"Neue Governance und Gleichstellung der Geschlechter in der Wissenschaft" - Dialog-Tagung cews.publik.no20

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"Neue Governance und Gleichstellung der Geschlechter in der Wissenschaft" - Dialog-Tagung cews.publik.no20
cews.publik.no20

                                          Dialog-Tagung

                            „Neue Governance und
                   Gleichstellung der Geschlechter
                              in der Wissenschaft“
                                   Tagungsdokumentation
"Neue Governance und Gleichstellung der Geschlechter in der Wissenschaft" - Dialog-Tagung cews.publik.no20
Das dieser Tagungsdokumentation zugrundeliegende Vorhaben wurde mit
Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung unter den
Förderkennzeichen 01FP1510 und 01FP1511 gefördert. Die Verantwortung für
den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei den Autorinnen und Autoren.
"Neue Governance und Gleichstellung der Geschlechter in der Wissenschaft" - Dialog-Tagung cews.publik.no20
Dialog-Tagung

„Neue Governance und
 Gleichstellung der Geschlechter
 in der Wissenschaft“
Tagungsdokumentation
"Neue Governance und Gleichstellung der Geschlechter in der Wissenschaft" - Dialog-Tagung cews.publik.no20
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"Neue Governance und Gleichstellung der Geschlechter in der Wissenschaft" - Dialog-Tagung cews.publik.no20
Inhalt

1.      Grundlagen: Governance und Gleichstellung                                                    5

1.1     Einleitung                                                                                   5
        Prof. Dr. Birgit Riegraf (Universität Paderborn) und Dr. Andrea Löther (Kompetenzzentrum
        für Frauen in Wissenschaft und Forschung – CEWS)

1.2     Plenumsvorträge                                                                              11
1.2.1   Keynote: Balanceakte: Spannungsfelder aktueller Gleichstellungspolitik an Hochschulen
        Dr. Britt Dahmen (Universität zu Köln)                                                       11
1.2.2   Plenumsvortrag: Neue Arrangements und alte Reputationsregime der Hochschulgovernance:
        Optionen und Restriktionen für die Geschlechterpolitik.
        Dr. Dagmar Simon (ehemals Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung)                   23

1.3     Vorträge im Rahmen der Workshops                                                             31

        I: Gleichstellung vor dem Hintergrund wettbewerblicher und marktorientierter
        Mechanismen an Hochschulen

1.3.1   ‚Markt‘ und ‚Wettbewerb‘ als zentrale Steuerungsprinzipien im Universitätssystem
        und Gleichstellungspolitiken
        Dr. Lena Weber (Universität Paderborn)                                                       31
1.3.2   Gleichstellung vor dem Hintergrund wettbewerblicher und marktorientierter Mechanismen
        an Hochschulen
        Marieke Rother (Technische Universität Berlin) & Nicole Eschner (Freie Universität Berlin)   39

        II: Der Exzellenzbegriff und damit zusammenhängende neue Selektionsmechanismen

1.3.3   Meritokratie – Fakt oder Fiktion? Spannungsverhältnisse zwischen Exzellenz
        und Chancengleichheit
        Prof. Dr. Julia Nentwich & Dr. Ursula Offenberger (Universität St. Gallen)                   46
1.3.4   Über die Verknüpfung von Geschlecht, Exzellenz und Prekarität
        Prof. Birgit Riegraf (Universität Paderborn)                                                 53

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"Neue Governance und Gleichstellung der Geschlechter in der Wissenschaft" - Dialog-Tagung cews.publik.no20
1.3.5   Innenansichten einer Frauenbeauftragten – Zum Verhältnis von Exzellenz und Gleichstellung
        als hochschulpolitische Strategien
        Dr. Mechthild Koreuber (Freie Universiät Berlin)                                            61

        III: Die Implementierung von Gleichstellungs- und Diversity Policies an Hochschulen

1.3.6   Implementierung von Gender Equality & Diversity Policies an Hochschulen
        Dr. Anja Wolde (Goethe-Universität Frankfurt)                                               67

1.4     Ergebnisse aus den Workshops                                                                75
        A: Gleichstellung vor dem Hintergrund wettbewerblicher und marktorientierter Mechanismen
           an Hochschulen                                                                           75
        B: Der Exzellenzbegriff und damit zusammenhängende neue Selektionsmechanismen               76
        C: Die Implementierung von Gleichstellungs- und Diversity Policies an Hochschulen           77

2.      Podiumsgespräch: Geschlechterforschung und Gleichstellungspolitik                           79

        Gäste:        Prof. Dr. Susanne Völker (Universität zu Köln)
                      Dr. Doris Hayn (Georg-August Universität Göttingen)
        Moderation: Dr. Nadyne Stritzke (Justus-Liebig Universität Gießen)

3.      Ausblick und Handlungsempfehlungen                                                          89

4.      Programm                                                                                    93

Impressum                                                                                           96

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"Neue Governance und Gleichstellung der Geschlechter in der Wissenschaft" - Dialog-Tagung cews.publik.no20
1 Grundlagen
            Governance und Gleichstellung

Einleitung
  Prof. Dr. Birgit Riegraf (Universität Paderborn) und Dr. Andrea Löther (stellvertretende Leiterin
des Kompetenzzentrums für Frauen in Wissenschaft und Forschung – CEWS)

Seit den 1980er Jahren befindet sich das deutsche           Maße wie zunächst angenommen zurückgegangen
wie das europäische Wissenschaftssystem in einem            ist; die Forschung spricht deshalb von ‚hybriden Go-
tiefgreifenden Umgestaltungsprozess. Grundlegend            vernance-Strukturen‘ (Bogumil et al. 2013). Im inter-
ist die Übernahme privatwirtschaftlicher Manage-            nationalen Vergleich nimmt Deutschland daher eine
mentprinzipien in die öffentliche Verwaltung und            moderate Position im Hochschulreformprozess ein.
die entsprechende Steuerung von Wissenschaft und            Aus einer Perspektive, die die möglichst umfassende
Hochschulen (‚New Public Management‘). Die Ein-             Implementation von New Public Management als
führung neuer Steuerungsinstrumente, gewandel-              Ziel hat, stellt sich Deutschland als ein ‚late comer‘
te Beziehungen zwischen Staat und Hochschulen               des Veränderungsprozesses dar (vgl. Schimank und
(‚Hochschulautonomie‘), die Bologna-Reform, die             Lange 2009).
vertikale Differenzierung der Hochschullandschaft
(‚Exzellenzinitiative‘) oder der Rückgang der grund-        Aus organisationstheoretischer Sicht wird der Wand-
ständigen Finanzierung zugunsten von Drittmittel-           lungsprozess als „Organisationswerdung der Hoch-
und projektförmiger Finanzierung sind einige der            schule“ interpretiert. Traditionell werden Hochschu-
Schlaglichter auf diesen Wandel.                            len als lose gekoppelte Organisationen beschrieben,
                                                            deren Mitglieder sich eher mit ihren Disziplinen als
In der Governance-Forschung wird dieser Wandel              mit ihrer Hochschule verbunden fühlen. Zuneh-
idealtypisch als Stärkung der zielbezogenen Außen-          mend werden Hochschulen „in einheitlich hand-
steuerung, des Wettbewerbs und der hierarchischen           lungs-, entscheidungs- und strategiefähige Akteure
Selbststeuerung beschrieben, während staatliche             transformiert“ (Krücken 2011), doch bleiben sie wei-
Regulierung und akademische Selbstorganisati-               terhin „specific organizations“, wie Dagmar Simon
on an Bedeutung verlieren (Hüther und Krücken               in ihrem Vortrag mit Bezug auf Christine Musselin
2016; Jaeger und Leszczensky 2008; De Boer et al.           (2007) hervorhebt. Unter dem Schlagwort „unter-
2007). Neuere Forschungen zeigen allerdings, dass in        nehmerische Hochschule“ (Clark 1998) wird einer-
Deutschland die staatliche Steuerung nicht in dem           seits auf Ökonomisierung und die Implementation

                                                        5
"Neue Governance und Gleichstellung der Geschlechter in der Wissenschaft" - Dialog-Tagung cews.publik.no20
betriebswirtschaftlicher Instrumente, andererseits                   Verschiedene Beiträge (Dahmen, Simon, Weber, Ro-
auf die Veränderung von innerhochschulischen Ent-                    ther/Eschner, Koreuber) zeigen, dass Gleichstellungs-
scheidungsprozessen verwiesen (Kreissl et al. 2015,                  politik an Hochschulen in Deutschland hochgradig
S. 224).                                                             anschlussfähig an Veränderungen in der Governance
                                                                     ist: In neue Steuerungsinstrumente werden gleich-
Inwiefern Gleichstellungsforderungen in diese Neu-                   stellungspolitische Aspekte integriert. Hochschullei-
organisation des Wissenschaftssystems integriert                     tungen übernehmen mehr Verantwortung für Gleich-
werden und wie sich die Rahmenbedingungen für                        stellung. Gleichstellungspolitische Konzepte werden
Gleichstellungspolitik und Gleichstellungsarbeit                     zu einem Wettbewerbsfaktor. Die Governance von
durch den beschriebenen Umstrukturierungspro-                        Gleichstellungspolitik selber (Strukturen und Instru-
zess verändern, war Thema der Dialog-Tagung ‚Neue                    mente) ändert sich. Im internationalen Vergleich
Governance und Gleichstellung der Geschlechter in                    (vgl. den Beitrag von Lena Weber) wird deutlich,
der Wissenschaft‘ am 6. und 7. Oktober 2016 an der                   dass es in Deutschland aufgrund spezifischer Bedin-
Universität Paderborn.1 Ziel der Tagung und die-                     gungen, insbesondere dem Vorhandensein von in-
ser Broschüre ist es, Erkenntnisse aus der Forschung                 stitutionalisierten Gleichstellungsakteur/-innen und
und Reflektionen der Praxis in Dialog zu bringen.                    der Professionalisierung der Gleichstellungsarbeit
                                                                     zuzuschreiben ist, dass die Integration von Gleich-
                                                                     stellungsaspekten in einige Bereiche gelang, die von
                                                                     den Umstrukturierungsprozessen an Hochschulen
                                                                     betroffen waren. Aus der Governance-Perspektive
                                                                     könnte zugespitzt formuliert werden, dass staatliche
                                                                     Regulierung der Gleichstellungspolitik an Hochschu-
                                                                     len (länderrechtliche Regelungen) eine Vorausset-
                                                                     zung dafür ist, dass Gleichstellung an die Stärkung
                                                                     des Wettbewerbs und der Position der Hochschul-
                                                                     leitung angebunden werden konnte. Die Nutzung
                                                                     des Gelegenheitsfensters, das sich durch die Um-
                                                                     strukturierung der Hochschulen für gleichstellungs-
                                                                     politische Anforderungen bot, ist zugleich voraus-
                                                                     setzungsvoll. Der Beitrag von Mechthild Koreuber
                                                                     bestätigt aus der Gleichstellungspraxis, dass es auch
                                                                     dem politischen Wirken von Frauen- und Gleichstel-
                                                                     lungsbeauftragten und ihren Netzwerken zu verdan-
                                                                     ken ist, dass Geschlechtergerechtigkeit in der Ex-
                                                                     zellenzinitiative berücksichtigt wird, auch wenn die
1 Die Tagung fand am 6./7. Oktober 2016 an der Universität           Integration in der Praxis heterogen und von lokalen
  Paderborn statt, durchgeführt im Rahmen des Projektes „Neue
  Governance und Gleichstellung der Geschlechter in der Wis-         Bedingungen abhängig ist. Finanzielle Ressourcen
  senschaft“ (GOWISS), gefördert vom BMBF, Förderkennzeichen         für Gleichstellungsarbeit, die mit der Hochschulgrö-
  01FP1510 und 01FP1511. Das Projekt wurde von Prof. Dr.
                                                                     ße und den Hochschultypen gekoppelt sind, stel-
  Birgit Riegraf (Universität Paderborn) und Dr. Andrea Löther
  (CEWS – GESIS) geleitet.                                           len weitere lokale Ausgangsbedingungen für den

                                                                 6
"Neue Governance und Gleichstellung der Geschlechter in der Wissenschaft" - Dialog-Tagung cews.publik.no20
1 Grundlagen: Governance und Gleichstellung
   Einleitung

                                                           bestimmten Disziplinen, Stellenformate oder ei-
                                                           ne ungleiche familiäre Arbeitsteilung setzen unter-
                                                           schiedliche Ausgangsbedingungen bei der Erfüllung
                                                           von Exzellenzkriterien. Zugleich ist es der Gleich-
                                                           stellungspolitik gelungen, die enge Verknüpfung von
                                                           Männlichkeit und Exzellenz aufzubrechen, wovon
                                                           vor allem eine kleine Gruppe von Wissenschaftle-
                                                           rinnen aus den Natur- und Ingenieurwissenschaften
                                                           profitieren kann.

                                                           Die Beiträge aus der Gleichstellungspraxis (Koreu-
                                                           ber, Dahmen, Rother/Eschner) beschreiben intensive
                                                           Diskussionen über diese Spannungsverhältnisse in
                                                           den Netzwerken von Gleichstellungsakteur/-innen,
                                                           insbesondere im Zusammenhang mit der Exzellenz-
                                                           initiative (Koreuber). Angesprochen werden Kon-
Aufbau neuer Instrumente der Gleichstellungsgo-            flikte und Segmentierungen, Konkurrenzen und
vernance dar, wie beispielsweise für das Gleichstel-       Machtkämpfe zwischen gleichstellungspolitischen
lungscontrolling diskutiert wurde.                         Akteurinnen und Akteuren innerhalb einer Hoch-
                                                           schule sowie Konkurrenz zwischen Hochschulen.
Gleichzeitig reflektieren alle Beiträge dieser Bro-        Das Verhältnis von Kooperation und Konkurrenz
schüre die Dilemmata und Gefahren, die sich aus            innerhalb der gleichstellungspolitischen Netzwerke
dieser Anschlussfähigkeit von Gleichstellungs-             muss deshalb immer wieder neu beleuchtet und neu
politik an die Umstrukturierung der Hochschulen            justiert werden.
ergeben. Durch die Diskursverschiebung zu Effi-
zienz und Human-Ressourcen-Argumenten tre-                 Zugleich benennen die Beiträge Erfolge und Ver-
ten der normative Gerechtigkeitsanspruch und               änderungen in der Gleichstellungspolitik, ins-
die Auseinandersetzung mit negativen Implikati-            besondere durch die Forschungsorientierten
onen der Umstrukturierung in den Hintergrund,              Gleichstellungsstandards der DFG und das Profes-
wie beispielsweise die Zunahme prekärer Beschäf-           sorinnenprogramm. Beleuchtet werden dabei An-
tigungsbedingungen von Wissenschaftlerinnen und            satzpunkte für einen Kulturwandel (Simon), der
Wissenschaftlern oder die weiterhin und sogar zu-          möglicherweise mit diesen Veränderungen gege-
nehmend geforderte Angleichung an die männliche            ben ist. Die Schaffung von Kommunikations- und
Normalbiographie.                                          Verhandlungsräumen (Rother/Eschner), Fragen
                                                           nach Gender-Wissen und Gender-Kompetenz so-
Der zunehmende Wettbewerb, der unter dem sozial            wie die Einbindung von unterschiedlichen Akteu-
konstruierten Maßstab ‚Exzellenz‘ zwischen Hoch-           rinnen und Akteuren können solche Ansatzpunkte
schulen und zwischen Wissenschaftler/-innen ge-            sein. Trotz allem sind diese Erfolge fragil (Simon),
führt wird, ist geschlechterspezifisch aufgeladen          bedroht durch befristete finanzielle Mittel und sich
(vgl. Beitrag von Birgit Riegraf). Zugehörigkeit zu        verändernde Themenschwerpunkte.

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"Neue Governance und Gleichstellung der Geschlechter in der Wissenschaft" - Dialog-Tagung cews.publik.no20
Diskutiert wurde auf der Tagung auch die Transfor-          xis wurde beklagt, dass die bisherige Forschungspra-
mation des Feldes durch neue Themenfelder. Hier-            xis zu Gleichstellung wenig hilfreich und nicht auf
bei ging es insbesondere um die Positionierung von          Augenhöhe durchgeführt werde. Gefordert wurde ei-
Geschlechtergleichstellung innerhalb einer Diversity-       ne problemorientierte Forschung, die wissenschaft-
Politik (vgl. den Beitrag von Anja Wolde).                  lich gehaltvoll sein soll und der Gleichstellungspra-
                                                            xis Orientierungs-, System- und Gestaltungswissen
Schließlich reflektierte die Tagung das Verhält-            bietet. Aus der Geschlechterforschung wurde auf die
nis von Gleichstellungspraxis und Geschlechter-             Ambivalenz von Institutionalisierung und Diskre-
forschung. Indem die inhaltlichen Themen jeweils            ditierung sowohl bei der Gleichstellungspolitik als
aus Perspektive der Geschlechterforschung und der           auch bei der Geschlechterforschung hingewiesen. Ei-
Gleichstellungspraxis analysiert und wechselseitig          ne gemeinsame Klammer muss jeweils konkret her-
kommentiert wurden, experimentierte die Veran-              gestellt werden, ist jedoch gerade angesichts der ge-
staltung mit einem neuen Format für diesen Dia-             genwärtigen Angriffe auf Gleichstellungspolitik und
log. Dem Verhältnis von Gleichstellungspraxis und           Geschlechterforschung ganz besonders wichtig. Für
Geschlechterforschung widmete sich ausdrücklich             einen Dialog zwischen den beiden Bereichen auf Au-
ein Podiumsgespräch. Aus der Gleichstellungspra-            genhöhe bedarf es sowohl einer Auseinandersetzung

                                                        8
1 Grundlagen: Governance und Gleichstellung
   Einleitung

über das Wissenschaftsverständnis und unterschied-               Engels, Anita; Beaufays, Sandra; Kegen, Nadine V.; Zuber,
liche Logiken von Forschung und Politik, als auch                Stephanie (2015): Bestenauswahl und Ungleichheit. Eine
der Suche nach geeigneten Orten und Formaten.                    soziologische Studie zu Wissenschaftlerinnen und Wissen-
                                                                 schaftlern in der Exzellenzinitiative. Frankfurt am Main:
Wir hoffen mit der vorliegenden Broschüre die span-              Campus-Verlag (Hochschule und Gesellschaft). Online ver-
nenden Debatten und Verständigungsprozesse auf                   fügbar unter http://d-nb.info/1070854808/04, zuletzt ge-
der Tagung dokumentieren zu können und damit                     prüft am 24.11.2016.
die weitere Diskussion über Gleichstellung in einer
veränderten Hochschullandschaft sowie den Dialog                 Grande, Edgar; Jansen, Dorothea; Jarren, Otfried; Rip, Arie;
zwischen Geschlechterforschung und Gleichstellung-               Schimank, Uwe; Weingart, Peter (Hg.) (2013): Neue Gover-
spraxis zu befördern.                                            nance der Wissenschaft. Reorganisation – externe Anforde-
                                                                 rungen – Medialisierung. 1. Aufl. Bielefeld: transcript.

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                                                             9
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                                                               10
1 Grundlagen: Governance und Gleichstellung
   Plenumsvorträge

Plenumsvorträge

PERSPEKTIVE DER PRAXIS

Balanceakte: Spannungsfelder aktueller
Gleichstellungspolitik an Hochschulen
  Dr. Britt Dahmen, Leiterin des Referats Gender & Diversity Management an der Universität zu Köln

In dem Diskurs um Veränderungen der Gleichstel-               Hochschule. 2011 habe ich in die Rolle als Leiterin
lungspolitik und deren Governance in dem ver-                 des Referats für Gender-Qualitätsmanagement ge-
gangenen Jahrzehnt sehe ich vor meinem inneren                wechselt, das nunmehr dem Rektorat angehörte und
Auge vor allem immer wieder die Herausfor-                    nicht mehr direkt an das Gleichstellungsbüro ange-
derungen aus der Perspektive der ‚klassischen‘                dockt war. Eben jenes Referat heißt nun seit einigen
Gleichstellungsakteur/-innen, also der Gleichstel-            Monaten ‚Referat Gender & Diversity Management‘.
lungsbeauftragten und ihren Mitarbeiterinnen und              Und vielleicht erkennen auch Sie bereits einige
Mitarbeitern in den Gleichstellungsbüros. Vor allem           Spannungsfelder, auf denen ich mich bewegt habe
aus ihrer Perspektive heraus lassen sich die Verände-         und bewege.
rungen von Gleichstellungspolitik und Governance
und die damit verbundenen Spannungsfelder sehr
plastisch beleuchten, da sie als zentrale Instanz alle        1. Wissenschaftspolitische Meilensteine
Phasen mit begleitet haben und begleiten. ‚Balance-
akte‘ – darunter verstehe ich deshalb vor allem die           Versetzen wir uns in das Jahr 2005: Nach rund
Herausforderungen, vor denen sich diese Akteur/-              15 Jahren vorangegangener Frauenförderung und
innen gestellt sehen in der Bewältigung der Span-             Gleichstellungsarbeit an Hochschulen war der Frau-
nungsfelder, die immer mindestens zwei oder sogar             enanteil vor allem auf der Ebene der Postdocs und
mehr Pole beinhalten.                                         der Professorinnen noch immer nur marginal ange-
                                                              stiegen. Die Zeit war offensichtlich reif, sehr grund-
Ich verkörpere selbst in gewisser Weise diesen Wan-           sätzlich über neue Strategien nachzudenken, wie
del und habe diese Balanceakte lange geübt: als               die Wissenschaft einen Veränderungsprozess in ih-
studentische Mitarbeiterin im Büro der Frauenbe-              ren eigenen Strukturen und Kulturen vorantreiben
auftragten, als Programmkoordinatorin eines Mento-            könnte. Bund, Länder und die Deutsche Forschungs-
ring-Programms für Wissenschaftlerinnen, als stell-           gemeinschaft reagierten dementsprechend u. a. auf
vertretende Gleichstellungsbeauftragte einer kleinen          die Empfehlungen des Wissenschaftsrats (2007) zur

                                                         11
Verbesserung der Chancengleichheit über die Imple-
mentierung neuer gleichstellungspolitischer Steue-
rungsinstrumente:

Das Professorinnenprogramm des Bundes und der
Länder setzt seit 2007 mit der Anschubfinanzierung
von Erstberufungen von Frauen hohe finanzielle
Anreize für die Gleichstellung in Wissenschaft und
Forschung. Es ist gekoppelt an ein ausführliches
Gleichstellungskonzept, so dass die Hochschulen
erstmals dazu aufgefordert waren, sich hier im Wett-
bewerb um Fördermittel strategisch aufzustellen.

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft hat sich
offensiv zum Thema Gleichstellung bekannt und
dies in ihre Vergabepraxis integriert: Die For-
schungsorientierten Gleichstellungsstandards der
DFG haben seit 2008 die gleichstellungsbezogene             quoten nach dem Kaskadenmodell als auch in Bezug
Strukturentwicklung an Hochschulen und z. T.                auf die Entwicklung von Gesamtkonzepten.
auch in den außeruniversitären Forschungsein-
richtungen wie der Leibniz-Gemeinschaft maß-                Im Zuge dieser Impulse haben sich in ungeahnter
geblich mit gesteuert und in einen Vergleich ge-            Geschwindigkeit neue gleichstellungsbezogene
setzt. Damit verbunden war erstmals auch die                Strukturen, Funktionen und Instrumente in den Wis-
Einführung von Zielquoten für die Repräsentanz              senschaftsorganisationen etabliert. Als gesichert gilt:
von Frauen auf allen Qualifikationsstufen. Diese            Gleichstellung ist zum wettbewerbsrelevanten Faktor
sind heute sogar in der Hochschulgesetzgebung in            geworden. Und so darf man, denke ich, ohne Zwei-
NRW implementiert.                                          fel sagen: Hier hat ein Kulturwandel in der Gleich-
                                                            stellungsgovernance der Wissenschaftsinstitutionen
Auch im Rahmen der Exzellenzinitiative haben Er-            stattgefunden. Diesen Wandel möchte ich im Fol-
folg versprechende übergreifende Gleichstellungs-           genden näher diskutieren.
konzepte einen wichtigen Beitrag bei den För-
derentscheidungen eingenommen und sind ein
bedeutsamer Bestandteil des Wettbewerbs um Zu-              2. Reformen in der Gleichstellungspraxis an
kunftskonzepte von Exzellenzhochschulen.                    Hochschulen

Im Pakt für Forschung und Innovation sind die au-           Zentrale Reformen in der Gleichstellungspraxis an
ßerhochschulischen Forschungseinrichtungen seit             Hochschulen lassen sich erstens auf der Ebene der
2005 Selbstverpflichtungen in Bezug auf die Reali-          Anreizstrukturen identifizieren, also anhand der
sierung von Gleichstellung und Familienfreundlich-          Gründe, weshalb Hochschulen Gleichstellungspo-
keit eingegangen, sowohl in Verbindung mit Ziel-            litik vorantreiben. Zweitens sehen wir sie auf der

                                                       12
1 Grundlagen: Governance und Gleichstellung
   Plenumsvorträge

Ebene der Governance, konkret in der Stärkung               honorieren die Zielerreichung über die leistungsori-
der Führungsebene und in der Ausdifferenzierung             entierte Mittelvergabe (LOM).
des Gleichstellungsmanagements. Drittens ist die
Gleichstellungspraxis herausgefordert, sich weite-          Die hohe strategische Bedeutung von Gleichstellung
ren Handlungsfeldern zu stellen: So wird sie zu-            als Wettbewerbsfaktor hat dazu geführt, dass Gleich-
nehmend gefordert, sich im Rahmen von Diversity             stellung zunehmend in bestehende übergreifen-
Policies an Hochschulen zu positionieren. Ich wer-          de hochschulinterne strategische Qualitätsmanage-
de im Folgenden auf diese Aspekte etwas genauer             mentprozesse wie beispielsweise in das Controlling,
eingehen.                                                   in das Monitoring, in strategische Steuerungsin-
                                                            strumente (z. B. Ziel- und Leistungsvereinbarungen,
                                                            Hochschulentwicklungspläne) integriert werden (vgl.
Neue Anreizstrukturen                                       ausführlich hierzu Löther und Vollmer 2014; Roski
                                                            und Schacherl 2014). Gleichstellungsziele werden
Die eben genannten wissenschaftspolitischen Mei-            auch hier zunehmend quantifiziert (z. B. durch Ziel-
lensteine haben gemeinsam, dass sie Gleichstel-             größen gemäß des Kaskadenmodells) und im Rah-
lungspolitik als Wettbewerbsfaktor auf die Bühne            men von Ziel- und Leistungsvereinbarungen gemes-
geholt haben: Ohne überzeugendes Gleichstellungs-           sen, einem Kontrollverfahren unterzogen und ggf.
konzept wird die Einwerbung von Drittmitteln aus            monetär hochschulintern honoriert.
Bund, Ländern und DFG inzwischen erheblich er-
schwert – dies gilt nicht mehr nur für die Hochschu-        Die Umsetzung von Chancengleichheit wird also
len im Ganzen, sondern auch für Forschungsverbün-           transparent(er) und vergleichbar(er), sie wird doku-
de im Kleinen. Diese Entwicklung wurde dadurch              mentiert, festgeschrieben und veröffentlicht. Wer
befördert, dass Vergleichsindikatoren wie etwa die          keine messbaren Erfolge vorzuweisen hat, muss
Definition von quantitativ messbaren Zielsetzungen          möglicherweise mit weniger Geld rechnen; zumin-
(z. B. im Zusammenhang mit dem Kaskadenmo-                  dest aber mit weniger Profilierungsmöglichkeiten
dell) oder die Setzung der Forschungsorientierten           in diesem Feld. Dieser Anreiz triggert sicher viele,
Gleichstellungsstandards der DFG geschaffen wur-            die ansonsten eher unverdächtig sind, engagier-
den. Zusätzlich unterstützt wird diese Wettbewerbs-         te Gleichstellungspolitik zu betreiben – und das
logik auch durch das CEWS-Hochschulranking nach             ist auch gut so. Hier wird aber auch deutlich, dass
Gleichstellungsaspekten, den regelmäßigen Gender-           Gleichstellung zunehmend unter dem Wertschöp-
Report des Netzwerks Frauen- und Geschlechterfor-           fungsaspekt hinterfragt wird: Was bringt der Einsatz
schung in NRW oder das europaweite Daten-Moni-              für Gleichstellung der Organisation? Welchen Nut-
toring ‚She Figures‘.                                       zen hat die Wissenschaft von mehr Gleichstellung
                                                            von Frauen und Männern?
Extern honoriert werden erfolgsversprechende
Gleichstellungsstrategien mit direkten finanziellen         Nur damit keine Missverständnisse entstehen: Ich
Ressourcen (Professorinnenprogramm) oder zumin-             halte diese äußeren Anreize und die Reflexion des
dest mit einem erleichterten Zugang zu diesen wie           ‚Nutzens‘ für wichtig und notwendig. Denn um viele
beispielsweise im Rahmen der Exzellenzinitiative            Menschen für die Umsetzung von Gleichstellungs-
oder durch Sonderforschungsbereiche. Einige Länder          zielen ins Boot zu holen, müssen viele verschiedene

                                                       13
Anreizfaktoren und Motivatoren ins Spiel kommen               Hochschulen mittlerweile Stabsstellen, Abteilungen
dürfen. Aber die Entwicklung birgt auch die Gefahr,           oder Referate für Gleichstellung etabliert, die an
dass durch die Zuspitzung von Gleichstellung als              die Führungsebene angegliedert sind und Aufgaben
‚business case‘ der normative Gerechtigkeitsanspruch          im Gleichstellungsmanagement, wie beispielsweise
in den Hintergrund tritt (vgl. z. B. Riegraf und Weber        Datenmanagement, Gleichstellungscontrolling, die
2014). Die Fixierung von messbaren Zielzahlen, Da-            Steuerung von Strategieentwicklungsprozessen und
ten und des Nutzens lässt manchmal vergessen, dass            die hochschulinterne Vernetzung übernehmen.
es sich immer noch auch um einen Gerechtigkeits-
diskurs handelt, der sich nicht nur um Zahlen und             Der Kreis der Akteur/-innen im Bereich Gleichstel-
Köpfe dreht, sondern ganz grundsätzlich in Kulturen           lung hat sich somit allein schon auf der Führungse-
ausdrückt. Wie aber messen wir die Veränderung                bene deutlich erweitert: Lag die Verantwortung und
von Kultur, die sich in Einstellungen, Haltungen,             Steuerung der Gleichstellungspolitik bis dahin vor
Handlungen und Symbolen ausdrückt? Darüber hi-                allem bei der Gleichstellungsbeauftragten, so sind
naus liegen Gleichstellungsziele oftmals konträr zu           auf dieser Ebene nun deutlich mehr Akteurinnen
den Folgen des Wettbewerbs: Sie stellen die Normen            und Akteure mit Führungsanspruch hinzugekom-
von ‚Exzellenz‘ in Frage, wirken der Prekarisierung           men. Zwar ist durch die neue Macht der Leitungse-
von Beschäftigung entgegen, und nicht zuletzt sind            bene die Verantwortung für eine zentrale Steuerung
Gleichstellungsziele auf Dauer anstatt auf Projekt-           besser geklärt und mit mehr Durchschlagskraft ver-
haftigkeit angelegt.                                          bunden, dies setzt aber insgesamt voraus, dass die
                                                              verschiedenen Akteur/-innen gut abgestimmt mitei-
Hier lässt sich also die erste Klippe des Balanceakts         nander zusammenarbeiten, Rollen und Verantwort-
erkennen: Wie positionieren wir uns zu den ver-               lichkeiten geklärt sind. Diese Ausdifferenzierung
schiedenen Anreizstrukturen (dem Wettbewerbs- und             von Rollen hat möglicherweise Macht-, Status- und
Nützlichkeitsdruck einerseits und der Gerechtigkeits-         Steuerungsverlust für bisherige Kompetenzträger/-
norm andererseits), und sichern gleichzeitig Nach-            innen wie z. B. die Gleichstellungsbeauftragten zur
haltigkeit, also eine dauerhafte Kulturveränderung            Folge. Bei weniger gut funktionierenden Kooperati-
an Hochschulen?                                               onen zwischen Hochschulleitung, Gleichstellungsbe-
                                                              auftragten und Stabsstellen kann diese neue Vertei-
                                                              lung von Macht und Aufgaben leicht zu Konkurrenz
Stärkung der Führungsebene                                    werden und zentrale Gleichstellungsakteur/-innen
                                                              schwächen oder gar aushebeln, wenn sie nicht ‚auf
Löther und Vollmer (2014) heben die Stärkung der              Linie’ agieren oder auch mal unbequem werden (vgl.
Führungsebene als eine der wesentlichsten Entwick-            Schacherl et al. 2014).
lungen im Zuge gleichstellungsbezogener Reformen
heraus. Dies wird vor allem sichtbar in der zuneh-            Hier zeichnet sich also eine weitere Gratwanderung
menden Einrichtung von Prorektoraten/Vize-Prä-                ab: Wie gestalten wir eine konstruktive, produktive
sidien mit der Verantwortung für Gleichstellung,              und dauerhafte Rollenverteilung auf Führungsebene,
manchmal explizit benannt, z. T. versteckt hinter             in der die Gleichstellungsbeauftragte ihre Unabhän-
anderen Zuständigkeiten (Lehre, Internationalisie-            gigkeit behält und gleichzeitig gemeinsam mit den
rung, Personal). Darüber hinaus haben sich an vielen          neuen Akteur/-innen Gleichstellungspolitik gestaltet?

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1 Grundlagen: Governance und Gleichstellung
   Plenumsvorträge

Ausdifferenzierung von Aufgaben und                        gesetzt, wie Gleichstellung (vor allem in der DFG-
Funktionen                                                 Förderung) oder Gender Studies (vor allem im EU-
                                                           Rahmenprogramm) Einzug in die Antragsgestaltung
Roski und Schacherl (2014) konstatieren eine zu-           erhalten können. Hieraus ergeben sich noch einmal
nehmende Komplexität von Aufgaben, die von                 völlig neue Zugänge zu Bereichen in der Forschung,
Akteur/-innen im Bereich Gleichstellung mittler-           die bislang nicht erreichbar erschienen. Die Relevanz
weile übernommen werden müssen. Neben der In-              für die Gleichstellungsakteur/-innen wird u. a. sicht-
teressensvertretung in Gremien, der Beratungsrolle,        bar in der Etablierung eines eigenen bundesweiten
der strategischen Planung von Gleichstellungspoli-         Netzwerks GenderConsulting.
tiken sowie der Vernetzung sind, wie beispielsweise
im Gender-Controlling, zunehmend Management-               In Studium und Lehre ist durch die Bologna-Reform
Kompetenzen gefragt, also die Implementierung von          und daraus folgende Akkreditierungsprozesse Be-
Steuerungssystemen zur Definition und Kontrolle            wegung in die Integration von Gender-Aspekten, in
von Zielsetzungen bzw. Zielerreichung, etwa durch          die Ausgestaltung von Studiengängen sowie in die
Gender-Daten-Monitoring oder Gender-Budgeting.             Integration der Gender Studies in die Lehrinhalte
Mit dem Zuwachs an Bedeutung von Gleichstel-               gekommen. Darüber hinaus wachsen die Angebote
lungsstrategien im Wettbewerb der Forschungspro-           zur Einbeziehung von Genderaspekten in die Hoch-
jekte und der Studiengänge haben sich gleichzeitig         schuldidaktik. Die inzwischen hohe Bedeutung die-
auch neue Handlungsfelder erschlossen.                     ses Handlungsfeldes für Gleichstellungsakteur/-in-
                                                           nen wie Genderforscherinnen und -forscher wird in
In der Forschung werden durch die Deutsche For-            zahlreichen Veröffentlichungen und Good-Practices
schungsgemeinschaft und die EU neue Standards              in diesem Feld deutlich.

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Gleichstellungsarbeit erscheint vor diesem Hinter-          erweitert sich nun um die Herausforderung, im Fa-
grund nicht mehr nur durch Erfahrungswissen zu              denkreuz unterschiedlichster Expertisen, Interessens-
bewältigen zu sein, sondern erfordert zunehmend             lagen und Kompetenzen aus den dezentralen Ebe-
genderbezogene Expertise im konkreten verwal-               nen den Überblick zu behalten, die großen Linien im
tungsbezogenen Handeln.                                     Blick zu halten und zu steuern, um alle Akteurinnen
                                                            und Akteure im gleichen Boot in die gleiche Rich-
Eine Folge ist, dass sich zunehmend weitere Funk-           tung zu führen. Gleichermaßen gilt es aber alle mit-
tionsrollen ausdifferenzieren, die innerhalb der            zunehmen, ernst zu nehmen, auf Augenhöhe zu ver-
Hochschulen an verschiedenen Stellen der Verwal-            handeln und sie in ihrer Verantwortung zu stärken.
tung, in weiteren zentralen Einrichtungen oder For-
schungsprojekten platziert werden. Am Beispiel der
Universität zu Köln wird dies besonders plastisch:          Gleichstellung und Diversity
Gleichstellungsbezogene Aufgaben werden zuneh-
mend von Verwaltungseinheiten wie der Personal-             Seit nunmehr einigen Jahren entwickeln Hochschu-
entwicklung (z. B. Mentoring-Programme), dem Dual           len in Deutschland eigene Diversity Policies und
Career & Family Support oder dem Forschungs-                bauen entsprechende Strukturen auf. Dies mag im
management (Drittmittelfinanzierte Stipendien-              besten Sinne zum einen dem wachsenden politi-
programme) übernommen. Im Zentrum für Gender                schen Bewusstsein geschuldet sein, dass Chancen-
Studies wird die wissenschaftliche Expertise ge-            gerechtigkeit an Hochschulen mitnichten nur ein
bündelt, in den Dekanaten der Fakultäten sitzen             Geschlechterthema ist, sondern auch andere Diversi-
Gleichstellungsmanager/-innen, die die Gleichstel-          tätsdimensionen umfasst und je nach Standort sehr
lungspläne sowie Ziel- und Leistungsvereinbarungen          konkrete Herausforderungen, z. B. in Bezug auf eine
begleiten, in den drittmittelfinanzierten Verbund-          zunehmend diversifizierte Studierendenschaft, an-
projekten werden z. T. eigene Gender-Strategien und         stehen. Gleichwohl passt sich die Entwicklung aber
Maßnahmen entwickelt.                                       auch in die Logiken des New Public Managements
                                                            ein: Auf der Suche nach Wettbewerbsvorteilen sehen
Mit der Zunahme eines komplexen Aufgabenspek-               Hochschulen die Nase vorn, wenn Chancengleichheit
trums nimmt also die Anzahl der Akteurinnen und             als ein mehrdimensionales Handlungsfeld aufgegrif-
Akteure auch unterhalb der Führungsebene zu. Dies           fen wird.
hat zur Folge, dass die Einbettung der verschiedenen
Interessenslagen und Kompetenzen für die Füh-               Diese Entwicklung fordert selbstverständlich auch
rungsebene deutlich komplexer wird und entspre-             die Gleichstellungsakteur/-innen heraus und wird
chende Steuerungsinstrumente notwendig macht.               sehr unterschiedlich bewältigt, sowohl auf der Ma-
                                                            nagement-Ebene, also der Ebene der Zuständigkeiten
Ich komme nochmal auf die Gratwanderung zurück,             und Ressourcen, als auch auf der Ebene der Strate-
die ich eben bereits auf der Führungsebene skizziert        gie-Entwicklungen:
habe und die sich aus dem Zuwachs an Akteur/-
innen im Feld der Gleichstellung ergibt: Die Aus-           Gleichstellung UND Diversity: An vielen Wissen-
gestaltung einer konstruktiven, produktiven und             schaftseinrichtungen haben sich auf Leitungsebe-
dauerhaften Rollenverteilung auf Führungsebene              ne Prorektorate oder Vize-Präsidien ausdifferenziert,

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1 Grundlagen: Governance und Gleichstellung
   Plenumsvorträge

die sowohl Gleichstellungs- als auch Diversitätsstra-        Diversity unter dem Dach von Gleichstellung: Darü-
tegien verantworten. Diese werden häufig unter-              ber hinaus gibt es Modelle, in denen die Entwick-
stützt von Stabsstellen für Gender & Diversity (Ma-          lung von Diversity Policies strukturell durch die
nagement). Gleichstellungsbeauftragte sind in diesem         Gleichstellungsbeauftragte wahrgenommen wird.
Modell jeweils unabhängige Akteur/-innen. Gender             Dies trägt dem immer wieder vorhandenen Vorwurf
& Diversity stehen in der Regel nebeneinander. Dies          Rechnung, dass Gender Mainstreaming und Gleich-
wird häufig auch auf strategischer Ebene so ange-            stellung bislang häufig dem Stichwort Mehrfachdis-
legt: Neben Gleichstellungskonzepten werden Diver-           kriminierungen zu wenig Aufmerksamkeit gewid-
sity Policies verabschiedet. Diese Abgrenzung der            met haben. Gleichzeitig werden in dieser Variante
beiden Politikbereiche vermittelt die Botschaft, dass        Konkurrenzen um die Definitionsmacht von ‚guter
Gleichstellung nicht durch Diversity abgelöst worden         Chancengleichheitspolitik‘ vermieden, sie liegen so-
ist, sondern dass diese aufgrund grundsätzlich unter-        zusagen in einer Hand. Andererseits bedeutet dies
schiedlicher struktureller Rahmenbedingungen, Auf-           u. U. auch, dass personelle und finanzielle Ressour-
gabenfelder, Forschungshintergründe und Traditionen          cen für Gleichstellung nun automatisch ebenfalls
in der Praxis gleichberechtigt und sichtbar nebenei-         für Diversity Policies genutzt und aufgeteilt werden
nander stehen. Eine Herausforderung wäre allerdings          müssen. Und man muss sich sicher außerdem der
die Vermittlung nach außen, warum zwei verschie-             Frage stellen, warum Gender anderen Ungleichheits-
dene Strategien, die beide Chancengerechtigkeit zum          kategorien übergeordnet wird.
Ziel haben, entwickelt werden und vor welchem Hin-
tergrund Gender im Vergleich mit weiteren Ungleich-          Gleichstellung unter dem Dach von Diversity:
heitskategorien hier gesondert hervorgehoben wird.           Schließlich gibt es auch das Modell, in dem Gleich-

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stellungsstrategien und Gleichstellungsmanagement            Chance. Aber immer wieder stellt sich die Frage der
unter dem Dach Diversity bearbeitet werden. Diese            Nachhaltigkeit: Was passiert mit der Gleichstellung,
Variante knüpft daran an, dass Gender eine von ver-          wenn der Exzellenzstatus wegfällt? Wohin geht die
schiedenen Kerndimensionen sozialer Ungleichheit             Reise, wenn externe Anreize z. B. durch die DFG
ist, die z. B. im Allgemeinen Gleichbehandlungsge-           wieder zurückgeschraubt werden? Die Gefahren der
setz (AGG) festgeschrieben sind bzw. in der sozialen         Wettbewerbslogik liegen also darin verborgen, dass
Praxis bearbeitet werden. Ein übergreifendes Diver-          dieser Wettbewerb irgendwann auch wieder aussetzt
sity Management kann die unterschiedlichen politi-           und somit entscheidende Akteurinnen und Akteure
schen Strategien, die bislang zu diesen Kerndimensi-         der Führungsebene den Ball wieder fallenlassen.
onen entwickelt worden sind, zusammenführen und
Synergien herstellen. Die Herausforderung besteht            Darüber hinaus bleibt das Unbehagen, mit der Be-
jedoch gleichzeitig darin, dass zielgruppenspezi-            dienung der Wettbewerbslogik auch eine entspre-
fische Strategien hier nicht de-thematisiert werden,         chend wettbewerbsgetriebene Wissenschaftskultur
ihre Schlagkraft verlieren und die Ressourcen entzo-         zu unterstützen, die Gleichstellungszielen aber zum
gen bekommen.                                                Teil diametral gegenübersteht – dabei geht es doch
                                                             bei der Chancengerechtigkeit nicht nur um Köpfe
Es kann und soll an dieser Stelle keine Bewertung            und kurzfristige Gewinne, sondern vor allem um
vorgenommen werden. Und teilweise vermischen                 nachhaltige Kulturveränderung, um die Infragestel-
sich auch die hier skizzierten Ansätze. Um eine kon-         lung von Normen, um das Entgegenwirken der Pre-
krete Verortung kommen Gleichstellungsakteur/-in-            karisierung.
nen heutzutage aber nicht mehr umhin – ein wei-
terer Balanceakt!                                            Grundlegend bleibt demnach die Herausforde-
                                                             rung, wie die intrinsische Motivation, die an dem
                                                             Gerechtigkeitsstreben und dem qualitativen Nut-
3. Spannungsfelder                                           zen von mehr Vielfalt und Gerechtigkeit ansetzt,
                                                             gestärkt werden kann, also ein zentrales Gewicht
                                                             erhält in der Ausbalancierung von Interessenla-
Spannungsfeld Leitmotive                                     gen. Ein Weg dorthin scheint mir darin zu liegen,
                                                             die vielen weiteren Akteur/-innen der Hochschu-
Als erstes Spannungsfeld gilt das Verhältnis von             len, die im Zuge der Ausdifferenzierung von Auf-
Wettbewerb und Gerechtigkeit als Leitmotive, also            gaben im Bereich Gleichstellung etabliert wurden,
die Frage, warum sich die Wissenschaftsorganisati-           als dauerhafte Partner/-innen zu gewinnen; die Ba-
onen mit Gleichstellung und Chancengleichheit be-            sis zu legen, von der eine (wechselnde) Führungs-
schäftigen. Extrinsisch motivierte – wettbewerbsori-         ebene nicht einfach wegkommt. Schließlich wer-
entierte und ökonomische – Interessen verschaffen            den Gleichstellungsakteur/-innen immer wieder die
der Gleichstellung derzeit eine Hochkonjunktur und           Rolle übernehmen müssen, Kritiker/-innen einer
sind der Motor dafür, Gleichstellungsziele eng in die        exkludierenden Wissenschaftskultur zu sein und in
allgemeinen hochschulstrategischen Prozesse mit zu           konkreten Handlungsfeldern wie Personal- und Be-
integrieren. Damit sind sie dort zunächst einmal ver-        rufungspolitik Verbündete zu suchen und Maßnah-
ankert und festgeschrieben. Darin liegt eine große           men einzufordern.

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1 Grundlagen: Governance und Gleichstellung
   Plenumsvorträge

Spannungsfeld Machtkonstellationen                            Spannungsfeld Gender und Diversity

Ein Resultat gleichstellungspolitischer Reformen ist          Das dritte Spannungsfeld umfasst die Frage der
die Umverteilung von Macht und Verantwortung mit              Positionierung von Gleichstellungszielen im Kon-
der Zunahme von Akteurinnen und Akteuren im Feld              text von Diversity Policies. Die zentrale Heraus-
der Gleichstellung. Gleichstellungsbeauftragte be-            forderung für die Gleichstellungsbeauftragten liegt
wegen sich zunehmend im Spannungsfeld zwischen                aus meiner Sicht in dem Balanceakt, auf der einen
Akteur/-innen in der Führung, im Wissenschaftsma-             Seite Gleichstellungsziele klar und deutlich sicht-
nagement (Verwaltung) und in den Fakultäten. Sie              bar zu machen und diese auf der anderen Seite für
haben also mehrere Balanceakte zu bewältigen: Sie             alle verständlich in Diversity Policies ein- bzw. zu-
müssen in der Lage sein, Machtansprüche zu tei-               zuordnen. Dies bedeutet sicher einerseits, (erneut)
len und Rollen neu auszuhandeln. Sie sind gefordert,          um den Erhalt von Ressourcen und Kompetenzen
Vertrauen in die neuen Akteur/-innen zu setzen, sie           im Feld der Gleichstellung kämpfen zu müssen. Es
gleichsam als Verantwortliche für die Umsetzung von           steckt andererseits aber auch die große Chance da-
Gleichstellungszielen zu gewinnen. Sie sind ange-             hinter, mehr Menschen für das Ziel der Herstellung
wiesen auf gelingende Kooperationen und Netzwerke             einer chancengerechten Hochschulkultur und Wis-
durch eine transparente Informations- und Kommu-              senschaftslandschaft zu gewinnen und damit dem
nikationspolitik. Sie sind herausgefordert, einerseits        langfristigen Ziel ein Stückchen näher zu kom-
zentrale Steuerungsmechanismen zu entwerfen, die              men: eine Kulturveränderung, in der alle Verant-
die gemeinsame Zielrichtung erkennen lassen und an-           wortung tragen. Die Gleichstellungspolitik der letz-
dererseits eigenständige Entwicklungen auf dezen-             ten Jahrzehnte hat hier wichtige Eckpfeiler gesetzt,
traler Ebene stützen, um die dauerhafte Übernahme             die nun auch als Maßstab für die Realisierung ei-
von Verantwortung zu stärken.                                 ner zielgruppenübergreifenden bzw. intersektional
                                                              gedachten Kultur der Chancengerechtigkeit gelten
Im schlimmsten Fall kann die Verschiebung von                 können (darunter z. B. Personalentwicklungsmaß-
Machtkonstellationen zur Destabilisierung von                 nahmen, Standards Chancengerechtigkeit, Quoten,
Gleichstellungszielen bzw. zur Degradierung und               Daten-Monitoring).
Isolierung der Gleichstellungsbeauftragten führen.
Dies ist dann der Fall, wenn beispielsweise die Rek-          Gleichzeitig wird durch die Beschäftigung mit den
torate den Führungsanspruch für sich alleine geltend          Herausforderungen von Diversity Policies auch die
machen, oder wenn es nicht gelingt, eine breite Ba-           Gleichstellung wieder neu gefordert, z. B. Mehrfach-
sis für die Umsetzung zu gewinnen.                            diskriminierungen stärker in den Blick zu nehmen
                                                              und sich den Fragen der Essentialisierung von Kate-
Im besten Fall jedoch führt es dazu, dass Gleichstel-         gorien wieder einmal neu zu stellen.
lungsanliegen zunehmend Teil des Selbstverständ-
nisses einer Organisation bzw. ihrer Mitglieder wer-
den, dass sie auf allen Ebenen verstanden, getragen           4. Standpunkte
und umgesetzt werden. Dies erscheint mir ein mög-
licher, wenn auch voraussetzungsvoller Weg für                Balanceakte können eine wackelige Angelegenheit
echte Kulturveränderung zu sein.                              sein, auch wenn die Pole und Klippen relativ klar

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umrissen sind. Umso wichtiger erscheint mir, Stel-            Das Gender-Controlling innerhalb der Hochschulen
lung beziehen zu können und Positionen selbstbe-              sollte weiter ausgebaut werden, so gibt es beispiels-
wusst zu vertreten. Was sind nun abschließend mei-            weise im Bereich des Datenmanagements noch deut-
ne Standpunkte?                                               liches Entwicklungspotenzial, etwa hinsichtlich des
                                                              Gender Pay Gap, zu beobachten.
Es wird vielleicht deutlich geworden sein, dass ich
persönlich mehr die Chancen als die ‚Gefahren‘ in             Zudem erscheint mir die Frage nach Möglichkeiten
den skizzierten Reformen sehe. Dies mag einerseits            der Evaluierung von Gleichstellungsmaßnahmen
meinem optimistischen Naturell geschuldet sein. An-           und -entwicklungen noch nicht zu Ende gedacht.
dererseits sprechen aus meiner Sicht schlichtweg gu-          Hier bin ich gespannt auf eine weitere Diskussion
te Argumente dafür.                                           um Indikatoren ‚guter‘ Gleichstellungspolitik, und
                                                              wie sich diese z. B. in der neuen Ausgestaltung der
So trete ich erstens dafür ein, Gleichstellungkon-            Forschungsorientierten Gleichstellungsstandards nie-
zepte als relevanten Wettbewerbsfaktor zu erhal-              derschlagen werden.
ten. Die Konkretisierung und Quantifizierung von
Zielen ist gut für die Entwicklung von Gleich-                Gleichzeitig sollten und müssen sich die Ziele von
stellungspolitik, weil sie damit greifbar wird. Der           Gleichstellungspolitik kritisch mit wettbewerbsge-
Wettbewerb fordert heraus, immer wieder zu hin-               triebener Wissenschaftskultur auseinandersetzen,
terfragen, wo man selbst im Vergleich zu anderen              nachhaltigen Kulturwandel statt kurzfristige Ge-
steht und die eigenen Ziele damit in Verhältnis zu            winne befördern, zunehmende Prekarisierung von
setzen. Er spornt zudem an, besser sein zu wollen             Beschäftigung aufhalten, und immer wieder – Nor-
als andere und sich somit ambitionierte Ziele zu              men von ‚Exzellenz‘ in Frage stellen.
setzen. Das erscheint mir kein Widerspruch zu dem
normativen Motiv der Gerechtigkeit sein. Viel-                Zweitens begrüße ich die Ausdifferenzierung und
mehr kann diese Herangehensweise zwei Fliegen                 Dezentralisierung von Verantwortung auf diverse
mit einer Klappe schlagen: Zum einen bedient es               Stellen innerhalb der Hochschulen. Es ist gut, wenn
das Bedürfnis einiger, eher eine rationale bzw. nut-          sich möglichst viele verschiedene Bereiche mit
zenorientierte Herangehensweise zu bevorzugen.                Gleichstellungsfragen auseinandersetzen (müssen)
Andererseits ermöglicht die Dokumentation und                 und in diesem Zusammenhang auch Verantwor-
Vergleichbarkeit von Gleichstellungszielen, Ent-              tung tragen. Sicher, das setzt voraus, Vertrauen zu
wicklungen besser verfolgen und Schwerpunkte                  haben, dass auch bei Personenwechsel immer noch
setzen bzw. auch verändern zu können. Meine For-              entsprechende Gender-Expertise oder zumindest ein
derungen hierzu sind:                                         entsprechendes Bewusstsein erhalten bleibt. Und
                                                              es setzt voraus, dass wir gut und viel miteinander
Drittmittelförderung sollte also weiterhin und noch           sprechen müssen. Aber ohne dieses Vertrauen und
stärker die Integration von Gleichstellungskonzep-            die Etablierung von breiten Kommunikationskanä-
ten und Genderforschung einfordern; hierbei setzen            len und Steuerungsinstrumenten werden wir es nicht
die jüngst veröffentlichten Förderkriterien für Exzel-        schaffen, eine Kultur der Verantwortung auf allen
lenzcluster in der nächsten Antragsrunde aus meiner           Ebenen der Hochschule zu implementieren. Gelin-
Sicht wichtige Weichen.                                       gende Instrumente können hierfür sein:

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1 Grundlagen: Governance und Gleichstellung
   Plenumsvorträge

   die Trennung der Strukturen der Gleichstel-               dene Konzepte und Strategien hier eingeordnet und
   lungsbeauftragten von denen des Gleichstel-               müssen nicht neu definiert werden. Es macht aber
   lungsmanagements (i. S. des Monitoring und                gleichzeitig deutlich, was ihre Gemeinsamkeiten
   Controlling) sowie von der Verantwortung für              sind.
   Diversity Policies;
                                                             Auf der Management-Ebene, also der Verankerung
   die Integration von Gleichstellungszielen in die          von Zuständigkeiten und Ressourcen, sollte Gleich-
   hochschulinternen Steuerungsinstrumente, wie              stellung selbstverständlich weiterhin sichtbar und
   z. B. Ziel- und Leistungsvereinbarungen eng ge-           eigenständig bleiben, ebenso wie im Übrigen die
   koppelt an Gleichstellungspläne bzw. anderweitig          Handlungsfelder Barrierefreiheit oder Internationa-
   vorhandene Gleichstellungskonzepte (diese Ziele           les/Interkulturelle Öffnung, die ja auch auf etablierte
   und Konzepte müssen Elemente beinhalten, in               Strukturen zurückgreifen. Ein Diversity Management
   denen beispielsweise Fakultäten eigene Schwer-            an Hochschulen hat die Aufgabe, diese Ressour-
   punkte setzen, zu deren Umsetzung sie sich ver-           cen miteinander zu vernetzen, in Zusammenhang zu
   pflichten);                                               bringen, Leerstellen zu erkennen und neue Entwick-
                                                             lungen anzustoßen. Konsequent gedacht spricht di-
   der Aufbau von regelmäßigen Netzwerkveran-                es für eine Entkopplung von Gender- und Diversity
   staltungen, sei es über eigene Arbeitsgruppen             Management, um hier keine Setzungen vorzugeben.
   oder zentrale größere Informationsveranstal-
   tungen sowie von weiteren Kommunikationska-
   nälen zur Abstimmung von bzw. zur Information             Literaturverzeichnis
   über strategische Entwicklungen.
                                                             Löther, Andrea; Vollmer, Lina (2014): Erfolge durch
Und drittens trete ich entschieden für eine Verknüp-         Strukturen? Hochschulische Gleichstellungsarbeit im Wan-
fung von Gender- und Diversitystrategien, aber für           del. In: Andrea Löther und Lina Vollmer (Hg.): Gleich-
eine Entkopplung von Gender- und Diversity Ma-               stellungsarbeit an Hochschulen. Neue Strukturen – neue
nagement ein. Ziel ist die Etablierung einer Hoch-           Kompetenzen. Opladen: Verlag Barbara Budrich (cews.Bei-
schulkultur, die Chancengerechtigkeit auf allen              träge Frauen in Wissenschaft und Forschung, 6), S. 17–56.
Ebenen ermöglicht; dies gilt für Geschlechtergerech-
tigkeit wie auch für das Thema Inklusion/Barriere-           Riegraf, Birgit; Weber, Lena (2014): Unternehmerische
freiheit, Bildungsgerechtigkeit oder Interkulturelle         Hochschule. Veränderungen in der Gleichstellungspolitik
Öffnung. Ein plausibles und umfassendes Diversity-           und Auswirkungen auf die Gleichstellungsarbeit. In: An-
Konzept muss also all diese strategischen Ziele bün-         drea Löther und Lina Vollmer (Hg.): Gleichstellungsarbeit
deln können, ohne dabei einzelne Dimensionen aus             an Hochschulen. Neue Strukturen – neue Kompetenzen.
dem Blick zu verlieren. Ein entsprechendes Diversi-          Opladen: Verlag Barbara Budrich (cews.Beiträge Frauen in
ty-Konzept positioniert sich also klar zu den Zieldi-        Wissenschaft und Forschung, 6), S. 74–86.
mensionen Geschlechtergerechtigkeit, Bildungsge-
rechtigkeit, Inklusion und Interkulturelle Öffnung,          Roski, Melanie; Schacherl, Ingrid (2014): Die Professiona-
mit ihren je unterschiedlichen spezifischen He-              lisierung der Gleichstellungsarbeit im Reformprozess. Aus-
rausforderungen. Folglich können bereits vorhan-             bau von Gleichstellungswissen und Genderkompetenz in

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