Schule & Gesundheit BEGEGNUNG 2-2018 - DEUTSCHE SCHULISCHE ARBEIT IM AUSLAND - Auslandsschulwesen

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Schule & Gesundheit BEGEGNUNG 2-2018 - DEUTSCHE SCHULISCHE ARBEIT IM AUSLAND - Auslandsschulwesen
BEGEGNUNG
                  DEUTSCHE SCHULISCHE ARBEIT IM AUSLAND
                                                                                           2-2018
                                                                                           39. Jahrgang

                  Schule & Gesundheit

                  FOKUS:
                  SCHULE & GESUNDHEIT
                  Fundament der Bildung
                  Keine Entwarnung:       ORTSTERMIN                  INLAND
                  Psychische Gesundheit   Dänemark:                   MINT-Bildung
                  von Schülern            Integration auf Augenhöhe   in Deutschland
                  Bewegte Schule
                                          INLAND                      KOLUMNE
                                          Weltkongress Deutscher      Schülerideen gegen
ISSN: 0940-3132

                                          Auslandsschulen             Stress im Alltag
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Tel.: 02 28 99 / 358 - 86 53, E-Mail: ZfA@bva.bund.de
Schule & Gesundheit BEGEGNUNG 2-2018 - DEUTSCHE SCHULISCHE ARBEIT IM AUSLAND - Auslandsschulwesen
EDITORIAL

                   Schule & Gesundheit
                   „G   esundheit ist nicht alles, aber ohne Gesundheit ist alles nichts.“ Das wusste
                        schon Arthur Schopenhauer. Dasselbe gilt auch im Klassenzimmer, denn
                   ­körperliches Wohlbefinden ist essenziell, um gute Lernerfolge erzielen zu k
                                                                                              ­ önnen,
                   wie Studien belegen. Ab S. 22 beschäftigen wir uns im Fokus mit der Verbindung
                   von Gesundheit und Bildung. Ein besonderes Augenmerk legen wir dabei auf
                   die Entwicklung psychischer Erkrankungen bei Schülern und den Nutzen von
                   ­Bewegung für den Unterricht.

                   Das Netzwerk der Auslandsschulen zu stärken und die Qualität des Auslandsschul-
                   wesens zu sichern, sind Ziele des Weltkongresses Deutscher Auslandsschulen, der
                   2018 zum zweiten Mal in Berlin stattfand. Ab S. 14 erfahren Sie, welche Rolle die
                   Auslandsschularbeit für die Bildung der Zukunft – auch im Inland – spielen kann.
                   Im Rahmen des Weltkongresses wurden zudem das 50-jährige Jubiläum der Zen-
                   tralstelle für das Auslandsschulwesen und das 10-jährige Bestehen der Initiative
                   „Schulen: Partner der Zukunft“ (PASCH) gefeiert.

                   Ein Beispiel für die positiven Rückwirkungen auf Deutschland ist das Deutsche
                   Sprachdiplom im Inland. Es gilt als Musterbeispiel für gelungene Integrations­
                   arbeit. Lesen Sie ab S. 36, warum sich das ursprünglich für Schüler im Ausland kon-
                   zipierte Diplom auch in Deutschland etabliert hat. Vom Erfolgskurs des speziellen
                   Deutschprogramms für Schüler beruflicher Schulen, des DSD I PRO, erfahren Sie
                   ab S. 38.

                   In unserer Interviewserie „Schule 4.0“ tritt Prof. Dr. Gerald Lembke dafür ein, an
                   Grundschulen Tablets und Computer aus dem Unterricht zu verbannen. Warum
                   der Professor für Digitale Medien die Diskussion um digitale Bildung an Schulen
                   für eine ideologische hält, erklärt er ab S. 40.

                   Nachdem er viele Jahre die BEGEGNUNG als Herausgeber geprägt hat, ver­
                   abschiedet sich Dr. Boris Menrath nach dieser Ausgabe. Abgelöst wird er von
                   Dr. ­Ulrich Dronske. Näheres in der Rubrik „Personalia“ auf S. 58.

                   Viel Spaß beim Lesen der aktuellen BEGEGNUNG wünschen Ihnen

                   Boris Menrath				Stefany Krath

BEGEGNUNG 2-2018                                                                                    3
Schule & Gesundheit BEGEGNUNG 2-2018 - DEUTSCHE SCHULISCHE ARBEIT IM AUSLAND - Auslandsschulwesen
INHALT

Ohne Fleiß kein Preis                       6   Bildung made in Germany               14   Gesundheit:
Der Weg zum Lernerfolg kann mühselig            Seit 2002 findet der Weltkongress          Fundament der Bildung                  22
sein. Doch wer Bedürfnisse aufschiebt,          Deutscher Auslandsschulen alle vier        Studien zeigen, dass es mit der Schüler­
Frustration aushält und auf langfristige        Jahre statt. Dieses Jahr konnten sich      gesundheit nicht zum Besten steht:
Ziele hinarbeitet, schafft auch Raum für        die Kongressteilnehmer bei sechs Fach­     Übergewicht, Bewegungsmangel und
Lernfreude und Kreativität. Die Fähigkeit       foren über Themen wie Digitalisierung,     psychische Probleme sind nur einige
zur Selbstkontrolle ist dafür eine              innovativen Unterricht oder Diversity-     Folgen. Dabei gibt es gute Beispiele
­Grundvoraussetzung.                            Management informieren. Bundesaußen-       im In- und Ausland, wie gesunde Schule
                                                minister Heiko Maas begrüßte die Gäste.    gelingen kann. Denn erfolgreiches Lernen
                                                Auch das 50-jährige Jubiläum der ZfA       setzt Gesundheitskompetenz und einen
                                                wurde gefeiert.                            gesunden Lernalltag voraus.

Inhalt
FOKUS:
SCHULE & GESUNDHEIT                             INLAND

Nicht Beiwerk, sondern                          Ohne Fleiß kein Preis                      Morgenstund’ hat Schlaf im Aug’
Fundament der Bildung                           Selbstkontrolle als Schlüssel zum          Argumente für und gegen einen
Gesundheit und Bildung bauen auf­               schulischen Erfolg                     6   frühen Unterrichtsbeginn               30
einander auf. So bewältigen Schulen im
In- und Ausland die ­Herausforderung            10 Jahre PASCH                             Stolze Leistung
„­gesunde Schule“.                     22       Interview mit Michael Reiffenstuel,        Deutsches Sprachdiplom im Inland       36
                                                Beauftragter für Auswärtige Kultur-
Psychische Gesundheit: ein Schulthema?!         politik im Auswärtigen Amt            12   Serie: Schule 4.0
Schulangst, Magersucht oder Mobbing:                                                       Interview über digitales Lernen in
Immer häu­figer werden Schule und Lehr-         Heiße Rhythmen und Bildung                 der Grundschule mit Prof. Dr. Gerald
kräfte mit den psychischen Problemen            made in Germany                            Lembke, Präsident des Bundesver-
von Schülern konfrontiert. Eine                 Weltkongress Deutscher Auslands­           bands für Medien und Marketing         40
­Bestandsaufnahme.                   26         schulen und 50-jähriges ZfA-Jubiläum
                                                in Berlin                            14    Zur Lage der deutschen MINT-Bildung
Bewegung und Pausen                                                                        Wo der Mangel an Nachwuchs
Aktuelle Studien zeigen, wie wenig              „Man darf diese Dinge nicht                am größten ist                      44
sich Kinder und Jugendliche in Deutsch-         ­verschweigen.“
land bewegen. Dabei ­beeinflusst                 Interview mit dem Inklusions­             Neues von PASCH-net
­körperliche Aktivität nicht nur die             experten und ehemaligen Lehrer            Neuigkeiten aus dem Netzwerk           47
 ­Gesundheit der Schüler, sondern                Michael Felten                       18
  auch ­ihren Lernerfolg.              28

4                                                                                                              BEGEGNUNG 2-2018
Schule & Gesundheit BEGEGNUNG 2-2018 - DEUTSCHE SCHULISCHE ARBEIT IM AUSLAND - Auslandsschulwesen
INHALT

DSD mit neuen Zielgruppen 36                 Grundschule digital?                 40     MINTendrin                           44
Ursprünglich für Schüler im Ausland          Gehören digitale Medien in die Grund-       Die Wirtschaft mahnt, die OECD lobt,
konzipiert, die Deutsch als Fremdsprache     schule? In unserer Serie „Schule 4.0“       die Arbeitsagentur beschwichtigt: Zum
lernen, hat sich das Deutsche Sprach­        ­sprechen Wissenschaftler und Praktiker     Stand des Fachkräftenachwuchses in
diplom inzwischen auch im Inland eta­         über die Möglichkeiten und Grenzen digi-   ­Mathematik, Informatik, Naturwissen-
bliert. Dort bereitet es junge Einwanderer    talen Lernens. Prof. Dr. Gerald Lembke,    schaften und Technik gibt es viele Mei-
auf Schule und Alltag in Deutschland vor.     Präsident des Bundesverbands für Medien    nungen. Wie steht es wirklich um den
Als DSD I PRO wird es zudem an beruf­         und Marketing, fordert: Computer raus      viel beschworenen Fach- und Lehrkräfte-
lichen Schulen im In- und Ausland             aus Kitas und Grundschulen.                mangel im MINT-Bereich?
­angeboten.

                                             ORTSTERMIN                                  KOLUMNE

20 Jahre Bologna                             Deutsche in Dänemark                        Rangeln hat uns glücklich gemacht
Hat sich die Studierendenmobilität           Ein Stück deutsche Identität im             Der Gewinner des Kolumnenwettbewerbs
verbessert?                             48   deutsch-dänischen Grenzgebiet         34    zum Thema „Schule & Gesundheit“   62

Expertenserie: Lobbyismus
im Klassenzimmer
Interview mit Prof. Dr. Tim                  LÄNDERDOSSIER                               Editorial                              3
­Engartner, Professor für Didaktik
 der ­Sozial­wissenschaften             50   Ecuador                                     Personalia                            58
                                             Deutsch am Äquator                    54
                                                                                         Schreibtischwechsel            58/59/60
                                             Umweltschutz:
AUSLAND                                      In der Schule fängt er an                   Meldungen        10/11, 17, 32/33, 43, 53
                                             Wie Schüler der Deutschen Schule
Lesehunde an der DS Shanghai                 Stiehle in Cuenca ihr eigenes               Impressum                             61
Lesehemmungen bei Grundschülern              Elektroauto bauten                    57
abbauen                                 21

Bereit für Ausbildung und Beruf
DSD I PRO an beruflichen Schulen        38

BEGEGNUNG 2-2018                                                                                                                5
Schule & Gesundheit BEGEGNUNG 2-2018 - DEUTSCHE SCHULISCHE ARBEIT IM AUSLAND - Auslandsschulwesen
INLAND

         Erfolgreich lernen

         Ohne Fleiß
         kein Preis
         Eine der Grundvoraussetzungen für Lernerfolg klingt zunächst wenig ansprechend: die ­Fähigkeit
         zur Selbstkontrolle. Auch wenn es erst mühsam erscheint, können Ausdauer und Disziplin vieles
         erleichtern. So entsteht letztlich mehr Raum für Lernfreude und Kreativität.

         von Johanna Böttges

6                                                                                       BEGEGNUNG 2-2018
Schule & Gesundheit BEGEGNUNG 2-2018 - DEUTSCHE SCHULISCHE ARBEIT IM AUSLAND - Auslandsschulwesen
INLAND

B    edürfnisse auch mal aufschieben können, Frustrationen aus-
     halten und auf langfristige Ziele hinarbeiten: All das erfor-
dert eine hohe Kompetenz zur Selbstregulation. Das beschreiben
                                                                         und Autorität anerkennen.“ Daran mangele es in Deutschland,
                                                                         sagte Bueb dem Magazin „Spiegel“. Lehrer und Eltern seien viel
                                                                         zu sehr damit beschäftigt, Ruhe und Ordnung herzustellen, „ihre
Thomas Grüner, Franz Hilt und Corinna Tilp in ihrem Buch „Bei            Würde zu bewahren“ und für einen respektvollen Ton zu sorgen.
STOPP ist Schluss!“ Wer weiterkommen will, muss Mühe investie-           „Die kreative Arbeit mit Kindern kommt viel zu kurz, weil die
ren, daran führt kein Weg vorbei. „Das Erlernen dieser Fähigkeiten       meisten Kinder ihre Lehrer und Eltern als Animateure sehen, die
macht nicht immer Spaß, sondern bringt Kinder und Jugendliche            vor allem eines liefern sollen: Spaß.“
auch an ihre Grenzen und mutet ihnen etwas zu“, so die Autoren.
Doch die Mühe lohnt sich.                                                Spaßverbot statt Lernfreude?
                                                                         Selbstbeherrschung und Lernfreude müssen aber keine Wider-
Wichtiger als der Intelligenzquotient                                    sprüche sein. Zwar führt intrinsische Motivation alleine nicht
Denn wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass Kinder               unbedingt zum Ziel. Ohne Fleiß, Gewissenhaftigkeit und Durch-
mit einem hohen Grad an Selbstkontrolle in der Schule bessere            haltevermögen wird aus einem Klavierspieler kein Starpianist. „In
Noten haben, bei Konzentrationstests besser abschneiden, eine            dem Moment, wo ich nicht nur Spaß an einer Sache habe, son-
höhere soziale Kompetenz besitzen und Stress besser bewältigen           dern auch pflichtbewusst bin und die Dinge gewissenhaft mache,
können als andere. „Später sind sie gesünder und im Beruf und            werden noch bessere Erfolge dabei herauskommen“, erklärt Birgit
ihren Beziehungen erfolgreicher“, schreiben die Pädagogen. Ihr           Spinath, Professorin für Pädagogische Psychologie an der Uni-
Fazit: „Selbstkontrolle determiniert den Schul- und Studienerfolg        versität Heidelberg. Doch die intrinsische Motivation trage über
weit stärker als der Intelligenzquotient.“ Malte Friese und Claude       das mühevolle Üben hinweg, so Spinath. Sie nennt Beispiele für
Messner, Psychologen der Universitäten in Saarbrücken und Bern,          solche Motive: „Wir haben Spaß an einer Sache, empfinden sie als
drücken es so aus: „Vereinfacht gesagt zeigt Intelligenz in einem        sinnvoll, oder sie führt uns zu neuen Zielen. Wir erweitern unsere
gewissen Maße das Potenzial einer Person an, während Selbstkon-          Handlungsspielräume.“
trolle eine Abschätzung erlaubt, wie gut eine Person das eigene
Potenzial nutzt, um erfolgreich zu sein.“                                Kompetenz, Autonomie, Anerkennung
                                                                         Damit Motivation entsteht, müssen drei grundlegende Bedürf-
Selbstregulation zu lernen erfordert viel Übung. Die Schule ist ein      nisse befriedigt werden: „Ich möchte mich als kompetent erleben.
wichtiger Ort dafür, wie Grüner, Hilt und Tilp in ihrem Buch dar-        Ich möchte mich als autonom erleben, zum Beispiel Wahlmög-
legen. Viele Kinder kommen nur hier mit einer größeren Zahl Al-          lichkeiten haben, mitbestimmen können und durch das Lernen
tersgenossen zusammen, sodass sie lernen, eigene Interessen und          meine Autonomie vergrößern. Und ich möchte sozial eingebun-
Bedürfnisse mit anderen in Einklang zu bringen. Selbstkontrolle          den sein, Anerkennung von anderen bekommen“, so Spinath. An
lässt sich im Unterricht beispielsweise trainieren, indem Regeln         diesen F
                                                                                ­ aktoren sollten Lehrkräfte ansetzen, wenn sie Schüler   >
definiert und eingehalten werden: Pünktlich zu Stundenbeginn
sitze ich auf meinem Platz. Ich lege meine Arbeitsmaterialien vor
mir auf den Tisch. Wenn die Lehrkraft oder ein Mitschüler spricht,
höre ich zu. Es sind zunächst lästige Alltagspflichten, die bei re-
gelmäßiger Übung zur Gewohnheit werden. Dennoch sollten sich
sowohl Lehrkräfte als auch Eltern bewusst machen: Will ich ein
Kind fördern, muss ich auch seine Fähigkeit zur Selbstdisziplin
fördern.
                                                                           Intrinsische Motivation trägt
Disziplin – ein Reizwort                                                   über mühevolles Üben hinweg,
                                                                           sagt Birgit Spinath, Professorin
Manche Pädagogen gehen noch weiter. 2006 erregte Bernhard                  für Pädagogische Psychologie an
Bueb mit einer Streitschrift Aufsehen, in der er eine „Rückkehr            der Universität Heidelberg.
zur Disziplin“ fordert. Fachleute wie der Entwicklungspsychologe
Wolfgang Bergmann warfen dem ehemaligen Leiter der Schule
Schloss Salem daraufhin vor, einen totalitären Erziehungsstil zu
vertreten, der längst als überwunden galt. Auch wenn einige von
Bueb gebilligte Mechanismen wie Gehorsam und Furcht vor Strafe
hoch umstritten sind, ist er überzeugt, dass sie letztlich die Selbst-
bestimmung junger Leute stärken. Selbstbeherrschung bedeutet
für ihn nicht nur den Grundstein zu persönlicher Freiheit, son-            Lernerfolg entsteht, wenn Lehr-
                                                                           kräfte verschiedene Lerntypen
dern auch für Kreativität: „Um im Unterricht kreativ arbeiten zu
                                                                           ansprechen, so die Erfahrung
können, müssen Schüler Ordnungssinn mitbringen, sich konzen­               von Prüfungstrainerin Sabine
trieren können und sorgfältig arbeiten. Und sie müssen Gehorsam            Grotehusmann.

BEGEGNUNG 2-2018                                                                                                                          7
Schule & Gesundheit BEGEGNUNG 2-2018 - DEUTSCHE SCHULISCHE ARBEIT IM AUSLAND - Auslandsschulwesen
INLAND

motivieren wollen. Damit diese sich bei-
spielsweise ihrer Kompetenz bewusst wer-
den, müsse man ihnen Lernfortschritte
sichtbar machen. Wahlmöglichkeiten
bieten sich unter anderem bei den Ar-
beitsformen an: Erledige ich die Aufgabe
in Einzel-, Partner- oder Gruppenarbeit?
Demotivierend kann es dagegen sein, sich
ständig mit anderen zu vergleichen – in
der Schule ein tägliches Szenario. „Nicht
wenige Schüler verlieren die Lust, wenn
andere immer besser sind“, erklärt Spinath.
„Dem sollten Lehrer etwas entgegenset-
zen, indem sie Kindern und Jugendlichen
die Gelegenheit geben, sich an ihren
­eigenen Möglichkeiten zu messen.“

Geschlecht als Motivationsfaktor                                                                  Im Team zu lernen kann motivieren und auch
Eine weitere Voraussetzung für Motivation ist laut Spinath das Zu-                                der Disziplin auf die Sprünge helfen.

trauen in die eigenen Fähigkeiten. Wer sich geringe Erfolgschan-
cen ausrechnet, ist auch nicht motiviert. „Zum Beispiel kann man
feststellen, dass sich Mädchen in mathematiklastigen Fächern be-        Schulsystem am meisten vernachlässigt wird: der freiheitslieben-
reits sehr früh in ihrer Schulkarriere weniger zutrauen – obwohl        den Lernpersönlichkeit. „Diese Lerner brauchen Wahlmöglichkei-
sie dort genauso gute Leistungen erzielen wie Jungen, manchmal          ten, sei es bei Aufgabentypen, Themen, Texten, der Reihenfolge von
sogar bessere. Das heißt, die Vorstellungen darüber, was ich kann       Aufgaben oder Unterrichtsabläufen. Je mehr sie im ­Lernprozess
und was ein Jungsfach oder ein Mädchenfach ist, überschatten            entscheiden dürfen, desto motivierter arbeiten sie mit.“
die eigentlichen Leistungen.“ Unterschiede in der Motivation von
Mädchen und Jungen lassen sich auch ganz allgemein feststel-            Von Frust zu Lust
len. So unterscheidet eine Studie des Deutschen Instituts für In-       Freiheit und Selbstkontrolle, Regeln und Kreativität sind also
ternationale Pädagogische Forschung und der Universität Kassel          keine Gegensätze, sondern eng miteinander verknüpft. Von der
zwischen zwei Formen der Motivation: Die Lernzielorientierung           Fähigkeit zur Selbstdisziplin dürften besonders Deutschlernende
drückt das Interesse daran aus, die eigenen Fähigkeiten zu erwei-       an Schulen im Ausland profitieren. Denn ihre Motivation ist oft
tern, während es bei der Leistungszielorientierung darum geht,          erst einmal ausschließlich extrinsisch bedingt und somit nicht
gute Leistungen zu zeigen und schlechte zu verbergen. Beides            unbedingt nachhaltig, wie Prof. Dr. Claudia Riemer, Professorin
nimmt von der 5. bis zur 9. Klasse bei Jungen deutlich stärker ab als   für Deutsch als Fremdsprache an der Universität Bielefeld, im
bei Mädchen. Eine mögliche Erklärung der Forscher: Die Schule           Magazin „Fremdsprache Deutsch“ berichtet. Die Sprache stehe im
gehe nicht genug auf das stärker ausgeprägte P
                                             ­ artizipations- und       Pflichtcurriculum und sei versetzungsrelevant oder es existierten
Autonomiebedürfnis der Jungen ein.                                      keine attraktiven alternativen Wahlmöglichkeiten. „Erst wenn
                                                                        von den Lernenden wahrgenommen wird, dass die Sprachkennt-
Jeder lernt anders gut                                                  nisse auch außerhalb des Unterrichts von Wert sind bzw. werden
Für Lehrer wie Schüler gilt der Satz von Neurowissenschaftler           können, kann es gelingen, Formen stärker selbstbestimmter Mo-
Prof. Dr. Joachim Bauer: „Die stärkste Motivationsdroge für den         tivation zu entwickeln.“ Wenn Jugendliche es in dieser Situation
Menschen ist der andere Mensch.“ Um einen motivierenden Un-             schaffen, über den eigenen Schatten zu springen und anfängliche
terricht zu gestalten, rät Sabine Grotehusmann Lehrkräften, die         Frustrationen zu tolerieren, werden sie mitunter nicht nur durch
verschiedenen Lernerpersönlichkeiten der Schüler anzusprechen.          Sprachkenntnisse belohnt, sondern tauchen auch in eine neue
„Lernfreude entsteht bei jedem durch etwas anderes“, betont die         (Lern-)Kultur ein. Diese verspricht beispielsweise kooperatives
Pädagogin und Lerntrainerin. Während die eine am besten im              Lernen, das wiederum Spaß und Eigeninitiative fördert – neben
Dialog lernt, braucht der andere erst einmal Zeit zum Nachden-          der Anerkennung durch Eltern und Lehrer. |
ken. Dem Dritten ist vor allem eine angenehme Lernatmosphäre
wichtig. In ihrem Buch „Der Prüfungserfolg“ identifiziert die
Deutsch- und Französischlehrerin acht Lerntypen, die in jeder             Mehr über Sabine Grotehusmanns Buch „Der Prüfungserfolg“
Klasse vertreten sind. Alle anzusprechen gelinge am besten durch          und den Umgang mit verschiedenen Lernerpersönlichkeiten
eine Vielfalt an Methoden und Aufgabenstellungen. Das kommt               erfahren Sie unter: www.derpruefungserfolg.de
auch einem Typ zugute, der laut Grotehusmann im deutschen

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                                                      Foto: Thomas Weccard | Ludwigsburg

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MELDUNGEN

Meldungen
Austausch mit Minister Maas zur Erinnerungskultur in Argentinien
Buenos Aires. Bundesaußenminister             im Land. Bei einem Schulrundgang infor-        Stationen bildete eine Ausstellung über
Heiko Maas hat mit einer hochrangigen         mierte sich der Außenminister über Pro-        die Stolperstein-­
                                                                                                              Initiative, die mit na-
Delegation im Mai die Pestalozzi-Schule       jekte verschiedener Schulen der Initiative     mentlich gravierten und in den Boden
in Buenos Aires besucht. Im Zentrum des       „Schulen: Partner der Zukunft“ (PASCH)         eingelassenen Steinen Opfern des Natio-
Besuchs stand die Aufarbeitung des Na-        zu Erinnerungskultur und gesellschafts-        nalsozialismus gedenkt. Am Eingang der
tionalsozialismus als besondere Verant-       politischer Verantwortung, darunter auch       Pestalozzi-Schule befindet sich der erste
wortung der Deutschen Auslandsschulen         der Goethe-Schule Buenos Aires. Eine der       Stolperstein außerhalb Europas. Auch ein
                                                                                             Projekt zur argentinischen Militärdik-
                                                                                             tatur wurde vorgestellt. Jugendliche aus
                                                                                             insgesamt sieben PASCH-Schulen in Ar-
                                                                                             gentinien tauschten sich anschließend im
                                                                                             direkten Dialog mit Maas aus. Pestalozzi-­
                                                                                             Schülerin Carolina Barbarosch zeigte sich
                                                                                             über den Besuch des Außenministers be-
                                                                                             geistert: „Er wollte uns zuhören. Das finde
                                                                                             ich total gut, dass er sich für Jugendliche
                                                                                             interessiert.“ | [JSB]

                                                                                               Bundesaußenminister Heiko Maas
                                                                                               informiert sich bei zwei Schülern über
                                                                                               die Geschichte der Pestalozzi-Schule.

Bundesregierung will Auswärtige
Kultur- und Bildungspolitik a­ usbauen
Berlin. Laut dem Koalitionsvertrag der seit   Auswärtige Kultur- und Bildungs­politik        nehmen sich die Koali­tionäre aus CDU,
März amtierenden Bundesregierung sollen       (AKBP) im Fokus der Regierungsarbeit.          CSU und SPD vor. Da die AKBP laut den
Schule und Bildung in der aktuellen Legis­    „Das Netzwerk Deutscher Auslandsschu­          Koalitionspartnern eine wichtige Rolle
laturperiode großen Raum einnehmen.           len und internationaler Schulpartnerschaf­     für Deutschlands Ansehen und Einfluss
Neben den Inlandsschulen steht auch die       ten soll ausgebaut und gestärkt werden“,       im Wettbewerb um Köpfe, Ideen und
                                                                                             Werte spielt, sollen die entsprechenden
                                                                                             Budgets erhöht werden. In der Koali­
                                                                                             tionsvereinbarung wird die AKBP als „in-
                                                                                             tegraler Bestandteil unserer Außen­politik“
                                                                                             bezeichnet. Auch vor dem Hintergrund
                                                                                             der deutschen EU-­Ratspräsidentschaft im
                                                                                             Jahr 2020 soll vor allem ihre europäische
                                                                                             Dimension noch stärker berücksichtigt
                                                                                             werden. In der EU befinden sich 35 Deut-
                                                                                             sche Auslandsschulen, 564 Sprachdiplom-
                                                                       Die deutsche Aus-     schulen und 25 Deutsch-Profil-Schulen,
                                                                       landsschularbeit
                                                                                             die von der Zentralstelle für das Auslands-
                                                                       soll gestärkt wer-
                                                                       den, verspricht der   schulwesen im Auftrag des Auswärtigen
                                                                       Koalitionsvertrag.    Amts betreut werden. | [AM]

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MELDUNGEN

70 Jahre für die Bildung
Berlin. Die Kultusministerkonferenz der Länder (KMK) fei-
ert 2018 ihr 70-jähriges Bestehen. Im Februar 1948 begann in
Stuttgart-Hohenheim die Zusammenarbeit der deutschen Er-
ziehungsministerien. Sie legten damit den Grundstein für den
Bildungsföderalismus. Seitdem verantworten und koordinieren
die Minister der Länder gemeinsam Bereiche der Schul-, Hoch-
schul- und Kulturpolitik. In den vergangenen sieben Jahrzehnten
konnte die KMK aus eigener Sicht die Lebens- und Lernverhält-             Jugend und Sport rückt in seiner Amtszeit die Demokratiebil-
nisse in ganz Deutschland angleichen. Zu den jüngsten Entwick-            dung ins Scheinwerferlicht. Weitere Themen der KMK sind Digi-
lungen gehören die Einführung einheitlicher Bildungsstandards             talisierung, Internationalisierung und Integration. Dabei setzen
und die Ausarbeitung einer Strategie der Länder zur digitalen Bil-        die Präsidenten ihre eigenen Schwerpunkte: Unter der Präsident-
dung. „Mit 70 Jahren gehört die Kultusministerkonferenz noch              schaft von Dr. Susanne Eisenmann, Kultusministerin von Baden-­
nicht zum alten Eisen. Wir sind eine lebendige Institution, die Bil-      Württemberg, lag 2017 das Hauptaugenmerk auf der Stärkung der
dungspolitik in Deutschland durch kooperatives Miteinander er-            ­beruflichen Bildung. | [LB]
folgreich gestaltet“, so Helmut Holter beim Festakt in Berlin. Der
aktuelle Präsident der KMK und Thüringer Minister für Bildung,            Mehr zu den Aufgaben und Themen der KMK unter: www.kmk.org

ZfA wirbt um Lehrkräfte
für den Auslandsdienst
Hannover. Auf 550 m² Ausstellungsfläche präsentierte die
Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA) im Februar
auf der didacta 2018 ihre Arbeit. Im Fokus standen die viel-
fältigen Berufsperspektiven für Pädagogen an den 140 Deut-
schen Auslandsschulen, rund 1.200 Sprachdiplomschulen und
25 Deutsch-Profil-Schulen weltweit. „Uns ist wichtig, dass wir
noch viel mehr Lehrkräfte auf die attraktiven Einsatzmöglich-
keiten im Auslandsschuldienst aufmerksam machen, um den
Schulleitungen vor Ort möglichst viele hervorragend qualifizierte
Bewerber anbieten zu können“, betonte Wiebke Gröhn, in der ZfA
zuständig für Personalmanagement und Leitungsqualifizierung.
Dazu waren Vertreter von mehr als 60 Deutschen Auslandsschu-
len vor Ort. An eigenen Schulständen und in der ZfA-Lounge ka-
men sie mit interessierten Lehramtsstudierenden, Referendaren
und Lehrkräften ins Gespräch. Zudem richtete die ZfA erstmals
einen Sonderstand zum Deutschen Sprachdiplom der Kultus-
ministerkonferenz (DSD) ein, um die Einsatzmöglichkeiten für
Fremdsprachenlehrkräfte im DSD-Programm ins Bewusstsein zu
rufen. 73.000 Gäste besuchten vom 20. bis 24. Februar die didacta
als größte ­Bildungsmesse weltweit. | [LB]

                 Vertreter von Schulen aus aller Welt sprachen auf der
                 didacta mit Lehrkräften, Referendaren und Studierenden
                 über ihre Perspektiven im Auslandsschulwesen.

BEGEGNUNG 2-2018                                                                                                                       11
INLAND

„PASCH ist weltweit bei
Deutschlernern eine Marke
mit einem Markenkern.“
Seit zehn Jahren fördert das Auswärtige Amt (AA) mit der Initiative „Schulen: Partner der Zukunft“ (PASCH)
weltweit über 2.000 Schulen mit rund 600.000 Schülern. Stefany Krath sprach mit Michael Reiffenstuel,
Beauftragter für Auswärtige Kulturpolitik im AA, über Entwicklung und Zukunft von PASCH.

Herr Reiffenstuel, mit welcher Zielsetzung ist 2008 die PASCH-      seinen Menschen, zu seiner Kultur, zu unserer Gesellschaft. Über
Initiative gestartet?                                               das Medium deutsche Sprache ist es uns nicht nur gelungen, dass
Die PASCH-Initiative wurde 2008 vom damaligen Bundesaußen-          die Deutschlerner weltweit über die Plattform PASCH-net un-
minister Dr. Frank-Walter Steinmeier ins Leben gerufen. Grund-      tereinander diskutieren und gemeinsam an Projekten arbeiten,
gedanke war, eine internationale Lerngemeinschaft zu etablieren     sondern auch mit Schülern aus Deutschland in Kontakt treten.
und deren Vernetzung zu fördern. Es gibt viele globale Herausfor-   Virtuell, aber auch durch den direkten persönlichen Austausch
derungen, zum Beispiel Klimawandel, Umweltschutz, Nachhaltig-       wie beispielsweise Sommercamps.
keit und viele andere Themen, die nur gemeinsam zu lösen sind.
Die deutsche Sprache ist das Medium, das es uns ermöglicht, einen   Hätten Sie vor zehn Jahren gedacht, dass daraus ein solch erfolg-
Dialog auch dazu mit interessierten, engagierten jungen Leuten      reiches Projekt würde?
aus aller Welt zu führen. Die Vermittlung der deutschen Sprache     Die Nachfrage in den nationalen Schulsystemen nach Deutsch
ermöglicht darüber hinaus auch einen Zugang zu Deutschland, zu      als Fremdsprache ist vorhanden, in manchen Ländern mehr, in

     Das PASCH-Mobil
     zu Besuch beim PAD
     in Bonn (v. l. n. r.):
     Maik Böing, Lehrer
     an einem Kölner
     Gymnasium, Michael
     Reiffenstuel,
     Beauftragter für
     Auswärtige Kultur-
     politik im AA, Heike
     Toledo, Leiterin der
     ZfA, Gernot Stiwitz,
     Leiter des PAD,
     Christian Müller,
     Abteilungsleiter
     Strategie des DAAD,
     Nomin-­Erdene
     Nyam­sambuu,
     DSD-Alumna und
     DAAD-Stipendiatin,
     und Robert Poljan,
     DSD-Lehrer in
     Kroatien.

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INLAND

                                                                      aus der Wirtschaft, die Praktika für Deutschlerner ermöglichen,
                                                                      oder Schulpartnerschaften zwischen deutschen Schulen und
                                                                      PASCH-Schulen im Ausland. Die Stationen des PASCH-Mobils
                                                                      sind zudem eine gute Gelegenheit für alle vier Partner, sich selbst
                                                                      und ihr Engagement sehr konkret vorzustellen.

                                                   „Viele globale
                                                   Herausforde-
                                                                      Wo sehen Sie die PASCH-Initiative in zehn Jahren?
                                                   rungen wie         Wir sind sehr dankbar, dass im jetzigen Koalitionsvertrag sowohl
                                                   Klima­wandel,      die Stärkung der Deutschen Auslandsschulen als auch der Ausbau
                                                   Umweltschutz
                                                                      und die Stärkung des PASCH-Netzwerks erwähnt sind. Wir sind
                                                   und Nachhal-
                                                   tigkeit sind nur   gerade dabei, zusammen mit unseren Partnern eine Bestandsauf-
                                                   gemeinsam          nahme zu machen und zu prüfen, auf welchen Kontinenten das
                                                   zu lösen“, sagt
                                                                      PASCH-Netz gut vertreten ist und wo es vielleicht noch Bedarfe
                                                   Michael Reiffen-
                                                   stuel, Beauf­      gibt; nach meiner persönlichen Auffassung ist das insbesondere
                                                   tragter des AA.    in Afrika der Fall. Die Nachfrage nach Deutschlernangeboten ist
                                                                      in einigen Ländern sehr groß; dort wollen wir versuchen, mehr
                                                                      Unterstützung für Deutsch als Fremdsprache anzubieten, mögli-
anderen weniger; schwierig wird es insbesondere, wenn Deutsch­        cherweise neue PASCH-Schulen zu gewinnen und zusätzliche Ko-
unterricht nur als Wahlfach angeboten wird. Allerdings war schon      operationen zwischen deutschen Schulen und PASCH-Schulen zu
am Anfang die Erwartung da, dass wir mit PASCH-net auch diesen        unterstützen. Zweitens ist es wichtig, dass wir uns nach zehn Jah-
zusätzlichen Anreiz der Vernetzung schaffen wollen. Dass PASCH        ren überlegen: Was haben wir erreicht? Wie können wir Deutsch-
dann so schnell durch die sehr aktive und gute Mitarbeit von Schu-    land als attraktiven Ausbildungsstandort und Arbeitsplatz auch in
len, Lehrkräften und insbesondere Schülerinnen und Schülern an        Zukunft vermitteln? Wir stehen in starker Konkurrenz mit ande-
Fahrt und Resonanz in den Gastländern gewinnen würde, hat uns         ren Sprachanbietern und im Wettbewerb auch mit europäischen
alle positiv überrascht. Besonders beeindruckend sind die Bildungs-   Partnern um die Kooperation mit den besten Köpfen zukünftiger
biografien der ersten Alumnigeneration, die sowohl in Deutschland     Generationen. PASCH steht für gegenseitiges Verstehen und Ver-
als auch in ihren Ländern mit Ausbildung, Studium und teilweise       ständnis – in unserer immer komplexeren Welt sind das wichtige
schon mit ihrer Arbeit begonnen hat – und oftmals als Brücken-        Voraussetzungen für eine erfolgreiche gemeinsame ­Gestaltung
bauer zwischen ihren Heimatländern und ­Deutschland auftritt.         unserer Zukunft. |

Was macht den Erfolg dieses Netzwerks aus?
Für das Auswärtige Amt ist es ein wirklich großer Erfolg, dass
durch PASCH die vier Partner – das Goethe-Institut, der Deutsche
Akademische Austauschdienst, der Pädagogische Austauschdienst                                   Von Februar bis Dezember 2018 ist das
der Kultusministerkonferenz und die Zentralstelle für das Aus-                                  PASCH-Mobil in ganz Deutschland un-
landsschulwesen – im Bereich Förderung von Deutsch als Fremd-                                   terwegs. Deutschlandweit werden rund
sprache zusammenarbeiten. Letztendlich haben wir es gemeinsam                                   35 Stationen angefahren, um die bunten
geschafft, den negativen Trend des weltweiten Rückgangs an                                      Facetten des PASCH-Netzwerks sicht-
Deutschlernern von 2005/2006 zu stoppen. Nur durch gemein-                                      bar zu machen. Das PASCH-Mobil be-
sames Engagement aller Beteiligten war es möglich, Deutsch als                                  sucht auf seiner Route PASCH-Alumni
Fremdsprache auch in lokalen Bildungssystemen zu stärken. Da-                                   und -Lehrkräfte, Unternehmen und deut-
runter fallen Maßnahmen zur Verbesserung des Deutschunter-                                      sche Partnerschulen, die in Workshops,
richts, Fortbildungsangebote für Lehrkräfte und Entwicklung von                                 Vorträgen und Gesprächen von den
Unterrichtsmaterialien, die die Partner bereitstellen.                                          Chancen und der Motivation berichten,
                                                                                                über den Erwerb einer Sprache ganz neue
Was versprechen Sie sich jetzt beim zehnjährigen Jubiläum von                                   Optionen zu finden und zu nutzen. Sie
der Deutschlandtour des PASCH-Mobils?                                                           liefern Erfahrungsberichte über Jugend-
PASCH ist weltweit bei Deutschlernern eine Marke mit einem                                      kurse und -camps, Austauschprogramme
etablierten Markenkern. Nun wollen wir wichtigen Multiplika-                                    und Alumni-­Arbeit, Studienmöglichkei-
toren und potenziellen Entscheidern in Deutschland, das heißt                                   ten in Deutschland oder Praktika in Un-
Parlamentariern und auch Wirtschaftsvertretern, aber auch einer                                 ternehmen. Mehr Informationen über
breiten Öffentlichkeit zeigen, wie weit wir mit PASCH gekom-                                    die PASCH-­
                                                                                                          Mobil-Tour gibt es unter:
men sind – und wie viele Vernetzungen es auch nach Deutsch-                                     www.pasch-net.de/10jahrepasch
land hinein gibt: Beispiele sind die Zusammenarbeit mit Partnern

BEGEGNUNG 2-2018                                                                                                                      13
INLAND

                                                                                                                           Die Big Band der
                                                                                                                           DS Lima begeisterte
                                                                                                                           Schulvertreter
                                                                                                                           wie Bundestags­
                                                                                                                           abgeordnete.

Weltkongress: Heiße Rhythmen
und Bildung made in Germany
Strahlender Sonnenschein in Berlin und alle sind da: Schulleitungen, Schulvorstände, Verwal-
tungsleitungen, Fachberatungen, Vertreter der PASCH-Partner, Bundestagsabgeordnete und
Außenminister Heiko Maas. Dann kann er ja beginnen, der fünfte Weltkongress Deutscher
Auslandsschulen (DAS).

von Bettina Meyer-Engling

„G    egen Populismus hilft Bildung! Gegen Angst hilft das            DAS als Vorbild für Schulen im Inland
      ­Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten! Und gegen Nationa-       Mit seinem politischen Aufruf traf Maas direkt den thematischen
lismus und Abschottung hilft es, Sprachen zu lernen, zu reisen, die   Kern der Veranstaltung: Es geht um Bildung, genauer um Bildung der
Augen zu öffnen für andere Kulturen und so unsere gemeinsame          Zukunft. Dies wurde von Reiner Ries, in der ZfA zuständiger Leiter
Humanität zu entdecken“, erklärte Bundesaußenminister Heiko           des Fachbereichs „Regionale Betreuung der Auslandsschulen; Schul-
Maas am 6. Juni zur zehnjährigen Jubiläumsfeier der Initiative        aufsicht des Bundes“, in einer Podiumsdiskussion bekräftigt: „Wir
„Schulen: Partner der Zukunft“ (PASCH) und der Eröffnung des          brauchen Bildung 5.0, wir brauchen eine Vorbildfunktion der DAS für
gemeinsam vom Auswärtigen Amt, dem Weltverband Deutscher              die Schulen im Inland.“ Was darunter zu verstehen ist, erläuterte Prof.
Auslandsschulen (WDA) und der Zentralstelle für das Auslands-         Dr. Stephan Gerhard Huber vom Institut für Bildungsmanagement
schulwesen (ZfA) veranstalteten Weltkongresses, der seit 2002         und Bildungsökonomie der Pädagogischen Hochschule Zug. Für ihn
alle vier Jahre stattfand. Schwerpunktthemen waren in diesem          gehe es bei Bildung 5.0 um Werte und Haltungen und wie man dazu
Jahr der Ausbau der Vernetzung und die Zukunft der Bildung im         einen Beitrag leiste. Er wandte sich mit der Frage an die Zuschauer,
­digitalen Zeitalter.                                                 wie sie das, was man international diskutiert, lokal umsetzen wollen.

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INLAND

                                                                      die DAS vermittelten Lebensfreude, Teamgeist und Kooperation.
  Eine Ergebnisbroschüre zu den sechs Fachforen mit den               Aber auch deutsche Schulabschlüsse und hervorragende Sprach-
  ­Themen Bildungsstrategie/Zielvorstellungen, Gute Steue-            kenntnisse, wie Tinatin Patchkoria aus Georgien eindrucksvoll
  rung, Innovatives Personalmanagement, Innovativer Un-               in ihrer Podiumsrunde bewies. Die Alumna einer Sprachdip-
  terricht, Digitalisierung sowie Diversity-Management                lomschule aus Georgien und DAAD-Stipendiatin promovierte in
  bereitet die ZfA derzeit vor. Die Videogrußbotschaften der          Deutschland in Rechtswissenschaften und arbeitet inzwischen für
  ­Auslandsschulen finden sich unter:                                 einen weltweit operierenden Automobilhersteller in Süddeutsch-
  www.auslandsschulwesen.de/50JahreZfA                                land. „Ich weiß, dass viele Schülerinnen und Schüler in meinem
                                                                      Land davon träumen, hier an meiner Stelle sitzen zu können.“

Dazu verteilten sich die Kongressteilnehmenden auf sechs Fach-        Verschmelzung von Innen und Außen
foren zu den Themen Bildungsstrategie/Zielvorstellungen, Gute         Andreas Görgen, Leiter der Abteilung für Kultur und Kommunika-
Steuerung, Innovatives Personalmanagement, Innovativer Un-            tion im Auswärtigen Amt, betonte die zunehmende politische Ver-
terricht, Digitalisierung sowie Diversity-Management. Sie disku-      schmelzung von Innen und Außen. Den Auslandsschulen komme
tierten und entwickelten konkrete Umsetzungsthesen, um die            dabei eine zukunftsweisende Rolle unter anderem in der Ver-
Auslandsschularbeit auch weiterhin zukunftsfähig zu gestalten.        mittlung von Werten zu. Ein Beispiel, wie Impulse der Auslands-
Wichtige Impulse erhielten die Besucher vorab auch in Vorträgen       schularbeit die innerdeutsche Schulentwicklung beeinflussen
zur Digitalisierung. „Digitalisierung ist in Estland kein Modewort,   können, ist Martin Fugmann, ehemaliger Schulleiter der German
sondern tägliches Leben“, gab ZfA-Fachberater Uwe Saegbarth aus       Interna­tional School Silicon Valley (GISSV), der auf dem Weltkon-
Tallinn den Teilnehmenden mit auf den Weg. In e-Estonia gehe          gress zum Thema „DAS und Digitalisierung“ über Chancen und
man nur noch zum Amt, um zu heiraten oder sich scheiden zu            Herausforderungen für die Schul- und U
                                                                                                           ­ nterrichtsentwicklung
­lassen, ­alles andere sei digital möglich.                           ­Deutscher Auslandsschulen sprach.

  Podiumsdiskussion mit MdB Ulla Schmidt: Die
  anwesenden Bundestagsabgeordneten sicherten
  den Auslandsschulen ihre Unterstützung zu.

Unterstützung durch die
Politik gefordert
Doch wie können die DAS gestärkt und
zukunftsfähig gemacht werden? Dazu
bedarf es auch der weitreichenden Un-
terstützung durch die Politik, so der allge-
meine Konsens. MdB Barbara Hendricks
betonte in einer Podiumsdiskussion: „Dass
die Auslandsschulen zum ersten Mal in
einem Koalitionsvertrag vorkommen,
kommt ja nicht von ungefähr. Und das
gibt einerseits einen Auftrag und auf der
anderen Seite natürlich auch die Möglichkeit, sich genau darauf       Mit seinen Erfahrungen an der von den großen IT-­Unternehmen
zu berufen.“ Die Leiterin der ZfA, Heike Toledo, bekräftigte dabei    umgebenen GISSV kann Fugmann die schulische Digitalisie-
das Potenzial und den Wert von „Bildung made in Germany“.             rung in Deutschland unterstützen. Seit seiner Rückkehr aus
                                                                      dem ­S ilicon Valley bietet der ehemalige Auslandsschullei-
Von der Leistungsfähigkeit der DAS konnten sich die mehr als          ter im Bereich „Digital Learning Leadership“ Führungskräfte­
500 Teilnehmenden des Weltkongresses selbst überzeugen. Die           qualifikationen unter anderem für die Deutsche Akademie
heißen Rhythmen der Big Band der Deutschen Schule Lima begeis-        für Pädagogische Führungskräfte in Dortmund an und be-
terten Schulvertreter wie Bundestagsabgeordnete. Nach den Stan-       rät Schulen, ­S chulträger, Landesinstitute und Bezirksregie-
ding Ovations war für MdB Elisabeth Motschmann klar: Warum            rungen. Zu den Gelingensbedingungen für die Digitalisierung
die DAS gefördert werden, sehe man symbolisch an der Big Band;        in Schulen gehört für F
                                                                                            ­ ugmann, der jetzt das Evangelische      >

BEGEGNUNG 2-2018                                                                                                                     15
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                                                                                                                        kotte, Präsident
                                                                                                                        des Bundesver-
                                                                                                                        waltungsamtes,
                                                                                                                        gratulierte der
                                                                                                                        ZfA zum Jubiläum
                                                                                                                        (r.). Zahlreiche
                                                                                                                        Foren dienten
                                                                                                                        den teilnehmen-
                                                                                                                        den Pädagogen
                                                                                                                        zum fachlichen
                                                                                                                       ­Austausch (l.).

Stiftische Gymnasium in Gütersloh leitet, vor allem, den Fokus        Bevor mit einer gemeinsamen Abschlussfeier aller drei Veranstal-
auf den pädagogischen Mehrwert zu richten und L
                                              ­ ehrkräfte zu          ter der Weltkongress festlich ausklang, konnten die Teilnehmenden
qualifizieren.                                                        von einer Vielzahl an Workshops profitieren. Ob beispielsweise zu
                                                                      den Themen Recht, Sicherheit, Gemischtsprachiges IB oder dem
50 Jahre ZfA: Lust auf Zukunft                                        Gesamtsprachenkonzept: Innovative Impulse für die schulische
Die Auslandsschularbeit stand auch beim Empfang anlässlich            Arbeit vor Ort nahmen Schulleitungen, Verwaltungsleitungen und
des 50-jährigen Jubiläums der ZfA im Mittelpunkt. In deren            Schulvorstände mit auf die Heimreise. „Der viertägige Weltkongress
Berliner Repräsentanz startete die ZfA-Geburtstagsfeier. Zahl-        brachte einige wichtige Ergebnisse für das Auslandsschulnetzwerk“,
reiche Schulen aus aller Welt hatten Video-Grußbotschaften            resümiert Heike Toledo. „Wir haben mit diesem Kongress die Ver-
mit Glückwünschen geschickt. Eine Slideshow präsentierte die          netzung aller Schulpartner gestärkt und Diskussionen zu wichtigen
ZfA-­Jubiläumsausstellung und Alumni der geförderten Schulen          Zukunftsthemen angestoßen. Nun gilt es, diese in der alltäglichen
­berichteten von ihren Bildungsbiografien.                            Arbeit fortzuführen und Ergebnisse umzusetzen.“ |

„Sie haben dazu beigetragen, dass die ZfA 50 Jahre lang erfolgreich
war und sicher auch in Zukunft bleiben wird. Sie sehen, wir haben
Lust auf Zukunft, und wir wollen auch andere dafür begeistern.“
Mit diesen Worten wandte sich Christoph Verenkotte, Präsident
des Bundesverwaltungsamtes, an die Gäste. „Diese Einstellung
hat die ZfA von Anfang an geprägt.“ Er blickte kurz auf die wech-       Im Rahmen des Weltkongresses Deutscher Auslandsschulen
selvolle Geschichte der Auslandsschularbeit zurück und nannte           2018 in Berlin tagte auch die jährliche Mitgliederversamm-
Höhepunkte. „Dass die Auslandsschularbeit weiterhin erfolgreich         lung des Weltverbands Deutscher Auslandsschulen (WDA).
blieb, liegt auch daran, dass vor Jahren, manchmal Jahrzehnten, die     Wie der Weltkongress verzeichnete auch die Mitgliederver-
richtigen Weichen gestellt wurden.“ Seitdem fördere das deutsche        sammlung des WDA eine Rekordbeteiligung: 157 ehrenamt-
Auslandsschulwesen verstärkt die Begegnung mit den Menschen             liche Vorstände sowie hauptamtliche Vorstandsbeauftragte,
und der Kultur der Sitzländer. So sei eine Reihe Deutscher Aus-         Geschäftsführer und Verwaltungsleiter der Mitgliedsschulen
landsschulen mit bikulturellem Schulziel entstanden. Diese Tradi-       des WDA nahmen an der Versammlung teil. Seit der letzten
tion besteht weiterhin und wurde durch die PASCH-­Initiative des        Mitgliederversammlung 2017 konnte der WDA zwölf neue
Auswärtigen Amts erweitert. „Die Schulen sollen mehr denn je als        Mitglieder gewinnen. Dem Verband gehören inzwischen
Kultur- und Bildungsvermittler in einer globalisierten Welt zur         147 Mitglieder an, darunter 122 der insgesamt 141 anerkann-
Begegnung der Kulturen beitragen“, so Verenkotte.                       ten Deutschen Auslandsschulen. Bei den Vorstandswahlen
                                                                        wurden die Vorstandsmitglieder Nicholas Röhm (Valdivia)
Regionale und weltweite Vernetzung                                      als Schatzmeister und Friederike Gribkowsky (Bukarest) als
Der letzte Tag des Weltkongresses stand ganz im Zeichen der             Schriftführerin in ihren Ämtern bestätigt, Manfred Schmidt
Vernetzung. Die Kernthemen der letzten Regionalen Netzwerk-             (Bogotá) wurde neu in den Vorstand gewählt. Peter Raute
tagungen wurden in Gruppen zu Perspektiven für die kommen-              (Bogotá), der dem WDA bereits in der Gründungsphase vor
den Netzwerktagungen weiterentwickelt. Schwerpunkte bildeten            15 Jahren angehörte, trat satzungsgemäß nicht zur Wahl an
dabei neben der gremienübergreifenden Kommunikation und                 und schied aus dem Vorstand aus. Weitere Informationen
Zusammenarbeit vor allem Zukunftsfähigkeit und Marketingstra-           finden sich unter: www.auslandsschulnetz.de
tegien der Schulen wie auch die Dachmarke DAS.

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MELDUNGEN

      Meldungen
      Schulleiter in Deutschland sind motiviert, aber überlastet
      Berlin. Knapp ein Viertel der Schulleiter in Deutschland würde          Dennoch ist die Arbeitsmotivation der befragten Schulleiter hoch:
      diesen Beruf „wahrscheinlich nicht“ oder „auf gar keinen Fall“          Nahezu alle gehen gerne zur Arbeit (95 Prozent). Zur Entlastung
      weiter­empfehlen. Das ist eines der Ergebnisse einer forsa-Umfrage      wünschen sich die Befragten mehr Anrechnungsstunden, damit sie
      zur Berufszufriedenheit von Schulleitungen. Grund dafür seien vor       Aufgaben delegieren können. Auch eine gesicherte Stellvertretung,
      allem Überlastung und mangelnde Unterstützung. So gibt jeder            mehr Personal in Bereichen wie Gebäudewartung und Sekreta-
      sechste Befragte an, Aufgaben nur gelegentlich bis nie zur eigenen      riat sowie Budgeterhöhungen würden aus ihrer Sicht für Verbes-
      Zufriedenheit erledigen zu können. Konkret berichteten die Schul-       serungen sorgen. Für die repräsentative Untersuchung, die vom
      leitungen von einem stetig wachsenden Aufgabenspektrum insbe-           Verband Bildung und Erziehung in Auftrag gegeben wurde, wur-
      sondere bei Verwaltungsarbeiten. Bemängelt wurde auch, dass der         den 1.200 Schulleiter allgemeinbildender Schulen in Deutschland
      tatsächliche Schulalltag in der Politik nicht ausreichend beachtet      ­telefonisch befragt. | [JSB]
      werde. Alltägliche Herausforderungen seien vor allem der Lehr-                                                   Weitere Informationen unter:
      kräftemangel sowie die Integration und Inklusion von Schülern.                                              www.vbe.de/themen/schulleitung

      Bewertung der Schulpolitik durch die Schulleitungen                            Mittelwert: 3,8
      Angabe in Prozent/Note

                                                             32                        37
                                                                                                                  17
                                       7                                                                                                   3
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                                                                                                         Quelle: Forsa/Verband Bildung und Erziehung e. V.

Der Bildungsprofi für Technik
 Schule     Ausbildung       Hochschule        Weiterbildung

                                                                  Automatisierung am Modell lernen
                                                                  A
                                                                  M den Industriemodellen von Christiani lernen Schülerinnen und
                                                                  Mit
                                                                  Schüler die SPS-Programmierung.
                                                                  Sc

                                                                  Ve
                                                                  Vermitteln Sie die Grundlagen der Automatisierungstechnik – am Einzelmodell
                                                                  oder in Kombination mehrerer Modelle zur Fertigungsstraße.
                                                                  od

                                                                  Di Bearbeitungseinheit vereint zum Beispiel eine Vertikalfräsmaschine, drei
                                                                  Die
                                                                  Förderbänder, zwei Schwenktische und einen schienengeführten Transport-
                                                                  Fö
                                                                  wagen mit Bandfördereinrichtung.
                                                                  wa
                                       Bearbeitungseinheit

                                                                      Alle Christiani Industriemodelle unter:   christiani.de/fischertechnik
INLAND

Interview

„Man darf diese Dinge
nicht ­verschweigen.“
Zu schnell, zu radikal, zu ideologisch – die Art, wie Inklusion an Schulen in Deutschland umgesetzt wird,
schadet dem Bildungssystem und gefährdet das Wohl vieler Kinder. Dieser Meinung ist der Gymnasiallehrer
und Autor Michael Felten. Im Interview mit Johanna Böttges plädiert er für eine ehrlichere Debatte.

Herr Felten, was läuft falsch bei der Umsetzung der Inklusion?      Sie sind Lehrer an einem Kölner Gymnasium. Welche Erfahrun-
Das Ganze geht aus von der UN-Behindertenrechtskonvention,          gen haben Sie persönlich mit Inklusion gemacht?
die dafür plädiert, allen Kindern das Recht auf Bildung im allge-   In Metropolen wie Köln gehen etwa 60 Prozent eines Jahrgangs
meinen Schulsystem zu gewährleisten. In Deutschland ist von         aufs Gymnasium. Das heißt, wir haben schon jetzt, ohne Kinder
Teilen des pädagogischen Diskurses daraus gemacht worden:           mit Lernbeeinträchtigung, eine riesige Palette an Leistungsfähig-
Alle Kinder mit Beeinträchtigungen haben in Zukunft das Recht,      keiten. Es ist überhaupt nicht möglich, jedem Schüler gerecht zu
an jeder Schulform unterrichtet zu werden – was letztlich, wenn     werden. Da kommen entweder die Schwächeren zu kurz, denen
man es praktisch betrachtet, entweder eine extrem teure Lösung      man versucht, am Gymnasium eine Chance zu geben – oder die
bedeuten würde oder massive Beeinträchtigungen des Lernens          Leistungsstarken. Es ist schwer vorstellbar, worin der Sinn beste-
für alle Beteiligten. Die UNO hatte aber primär diejenigen Länder   hen soll, auch noch Kinder mit geistigen Entwicklungsstörungen
im Auge, in denen Kinder mit Behinderung bislang vom öffentli-      ­aufzunehmen, die dort überhaupt keine Mitlernperspektive haben.
chen Schulsystem ausgeschlossen sind. Was die UNO überhaupt
nicht wollte, war, unser hochentwickeltes Förderschulsystem ein-    Sie sprechen von einer „Inklusionsfalle“. Warum?
zustampfen und dafür zu sorgen, dass sich in Deutschland eine       Weil das Schlagwort „Gemeinsames Lernen“ auf den ersten Blick
­Einheitsschule entwickelt.                                         sehr wohltuend anmutet. Es ist sicher eine grundsätzlich sinn-
                                                                    volle pädagogische Herangehensweise, dass man versucht, keine
                                                                    unnötigen Trennungen zwischen Schülern zu vollziehen. Dass
                                                                    die Kinder möglichst die ganze Vielfalt auch anderer Menschen
                                                                    kennenlernen sollen. Und wenn im allgemeinen Schulgesetz von
                                                                    NRW steht, Eltern haben das Recht, für ihr Kind mit besonde-
                                                                    rem Förderbedarf eine Regelschule zu wählen, hört sich das gut
                                                                    an. Aber wenn das Kind dann dort im Gegensatz zur Förderschule
                                                                    nur zwei oder drei Stunden pro Woche von einer sonderpädago-
                                                                    gischen Kraft betreut wird, fällt dieser wohlklingende Begriff in
                                                                    sich zusammen. Es erlebt die riesigen Leistungsfortschritte von
                                                                    Schülern, die besser zurechtkommen. Damit riskiert man zusätz-
                                                                    liche Entwicklungsstörungen für dieses Kind. Für die anderen
                                                                    unter Umständen auch. Und für den Lehrer, der versucht, sich zu
                                                                    ­zerreißen, eben auch.

                                                                    Wenn das Gemeinsame Lernen Grenzen hat, inwieweit kann
                                                                    man dann überhaupt noch von Inklusion sprechen?
                                                                    Die radikale Inklusion nach dem Motto „Wir gehen alle in dieselbe
                                                                    Schule und das tut uns allen am besten“ ist einfach eine Illusion.
     Michael Felten arbeitete 36 Jahre als Gymnasial­
     lehrer für Mathematik und Kunst in Köln. Er                    An Modellschulen hat man sehr fruchtbare Erfahrungen mit be-
     ist Dozent in der Lehrerausbildung und Autor                   grenzter Inklusion gemacht, früher Integration genannt. Zu 20
     pädagogischer Sachbücher. Für „Zeit Online“
                                                                    oder 25 „Regelkindern“, wie ich das kurz nenne, kommen 5 wohl-
     beantwortet er Fragen an den Lehrer in der Serie
     „Schulfrage“. Sein jüngstes Projekt findet sich                ausgesuchte Förderkinder, die einen ähnlichen Förderbedarf ha-
     unter: www.initiative-unterrichtsqualitaet.de                  ben. Neben der normalen Grundschullehrerin hat die Klasse eine

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INLAND

Sonderpädagogin, die die ganze Zeit mit dieser kleinen Gruppe und      Förderklasse in einem Schulverband, also etwa einer Real- oder
in Verbindung mit den Regelschülern arbeiten kann. Das ist et-         Hauptschule, die eine Regelklasse als Partnerklasse hat. Und die
was, das funktioniert. Es liegen mittlerweile aber jede Menge War-     sind in direktem Austausch. Sie machen nicht nur Feste und Au-
nungen und Erfahrungsberichte von Lehrern und Leitern solcher          ßerschulisches zusammen, sondern haben zum Beispiel Sport
Schulen vor, die sagen: Wir haben bis zu dreißig Jahre sehr positive   ­zusammen. Alles, wo man wirklich Gemeinsamkeit erleben kann.
Erfahrungen mit dieser Art von integrierender Bildung gemacht.
Aber wenn jetzt an allen Schulen der Sparmodus der Inklusions-         Sinnvoll können auch Partnerschulen sein. Förderschule und Re-
schule praktiziert wird – der Sonderschullehrer guckt nur noch         gelschule können in dichterem Kontakt zueinander stehen, nicht
sporadisch rein und vielleicht ist ab und zu noch ein Schulbegleiter   nur baulich. Es ist auch denkbar, so wie es in Nordrhein-Westfalen
dabei –, dann können wir unsere Modellschulen schließen.               jetzt angestrebt wird, Schwerpunktschulen zu bilden, zum Beispiel
                                                                       im Sek-I-Bereich oder im Grundschulbereich. Das sind Regelschu-
Für wen kann so ein integrativer Unterricht gelingen und für           len, an denen besonders gute Bedingungen bestehen, um Kindern
wen nicht?                                                             mit besonderem Förderbedarf gerecht zu werden. Dann wäre also
Das kommt auf die Schulform an, also das Anforderungslevel ei-         nicht mehr jede Grundschule verpflichtet, Förderkinder aufzu-
nes Gymnasiums, einer Realschule, einer Hauptschule. Und da ist        nehmen, wie von der Vorgängerregierung gedacht. Dort wären
es sicher so, dass Kinder etwa mit dem Förderschwerpunkt geistige      aber auch mehrere Sonderpädagogen, die alle Förderbedarfe ab-
Entwicklung an einer Realschule nicht wirklich gut aufgehoben          decken, sodass diese Schulen den Kindern die geballte Kompetenz
sein können. Denn sie erleben dort nicht das, was man sich unter       der sonderpädagogischen Fachkräfte zur Verfügung stellen. Das
dem Begriff Gemeinsames Lernen vorstellt. Sie erleben gerade den       war in den letzten vier oder fünf Jahren nicht der Fall.
großen Unterschied. Wir haben es bei dieser überhasteten und
schlecht ausgestatteten Inklusion mit einer Logik des Misslingens      Welche Rolle sollten Förderschulen künftig spielen?
zu tun. Man findet einen schönen Begriff, „Gemeinsames Lernen“,        Unsere Förderschulen, in denen die Lehrer kleine Gruppen be-
um das Empfinden von Unterschieden zu reduzieren. Tatsächlich          treuen und die Kinder über längere Zeit kennen, haben bisher
wird dieses dadurch aber verstärkt.                                    sehr gute Arbeit geleistet. Das ist durch die Inklusionseuphorie der
                                                                       letzten Jahre arg in den Hintergrund getreten. Die Förderschule
Kennen Sie Positivbeispiele?                                           sollte auf jeden Fall erhalten bleiben, weil sie den Kindern mit
In einigen Bundesländern gibt es andere Zugangsweisen. Dazu            besonderen Entwicklungsstörungen – entweder in bestimmten
gehört zum Beispiel in Bayern und Baden-Württemberg die Eta-           Phasen ihrer Schullaufbahn oder in manchen Fällen auch wäh-
blierung sogenannter Partner- oder Außenklassen. Das ist eine          rend der ganzen Zeit – die besseren Förderbedingungen bietet.     >

BEGEGNUNG 2-2018                                                                                                                        19
INLAND

Anteil der Schüler mit sonderpädagogischer Förderung                        und denen jetzt Fördermittel gekürzt werden, wenn für sie kein
Angaben in Prozent aller Schüler an allgemeinbildenden                      expliziter Förderbedarf im schwereren Sinne festgestellt wird. Wir
Schulen                                                                     müssen jedem Kind stärker gerecht werden. Das bedeutet zum
                                                                            Beispiel für hochbegabte Kinder, dass sie einerseits mit weniger
                                                                            leistungsstarken Kindern zusammenkommen, andererseits aber
            2000/01                                 2016/17
                                                                            auch spezielle Anregungs- und Verwirklichungsmöglichkeiten
                                                                            finden. Es ist tragisch, dass wir durch diesen unausgereiften Inklu-
                                                                            sionssturm in manchen Bundesländern in eine Situation gekom-
                                                  2,8                       men sind, wo alle Betroffenen ganz schnell sagen: Damit will ich
          0,7
                                                                            lieber nichts zu tun haben.

                                                                            Beim Inklusionsgedanken geht es auch um den Umgang mit
                                                              4,3
                        4,6                                                 Heterogenität im weiteren Sinne, zum Beispiel hinsichtlich
                                                                            kultureller oder sozialer Hintergründe. Wie lässt sich damit
                                                                            umgehen?
                                                                            Es ist eine grundsätzliche Herausforderung für Schule, dass sie
         Förderquote 5,3                         Förderquote 7,1            versucht, eine Verbindung zwischen Gemeinsamem und Beson-
                                                                            derem zu schaffen. Das sieht man in jedem Fachunterricht, bei
     An Förderschulen                                                       jeder Klassenunternehmung. Sie haben immer Kerne, die sie ge-
     An sonstigen allgemeinbildenden Schulen                                meinsam gestalten können, aber bei einzelnen Schülern jeweils
                                                                            spezielles Vorwissen, spezielle Interessen, spezielle Abneigungen,
                                                                            spezielle Schwierigkeiten. Das muss man versuchen zu verbinden.
                                                                            Die Erfahrung zeigt, dass das innerhalb eines sorgfältig geglie-
Mehrzahl der Bundesländer bleiben sie der vorherrschende Ort für sonder-
                                                                        -   derten Schulsystems eigentlich gut möglich war. Das gegliederte
                                                                            Schulsystem ist viel effektiver und sinnvoller, als manche Debat-
in Förderschulen unterrichtet. Die Inklusions- und Förderquoten variieren
                                                                            ten nahelegen. Man hat auch innerhalb einer Gymnasial-, Haupt-
jedoch stark je nach Bundesland.
                                                                            oder Realschulklasse ein Leistungsspektrum. Die sind nicht
Quelle: Sekretariat der KMK 2018/Nationaler Bildungsbericht                 homogen. Aber man kann in dieser gemäßigten Heterogenität
                                                                            ­besonders gut lernen. |

Die Übergänge zwischen Förderschulen und Regelschulen müss-
ten aber flexibler sein. Man müsste immer entscheiden können:
Wo soll ein Kind jetzt im Moment, für das nächste Quartal oder
Halbjahr, beschult werden? Wir müssen dual-inklusiv denken.
Diesen Begriff hat Otto Speck, emeritierter Sonderpädagoge der
LMU München, geprägt. Es geht darum, für jedes einzelne Kind
festzustellen, wo es optimal aufgehoben ist. Das ist für die meisten
Kinder die Regelschule. Und für manche Kinder ist es eben, pha-
senweise oder auch für die ganze Schulzeit, die Förderschule mit
ihrer ­hochspezifischen Expertise.

Die Gruppe der Hochbegabten steht häufig zwischen den Stühlen.
Wo sehen Sie künftig deren Platz?
Zwischen den Stühlen stehen auch Kinder, die als Legastheniker
anerkannt wurden oder denen man eine Rechenschwäche at-
testiert hat. Das sind alles Kinder, die bisher Förderung erfuhren

Zum Weiterlesen:
Michael Felten: „Die Inklusionsfalle – Wie eine gut gemeinte Idee
unser Bildungssystem ruiniert“, Gütersloher Verlagshaus 2017

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