OForum - Pro Bahn Schweiz

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OForum - Pro Bahn Schweiz
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                                                               www.pro-bahn.ch

         Pro Bahn Schweiz • Pro Rail Suisse • Pro Bahn Svizzera
         Interessenvertretung der Kundinnen und Kunden des öffentlichen Verkehrs
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                                                                                                    Bild: Gerhard Lob

                                        Takt und Knoten:
                               Wie ein Fahrplan entsteht
                                         Kein Enthusiasmus: öV-Tarife werden im Dezember erhöht
                                                  Neuer Trend: Deutsche Fernbusse in der Schweiz
                                                                                     Schwerpunkt
                                                                           Schwerpunkt           2/2011
                                                                                       „Fahrpläne“      InfoForum
                                                                                                    ab Seite 3    1
OForum - Pro Bahn Schweiz
Editorial

                                                                                                        Inhalt

                                                                                                        Wie ein Fahrplan entsteht
                                                                                                        Der Einsatz von PBS.........................................3
                                                                                                        Vater des Taktfahrplans:
                                                                                                        Gespräch mit Hans Meiner ..............................4
                                                                                                        Takt und Knoten: Eine Begriffsklärung.......... 5-6
                                                                                                        Hans-Bernhard Fiechter plant das
                                                                                                        Angebot der BLS ......................................... 7-8
                                                                                                        Fahrplanentwurf im Internet............................8
                       Kurt Schreiber
                                                                                                        Aktuell
                       Präsident                                                                        ÖV-Tarife schlagen wieder auf..........................9
                       Pro Bahn Schweiz                                                                 Boom der Fernbusse ................................ 10-11
                                                                                                        Nachtzüge im Niedergang..............................12
                                                                                                        BAV-Zukunftsstrategie unter der Lupe.............13
                                                                                                        Postauto im Aargau wieder gelb ....................14
                                                                                                        Suizide auf Schienen......................................15
      Fahrplan
D     Dieses Mal ermöglicht Pro Bahn Schweiz einen Blick hinter die Kulissen des Fahrplanverfah-
      rens. Dieser Prozess erstreckt sich über einen längeren Zeitraum und gerade bei Fahrplan-
                                                                                                        Hoffnung am Gotthard..................................16

                                                                                                        ÖVerreisen
      wechseln kommt häufig die Forderung, diese oder jene Verbindung müsse sofort angepasst            Reisen verbindet immer weniger.....................17
      werden. Hier wird aufgezeigt, weshalb diesem Wunsch in der Mehrzahl der Fälle nicht               Blick über die Grenze: Schmalspurbahnen
      nachgelebt werden kann.                                                                           in Salzburg und Tirol................................ 18-19
                                                                                                        Stadtbahn HBLR in New Jersey.......................20
      Wie Pilze schiessen Fernbusse aus dem Boden. Zuerst in Deutschland, jetzt auch in der
      Schweiz auf gewissen internationalen Strecken. Die einen finden es gut, billig und erst noch      Pro Bahn intern
      umweltfreundlich. Andere können dieser Meinung nicht viel abgewinnen. Nichts gegen                Tram-Abstimmung Bern ................................21
                                                                                                        Unterwegs am Hochrhein................................22
      günstige Tarife. Dass aber auf diese Weise von den Behörden abgesegnete Rosinenpickerei
                                                                                                        Austritte aus dem ZV......................................23
      zu Lasten der Allgemeinheit und zu Gunsten einiger weniger Unternehmen betrieben wird,
      soll und darf nicht unerwähnt bleiben.                                                            Frontbild: Ausschnitt aus dem Kursbuch
                                                                                                        (Bild: G. Lob)

                                                                                                        Impressum
      Horaire
F     In cette édition Pro Rail Suisse lève le voile sur la mise en oeuvre de l’horaire de train.
      Un procédé qui s’étend sur une longue période de temps, et qui donne lieu parfois,
                                                                                                        InfoForum 3/2014, Versand: 11. September 2014
                                                                                                        Herausgeber
                                                                                                        Pro Bahn Schweiz (PBS)
                                                                                                        Interessenvertretung der Kundinnen und Kunden des
      lorsqu’il est couplé avec le changement d’horaires, à des requêtes demandant d’adapter            öffentlichen Verkehrs
                                                                                                        8000 Zürich
      intempestivement l’une ou l’autre liaison ferroviaire. Nous vous révélons ici pourquoi ce         T 044 741 49 90, M 079 401 05 40
      genre de souhait, ne peut, la plupart du temps, être suivi d’effets.                              www.pro-bahn.ch, info@pro-bahn.ch
                                                                                                        Postkonto: 82-4920-4
                                                                                                        Redaktion
      Le nombre de bus proposant des voyages longs courriers et trajets internationaux explose.         Gerhard Lob (gl)
                                                                                                        cp 361, 6604 Locarno
      Après l’Allemagne, le raz-de-marrée s’étend désormais à la Suisse. Les uns sont séduits par       T 091 752 38 29
                                                                                                        cescato.lob@ticino.com
      les prix avantageux et apprécient la formule plutôt écologique. D’autres se montrent moins        Mitarbeit Pro Bahn
      enthousiastes. Sans contester l’attrait des prix, il convient néanmoins de souligner ici que la   Jean-Pierre Baebi, Bastian Bommer, Edwin Dutler, Kurt
                                                                                                        Schreiber, Bernhard Studer, Marcus Stoercklé jun., Andreas
      méthode, toute séduisante soit-elle, pèse sur les transports publics, au bénéfice de quelques     Theiler, Kaspar P. Woker; Gastbeitrag: Beda Hanimann
      entreprises privées.                                                                              Bilder
                                                                                                        Pressedienste, Redaktion, soweit nicht anders erwähnt
                                                                                                        Korrektorat
                                                                                                        Stefan Schweizer
                                                                                                        Inserate und Druck
                                                                                                        Rub Media AG
      Orario
 I
                                                                                                        Seftigenstrasse 310, 3084 Wabern
                                                                                                        Postfach 6364, 3001 Bern
      In questo numero Pro Bahn Schweiz getta uno sguardo dietro le quinte della procedura di           T 031 380 14 95, F 031 380 14 91
      preparazione dell’orario. L’elaborazione dell’orario richiede tempi lunghi e quando vi sono       zeitschriftenverlag@rubmedia.ch
                                                                                                        Grafisches Konzept und Layout
      cambiamenti d’orario su una linea v’è spesso la richiesta di adeguare al più presto anche gli     mbDesign Marco Bernet, Konzept und Gestaltung
      orari delle coincidenze. Questa rivista spiega perché nella maggior parte delle situazioni non    Holderbachweg 24, 8046 Zürich
                                                                                                        T 044 362 76 77, M 079 472 35 62
      è possibile venir incontro a questa esigenza.                                                     marco.bernet@bluewin.ch
                                                                                                        Auflage
                                                                                                        2000 Exemplare, 4 x jährlich
      Negli ultimi anni assistiamo ad una diffusione crescente di autobus effettuanti percorsi di
                                                                                                        Mitgliedschaften
      lunga distanza. Dapprima in Germania e recentemente anche in Svizzera, da dove partono            Europäischer Fahrgastverband, Europäischer Verband für
                                                                                                        die Entwicklung des Schienenverkehrs
      per effettuare viaggi internazionali. Le opinioni in merito a questo sviluppo sono divergenti,
                                                                                                        Nächste Ausgaben
      alcuni si esprimono positivamente e ritengono si tratti di una modalità di trasporto ecolo-
                                                                                                        InfoForum 4/2014: 11. Dezember 2014
      gica e a buon mercato, altri non condividono questo entusiasmo. Non si esprimono contro           Inserate- und Redaktionsschluss: 19. November 2014
      le tariffe favorevoli ma obiettano che le autorità permettono ad alcune ditte privilegiate di     InfoForum 1/2015 12. März 2015
                                                                                                        Inserate- und Redaktionsschluss 18. Februar 2015
      scegliere i prodotti più redditizi a sfavore della collettività.

2 InfoForum 3/2014 Editorial
OForum - Pro Bahn Schweiz
Fahrplan

Aus der Sicht der Kunden
Wie sich Pro Bahn Schweiz auf unterschiedlichen Ebenen in die Fahrplan-Erstellung einbringt.

Bastian Bommer    Pro Bahn Schweiz beschäf-        melden, welche die Arbeit der Untergruppe via     werden, welcher in etwa der bekannten Netz-
tigt sich zwei Mal im Jahr besonders intensiv      Forum kommentieren. Der Planungsprozess fo-       grafik entspricht. Bei allfälligen Konflikten muss
mit der Fahrplan-Erstellung. Einmal Ende Mai,      kussiert auf die Wahrnehmung durch die Kun-       mittels der oben definierten Verfügbarkeiten
wenn unter www.fahrplanentwurf.ch der neue         den. Am Schluss werden die Resultate den ver-     abgewogen werden, wo Kompromisse mög-
Fahrplan zur Stellungnahme aufgeschaltet wird      schiedenen Organen von Pro Bahn präsentiert       lich sind.
(siehe Bericht „Fahrplanentwurf im Internet“)      und anschliessend den zuständigen Akteuren
sowie im Herbst, wenn uns die Abteilung Pro-       beim Erstellen von Fahrplänen, das heisst den     Viertelstundentakt oder Zeitersparnis?
duktmanagement bei SBB Fernverkehr einen           Transportunternehmen oder den Behörden.           An einem aktuellen Beispiel aus den Medien
Einblick in das Detailkonzept für die nächsten        Wie die Planer der BLS (siehe Bericht) denkt   (Schweizer Eisenbahn-Revue 8-9/2014, Solo-
sechs bis acht Jahre gibt. Bei dieser Gelegen-     auch die Untergruppe beim ersten Schritt der      thurn–Bern ohne Halt?) soll ein solcher Konflikt
heit können wir auch unsere Ideen präsentie-       Angebotsplanung in geographischen Räumen          gezeigt werden. Das Angebotskonzept vom
ren und Anliegen deponieren. Bei Bedarf findet     (Grossstadt, Agglomeration, Mittelzentrum         Regionalverkehr Bern Solothurn (RBS) sieht alle
anschliessend ein Treffen mit den zuständigen      oder ländlicher Raum). Im zweiten Schritt wird    15 Minuten eine Verbindung Bern–Solothurn
Planern der SBB statt mit der Möglichkeit einer    überlegt, welches Taktintervall im definierten    mit einer Reisezeit von 34 Minuten vor – mit
vertieften Diskussion.                             Raum bereits üblich ist oder dem Optimum          Halt an mehreren Stationen. Das alternative
    Bei Pro Bahn sind die Sektionen für die Ein-   entsprechen würde. Im ländlichen Raum kann        Angebotskonzept sieht eine Verbindung Bern–
gaben betreffend Fahrplanentwurf bei den           dies der 60-Minuten-Takt sein, im Mittelzent-     Solothurn alle 30 Minuten mit einer Reisezeit
Kantonen zuständig. Das Ressort Fahrplan sam-      rum der 30-Minuten-, in der Agglomeration der     von 30 Minuten vor. Es muss nun entschieden
melt nach Abschluss des Verfahrens alle Einga-     15-Minuten- und im grossstädtischen Raum der      werden, welche Verfügbarkeit für die Kun-
ben und erstellt eine Übersicht.                   7,5-Minuten-Takt.                                 den, welche von Bern nach Solothurn reisen,
                                                      Danach werden zwischen den Räumen die          relevanter ist, der Viertelstundetakt oder die
Aktive Untergruppe                                 für den Kunden relevanten Eigenschaften (Ver-     schnellere Reisezeit von 30 Minuten. Dasselbe
Die Planungen zukünftiger Angebote gesche-         fügbarkeiten) auf den ihn interessierenden        gilt bei diesem Beispiel auch für die Unterweg-
hen in den Untergruppen des Ressorts Fahrplan.     Relationen definiert: Reisezeit, Intervall und    shalte der einzelnen RE-Züge und die disku-
Aktuell betrifft dies das zukünftige Angebot am    Umsteigen. Dabei denkt die Untergruppe in         tierte Verlängerung der S8 bis Bätterkinden. Es
Gotthard und in der Region Jurasüdfuss/Laufen-     7,5-Minuten-Intervallen (Achtelstunden). Diese    stellt sich die Frage der Verfügbarkeit (Reisezeit,
tal. Eine Untergruppe wird aktiv, wenn dies der    Eigenschaften werden grafisch aufgezeichnet,      Intervall und Umsteigen) zwischen den einzel-
Zentralvorstand, die Sektionen, das Ressort        um die kundenrelevanten Aspekte auf kriti-        nen Räumen der Relation Bern–Solothurn und
Fahrplan oder Mitglieder wünschen und dafür        schen und relevanten Relationen im weiteren       darüber hinaus.
Mitarbeiter gefunden werden. Das Arbeiten in       Planungsprozess präsent zu haben (siehe Ab-           Zukünftige Themen für Untergruppen könn-
der Untergruppe geschieht entweder an Sitzun-      bildung).                                         ten neben dem genannten Beispiel auch die
gen oder via Forum im Internet. Ebenfalls kön-        Aus diesen Verfügbarkeiten kann nun bei        Angebotsplanungen im Kanton Glarus, am
nen sich Interessierte auch nur als Beobachter     Bedarf ein funktionaler Fahrplan abgeleitet       Simplon, im Tessin oder in der Ostschweiz sein.

                                                                                                                                Grafische Darstellung
                                                                                                                                der für den Kunden
                                                                                                                                relevanten Eigenschaften
                                                                                                                                (Reisezeit, Intervall und
                                                                                                                                Umsteigen) auf den ihn
                                                                                                                                interessierenden Relationen.
                                                                                                                                Zum Beispiel Locarno–Lugano:
                                                                                                                                halbstündlich mit einer
                                                                                                                                Reisezeit von 30 Minuten
                                                                                                                                ohne Umsteigen.

                                                                                                                         Fahrplan 3/2014 InfoForum 3
OForum - Pro Bahn Schweiz
Die genialen Ideen aus dem „Spinnerclub“
     Hans Meiner erinnert sich im Gespräch mit dem InfoForum an die Entstehung und Einführung des
     Taktfahrplans im Jahr 1982.

     Andreas TheilerDas Datum ist – zumindest den                                                            „Es war kein Auftrag,
     älteren Leserinnen und Lesern – bekannt: Im
     Mai 1982 wurde der Taktfahrplan schweizweit
                                                                                                             sondern wir machten die
     eingeführt. Jüngere Leute können sich gar nicht                                                         ersten Schritte von uns
     mehr vorstellen, dass es eine Zeit gab, wo ohne                                                         aus und im Geheimen.“
     Fahrplanstudium keine Reise mit dem öV ge-
     macht werden konnte. Und so, wie damals be-
     hauptet wurde, Kreisel eigneten sich überhaupt
     nicht für Schweizer Strassen, wurde auch ein
     Taktfahrplan für die ganze Schweiz von Fach-
     leuten als unmöglich oder untauglich betrach-
     tet.
         Wenn eine Idee von den Älteren als Spin-
     nerei abgetan wird, so kommen häufig ein
     paar Jüngere zur Überzeugung, hier liege eine
     Chance. Zu einem Zeitpunkt Ende der 1960er
     Jahre, als das Ansehen des öV in der Bevölke-
     rung gegenüber dem Autoverkehr ständig ab-
                                                                                                             „Natürlich wurde von Hand
     nahm, traten relativ viele junge Akademiker bei                                                         gezeichnet“: Hans Meiner.
     der SBB ein. Sie wollten dem Niedergang des                                                             Bild: zVg

     öV nicht tatenlos zuschauen und trafen sich
     im „Spinnerclub“ zu Diskussionen. Drei Leute       Akademikern innerhalb der Ortsgruppe Bern            gezogenen Infrastrukturausbauten, wie der
     daraus taten sich im Sommer 1971 zusammen,         der Gesellschaft der Ingenieure der SBB. Und wir     Entflechtung des Nord-Süd- und des West-Ost-
     um ein Konzept für einen rationellen, systema-     drei waren so etwas wie eine Untergruppe inner-      Verkehrs in Olten mit der direkten Verbindung
     tischen und attraktiven Fahrplan zu erarbeiten.    halb dieses Spinnerklubs. Wir trafen uns jeden       von Olten nach Rothrist oder der Einführung
     Es waren Samuel Stähli, Jean-Pierre Berthouzoz     Montag zwischen 16 bis 22 Uhr zum Arbeiten           der Käferberglinie in den Zürcher HB konnte
     sowie Hans Meiner.                                 in einem Sitzungszimmer, denn wir brauchten          das Konzept noch wesentlich verbessert wer-
                                                        viel Platz für die Konstruktion einer landesweiten   den und konnten die betrieblichen Risiken ver-
     Höhere Attraktivität des öV                        Netzgrafik – die wurde natürlich noch von Hand       mindert werden.
     Für eine vertiefte Geschichte der Anfänge          gezeichnet. Einmal monatlich diskutierten wir            Grundsätzlich kann auch festgestellt wer-
     wie auch der Weiterentwicklung gibt es viele       die Zwischenergebnisse innerhalb des Spinner-        den, dass eine Einführungszeit von zehn Jahren
     Quellen, zum Beispiel von den ursprünglichen       klubs, also unter rund 25 Leuten.                    für ein total neues Konzept nicht schlecht ist.
     Planern in der „Schweizer Eisenbahn-Revue“             An einer Fachtagung der Gesellschaft der         Und nicht zu vergessen: Die SBB konnten diese
     11/2002 oder in „Schweizer Ingenieur und Ar-       Ingenieure der SBB präsentierten wir die etwa        Verbesserung mit dem praktisch gleichen Perso-
     chitekt“ Nr. 50. Sogar eine Dissertation an der    sechzigseitige Broschüre mit unserem konkre-         nalbestand und nur geringfügig angepasstem
     ETH nahm das Thema auf (Gisela Hürlimann:          ten Taktfahrplan im Mai 1972. Wir wollten zu-        Rollmaterialbestand einführen, dank grösserer
     Die Eisenbahn der Zukunft, 1965 bis 2000.          erst etwas Fertiges haben, bevor wir die Idee        Effizienz.
     März 2006). Das InfoForum traf sich vor eini-      eines landesweiten Taktfahrplans innerhalb der           Die geringen Einführungskosten waren, wie
     gen Wochen mit Hans Meiner zu einem kleinen        SBB zur Diskussion stellten. Die Generaldirek-       schon erwähnt, auf die Produktivitätssteigerun-
     persönlichen Gespräch. Hier einige Ausschnitte     tion hat die Bedeutung des Konzepts für die          gen zurückzuführen. Der Taktfahrplan 1982
     daraus:                                            Zukunft der SBB sofort erkannt und rasch eine        war aber noch kein perfekter Endzustand; es
         „Hinter der Idee des Taktfahrplans stand die   Projektorganisation zur weiteren Bearbeitung         gab einzelne Lücken im Regionalverkehr oder
     Idee, den gesamten öffentlichen Verkehr attrak-    eingesetzt; auf der mittleren Ebene war das          auf verschiedenen Strecken einen alternie-
     tiver und zukunftsfähig zu gestalten. An sich      Konzept dagegen noch lange umstritten.               renden Stundentakt mit leicht unterschiedlich
     gab es auch in der Schweiz bereits erfolgreiche                                                         langen Fahrzeiten zwischen zwei Knoten we-
     Beispiele für einen „starren Fahrplan“ auf ein-    Einführung verschoben                                gen mehr oder weniger Zwischenhalten. Diese
     zelnen Stecken; Beispiele waren Vorortslinien      Im Winter 1971/72, als wir mit der Arbeit an-        Kompromisse wurden erst 1987, bei der nächs-
     von verschiedenen Privatbahnen und die SBB-        fingen, war unsere Basis das Jahr 1975, das Er-      ten Verdichtung, hinfällig. Gleichzeitig begann
     Strecke Zürich–Meilen–Rapperswil.                  öffnungsjahr der Heitersberglinie. Aus verschie-     1987 mit einer Volksabstimmung die Weiter-
         Es war kein Auftrag, sondern wir machten die   denen Gründen (z.B. die Erdölkrise mit dem           entwicklung des Taktfahrplans zum Konzept
     ersten Schritte von uns aus und „im Geheimen“.     massiven Rückgang des Güterverkehrs) wurde           „Bahn 2000“, das vor 10 Jahren, im Dezember
     Der Spinnerklub war eine Gruppe von jungen         die Einführung auf 1982 verschoben; mit vor-         2004 eingeführt wurde.

4 InfoForum 3/2014 Fahrplan
OForum - Pro Bahn Schweiz
Gute Taktung als Vorteil für den Kunden
Taktfahrplan, Taktfrequenz, integraler Taktfahrplan, Vollknoten, Halbknoten: einige Begriffsklärungen.

Jean-Pierre Baebi Ein Taktfahrplan ist ein Fahr-
plan, bei dem Linien des öffentlichen Perso-
nenverkehrs in regelmässigen, sich periodisch
wiederholenden Abständen betrieben werden.
Die Zahl der Abfahrten in einem bestimmten
Zeitraum wird als Taktfrequenz bezeichnet. Ziel
eines Taktverkehrs ist es, die Attraktivität und
Nutzungsmöglichkeiten eines Verkehrsmittels
zu erhöhen beziehungsweise die gegebene Inf-
rastruktur – beispielsweise Ausweichen auf ein-
gleisigen Strecken – optimal auszunutzen.
   Der Taktfahrplan bietet dem Fahrgast den
Vorteil einer besseren Merkbarkeit der Ab-
fahrtszeiten, da diese sich in stets gleichen Zeit-
abständen, meist jede Stunde zu den gleichen
Minuten, wiederholen. Ein gleichmässiger Takt
kann auch zu einem verbesserten Angebot in
nachfrageschwachen Zeiten führen. Für Ver-
kehrsunternehmen ist ein regelmässig wieder-
holter Betriebsablauf interessant, auf den sich
Fahrzeuge und Infrastruktur genau zuschnei-
den lassen.
                                                      Wichtigster Vollknoten im Schweizer Bahnverkehr: Zürich HB.                                  Bild: Thomas Lendenmann
   Das Gegenteil eines auf feste Takte aufbau-
enden Fahrplanes sind Verkehrsangebote, die
in unregelmässigen Abständen durchgeführt
werden. Bedarfsorientierte Fahrpläne gibt es          Anschlüsse zu anderen Linien zu beachten.
heute in Form von Anruflinien ebenfalls als           Es entsteht dann ein liniengebundener Fahr-                      Was heisst eigentlich
Taktverkehre, wobei der Takt ein Angebot              plan oder, wenn eine Vertaktung angewendet                       Pünktlichkeit?
auf meist telefonische Bestellung ist und ein         wird, ein liniengebundener Taktfahrplan. Be-
tatsächlich durchgeführter Taktbetrieb nicht          reits hier können abhängige Pläne erforderlich                   JPB Pünktlichkeit ist relativ. Ein Zug bei den
stattfindet. Ein Umlauf setzt sich aus der reinen     sein, wenn beispielsweise an einem Punkt ein                     SBB ist dann pünktlich, wenn er nicht mehr
Fahrzeit, der Zeit für den Fahrtrichtungswech-        Fahrzeug für eine weiterführende Verbindung                      als drei Minuten Verspätung hat. In Italien
sel und andere Wartezeiten sowie die Fahr-            genutzt werden muss. Es liegt dann eine ge-                      oder Deutschland liegt dieses Zeitfenster
gastwechselzeiten an den Zwischenstationen            brochene Verbindung vor, für die praktisch ein                   bei 15 Minuten.
zusammen.                                             einziger, jedoch aus zwei Teilen bestehender                     Bis Ende 2004 galt in der Schweiz eine
   Im öffentlichen Personennahverkehr wird            Fahrplan erforderlich ist. Bei Verkehrsmitteln                   Toleranz von fünf Minuten. Erst mit der
oft ein unterschiedlicher Takt in verschiedenen       mit fester Umlaufzeit sind solche Fahrpläne                      Einführung des Jahrhundertprojektes
Verkehrszeiten (Volllast-, Normallast-, Schwach-      schon aus Kostengründen sinnvoll, auch wenn                      „Bahn 2000“ musste dieser Wert nach
last- und Spätverkehrszeit) angeboten. Wäh-           sie nicht in ein vertaktetes Gesamtnetz einge-                   unten auf drei Minuten gedrückt werden
rend die Schwachlastzeit in den Randstunden           bunden sind. Denn dadurch wird ein gleichmäs-                    – das strengste Zeitregime einer europäi-
die Minimalversorgung sicherstellt, kommt die         siger und damit effektiver Personal- und Fahr-                   schen Bahn. Mit der früheren 5-Minuten-
Normallast tagsüber zur Anwendung, in den             zeugeinsatz möglich.                                             Toleranz hätten die SBB die Anschlüsse mit
Hauptverkehrszeiten werden die Fahrten zur                                                                             knappen Umsteigezeiten an die regionalen
Volllast verdichtet. Ein gleichbleibender Takt        Rendezvous-Konzepte                                              Bahnen kaum gewährleisten können.
wirkt sich in den Hauptverkehrszeiten nachteilig      Sinnvoll sind liniengebundene Fahrpläne beson-                   Hinzu kommt, dass man mit dem engen
aus, wenn die Fahrzeugkapazität begrenzt ist.         ders für Angebote mit hoher Taktfolge. Wenn                      Zeitfenster Problempunkte besser erken-
Dem kann durch zwischengetaktete Einsatzum-           Fahrzeuge mit gleichem Ziel dicht hintereinan-                   nen kann als früher. Im letzten Jahr hat
läufe abgeholfen werden oder durch eine Erhö-         der folgen, sind Umsteigezeiten stets sehr kurz                  die Pünktlichkeit etwas gelitten: Statt der
hung der Platzkapazität der Fahrzeuge (Einsatz        und auf Anschlüsse braucht bei der Fahrplan-                     angestrebten 89 Prozent erreichten 2013
von Doppelzügen, Flügelung, Busanhänger, Ge-          gestaltung nicht geachtet oder gar im Betrieb                    (nur) 87,5 Prozent der Reisenden ihr Ziel
lenkbusse etc.).                                      gewartet zu werden. Bereits bei 20-Minuten-                      rechtzeitig.
   Für jede einzelne Verkehrslinie kann ein ei-       Takten ist jedoch eine Abstimmung der Fahrplä-
genständiger Fahrplan erstellt werden, ohne           ne von sich kreuzenden Linien angebracht.                      >>>

                                                                                                                                         Fahrplan 3/2014 InfoForum 5
OForum - Pro Bahn Schweiz
>>>      Werden die Taktzeiten verschiedener Ver-
      kehrsträger und -linien jedoch aufeinander so
                                                          Schweiz hält bisher am
      abgestimmt, dass sich dabei ein umfassendes
      Netz bzw. System bildet, entstehen Rendez-
                                                          gedruckten Kursbuch fest
      vous-Konzepte bzw. integrale Taktfahrpläne.
      Als integraler Taktfahrplan wird ein Konzept
                                                          Die Abfragen im Online-Fahrplan der SBB boomen: 2013 wurde die
      verstanden, bei dem die Taktfahrpläne einzel-       Schallgrenze von einer Milliarde Abfragen durchbrochen.
      ner Linien über eine systematische Koordinati-
      on in Knotenbahnhöfen zu einem netzweiten,                                                                          weiterhin auf Papier: 35 000 Kundinnen und
      vertakteten Angebotssystem verknüpft werden.                                                                        Kunden schwören auf das Schweizer Eisen-
      Der integrale Taktfahrplan gilt damit nicht nur                                                                     bahnnetz in Buchform, bestehend aus drei Bän-
      auf einer einzelnen Linie oder in einem Um-                                                                         dern mit mehreren tausend Seiten.
      steigepunkt, sondern für die gesamte Fläche.                                                                            Im Zeitalter von Online-Fahrplänen und Apps
      Das Hauptmerkmal bei einem integralen Takt-                                                                         ist das Interesse an gedruckten Büchern aller-
      fahrplan ist, dass es mehr als einen zentralen                                                                      dings rückläufig. Heute dient das Kursbuch den
      Umsteigepunkt gibt, er ist die Ausdehnung                                                                           Zugbegleitern und dem Schalter-Personal als
      des Rendezvous-Konzepts auf möglichst viele                                                                         Auskunftsquelle im Falle von technischen Prob-
      Umsteigepunkte. Bei einem idealen integralen                                                                        lemen. In der tabellarischen, auf das ganze Jahr
      Taktfahrplan werden die Taktfahrpläne von Li-                                                                       ausgerichteten Form stellt das Kursbuch die
      nien zu einem abgestimmten, vertakteten Ge-                                                                         Leistungen des öffentlichen Verkehrs dar. Das
      samtfahrplan koordiniert, wobei eine Verknüp-                                                                       Gewicht von Bahn, Bus, Schiff und Seilbahnen
      fung von Linien in Richtung und Gegenrichtung                                                                       im Mobilitätsmix der Schweiz misst sich am Ge-
      in ausgewählten Knoten erfolgt mit dem Ziel,                                                                        wicht und am Umfang des Kursbuches.
      die Zahl optimaler Anschlüsse zu maximieren.
                                                                                                                          Kursbuch als Online-Datenbasis
      Vollknoten und Halbknoten                                                                                           Längst bieten die SBB den Online-Fahrplan an,
      Vollknoten sind meist Grossstädte mit einem                                                                         der nichts anderes als eine Suchmaschine ist,
      zentralen Bahnhof, wo sich mehrere Linien           Die Schweiz druckt es, die meisten Nachbarländer nicht
                                                                                                                          die auf die Datenbasis des Kursbuchs – den
      gleichzeitig treffen. Die maximale Taktdichte       mehr: das Kursbuch.                                Bild: zVg   Sollfahrplan – zugreift. Entstanden ist der elek-
      wird vor allem dort durch die Mindestzugfolge-                                                                      tronische Fahrplan in der Frühzeit des kom-
      zeit im Blockabstand bzw. durch die maximale        JPB  Von null auf mehrere Millionen Abfragen                    merziellen Internets in den 90er Jahren. Hinter
      Anzahl belegbarer Gleise bestimmt. Verkehrsmi-      pro Tag: Der Online-Fahrplan und „SBB Mobile“                   dem Kursbuch und dem Online-Fahrplan steckt
      nuten und Reihenfolgen bestimmen sich dann          boomen und gleichzeitig sinkt die Auflage des                   eine komplexe Datenbank, die immer wieder
      aus den Fahrzeiten zu benachbarten wichtigen        Kursbuches. Seit der Premiere im Jahr 1905 bis                  mit den aktuellen Daten gefüttert wird. Sie ist
      Knoten. Auch die Umsteigezeiten sind je Kno-        zur Einführung des Taktfahrplans im Sommer                      heute rund 15 GB gross. In Kombination mit
      ten gesondert zu beachten und möglichst zu          1982 hiess es „Amtliches Kursbuch“, danach                      Echtzeitdaten – etwa bei Störungen – bietet
      verkürzen. Vollknotenbahnhöfe in der Schweiz        „nur“ noch „Offizielles Kursbuch“. Der Herz-                    der Fahrplan neue Vorteile, denn künftig sollen
      sind unter anderem Bern, Zürich HB und Basel        schrittmacher des öffentlichen Verkehrs listet                  noch mehr tagesaktuelle Daten für eine noch
      SBB. Halbknoten sind Bahnhöfe, in denen nur         fein säuberlich in nummerierten Fahrplanfel-                    bessere Information der Reisenden einfliessen.
      ein Teil der Züge untereinander Anschluss ha-       dern alle Verbindungen auf. Während die meis-                   Im Jahr 2013 wurde die Schallgrenze von einer
      ben. Meist folgt dies aus fahrzeitlichen Grün-      ten Nachbarländern der Schweiz das Kursbuch                     Milliarde Abfragen über den Online-Fahrplan
      den, bezogen auf unterschiedlich weit entfern-      nicht mehr drucken, besteht der Schweizer öV                    und „SBB Mobile“ erreicht.
      te Voll- und andere Halbknoten.
          Die französische Staatsbahn richtet ihren
      Fahrplan im Fernverkehr vor allem auf die Last-     schrittweise auf dem Weg zu einem netzweiten                    Verspätungen aufschaukeln. In einem starren
      richtungen und Fahrgastströme aus. So verkeh-       Taktfahrplan.                                                   Taktfahrplan wird ein Anschluss entweder re-
      ren freitagabends viele Züge von Paris in die Re-       Bei der italienischen Staatsbahn gibt es auf                gelmässig oder gar nicht angeboten, auch zeit-
      gionen, sonntagabends umgekehrt viele Züge          den meisten Strecken tagsüber ein so genann-                    versetzt existiert keine Alternative zu ungüns-
      nach Paris. Dafür werden manche zweigleisigen       tes Wartungsfenster; während dieser Zeit dürfen                 tigen Umsteigeverbindungen. Für ältere oder
      Strecken im Gleiswechselbetrieb betrieben, so       keine Züge über einen bestimmten Streckenab-                    mobilitätseingeschränkte Fahrgäste sind die
      dass auf beiden Gleisen die Züge zeitgleich in      schnitt fahren, um Zeit für Wartungsarbeiten zu                 Anschlusszeiten teilweise zu kurz bemessen,
      die gleichen Richtung verkehren, um die Zug-        gewähren. Gleichwohl sind einige Fern- und Re-                  ein Verpassen des Verkehrsmittels führt dann
      dichte in diese Richtung zu erhöhen. Diese Ka-      gionalstrecken schon vertaktet, insbesondere im                 zu langen Wartezeiten. Kurze Umsteigezeiten
      nalisierung hat den Nachteil, dass keine Züge       S-Bahn-Verkehr grosser Städte und generell in                   von nur wenigen Minuten bei notwendigem
      in Gegenrichtung möglich sind; im Vorortsbe-        Norditalien der Regionalverkehr in die Schweiz.                 Perronwechsel setzen eine hohe Orientierungs-
      reich von Paris kann dieser betriebliche Nach-          Beim Taktfahrplan gibt es leider auch Nach-                 fähigkeit voraus. Dies kann bei nur gelegentlich
      teil aufgrund dritter und vierter Gleise jedoch     teile. Zum Beispiel können sich bei Betriebs-                   öffentliche Verkehrsmittel nutzenden Fahrgäs-
      leichter behoben werden. Doch Frankreich ist        störungen in einem stark vertakteten Fahrplan                   ten zu Stress und Unsicherheit führen.

6 InfoForum 3/2014 Fahrplan
OForum - Pro Bahn Schweiz
„Fast zwanzig Jahre im Voraus sind wir auf der Stufe von Netzgrafiken beschäftigt“: Hans-Bernhard Fiechter, Leiter Angebotsplanung bei der BLS.                          Bild: zVg

Wie ein Fahrplan entsteht
Bei der BLS kümmert sich Hans-Bernhard Fiechter um die Angebotsplanung. Der Zeithorizont liegt nach dem
Ja zu FABI bei 2030.

Andreas Theiler  Hans-Bernhard Fiechter ist bei                Beim Güterverkehr sind es vor allem die Kun-                    lität. Zuerst wird das Angebot angedacht, und
der BLS als Leiter Angebotsplanung verantwort-                 den, je nach Zug aber auch der Bund mit Sub-                    erst nachher über die dafür nötige Infrastruk-
lich für die Entwicklung des Fahrplanangebots.                 ventionen verschiedenster Art.                                  tur diskutiert. Das Bundesamt für Verkehr BAV
Seine Ausführungen in diesem Text decken die                                                                                   hat diese Diskussion soeben für die Zeit nach
Sicht einer Eisenbahnverkehrsunternehmung                      Frühe Planung                                                   2025 angestossen: „Für die kommenden zehn
auf die Planungen der nächsten 15 Jahre ab;                    „Auf diesen drei Basispfeilern kann der Fahr-                   Jahre weiss man heute praktisch schon bis hin-
soeben wurde das Konzept 2030 in Angriff                       plan gestaltet werden.“ Weitere Faktoren sind                   ab zur einzelnen Schwelle, was gebaut werden
genommen. Mit der gleichen Aufgabe sind na-                    zum Beispiel das Rollmaterial sowie das Perso-                  soll, um das zukünftige Angebot erfüllen zu
türlich Leute in anderen Transportunternehmen                  nal, welches auf diesem Rollmaterial eingesetzt                 können.“ Für die daran anschliessenden Jahre
ebenfalls beschäftigt. Vielleicht ist es hilfreich,            werden kann. „Das Kursbuch oder der Internet-                   läuft nun der Eingabeprozess; am Schluss wird
sich gleich am Anfang klar zu werden, was ei-                  Fahrplan sind dann das Endprodukt.“ Die frü-                    es wieder ein politischer Entscheid, welche Ver-
gentlich der Grundpfeiler jedes Fahrplans ist:                 he Planung ist nicht etwa von den Bahnen so                     besserungen wo umgesetzt werden können.
Die Abbildung der Marktbedürfnisse in einem                    gewollt, sondern hier handelt es sich um einen                      Je näher der Zeitpunkt der Einführung kommt,
bestimmten geografischen Gebiet.                               politisch gesteuerten Prozess. Angestossen wird                 desto präziser wird geplant. Und irgendwann
    „Es sind viele Bausteine, die am Ende zu                   er vom BAV. Bis zur Annahme der FABI-Vorlage                    sind die Planer im Zehntelsminutenbereich, also
einem Fahrplan führen. Nach den Marktbe-                       war der Zeithorizont das Jahr 2025, seit der er-                in Intervallen von je sechs Sekunden, angekom-
dürfnis-sen kommt als zweiter Pfeiler die Infra-               folgreich verlaufenen Abstimmung nun 2030.                      men. „Minuten genügen auf unserem engma-
struktur, die Gleisanlagen, auf denen sich der                    „Fast zwanzig Jahre im Voraus sind wir auf                   schigen Netz und mit den hohen Anforderungen
Fahrplan abspielen kann. Es gibt nicht überall so              der Stufe von Netzgrafiken beschäftigt. Darin ist               an die Pünktlichkeit längst nicht mehr als Mess-
viele Gleise, wie nötig wären, um die Bedürfnis-               festgehalten, wie häufig jede Relation gefahren                 einheit. Erst wenn alles so durchgespielt, also
se zu befriedigen, die Infrastruktur ist also ein              werden soll. Über die Durchbindung in den Kno-                  konfliktfrei geplant ist, können wir den Fahrplan
limitierender Faktor.“ Der dritte Pfeiler ist die              ten macht man sich da noch weniger Gedanken.                    dann auch mit gutem Gewissen publizieren.“
Wirtschaftlichkeit respektive die Finanzierung.                Daraus leiten sich die künftigen Anforderungen                      Trassenkonflikte, das heisst Bestellungen für
Im Fernverkehr ist es übers ganze Netz hinweg                  an die Infrastruktur ab.“ Genau hier fängt das                  den gleichen Gleisabschnitt, die sich konkur-
der Kunde, der die Finanzierung sicherstellt, im               konkrete Finanzierungsproblem erst mal an.                      renzieren, sind ein relativ neues Phänomen. „Die
Regionalverkehr teilen sich Kunden (rund 50                       Die Reihenfolge dieser ersten Schritte ist üb-               Nachfrage wächst ständig, ohne dass die Infra-
Prozent), Kantone und Bund in diese Aufgabe.                   rigens so etwas wie eine schweizerische Spezia-                 struktur die nötigen Schienenslots rechtzeitig zur     >>>

                                                                                                                                                    Fahrplan 3/2014 InfoForum 7
OForum - Pro Bahn Schweiz
Der Fahrplanentwurf im Internet
     Pro Bahn ist gefordert: Die Frist für die Eingabe von Änderungswünschen dauert jeweils nur drei Wochen.

     Edwin Dutler Das Bundesamt für Verkehr (BAV)
     hat den Auftrag, den Fahrplanentwurf für das
     kommende Jahr jeweils sechs Monate im Vor-
     aus im Internet zu veröffentlichen. Die Kundin-
     nen und Kunden haben dann die Möglichkeit,
     Änderungswünsche und Einwände bei den je-
     weiligen kantonalen Amtsstellen einzubringen.
     Bei Fahrplanfeldern, welche keine Änderungen
     aufweisen, sind keine Stellungnahmen möglich.
     Die Frist dauert drei Wochen.
        Pro Bahn Schweiz treibt jedes Jahr einen sehr
     grossen Aufwand, um die meisten Linien einer
     minutiösen Kontrolle zu unterziehen. Zahlrei-
     che Fahrplanexperten aus allen Sektionen sind
     während dieser kurzen Zeit intensiv mit dem
     Fahrplan beschäftigt. Die von uns festgestellten
     Unzulänglichkeiten und Fehler füllen dann auch
                                                          Drei Pfeiler für einen Fahrplan: Marktbedürfnis, Infrastruktur, Finanzierung.                                 Bild: BLS
     mehrere A4-Seiten.
        In den letzten zwei Jahren mussten wir je-
     doch feststellen, dass die Verantwortlichen des      und mehrere Linien mit grossen Änderungen                          werden keine Änderungswünsche mehr ange-
     BAV und der Transportunternehmungen das              erst nach zirka 10 Tagen aktualisiert. So wird für                 nommen.
     Fahrplanverfahren nicht mehr sehr ernst neh-         uns die knappe Zeit nochmals stark reduziert                          Das BAV wird angehalten, das in der Schweiz
     men. So fehlten beim Beginn des Verfahrens           und unsere Arbeit stark erschwert. Was jedoch                      übliche Qualitätsniveau auch beim Fahrplanver-
     die Kommentare oder waren unvollständig. Zu-         immer funktioniert, ist der Abschaltungstermin                     fahren durchzusetzen. Die letzten zwei Jahre
     dem wurden alte Fahrplandaten aufgeschaltet          des BAV. Bereits einen Tag nach dem Verfahren                      waren diesbezüglich kein Ruhmesblatt.

>>> Verfügung stellen kann.“ Die so entstehenden            stundentakt sein, oder die Ausdehnung des                        Über die Grenze
     Trassenkonflikte werden nach klar definierten          Halbstundentakts in den Abendstunden.                            Eine weitere Verzahnung ist die mit dem inter-
     Kriterien gelöst. Dabei geht es, um diese Selbst-    - Diese Angebotsvorstellungen gehen anschlie-                      nationalen Verkehr. Wenn auch die Schweiz
     verständlichkeit in Erinnerung zu rufen, nicht nur     ssend zu SBB Infrastruktur, welche für fast                      innerhalb ihrer Grenzen autonom entschei-
     um den alltäglichen Personenverkehr sowie alle         alle Betreiber schweizweit gemeinsam plant.                      den kann, so ist das ganze System trotzdem
     möglichen Extrazüge, sondern ebenso um Güter-          Im Vorfeld eines Fahrplanwechsels plant sie                      an vielen Ecken und Enden international ver-
     und Dienstverkehr. Und wenn sie auch in keinem         die marktseitigen und politischen Wünsche                        netzt, sowohl im Reise- wie vor allem im Güter-
     öffentlich zugänglichen Fahrplan erscheinen, so        ins bestehende Netz ein und weiss dadurch,                       zugsverkehr. Europäische Gütertrassen, welche
     heisst das nicht, dass sie nicht exakt zum Voraus      wo es zu Trassenkonflikten kommen kann.                          durch die Schweiz führen, haben heute mehr
     geplant werden. Dieser extreme Mix von Perso-        - SBB Infrastruktur erstellt eine Konflikt-Liste                   Bedeutung als früher, „wir können als Perso-
     nen- und Güterzügen auf dem gleichen Netz              und gibt diese weiter an die Trassenvergabe-                     nenverkehr BLS nicht einfach ohne Rücksicht
     ist übrigens eine Spezialität der Schweiz – und        stelle Trasse Schweiz AG. Sie muss diese Kon-                    darauf planen“.
     macht die Aufgabe von Leuten wie Hans-Bern-            flikte neutral, das heisst diskriminierungsfrei,                      Die Abstimmung der Fahrpläne an den
     hard Fiechter umso anspruchsvoller.                    nach klaren Kriterien und Prozessen, lösen.                      Grenzpunkten ist ein jährlicher Vorgang. „Wir
                                                          - Behörden des Bundes und der Kantone sind                         sind in der Schweiz mit unserer langfristigen
     Die drei Akteure                                       als ausführende Organe der jeweiligen Ge-                        Planung extrem privilegiert. Andere Länder
     Die drei wesentlichen Akteure beim Andenken            setzgeber indirekt der vierte Player in diesem                   planen im Vergleich dazu von der Hand in den
     und Erstellen der Fahrpläne sind in grober zeitli-     Ablauf, denn die Grundsätze der Rahmen-                          Mund. Nicht, weil sie dazu nicht in der Lage
     cher Reihenfolge wie folgt eingebunden:                bedingungen werden auf politischem Weg                           wären oder nicht wollen, sondern weil die po-
     - Die Transportunternehmen bringen die ermit-          festgelegt. Der für uns – die Reisenden –                        litisch-finanziellen Rahmenbedingungen anders
       telten Marktbedürfnisse in die Planung ein           wichtigste Grundsatz ist der Vortritt des ver-                   sind; Regierungen wechseln zum Beispiel, da-
       und konkretisieren daraus – in Abstimmung            takteten Personenverkehrs vor allen andern                       mit die Transportphilosophien, und so müssen
       mit den zuständigen Behörden – ihre An-              Verkehren; so stellt der Gesetzgeber sicher,                     die Beträge immer wieder erstritten sein. Das
       gebotsvorstellungen. Das kann zum Beispiel           dass das heutige Knotensystem stabil gehal-                      heisst für uns, dass die Trassen dort jährlich neu
       der Übergang vom Halbstunden- zum Viertel-           ten wird.                                                        abgestimmt werden müssen.“

8 InfoForum 3/2014 Fahrplan
OForum - Pro Bahn Schweiz
Aktuell

Der versteckte Halbtax-Aufschlag
Für Inhaber des beliebten Drei-Jahres-Halbtaxabonnements wird das Abo mittelfristig um ganze 10 Prozent
teurer. Pro Bahn hat keine Freude daran.

Gerhard Lob Kurzfristig hat der Preisüberwacher
den geplanten Tarifaufschlag für das Halbtax-                                                                         Tariferhöhungen
Abo verhindert. Mittelfristig aber werden die                                                                         im Dezember 2014
Benutzer des beliebten dreijährigen Halbtax-
                                                                                                                      GL Die Tarife im öffentlichen Verkehr wer-
Abos stärker zur Kasse gebeten. Der Verband
öffentlicher Verkehr (VöV) bestätigte diesen                                                                          den per 14. Dezember 2014 definitiv um
Sachverhalt, nachdem der Aufschlag aus der of-                                                                        durchschnittlich 2,3 Prozent erhöht. Dies
fiziellen Medienmitteilung vom 7. August 2014                                                                         haben die Verhandlungen zwischen der
nicht klar hervor ging.                                                                                               öV-Branche unter der Federführung des
    Das Halbtax-Abo wird ab Mitte 2015 elekt-                                                                         Verbands öffentlicher Verkehr (VöV) und
ronisch und erhält mit „SwissPass“ einen neu-                                                                         dem eidgenössischen Preisüberwacher
en Namen (Chipkarte für Halbtax und GA). Es                                                                           Stefan Meierhans ergeben, die mit einer
wird grundsätzlich in Zukunft eine Laufzeit von    Das beliebteste öV-Abo der Schweiz: das Halbtax. Bild: G. Lob     einvernehmlichen Regelung abgeschlossen
einem Jahr haben und automatisch erneuert,                                                                            wurden.
wenn es nicht gekündigt wird. Damit werden         den neuen SwissPass nahtlos verlängern. Für                        Der VöV hatte Anfang Mai lineare Tarif-
die Halbtax-Abos mit einer zwei- und dreijähri-    Neueinsteiger ab Mitte 2016 wird es dann 185                       erhöhungen von 2,9 Prozent über das
gen Laufzeit aufgehoben.                           Franken kosten.                                                    gesamte Sortiment bekanntgegeben, um
    Das dreijährige Halbtax kostet heute 450           Ganz wichtig: Bis Mitte 2015 können die                        die vom Bundesamt für Verkehr (BAV)
Franken oder 150 Franken pro Jahr. Wenn die        3-Jahres-Halbtaxabos noch erneuert werden                          für 2015 prognostizierte Deckungslücke
Besitzer ab Mitte 2015 ihr Abo ohne Pause als      und gelten dann bis zum Ende ihrer Laufzeit.                       im regionalen Personenverkehr von 90
einjährigen SwissPass erneuern, zahlen sie da-     Pro Bahn Schweiz gefallen das komplizierter                        Millionen Franken zumindest teilweise zu
für 165 Franken, also 10 Prozent mehr pro Jahr.    werdende System und die Preiserhöhung aller-                       decken sowie notwendige Investitionen im
Das bringt den Bahnen Mehreinnahmen von            dings gar nicht. „Das ist ein happiger versteck-                   Fernverkehr zu finanzieren. VöV-Direktor
jährlich knapp 15 Millionen Franken.               ter Aufschlag“, kritisiert PBS-Präsident Kurt                      Ueli Stückelberger kommentierte die
    670 000 Passagiere verfügen über ein einjäh-   Schreiber.                                                         Einigung so: „Ich bin sehr froh, dass der
riges Halbtax-Abo und haben dafür 175 Fran-            Das Halbtax ist das beliebteste öV-Abo der                     Preisüberwacher den Bedarf für Preisan-
ken bezahlt. Erneuern diese Personen ihr Abo       Schweiz. Gut zwei Millionen Fahrgäste nutzen                       passungen grundsätzlich anerkennt.“
nahtlos, so zahlen sie ab Mitte 2015 ebenfalls     es. Eingeführt wurde es bereits anno 1891, rich-                   Die Preise des Halbtax-Abos und der
165 Franken, sparen also 10 Franken. Damit         tig populär aber erst, als der Preis 1987 von 360                  9-Uhr-Karte zum Halbtax bleiben auf dem
schrumpfen die oben erwähnten Mehreinnah-          auf 100 Franken gesenkt wurde, um den öV zu                        heutigen Niveau – zumindest kurzfristig
men der öV-Unternehmen wieder auf die Hälfte.      fördern. In den 1990er-Jahren stieg der Preis                      (siehe Hauptartikel). Einzelbillette werden
    Der Preis für den einjährigen Halbtax-Swiss-   dann auf 150 Franken. Das zweijährige Abo                          teurer. Aber auf 50 beliebten Bahnstre-
Pass bleibt danach bei 165 Franken; dies bis       kostet heute 330 Franken; für die Inhaber bleibt                   cken werden zusätzlich zu den beste-
Mitte 2016 für alle Bahnpassagiere, danach         der Preis mit der Umstellung damit unverändert                     henden Sparbilletten weitere rabattierte
für jene Bahnpassagiere, die ihr altes Abo oder    bei 165 Franken pro Jahr.                                          Fahrausweise angeboten. Schliesslich will
                                                                                                                      die öV-Branche neue Angebote für die
                                                                                                                      schwächer frequentierten Tageszeiten tes-
                                                                                                                      ten, darunter ein Generalabonnement für
  Halbtax-Abonnement nach Einführung SwissPass                                                                        den Abend – sozusagen ein Gleis-7-Abo
  (ab Mitte 2015)                                                                                                     für Erwachsene.
                                                                                                                      Bis Ende 2017 soll es keine zusätzli-
                                                                                                                      chen Tariferhöhungen geben, wenn die
                                                                                                                      Teuerung nicht unerwartet stark anzieht.
                                 Preis                Neue Preise mit Einführung
                                                                                                                      Danach steht die nächste Ausmarchung
                             ab Dezember               SwissPass ab Mitte 2015
                                                                                                                      des Preisüberwachers mit den SBB und
         Halbtax               2012 bis                                                                               den anderen öV-Anbietern an.
                              Einführung            Einführung   Für Neueinstei-
                               SwissPass           während eines  ger ab Mitte
                                                       Jahres         2016                                          Aktuelle Halbtax-Preise
                                                                                                                    1 Jahr 175.– CHF
          1-Jahr                 175 Fr.                 165 Fr.                       185 Fr.                      2 Jahre 330.– CHF
                                                                                                                    3 Jahre 450.– CHF

                                                                                                                                      Aktuell 3/2014 InfoForum 9
OForum - Pro Bahn Schweiz
Deutsche Fernbusse quer durch die Schweiz
     Bisher verkehrten sie nur von München nach Zürich. Doch neu sind auch Fernbusse zwischen Zürich und
     Mailand sowie zwischen München und Mailand via San Bernardino unterwegs.

     Gerhard Lob  Das grösste deutsche Fernbusunter-
     nehmen, MeinFernbus, ist auf Expansionskurs.
     Und dies wird auch in der Schweiz spürbar.
     Ende August hat das Unternehmen den Betrieb
     der neuen Linie 76 aufgenommen, die zwei Mal
     täglich von München via Lindau–San Bernar-
     dino–Tessin (Halte in Bellinzona und Lugano)
     nach Mailand verkehrt. Die Busse fahren na-
     türlich auch in der Gegenrichtung. Dreimal pro
     Woche verkehrt diese Linie ab München wei-
     ter via Nürnberg nach Leipzig beziehungsweise
     umgekehrt ab Leipzig bis Mailand.
        Die Fahrzeit zwischen München und Bellin-
     zona beträgt beispielsweise gemäss Fahrplan 6
     Stunden und 5 Minuten, und ist damit kürzer
     als mit EC/ICN via Zürich (knapp 7 Stunden).
     Die Preise sind, wie bei den deutschen Fernbus-
     sen üblich, ausgesprochen günstig. Bellinzona–
     München ist ab 22 Euro oder umgerechnet 25
     Franken zu haben. In Mailand halten die Busse
     bei der Metrostation Lampugnagno. Auch der
     Velotransport ist möglich (bis November).
        MeinFernbus bietet seit kurzem zudem eine
                                                                                                         Linie 76: Hält auch in Bellinzona und Lugano. 
     Verbindung von Stuttgart/Karlsruhe via Zürich
     bis nach Mailand an. Allerdings hält der Fern-
     bus auf dieser Reise nicht an den beiden Tes-
     siner Haltestellen, verkehrt also ohne Halt von
                                                                                                           Autozüge fahren aufs
     Zürich bis Mailand. „Wir haben uns bei dieser                                                         Abstellgleis
     Linie gegen einen Halt in den beiden Städten
                                                                                                           PBS  Die Deutsche Bahn wird alle Autozüge
     entschieden, um die Fahrzeit für unsere Kun-
                                                                                                           schrittweise bis 2017 abschaffen. Die Auto-
     den attraktiv zu halten“, heisst es auf Anfrage
                                                                                                           züge seien ein Geschäft, das sich überlebt
     bei der Pressestelle des Unternehmens in Berlin.
                                                                                                           habe und nicht rechne, sagte ein Bahn-
     Tatsächlich sind zwischen Zürich und Mailand
                                                                                                           sprecher der „Stuttgarter Zeitung“. Die DB
     3 Stunden und 30 Minuten geplant – das ist
                                                                                                           Autozug GmbH wurde vorigen Herbst in
     ehrgeizig angesichts der häufigen Staus am
                                                                                                           die DB Fernverkehr überführt. Seit diesem
     Gotthard.
                                                                                                           Jahr hat die DB alle Autozüge ab Berlin ge-
        Flixbus als weiteres deutsches Fernbusunter-
                                                                                                           strichen. Übrig blieb nur ein „Pilotprojekt“,
     nehmen hat hingegen neu Basel im Programm.
                                                                                                           bei dem die Autos der Bahnreisenden nicht
     Genau genommen handelt es sich aber um Weil
                                                                                                           mehr mit dem gleichen Zug, sondern sepa-
     am Rhein auf der deutschen Seite der Grenze.
                                                                                                           rat per Camion über Nacht nach München
     Berlin–Basel ist bei diesem Anbieter ab 27 Euro
                                                                                                           transportiert werden.
     (31 Franken) zu haben. Flixbus strebt auch Ver-
                                                                                                           In den sechs weiteren Abfahrtorten Ham-
     bindungen über Bern bis Lausanne an.
                                                                                                           burg, Hildesheim, Düsseldorf, Neu-Isenburg
        In Deutschland wurden die Fernbusse seit
                                                        Ungewohntes Bild: Deutscher Fernbus in Chur.      bei Frankfurt, München und dem gerade
     der Liberalisierung am 1. Januar 2013 zuerst       Bilder: Marie Gloystein (MeinFernbus)
                                                                                                           bei Schweizer Kunden beliebten Lörrach
     belächelt, inzwischen haben sie sich zu einer
                                                                                                           sollen die Autozüge bis 2017 in vier Schrit-
     „Verkehrsalternative“ entwickelt, wie der Bun-
                                                                                                           ten wegfallen. Die Autozüge fahren seit
     desverband Deutscher Omnibusunternehmer                Wenig erfreut ist man bei den SBB über den
                                                                                                           mehr als 80 Jahren. Das Geschäft ist stark
     (BDO) schreibt. Nach ersten Erfahrungen stei-      neuen Boom der Fernbusse. „Ich beobachte
                                                                                                           rückläufig, die Zahl der Fahrgäste sank in
     gen insbesondere viele Autofahrer auf die Fern-    diese Entwicklung und Dynamik im Fernbusbe-
                                                                                                           den vergangenen 15 Jahren um mehr als
     busse um. Für viele Jugendliche sind sie aber      reich mit Sorge“, sagte SBB-Chef Andreas Mey-
                                                                                                           die Hälfte auf noch rund 200 000.
     auch eine Alternative zur Bahn geworden.           er kürzlich bei einer Veranstaltung in Lugano.

10 InfoForum 3/2014 Aktuell
Auf der Strasse statt auf der Schiene
Persönliche Eindrücke von Testfahrten mit dem Fernbus von Frankfurt und Zürich nach Würzburg.

Gerhard Lob   Wie ist das nun mit den Fernbus-                                                                       das Entladen des Gepäcks wieder gefährlich
sen? Als eingefleischter Bahnfahrer tut man sich      VöV will Busse fördern                                         auf der Strassenseite. Ein Mitreisender sagt mir,
ein wenig schwer mit der Vorstellung, in einem                                                                       dass dies glücklicherweise nicht überall der Fall
Bus und dazu noch auf der Autobahn zu rei-            Busse sind ein unentbehrlicher Teil des                        sei. In vielen deutschen Städten gibt es mittler-
sen. Trotzdem wollten wir den Versuch einmal          öffentlichen Verkehrs, damit die Mobilität                     weile Busbahnhöfe.
wagen. So wurde der Entschluss gefasst, den           als Voraussetzung für Leben und Wirtschaf-
letzten Teil einer Reisestrecke von Köln nach         ten in der Schweiz funktioniert. Mit Bussen                    Neue Direktverbindungen
Würzburg mit dem Fernbus zu absolvieren.              wird die Hälfte aller Fahrten im Schweizer                     Kurz darauf kommt mit wenig Verspätung eine
    Über die Suchmaschine www.busliniensuche.         öV zurückgelegt. 2012 transportierten sie                      Kollegin an, die den direkten Bus von Zürich
de konnte ich mehrere Anbieter auf der Strecke        rund 940 Millionen Fahrgäste und legten                        nach Würzburg genommen hat: Abfahrt Zürich
Frankfurt–Würzburg (126 km) vergleichen. Für          278 Millionen Kilometer zurück, was 56                         9.30 Uhr; fahrplanmässige Ankunft 14.55 Uhr.
9 Euro (11 Franken) kaufte ich schliesslich bei       Prozent der Angebotskilometer im öV sind.                      Für sie war nicht nur der Fahrpreis von umge-
Flixbus via Internet das Ticket, dazu einen frei-     In einem im August präsentieren Positi-                        rechnet 30 Franken attraktiv, sondern vielmehr
willigen Umweltzuschlag (als Kompensation für         onspapier zeigt der Verband öffentlicher                       die umsteigefreie Verbindung entscheidend.
die CO2-Emissionen) von 0.32 Euro. Das güns-          Verkehr (VöV) auf, was nötig ist, damit der                    Auf der gleichen Strecke per Bahn (mit IC/ICE)
tigste Ticket bei der Deutschen Bahn auf dieser       Busverkehr auch in Zukunft den Mobili-                         muss zwischen einem und drei Mal umgestie-
Strecke kostete 29 Euro (35 Franken).                 tätsanforderungen der Schweiz genügen                          gen werden. Die Überlegung ist interessant:
    Soweit so gut. Aber: Nur 10 Minuten Um-           kann. Die wichtigsten Forderungen für                          Denn die Fernbusse gewinnen auf gewissen
steigezeit in Frankfurt. Das sei knapp anlässlich     eine Stärkung der Schweizer Bussysteme                         Verbindungen Kunden, weil sie umsteigefreie
der notorischen Unpünktlichkeit der Deutschen         betreffen in erster Linie eine sichere Finan-                  Reisen anbieten können, während die Bahnen
Bahn, wurde ich gewarnt. Doch am Tag meiner           zierung, mehr separate Busspuren, kürzere                      umsteigefreie Verbindungen ins Ausland prak-
Reise Ende Juni rollte der ICE von Köln pünktlich     Umsteigewege sowie eine Entschlackung                          tisch nicht mehr im Programm haben.
auf die Minute um 11.48 Uhr im Hauptbahnhof           der gesetzlichen Rahmenbedingungen.                                Während ich für die Rückreise in die Schweiz
von Frankfurt ein.                                                                                                   wieder ganz auf den Zug setze, fährt die Kol-
                                                                                                                     legin auch mit dem Bus nach Zürich zurück.
Keine Ansage, keine Infos                           sie diese Strecke mit dem Auto gefahren. Doch                    Die Überraschung auf der Rückreise sind zwei
Die Haltestelle von Flixbus ist schnell gefunden:   das Benzin sei teuer geworden. Der Preis für ein                 Ausländer oder Asylbewerber, die von den
Gleich auf der Südseite des Bahnhofs an der         Fernbusticket liege weit unter den nötigen Ben-                  Grenzwächtern bei der Einreise in die Schweiz
Mannheimerstrasse. Vom Bus, dessen Abfahrt          zinkosten. Von der Anstrengung der Fahrt ganz                    aus dem Car geholt werden. Diese Kontrolle
um 12.00 Uhr angesagt ist, fehlt allerdings jede    zu schweigen.                                                    verzögert die Reisezeit um fast eine Stunde.
Spur. Andere Fahrgäste warten hier. Auskunfts-          In Würzburg hält der Fernbus gleich beim                         Fazit dieses kleinen Tests: Preislich ist der
personal fehlt, Ansagen gibt es keine. Die Zeit     Hauptbahnhof. Planmässige Ankunft 13.35                          Fernbus nicht zu schlagen. In Sachen Komfort
verrinnt. Immerhin kommen so Wartende ins           Uhr. Doch wir kommen mit einer guten Stunde                      und Reisequalität ist die Bahn sicherlich ange-
Gespräch.                                           Verspätung um 14.48 Uhr an. Auch hier erfolgt                    nehmer.
    Erst um 12.40 Uhr taucht der Bus auf. Der
Halt ist natürlich kurz, um keine Zeit zu verlie-
ren. Das Gepäck muss auf der Strassenseite in
die Fächer verstaut werden, in Frankfurt eine
mittlere Zumutung und gefährlich, denn auf der
Mannheimerstrasse gibt es viel Verkehr und gar
eine Tramlinie.
    Die Fahrt bis Würzburg verläuft ruhig, trotz
dichtem Verkehr auf der Autobahn. Der Car
ist modern und bequem – keine Frage. Das
Gratis-Internet, einer der Trümpfe der Fernbus-
Anbieter in ihren Werbeauftritten, funktioniert,
aber extrem langsam. Ich ziehe es vor, mit mei-
ner Nachbarin zu plaudern, die von Düsseldorf
nach Nürnberg zu ihrer Tochter unterwegs ist.
Ja, der Bus sei schon in Düsseldorf verspätet ab-
gefahren, erzählt sie. Aber das sei eher selten.
Sie habe überwiegend positive Erfahrungen in
Bezug auf die Pünktlichkeit gemacht. Früher sei     In Zürich gehört er schon zum Stadtbild: Fernbus am Sihlquai.                                           Bild: G. Lob

                                                                                                                                        Aktuell 3/2014 InfoForum 11
Das langsame Sterben der Nachtzüge
     Serviceabbau und immer weniger Destinationen mit Schlaf- und Liegewagen der Bahn: Im Dezember wird
     auch die nächtliche Verbindung Basel–Kopenhagen eingestellt.

     Gerhard Lob   Ende Juni hatte eine Gruppe von
     Bahnjournalisten aus der Schweiz eine Reise ab
     Amsterdam gebucht, um über Nacht mit dem
     City Night Line „Pegasus“ nach Basel bezie-
     hungsweise Zürich zu reisen. Nur: Ein Schlafwa-
     gen mit den reservierten Abteilen fehlte. Ein Teil
     der Gruppe musste mit Plätzen im Liegewagen
     vorlieb nehmen.
        Diese Episode ist durchaus symptomatisch
     für die Entwicklung bei den Nachtzügen der
     City Night Line (CNL), einer Tochtergesellschaft
     der Deutschen Bahn (DB), die alle Nachtzüge
     aus der Schweiz in Richtung Norden und in der
     Gegenrichtung managt. Denn der Service wird
     konstant abgebaut. Immer wieder fehlen Wa-
     gen, manchmal kommen sie ungereinigt zum
     Einsatz.
        In dieses Bild passt auch der Verzicht auf
     die Speisewagen, in denen die Gäste gerne vor
     dem Schlaf zumindest einen Schlummertrunk
     zu sich nahmen. Seit 1. Mai 2014 verkehren sie
     nicht mehr. In den CNL-Nachtzügen von Zürich
     und Basel nach Berlin, Hamburg, Kopenhagen,
                                                          Nachtzüge – wie hier in Leipzig – sind in den Bahnhöfen Europas immer seltener zu sehen.             Bild: G. Lob
     Amsterdam und Prag wird Speis und Trank nur
     noch reduziert angeboten. Als Grund für die
     Massnahme machte die DB die hohen Kosten             Da hat man kurzen Prozess gemacht. „DB und                    Was das für die verbliebenen CNL von und nach
     geltend, die eine Revision der älteren Speisewa-     DSB haben die Zahlen analysiert, und wir müs-                 Zürich bedeutet, ist noch nicht klar.
     gen zur Folge gehabt hätte. Gerade Schweizer         sen erkennen, dass die Linie nicht wirtschaft-                   Unbestreitbar ist laut DB die harte Kon-
     Gäste hätten das Angebot im Speisewagen ger-         lich ist”, erklärte DSB-Vertriebsleiter Christian             kurrenz durch Billigflieger. Fluggesellschaften
     ne wahrgenommen, räumt eine Sprecherin der           Linnelyst in der dänischen Medienmitteilung                   bieten zusehends frühe Verbindungen an, um
     DB in Berlin ein.                                    vom 17. Juni. Im Nachtzug nach Kopenhagen                     etwa schon am frühen Morgen ins Amsterdam
        Nicht nur der Service wird abgebaut, son-         wurden Wagen von Basel, Prag und Amsterdam                    oder Berlin zu sein. Moderne Hochgeschwin-
     dern auch immer weniger Destinationen sind           gebündelt.                                                    digkeitszüge – etwa in Frankreich – haben den
     per Nachtzug überhaupt erreichbar. Die SBB ha-                                                                     Nachtverbindungen ins westliche Nachbarland
     ben sich schon vor Jahren aus diesem Geschäft        Weniger, aber rentablere Linien                               den Garaus gemacht.
     zurückgezogen; die Nachtzüge nach Italien            Die mangelnde Wirtschaftlichkeit ist natürlich                   Noch recht stabil ist (bisher) die Nachtzugsi-
     wurden im Dezember 2009 eingestellt. Im De-          das Hauptproblem für die anhaltende Krise der                 tuation in Richtung Osten. Die Österreichischen
     zember 2012 verkehrte der letzte Nachtzug von        Nachtzüge. Die Kosten sind hoch, das Rollma-                  Bundesbahnen ÖBB unterhalten drei Verbin-
     Zürich nach Barcelona. Ein Jahr später sah man       terial überaltert und revisionsbedürftig. Da ist              dungen zwischen Zürich und Wien/Graz/Vil-
     in Basel letztmals einen Wagen der Russischen        eine Abwärtsspirale vorprogrammiert. Daher                    lach. Ein Kurswagen verkehrt gar bis Budapest.
     Bahn als Appendix des Nachtzugs nach Kopen-          wird bereits gemunkelt, die Deutsche Bahn                     Zudem gibt es noch einen – sehr preiswerten
     hagen. Der nächtliche Kurswagen Basel–Mos-           wolle die Nachtzug-Sparte CNL ganz aufgeben.                  – Schlafwagen von Zürich nach Zagreb mitsamt
     kau ist seither Geschichte.                          Diese These wird von der DB entschieden zu-                   Weiterfahrt nach Belgrad. Die umsteigefreie
        Unter die Räder kommt nun auch die ge-            rückgewiesen. „Die Nachtzüge sollen erhalten                  Fahrt von Zürich HB in die serbische Hauptstadt
     nannte Verbindung nach Kopenhagen. Der CNL           bleiben. DB Fernverkehr arbeitet an einem Kon-                dauert geschlagene 21 Stunden.
     „Aurora“ von Basel in die dänische Hauptstadt        zept für die Zeit ab Dezember 2015, um dieses                    Zumindest bei den ÖBB soll sich vorerst
     wird zum Fahrplanwechsel im Dezember 2014            Geschäft zukunftsfähig zu machen“, sagt eine                  nichts ändern. „Derzeit ist es nicht angedacht,
     eingestellt, wie die Dänische Staatsbahn (DSB)       DB-Sprecherin in Berlin auf Anfrage. Man wer-                 eine der Nachtzugverbindungen zwischen Ös-
     vor kurzem mitteilte. Grund: Die Verbindung          de sich auf wenigere, aber rentablere Linien be-              terreich und der Schweiz einzustellen. Die Züge
     rentiert im Winter sowieso nicht und kann im         schränken. Oder anders gesagt: Die Deutsche                   sind sehr gut gebucht“, schreibt Peter Mailän-
     Sommer 2015 wegen umfangreicher Gleisar-             Bahn will durch die Ausdünnung des Nachtzug-                  der vom ÖBB-Kundenservice auf Anfrage des
     beiten auf der Insel Fünen gar nicht verkehren.      netzes die grössten Verlustbringer ausmerzen.                 InfoForums.

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