Neue Leitung für das Wasserreservoir Waldhof Seite 8 - Sprengungen in der Kehrichtverwertungsanlage Seite 12 Heizen - gestern und heute
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Das Magazin von Stadtwerk Winterthur No 4/2020 Neue Leitung für das Wasserreservoir Waldhof Seite 8 Sprengungen in der Kehrichtverwertungsanlage Seite 12 Heizen – gestern und heute Seite 14
Mehr zu den Köhlern im Entlebuch: strom-online.ch/holzkohle ive Fotos: zVg UNESCO Biosphäre Entlebuch Inklus rt-Bus fo Com igung rt im ht • Fah reibesic swei d h le r t Ros ser • Kö a h n fa h k l . Was d e lb e n i n n s • Go ages rung Mitt ang- orfü h en • 2-G • Mo ervation e R e s t i on •A l l i s a i s e o rgan • Re Die ökologischen und kulturellen Schätze des Entlebuchs Ja, ich bin bei der «energie»-Leserreise mit dabei! Moor und Kohle Buchen Sie telefonisch unter 056 461 61 61 Der «Wilde Westen von Luzern» ist eine Welt, die mehr an Skandinavien (Kreditkarte bereithalten) und die USA erinnert als an die Schweiz. Die grossen, weiten Moore mit oder online unter energie-leserangebot.ch ihrem Reichtum an Pflanzen und Tieren sind einzigartig. Denn die Region Preis pro Person: CHF 116.– ist eine der wenigen tiefer liegenden Gegenden, die während der letzten inkl. MwSt., bei Kreditkartenzahlung Eiszeit nicht vergletschert waren. Das Entlebuch ist deshalb neben dem (Rechnungszuschlag CHF 10.–). Nationalpark das einzige von der UNESCO anerkannte Biosphären- Keine Reduktion mit Halbtax oder GA. Reservat der Schweiz. Auch das Köhlerhandwerk hat hier überlebt. Weil Ab Aarau / Windisch / Sursee Holzkohle leichter zu transportieren war als Brennholz, lagen die Köhler- Montag, 14. Juni 2021 plätze früher weit verstreut, an schlecht zugänglichen Orten mit viel Mittwoch, 30. Juni 2021 Holz. Abnehmer waren vor allem die lokalen Glasmacher und Schmiede. Dienstag, 13. Juli 2021 Die köhlernden Bauern der Region pflegen deshalb eine Tradition, die Ab Winterthur / Zürich viele Fertigkeiten und Industrien überhaupt erst ermöglichte – von der Mittwoch, 16. Juni 2021 Stahlschmelzerei bis zur chemischen Industrie. Montag, 28. Juni 2021 Wir besuchen auf unserer Fahrt durchs Entlebuch einen aktiven Köhler, Ab Zug / Luzern der uns erklärt, wie er seinen Meiler aufbaut, wie der Holzstoss schwelt, Montag, 21. Juni 2021 aber nicht brennt und was gute Holzkohle ausmacht. Danach fahren wir Mittwoch, 7. Juli 2021 mit der Gondelbahn auf die Rossweid und geniessen da das Mittagessen. Am Nachmittag erfahren wir auf einer Führung durch die Moore der Ab Münchenstein / Pratteln / Liestal Dienstag, 22. Juni 2021 Region, wie diese Landschaften entstanden sind und was sie für die Natur Montag, 5. Juli 2021 so wertvoll und einzigartig macht. Ab Jegenstorf / Solothurn / Olten Dienstag, 29. Juni 2021 Ab Bern / Lyss / Biel Donnerstag, 24. Juni 2021 Montag, 12. Juli 2021 Rückkehr jeweils zwischen 18.00 und 19.30 Uhr. Witterungsbedingte Programmänderungen sind möglich. Wir empfehlen Ihnen warme Kleidung und gutes Schuhwerk. Weitere Auskünfte erteilt Ihnen Eurobus: 056 461 61 61, leseraktion@eurobus.ch Anmeldebedingungen: Die Teilnehmerzahl ist beschränkt, daher erfolgt die Reservation nach der Reihenfolge der Anmeldungen. Sie erhalten eine Bestätigung. Annullierung: Eintägige Busreisen können nicht annulliert werden. Es gelten die Vertragsbedingungen der Eurobus-Gruppe, die Sie jederzeit bei Eurobus anfordern oder im Internet unter eurobus.ch einsehen können.
Inhaltsverzeichnis No 4/2020 4 Spotlights Kurzmeldungen aus nah und fern Editorial 8 Sicherung der Wasserversorgung Das Reservoir Waldhof in Winterthur erhielt neue Leitungen – eine Baustelle im Steilhang 11 Preisrätsel Gewinnen Sie ein Wochenende in Frutigen oder einen Ausflug mit Eurobus 12 Jährliche Revision Die Kehrichtverwertungs anlage in Winterthur wird jährlich revidiert – auch mit Sprengstoff 14 Die Geschichte der Nestwärme Heizen ist lebenswichtig und Teil der menschlichen Kultur. War man früher froh, wenn es wenigs- Liebe Leserinnen und Leser tens im Bett warm war, werden heute sehr Die Corona-Krise im Frühjahr hat deutlich gezeigt, dass moderne Häuser gar nicht mehr beheizt wir auf eine funktionierende Infrastruktur angewiesen sind. Winterthur hat auch während des Lockdowns funk 18 Infografik Die Heizgewohnheiten der tioniert, da wir unsere Infrastruktur seit jeher in Schuss Schweiz wandeln sich halten und auch künftig in sie investieren werden. 20 Das ökologische Feriendorf Ein Reka- Die Wasserversorgung und die Abfallentsorgung sind Feriendorf setzt auf erneuerbare Energie Teil unserer grundlegenden Infrastruktur. Die Kehrichtver wertungsanlage (KVA) läuft rund um die Uhr. Deshalb 22 Wege und Ziele Wohin mit zu viel Wärme? unterzieht Stadtwerk Winterthur beide Verbrennungslinien Frutigen hat eine kreative Lösung gefunden: der KVA jährlich einer Revision. Eine solche dauert jeweils eine Tropenlandschaft mit Fischzucht drei bis vier Wochen, Dutzende Fachleute von Stadtwerk Winterthur und externen Firmen arbeiten mit. Mehr dazu erfahren Sie auf den Seiten 12 und 13. Auch Erneuerungen an Infrastrukturen sind von Zeit zu Zeit notwendig. Stadtwerk Winterthur hat dieses Jahr die über siebzig Jahre alte Wasserleitung des Reservoirs Waldhof auf dem Brühlberg ersetzt. Das Reservoir versorgt rund 70 000 Einwohnerinnen und Einwohner mit Wasser. Die Bildreportage von den Bauarbeiten im Steilhang 8 ist spektakulär. Sehen Sie selbst auf den Seiten 8 bis 10. Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre. Titelbild: Stefan Kubli Fotos: photoworkers / Stefan Kubli / Michael Orlik Stefan Fritschi, Stadtrat Vorsteher Departement Technische Betriebe 12 Stadtwerk Winterthur Hauptsitz: Untere Schöntalstrasse 12, Winterthur Briefadresse: 8403 Winterthur Telefonzentrale: 052 267 61 61 Störungsdienst: 0800 84 00 84 stadtwerk.winterthur.ch
Spotlights 2G Zukunft der Gasversorgung Ab Ende 2020 wird Swisscom das 2G-Mobilfunknetz abschalten. Der über 25 Jahre alte Mobil funkstandard wird abgelöst Die Energiewende ruft nach einer Reduktion der fossilen Energieträger. Deshalb verkauft Stadtwerk Winterthur durch Technologien, die deutlich ausser in bestimmten Ausnahmefällen keine neuen Gas anschlüsse mehr. Zudem soll längerfristig nur noch erneuer- schneller und zuverlässiger sind. bares Gas durch das Netz geleitet werden. In einigen Gebie- Durch die Abschaltung werden ten Winterthurs ist gemäss Energieplan bis 2030 ein erster Rückzug aus der Gasversorgung vorgesehen. Ziel des städti- Kapazitäten frei für den Ausbau schen Energieplans ist eine wirtschaftliche und ökologische Energieversorgung. Für die langfristige Zukunft des Gas- der 4G- und 5G-Netze. Salt netzes wird eine Strategie erarbeitet. Genügend lange Um- hat bereits mit der Abschaltung stellfristen für die betroffene Kundschaft, Versorgungs sicherheit, Investitionsschutz und der städtische Finanz- von 2G begonnen. Sunrise will haushalt werden dabei berücksichtigt. das Netz noch bis mindestens Ende 2022 anbieten. Neben alten Mobiltelefonen können auch Windpark auf dem Gotthard Anwendungen wie Liftnotrufe, Der Tessiner Energieversorger Azienda Elettrica Ticinese (AET) Alarmanlagen, Heizungs- errichtet auf dem Gotthard einen Windpark. Die fünf Windtur- binen haben eine Gesamtleistung von 11,75 Megawatt und wer- steuerungen usw. von der den jährlich 16 bis 20 Mio. Kilowattstunden Strom produzieren. 2G-Abschaltung betroffen sein. Damit lassen sich rund 5000 Haushalte versorgen.* Das Projekt sieht auch vor, Bodensanierungen durchzuführen, alte Lager- häuser abzureissen, Mülldeponien und Schotterpisten zu besei- tigen sowie mehrere Freileitungen unterirdisch zu verlegen. * Die Berechnung von AET basiert auf einem geschätzten durchschnittlichen Verbrauch von ÄNDERUNGEN IN DER 4000 kWh pro Jahr und Haushalt. GESCHÄFTSTÄTIGKEIT Der Eigenwirtschaftsbetrieb Haustechnik – eine Fotos: iStock / Markus Ronner / zVg AET, Nicola Demaldi finanzrechtliche Verwaltungseinheit – von Stadtwerk Winterthur wird Ende 2020 nach über 130 Jahren aufgelöst. Neu führt Stadtwerk Winterthur deshalb keine Elektro-, Heizungs-, Gas- und Sanitärinstallationsarbeiten mehr aus. Ausnah- men sind bereits offerierte oder begonnene Instal lationsaufträge sowie laufende Wartungsverträge. Geänderte Kundenbedürfnisse und ein anspruchs volles Marktumfeld machen diesen Schritt notwendig. Ein Pikettdienst für die Energie- und Wasser versorgung steht aber auch künftig zur Verfügung. 4
Der Meeresspiegel steigt Seit 1993 misst die amerikanische Weltraum- behörde NASA mithilfe von Satelliten die Höhe des Meeresspiegels. Seit Beginn bis zum März 2020 hat sich dieser um 94 Millimeter erhöht; die Schwan- kungsbreite beträgt ±4 Millimeter. Der höhere Pegel ist primär auf zwei Ursachen zurückzuführen, die beide mit der Klimaerwärmung zusammenhängen: das Abschmelzen der Polkappen und Gletscher so- wie die Ausdehnung des Meerwassers, weil es sich erwärmt. Steigt der Meeresspiegel weiter an, drohen Überflutungen, auch in Europa. Erwähnt seien die Städte Den Haag, Amsterdam, London und Hamburg. Millimeter 100 80 60 40 20 0 1993 2000 2010 2020 Quelle: https://climate.nasa.gov/vital-signs/sea-level
Spotlights «Im Sinn der Vorsorge Sinkende Strom- und Gastarife ist es wichtig, Die Ausgaben für Strom und Gas sinken in Winterthur im Jahr 2021. Der Hauptgrund dafür liegt in einer günstigen Beschaf- dass ein substanzieller fung der Energie an den Märkten durch Stadtwerk Winterthur. Für Strom, inkl. Netznutzung und Abgaben, bezahlt ein durch- Anteil der heutigen schnittlicher Familienhaushalt in Winterthur mit einem Jahres- verbrauch von 4500 Kilowattstunden (5-Zimmer-Wohnung Inlandstromproduktion mit Elektroherd und Tumbler, ohne Elektroboiler) mit dem Standardprodukt -Strom.Bronze im Jahr 2021 insgesamt weiterhin 3,3 Prozent weniger als 2020. Die Gasprodukte von Stadtwerk Winterthur sind ab 2021 ökologischer, da der Anteil an erneu- im Inland bleibt.» erbarem Gas (zurzeit Biogas) erhöht wird. Trotzdem sinkt der Preis: Rund 5,8 Prozent weniger wird ein durchschnittlicher 4-Personen-Haushalt in Winterthur (mit Gasheizung und einem Renato Tami, Geschäftsführer der Verbrauch von rund 20 000 Kilowattstunden pro Jahr), der Eidgenössischen Elektrizitätskommission (ElCom) -Gas.Bronze bezieht, 2021 für seinen Gasverbrauch bezahlen. Interaktiver Rundgang in Hochalpine Solaranlage Regenbecken und Trafostation Das Elektrizitätswerk der Stadt Zürich hat auf der Stau- mauer Albigna im Bergell eine Fotovoltaikanlage realisiert. Die Solarstrommodule sind an der gegen Süden orientier- ten Wasserseite der Staumauer befestigt. Die Spitzenleis- tung der Anlage beträgt 410 Kilowatt, der jährliche Ertrag wird bei rund 500 000 Kilowattstunden liegen. Dies ist die Strommenge, welche 210 Stadtzürcher Haushalte pro Jahr benötigen (rund 2400 Kilowattstunden pro Haushalt). Die Anlage ist seit September 2020 am Netz. Fotovoltaikanlagen im Gebirge produzieren mehr Strom als gleich grosse Anlagen im Mittelland. Sie profitieren davon, dass im Gebirge die Sonneneinstrahlung stärker ist, dass es dort weniger Nebel hat als im Mittelland und Anfang 2020 ist das Regenbecken Talacker im Win- dass die Reflexion des Sonnenlichts an Eis und Schnee den terthurer «Birchermüesli»-Quartier in Betrieb ge- Ertrag weiter steigert. nommen worden. Es verhindert, dass bei starken Gew ittern oder langanhaltendem Regen schmut ziges Wasser direkt in die Eulach fliesst. Um die für den Betrieb des Regenbeckens notwendigen Pum- Die Frage pen mit Strom versorgen zu können, ist im gleichen Gebäude eine Transformatorenstation errichtet Was ist der Modalsplit? Fotos: zVg Jantofilm / zVg EnergieSchweiz, Franz&René / iStock worden, die Trafostation Regenbogen. Wie das Regenbecken und die Trafostation funktio- Der Modalsplit ist ein Begriff aus der Verkehrsstatistik. Er nieren, können Interessierte interaktiv erkunden: bezeichnet die Anteile der verschiedenen Verkehrsmittel am Ein virtueller Rundgang durch das Gebäude zeigt in Gesamtverkehr. Er kann auf zwei Arten dargestellt werden: Bildern sowie mit mündlichen Erläuterungen und auf Basis der Anzahl Wege/Fahrten oder auf Basis der zurück- Zusatzinfos, wie das Wasser abgepumpt wird und gelegten Distanzen. So hatte beispielsweise 2015 in der Schweiz wie der Strom vom Kraftwerk zum Haushalt gelangt. der motorisierte Individualverkehr einen Anteil von 65 Prozent an den zurückgelegten Personenkilometern. Der öffentliche Verkehr lag bei 28 Prozent, der Langsamverkehr bei 6 Prozent stadt.winterthur.ch/entwaesserung (Übrige: 1%). Wollen Sie auch etwas wissen zu einem Energiethema? Senden Sie Ihre Frage an: redaktion@strom-online.ch 6
Heizkosten senken ENERGIEETIKETTE: in der Zweitwohnung RÜCKKEHR ZU A–G Zweitwohnungen in einem Mehrfamilienhaus oder Konsumentinnen und Konsumenten können sich anhand einem eigenen Chalet werden häufig auch bei Ab der Energieetikette über die Energieeffizienzklasse eines wesenheit des Besitzers oder der Besitzerin beheizt. Geräts informieren. Viele Gerätekategorien haben heute eine Dies ist ein unnötiger Energieverbrauch, der ebenso Skala von A+++ bis D. Das ist unübersichtlich. Die EU führt unnötige Kosten verursacht. Bei rund 700 000 Zweit- deshalb per 1. März 2021 wieder die ursprüngliche Skala von wohnungen in der Schweiz fällt dies ins Gewicht. A bis G ein, dies jedoch auf einem höheren Niveau: Aus A+++ Mit der Kampagne makeheatsimple.ch zeigt Energie- wird B oder C. Die Schweiz hat ihre Energieeffizienzver Schweiz auf, wie Abhilfe möglich ist: durch die In ordnung revidiert und übernimmt die neue Etikette zeitgleich. stallation von Steuergeräten, die via Handy fernbe- dient werden können. So lässt sich die Heizung bei Abwesenheit der Bewohner stark zurückfahren oder ganz abstellen und vor einer neuerlichen Ankunft in der Zweitwohnung wieder hochfahren. Damit ist Weihnachtsbeleuchtung: Unnötigen die Wohnung beim Ankommen warm. Die Funktion der Steuergeräte ist einfach und passt sich jedem Stromverbrauch vermeiden existierenden Heizungstyp an. Für viele ist die Adventszeit untrennbar mit einer festlichen Beleuchtung verbunden. Und so werden Häuser, Balkons oder makeheatsimple.ch Bäume mit Lichtgirlanden, Sternen, Schneeflocken, Lichter- vorhängen oder beleuchteten Schneemännern und Rentieren versehen. Doch manche übertreiben es und lassen das Licht nicht nur Tag und Nacht brennen, sondern auch weit über die Adventszeit hinaus. Dies führt einerseits zu einem unnötigen Stromverbrauch und sorgt anderseits für Lichtverschmutzung – mit negativen Auswirkungen auf Tiere und Pflanzen. Bereits 2013 kam das Bundesgericht in einem konkreten Fall zum Schluss, dass eine Ganzjahres-Zierbeleuchtung von 22 Uhr bis 6 Uhr abzuschalten sei. In der Weihnachtszeit (bis und mit 6. Januar) darf die Beleuchtung etwas länger brennen: Sie muss von 1 Uhr bis 6 Uhr abgeschaltet werden. Wenn Sie selbst eine Weihnachtsbeleuchtung vornehmen, dann wählen Sie Produkte mit LED-Leuchtmitteln – diese brauchen pro Lämpchen nur rund ein Zehntel des Stroms eines herkömmlichen Glühbirnchens. Dekorieren Sie zurückhal- tend, denn zu viel Beleuchtung zerstört die besinnliche Atmo- sphäre. Und verwenden Sie eine Zeitschaltuhr, damit die Beleuchtung nur abends und morgens brennt und nicht auch tagsüber und nachts. Kanton Zürich als Stromkunden gewonnen Stadtwerk Winterthur wird ab 2021 jährlich 60 Mio. Kilowattstunden Strom für die Liegen- schaften der kantonalen Verwaltung liefern. Die Baudirektion des Kantons Zürich hatte die Strombeschaffung für drei Jahre (2021–2023) öffentlich ausgeschrieben. Voraussetzung für eine Eingabe war, dass der gelieferte Strom ge- mäss dem Label «naturemade basic» zertifiziert ist. Stadtwerk Winterthur hat sich gegen vier Mitbewerber durchgesetzt. 60 Mio. Kilowatt- stunden entsprechen über 10 Prozent des jähr lichen Strombedarfs in Winterthur. 7
Fotos: Stefan Kubli / Silvio Bucher und Oliver Mathys Das Reservoir Waldhof hat neue Leitungen erhalten. Die Wasser- hauptleitung hat einen Durch messer von 60 Zentimetern, die Leerlaufleitung (am Gurt hän- gend) einen von 30 Zentimetern. 8
Die über siebzigjährigen Leitungen des Wasserreservoirs Waldhof wurden ersetzt. Leitungsbau im Steilhang Text: Alexander Jacobi Auf dem Brühlberg in Winterthur steht ein grosser Wasserspeicher, das Re- servoir Waldhof. Dieses versorgt rund 70 000 Einwohnerinnen und Einwohner mit Trink-, Brauch- und Löschwasser. Die Zuleitung zum Reservoir ist über siebzig Jahre alt und besteht aus im Alter bruch- anfälligem Grauguss. Ein Bruch dieser Leitung hätte die Wasserversorgung von halb Winterthur beeinträchtigt. Deshalb ist sie nun ersetzt worden. Der Durchmesser der Wasserleitung ist mit 60 Zentimetern beeindruckend. Spe- ziell ist zudem, dass die Leitung durch ei- nen Steilhang verläuft. «Dieser Leitungs- bau war aussergewöhnlich», sagt Werner Kompatscher, «vor allem wegen des ab- schüssigen Geländes.» Kompatscher ist als Bauführer verantwortlich für den Leitungsbau, den Stadtwerk Winterthur zusammen mit einem externen regiona- len Bauunternehmen durchgeführt hat. «Wir haben noch mehr als üblich darauf geachtet, dass keine Unfälle passieren. Die Drohnenaufnahme zeigt die Schneise, die Stadtgrün In dem steilen Gelände mussten sowohl Winterthur für den Bau der die Arbeiter als auch die Maschinen ge Leitung in den Wald geschlagen sichert werden.» hat. Nach Abschluss der Bau arbeiten wird der Wald wieder aufgeforstet. Aufwendige Bauarbeiten Begonnen haben die Arbeiten Ende Fe- bruar 2020. Damals schlug Stadtgrün Winterthur im Steilhang vom Brühlberg in Richtung Eulachhallen eine 25 Meter breite Schneise in den Wald. Diese muss- te so breit sein, denn der Steilhang befin- det sich in einem potenziellen Rutsch- gebiet: Um die neuen Leitungen in einer stabilen Erdschicht zu verlegen, musste entsprechend tiefer gegraben werden, und dies benötigte Platz. Es brauchte Fahrspuren für den Rohrtransport sowie Platz für das Materialdepot, die Bagger Der Leitungsbau erfolgte in einem und den Aushub. Der Aushub war we- Steilhang. Neben der Wasserhaupt gen des tiefen Grabens grösser als üblich. leitung wurde auch die kleinere Leerlaufleitung, die bei Wartungs Nach Abschluss der Bauarbeiten wird die arbeiten zum Einsatz kommt, ersetzt. Waldschneise wiederaufgeforstet. > 9
Neben der Wasserleitung gibt es noch eine Leerlaufleitung mit 30 Zentimetern Durchmesser. Diese dient dazu, das Re- servoir komplett in die Eulach zu entlee- ren, zum Beispiel zu Reinigungszwecken. Auch diese Leitung ist ersetzt worden. Die neuen Leitungen bestehen aus dukti- lem Gusseisen. «Dieses Material ist zäher und weniger spröd als herkömmliches Gusseisen», sagt Christoph Meyer, Ab teilungsleiter Rohrnetz bei Stadtwerk Winterthur. «Dies minimiert die Gefahr eines Rohrbruchs.» Vier Wochen dauernde «Dieser Leitungsbau war Umschaltphase Nach dem Abschluss des Leitungsbaus wegen des steilen Geländes mussten die alten Leitungen vom Reser- voir getrennt und die neuen angeschlos- nicht alltäglich.» sen werden. Diese Umschaltphase dauer- te drei Wochen und war anspruchsvoll: In dieser Zeit erfolgte die Versorgung dieses Werner Kompatscher, Teils der Stadt mit Wasser allein durch Bauführer Rohrnetz, Stadtwerk Winterthur das Reservoir Ganzenbüel in Seen. Die Umschaltphase umfasste nicht nur den baulichen Anschluss der neuen Lei- tungen. Die Wasserleitung musste auch gespült, desinfiziert und beprobt werden. Es wurde also gemessen, ob bakterielle Gut zu wissen Verunreinigungen vorlagen. Die Ergebnis- se waren ausgezeichnet und übertrafen Das Winterthurer Wassernetz die gesetzlichen Qualitätsanforderungen deutlich. So konnte das Reservoir Ende Das Winterthurer Wassernetz ist in zehn Druckzonen aufgeteilt. Jeweils September 2020 wieder in Betrieb genom- zwei gegenüberliegende, gleich grosse Reservoirs versorgen eine der drei men werden. Für die kommenden Jahre grossen Druckzonen. Fällt eines aus, kann das sogenannte Gegenreservoir ist damit wieder eine zuverlässige und die Versorgung alleine übernehmen. Dadurch wird die Versorgungssicher- sichere Versorgung mit Trinkwasser aus heit von Winterthur mit Trinkwasser gewährleistet. dem Reservoir Waldhof gewährleistet. Einbau eines Teilstücks der neuen Wasserleitung. 10
Preisrätsel Mitmachen und gewinnen! dänische extremer Depeschen- griechi- Kan- Ort in Münze leichter Fussballfan Grau- Pferde- agentur scher ton gegenseit. Keim- bünden Handel zaum freiheit Ackergerät Meergott 6 Zwei Möglichkeiten, wie Sie Fluss Praktikum mitmachen können: durch den Thuner- eh. Faden- 1. Geben Sie das Lösungs- see 5 stärke (Abk.) wort online ein: Teil eines gross (Abk.) energie-preisraetsel.ch Spreng- körpers König (frz.) 2. Senden Sie uns eine Nische im Postkarte mit der Lösung an brit. Schrift- Staat steller † Lokal (frz.) Infel AG, «energie»-Preis- in Süd- («Oliver europa Futter- rätsel, Postfach, 8099 Zürich. Twist») pflanze 7 Winter- Insel- sportort gruppe im Teilnahmeschluss: im Berner Atlantik 8 Oberland 17. Dezember 2020 Epos von schaumige, Homer Das Lösungswort des letzten lockere Preisrätsels lautete: Süssspeise Hubschrau- ber (Kzw.) «SEILBAHN» Hoch- Kriech- an- Verbund- schule in tier nähernd, linie Wir gratulieren: Lausanne Wasser- ungefähr (Schnei- 1. Preis Ruth Miksovic aus Goldau ge- (Abk.) vogel 1 derei) winnt eine «Buirabähnli-Safari» mit Edelgas Übernachtung in Engelberg. Inhalts- losig- 2. Preis Marc Borner aus Hägendorf ge- keit schmal winnt eine Leserreise für zwei Personen. 2 griech. Sa- gengestalt Afrikan. Union (Abk.) 3 Zeiteinheit (Abk.) Schmerz, Vorhang- Leid stoff 9 britischer Anfängerin Schauspie- auf einem ler («Not- Gebiet ting Hill») Ihr Feedback 4 freut uns. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 Schreiben Sie uns Ihre Meinung: Infel AG, Redaktion «energie», Postfach, 8021 Zürich redaktion@strom-online.ch Impressum 97. Jahrgang | Erscheint vierteljährlich | Heft 4, 27. November 2020 | ISSN-1421-6698 | Verlag, Konzept und Redaktion: Infel AG; Redaktion: Andreas Schwander, Fotos: zVg UNESCO Biosphäre Entlebuch / zVg Tropenhaus Frutigen Alexander Jacobi | Projektleitung: Andrea Deschermeier | Layout: Flurina Frei, Sandra Buholzer | Druckpartner: Brosig GmbH | 1. Preis: Tropenhaus und 2. Preis: Moore und Köhlerkultur Störzucht in Frutigen im «Wilden Westen von Luzern» Mehr Beiträge DIE TROPEN IM BERNER OBERLAND LESERREISE FÜR ZWEI PERSONEN finden Sie online. Weil warmes Wasser aus dem Lötschbergtunnel Im Entlebuch hat sich das alte Handwerk der Beiträge aus vergangenen Ausgaben, nicht in die lokalen Bäche gelangen darf, wurde Köhlerei erhalten. Die Bauern, die es noch Infografiken und die Anmeldung im Berner Oberland eine tropische Erlebniswelt betreiben, erklären, wie der Holzstoss schwelt zum Newsletter finden Sie unter geschaffen. Gewinnen Sie einen Besuch im und nicht verbrennt. Auch landschaftlich ist strom-online.ch Tropenhaus und eine Übernachtung im Hotel die Region mit ihren Mooren und der riesigen National in Frutigen. Pflanzenvielfalt eine Entdeckungsreise wert. tropenhaus-frutigen.ch, national-frutigen.ch eurobus.ch Die Rätselpreise wurden von den Anbietern freundlicherweise zur Verfügung gestellt. 11
Die beiden Verbrennungslinien der Kehrichtverwertungsanlage in Winterthur werden jährlich einer Revision unterzogen. Gut in Schuss halten Text: Alexander Jacobi Bis zu 200 000 Tonnen: Dies ist die Abfall- menge, die in der Kehrichtverwertungs- anlage (KVA) von Stadtwerk Winterthur jährlich verarbeitet wird. Der Müll besteht vor allem aus Bauabfällen sowie aus dem Kehricht von Haushalten, Gewerbe und Industrie. Bei der Verbrennung reduziert sich nicht nur das Volumen um über 90 Prozent. Es entsteht auch viel Wärme – der Fachbegriff lautet deshalb thermische Verwertung. Die Wärme wird als Fern- wärme, zur Stromerzeugung und als Pro- zessdampf für die Industrie genutzt. Da- mit hilft die KVA, die energiepolitischen Ziele der Stadt Winterthur zu erreichen. Periodische Wartung Eine solche Grossanlage, die rund um die Uhr läuft, muss periodisch gewartet wer- den. Stadtwerk Winterthur unterzieht deshalb jede der beiden Verbrennungs linien der KVA jährlich einer Revision. Eine solche dauert jeweils drei bis vier Wochen. Die beiden Revisionen werden im Früh- die Rauchgasreinigung sowie die ganze Spezialisten im Einsatz ling und im Frühsommer durchgeführt, Mess‑, Steuer- und Regeltechnik. «Für eine Revision ziehen wir dreissig und zwar zeitlich versetzt, damit immer Für eine Revision schalten die Mitarbei- bis vierzig externe Fachleute bei», sagt mindestens eine Verbrennungs linie in tenden der KVA die betreffende Ofen Martin Däscher, Produktionsleiter KVA Betrieb bleiben kann. Geplant werden die linie ab. Durch die Abkühlung werden im bei Stadtwerk Winterthur. «Diese ver Revisionen zusammen mit der Zürcher Feuerraum bereits viele Ab lagerungen fügen über eine besondere Ausbildung Abfallverwertungs AG. Diesem Zweckver- abgesprengt. Was sich nicht von selbst sowie über Spezialgeräte zur Ausführung band sind alle fünf KVAs des Kantons Zü- löst, wird durch gezielte Sprengladungen der Revisionsarbeiten.» rich angeschlossen. Die Zusammenarbeit entfernt. Ballons mit einem Gasgemisch Wo internes Know-how wichtig ist, kom- ermöglicht es, während der Revisionen ei- sorgen dabei für sanfte Explosionen. Was men Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Fotos: zVg VERTIC pro AG / Michael Orlik nen Teil des täglich anfallenden Kehrichts übrigbleibt, wird mit Sprengschnüren der KVA zum Einsatz. «Wir schauen gut in andere KVAs umzuleiten. gelöst. Einem Skalpell gleich trennen sie zur KVA und halten sie in Schuss», sagt Bei einer Revision werden die relevanten die oft tonnenschweren Anbackungen ab. Däscher. Doch auch dann hat eine Ver- Teile der Anlage kontrolliert und wo nötig Abschliessend kommen externe Spezia- brennungslinie nach 30 bis 35 Jahren ihr einer Wartung unterzogen. Verschleiss listinnen und Spezialisten zum Einsatz. Lebensende erreicht und muss ersetzt teile wie Stäbe des Feuerungsrosts wer- Sie hängen an Seilen und rücken den werden, wie dies nächstens bei der Ver- den ersetzt. Gegenstand der Revision restlichen Ablagerungen mit Handwerk- brennungslinie 2 der Fall sein wird (vgl. sind nicht nur die Öfen, sondern auch zeugen zu Leibe (vgl. Foto oben). Kasten rechts). 12
Die Kehrichtverwertungsanlage in Winterthur macht aus Abfall Strom und Wärme. An Seilen hängend, schlägt ein Industriekletterer Ablagerungen im Feuerraum der KVA ab. Eine KVA ist eine komplexe technische Anlage, die alljährlich eine Wartung benötigt. «Wir schauen gut zur KVA und halten Gut zu wissen ! sie in Schuss.» Erneuerung der Verbrennungslinie 2 Die zweite Verbrennungslinie der Winterthurer KVA – 1994 in Martin Däscher, Betrieb genommen – wird bald das Ende ihrer Lebensdauer er- Produktionsleiter KVA, reichen und muss deshalb ersetzt werden. Die Erneuerung führt Stadtwerk Winterthur auch dazu, dass die KVA künftig bei der Verbrennung der gleichen Abfallmenge noch mehr Wärme und Strom produzieren kann. Über die Investition in die lokale Kehrichtverwertungsanlage wird die Winterthurer Stimmbevölkerung entscheiden. 13
Heizen ist politisch, Heizen ist ein Statement, und Heizen hat sich massiv gewandelt. Die Geschichte der Nestwärme Text: Andreas Schwander Marc Huber sitzt auf einer Ofenkunst, regional auch «Chust» oder «Chouscht» genannt, einer früher populären Ofenform mit warmer Sitzbank. Die im Bild wurde Fotos: Roswitha Strothenke neu konstruiert aus einem einfachen Ofen und alten Kacheln. Dahinter steht ein Art-déco-Ofen, der schon vor fast 100 Jahren elektrisch beheizt wurde: Ofencharme ohne Dreck. 14
Wärme ist teuer und wertvoll und an- strengend. Die Grossvater-Weisheit sagt, dass Brennholz fünfmal warm gibt: beim Fällen, beim Transport, beim Scheiten, beim Schichten und beim Heizen. Der grosse Aufwand war deshalb immer schon Richtschnur in Alltag und Kul- tur. Bettsocken und Schlafmützen gibt’s nur, weil es nachts so kalt wurde, dass an den Fenstern ganze Eisblumengärten erblühten. Himmelbetten wurden mit Tüchern verhüllt, und in Bayern zwäng- Hafner Joel Schmutz (vgl. Bild unten) Kunstvoll gegossene Feuertürchen ten sich die Leute gemeinsam in Bett- mauert einen alten Ofen neu aus. waren die Visitenkarten der schränke, um sich zu wärmen. Der Stel- Dann kann dieser wieder während Ofenfabrikanten – und machen lenwert der Wärme in der Zeit vor der Jahrzehnten die Stube heizen. noch immer einen guten Eindruck. unsichtbaren Bodenheizung zeigt sich bei der Firma Perler Ofen in Bern, dem grössten Unternehmen für historische In Nordeuropa wurde zudem weiss oder hörbar, das zwei Stockwerke tiefer ge- Öfen in Europa. Geschäftsführer Marc schwarz geheizt. Weiss heizten die Wohl- sprochen wurde. Huber beschäftigt Schlosser, Hafner und habenderen, mit einem teuren Kamin, Mit der industriellen Revolution wurde Kunstmaler. Da gibt es die seltenen Öfen schwarz die Armen. Dabei füllte sich das Heizen billiger, doch die Zwänge blieben. mit Wilhelm Tell und Szenen aus der Haus mit Rauch, sodass sich die Bewoh- Bis in die 1950er-Jahre wurde in der Schweizer Geschichte, die Von-Roll-Öfen ner nur auf Knien unter der Rauchwolke Schweiz noch so gebaut, dass das Koh- mit gezöpfeltem Gussgestell, Jugendstil hindurchbewegen konnten. lefuhrwerk möglichst einfach abladen öfen aus den USA oder einen Art-déco- Gute Isolation und Tiere in der Nähe konnte. Der Fuhrhalter schüttete die Koh- Kachelofen. Er war von Anfang an mit sparen viel Arbeit. Die Wikinger gruben le aufs Trottoir, dann wurde sie durch die elektrischen Heizschlangen ausgerüstet. ihre Häuser in den Boden ein. Im russi- noch immer vorhandenen Fensterchen Die Eleganz der grossen Öfen schätzte schen fernen Osten, wo die Temperatu- auf Strassenniveau in die Kohlekeller das Bürgertum in den 1920er-Jahren noch, ren auf minus 50 Grad fallen können, geschaufelt. Die Ölheizung, deren Brenn- aber der Dreck war bereits verzichtbar. wurden die Ställe fürs Vieh U-förmig um stoff über weite Strecken durch Schläu- das einstöckige Wohnhaus mit seinem che gepumpt werden konnte, machte Keine Wärme ohne Russ grossen Ofen herumgebaut und aussen auch eine neue Quartierplanung möglich, In vielen Gebieten der Schweiz hatten mit immer dickeren Schichten von Mist mit weiten, verkehrsfreien Grünflächen. Öfen keine Kamine. Der Rauch zog durchs und Erde isoliert. In Westrussland und in Noch bis in die 1970er-Jahre wurden in Dach ab und setzte es bisweilen in Brand. Finnland zimmerten sich die Menschen der Schweiz selbst in Wohnblocks nur dagegen ihre Holzhäuser aus ineinan- einzelne Zimmer mit Briketts, Kohle oder Viele Kachelöfen bestehen aus Keramikkacheln dergreifenden Holzstämmen und lebten Holz in einem gusseisernen «Eskimo»- in einem standardisierten Gestell aus einzelnen Gussrahmen. So sind mit identischen Teilen um, auf und in riesigen Öfen aus Ziegel- Ofen beheizt. Diese Heizwelt liegt in den unterschiedlich grosse Öfen möglich. steinen. Obendrauf wurde geschlafen, Depots von Perler Ofen. Rund 600 Stück drinnen gekocht und Brot gebacken, und hat Marc Huber an Lager. Es gibt noch oft war der Ofen so gross, dass er auch als so viele Öfen, dass er nur die schönsten Sauna diente. kauft. Das gilt auch für die Kochherde. Da gibt es kleine, zierliche mit Messing- Heizung und Lüftung knäufen und zwei Kochstellen oder auch In den Palästen in St. Petersburg gab es riesige kohlenbetriebene «Kochmaschi- ab dem 18. Jahrhundert erste Zentral- nen» aus der Hotellerie. Darin wärmte heizungen mit kombinierter Lüftung. der durchströmende heisse Rauch meh- Feuerungen im Keller wärmten die Wän- rere unterschiedlich heisse stählerne de, ähnlich dem römischen Hypokaus- Kochfelder. Um die Temperatur zu regu- tum. Neben den Rauchkanälen verliefen lieren, schoben die Köche wie Schach- Frischluftkanäle zu den Wohnräumen. spieler ihre Kupferpfannen von einem So strömte kontinuierlich vorgewärm- Feld aufs andere. Solche Monstren fin- te Frischluft ins Haus. Gegen Ende des den immer wieder Liebhaber. Allerdings 19. Jahrhunderts wurden daraus ausge- baut Perler nun Keramikkochfelder ein. klügelte Warmluftheizungen, die unfrei- Und auch die kleinen Gussöfen und die willig als Haustelefon funktionierten. Bauernkochherde bekommen ein zweites Durch die Luftkanäle war jedes Wort Leben: als Outdoor-Küchen. > 15
Ohne Lüftung blüht im Bad der Schimmel Doch der Radiatorenmarkt stagniert. Für Zehnder wird das Geschäft mit den Kaum jemand kocht in der Schweiz noch täglich auf einem Holzherd. Tausende Lüftungen immer wichtiger. Allerdings solcher Herde stehen deshalb in Schuppen sind viele heutige Architekten noch weit und Abstellkammern herum. Einige weg vom Wissen der Palastbauer vor wenige erhalten bei Perler ein zweites Leben als Outdoor-Küchen. Doch erst 200 Jahren mit ihren Heiz- und Frisch- schützt Mitarbeiterin Ada Cascione sie luftkanälen. Für Dominik Hof, Leiter mit einer provisorischen schwarzen Marketing-Kommunikation bei Zehnder, Farbschicht, bevor sie definitiv restauriert werden. Und an den wieder auferstande- ist das unverständlich: «Luft ist ein Le- nen Öfen gibt sie den alten Kacheln mit bensmittel wie Wasser. Aber sie wird bei spitzem Pinsel neue farbliche Frische. der Planung oft vernachlässigt.» Das hat Konsequenzen. Neue oder sanierte Häu- ser ohne Zu- und Abluftsystem brauchen mehr Energie und sind oft erstaunlich unkomfortabel. Immer kühlt irgendwo ein Kippfenster das Haus ab, in den Bä- dern blüht der Schimmel, und Abzugs- Fernwärme galt hauben erzeugen einen so starken Unter- als «kommunistisch» druck, dass sich Türen nicht mehr öffnen Ab etwa 1890 gab es Guss-Heizkörper. lassen. Moderne Lüftungen vermeiden Damit konnten ganze Quartiere und auch das alles – mehr noch: Sie entziehen der alte Häuser, in deren Wänden die gemau- Abluft Wärme und Feuchtigkeit und ge- erten Lüftungs- und Heizkanäle fehlten, ben sie an die staub- und pollengefilterte nachgerüstet werden. Eines der ersten Zuluft weiter. Allergiker wissen das zu Fernheiznetze mit Stromerzeugung ent- schätzen. Die modernste Zehnder-Lüf- stand 1898 in Berlin für die Beelitz-Heil- tung macht aus 22 Grad warmer Abluft stätten. Populär wurde die Fernheizung auch im Hochwinter 19 Grad warme Zu- vor allem in Skandinavien und Osteuro- luft und entlastet die Heizung. pa. Kalte Krieger in der Schweizer Lokal- politik lehnten Wärmeverbunde deshalb Und wo bleiben Öl und Gas? lange ab, weil «kommunistisch». Ähnlich Passivhäuser, die mit den Fenstern die politisch aufgeladen waren die Anfänge Wärme der Sonne einfangen und in Bo- des Wärme-Contractings, bei dem Kun- den und Wänden speichern, brauchen den nur noch die Wärme bezahlen und keine Heizung kaufen. Es ist ein Kind der Anti-KKW-Bewegung der 1980er-Jahre. Die Ingenieure unter den Kaiseraugst- Heizkörper können jede Form haben, wie hier als warme Demonstranten rechneten den Strom- Bank im Ausbildungszentrum konzernen vor, dass neue Kernkraft «Zehnder Academy» in Gränichen. werke überflüssig wären, wenn jede Öl heizung auch Strom erzeugen würde. Einen weiteren Modernisierungsschub gab es ab den 1930er-Jahren mit der Er- findung der geschweissten Heizkörper wie jenen der Schweizer Firma Zehnder in Gränichen. Sie lassen sich aus stan- dardisierten Rohren in unzähligen Grös- sen- und Leistungsvarianten herstellen. Zehnder produziert täglich Hunderte solcher Heizkörper. Neben den üblichen Röhrenheizkörpern entstehen hier auch Badradiatoren, und wer will, bekommt ganze Radiatoren-Kunstwerke, etwa Ra- diatoren-Sitzbänke, heizende Treppen geländer oder heizende Skulpturen. 16
«Luft ist ein Lebensmittel wie Wasser. Aber sie wird bei der Planung oft vernachlässigt.» Aus den Blechrollen werden bei Zehnder in Gränichen jene Lamellen, die in den Heizkörpern möglichst Dominik Hof, viel Luft erwärmen. Leiter Marketing-Kommunikation der Zehnder Group AG keine Heizung mehr, nur noch eine Lüf- tung und einen Wassererwärmer, allen- falls in einem Kombigerät. Wärmepum- pen haben in der Energiewende Priorität. Auch Pelletfeuerungen, Cheminées und Holzöfen, teilweise mit eingebauter Heiz- und Brauchwasser-Erwärmung, sind eine Lösung. Dagegen werden klassische Öl- heizungen wohl bald verboten. Ganz so einfach ist es allerdings nicht. Die Sole-Wasser-Wärmepumpen kühlen den Boden stark ab, wodurch Bäume eingehen können. Luft-Wasser-Wärme pumpen brauchen bei Aussentempera- turen unter fünf Grad fast so viel Strom wie die längst verbotenen Elektrospei- cheröfen. Gaswärmepumpen basieren zwar auf fossiler Energie, holen aber viel Wärme ebenfalls aus der Umgebungs- luft. Mit mehr erneuerbarem Gas im Netz sinkt der fossile Anteil in der Wärme der Ältere Häuser und Umbauten werden meist Gaswärmepumpe aufs Niveau von Koh- mit Heizkörpern beheizt, Neubauten eher mit le- und Gasstrom im Winterstrommix Bodenheizungen. Es gibt aber viele Alternativen – für die elektrische Wärmepumpe. Gleich- von der Wandheizung über die Warmluftheizung bis zu gar keiner Heizung. zeitig entlastet die Gaswärmepumpe das Stromnetz. Selbst Ölheizungen sind nicht nur schlecht – etwa in sonnigen Bergdör- fern mit vielen Heiztagen. Bestehende Anlagen lassen sich gut mit thermischen Solaranlagen kombinieren, etwa in wenig Gut zu wissen genutzten Ferienhäusern. Das Solarsys- tem heizt das Haus bis etwa 14 Grad, und Grosse gemeinsame Heizungen der Ölbrenner läuft nur selten. Das ein- zelne Holzscheit gibt heute nicht mehr Die grösste «Heizung» in Winterthur ist die Kehrichtverwertungsanlage. fünfmal warm, doch Arbeit ist noch im- Deren Abwärme wird über das Fernwärmenetz an die angeschlossenen Lie- mer gefragt – vor allem Denkarbeit. genschaften verteilt und deckt rund 15 Prozent des Winterthurer Wärmebe- darfs. Etwas kleiner sind die sechs Quartierwärmeverbunde in Winterthur. Fünf davon heizen mit Holzschnitzeln aus der Region, einer mit Abwärme aus der KVA. Wer von diesen grossen gemeinsamen Heizungen profitiert, Mehr dazu auf strom-online.ch zeigt der Energieplan der Stadt Winterthur. Dieser legt fest, in welchen Ge- − Anergienetze holen Wärme aus Seen bieten Winterthurs mit welchem Energieträger geheizt wird. Ziel des Ener- und in Flims aus dem Wasserkraftwerk gieplans ist eine wirtschaftliche und ökologische Energieversorgung der − Die problematische Beziehung Stadt Winterthur. zwischen Strom und Wärme − Bodenheizung: Ab in die Wand stadtwerk.winterthur.ch/heizen − Kochrezept für ein Passivhaus 17
Infografik Ein warmes Zuhause ist für das Wohlbefinden zentral. Welche Energieträger werden dafür eingesetzt? Ein Vergleich zwischen 1994 und 2019. Womit heizen wir heute? Text: Alexander Jacobi Heizen – immer noch zu oft mit Öl und Gas Im Verlauf der letzten 25 Jahre ist in den Schweizer Haushalten der Energiebedarf fürs Heizen um 7 Prozent gesunken, obwohl die beheizte Wohnfläche (die sog. Energiebezugsfläche) um 39 Prozent gestiegen ist. Doch der Anteil der fossilen Heizungen (Öl und Gas) liegt noch immer bei 64 Prozent. Zur Erreichung der Klimaziele ist es zentral, dass beim Heizungsersatz keine Öl- und Gasheizungen mehr eingebaut werden. 1994 3080 Heizgradtage Energiebezugsfläche Wohngebäude 369 Mio. m2 Energieverbrauch fürs Heizen Ständige Wohnbevölkerung 53,9 Mrd. kWh 7,0 Mio. Prozentuale Mrd. Kilowattstunden Anteile (= Terawattstunden, TWh) 65% 34,9 TWh Heizöl extraleicht Gas Holz Durch Wärme- 80% pumpen gewonnene Fossile Heizungen Umweltwärme (Öl und Gas) Elektrizität für 15% 8,3 TWh Wärmepumpen Elektrizität für elek- 10% trische Direktheizung 5,4 TWh 2% Fernwärme 1% 0,9 TWh 5% 0,5 TWh 2,5 TWh Thermische Solaranlagen 2% 0% 1,3 TWh 0,07 TWh Um die Heizgradtage zu bestimmen, berechnet man für jeden Tag temperatur von 3 °C am Tag X ergibt für diesen Tag 20 – 3 = 17 Heiz- eines Jahrs die Abweichung der durchschnittlichen Aussentemperatur gradtage.) Die Heizgradtage der einzelnen Tage werden dann über das von einer Raumtemperatur von 20 Grad Celsius. Dabei werden nur jene Jahr aufsummiert. 2019 wies 3067 Heizgradtage auf, 1994 waren es Tage berücksichtigt, bei denen die durchschnittliche Aussentemperatur 3080 (schweizerische Durchschnittswerte). Der Vergleich 1994/2019 höchstens 12 °C beträgt – denn im Durchschnitt muss u nterhalb einer beruht also auf zwei Jahren mit praktisch identischen Heizgradtagen. Aussentemperatur von 12 °C geheizt werden, um eine Raumtemperatur Das heisst, dass die Winter gleich kalt w aren. Differenzen im Energiever- von 20 °C aufrechtzuerhalten. (Beispiel: Eine durchschnittliche Aussen- brauch sind somit nicht auf unterschiedliche Witterung zurückzuführen. 18
Ratgeber Heizungsersatz erneuerbarheizen.ch Informationen zum Heizungsersatzund Beratungsangebote nach Postleitzahl energiefranken.ch Energieförderprogramm nach Postleitzahl energieantworten.ch Antworten auf viele Energiefragen topten.ch → Haus Die besten Heizanlagen mit erneuerbaren Energiequellen 2019 3067 (–0,42%) Heizgradtage Energiebezugsfläche Wohngebäude Ständige Wohnbevölkerung 513 Mio. m2 (+39%) 8,6 Mio. (+23%) Energieverbrauch fürs Heizen 50,0 Mrd. kWh (–7%) Prozentuale Mrd. Kilowattstunden Anteile (= Terawattstunden, TWh) 37% 18,5 TWh (–47%) Heizöl extraleicht 64% Gas Fossile Heizungen (Öl und Gas) Holz Durch Wärme- 27% 13,3 TWh (+60%) pumpen gewonnene Umweltwärme Elektrizität für 10% 5,1 TWh (–6%) Wärmepumpen Elektrizität für elek- 10% 5,0 TWh (+454%) trische Direktheizung 4% 2,2 TWh (+298%) Fernwärme 6% 2,8 TWh (+12%) Thermische Solaranlagen 5% 2,4 TWh (+90%) 1% 0,73 TWh (+928%) Illustration: Pia Bublies Quellen: Bundesamt für Energie (BFE), Schweizerische Gesamtenergiestatistik, Ausgabe 2019; BFE, Schweizerische Elektrizitätsstatistik, Ausgabe 2019; BFE, Schweizerische Statistik der erneuerbaren Energien, Ausgaben 2000 und 2019 (Vorabzug); Bundesamt für Statistik, Bilanz der ständigen Wohnbevölkerung; Wüest Partner AG: Gebäudebestandsentwicklung/Energiebezugsflächen 1990–2019 19
Träger des Schweizer Solarpreises: Mehr dazu auf strom-online.ch Das Reka-Feriendorf Blatten-Belalp Fotos: zVg Reka − Die Sommersonne heizt im Winter im Wallis ist ein Vorzeigeprojekt punkto Energieeffizienz. Das Reka-Feriendorf Blatten-Belalp hat 2014 als Vorzeigeprojekt in Sachen nachhaltiger Energieversorgung den Betrieb aufgenommen. Hat sich das Konzept bewährt? Und wie reagieren die Gäste? Eine Bilanz nach sechs Jahren. Es geht auch ohne Emissionen Text: Michelle Russi 20
Hält, was es verspricht: das ausgeklügelte Energie konzept mit den unterschiedlichen Komponenten. Petrus meint es gut mit dem Ferienort Den Gästen gefällt’s Blatten oberhalb der Gemeinde Naters im Ein Blick auf die Gesamtenergiebilanz Kanton Wallis: Das auf 1300 Metern über zeigt: Das Reka-Feriendorf benötigte im Meer gelegene Dorf gilt als besonders Jahr 2019 wie schon in den Vorjahren sonnenverwöhnt. Diesen Umstand ha- weniger als 800 000 Kilowattstunden ben sich die Energieplaner beim Bau des Energie – und damit weniger als die ur- Feriendorfs Blatten-Belalp der Schwei- sprünglich prognostizierten 870 000 Kilo- zer Reisekasse (Reka) zunutze gemacht. wattstunden. Laut Matthias Sulzer sind Auf sieben der insgesamt neun Gebäu Schwankungen zwischen den Jahren de installierten sie Fotovoltaikanlagen, üblich, denn ein kalter Winter oder eine wobei vier davon als sogenannt hybride hohe Belegung der Ferienwohnungen Solaranlagen funktionieren. Zusammen lässt den Heiz- und den Warmwasserver- mit einem saisonalen Erdwärmespeicher brauch steigen. Insgesamt aber zahlt sich und einem System zur Wärmerückgewin- das Energiekonzept aus – oder? «Defini- nung aus dem Abwasser bilden sie die tiv», sagt der Experte, «spätestens nach Kernelemente des nachhaltigen Ener den ersten zwei Saisons, als wir das Heiz- giekonzepts. Ziel war es, das Feriendorf system noch etwas justiert hatten, funk- emissionsfrei und ausschliesslich mit Sonnenverwöhnte Lage: Die Ferienhäuser sind mit tionierte die Anlage wie geplant.» Statt erneuerbarer Energie zu betreiben. Solaranlagen ausgestattet. auf hybride Solarpanels, die sich zwar bewähren, aber sehr teuer sind, würde Mehr Energie als geplant Sulzer bei einem ähnlichen Projekt heu- Das Projekt im Wallis überzeugte von falten können. Wir sprechen hier von te eher auf Fotovoltaikanlagen in Kom- Anfang an. Im Dezember 2014 eröffnet, Systeminnovation.» Konkret heisst das: bination mit einem Luftkühler setzen. galt die Ferienanlage als Leuchtturm- Die hybriden Solarmodule auf den Dä- «Das erzielt ähnlich gute Resultate und projekt des Bundesamts für Energie und chern der Wohn- und Gemeinschaftshäu- ist erst noch wesentlich günstiger.» Dass erhielt 2015 den Schweizer Solarpreis. ser generieren gleichzeitig elektrische die Energieversorgung auch in der Praxis Doch wie hat sich die Energiebilanz über und thermische Energie. Etwa 18 Pro- funktioniert, betont Reka-Direktor Roger die Jahre entwickelt, und funktioniert der zent der Sonnenstrahlung werden über Seifritz: «Die Reaktionen seitens der Betrieb heute tatsächlich CO2-neutral? die Fotovoltaikmodule direkt in Strom Betreiber und der Gäste sind sehr gut.» Anruf bei Matthias Sulzer. Der Professor umgewandelt, die restliche Strahlung Selbst zu absoluten Spitzenzeiten – wenn für Energie- und Gebäudetechnik hat das gelangt in Form von Wärme über einen 300 Gäste nach dem Skifahren gleichzei- Projekt damals noch als Geschäftsleiter Wärmetauscher in die Erdwärmesonden tig duschen und ihre Kleider trocknen der Lauber IWISA mitverantwortet und im Boden. Hier wird die Wärme gespei- möchten – laufe die Versorgung einwand- stellt klar, dass das Energiekonzept hält, chert und bei Bedarf – zum Beispiel im frei. «Die Zufriedenheit in Blatten-Belalp was es versprochen hat: «Das projektierte Winter – zurück in die Heizungsanla- liegt sogar deutlich über dem Durch- Ziel eines Eigenenergieversorgungsgrads ge des Feriendorfs befördert. Die dritte schnitt unserer Reka-Ferienanlagen.» von 75 Prozent wurde bisher in jedem Komponente schliesslich, die Anlage zur Momentan verzeichnet das Walliser Jahr übertroffen.» Konkret heisst das: Abwasserwärmerückgewinnung, entzieht Reka-Dorf rund 40 000 Logiernächte pro Seit 2015 werden rund 80 Prozent der im dem Abwasser aus dem Reka-Dorf Wär- Jahr. Gemäss Seifritz sind die 50 Wohnun- Feriendorf benötigten Energie vor Ort me, die ihrerseits wiederum zur Aufbe- gen besonders in den Wintermonaten gut auf dem Areal produziert. Die restlichen reitung des Warmwassers mittels Wär- ausgelastet, während die Anlage im Som- 20 Prozent stammen aus dem Trink- mepumpe genutzt wird. mer «noch Potenzial nach oben» hat. wasserkraftwerk der Gemeinde Blatten. Damit wird die Anlage ganz ohne Emis sionen betrieben. Gut zu wissen Eine «Systeminnovation», Förderprogramm Energie Winterthur die gut funktioniert Wie Sulzer erklärt, sind die im Reka-Dorf Möchten Sie Ihre Liegenschaft energetisch sanieren? Benötigen eingesetzten Technologien an sich gar Sie einen Ersatz für Ihre Öl- oder Gasheizung, oder möchten Sie nicht so innovativ. Das Besondere am eine thermische Solaranlage installieren? Profitieren Sie vom Energiekonzept liegt in der Kombination Förderprogramm Energie Winterthur und beantragen Sie För- aus hybriden Solarmodulen, Erdwärme- dermittel. Das Förderprogramm übernimmt zudem einen Teil sonden und einer Abwasserwärmerück- der Kosten für eine GEAK-Plus-Beratung (GEAK = Gebäudeenergie gewinnung. «Es ist ein Verbund von Kom- ausweis der Kantone). ponenten, die ortsspezifisch so eingesetzt stadtwerk.winterthur.ch/foerderprogramm werden, dass sie ihre volle Wirkung ent- 21
Frutigen ist eine ideale Ferienbasis und hat mit dem Tropenhaus eine ganz spezielle Attraktion. Der Stör rettet im Berner Oberland die Forelle Frutigen ist mittendrin. Das Eisenbah- und Köche nur verarbeitet oder verpackt Stark gefährdete Tierart nerdorf an der Lötschberglinie ist ein kennen. Gleichzeitig löst das Tropenhaus Die meisten der 26 bekannten Stör-Arten idealer Ausgangspunkt, um die Berner ein ökologisches Problem. sind gefährdet, und es leben mittlerweile Oberländer Bergwelt zu erkunden – sei mehr Störe in Zuchten als in freier Wild- es auf Ski, zu Fuss, kletternd, bikend Warmes Wasser als Gefahr bahn. Gezüchtet werden meist Sibirische oder Gleitschirm fliegend. Philipp Blaser, Beim Bau des Lötschberg-Basistunnels Störe und der langsamer wachsende Rus- Gastgeber im Hotel National in Frutigen, stiessen die Mineure auf warmes Si- sische Stör (Acipenser gueldenstaedtii). erklärt den Reiz der Gegend so: «Man ckerwasser, pro Sekunde zwischen 70 Die letzten grossen Bestände haben sich ist schnell in den Bergen, schnell in der und 100 Liter Wasser mit einer Tempera- im Schwarzen und vor allem im Kaspi- Stadt, schnell am See.» Er ist in vier- tur von 18 Grad. So viel warmes Wasser schen Meer erhalten, auch dank rigoroser ter Generation Hotelier in seinem über darf, auch wenn die Menge inzwischen Schutzmassnahmen. Doch nach dem Zu- 100 Jahre alten Familienbetrieb. Dazu zurückgegangen ist, nicht in die Bergbä- sammenbruch des Sowjetreichs wurde gehört auch eine Confiserie, mit Schwer- che gelangen. Einheimische Fische, ins- unkontrolliert drauflosgefischt, sehr zum punkt Schokolade. besondere die gefährdeten Seeforellen, Ärger der Iraner, die ihre jahrzehntelange Den Anfang aller Schokolade zeigt die in der Kander laichen, ertragen das Aufbauarbeit zerstört sahen. Mittlerwei- die grösste Frutiger Attraktion, das nicht. Die rettende Idee kam schliesslich le ist der Verkauf von Kaviar aus wilden Tropenhaus. In riesigen Gewächshäu- einem fischenden Tunnelbauingenieur. Beständen verboten, der wilde Stör so gut Fotos: zVg Tropenhaus Frutigen sern wachsen Pfeffer und viele andere Eine Zucht für Warmwasserfische sollte geschützt, wie es nur geht. Gewürze, Bananen, Kaffeestauden und die einheimischen Kaltwasserfische ret- Störe züchten ist allein schon deshalb eine eben Kakao. Der Dschungel in den Ber- ten, dazu die Gewächshäuser mit all den Aufgabe, die nicht nur dem Kommerz, gen erklärt die Herkunft, die Ökologie exotischen Alltagspflanzen. Der Fisch sondern auch der Arterhaltung dient. In und die Verwendung all jener Produkte, der Wahl ist der Stör und damit auch die Gefangenschaft in Anlagen wie jener in die durchschnittliche Konsumentinnen Produktion von edlem, schwarzem Kaviar. Frutigen wachsen die Störe schneller als 22
Gut zu wissen Die Störe im Tropenhaus in Frutigen mögen das warme Wasser, das aus Abwasserwärme zum Heizen nutzen dem Lötschberg-Basis- tunnel strömt. Auch die Wärme von gereinigtem Abwasser lässt sich nutzen. Die Überbauung Tösswiese in Neftenbach setzt auf diese umweltfreundliche Wärmeenergie aus der Winterthurer Abwas- serreinigungsanlage. Die Wohnüberbauung deckt damit ihren Energiebedarf zu 80 Prozent. Das Konzept basiert darauf, dass ein kleiner Teil des gereinigten Abwassers unter der Töss hin- durch zur neuen Überbauung geführt wird. Dort wird ihm Wärme entzogen, womit es sich um 4–5 Grad Celsius abkühlt. Dann gelangt es wie das übrige gereinigte Abwasser in die Töss. Die entzogene Wärme wird in der Überbauung in zwei Schritten mithilfe einer Wärmepumpe und eines separaten Wasserkreislaufs auf die für die Raumheizung und das Warmwasser benötigte Temperatur gebracht. in freier Wildbahn – in grossen Becken, lich angestossen mit Hilfe verschiedener im Freien und in der Halle mit automati- lokaler Investoren, gehört das Tropenhaus scher Futterzugabe. Aber auch hier geht es heute dem Grossverteiler Coop, der auch langsam. Deshalb züchtet das Tropenhaus gewisse Produkte vertreibt. Doch wichtig auch Felchen, Egli und Zander. Die klei- ist vor allem das Erlebnis. Der tropische nen «Stör-Fingerlinge» werden im Al- Wald ist faszinierend, die Tische stehen Mehr dazu auf strom-online.ch ter von drei Monaten bei spezialisierten nicht erst seit Corona weit verstreut unter − Kulturfisch Stör Züchtern eingekauft und wachsen dann Palmen- und Bananenblättern. Alles, was im Berner Oberländer Quellwasser lang- hier wächst, landet früher oder später auf sam heran. Erst mit drei Jahren kann ihr den Tellern der Gäste. Rund 175 Pflanzen Geschlecht bestimmt werden. Von den arten gibt es in den Gewächshäusern, Männchen gibt’s zwar sehr feine Stör- ob Chili, Pfeffer, Paprika oder eben jene Steaks, aber keinen Kaviar – das mit 2000 unscheinbaren Bohnen, die Basis von bis 5000 Franken pro Kilogramm weitaus Philipp Blasers Schoggi-Kreationen. teuerste Produkt des Tropenhauses. Text: Andreas Schwander Wer erkennt hier die Bananen? Das Tropenhaus zeigt eine Fülle unbekannter Geduldige Investoren botanischer Selbstverständlichkeiten wie Pfeffer und Kakao und eben Bananen. Die Weibchen werden noch drei Jahre wei- Alles, was hier wächst, gibt’s auch auf ter gefüttert, und die Männchen kommen der Menükarte des Restaurants. in ein anderes Becken, in dem sie kräftig gegen den Strom schwimmen müssen. Sie bauen Fett ab und Muskeln auf, so wie sie es im Meer und in den Flüssen tun würden. Bei den Weibchen geschieht das erst nach sechs Jahren, bevor sie ge- schlachtet werden. Vorläufig ist das noch nötig. Es wäre viel interessanter, wenn die Weibchen ihren Laich mehrmals ab- geben könnten. Entsprechende Systeme sind in Entwicklung, aber es ist noch nicht klar, was dies für den Kaviar be- deutet und ob er ökologische und lebens- mittelrechtliche Kriterien erfüllen wür- de. So braucht denn ein Projekt wie das Tropenhaus vor allem Geduld und Inves- toren mit sehr langem Atem. Ursprüng- 23
Sie können auch lesen