studiert, darüber lässt sich trefflich diskutieren. An- hänger fotografischer Darstellungen finden in diesem Werk einen umfassenden fotografischen Atlas der GO M ER A Damen-S andale systematischen und topografischen Anatomie des Menschen – und faszinierende Einblicke in den menschlichen Körper. Herausragende Farbfotos geben Regionen, Situs, Organe und Einzelstrukturen authen- tisch wieder. Präparate, Grafiken und bildgebende Verfahren werden didaktisch geschickt kombiniert, so dass anatomische Zusammenhänge begreiflich wer- den. Ein breites Spektrum an diagnostischer Bildge- bung schult den Blick. Die 8. Auflage zeigt über 200 neue Abbildungen, neue hochaufgelöste MRT-Auf- nahmen sowie überarbeitete Grafiken. Der weltweit meistgekaufte Fotoatlas – mit über 1200 Abbildungen. Prof. Stefan Rammelt: Fuß- und Sprunggelenkchirurgie Das Kursbuch Schattauer 2015. 463 Seiten, 335 Abb., gebunden, 129,66 Euro. ISBN 978-3-7945-2863-9 (Print) ISBN 978-3-7945-6696-9 (eBook) Die Fuß- und Sprunggelenkchirur- gie stellt höchste Ansprüche an den Operateur: Komplexe und stark spezialisierte Strukturen mit hohen biomechani- schen Ansprüchen erfordern ein differenziertes thera- peutisches Vorgehen – und die Beherrschung eines • AUSGEZEICHNETE PASSFORM großen Spektrums konservativer und operativer Behand- lungsoptionen. Ausgewiesene Experten vermitteln mit • SUPERBEQUEM-FUSSBETT diesem Referenzwerk das notwendige Fachwissen, um in • VITALISIERENDES REFLEXZONEN-BETT der Akuttraumatologie wie auch in der rekonstruktiven or- • OPTIMALE AUFTRITTSDÄMPFUNG thopädischen Chirurgie die Funktionalität des Fußes zu er- • GEEIGNET FÜR INDIVIDUELLE EINLAGEN halten oder wiederherzustellen. Operative Zugangswege, Vorfuß- und Sehnenchirurgie, Arthrodesentechniken, KATALOG UND Traumatologie sowie spezielle operative und konservati- BEZUGSQUELLEN: ve Aspekte des rheumatischen Fußes, des Kinder- und www.finncomfort.de des neuropathischen Fußes werden mit allen relevanten Aspekten veranschaulicht. Die gesamte Fuß- und Sprunggelenkchirurgie in einem Band. FINNCOMFORT, POSTFACH, D-97433 HASSFURT/MAIN ORTHOPÄDIESCHUHTECHNIK 4|16 41
MEDIZIN & TECHNIK Dem Schmerz auf der Spur Meist ist es der Schmerz, der die Patienten zum Arzt und zum Orthopädieschuhmacher führt. Wie gut die Therapie gelingt, hängt in hohem Maß davon ab, wie genau man die eigentliche Schmerzursache erkennt. Erst daraus ergibt sich die Auswahl und die individuelle Ausarbeitung des Hilfsmittels. An diesem Punkt setzt der Partnerverbund Ietec mit seinem Biopathotec-Konzept an. VON WOLFGANG BEST D er auf den ersten Blick etwas sperrig wirkende Begriff „Biopathotec“setzt sich aus den Begriffen „Biologie“, „Patho- Tests erweitert werden kann, wie zum Beispiel aktive und passive Funk- tionstests, Muskelfunktionstests mechanismus“ und „Technologie“ zusam- oder Tests am Knie oder an der Hüf- men. Dahinter verbirgt sich der Anspruch, te. Diese Tests werden durch eine 2-D Einlage nach dem Biopathotec-Konzept. alle Bereiche in der Versorgung zusam- Videoanalyse und eine Druckverteilungs- Je nach Indikation, Schmerz und funktionell menzuführen. „Ich muss zum einen wis- messung ergänzt. biomechanischen Anforderungen fällt die sen, woher der Schmerz kommt, und zum Ausarbeitung der Einlage sehr unterschied- anderen, warum ich eine bestimmte Ver- „Sportversorgung“ für den Alltag lich aus. sorgungstechnik wähle“, erläutert Ietec- Wer sich hier an die Sportlerversorgung Gründer Jürgen Stumpf den Anspruch des erinnert fühlt, liegt nicht ganz falsch. „Es Konzeptes. Vor einer Versorgung wird al- ist eine Sportanalyse für die Alltagsver- wie wirkt sich das auf die Bewegung und so nicht nur Maß genommen, sondern sorgung“, erklärt Marcel Hardung. Aller- die Entstehung von Schmerzen aus? Und am Anfang steht immer eine ausführliche dings sieht er beim Biopathotec-Konzept nicht zu vergessen: Wie wirken sich Anamnese, Befundung und Analyse. den Schwerpunkt der Befundung noch Schmerzen auf die Bewegung aus? Dabei wird zunächst der Patient aus- stärker bei den Funktionstests. „Der Fuß ist ein sensorisches Organ“, führlich zu seinen Schmerzsymptomen Dies liegt unter anderem in der Ge- so Jürgen Stumpf, „und Schmerz ist ein befragt. Danach folgt eine funktionelle schichte des Konzeptes begründet, das schlimmes sensorisches Signal“. Dieses Untersuchung, um die Beschwerden ein- auf den polnischen Arzt Prof. Andrzej führe zu Kompensationsbewegungen, stufen zu können. „Dazu stehen uns eine Seyfried zurückgeht. Mit ihm zusammen mit dem Ziel, Schmerzen zu vermeiden. ganze Reihe von Tests zur Verfügung“, hatte Ietec vor etwa 15 Jahren begonnen, sagt Sportwissenschaftler Marcel Har- ein biomechanisch orientiertes Versor- Schmerztherapie durch dung, der bei Ietec Projektleiter für das gungskonzept für Rheumapatienten zu veränderte Belastung Konzept ist. Grundlage ist immer ein Ba- entwickeln. „Seyfrieds Konzept war aber In der Therapie setzte Seyfried bei Bo- sistest zur Fußfunktion, der je nach den nie auf Rheuma beschränkt! Im Herzen denreaktionskräften an, die bei jedem Beschwerden um indikationsbezogene war er Biomechaniker“, erinnert sich Auftritt mit dem Fuß unweigerlich ent- Stumpf an den 2009 verstorbenen Medi- stehen. Er fragte: Wie muss ich meine ziner. Er sei eng mit Adalbert Kapandji Einlage, Orthese oder den Schuh bauen, befreundet gewesen, der die Standard- damit die Biomechanik des Fußes positiv werke zur funktionellen Anatomie der verändert wird? Gelenke verfasst hat. Seyfried selber ha- „Wenn wir die Bodenreaktionskräfte be ein überdimensionales mechanisches verändern, ändern wir auch die Belas- Modell der Hand gebaut, an dem man tungen an den Gelenken, Sehnen, Mus- deren Biomechanik studieren konnte. keln und Faszien“, erläutert Jürgen Beim Fuß habe Seyfried nicht nur die Stumpf. „Wir können Teile des Fußes Biomechanik, sondern vor allem die Pa- entlasten, anderen Fußregionen, wie thomechanik interessiert. Wie entstehen zum Beispiel dem ersten Strahl, die rich- Überlastungen und Schmerzen und wie tige Belastung ermöglichen und die Be- kann man sie mit einem biomechanisch wegungssteuerung durch unsere Hilfs- fundierten Konzept therapieren? Für die mittel verbessern.“ Befundung und die Analyse standen ihm „Seyfried hat sehr gerne mit Rheuma- damals keine modernen Messtechniken patienten gearbeitet, weil man von ihnen zur Verfügung. Umso bedeutsamer war sofort eine Rückmeldung erhält, ob eine das Erkennen der biomechanischen Versorgung funktioniert und die Schmer- Schmerzursachen aufgrund der Untersu- zen lindert“, erklärt Jürgen Stumpf, chung und der Kenntnis der biomecha- warum man Seyfried heute meist mit nischen Zusammenhänge an Fuß und der Rheumaversorgung in Verbindung Die ausführliche Befundung – hier der Hüfttest Bein. Wo gibt es Fehlstellungen und bringt. Das „Biopathotec“-Konzept ent- nach Seyfried – ist Grundlage für die Ursachen- Fehlbelastungen, wo fehlt es an der Kraft hält zwar Elemente des „Rheumatec“- forschung und die Auswahl der Therapie. oder der muskulären Steuerung – und Konzeptes, das Ietec mit Seyfried ent- 42 ORTHOPÄDIESCHUHTECHNIK 4|16
MEDIZIN & TECHNIK wickelt hatte, ist aber keineswegs auf die Vor der endgültigen Einlagenversor- Rheumaversorgung beschränkt, wie Jür- gung wird für jeden Patienten eine gen Stumpf betont. Es sei ein Konzept Probeeinlage gefertigt, mit der die Wirk- zur Schmerztherapie, das bei einer Viel- samkeit der Therapiestrategie überprüft zahl von Indikationen angewendet wer- wird. Ein Probierkoffer mit über 100 Ein- den könne. lagenelementen bietet hierzu die nöti- Aus diesem Grund sähen die Einlagen gen Variationsmöglichkeiten. Erst wenn auch immer ganz anders aus, erklärt diese Versorgung funktioniert, wird die Marcel Hardung. Standardeinlagen mit Einlage auf der Grundlage eines Fuß- Pelotte und Längsgewölbestütze gebe es scans und eines Schaumabdrucks gefer- in diesem Konzept nicht. Je nach Indika- tigt. tion und Problem werde eine individuelle, biomechanisch wirkende Einlage gebaut. Konzept für aktive Menschen mit Deshalb, so Hardung, sei die Befundung Bereitschaft zur Eigenleistung so wichtig. Nach dem Konzept von Das Biopathotec steht den Ietec-Partnern Eigeninitiative gefragt: Die Patienten erhal- Seyfried ist dabei nicht nur die Beweg- zur Verfügung. Diese müssen vor dem ten Vorschläge für Übungen zur Kräftigung lichkeit der Gelenke entscheidend, son- Einsatz im Betrieb zunächst einige Schu- der Muskulatur und zur Korrektur von Fehl- dern ihre Funktion in der realen Belas- lungen absolvieren. Darin lernen sie den stellungen. Hier eine Übung aus der Spiral- tungssituation. So wird zum Beispiel die Einsatz der Untersuchungstechniken und dynamik zur Kräftigung des M. peroneus Beweglichkeit der Hüfte immer im Stehen den Transfer vom Befund und der biome- longus. untersucht. „Wir wollen auch die Kom- chanischen Analyse zum schmerzredu- pensationsmechanismen unter Belas- zierenden Hilfsmittel. Etwa 30 Partner, so tung betrachten“, erklärt Hardung. Jürgen Stumpf, setzen das Konzept bereits Schmerzbewältigungsprozess, der ohne „Es geht immer darum, die Ursache ein. die Mitarbeit des Patienten nicht gelin- für das Problem zu finden“, ergänzt Jür- Vom Sachleistungsprinzip der gesetz- gen könne. gen Stumpf. „Wenn man versteht, wie lichen Krankenversicherung sind die im „Wir nehmen den Patienten mit in die der Hallux valgus bei einem Patienten Konzept enthaltenen Leistungen nicht Verantwortung“, erklärt Marcel Hardung entstanden ist, dann überlegt man sich gedeckt. Ähnlich wie bei der Sportver- einen wichtigen Teil des Konzeptes. Auf andere Maßnahmen als nur eine Spreiz- sorgung ist auch hier die Bereitschaft zur der Basis der Befundung und der Analy- fußpelotte zu setzen.“ Eigenleistung bei den Patienten gefragt. sen erhält der Patient auch individuelle „Die Kunst“, so Hardung, „besteht in „Wir richten uns mit dem Konzept an ak- Trainingsempfehlungen mit denen er die der Interpretation der Funktionstests“. tive Menschen, die schmerzfrei mobil Hilfsmitteltherapie unterstützen kann. Wer die Befundung mit der Biomechanik sein wollen“, erläutert Jürgen Stumpf, Ganz zu Beginn werden mit den Patien- zu verbinden versteht, könne oft schon „gezielt auch an jene, die eine Operation ten Zielvereinbarungen getroffen. Was voraussagen, was man in der Druckver- vermeiden wollen und eine wirksame wünscht sich der Patient? Was soll und teilungsmessung oder der Videoanalyse konservative Versorgung suchen“. Dass es kann durch die Therapie erreicht wer- sehen wird. Die Analysetechniken seien sich hier um anspruchsvolle und kriti- den? Ein erstes Ziel kann die Erhöhung dennoch wesentlich für das Konzept. So sche Kunden handelt, ist Stumpf durch- des Aktivitätsumfangs und die Verlänge- gebe die Videoanalyse Aufschluss für die aus bewusst: „Die Menschen, die zu uns rung der schmerzfrei zurückgelegten Beurteilung der Beinachsen in der Bewe- kommen, haben oft schon eine Schmerz- Gehstrecke sein. Der Schmerz ist dann gung und die Druckverteilungsmessung karriere hinter sich und hatten vielleicht vielleicht nicht ganz weg, aber die Teil- gebe wichtige Hinweise auf die Belas- auch schon Einlagen, die nicht wirkten“. habe am sozialen Leben wird dadurch tung unter dem Fuß. Hier gehe es also auch um einen gesteigert. ❚ Buchshop|Sonderhefte Sonderheft der Orthopädieschuhtechnik Sonderheft der Orthopädieschuhtechnik Sonderheft der Orthopädieschuhtechnik Vorfuß Vorfuß Rückfuß Kundenorientierung Preis € 18,– Rückfuß Preis € 18,– Kundenorientierung Preis € 18,– Offizielles Organ des Zentralverbandes Fußschmerzen: Offizielles Organ des Zentralverbandes Offizielles Organ des Zentralverbandes • Präsentation und Ladenbau Gesundheitshandwerk Orthopädieschuhtechnik und des • Prävention Gesundheitshandwerk Orthopädieschuhtechnik und des Gesundheitshandwerk Orthopädieschuhtechnik und des • Gelungene Kommunikation Bestellung unter Internationalen Verbandes • Konservative Therapie Internationalen Verbandes Internationalen Verbandes der Orthopädieschuhtechniker • Operative Therapie der Orthopädieschuhtechniker der Orthopädieschuhtechniker • Kompetenzzentrum Maßkabine • Einsatz von Analysetechnik C. Maurer Fachmedien GmbH &Co.KG Frau Köpf Jetzt Tel.: 07331/30708-30 ! 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MARKT & BETRIEB Foto: Messe Duesseldorf/ctillmann Digital geht analog Die Schuhmesse GDS stellte mit „Digital Craft #2“ innovative digitale Entwicklungen in den Fo- kus. In diesem Rahmen präsentieren sich auch Anbieter, die mit neuester Technik dazu beitragen wollen, den passenden Schuh an den Fuß zu bringen und Abläufe in der Fertigung zu optimieren. VON ULRIKE KOSSESSA D as übergeordnete Trend-Thema „Digital Craft #2“ zog sich entlang der „Highlight Route“ der GDS. Zahlreiche Warum erhält die Digitalisierung auf der GDS diesen Stellenwert? Die Veran- stalter der Schuhmesse wollen der Bran- sich im Einzelhandel genauso wie in der Industrie. Nun gehe es darum, diese neu- en Möglichkeiten sukzessive mit der Unternehmen stellten hier ihre technolo- che mit spannenden Beispielen den Zu- analogen Welt zu verbinden. „Je mehr gischen Neuerungen für Handel und Her- gang in die Welt der Technik 4.0 Digitalisierung wir haben, desto mehr steller vor. Umfangreich waren die Ange- erleichtern. Kirstin Deutelmoser, Director brauchen wir auch das physisch Erlebba- bote für den POS, darunter interaktive der GDS: „Wir möchten unserem Fach- re. Beides muss Hand in Hand gehen, Lösungen mit Touchscreen, Barcode- publikum veranschaulichen, dass die Zu- denn am Ende verkaufen wir in unserer Scanner, Tablets und Apps. Sie boten dem kunft in vielerlei Hinsicht schon da ist Branche analoge Objekte“, betont Kirstin Fachpublikum konkret umsetzbare Syste- und dass sie vielfältigste Chancen bereit Deutelmoser. „Dadurch, dass man mit me, zum Beispiel intelligente Shopmodu- hält. Deshalb thematisieren wir Aspekte, dem Digitalen sehr gut verfremden kann, le, genauso wie Orientierung im Hinblick die das Heute, das Morgen und das ist das Analoge also auch die Beweis- auf das, was künftig realisierbar und ge- Übermorgen gleichermaßen ins Visier führung. Ich erhalte beispielsweise ein fragt sein könnte. Beeindruckend waren nehmen. Wir sehen es ganz klar als Auf- Paket und sein Inhalt muss zu dem pas- die Ausblicke auf Technik und Trends der gabe einer Messe, nicht nur Ware zu zei- sen, was mir digital versprochen wurde. Zukunft, die das internationale Innovati- gen, sondern Impulse zu setzen und zum Wichtig ist also, dass wir beides mitein- ons- und Bildungsinstitut SLEM mit intensiven Austausch anzustoßen.“ Das ander verbinden. Gerade der Einzelhandel Hauptsitz in den Niederlanden gab. Fortschreiten der Digitalisierung zeige braucht dieses Erlebnismoment.“ Scanblue bietet die Schuhanpassung per Handy an JJ Footwear präsentierte seinen „Personal Fit Desk” (links). Mittels Oculus Rift (oben) konnte Frau auf und die JJ Footwear App. (Foto: Kossessa) der GDS in die Schuhwelt „eintauchen“. (Fotos: Kossessa) 44 ORTHOPÄDIESCHUHTECHNIK 4|16
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