Nachhaltigkeit und Zementindustrie
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Nachhaltigkeit und Zementindustrie Nachhaltigkeit und Zementindustrie Dokumentation von Beiträgen und Handlungsoptionen 1 Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie Sozialpolitische Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Zementindustrie in Zusammenarbeit mit dem Verein Deutscher Zementwerke
Impressum Auftraggeber Bearbeitung Diese Studie ist ein Beitrag der Sozial- partner zur Initiative für Nachhaltigkeit Industriegewerkschaft SUSTAIN | CONSULT in der deutschen Zementindustrie. Bauen-Agrar-Umwelt Beratungsgesellschaft für nachhaltige Wirtschaftsentwicklung mbH http://www.initiative-nachhaltigkeit.de Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie Kaiserstraße 24 44135 Dortmund Sozialpolitische Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Zementindustrie e.V. Tel.: +49 (0)231 - 981 285.0 Fax: +49 (0)231 - 981 285.29 in Verbindung mit dem Ralf Löckener (Projektleitung) Verein Deutscher Zementwerke e.V. Abschluss: März 2013 3 Bildnachweis Titelblatt (von links oben nach rechts unten): HeidelbergCement AG / Steffen Fuchs (1, 4, 5), © Stefanie Grebe (2), ThyssenKrupp Resource Technologies (3), www.fotolia.com (6)
Inhalt 1 Hintergrund und Anliegen der Dokumentation............................8 2 Branchencharakteristika und Handlungsrahmen......................10 Struktur und Entwicklung der Branche · Produkte, Produktions- verfahren und Innovation · Beschäftigung, Qualifikation und Aus- bildung · Cluster und Wertschöpfungskette 3 Beiträge zur Nachhaltigkeit in der Wertschöpfungskette des Zements..................................................................................16 3.1 Rohstoffgewinnung ........................................................................16 Rohstoffbedarf und Versorgungssicherheit · Substitutionspoten- ziale · Flächenbedarf und Raumnutzung auf Zeit · Landes- und Regionalplanung · Genehmigungsrecht und umweltverträgliche Rohstoffgewinnung · Folgenutzung und Naturschutz · Aktiver abbaubegleitender Natur- und Artenschutz 3.2 Zementproduktion ..........................................................................22 5 Rechtlicher Rahmen · Umweltmanagement · Emissionen · Luftrein- haltung und Emissionsminderung · Energieintensität und Ener- gieeffizienz · Maßnahmen zum Klimaschutz · Verbesserung des Lärmschutzes · Wandel der Arbeitswelt · Ausbildung und Qualifi- zierung · Steigerung der Arbeitssicherheit und geringer Kranken- stand · Einkommen und Arbeitszeit · Nachhaltige Transport- und Logistikketten 3.3 Zementverarbeitung und Betonrecycling .......................................37 Betonherstellung und Baustoffinnovation · Ressourcenschonung durch Betonrecycling · Arbeitsschutz durch chromatarme Zemente 3.4 Anwendung zementgebundener Baustoffe ....................................40 Ressourcenschonendes Bauen · Energieeinsparung und Klima- schutz · Anwendungen für den Umweltschutz · Infrastruktur für nachhaltige Mobilität 4 Zusammenfassung und Resümee...............................................48 Literatur und Materialien ..........................................................................55
Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen Abbildungen Abbildung 1: Integration der drei Nachhaltigkeitsdimensionen durch Betrachtung entlang der Wertschöpfungskette..............................................................................................................8 Abbildung 2: Entwicklung des Zementverbrauchs in Deutschland; bis 1991 nur Westdeutschland, ab 1992 Gesamtdeutschland...................................................................................................................10 Abbildung 3: Entwicklung in den 16 Staaten mit dem höchsten Zementverbrauch.....................................................12 Abbildung 4: Produktionsschritte der Zementherstellung.............................................................................................14 Abbildung 5: Wertschöpfungskette Zement und Beteiligte..........................................................................................15 Abbildung 6: Lagerstätten und Standorte von Zementwerken.....................................................................................16 Abbildung 7: Anteil der Folgenutzungstypen an der Gesamtfläche der Folgenutzung.................................................21 Abbildung 8: Nutzungstypen vor dem Abbau, differenziert nach 50-Jahres-Zeiträumen.............................................21 Abbildung 9: Mittelwerte der Staubkonzentration im Reingas von 41 Drehofenanlagen im Jahr 2011........................25 Abbildung 10: Messergebnisse für Dioxin- und Furanemissionen..................................................................................25 Abbildung 11: Entwicklung des spezifischen Energiebedarfs für die Zementherstellung in den deutschen Zementwerken.......................................................................................................................26 7 Abbildung 12: Entwicklung des spezifischen elektrischen Energieverbrauchs in der Zementproduktion, ab 1987 inklusive ostdeutscher Werke....................................................................................................27 Abbildung 13: Bestandteile eines Altreifens für die Verwendung als Brennstoff und Rohmaterial im Klinkerbrennprozess...........................................................................................................................30 Abbildung 14: Entwicklung der (energiebedingten) CO2-Emissionen in Deutschland....................................................31 Abbildung 15: CO2-Emissionen der deutschen Zementwerke im europäischen Emissionshandelssystem...................32 Abbildung 16: Entwicklung der Unfallhäufigkeit in der deutschen Zementindustrie......................................................35 Abbildung 17: Umweltvergleich des Gütertransports mit Binnenschiff, Bahn und Lkw.................................................35 Abbildung 18: Modal Split des Güterverkehrsaufkommens der befragten Zementwerke im Vergleich zum gesamten Güterverkehr in Deutschland in 2002 und 2008.........................................36 Abbildung 19: Balkenquerschnitte bei verschiedenen Bauweisen.................................................................................37 Abbildung 20: Stoffströme beim Recycling von Beton...................................................................................................38 Abbildung 21: Aufkommen und Verwertung von Baureststoffen....................................................................................38 Abbildung 22: Gezielter Rückbau von Gebäuden als Voraussetzung für ein modernes Betonrecycling........................39 Abbildung 23: Primärenergieverbrauch für Erstellung und Nutzung eines Mehrfamilien-Niedrigenergiehauses............41 Abbildung 24: Treibhauspotenzial von Gebäuden in Massiv- und Holzbauweise im Erstellungsjahr und über einen Lebenszyklus von 80 Jahren..........................................................................................42 Abbildung 25: Beton-Außenwandkonstruktionen für die passive und aktive Solarenergienutzung...............................43 Abbildung 26: Beton als leistungsstarker Baustoff auch für besondere Anwendungen wie Faultürme in Kläranlagen..........................................................................................................................................44 Abbildung 27: Reparaturen von Fahrbahndecken mit Hilfe von Spezialbetonen auf Basis schnell erhärtender Zemente...................................................................................................................................................46 Tabellen Tabelle 1: Entwicklung der Zementindustrie in Deutschland ..................................................................................10 Tabelle 2: Zementarten und ihre Bestandteile..........................................................................................................12 Tabelle 3: Substitutionseffekte und -potenziale.......................................................................................................17 Tabelle 4: Flächenbedarf für den Abbau oberflächennaher Rohstoffe im Jahr 2010 ..............................................18 Tabelle 5: Marktanteile von Zementarten am Inlandsversand in Mio. t ...................................................................29 Tabelle 6: Brennstoffeinsatz in der deutschen Zementindustrie in Mio. GJ pro Jahr .............................................30 Tabelle 7: Beiträge zur CO2-Minderung in der deutschen Zementindustrie ...........................................................31
Nachhaltigkeit und Zementindustrie 1 Hintergrund und Anliegen der die Erstellung der ersten Fassung der Die Sozialpartner in der Zementin- Dokumentation Dokumentation „Nachhaltigkeit und dustrie legen für ihre Initiative ein Zementindustrie“, um eine Basis für Verständnis von Nachhaltigkeit als Im Jahr 2002 begründeten der Bun- einen verstärkten Dialog zur nach- Such- und Lernprozess zugrunde, der desverband der Deutschen Zement- haltigen Entwicklung zu schaffen. In die gesamte Wertschöpfungskette ze- industrie (BDZ), der Verein Deutscher der Dokumentation wurden Grund- mentgebundener Baustoffe umfasst Zementwerke (VDZ) und die Sozialpoliti- satzpositionen der Sozialpartner zur und der durch Investitionen und Inno- sche Arbeitsgemeinschaft der deut- nachhaltigen Entwicklung dargestellt, vationen schrittweise vorangebracht schen Zementindustrie (SPADZ) ge- eine Standortbestimmung im Hinblick wird, um ökologische, ökonomische meinsam mit der Industriegewerk- auf bereits bestehende Beiträge zur und soziale Bedürfnisse besser als schaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) Nachhaltigkeit vorgenommen und zuvor zu integrieren. Konkrete Bei- und der Industriegewerkschaft Berg- Handlungsfelder für zukünftige Auf- träge und Maßnahmen werden in der bau, Chemie, Energie (IG BCE) die Initia- gaben zur nachhaltigen Entwicklung Dokumentation „Nachhaltigkeit und tive für Nachhaltigkeit in der deutschen in der Zementindustrie identifiziert, Zementindustrie“ daher diesen drei Zementindustrie. Die Sozialpartner um diese dann in konkreten Projekten Dimensionen nicht isoliert zugeordnet, würdigten damit, dass nachhaltige angehen zu können. sondern entlang der branchenspe- Entwicklung zunehmend zu einem zen- zifischen Wertschöpfungskette im tralen gesellschaftspolitischen Leitbild Zehn Jahre später wird hiermit nun Zusammenhang dargestellt und do- wurde, das für wirtschaftliche bzw. eine überarbeitete Fassung dieser kumentiert. Die Wertschöpfungskette industrielle Tätigkeiten immer stärker Dokumentation „Nachhaltigkeit und „Zement“ gliedert sich in fünf Bereiche: 8 Zementindustrie“ vorgelegt. Neben der die Rohstoffgewinnung, die Herstel- an Relevanz gewinnt. Dies gilt auch für die Herstellung und den Verbrauch Aktualisierung von Inhalten und Daten lung von Zement, seine Verarbeitung von Zement und zementgebundenen umfasst dies die Darstellung und Aus- zu zementgebundenen Baustoffen Baustoffen. wertung der gemeinsamen Projekte, (insbesondere Beton), deren Verwen- die von den Sozialpartnern im Rah- dung in der Bauwirtschaft sowie das Allgemein fehlte vor zehn Jahren je- men der Initiative für Nachhaltigkeit Recycling zementgebundener Bau- doch ein sach- und praxisgerech- durchgeführt wurden. In diesen Pro- stoffe (vgl. Abbildung 1). tes Verständnis von Nachhaltigkeit. jekten ging es vor allem um folgende Dies galt auch für das Verhältnis von vier Themen: Als die erste Fassung der Dokumen- nachhaltiger Entwicklung und Zement- tation „Nachhaltigkeit und Zement- industrie. Die Sozialpartner in der Ze- integriertes Rohstoff- und Natur- industrie“ im Jahr 2002 vorgelegt mentindustrie haben sich in dieser schutzmanagement, wurde, stand die praktische Umset- Hinsicht davon leiten lassen, dass zung von nachhaltiger Entwicklung auch der Wirtschaft mit ihren Unter- Einsatz sekundärer Stoffe, erst am Anfang. Die zwischenzeitlich nehmen, Mitarbeitern und Interessen- vorgelegten Fortschrittsberichte der vertretungen eine zentrale Bedeutung Gestaltung nachhaltiger Transport- Bundesregierung zur Umsetzung der für die nachhaltige Entwicklung zu- und Logistikketten, nationalen Nachhaltigkeitsstrategie – kommt. Den Beginn ihrer Zusammen- der jüngste stammt aus dem Jahr 2012 arbeit bildete vor diesem Hintergrund Weiterbildung der Beschäftigten. – dokumentieren, welche Bedeutung Soziale Nachhaltigkeit – Wertschöpfungskette – Rohstoff- Zement- Beton- Bau- Beton- gewinnung produktion herstellung wirtschaft recycling – Nachhaltigkeitsprozess – • Stakeholder • Dialoge • Interessen • Schnittstellen • Bestehende Beiträge • Entwicklungspotenziale Ökonomische Ökologische Nachhaltigkeit Nachhaltigkeit Abb. 1: Integration der drei Nachhaltigkeitsdimensionen durch Betrachtung entlang der Wertschöpfungskette
1 Hintergrund und Anliegen der Dokumentation die nachhaltige Entwicklung heute für unverzichtbare Grundlage für den Auf- die wirtschaftlichen und sozialen praktische Politik auf allen Ebenen hat bau und Erhalt einer modernen Infra- Charakteristika und Entwicklungen (Bundesregierung 2012). Diesen An- struktur zur Befriedigung der Bedürf- der Branche erläutert, die zugleich satz nehmen die Sozialpartner in der nisse Wohnen, Arbeiten und Mobilität die aktuellen Handlungsspielräume Zementindustrie auf. Mit Blick auf die bilden, sollen die Rahmenbedingungen der Zementindustrie markieren. An- gemeinsamen Aktivitäten im Rahmen und Implikationen, die mit der Herstel- schließend werden im Kapitel 3 die der Initiative für Nachhaltigkeit gehen lung des Grundstoffes Zement sowie Relevanz der Branche für eine nach- sie von den eigenen Handlungsmög- seiner Anwendung verbunden sind, im haltige Entwicklung und Beiträge zur lichkeiten der Unternehmen und ihrer Sinne der nachhaltigen Entwicklung Nachhaltigkeit entlang der Wertschöp- Beschäftigten aus, um praktische Bei- gestaltet werden. fungskette des Zements aufgezeigt. träge zu den oben genannten Themen Den Abschluss bildet eine Standortbe- zu leisten und konkrete Problemlösun- In der vorliegenden aktualisierten Do- stimmung, die die Entwicklungen der gen vorzuschlagen. Ausgehend davon, kumentation „Nachhaltigkeit und Ze- vergangenen zehn Jahre zusammen- dass zementgebundene Baustoffe eine mentindustrie“ werden im Kapitel 2 fassend bewertet (Kapitel 4). 9
Nachhaltigkeit und Zementindustrie 2 Branchencharakteristika und Tab. 1: Entwicklung der Zementindustrie in Deutschland (Quelle: Statistisches Bundesamt, Handlungsrahmen eigene Berechnungen) Einheit 1995 2000 2005 2010 2011 Struktur und Entwicklung der Branche Unternehmen Anzahl 35 31 22 22 22 Die Zementindustrie wird in Deutsch- Betriebe * Anzahl 66 59 55 52 51 land durch eine Mischung aus industri- ellem Mittelstand und weltweit tätigen Beschäftigte * Anzahl 12 577 11 144 7 669 7 581 7 657 Konzernen geprägt. Nach Angaben des Vereins Deutscher Zementwerke Beschäftigte wurde im Jahr 2011 in 54 Betrieben Anzahl 191 189 139 146 150 je Betrieb * Zement hergestellt, darunter auch sol- che mit weniger als 20 Beschäftigten. Umsatz * Mio. E 2 912 2 651 1 792 2 244 2 605 Hinzu kommen 6 Verwaltungsstand- ... davon durch orte. Unter den produzierenden Be- Mio. E 168 211 228 368 408 Ausfuhr * trieben befinden sich 35 so genannte integrierte Zementwerke, die den ge- Auslandsanteil Prozent 5,8 8,0 12,7 16,4 15,7 samten Produktionsprozess – begin- am Umsatz * nend mit der Gewinnung, Förderung 10 Produktion ** Mio. t 37,2 36,1 31,0 29,9 33,5 und Aufbereitung der Rohstoffe – ab- decken und typischerweise etwa 100 Anlage- bis 250 Beschäftigte haben. Die üb- Mio. E 425,9 220,6 124,9 158,5 n.a. investitionen ** rigen so genannten Mahlwerke sind Investitionsquote deutlich kleiner und beziehen das Zwi- Prozent 14,6 8,3 7,0 7,1 n.a. am Umsatz schenprodukt Zementklinker von den integrierten Werken, um damit Zement Investition je Tsd. E 33,9 19,8 16,3 20,9 n.a. Beschäftigtem herzustellen. Umsatz je Tsd. E 231,5 237,9 233,7 296,0 340,2 Die Zahl der Mitarbeiter lag im Jahr Beschäftigtem 2011 bei 7 657 und ist damit seit 2001 * Betriebe mit mehr als 19 Beschäftigten / ** Unternehmen um rund 29 % gesunken (Tabelle 1). Insgesamt hat sich die Struktur der 45 Zementindustrie in Deutschland in 40 den vergangenen Jahren deutlich verändert. Die Zahl der zementher- 35 stellenden Unternehmen ging im glei- 30 chen Zeitraum sogar um 42 % zurück, Mio. Tonnen die Zahl der Betriebe um 12 %. Die- 25 se Entwicklung war vor allem eine 20 Folge veränderter Marktverhält- nisse, die u.a. zu einem Preisverfall 15 führten, der sich von 1995 bis 2003 10 vollzog. Aufgrund einer schlechten Baukonjunktur ging in diesem Zeit- 5 raum auch die Nachfrage deutlich 0 zurück (Abbildung 2) und die Auslas- 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 tung der Werke sank. Vor diesem Jahr Hintergrund wurde die Produktion in verschiedenen Werken aufgegeben Abb. 2: Entwicklung des Zementverbrauchs in Deutschland; bis 1991 nur Westdeutsch- land, ab 1992 Gesamtdeutschland (Zahlenangaben: VDZ) und die dortige Beschäftigung entfiel. Diese Phase der Konsolidierung war 2005 abgeschlossen, seitdem ent- wickelt sich die Zementindustrie in Deutschland wieder stabil und konnte damit mehr als doppelt so hoch wie im bei, der Tiefbau dementsprechend zuletzt sogar Beschäftigung aufbauen. Durchschnitt des gesamten Verarbei- einen Anteil von 36,3 %. Zemente, tenden Gewerbes (3,4 %). die in anderen Branchen (z.B. als Tief- Die Bruttoanlageinvestitionen der bohrzement bei der Erdölförderung) deutschen Zementindustrie sind in Die Bauwirtschaft ist der wichtigste eingesetzt werden, spielen bezogen den letzten Jahren wieder gestiegen Anwendungsbereich für Zement. Dabei auf den Zementabsatz insgesamt und beliefen sich zwischen 2006 und kommt insbesondere dem Hochbau mengenmäßig nur eine geringe Rolle. 2010 auf insgesamt 897 Mio. € bzw. (Wohnungsbau und Nichtwohnungs- In den kommenden Jahren wird mit jährlich auf durchschnittlich 24 000 € bau) eine tragende Rolle zu. In 2011 einer anhaltend positiven Entwicklung je Beschäftigtem. Der Anteil der Inves- trug dieser mit 63,7 % den Großteil des Zementverbrauchs in Deutschland titionen am Umsatz lag bei 7,1 % und zum Zementabsatz in Deutschland gerechnet. Grundsätzlich gilt, dass in
2 Branchencharakteristika und Handlungsrahmen reifen Märkten der Zementverbrauch auf der Straße – in der Regel über ist auch in Deutschland die Bedeu- weniger von bauwirksamen Nachhol- relativ kurze Entfernungen von bis tung der konzerngebundenen Her- bedarfen geprägt ist als von Ersatzin- zu 200 km abgesetzt werden, wie steller gewachsen. Die bislang größ- vestitionen sowie der Modernisierung eine empirische Studie im Jahr ten Verschiebungen im Verhältnis von von Wohnraum und Infrastrukturen. 2009 zeigt (Initiative für Nachhal- konzerngebundenen und mittelstän- tigkeit 2010). Die Nähe zu den Ab- dischen Unternehmen liegen allerdings Die Zementindustrie wird im Allge- satzmärkten ist daher ein weiterer schon etwa 40 Jahre zurück. Derzeit meinen durch folgende, eng zusam- Standortfaktor, der die regionale gehören zwei Drittel aller Produktions- menhängende Merkmale charakte- Verteilung der Werke stark beein- standorte in Deutschland (Mahlwerke risiert. flusst hat. Demgegenüber hat in eingerechnet) zu den 6 größten Anbie- den vergangenen Jahren auch der tern, darunter Tochtergesellschaften Kapitalintensität: Für den Neubau Transport über Schiene und Was- eines französischen, eines schweize- eines kompletten Zementwerkes serwege an Bedeutung gewonnen. rischen, eines italienischen und eines mit einer Jahresleistung von 1,5 Dieser erlaubt den Zement- bzw. mexikanischen Konzerns. Mio. t Klinker sind Investitionen in Zementklinkerversand auch über Höhe von bis zu 250 Mio. € anzu- größere Distanzen. Aufgrund der vergleichsweise hohen setzen (nicht berücksichtigt sind Transportkostenintensität findet der Landerwerb und erschwerende Rohstoff- und Energieintensi- Außenhandel ganz überwiegend mit Rahmenbedingungen). Dies ent- tät: Zement lässt sich nicht ohne dem benachbarten EU-Ausland statt. spricht etwa dem Dreifachen eines primäre Rohstoffe herstellen, die Die Ausfuhr hat in den letzten Jahren Jahresumsatzes oder – bezogen Stoffumwandlung zur Veredlung an Bedeutung gewonnen und erreichte 11 auf die direkt Beschäftigten – der Rohstoffe bedarf zudem des nach Angaben des VDZ im Jahr 2011 im Durchschnitt etwa 1,5 Mio. € Einsatzes von Brennstoffen und rund 23 % des Gesamtversandes der pro Arbeitsplatz. Bei Neuinves- Strom. So lag, trotz des hohen deutschen Zementwerke. Demgegen- titionen entfallen heute über 20 % energetischen Anlagenwirkungs- über wurden zuletzt nur rund 4 % des des Investitionsvolumens auf Um- grades von über 70 %, der Anteil Inlandsverbrauchs importiert. Inter- weltschutzmaßnahmen. Entspre- der Energiekosten an der Brutto- national wettbewerbsfähige Rahmen- chende Großprojekte amortisieren wertschöpfung der deutschen bedingungen (u.a. bei den Energieko- sich nur über einen Zeitraum von Zementindustrie nach Angaben sten) sind daher vor allem mit Blick etwa 25 Jahren. Durch Instand- des Statistischen Bundesamtes in auf die Exportmärkte auch für die Ent- haltung betragen die betrieblichen 2010 bei 49 %, einem der höchsten wicklung der „standortgebundenen“ Nutzungszeiten großer Aggregate Werte aller Industriebranchen. Die Zementindustrie in Deutschland von z.T. deutlich mehr als 30 Jahre. Unternehmen haben deshalb seit großer Bedeutung. Gleichzeitig steigt Hinzu kommt, dass Investitionen jeher ein hohes Eigeninteresse dar- angesichts von Überkapazitäten und der Zementindustrie in hohem an, wertvolle Rohstoffvorkommen Produktionskostendifferenzen inner- Maße irreversibel sind, weil mit den als Basis der Zementproduktion zu halb und außerhalb der EU auch der Anlagen in der Regel keine ande- schonen und die Energieeffizienz Importdruck spürbar. ren Produkte hergestellt werden ihrer Anlagen zu steigern. Neben können (Einzweckcharakter) und verfahrenstechnischen Verbes- Insgesamt lässt sich eine dynamische ihr Liquidationswert gering ist. Die serungen schöpfen sie dabei zu- Globalisierung der Branche beobach- Zementindustrie bedarf daher bei nehmend Substitutionspotenziale ten. Zwar steht hier nicht in erster Linie der Rohstoffversorgung wie auch durch alternative Brenn- und Ein- eine Verlagerung der Produktion an, in anderen Bereichen einer ausrei- satzstoffe aus. Ferner werden zur wie sie in anderen Industriebranchen chenden, langfristigen Perspektive, Ressourcenschonung und CO 2- vollzogen wurde. Triebfeder ist viel- die die notwendige Investitions- Minderung zunehmend Zemente mehr die Ausschöpfung von Wachs- sicherheit bietet. mit mehreren Hauptbestandteilen, tumspotenzialen und die Abfederung d.h. mit niedrigerem Klinkergehalt (bau-)konjunktureller Risiken durch Standortgebundenheit: Die Ze- produziert. eine möglichst breite räumliche Diver- mentherstellung ist an geeignete sifizierung. Als abgeleiteter Effekt fin- und verfügbare Rohstoffvorkom- Im Unterschied zu den meisten ande- det auch in der frachtkostenintensiven men gebunden. Um Transporte ren Ländern der Erde einschließlich Zementindustrie eine zunehmende und die damit einhergehenden der Mitgliedstaaten der Europäischen Optimierung der Produktionsbasis und Kosten möglichst gering zu hal- Union weist die deutsche Zement- der Kapazitätsauslastung im interna- ten, liegen Zementwerke, in denen industrie einen strukturellen Mix von tionalen Verbund statt. Angesichts das rohstoffintensive Zwischen- konzerngebundenen Unternehmen der relativ günstigen Frachtraten für produkt Klinker hergestellt wird, und industriellem Mittelstand auf. Schiffstransporte kommt dabei vor in der Regel in unmittelbarer Nä- Während in Deutschland bei Berück- allem großen Werksstandorten mit he geeigneter Lagerstätten. Dies sichtigung der Unternehmensverflech- Anschluss an den See- oder Binnen- ist nicht nur wirtschaftlich, son- tungen 18 Unternehmen über eine schifffahrtsverkehr eine wichtige stra- dern auch ökologisch sinnvoll, eigene Produktionsbasis zur Herstel- tegische Funktion zu. In Deutschland weil so Umweltbelastungen durch lung von Zementklinker verfügen, trifft gibt es zwar kein integriertes Zement- Input-Transporte vermieden wer- dies in Belgien lediglich auf 3 sowie in werk mit direktem Anschluss zum den. Hinzu kommt, dass die meis- Frankreich und Großbritannien nur auf Seeverkehr, einige Standorte befinden ten Normzemente aus wirtschaft- jeweils 4 Unternehmen zu (vgl. Global sich aber an wichtigen Binnenschiff- lichen Gründen – beim Transport Cement Report Ninth Edition). Zwar fahrtswegen. So erhöht sich auch in
Nachhaltigkeit und Zementindustrie der Zementindustrie der internatio- Produkte, Produktionsverfahren und um ein homogenes Massengut. Die nale Wettbewerbsdruck und damit Innovation Zemente, die in Deutschland verwen- auch das Risiko der Verlagerung von det werden, entsprechen mit einem Produktion und CO2-Emissionen an Zement ist ein hydraulisches Binde- Marktanteil von rund 90 % den Ze- Standorte außerhalb der EU („carbon mittel, d.h. ein fein gemahlener, nicht- mentnormen DIN 1164 und DIN EN leakage“). metallisch-anorganischer Stoff, der 197. Danach wird Zement im We- nach Zugabe von Wasser erhärtet sentlichen aus sechs verschiedenen In weltweiter Perspektive wachsen und sowohl an der Luft als auch un- Hauptbestandteilen hergestellt: Neben Produktion und Verbrauch von Zement ter Wasser fest bleibt. Die Mischung Portlandzementklinker, der aus den vor allem in Asien, das seinen Welt- von Zement, Wasser und Zuschlag- natürlichen Rohstoffen Kalkstein und marktanteil von rund einem Drittel in stoffen (Kies / Sand) ergibt Beton, der Ton bzw. Kalkmergel gebrannt wird, 1980 auf etwa 80 % im Jahr 2010 aus- seinerseits dauerhaft fest und raum- handelt es sich dabei um Hüttensand, geweitet hat (Abbildung 3). Vom ge- beständig bleibt. Zement wird zudem Puzzolane, Flugasche, gebrannten Öl- samten weltweiten Zementverbrauch als Bindemittel für die Herstellung von schiefer und ungebrannten Kalkstein. findet gegenwärtig mehr als die Hälfte anderen Baustoffen wie z.B. Putz- und Aus diesen Stoffen können in Deutsch- alleine in China statt, in Europa dage- Mauermörtel verwendet. Bei Zement land fünf genormte Hauptzementarten gen rund 8,5 %. handelt es sich ganz überwiegend hergestellt werden, die sich ihrerseits in 34 Zementarten unterteilen. Port- landzementklinker ist der wichtigste Hauptbestandteil, ohne den sich kein 12 3 500 Zement herstellen lässt. Tabelle 2 Übrige Welt Deutschland fasst die wichtigsten Unterschiede in 3 000 Italien der Zusammensetzung von Normze- Mexiko Saudi-Arabien menten zusammen. 2 500 Japan Indonesien Türkei Neben den bekannten Normalzemen- Mio. Tonnen 2 000 Südkorea ten („Common Cements“) gewinnt die Ägypten Russland Entwicklung von genormten und nicht 1 500 Vietnam genormten Spezialzementen mit be- Iran Brasilien sonderen, kundenspezifischen Anwen- 1 000 USA dungseigenschaften an Bedeutung. (o. Puerto Rico) Hierzu gehören hochleistungsfähige Indien China Schnellzemente, umweltfreundliche 500 Spritzzemente und mikrofeine Injek- tionszemente. Mit Schnellzementen 0 kann die Festigkeitsentwicklung von 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 Jahr Beton so beschleunigt werden, dass sich die Sperrzeiten bei der Reparatur Abb. 3: Entwicklung in den 16 Staaten mit dem höchsten Zementverbrauch (Zahlen- stark frequentierter Verkehrsflächen angaben: CEMBUREAU) (Autobahnen, Flughäfen) drastisch verkürzen. Neue umweltverträgliche Spritzzemente verbessern den Ge- Tab. 2: Zementarten und ihre Bestandteile (Quelle: VDZ 2002) sundheitsschutz im Tunnelbau und den Schutz des Grundwassers. Mikrofeine Zement- Bezeichnung Anteil Portland- Sonstige art (Normalzementarten) zementklinker Hauptbestandteile Zemente weisen eine besonders hohe Mahlfeinheit bzw. Reaktivität auf und CEM I Portlandzement 95–100 % – verbessern in Kombination mit Injek- Portlandhüttenzement 65–94 % Hüttensand: 6–35 % tionshilfen und anderen Werkstoffen Portlandsilicastaubzement 90–94 % Silicastaub: 6–10 % die Möglichkeiten, Risse in Bauwer- ken oder Felsen zu verpressen, Bö- Portlandpuzzolanzement 65–94 % Puzzolane: 6–35 % den und Lockergestein zu verfes- Portlandflugaschezement 65–94 % Flugasche: 6–35 % tigen sowie die Dichtigkeit und Fes- CEM II Portlandschieferzement 65–94 % Gebrannter Schiefer: tigkeit von Beton zu erhöhen. 6–35 % Die Zementherstellung umfasst fol- Portlandkalksteinzement 65–94 % Kalkstein: 6–35 % gende Produktionsschritte (Abbil- Portlandkompositzement 65–94 % alles Obige: 6–35 % dung 4): Am Anfang steht die Gewin- CEM III Hochofenzement 5–64 % Hüttensand: 36–95 % nung, Förderung und Aufbereitung der Rohstoffe, die im Hinblick auf Puzzolanzement 45–89 % Silicastaub, Puzzolane, ihre chemische Zusammensetzung CEM IV Flugasche: 11–55 % homogenisiert und zu Rohmehl fein- Kompositzement 20–64 % Hüttensand: 18–50 %; gemahlen werden. Das Rohmehl Puzzolane, kiesel- wird im weiteren Produktionsver- CEM V säurereiche Flugasche: lauf „entsäuert“, indem das Calci- 18–50 % umcarbonat (CaCO3) der Kalkkom-
2 Branchencharakteristika und Handlungsrahmen ponente in Calciumoxid (CaO) und Kohlendioxid (CO2) zerlegt wird, und Hauptbestandteile von Zement bei Temperaturen von rund 1 450 °C bis zur Sinterung zum Zwischenpro- Zemente werden aus mehreren Hauptbestandteilen hergestellt. Dies sind dukt „Klinker“ gebrannt. Die hier ab- Stoffe mit einem Anteil von mindestens 5 % an der Gesamtzementmenge. laufenden chemischen Reaktionen Darüber hinaus können in geringem Umfang Nebenbestandteile hinzugefügt verleihen dem Zement später seine hy- werden, um die richtige chemische Mischung herzustellen. Insgesamt gibt draulischen Eigenschaften. Das Bren- es sechs verschiedene Hauptbestandteile, die in Deutschland relevant sind: nen geschieht in Drehöfen von mehre- ren Metern Durchmesser und 40 bis 90 Portlandzementklinker ist ein hydraulischer Stoff, der aus einer genau fest- Metern Länge. Nach rascher Kühlung gelegten Rohstoffmischung hergestellt wird, die vor allem Calciumoxid (CaO), wird der Zementklinker zusammen mit Siliciumoxid bzw. Kieselsäure (SiO2), Aluminiumoxid bzw. Tonerde (Al2O3) und einem Erstarrungsregler (Gips / Anhy- Eisenoxid (Fe2O3) sowie geringe Mengen anderer Stoffe enthält. Kalkstein und drit) und gegebenenfalls weiteren Ton oder deren natürlich vorkommendes Gemisch, der Kalkmergel, liefern Hauptbestandteilen außer Klinker (z.B. diese chemischen Bestandteile und sind damit die wichtigsten Rohstoffe für Hüttensand) zu Zement vermahlen die Klinkerherstellung. und / oder gemischt. Schließlich erfolgt die Bereitstellung für den Versand als Hüttensand (granulierte Hochofenschlacke) ist ein Koppelprodukt der Roh- Sackware oder in loser Form per LKW eisenherstellung, das durch schnelles Abkühlen (Granulieren) der Schlacke (Silozug), Bahn oder Schiff. entsteht, die im Hochofen beim Schmelzen von Eisenerz gebildet wird. Es handelt sich um einen latent hydraulischen Stoff, dessen Erhärtung mit Hil- 13 Die kapitalintensive Zementherstel- fe von Portlandzementklinker und Calciumsulfaten (Gips, Anhydrit) alkalisch lung war und ist durch verfahrens- bzw. sulfatisch angeregt werden kann. technische Innovationen geprägt. Diese sind nicht zuletzt Ergebnis der Puzzolane sind Stoffe, die nach dem Anmachen mit Wasser nicht selbst- engen Kooperation mit dem Anlagen- ständig erhärten, sondern in Gegenwart von Wasser bei üblichen Umge- bau und der Forschung auf Gemein- bungstemperaturen mit gelöstem Calciumhydroxid unter Entstehung von schaftsebene aller Zementhersteller, festigkeitsbildenden Calciumsilicat- und Calciumaluminat-Verbindungen die im Verein Deutscher Zementwerke reagieren. Natürliche Puzzolane sind im allgemeinen Stoffe vulkanischen zusammengeschlossen sind. Haupt- Ursprungs (z.B. Trass) oder Sedimentgesteine mit geeigneter chemisch-mi- faktoren des Innovationsgeschehens neralogischer Zusammensetzung. sind die Senkung der fixen und varia- blen Kosten sowie die Anforderungen Flugasche kann ihrer Natur nach silicatisch oder kalkhaltig sein. Erstere ver- des Umweltschutzes, wobei sich die fügt über puzzolanische Eigenschaften, letztere kann zusätzlich hydraulische Ziele durchaus ergänzen können. Dies Eigenschaften haben. Flugasche fällt durch elektrostatische oder mecha- gilt insbesondere für die Verminderung nische Abscheidung von staubförmigen Partikeln aus Rauchgasen aus der des spezifischen Brennstoffbedarfes. Verfeuerung feingemahlener Kohle an. In Deutschland wird ausschließlich Hier hat die frühe Umstellung vom silicatische Flugasche als Zementbestandteil verwendet. Nass- auf das Trockenverfahren und die Optimierung der Abwärmenutzung Gebrannter Schiefer – insbesondere gebrannter Ölschiefer – wird in spe- zu einer erheblichen Verbesserung der ziellen Öfen bei Temperaturen von etwa 800 °C hergestellt. Er weist feinge- Energieeffizienz geführt. Vor allem Öfen mahlen ebenso ausgeprägte hydraulische Eigenschaften wie Portlandzement- mit Zyklonvorwärmern, deren „Erfin- klinker und daneben auch puzzolanische Eigenschaften auf. dung“ schon lange zurückliegt und bei denen das Rohmehl über die Wirbel- Kalkstein ist ein inerter Stoff, der keine hydraulischen oder puzzolanischen schichtkammern eines so genannten Eigenschaften hat. Kalkstein besteht als Hauptbestandteil von Zement zu Wärmetauscherturms im Gegenstrom mindestens 75 % aus Calciumcarbonat (CaCO3) und darf nur geringe tonige zum Ofenabgas erwärmt wird, wurden Anteile enthalten. kontinuierlich weiter entwickelt. Der spezifische Strombedarf unter- liegt dagegen unterschiedlichen Ein- Gleichmäßigkeit bei der Festigkeits- jedoch die erreichten technischen Ef- flüssen: Zwar konnte auch hier die entwicklung auszeichnen und daher fizienzfortschritte bei Weitem, so dass Energieeffizienz gesteigert werden, einen erhöhten Mahlaufwand erfor- sich in den letzten Jahren ein leichter andere Effekte führen aber gleichzei- dern. Zudem nimmt der Anteil von Ze- Anstieg des spezifischen elektrischen tig zu einem Bedeutungszuwachs der menten mit mehreren Hauptbestand- Energiebedarfs beobachten lässt. Vor „Modernisierungsenergie“ Elektrizität. teilen – vor allem mit hohen Anteilen an diesem Hintergrund kommt der Effizi- Hierzu gehören steigende Umwelt- Hüttensand – zu. Da Hüttensand ver- enzsteigerung bei den stromintensiven schutzanforderungen, die einen hö- gleichsweise schwer mahlbar ist, kann Mahlaggregaten, die bislang noch ein heren Energieeinsatz bei der Rauch- allein die Substitution des Klinkers zu ungelöstes technisch-wissenschaft- gasreinigung erforderlich machen. Eine einem höheren Mahlaufwand führen. liches Problem darstellen, künftig ein wichtige Rolle spielen zudem höhere Die oben genannten, gegenläufigen erheblicher Stellenwert zu. Qualitätsstandards: Auf entwickelten Effekte (Umweltauflagen, höhere Pro- Märkten werden zunehmend Zemente duktqualitäten, Zementarten mit ge- Insgesamt haben Prozessinnovationen nachgefragt, die sich durch höchste ringerem Klinkeranteil) kompensieren nicht nur zur Verbesserung von Teilag-
Nachhaltigkeit und Zementindustrie gregaten, sondern auch zur Kopplung mit dem hohen Automatisierungsgrad en, informationstechnisch geprägten und Vernetzung der Verfahrensschritte und dem großen Umfang von Tätig- Berufen angeboten (Fachinformatiker, in den Zementwerken geführt. Der ge- keiten in der Steuerung und Kontrolle IT-Systemkaufleute). samte Stofftransport ist mechanisiert des zentralen Produktionsprozesses. und fast vollständig automatisiert, alle Zu den branchentypischen Tätigkeits- Auch auf Gemeinschaftsebene tragen Teilaggregate müssen heute gleichzei- feldern gehört die Arbeit in den zentra- verschiedene Aktivitäten dazu bei, tig eine hohe Verfügbarkeit aufweisen. len Leitständen, die Anlagensteuerung dass der branchenspezifische Weiter- Die Anlagen werden daher über inte- und -kontrolle, die Instandhaltung so- bildungsbedarf gedeckt wird. Hierzu grierte, computergestützte Prozess- wie die Probenanalyse in den Labo- gehören die Industriemeister-Lehrgän- leitsysteme gesteuert, in die zahlreiche ren, die der Qualitätssicherung dient. ge der Fachrichtung „Kalk / Zement“, Mess- und Regelgrößen einschließlich Knapp zwei Drittel der Beschäftigten die vom Verein Deutscher Zement- umweltrelevanter Daten eingehen. Dies sind Facharbeiter oder Fachange- werke angeboten werden. Zudem zeigt, dass sich die Zementindustrie stellte, ein weiteres Viertel besteht aus umfasst das Weiterbildungsangebot zu einem bedeutenden High-Tech-An- Personen mit Hochschulabschluss, des VDZ einen Produktionssteuerer- wender entwickelt hat. Kaufleuten mit zusätzlichem höheren Lehrgang „Zement“, der sich an das IHK-Abschluss sowie Technikern oder Leitstandspersonal in den Werken Beschäftigung, Qualifikation und Meistern. Der Anteil der An- und Un- richtet, sowie Seminare mit Schwer- Ausbildung gelernten, die vor vielen Jahren ein punkten in der chemischen Analytik, großes Gewicht hatten, liegt heute nur im Immissionsschutz und im produk- Im Zuge des technischen und wirt- noch bei rund 10 % und damit deutlich tionsintegrierten Umweltschutz. Seit 14 schaftlichen Wandels hat sich die unter dem Durchschnitt des gesamten Anfang 2010 steht den Unternehmen Arbeitswelt in der Zementindustrie Verarbeitenden Gewerbes in Deutsch- für die innerbetriebliche Weiterbildung stark verändert. Einerseits waren – in land (Initiative für Nachhaltigkeit 2012). zudem eine Internet-Lernplattform zur Verbindung mit konjunkturellen und Verfügung, die gleichermaßen von den strukturellen Veränderungen sowie Vor dem Hintergrund der betrieblichen Beschäftigten für das individuelle Ler- der Auslagerung von Funktionen (Out- Anforderungen und der demografischen nen wie auch für Gruppenschulungen sourcing) – die Produktivitätssteige- Entwicklung gewinnen die Ausbildung genutzt werden kann. rungen mit einem Verlust von Arbeits- und die Qualifizierung der Beschäf- plätzen verbunden. Andererseits ist tigten in der Zementindustrie weiter an Cluster und Wertschöpfungskette aus der Branche eine anlagenintensive, Bedeutung. Die Ausbildungsquote lag moderne Prozessindustrie geworden, im bundesweiten Durchschnitt der Im Rahmen der Wertschöpfungskette in der die Beschäftigten insgesamt eine deutschen Zementindustrie im Jahr ist die Zementindustrie mit vielen an- hohe Verantwortung bei der Steuerung 2011 bei 9,8 % und damit um mehr deren Branchen wechselwirksam ver- und Kontrolle der Produktion tragen als die Hälfte über dem Wert der ge- flochten. Sie steht im Mittelpunkt eines und sehr produktiv sind. Dies ist auch samten deutschen Wirtschaft. Die industriellen Netzwerkes (Clusters), mit hohen Anforderungen verbunden, Unternehmen bilden nicht nur in den das auf die Produktion mineralischer z.B. an das Qualifikationsniveau. gewerblichen, sondern auch in den Baustoffe ausgerichtet ist und neben kaufmännischen Berufen aus, insbe- den Abnehmern auch die Anbieter von Letzteres trifft nicht nur auf Fach- und sondere zum Industriekaufmann oder Vorleistungen umfasst, die vielfach – Führungskräfte zu, sondern auf alle zur Industriekauffrau. Zudem wird – z.B. in Form eines hochspezialisierten Beschäftigen: Hochqualifizierte Be- mit Schwerpunkt in den Hauptverwal- Maschinen- und Anlagenbaus – stark legschaften korrespondieren heute tungen – eine Ausbildung in den neu- exportorientiert sind. Insgesamt bietet das Cluster aus Zementindustrie sowie vor- und nachgelagerten Branchen Rohstoffe Rohmehl schätzungsweise rund 75 000 Arbeits- Gewinnen Homogenisieren Trocknen Brennen plätze in Deutschland. und Brechen und Lagern und Mahlen Zyklonvorwärmer Mischbett Elektro- Die Zementindustrie ist ein wichtiger filter Abnehmer von Vorleistungen in Form Drehofen Steinbruch von Energie (Brennstoffe, Strom), Brecher Ausrüstungsgütern (Maschinen, An- Rohmühle lagen) und produktionsnahen Dienst- leistungen (Transporte, Wartungsar- Klinker Zement beiten, Engineering etc.). Verschiedene Lagern und Mahlen Lagern Verladen Homogenisieren andere Hauptbestandteile Untersuchungen belegen die Bedeu- Sulfatträger tung der Vorleistungen für die Be- Klinker Klinkersilo schäftigung in den betreffenden Bran- chen (Heimer + Herbstreit / DIW 1997, Löckener / Sundmacher 2001). Geht Zementmühle man von diesen Ergebnissen aus und stellt in Rechnung, dass viele Unter- Feststoff Gas nehmen in den vergangenen Jahren Tätigkeiten ausgelagert haben, so ist Abb. 4: Produktionsschritte der Zementherstellung (Quelle: VDZ) davon auszugehen, dass heute auf je- den Arbeitsplatz in einem Zementwerk
2 Branchencharakteristika und Handlungsrahmen durch den Bezug von Vorleistungen deutlich mehr als ein Arbeitsplatz bei Weitere Betonhersteller Gesteinskör- Baustoffe nungen (z. B. Kies) Lieferanten entfällt. Zementverarbeitung, Bauunternehmen Betonproduktion Zementhersteller Insbesondere die Herstellung von In- Architekten Anlagenhersteller vestitionsgütern, die zur Baustoff- und Betonanwendung, Bauherren Zementproduktion Energieversorger insbesondere zur Zementproduktion Bauwirtschaft (Ofen-, Filter-, Mahl- und Fördertech- Bauträger Betonrecycling Behörden nik, zudem Labor-, Elektro-, Mess- und Behörden Nachbarschaften Regeltechnik) benötigt werden, ist eine Rohstoffgewinnung Domäne des deutschen Maschinen- Brennstoffe, und Anlagenbaus und sorgt hier für Zementhersteller Zumahlstoffe mehrere Tausend Arbeitsplätze. Diese Behörden Rahmenbedingungen: Unternehmen: Anlagenbauer weisen dabei einen ho- • Politik Nachbarschaften • Gesellschafter, Aktionäre hen Exportanteil auf, und obwohl die • Verbände • Management deutschen Zementwerke heute nicht • Interessengruppen • Mitarbeiter mehr die Hauptabnehmer dieser Un- ternehmen sind, stellt deren kontinu- Abb. 5: Wertschöpfungskette Zement und Beteiligte ierliche Nachfrage immer noch einen erheblichen wirtschaftlichen Faktor dar. Hinzu kommt, dass die deut- 15 schen Zementwerke traditionell eine besondere Rolle bei der Entwicklung, Fasst man die gesamte Wertschöp- sind dies neben den teils organisierten, Erprobung und Einführung neuer Ver- fungskette zusammen, in der Zement teils nicht-organisierten Nachbarschaf- fahrenstechniken spielen, die dann hergestellt, weiterverarbeitet und ver- ten vor allem die Behörden mit Zu- weltweit vermarktet werden. Dies gilt wendet wird, so folgt auf die Rohstoff- ständigkeit für die Raumplanung und insbesondere für die enge technolo- gewinnung und Zementproduktion die Genehmigung von Abgrabungen. gische Zusammenarbeit beim Um- die Herstellung zementgebundener Auf der Stufe der Zementproduktion weltschutz und bei der Steigerung der Baustoffe (insbesondere Beton), die spielen neben den Nachbarschaften Energieeffizienz. Anwendung dieser Baustoffe im Zu- und den Genehmigungsbehörden die ge des Bauprozesses sowie die Nut- Maschinen- und Anlagenbauer als Die wichtigsten unmittelbaren Abneh- zungsphase des betreffenden Bau- Ausrüster sowie die Energiewirtschaft mer der deutschen Zementindustrie werkes (Abbildung 5). Abgeschlossen als Zulieferer eine bedeutende Rolle. sind die Transportbetonwerke, die im wird die Wertschöpfungskette durch Bei der Anwendung entscheiden – Jahr 2011 rund 56 % der deutschen die Verwertung der Reststoffe nach vermittelt über die Betonhersteller und Zementproduktion nachfragten, so- Abriss eines Bauwerks. Betonbruch weitere Branchen (Baustoffhandel und wie die Hersteller von Betonbauteilen lässt sich zwar nicht zu Zement recy- Mörtelindustrie) – Bauwirtschaft, Archi- mit 26 %. Diese Abnehmer werden celn, kann aber nach erneuter Aufbe- tekten und Bauingenieure, Bauherren mit Silozement beliefert. Der Anteil reitung die natürlichen Ressourcen und Bauträger sowie diverse staatliche des Sackzements, der u.a. über den Kies und Sand teilweise ersetzen. An Einrichtungen über Art und Umfang des Baustoffhandel vertrieben wird, lag nur dieser Wertschöpfungskette ist die Ze- Einsatzes zementgebundener Bau- noch bei 7 %. Weitere 11 % wurden mentindustrie nur an den beiden ersten stoffe. Für die Ausgestaltung der Rah- als sonstiger Silozement ausgeliefert Stufen – der Rohstoffgewinnung und menbedingungen nehmen zudem auf und v.a. für die industrielle Herstellung der Zementproduktion – direkt betei- allen Stufen der Wertschöpfungskette von Mörteln, Putzen und Estrichen so- ligt. Verschiedene Zementhersteller die politischen Institutionen auf EU-, wie für bauchemische und Sonderpro- haben aber ihre eigene Wertschöpfung Bundes- und Länderebene einschließ- dukte benötigt. abgerundet, indem sie im Rahmen lich der relevanten Interessengruppen einer vertikalen Integration Transport- (insbesondere Umwelt- und Wirt- Die Transportbetonindustrie ist ausge- beton- und Fertigteilwerke betreiben schaftsverbände sowie Gewerkschaf- sprochen kleinbetrieblich und dezen- oder sich an solchen beteiligen. Zudem ten) eine wichtige Funktion ein. tral strukturiert, weil sich Frischbeton ist die Zementindustrie über den VDZ nur über geringe Entfernungen trans- mit Aktivitäten zur Bauberatung, zum Fast alle Zementhersteller in portieren lässt. Nach Verbandsanga- Marketing und zur Betontechnologie Deutschland sind Mitglied im Ver- ben – ein Teil der Unternehmen fällt im Bereich der Betonherstellung und ein Deutscher Zementwerke, der unter die „Abschneidegrenze“ des Sta- Betonanwendung engagiert. u.a. das Forschungsinstitut der Ze- tistischen Bundesamtes – beschäftigte mentindustrie trägt, und sind in die Transportbetonindustrie im Jahr Neben den Unternehmen der Zement- mehreren regionalen Arbeitgeber- 2011 insgesamt 9 500 Personen, der industrie mit Gesellschaftern, Aktio- verbänden zusammengeschlossen. Die Umsatz belief sich auf 3,1 Mrd. €. Die nären und Management sowie Beleg- Beschäftigten werden durch die beiden industrielle Herstellung von Betonbau- schaften und Betriebsräten sind auf Industriegewerkschaften Bauen- teilen ist durch kleine und mittelgroße jeder Stufe der Wertschöpfungskette Agrar-Umwelt (Schwerpunkte in West-, Betriebe geprägt. Insgesamt wurden mehrere andere Akteure über direkte Süd- und Ostdeutschland) und Berg- im Jahr 2011 von circa 35 000 Be- materielle Inputs oder über sonstige bau, Chemie, Energie (Schwerpunkte schäftigten Waren im Wert von 6 Mrd. € Einflüsse in den Gesamtprozess ein- in Nord- und Westdeutschland) orga- produziert. gebunden. Bei der Rohstoffgewinnung nisiert und vertreten.
Nachhaltigkeit und Zementindustrie 3 Beiträge zur Nachhaltigkeit in der Wertschöpfungskette des Zements 3.1 Rohstoffgewinnung Rohstoffbedarf und Versorgungssicherheit Die Gewinnung der für die Zementpro- duktion wichtigsten Rohstoffe (Kalk- stein und Ton bzw. deren natürlich vorkommendes Gemisch, der Kalk- mergel) ist die erste Stufe des Herstel- lungsprozesses und damit integraler Bestandteil der Wertschöpfungskette. Für die Klinkerproduktion wurden in den vergangenen Jahren in Deutsch- land zwischen 34 und 42 Mio. t Roh- material abgebaut (vgl. VDZ 2012b). 16 Der Umgang mit mineralischen Roh- stoffen – hierzu gehören neben den für die Zementherstellung notwendigen Materialien u.a. auch Kies und Sand für die Beton- bzw. Mörtelproduktion – ist für die Entwicklung einer Nachhaltig- keitsstrategie von großer Bedeutung: Rohstoffgewinnung stellt einerseits die materielle Basis der Bauwirtschaft dar, andererseits ist sie mit Eingriffen in das Landschaftsgefüge verbunden. Letzteres kann zu Konflikten mit ande- ren Belangen und Flächenansprüchen führen. Vor diesem Hintergrund hatte sich auch die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages mit der Gewinnung mineralischer Rohstoffe Abb. 6: Lagerstätten und Standorte von Zementwerken (Quelle: VDZ) befasst – ihre Schlussfolgerung ist auch heute noch unverändert gültig: trie, die Wasserwirtschaft (Reinigung betrieblichen Anforderungen der Un- „Die im Auftrag der Kommission von Wasser) und den Umweltschutz ternehmen ab, die mineralische Roh- durchgeführte Stoffstrom-Studie (u.a. Rauchgasentschwefelung). Ent- stoffe gewinnen und zu Baustoffen wie auch die Untersuchungen im sprechende Reststoffe bzw. Kop- weiterverarbeiten. So bedarf die Her- Auftrag des Bundesforschungsmi- pelprodukte kommen im Sinne einer stellung von 1 t Zementklinker etwa nisteriums zeigen, dass der Mate- Kreislaufwirtschaft als sekundäre Ma- 1,6 t Rohmaterial (der Massenverlust rialbedarf für den Hochbau noch terialien bei der Zementherstellung erklärt sich vor allem durch das Aus- über viele Jahrzehnte weitgehend zum Einsatz (siehe unten). treiben des im Kalkstein gebundenen über die Gewinnung von Mine- Kohlendioxids bei der Zementklinker- ralstoffen gedeckt werden muss, Neue Untersuchungen zeigen aller- herstellung). Hinzu kommt, dass der da Sekundärmaterialien aus Re- dings, dass die Bedeutung von Se- Transport der Rohstoffe aufgrund ihres cyclingprozessen im Hochbau nur kundärrohstoffen als Ersatz für primä- Gewichtes sehr kostenintensiv ist. einen geringen Prozentsatz des re Steine- und Erdenrohstoffe in den Obwohl es – etwa bei der Zufuhr von Bedarfes decken können.“ (vgl. kommenden Jahren trotz hoher Ver- hochwertigem Kalkstein als Korrektur- Enquete-Kommission 1998) wertungsquoten voraussichtlich leicht material – gewisse Ausnahmen gibt, abnehmen wird, weil durch die Ener- liegen Zementwerke mit Klinkerherstel- Ergänzend ist darauf hinzuweisen, giewende ein geringeres Aufkommen lung deshalb in der Regel in unmittel- dass Kalksteine nicht nur eine Grund- an Koppelprodukten aus Kraftwerken barer Nähe der ihrerseits standortge- lage zur Erzeugung von Baustoffen zu erwarten ist. Insgesamt ist daher mit bundenen Lagerstätten (Abbildung 6). für den Hoch- und Tiefbau sind, son- einem Anstieg des Kalksteinbedarfs Dies hat nicht nur ökonomische, son- dern auch für andere Branchen einen zur Zementerzeugung von 37,5 Mio. t dern auch ökologische Vorteile, weil unverzichtbaren Rohstoff darstellen. im Jahr 2010 auf 40,3 bis 46,2 Mio. t im Umweltbelastungen durch Transporte Dies gilt u.a. für die Stahlindustrie (bei Jahr 2030 zu rechnen (vgl. BBS 2012). vermieden bzw. begrenzt werden kön- der Roheisenerzeugung), die Che- nen. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht mische Industrie (u.a. für die Herstel- Eine nachhaltige Versorgung der Bau- ist eine langfristige Rohstoffsicherung lung von Düngemitteln), die Glasindus- wirtschaft hängt maßgeblich von den unverzichtbar, weil die Zementher-
3 Beiträge zur Nachhaltigkeit in der Wertschöpfungskette des Zements stellung besonders kapitalintensiv ist dere die notwendigen Festigkeiten – setzungen der jeweiligen Produktions- und sich umfangreiche Investitionen erreichbar sind (siehe Kapitel 3.3). standorte ab. Sie sind bei Zementwer- nur über entsprechende Zeiträume Zement, der als Bindemittel zur Be- ken mit sehr kalkreichen Lagerstätten amortisieren (siehe Ausführungen in tonherstellung eingesetzt wurde, lässt generell höher einzuschätzen als bei Kapitel 2). sich nicht mehr rezyclieren. Versuche, Werken, die Kalkmergel verarbeiten. nicht hydratisierte Reste des Zement- Substitutionspotenziale steins zu separieren, stellen mit Blick Bei der Zementmahlung werden hin- auf Output, spezifischen Energiebedarf gegen deutlich höhere Substitutionsef- Häufig wird die Frage aufgeworfen, ob und Bindemittelqualität zumindest aus fekte erzielt. Die größte Bedeutung hat die Rohstoffgewinnung zur Produk- heutiger Sicht keine technisch durch- dabei Hüttensand (granulierte Hoch- tion zementgebundener Baustoffe ent- führbare, ökologisch und ökonomisch ofenschlacke), ein Koppelprodukt der weder durch den verstärkten Einsatz zielführende Option dar. Roheisenerzeugung. Hüttensand ist nachwachsender Baustoffe oder durch ein latent hydraulischer Stoff, der mit ein verstärktes Recycling von Bauab- Allerdings trägt die Zementindustrie Hilfe von Zementklinker und Gips alka- fällen vermindert werden kann. ihrerseits mit der Verwendung sekun- lisch bzw. sulfatisch angeregt werden därer Einsatzstoffe zur Ressourcen- kann, so dass er in technisch nutzbarer Im Hinblick auf die Verwendung nach- schonung und Kreislaufwirtschaft bei Zeit erhärtet. Er wird daher mit Ze- wachsender Baustoffe muss bezwei- (Tabelle 3). Insgesamt wird mehr als mentklinker und Gips zu Hütten- oder felt werden, dass deren Marktanteile ein Fünftel der natürlichen Rohstoffe Hochofenzement vermischt bzw. ver- so zunehmen, dass der Rohstoffbedarf für die Zementproduktion durch se- mahlen. Dadurch lassen sich nicht nur für die Zement- und Betonproduk- kundäre Einsatzstoffe und industrielle natürliche Rohstoffe schonen, sondern 17 tion sinkt. In vielen Baubereichen – Neben- bzw. Koppelprodukte ersetzt. auch die CO2-Emissionen senken, die wie z.B. dem Tiefbau – kann Beton So werden in der Klinkerprodukti- mit der Klinkerherstellung verbunden schon aus technischen Gründen nicht on Kalkschlämme aus der Trinkwas- sind (siehe hierzu Kapitel 3.2). Im Jahr ersetzt werden. Holz als der wichtigste seraufbereitung, Gießereialtsande oder 2011 hat die deutsche Zementindustrie nachwachsende Rohstoff, der im Flugaschen aus der Entstaubung von etwa 5,8 Mio. t Hüttensand bei der Hochbau verwendet wird, hat in den Kohlekraftwerken verwertet. Sie ent- Zementmahlung eingesetzt, d.h. rund vergangenen Jahren nur geringfügig halten als Hauptbestandteile Silici- 10 Mio. t natürliche Rohstoffe für die an Bedeutung gewinnen können (vgl. umdioxid, Aluminiumoxid, Eisenoxid Klinkerproduktion eingespart. Ab- BBS 2012). Zudem würde sich der und / oder Calciumoxid und werden mit gesehen von den logistischen An- Zementverbrauch durch steigende den natürlichen Rohstoffen so kombi- forderungen stellt aber die Verfüg- Marktanteile von Holz im Eigenheim- niert, dass die Anforderungen an die barkeit von Hüttensand, die in ers- bau kaum verringern. So hat das DIW Klinkerqualität erfüllt werden. Aufgrund ter Linie von der Entwicklung der errechnet, dass sich die Zementpro- des begrenzten Angebotes geeigneter Stahlproduktion abhängt, eine Her- duktion in Deutschland selbst bei Stoffe lag der Anteil von Sekundär ausforderung dar. So wurden allein starker Zunahme der Holzbauweise rohstoffen am Input der Klinkerproduk- im Jahr 2011 rund drei Viertel des in und gleichzeitigem Verzicht auf eine tion im Jahr 2011 branchenweit nur bei Deutschland erzeugten Hüttensandes Unterkellerung nur um rund 1 % verrin- rund 3 % (einschließlich Aschen). Die für die Herstellung entsprechender gern würde (Heimer + Herbstreit / DIW Substitutionspotenziale hängen dabei Portland-Komposit- oder Hochofen 1997). Da gleichzeitig die Verwendung auch von den geologischen Voraus- zemente genutzt. zementgebundener Baustoffe in ver- schiedenen Feldern neue technische Möglichkeiten und Anwendungen er- Tab. 3: Substitutionseffekte und -potenziale (Zahlenangaben: VDZ Umweltdaten verschie- öffnet, wodurch Zement neue Markt- dener Jahre, BBS 2012, eigene Berechnungen) potenziale gewinnt (siehe Kapitel 3.4), Produk- Art der Einsatzstoffe Anteile Voraussichtliche ist für die Zukunft nicht von einem strukturellen Rückgang des Zement- tionsstufe 2000 2011 weitere Tendenz verbrauches auszugehen. Klinker- Rohstoffe herstellung Das Recycling von Beton und ande- Natürliche Rohstoffe 95 % 97 % ì ren Baustoffen hingegen stellt einen Alternative Rohstoffe / Asche 5% 3% î wichtigen Beitrag in der Wertschöp- Brennstoffe fungskette des Zements dar, führt je- doch nicht zu einer Verminderung des Primäre Brennstoffe 74 % 39 % î Zementbedarfs: Beton mit rezyklierten Alternative Brennstoffe 26 % 61 % ì Gesteinskörnungen schont zwar Kies- und Sandressourcen, bedarf aber sei- Zement- Hauptbestandteile mahlung nerseits des Bindemittels Zement. Je nach Ausgangsfraktion (Betonbruch, Zementklinker 79 % 77 % è Betonbrechsande, Ziegelsplitt etc.) Summe anderer Hauptbestandteile 17 % 19 % è und angestrebter Betonqualität kann der Zementbedarf für Beton mit re- Sulfatträger zyklierten Gesteinskörnungen sogar Natürlicher Gips / Anhydrit 75 % 78 % ì ansteigen, weil nur so bestimmte Ei- REA- / Industriegipse 25 % 22 % î genschaften des Betons – insbeson-
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