OForum - Pro Bahn Schweiz
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Fo rum I n fo www.pro-bahn.ch Pro Bahn Schweiz • Pro Rail Suisse • Pro Bahn Svizzera Interessenvertretung der Kundinnen und Kunden des öffentlichen Verkehrs 3/14 Bild: Gerhard Lob Takt und Knoten: Wie ein Fahrplan entsteht Kein Enthusiasmus: öV-Tarife werden im Dezember erhöht Neuer Trend: Deutsche Fernbusse in der Schweiz Schwerpunkt Schwerpunkt 2/2011 „Fahrpläne“ InfoForum ab Seite 3 1
Editorial Inhalt Wie ein Fahrplan entsteht Der Einsatz von PBS.........................................3 Vater des Taktfahrplans: Gespräch mit Hans Meiner ..............................4 Takt und Knoten: Eine Begriffsklärung.......... 5-6 Hans-Bernhard Fiechter plant das Angebot der BLS ......................................... 7-8 Fahrplanentwurf im Internet............................8 Kurt Schreiber Aktuell Präsident ÖV-Tarife schlagen wieder auf..........................9 Pro Bahn Schweiz Boom der Fernbusse ................................ 10-11 Nachtzüge im Niedergang..............................12 BAV-Zukunftsstrategie unter der Lupe.............13 Postauto im Aargau wieder gelb ....................14 Suizide auf Schienen......................................15 Fahrplan D Dieses Mal ermöglicht Pro Bahn Schweiz einen Blick hinter die Kulissen des Fahrplanverfah- rens. Dieser Prozess erstreckt sich über einen längeren Zeitraum und gerade bei Fahrplan- Hoffnung am Gotthard..................................16 ÖVerreisen wechseln kommt häufig die Forderung, diese oder jene Verbindung müsse sofort angepasst Reisen verbindet immer weniger.....................17 werden. Hier wird aufgezeigt, weshalb diesem Wunsch in der Mehrzahl der Fälle nicht Blick über die Grenze: Schmalspurbahnen nachgelebt werden kann. in Salzburg und Tirol................................ 18-19 Stadtbahn HBLR in New Jersey.......................20 Wie Pilze schiessen Fernbusse aus dem Boden. Zuerst in Deutschland, jetzt auch in der Schweiz auf gewissen internationalen Strecken. Die einen finden es gut, billig und erst noch Pro Bahn intern umweltfreundlich. Andere können dieser Meinung nicht viel abgewinnen. Nichts gegen Tram-Abstimmung Bern ................................21 Unterwegs am Hochrhein................................22 günstige Tarife. Dass aber auf diese Weise von den Behörden abgesegnete Rosinenpickerei Austritte aus dem ZV......................................23 zu Lasten der Allgemeinheit und zu Gunsten einiger weniger Unternehmen betrieben wird, soll und darf nicht unerwähnt bleiben. Frontbild: Ausschnitt aus dem Kursbuch (Bild: G. Lob) Impressum Horaire F In cette édition Pro Rail Suisse lève le voile sur la mise en oeuvre de l’horaire de train. Un procédé qui s’étend sur une longue période de temps, et qui donne lieu parfois, InfoForum 3/2014, Versand: 11. September 2014 Herausgeber Pro Bahn Schweiz (PBS) Interessenvertretung der Kundinnen und Kunden des lorsqu’il est couplé avec le changement d’horaires, à des requêtes demandant d’adapter öffentlichen Verkehrs 8000 Zürich intempestivement l’une ou l’autre liaison ferroviaire. Nous vous révélons ici pourquoi ce T 044 741 49 90, M 079 401 05 40 genre de souhait, ne peut, la plupart du temps, être suivi d’effets. www.pro-bahn.ch, info@pro-bahn.ch Postkonto: 82-4920-4 Redaktion Le nombre de bus proposant des voyages longs courriers et trajets internationaux explose. Gerhard Lob (gl) cp 361, 6604 Locarno Après l’Allemagne, le raz-de-marrée s’étend désormais à la Suisse. Les uns sont séduits par T 091 752 38 29 cescato.lob@ticino.com les prix avantageux et apprécient la formule plutôt écologique. D’autres se montrent moins Mitarbeit Pro Bahn enthousiastes. Sans contester l’attrait des prix, il convient néanmoins de souligner ici que la Jean-Pierre Baebi, Bastian Bommer, Edwin Dutler, Kurt Schreiber, Bernhard Studer, Marcus Stoercklé jun., Andreas méthode, toute séduisante soit-elle, pèse sur les transports publics, au bénéfice de quelques Theiler, Kaspar P. Woker; Gastbeitrag: Beda Hanimann entreprises privées. Bilder Pressedienste, Redaktion, soweit nicht anders erwähnt Korrektorat Stefan Schweizer Inserate und Druck Rub Media AG Orario I Seftigenstrasse 310, 3084 Wabern Postfach 6364, 3001 Bern In questo numero Pro Bahn Schweiz getta uno sguardo dietro le quinte della procedura di T 031 380 14 95, F 031 380 14 91 preparazione dell’orario. L’elaborazione dell’orario richiede tempi lunghi e quando vi sono zeitschriftenverlag@rubmedia.ch Grafisches Konzept und Layout cambiamenti d’orario su una linea v’è spesso la richiesta di adeguare al più presto anche gli mbDesign Marco Bernet, Konzept und Gestaltung orari delle coincidenze. Questa rivista spiega perché nella maggior parte delle situazioni non Holderbachweg 24, 8046 Zürich T 044 362 76 77, M 079 472 35 62 è possibile venir incontro a questa esigenza. marco.bernet@bluewin.ch Auflage 2000 Exemplare, 4 x jährlich Negli ultimi anni assistiamo ad una diffusione crescente di autobus effettuanti percorsi di Mitgliedschaften lunga distanza. Dapprima in Germania e recentemente anche in Svizzera, da dove partono Europäischer Fahrgastverband, Europäischer Verband für die Entwicklung des Schienenverkehrs per effettuare viaggi internazionali. Le opinioni in merito a questo sviluppo sono divergenti, Nächste Ausgaben alcuni si esprimono positivamente e ritengono si tratti di una modalità di trasporto ecolo- InfoForum 4/2014: 11. Dezember 2014 gica e a buon mercato, altri non condividono questo entusiasmo. Non si esprimono contro Inserate- und Redaktionsschluss: 19. November 2014 le tariffe favorevoli ma obiettano che le autorità permettono ad alcune ditte privilegiate di InfoForum 1/2015 12. März 2015 Inserate- und Redaktionsschluss 18. Februar 2015 scegliere i prodotti più redditizi a sfavore della collettività. 2 InfoForum 3/2014 Editorial
Fahrplan Aus der Sicht der Kunden Wie sich Pro Bahn Schweiz auf unterschiedlichen Ebenen in die Fahrplan-Erstellung einbringt. Bastian Bommer Pro Bahn Schweiz beschäf- melden, welche die Arbeit der Untergruppe via werden, welcher in etwa der bekannten Netz- tigt sich zwei Mal im Jahr besonders intensiv Forum kommentieren. Der Planungsprozess fo- grafik entspricht. Bei allfälligen Konflikten muss mit der Fahrplan-Erstellung. Einmal Ende Mai, kussiert auf die Wahrnehmung durch die Kun- mittels der oben definierten Verfügbarkeiten wenn unter www.fahrplanentwurf.ch der neue den. Am Schluss werden die Resultate den ver- abgewogen werden, wo Kompromisse mög- Fahrplan zur Stellungnahme aufgeschaltet wird schiedenen Organen von Pro Bahn präsentiert lich sind. (siehe Bericht „Fahrplanentwurf im Internet“) und anschliessend den zuständigen Akteuren sowie im Herbst, wenn uns die Abteilung Pro- beim Erstellen von Fahrplänen, das heisst den Viertelstundentakt oder Zeitersparnis? duktmanagement bei SBB Fernverkehr einen Transportunternehmen oder den Behörden. An einem aktuellen Beispiel aus den Medien Einblick in das Detailkonzept für die nächsten Wie die Planer der BLS (siehe Bericht) denkt (Schweizer Eisenbahn-Revue 8-9/2014, Solo- sechs bis acht Jahre gibt. Bei dieser Gelegen- auch die Untergruppe beim ersten Schritt der thurn–Bern ohne Halt?) soll ein solcher Konflikt heit können wir auch unsere Ideen präsentie- Angebotsplanung in geographischen Räumen gezeigt werden. Das Angebotskonzept vom ren und Anliegen deponieren. Bei Bedarf findet (Grossstadt, Agglomeration, Mittelzentrum Regionalverkehr Bern Solothurn (RBS) sieht alle anschliessend ein Treffen mit den zuständigen oder ländlicher Raum). Im zweiten Schritt wird 15 Minuten eine Verbindung Bern–Solothurn Planern der SBB statt mit der Möglichkeit einer überlegt, welches Taktintervall im definierten mit einer Reisezeit von 34 Minuten vor – mit vertieften Diskussion. Raum bereits üblich ist oder dem Optimum Halt an mehreren Stationen. Das alternative Bei Pro Bahn sind die Sektionen für die Ein- entsprechen würde. Im ländlichen Raum kann Angebotskonzept sieht eine Verbindung Bern– gaben betreffend Fahrplanentwurf bei den dies der 60-Minuten-Takt sein, im Mittelzent- Solothurn alle 30 Minuten mit einer Reisezeit Kantonen zuständig. Das Ressort Fahrplan sam- rum der 30-Minuten-, in der Agglomeration der von 30 Minuten vor. Es muss nun entschieden melt nach Abschluss des Verfahrens alle Einga- 15-Minuten- und im grossstädtischen Raum der werden, welche Verfügbarkeit für die Kun- ben und erstellt eine Übersicht. 7,5-Minuten-Takt. den, welche von Bern nach Solothurn reisen, Danach werden zwischen den Räumen die relevanter ist, der Viertelstundetakt oder die Aktive Untergruppe für den Kunden relevanten Eigenschaften (Ver- schnellere Reisezeit von 30 Minuten. Dasselbe Die Planungen zukünftiger Angebote gesche- fügbarkeiten) auf den ihn interessierenden gilt bei diesem Beispiel auch für die Unterweg- hen in den Untergruppen des Ressorts Fahrplan. Relationen definiert: Reisezeit, Intervall und shalte der einzelnen RE-Züge und die disku- Aktuell betrifft dies das zukünftige Angebot am Umsteigen. Dabei denkt die Untergruppe in tierte Verlängerung der S8 bis Bätterkinden. Es Gotthard und in der Region Jurasüdfuss/Laufen- 7,5-Minuten-Intervallen (Achtelstunden). Diese stellt sich die Frage der Verfügbarkeit (Reisezeit, tal. Eine Untergruppe wird aktiv, wenn dies der Eigenschaften werden grafisch aufgezeichnet, Intervall und Umsteigen) zwischen den einzel- Zentralvorstand, die Sektionen, das Ressort um die kundenrelevanten Aspekte auf kriti- nen Räumen der Relation Bern–Solothurn und Fahrplan oder Mitglieder wünschen und dafür schen und relevanten Relationen im weiteren darüber hinaus. Mitarbeiter gefunden werden. Das Arbeiten in Planungsprozess präsent zu haben (siehe Ab- Zukünftige Themen für Untergruppen könn- der Untergruppe geschieht entweder an Sitzun- bildung). ten neben dem genannten Beispiel auch die gen oder via Forum im Internet. Ebenfalls kön- Aus diesen Verfügbarkeiten kann nun bei Angebotsplanungen im Kanton Glarus, am nen sich Interessierte auch nur als Beobachter Bedarf ein funktionaler Fahrplan abgeleitet Simplon, im Tessin oder in der Ostschweiz sein. Grafische Darstellung der für den Kunden relevanten Eigenschaften (Reisezeit, Intervall und Umsteigen) auf den ihn interessierenden Relationen. Zum Beispiel Locarno–Lugano: halbstündlich mit einer Reisezeit von 30 Minuten ohne Umsteigen. Fahrplan 3/2014 InfoForum 3
Die genialen Ideen aus dem „Spinnerclub“ Hans Meiner erinnert sich im Gespräch mit dem InfoForum an die Entstehung und Einführung des Taktfahrplans im Jahr 1982. Andreas TheilerDas Datum ist – zumindest den „Es war kein Auftrag, älteren Leserinnen und Lesern – bekannt: Im Mai 1982 wurde der Taktfahrplan schweizweit sondern wir machten die eingeführt. Jüngere Leute können sich gar nicht ersten Schritte von uns mehr vorstellen, dass es eine Zeit gab, wo ohne aus und im Geheimen.“ Fahrplanstudium keine Reise mit dem öV ge- macht werden konnte. Und so, wie damals be- hauptet wurde, Kreisel eigneten sich überhaupt nicht für Schweizer Strassen, wurde auch ein Taktfahrplan für die ganze Schweiz von Fach- leuten als unmöglich oder untauglich betrach- tet. Wenn eine Idee von den Älteren als Spin- nerei abgetan wird, so kommen häufig ein paar Jüngere zur Überzeugung, hier liege eine Chance. Zu einem Zeitpunkt Ende der 1960er Jahre, als das Ansehen des öV in der Bevölke- rung gegenüber dem Autoverkehr ständig ab- „Natürlich wurde von Hand nahm, traten relativ viele junge Akademiker bei gezeichnet“: Hans Meiner. der SBB ein. Sie wollten dem Niedergang des Bild: zVg öV nicht tatenlos zuschauen und trafen sich im „Spinnerclub“ zu Diskussionen. Drei Leute Akademikern innerhalb der Ortsgruppe Bern gezogenen Infrastrukturausbauten, wie der daraus taten sich im Sommer 1971 zusammen, der Gesellschaft der Ingenieure der SBB. Und wir Entflechtung des Nord-Süd- und des West-Ost- um ein Konzept für einen rationellen, systema- drei waren so etwas wie eine Untergruppe inner- Verkehrs in Olten mit der direkten Verbindung tischen und attraktiven Fahrplan zu erarbeiten. halb dieses Spinnerklubs. Wir trafen uns jeden von Olten nach Rothrist oder der Einführung Es waren Samuel Stähli, Jean-Pierre Berthouzoz Montag zwischen 16 bis 22 Uhr zum Arbeiten der Käferberglinie in den Zürcher HB konnte sowie Hans Meiner. in einem Sitzungszimmer, denn wir brauchten das Konzept noch wesentlich verbessert wer- viel Platz für die Konstruktion einer landesweiten den und konnten die betrieblichen Risiken ver- Höhere Attraktivität des öV Netzgrafik – die wurde natürlich noch von Hand mindert werden. Für eine vertiefte Geschichte der Anfänge gezeichnet. Einmal monatlich diskutierten wir Grundsätzlich kann auch festgestellt wer- wie auch der Weiterentwicklung gibt es viele die Zwischenergebnisse innerhalb des Spinner- den, dass eine Einführungszeit von zehn Jahren Quellen, zum Beispiel von den ursprünglichen klubs, also unter rund 25 Leuten. für ein total neues Konzept nicht schlecht ist. Planern in der „Schweizer Eisenbahn-Revue“ An einer Fachtagung der Gesellschaft der Und nicht zu vergessen: Die SBB konnten diese 11/2002 oder in „Schweizer Ingenieur und Ar- Ingenieure der SBB präsentierten wir die etwa Verbesserung mit dem praktisch gleichen Perso- chitekt“ Nr. 50. Sogar eine Dissertation an der sechzigseitige Broschüre mit unserem konkre- nalbestand und nur geringfügig angepasstem ETH nahm das Thema auf (Gisela Hürlimann: ten Taktfahrplan im Mai 1972. Wir wollten zu- Rollmaterialbestand einführen, dank grösserer Die Eisenbahn der Zukunft, 1965 bis 2000. erst etwas Fertiges haben, bevor wir die Idee Effizienz. März 2006). Das InfoForum traf sich vor eini- eines landesweiten Taktfahrplans innerhalb der Die geringen Einführungskosten waren, wie gen Wochen mit Hans Meiner zu einem kleinen SBB zur Diskussion stellten. Die Generaldirek- schon erwähnt, auf die Produktivitätssteigerun- persönlichen Gespräch. Hier einige Ausschnitte tion hat die Bedeutung des Konzepts für die gen zurückzuführen. Der Taktfahrplan 1982 daraus: Zukunft der SBB sofort erkannt und rasch eine war aber noch kein perfekter Endzustand; es „Hinter der Idee des Taktfahrplans stand die Projektorganisation zur weiteren Bearbeitung gab einzelne Lücken im Regionalverkehr oder Idee, den gesamten öffentlichen Verkehr attrak- eingesetzt; auf der mittleren Ebene war das auf verschiedenen Strecken einen alternie- tiver und zukunftsfähig zu gestalten. An sich Konzept dagegen noch lange umstritten. renden Stundentakt mit leicht unterschiedlich gab es auch in der Schweiz bereits erfolgreiche langen Fahrzeiten zwischen zwei Knoten we- Beispiele für einen „starren Fahrplan“ auf ein- Einführung verschoben gen mehr oder weniger Zwischenhalten. Diese zelnen Stecken; Beispiele waren Vorortslinien Im Winter 1971/72, als wir mit der Arbeit an- Kompromisse wurden erst 1987, bei der nächs- von verschiedenen Privatbahnen und die SBB- fingen, war unsere Basis das Jahr 1975, das Er- ten Verdichtung, hinfällig. Gleichzeitig begann Strecke Zürich–Meilen–Rapperswil. öffnungsjahr der Heitersberglinie. Aus verschie- 1987 mit einer Volksabstimmung die Weiter- Es war kein Auftrag, sondern wir machten die denen Gründen (z.B. die Erdölkrise mit dem entwicklung des Taktfahrplans zum Konzept ersten Schritte von uns aus und „im Geheimen“. massiven Rückgang des Güterverkehrs) wurde „Bahn 2000“, das vor 10 Jahren, im Dezember Der Spinnerklub war eine Gruppe von jungen die Einführung auf 1982 verschoben; mit vor- 2004 eingeführt wurde. 4 InfoForum 3/2014 Fahrplan
Gute Taktung als Vorteil für den Kunden Taktfahrplan, Taktfrequenz, integraler Taktfahrplan, Vollknoten, Halbknoten: einige Begriffsklärungen. Jean-Pierre Baebi Ein Taktfahrplan ist ein Fahr- plan, bei dem Linien des öffentlichen Perso- nenverkehrs in regelmässigen, sich periodisch wiederholenden Abständen betrieben werden. Die Zahl der Abfahrten in einem bestimmten Zeitraum wird als Taktfrequenz bezeichnet. Ziel eines Taktverkehrs ist es, die Attraktivität und Nutzungsmöglichkeiten eines Verkehrsmittels zu erhöhen beziehungsweise die gegebene Inf- rastruktur – beispielsweise Ausweichen auf ein- gleisigen Strecken – optimal auszunutzen. Der Taktfahrplan bietet dem Fahrgast den Vorteil einer besseren Merkbarkeit der Ab- fahrtszeiten, da diese sich in stets gleichen Zeit- abständen, meist jede Stunde zu den gleichen Minuten, wiederholen. Ein gleichmässiger Takt kann auch zu einem verbesserten Angebot in nachfrageschwachen Zeiten führen. Für Ver- kehrsunternehmen ist ein regelmässig wieder- holter Betriebsablauf interessant, auf den sich Fahrzeuge und Infrastruktur genau zuschnei- den lassen. Wichtigster Vollknoten im Schweizer Bahnverkehr: Zürich HB. Bild: Thomas Lendenmann Das Gegenteil eines auf feste Takte aufbau- enden Fahrplanes sind Verkehrsangebote, die in unregelmässigen Abständen durchgeführt werden. Bedarfsorientierte Fahrpläne gibt es Anschlüsse zu anderen Linien zu beachten. heute in Form von Anruflinien ebenfalls als Es entsteht dann ein liniengebundener Fahr- Was heisst eigentlich Taktverkehre, wobei der Takt ein Angebot plan oder, wenn eine Vertaktung angewendet Pünktlichkeit? auf meist telefonische Bestellung ist und ein wird, ein liniengebundener Taktfahrplan. Be- tatsächlich durchgeführter Taktbetrieb nicht reits hier können abhängige Pläne erforderlich JPB Pünktlichkeit ist relativ. Ein Zug bei den stattfindet. Ein Umlauf setzt sich aus der reinen sein, wenn beispielsweise an einem Punkt ein SBB ist dann pünktlich, wenn er nicht mehr Fahrzeit, der Zeit für den Fahrtrichtungswech- Fahrzeug für eine weiterführende Verbindung als drei Minuten Verspätung hat. In Italien sel und andere Wartezeiten sowie die Fahr- genutzt werden muss. Es liegt dann eine ge- oder Deutschland liegt dieses Zeitfenster gastwechselzeiten an den Zwischenstationen brochene Verbindung vor, für die praktisch ein bei 15 Minuten. zusammen. einziger, jedoch aus zwei Teilen bestehender Bis Ende 2004 galt in der Schweiz eine Im öffentlichen Personennahverkehr wird Fahrplan erforderlich ist. Bei Verkehrsmitteln Toleranz von fünf Minuten. Erst mit der oft ein unterschiedlicher Takt in verschiedenen mit fester Umlaufzeit sind solche Fahrpläne Einführung des Jahrhundertprojektes Verkehrszeiten (Volllast-, Normallast-, Schwach- schon aus Kostengründen sinnvoll, auch wenn „Bahn 2000“ musste dieser Wert nach last- und Spätverkehrszeit) angeboten. Wäh- sie nicht in ein vertaktetes Gesamtnetz einge- unten auf drei Minuten gedrückt werden rend die Schwachlastzeit in den Randstunden bunden sind. Denn dadurch wird ein gleichmäs- – das strengste Zeitregime einer europäi- die Minimalversorgung sicherstellt, kommt die siger und damit effektiver Personal- und Fahr- schen Bahn. Mit der früheren 5-Minuten- Normallast tagsüber zur Anwendung, in den zeugeinsatz möglich. Toleranz hätten die SBB die Anschlüsse mit Hauptverkehrszeiten werden die Fahrten zur knappen Umsteigezeiten an die regionalen Volllast verdichtet. Ein gleichbleibender Takt Rendezvous-Konzepte Bahnen kaum gewährleisten können. wirkt sich in den Hauptverkehrszeiten nachteilig Sinnvoll sind liniengebundene Fahrpläne beson- Hinzu kommt, dass man mit dem engen aus, wenn die Fahrzeugkapazität begrenzt ist. ders für Angebote mit hoher Taktfolge. Wenn Zeitfenster Problempunkte besser erken- Dem kann durch zwischengetaktete Einsatzum- Fahrzeuge mit gleichem Ziel dicht hintereinan- nen kann als früher. Im letzten Jahr hat läufe abgeholfen werden oder durch eine Erhö- der folgen, sind Umsteigezeiten stets sehr kurz die Pünktlichkeit etwas gelitten: Statt der hung der Platzkapazität der Fahrzeuge (Einsatz und auf Anschlüsse braucht bei der Fahrplan- angestrebten 89 Prozent erreichten 2013 von Doppelzügen, Flügelung, Busanhänger, Ge- gestaltung nicht geachtet oder gar im Betrieb (nur) 87,5 Prozent der Reisenden ihr Ziel lenkbusse etc.). gewartet zu werden. Bereits bei 20-Minuten- rechtzeitig. Für jede einzelne Verkehrslinie kann ein ei- Takten ist jedoch eine Abstimmung der Fahrplä- genständiger Fahrplan erstellt werden, ohne ne von sich kreuzenden Linien angebracht. >>> Fahrplan 3/2014 InfoForum 5
>>> Werden die Taktzeiten verschiedener Ver- kehrsträger und -linien jedoch aufeinander so Schweiz hält bisher am abgestimmt, dass sich dabei ein umfassendes Netz bzw. System bildet, entstehen Rendez- gedruckten Kursbuch fest vous-Konzepte bzw. integrale Taktfahrpläne. Als integraler Taktfahrplan wird ein Konzept Die Abfragen im Online-Fahrplan der SBB boomen: 2013 wurde die verstanden, bei dem die Taktfahrpläne einzel- Schallgrenze von einer Milliarde Abfragen durchbrochen. ner Linien über eine systematische Koordinati- on in Knotenbahnhöfen zu einem netzweiten, weiterhin auf Papier: 35 000 Kundinnen und vertakteten Angebotssystem verknüpft werden. Kunden schwören auf das Schweizer Eisen- Der integrale Taktfahrplan gilt damit nicht nur bahnnetz in Buchform, bestehend aus drei Bän- auf einer einzelnen Linie oder in einem Um- dern mit mehreren tausend Seiten. steigepunkt, sondern für die gesamte Fläche. Im Zeitalter von Online-Fahrplänen und Apps Das Hauptmerkmal bei einem integralen Takt- ist das Interesse an gedruckten Büchern aller- fahrplan ist, dass es mehr als einen zentralen dings rückläufig. Heute dient das Kursbuch den Umsteigepunkt gibt, er ist die Ausdehnung Zugbegleitern und dem Schalter-Personal als des Rendezvous-Konzepts auf möglichst viele Auskunftsquelle im Falle von technischen Prob- Umsteigepunkte. Bei einem idealen integralen lemen. In der tabellarischen, auf das ganze Jahr Taktfahrplan werden die Taktfahrpläne von Li- ausgerichteten Form stellt das Kursbuch die nien zu einem abgestimmten, vertakteten Ge- Leistungen des öffentlichen Verkehrs dar. Das samtfahrplan koordiniert, wobei eine Verknüp- Gewicht von Bahn, Bus, Schiff und Seilbahnen fung von Linien in Richtung und Gegenrichtung im Mobilitätsmix der Schweiz misst sich am Ge- in ausgewählten Knoten erfolgt mit dem Ziel, wicht und am Umfang des Kursbuches. die Zahl optimaler Anschlüsse zu maximieren. Kursbuch als Online-Datenbasis Vollknoten und Halbknoten Längst bieten die SBB den Online-Fahrplan an, Vollknoten sind meist Grossstädte mit einem der nichts anderes als eine Suchmaschine ist, zentralen Bahnhof, wo sich mehrere Linien Die Schweiz druckt es, die meisten Nachbarländer nicht die auf die Datenbasis des Kursbuchs – den gleichzeitig treffen. Die maximale Taktdichte mehr: das Kursbuch. Bild: zVg Sollfahrplan – zugreift. Entstanden ist der elek- wird vor allem dort durch die Mindestzugfolge- tronische Fahrplan in der Frühzeit des kom- zeit im Blockabstand bzw. durch die maximale JPB Von null auf mehrere Millionen Abfragen merziellen Internets in den 90er Jahren. Hinter Anzahl belegbarer Gleise bestimmt. Verkehrsmi- pro Tag: Der Online-Fahrplan und „SBB Mobile“ dem Kursbuch und dem Online-Fahrplan steckt nuten und Reihenfolgen bestimmen sich dann boomen und gleichzeitig sinkt die Auflage des eine komplexe Datenbank, die immer wieder aus den Fahrzeiten zu benachbarten wichtigen Kursbuches. Seit der Premiere im Jahr 1905 bis mit den aktuellen Daten gefüttert wird. Sie ist Knoten. Auch die Umsteigezeiten sind je Kno- zur Einführung des Taktfahrplans im Sommer heute rund 15 GB gross. In Kombination mit ten gesondert zu beachten und möglichst zu 1982 hiess es „Amtliches Kursbuch“, danach Echtzeitdaten – etwa bei Störungen – bietet verkürzen. Vollknotenbahnhöfe in der Schweiz „nur“ noch „Offizielles Kursbuch“. Der Herz- der Fahrplan neue Vorteile, denn künftig sollen sind unter anderem Bern, Zürich HB und Basel schrittmacher des öffentlichen Verkehrs listet noch mehr tagesaktuelle Daten für eine noch SBB. Halbknoten sind Bahnhöfe, in denen nur fein säuberlich in nummerierten Fahrplanfel- bessere Information der Reisenden einfliessen. ein Teil der Züge untereinander Anschluss ha- dern alle Verbindungen auf. Während die meis- Im Jahr 2013 wurde die Schallgrenze von einer ben. Meist folgt dies aus fahrzeitlichen Grün- ten Nachbarländern der Schweiz das Kursbuch Milliarde Abfragen über den Online-Fahrplan den, bezogen auf unterschiedlich weit entfern- nicht mehr drucken, besteht der Schweizer öV und „SBB Mobile“ erreicht. te Voll- und andere Halbknoten. Die französische Staatsbahn richtet ihren Fahrplan im Fernverkehr vor allem auf die Last- schrittweise auf dem Weg zu einem netzweiten Verspätungen aufschaukeln. In einem starren richtungen und Fahrgastströme aus. So verkeh- Taktfahrplan. Taktfahrplan wird ein Anschluss entweder re- ren freitagabends viele Züge von Paris in die Re- Bei der italienischen Staatsbahn gibt es auf gelmässig oder gar nicht angeboten, auch zeit- gionen, sonntagabends umgekehrt viele Züge den meisten Strecken tagsüber ein so genann- versetzt existiert keine Alternative zu ungüns- nach Paris. Dafür werden manche zweigleisigen tes Wartungsfenster; während dieser Zeit dürfen tigen Umsteigeverbindungen. Für ältere oder Strecken im Gleiswechselbetrieb betrieben, so keine Züge über einen bestimmten Streckenab- mobilitätseingeschränkte Fahrgäste sind die dass auf beiden Gleisen die Züge zeitgleich in schnitt fahren, um Zeit für Wartungsarbeiten zu Anschlusszeiten teilweise zu kurz bemessen, die gleichen Richtung verkehren, um die Zug- gewähren. Gleichwohl sind einige Fern- und Re- ein Verpassen des Verkehrsmittels führt dann dichte in diese Richtung zu erhöhen. Diese Ka- gionalstrecken schon vertaktet, insbesondere im zu langen Wartezeiten. Kurze Umsteigezeiten nalisierung hat den Nachteil, dass keine Züge S-Bahn-Verkehr grosser Städte und generell in von nur wenigen Minuten bei notwendigem in Gegenrichtung möglich sind; im Vorortsbe- Norditalien der Regionalverkehr in die Schweiz. Perronwechsel setzen eine hohe Orientierungs- reich von Paris kann dieser betriebliche Nach- Beim Taktfahrplan gibt es leider auch Nach- fähigkeit voraus. Dies kann bei nur gelegentlich teil aufgrund dritter und vierter Gleise jedoch teile. Zum Beispiel können sich bei Betriebs- öffentliche Verkehrsmittel nutzenden Fahrgäs- leichter behoben werden. Doch Frankreich ist störungen in einem stark vertakteten Fahrplan ten zu Stress und Unsicherheit führen. 6 InfoForum 3/2014 Fahrplan
„Fast zwanzig Jahre im Voraus sind wir auf der Stufe von Netzgrafiken beschäftigt“: Hans-Bernhard Fiechter, Leiter Angebotsplanung bei der BLS. Bild: zVg Wie ein Fahrplan entsteht Bei der BLS kümmert sich Hans-Bernhard Fiechter um die Angebotsplanung. Der Zeithorizont liegt nach dem Ja zu FABI bei 2030. Andreas Theiler Hans-Bernhard Fiechter ist bei Beim Güterverkehr sind es vor allem die Kun- lität. Zuerst wird das Angebot angedacht, und der BLS als Leiter Angebotsplanung verantwort- den, je nach Zug aber auch der Bund mit Sub- erst nachher über die dafür nötige Infrastruk- lich für die Entwicklung des Fahrplanangebots. ventionen verschiedenster Art. tur diskutiert. Das Bundesamt für Verkehr BAV Seine Ausführungen in diesem Text decken die hat diese Diskussion soeben für die Zeit nach Sicht einer Eisenbahnverkehrsunternehmung Frühe Planung 2025 angestossen: „Für die kommenden zehn auf die Planungen der nächsten 15 Jahre ab; „Auf diesen drei Basispfeilern kann der Fahr- Jahre weiss man heute praktisch schon bis hin- soeben wurde das Konzept 2030 in Angriff plan gestaltet werden.“ Weitere Faktoren sind ab zur einzelnen Schwelle, was gebaut werden genommen. Mit der gleichen Aufgabe sind na- zum Beispiel das Rollmaterial sowie das Perso- soll, um das zukünftige Angebot erfüllen zu türlich Leute in anderen Transportunternehmen nal, welches auf diesem Rollmaterial eingesetzt können.“ Für die daran anschliessenden Jahre ebenfalls beschäftigt. Vielleicht ist es hilfreich, werden kann. „Das Kursbuch oder der Internet- läuft nun der Eingabeprozess; am Schluss wird sich gleich am Anfang klar zu werden, was ei- Fahrplan sind dann das Endprodukt.“ Die frü- es wieder ein politischer Entscheid, welche Ver- gentlich der Grundpfeiler jedes Fahrplans ist: he Planung ist nicht etwa von den Bahnen so besserungen wo umgesetzt werden können. Die Abbildung der Marktbedürfnisse in einem gewollt, sondern hier handelt es sich um einen Je näher der Zeitpunkt der Einführung kommt, bestimmten geografischen Gebiet. politisch gesteuerten Prozess. Angestossen wird desto präziser wird geplant. Und irgendwann „Es sind viele Bausteine, die am Ende zu er vom BAV. Bis zur Annahme der FABI-Vorlage sind die Planer im Zehntelsminutenbereich, also einem Fahrplan führen. Nach den Marktbe- war der Zeithorizont das Jahr 2025, seit der er- in Intervallen von je sechs Sekunden, angekom- dürfnis-sen kommt als zweiter Pfeiler die Infra- folgreich verlaufenen Abstimmung nun 2030. men. „Minuten genügen auf unserem engma- struktur, die Gleisanlagen, auf denen sich der „Fast zwanzig Jahre im Voraus sind wir auf schigen Netz und mit den hohen Anforderungen Fahrplan abspielen kann. Es gibt nicht überall so der Stufe von Netzgrafiken beschäftigt. Darin ist an die Pünktlichkeit längst nicht mehr als Mess- viele Gleise, wie nötig wären, um die Bedürfnis- festgehalten, wie häufig jede Relation gefahren einheit. Erst wenn alles so durchgespielt, also se zu befriedigen, die Infrastruktur ist also ein werden soll. Über die Durchbindung in den Kno- konfliktfrei geplant ist, können wir den Fahrplan limitierender Faktor.“ Der dritte Pfeiler ist die ten macht man sich da noch weniger Gedanken. dann auch mit gutem Gewissen publizieren.“ Wirtschaftlichkeit respektive die Finanzierung. Daraus leiten sich die künftigen Anforderungen Trassenkonflikte, das heisst Bestellungen für Im Fernverkehr ist es übers ganze Netz hinweg an die Infrastruktur ab.“ Genau hier fängt das den gleichen Gleisabschnitt, die sich konkur- der Kunde, der die Finanzierung sicherstellt, im konkrete Finanzierungsproblem erst mal an. renzieren, sind ein relativ neues Phänomen. „Die Regionalverkehr teilen sich Kunden (rund 50 Die Reihenfolge dieser ersten Schritte ist üb- Nachfrage wächst ständig, ohne dass die Infra- Prozent), Kantone und Bund in diese Aufgabe. rigens so etwas wie eine schweizerische Spezia- struktur die nötigen Schienenslots rechtzeitig zur >>> Fahrplan 3/2014 InfoForum 7
Der Fahrplanentwurf im Internet Pro Bahn ist gefordert: Die Frist für die Eingabe von Änderungswünschen dauert jeweils nur drei Wochen. Edwin Dutler Das Bundesamt für Verkehr (BAV) hat den Auftrag, den Fahrplanentwurf für das kommende Jahr jeweils sechs Monate im Vor- aus im Internet zu veröffentlichen. Die Kundin- nen und Kunden haben dann die Möglichkeit, Änderungswünsche und Einwände bei den je- weiligen kantonalen Amtsstellen einzubringen. Bei Fahrplanfeldern, welche keine Änderungen aufweisen, sind keine Stellungnahmen möglich. Die Frist dauert drei Wochen. Pro Bahn Schweiz treibt jedes Jahr einen sehr grossen Aufwand, um die meisten Linien einer minutiösen Kontrolle zu unterziehen. Zahlrei- che Fahrplanexperten aus allen Sektionen sind während dieser kurzen Zeit intensiv mit dem Fahrplan beschäftigt. Die von uns festgestellten Unzulänglichkeiten und Fehler füllen dann auch Drei Pfeiler für einen Fahrplan: Marktbedürfnis, Infrastruktur, Finanzierung. Bild: BLS mehrere A4-Seiten. In den letzten zwei Jahren mussten wir je- doch feststellen, dass die Verantwortlichen des und mehrere Linien mit grossen Änderungen werden keine Änderungswünsche mehr ange- BAV und der Transportunternehmungen das erst nach zirka 10 Tagen aktualisiert. So wird für nommen. Fahrplanverfahren nicht mehr sehr ernst neh- uns die knappe Zeit nochmals stark reduziert Das BAV wird angehalten, das in der Schweiz men. So fehlten beim Beginn des Verfahrens und unsere Arbeit stark erschwert. Was jedoch übliche Qualitätsniveau auch beim Fahrplanver- die Kommentare oder waren unvollständig. Zu- immer funktioniert, ist der Abschaltungstermin fahren durchzusetzen. Die letzten zwei Jahre dem wurden alte Fahrplandaten aufgeschaltet des BAV. Bereits einen Tag nach dem Verfahren waren diesbezüglich kein Ruhmesblatt. >>> Verfügung stellen kann.“ Die so entstehenden stundentakt sein, oder die Ausdehnung des Über die Grenze Trassenkonflikte werden nach klar definierten Halbstundentakts in den Abendstunden. Eine weitere Verzahnung ist die mit dem inter- Kriterien gelöst. Dabei geht es, um diese Selbst- - Diese Angebotsvorstellungen gehen anschlie- nationalen Verkehr. Wenn auch die Schweiz verständlichkeit in Erinnerung zu rufen, nicht nur ssend zu SBB Infrastruktur, welche für fast innerhalb ihrer Grenzen autonom entschei- um den alltäglichen Personenverkehr sowie alle alle Betreiber schweizweit gemeinsam plant. den kann, so ist das ganze System trotzdem möglichen Extrazüge, sondern ebenso um Güter- Im Vorfeld eines Fahrplanwechsels plant sie an vielen Ecken und Enden international ver- und Dienstverkehr. Und wenn sie auch in keinem die marktseitigen und politischen Wünsche netzt, sowohl im Reise- wie vor allem im Güter- öffentlich zugänglichen Fahrplan erscheinen, so ins bestehende Netz ein und weiss dadurch, zugsverkehr. Europäische Gütertrassen, welche heisst das nicht, dass sie nicht exakt zum Voraus wo es zu Trassenkonflikten kommen kann. durch die Schweiz führen, haben heute mehr geplant werden. Dieser extreme Mix von Perso- - SBB Infrastruktur erstellt eine Konflikt-Liste Bedeutung als früher, „wir können als Perso- nen- und Güterzügen auf dem gleichen Netz und gibt diese weiter an die Trassenvergabe- nenverkehr BLS nicht einfach ohne Rücksicht ist übrigens eine Spezialität der Schweiz – und stelle Trasse Schweiz AG. Sie muss diese Kon- darauf planen“. macht die Aufgabe von Leuten wie Hans-Bern- flikte neutral, das heisst diskriminierungsfrei, Die Abstimmung der Fahrpläne an den hard Fiechter umso anspruchsvoller. nach klaren Kriterien und Prozessen, lösen. Grenzpunkten ist ein jährlicher Vorgang. „Wir - Behörden des Bundes und der Kantone sind sind in der Schweiz mit unserer langfristigen Die drei Akteure als ausführende Organe der jeweiligen Ge- Planung extrem privilegiert. Andere Länder Die drei wesentlichen Akteure beim Andenken setzgeber indirekt der vierte Player in diesem planen im Vergleich dazu von der Hand in den und Erstellen der Fahrpläne sind in grober zeitli- Ablauf, denn die Grundsätze der Rahmen- Mund. Nicht, weil sie dazu nicht in der Lage cher Reihenfolge wie folgt eingebunden: bedingungen werden auf politischem Weg wären oder nicht wollen, sondern weil die po- - Die Transportunternehmen bringen die ermit- festgelegt. Der für uns – die Reisenden – litisch-finanziellen Rahmenbedingungen anders telten Marktbedürfnisse in die Planung ein wichtigste Grundsatz ist der Vortritt des ver- sind; Regierungen wechseln zum Beispiel, da- und konkretisieren daraus – in Abstimmung takteten Personenverkehrs vor allen andern mit die Transportphilosophien, und so müssen mit den zuständigen Behörden – ihre An- Verkehren; so stellt der Gesetzgeber sicher, die Beträge immer wieder erstritten sein. Das gebotsvorstellungen. Das kann zum Beispiel dass das heutige Knotensystem stabil gehal- heisst für uns, dass die Trassen dort jährlich neu der Übergang vom Halbstunden- zum Viertel- ten wird. abgestimmt werden müssen.“ 8 InfoForum 3/2014 Fahrplan
Aktuell Der versteckte Halbtax-Aufschlag Für Inhaber des beliebten Drei-Jahres-Halbtaxabonnements wird das Abo mittelfristig um ganze 10 Prozent teurer. Pro Bahn hat keine Freude daran. Gerhard Lob Kurzfristig hat der Preisüberwacher den geplanten Tarifaufschlag für das Halbtax- Tariferhöhungen Abo verhindert. Mittelfristig aber werden die im Dezember 2014 Benutzer des beliebten dreijährigen Halbtax- GL Die Tarife im öffentlichen Verkehr wer- Abos stärker zur Kasse gebeten. Der Verband öffentlicher Verkehr (VöV) bestätigte diesen den per 14. Dezember 2014 definitiv um Sachverhalt, nachdem der Aufschlag aus der of- durchschnittlich 2,3 Prozent erhöht. Dies fiziellen Medienmitteilung vom 7. August 2014 haben die Verhandlungen zwischen der nicht klar hervor ging. öV-Branche unter der Federführung des Das Halbtax-Abo wird ab Mitte 2015 elekt- Verbands öffentlicher Verkehr (VöV) und ronisch und erhält mit „SwissPass“ einen neu- dem eidgenössischen Preisüberwacher en Namen (Chipkarte für Halbtax und GA). Es Stefan Meierhans ergeben, die mit einer wird grundsätzlich in Zukunft eine Laufzeit von Das beliebteste öV-Abo der Schweiz: das Halbtax. Bild: G. Lob einvernehmlichen Regelung abgeschlossen einem Jahr haben und automatisch erneuert, wurden. wenn es nicht gekündigt wird. Damit werden den neuen SwissPass nahtlos verlängern. Für Der VöV hatte Anfang Mai lineare Tarif- die Halbtax-Abos mit einer zwei- und dreijähri- Neueinsteiger ab Mitte 2016 wird es dann 185 erhöhungen von 2,9 Prozent über das gen Laufzeit aufgehoben. Franken kosten. gesamte Sortiment bekanntgegeben, um Das dreijährige Halbtax kostet heute 450 Ganz wichtig: Bis Mitte 2015 können die die vom Bundesamt für Verkehr (BAV) Franken oder 150 Franken pro Jahr. Wenn die 3-Jahres-Halbtaxabos noch erneuert werden für 2015 prognostizierte Deckungslücke Besitzer ab Mitte 2015 ihr Abo ohne Pause als und gelten dann bis zum Ende ihrer Laufzeit. im regionalen Personenverkehr von 90 einjährigen SwissPass erneuern, zahlen sie da- Pro Bahn Schweiz gefallen das komplizierter Millionen Franken zumindest teilweise zu für 165 Franken, also 10 Prozent mehr pro Jahr. werdende System und die Preiserhöhung aller- decken sowie notwendige Investitionen im Das bringt den Bahnen Mehreinnahmen von dings gar nicht. „Das ist ein happiger versteck- Fernverkehr zu finanzieren. VöV-Direktor jährlich knapp 15 Millionen Franken. ter Aufschlag“, kritisiert PBS-Präsident Kurt Ueli Stückelberger kommentierte die 670 000 Passagiere verfügen über ein einjäh- Schreiber. Einigung so: „Ich bin sehr froh, dass der riges Halbtax-Abo und haben dafür 175 Fran- Das Halbtax ist das beliebteste öV-Abo der Preisüberwacher den Bedarf für Preisan- ken bezahlt. Erneuern diese Personen ihr Abo Schweiz. Gut zwei Millionen Fahrgäste nutzen passungen grundsätzlich anerkennt.“ nahtlos, so zahlen sie ab Mitte 2015 ebenfalls es. Eingeführt wurde es bereits anno 1891, rich- Die Preise des Halbtax-Abos und der 165 Franken, sparen also 10 Franken. Damit tig populär aber erst, als der Preis 1987 von 360 9-Uhr-Karte zum Halbtax bleiben auf dem schrumpfen die oben erwähnten Mehreinnah- auf 100 Franken gesenkt wurde, um den öV zu heutigen Niveau – zumindest kurzfristig men der öV-Unternehmen wieder auf die Hälfte. fördern. In den 1990er-Jahren stieg der Preis (siehe Hauptartikel). Einzelbillette werden Der Preis für den einjährigen Halbtax-Swiss- dann auf 150 Franken. Das zweijährige Abo teurer. Aber auf 50 beliebten Bahnstre- Pass bleibt danach bei 165 Franken; dies bis kostet heute 330 Franken; für die Inhaber bleibt cken werden zusätzlich zu den beste- Mitte 2016 für alle Bahnpassagiere, danach der Preis mit der Umstellung damit unverändert henden Sparbilletten weitere rabattierte für jene Bahnpassagiere, die ihr altes Abo oder bei 165 Franken pro Jahr. Fahrausweise angeboten. Schliesslich will die öV-Branche neue Angebote für die schwächer frequentierten Tageszeiten tes- ten, darunter ein Generalabonnement für Halbtax-Abonnement nach Einführung SwissPass den Abend – sozusagen ein Gleis-7-Abo (ab Mitte 2015) für Erwachsene. Bis Ende 2017 soll es keine zusätzli- chen Tariferhöhungen geben, wenn die Teuerung nicht unerwartet stark anzieht. Preis Neue Preise mit Einführung Danach steht die nächste Ausmarchung ab Dezember SwissPass ab Mitte 2015 des Preisüberwachers mit den SBB und Halbtax 2012 bis den anderen öV-Anbietern an. Einführung Einführung Für Neueinstei- SwissPass während eines ger ab Mitte Jahres 2016 Aktuelle Halbtax-Preise 1 Jahr 175.– CHF 1-Jahr 175 Fr. 165 Fr. 185 Fr. 2 Jahre 330.– CHF 3 Jahre 450.– CHF Aktuell 3/2014 InfoForum 9
Deutsche Fernbusse quer durch die Schweiz Bisher verkehrten sie nur von München nach Zürich. Doch neu sind auch Fernbusse zwischen Zürich und Mailand sowie zwischen München und Mailand via San Bernardino unterwegs. Gerhard Lob Das grösste deutsche Fernbusunter- nehmen, MeinFernbus, ist auf Expansionskurs. Und dies wird auch in der Schweiz spürbar. Ende August hat das Unternehmen den Betrieb der neuen Linie 76 aufgenommen, die zwei Mal täglich von München via Lindau–San Bernar- dino–Tessin (Halte in Bellinzona und Lugano) nach Mailand verkehrt. Die Busse fahren na- türlich auch in der Gegenrichtung. Dreimal pro Woche verkehrt diese Linie ab München wei- ter via Nürnberg nach Leipzig beziehungsweise umgekehrt ab Leipzig bis Mailand. Die Fahrzeit zwischen München und Bellin- zona beträgt beispielsweise gemäss Fahrplan 6 Stunden und 5 Minuten, und ist damit kürzer als mit EC/ICN via Zürich (knapp 7 Stunden). Die Preise sind, wie bei den deutschen Fernbus- sen üblich, ausgesprochen günstig. Bellinzona– München ist ab 22 Euro oder umgerechnet 25 Franken zu haben. In Mailand halten die Busse bei der Metrostation Lampugnagno. Auch der Velotransport ist möglich (bis November). MeinFernbus bietet seit kurzem zudem eine Linie 76: Hält auch in Bellinzona und Lugano. Verbindung von Stuttgart/Karlsruhe via Zürich bis nach Mailand an. Allerdings hält der Fern- bus auf dieser Reise nicht an den beiden Tes- siner Haltestellen, verkehrt also ohne Halt von Autozüge fahren aufs Zürich bis Mailand. „Wir haben uns bei dieser Abstellgleis Linie gegen einen Halt in den beiden Städten PBS Die Deutsche Bahn wird alle Autozüge entschieden, um die Fahrzeit für unsere Kun- schrittweise bis 2017 abschaffen. Die Auto- den attraktiv zu halten“, heisst es auf Anfrage züge seien ein Geschäft, das sich überlebt bei der Pressestelle des Unternehmens in Berlin. habe und nicht rechne, sagte ein Bahn- Tatsächlich sind zwischen Zürich und Mailand sprecher der „Stuttgarter Zeitung“. Die DB 3 Stunden und 30 Minuten geplant – das ist Autozug GmbH wurde vorigen Herbst in ehrgeizig angesichts der häufigen Staus am die DB Fernverkehr überführt. Seit diesem Gotthard. Jahr hat die DB alle Autozüge ab Berlin ge- Flixbus als weiteres deutsches Fernbusunter- strichen. Übrig blieb nur ein „Pilotprojekt“, nehmen hat hingegen neu Basel im Programm. bei dem die Autos der Bahnreisenden nicht Genau genommen handelt es sich aber um Weil mehr mit dem gleichen Zug, sondern sepa- am Rhein auf der deutschen Seite der Grenze. rat per Camion über Nacht nach München Berlin–Basel ist bei diesem Anbieter ab 27 Euro transportiert werden. (31 Franken) zu haben. Flixbus strebt auch Ver- In den sechs weiteren Abfahrtorten Ham- bindungen über Bern bis Lausanne an. burg, Hildesheim, Düsseldorf, Neu-Isenburg In Deutschland wurden die Fernbusse seit Ungewohntes Bild: Deutscher Fernbus in Chur. bei Frankfurt, München und dem gerade der Liberalisierung am 1. Januar 2013 zuerst Bilder: Marie Gloystein (MeinFernbus) bei Schweizer Kunden beliebten Lörrach belächelt, inzwischen haben sie sich zu einer sollen die Autozüge bis 2017 in vier Schrit- „Verkehrsalternative“ entwickelt, wie der Bun- ten wegfallen. Die Autozüge fahren seit desverband Deutscher Omnibusunternehmer Wenig erfreut ist man bei den SBB über den mehr als 80 Jahren. Das Geschäft ist stark (BDO) schreibt. Nach ersten Erfahrungen stei- neuen Boom der Fernbusse. „Ich beobachte rückläufig, die Zahl der Fahrgäste sank in gen insbesondere viele Autofahrer auf die Fern- diese Entwicklung und Dynamik im Fernbusbe- den vergangenen 15 Jahren um mehr als busse um. Für viele Jugendliche sind sie aber reich mit Sorge“, sagte SBB-Chef Andreas Mey- die Hälfte auf noch rund 200 000. auch eine Alternative zur Bahn geworden. er kürzlich bei einer Veranstaltung in Lugano. 10 InfoForum 3/2014 Aktuell
Auf der Strasse statt auf der Schiene Persönliche Eindrücke von Testfahrten mit dem Fernbus von Frankfurt und Zürich nach Würzburg. Gerhard Lob Wie ist das nun mit den Fernbus- das Entladen des Gepäcks wieder gefährlich sen? Als eingefleischter Bahnfahrer tut man sich VöV will Busse fördern auf der Strassenseite. Ein Mitreisender sagt mir, ein wenig schwer mit der Vorstellung, in einem dass dies glücklicherweise nicht überall der Fall Bus und dazu noch auf der Autobahn zu rei- Busse sind ein unentbehrlicher Teil des sei. In vielen deutschen Städten gibt es mittler- sen. Trotzdem wollten wir den Versuch einmal öffentlichen Verkehrs, damit die Mobilität weile Busbahnhöfe. wagen. So wurde der Entschluss gefasst, den als Voraussetzung für Leben und Wirtschaf- letzten Teil einer Reisestrecke von Köln nach ten in der Schweiz funktioniert. Mit Bussen Neue Direktverbindungen Würzburg mit dem Fernbus zu absolvieren. wird die Hälfte aller Fahrten im Schweizer Kurz darauf kommt mit wenig Verspätung eine Über die Suchmaschine www.busliniensuche. öV zurückgelegt. 2012 transportierten sie Kollegin an, die den direkten Bus von Zürich de konnte ich mehrere Anbieter auf der Strecke rund 940 Millionen Fahrgäste und legten nach Würzburg genommen hat: Abfahrt Zürich Frankfurt–Würzburg (126 km) vergleichen. Für 278 Millionen Kilometer zurück, was 56 9.30 Uhr; fahrplanmässige Ankunft 14.55 Uhr. 9 Euro (11 Franken) kaufte ich schliesslich bei Prozent der Angebotskilometer im öV sind. Für sie war nicht nur der Fahrpreis von umge- Flixbus via Internet das Ticket, dazu einen frei- In einem im August präsentieren Positi- rechnet 30 Franken attraktiv, sondern vielmehr willigen Umweltzuschlag (als Kompensation für onspapier zeigt der Verband öffentlicher die umsteigefreie Verbindung entscheidend. die CO2-Emissionen) von 0.32 Euro. Das güns- Verkehr (VöV) auf, was nötig ist, damit der Auf der gleichen Strecke per Bahn (mit IC/ICE) tigste Ticket bei der Deutschen Bahn auf dieser Busverkehr auch in Zukunft den Mobili- muss zwischen einem und drei Mal umgestie- Strecke kostete 29 Euro (35 Franken). tätsanforderungen der Schweiz genügen gen werden. Die Überlegung ist interessant: Soweit so gut. Aber: Nur 10 Minuten Um- kann. Die wichtigsten Forderungen für Denn die Fernbusse gewinnen auf gewissen steigezeit in Frankfurt. Das sei knapp anlässlich eine Stärkung der Schweizer Bussysteme Verbindungen Kunden, weil sie umsteigefreie der notorischen Unpünktlichkeit der Deutschen betreffen in erster Linie eine sichere Finan- Reisen anbieten können, während die Bahnen Bahn, wurde ich gewarnt. Doch am Tag meiner zierung, mehr separate Busspuren, kürzere umsteigefreie Verbindungen ins Ausland prak- Reise Ende Juni rollte der ICE von Köln pünktlich Umsteigewege sowie eine Entschlackung tisch nicht mehr im Programm haben. auf die Minute um 11.48 Uhr im Hauptbahnhof der gesetzlichen Rahmenbedingungen. Während ich für die Rückreise in die Schweiz von Frankfurt ein. wieder ganz auf den Zug setze, fährt die Kol- legin auch mit dem Bus nach Zürich zurück. Keine Ansage, keine Infos sie diese Strecke mit dem Auto gefahren. Doch Die Überraschung auf der Rückreise sind zwei Die Haltestelle von Flixbus ist schnell gefunden: das Benzin sei teuer geworden. Der Preis für ein Ausländer oder Asylbewerber, die von den Gleich auf der Südseite des Bahnhofs an der Fernbusticket liege weit unter den nötigen Ben- Grenzwächtern bei der Einreise in die Schweiz Mannheimerstrasse. Vom Bus, dessen Abfahrt zinkosten. Von der Anstrengung der Fahrt ganz aus dem Car geholt werden. Diese Kontrolle um 12.00 Uhr angesagt ist, fehlt allerdings jede zu schweigen. verzögert die Reisezeit um fast eine Stunde. Spur. Andere Fahrgäste warten hier. Auskunfts- In Würzburg hält der Fernbus gleich beim Fazit dieses kleinen Tests: Preislich ist der personal fehlt, Ansagen gibt es keine. Die Zeit Hauptbahnhof. Planmässige Ankunft 13.35 Fernbus nicht zu schlagen. In Sachen Komfort verrinnt. Immerhin kommen so Wartende ins Uhr. Doch wir kommen mit einer guten Stunde und Reisequalität ist die Bahn sicherlich ange- Gespräch. Verspätung um 14.48 Uhr an. Auch hier erfolgt nehmer. Erst um 12.40 Uhr taucht der Bus auf. Der Halt ist natürlich kurz, um keine Zeit zu verlie- ren. Das Gepäck muss auf der Strassenseite in die Fächer verstaut werden, in Frankfurt eine mittlere Zumutung und gefährlich, denn auf der Mannheimerstrasse gibt es viel Verkehr und gar eine Tramlinie. Die Fahrt bis Würzburg verläuft ruhig, trotz dichtem Verkehr auf der Autobahn. Der Car ist modern und bequem – keine Frage. Das Gratis-Internet, einer der Trümpfe der Fernbus- Anbieter in ihren Werbeauftritten, funktioniert, aber extrem langsam. Ich ziehe es vor, mit mei- ner Nachbarin zu plaudern, die von Düsseldorf nach Nürnberg zu ihrer Tochter unterwegs ist. Ja, der Bus sei schon in Düsseldorf verspätet ab- gefahren, erzählt sie. Aber das sei eher selten. Sie habe überwiegend positive Erfahrungen in Bezug auf die Pünktlichkeit gemacht. Früher sei In Zürich gehört er schon zum Stadtbild: Fernbus am Sihlquai. Bild: G. Lob Aktuell 3/2014 InfoForum 11
Das langsame Sterben der Nachtzüge Serviceabbau und immer weniger Destinationen mit Schlaf- und Liegewagen der Bahn: Im Dezember wird auch die nächtliche Verbindung Basel–Kopenhagen eingestellt. Gerhard Lob Ende Juni hatte eine Gruppe von Bahnjournalisten aus der Schweiz eine Reise ab Amsterdam gebucht, um über Nacht mit dem City Night Line „Pegasus“ nach Basel bezie- hungsweise Zürich zu reisen. Nur: Ein Schlafwa- gen mit den reservierten Abteilen fehlte. Ein Teil der Gruppe musste mit Plätzen im Liegewagen vorlieb nehmen. Diese Episode ist durchaus symptomatisch für die Entwicklung bei den Nachtzügen der City Night Line (CNL), einer Tochtergesellschaft der Deutschen Bahn (DB), die alle Nachtzüge aus der Schweiz in Richtung Norden und in der Gegenrichtung managt. Denn der Service wird konstant abgebaut. Immer wieder fehlen Wa- gen, manchmal kommen sie ungereinigt zum Einsatz. In dieses Bild passt auch der Verzicht auf die Speisewagen, in denen die Gäste gerne vor dem Schlaf zumindest einen Schlummertrunk zu sich nahmen. Seit 1. Mai 2014 verkehren sie nicht mehr. In den CNL-Nachtzügen von Zürich und Basel nach Berlin, Hamburg, Kopenhagen, Nachtzüge – wie hier in Leipzig – sind in den Bahnhöfen Europas immer seltener zu sehen. Bild: G. Lob Amsterdam und Prag wird Speis und Trank nur noch reduziert angeboten. Als Grund für die Massnahme machte die DB die hohen Kosten Da hat man kurzen Prozess gemacht. „DB und Was das für die verbliebenen CNL von und nach geltend, die eine Revision der älteren Speisewa- DSB haben die Zahlen analysiert, und wir müs- Zürich bedeutet, ist noch nicht klar. gen zur Folge gehabt hätte. Gerade Schweizer sen erkennen, dass die Linie nicht wirtschaft- Unbestreitbar ist laut DB die harte Kon- Gäste hätten das Angebot im Speisewagen ger- lich ist”, erklärte DSB-Vertriebsleiter Christian kurrenz durch Billigflieger. Fluggesellschaften ne wahrgenommen, räumt eine Sprecherin der Linnelyst in der dänischen Medienmitteilung bieten zusehends frühe Verbindungen an, um DB in Berlin ein. vom 17. Juni. Im Nachtzug nach Kopenhagen etwa schon am frühen Morgen ins Amsterdam Nicht nur der Service wird abgebaut, son- wurden Wagen von Basel, Prag und Amsterdam oder Berlin zu sein. Moderne Hochgeschwin- dern auch immer weniger Destinationen sind gebündelt. digkeitszüge – etwa in Frankreich – haben den per Nachtzug überhaupt erreichbar. Die SBB ha- Nachtverbindungen ins westliche Nachbarland ben sich schon vor Jahren aus diesem Geschäft Weniger, aber rentablere Linien den Garaus gemacht. zurückgezogen; die Nachtzüge nach Italien Die mangelnde Wirtschaftlichkeit ist natürlich Noch recht stabil ist (bisher) die Nachtzugsi- wurden im Dezember 2009 eingestellt. Im De- das Hauptproblem für die anhaltende Krise der tuation in Richtung Osten. Die Österreichischen zember 2012 verkehrte der letzte Nachtzug von Nachtzüge. Die Kosten sind hoch, das Rollma- Bundesbahnen ÖBB unterhalten drei Verbin- Zürich nach Barcelona. Ein Jahr später sah man terial überaltert und revisionsbedürftig. Da ist dungen zwischen Zürich und Wien/Graz/Vil- in Basel letztmals einen Wagen der Russischen eine Abwärtsspirale vorprogrammiert. Daher lach. Ein Kurswagen verkehrt gar bis Budapest. Bahn als Appendix des Nachtzugs nach Kopen- wird bereits gemunkelt, die Deutsche Bahn Zudem gibt es noch einen – sehr preiswerten hagen. Der nächtliche Kurswagen Basel–Mos- wolle die Nachtzug-Sparte CNL ganz aufgeben. – Schlafwagen von Zürich nach Zagreb mitsamt kau ist seither Geschichte. Diese These wird von der DB entschieden zu- Weiterfahrt nach Belgrad. Die umsteigefreie Unter die Räder kommt nun auch die ge- rückgewiesen. „Die Nachtzüge sollen erhalten Fahrt von Zürich HB in die serbische Hauptstadt nannte Verbindung nach Kopenhagen. Der CNL bleiben. DB Fernverkehr arbeitet an einem Kon- dauert geschlagene 21 Stunden. „Aurora“ von Basel in die dänische Hauptstadt zept für die Zeit ab Dezember 2015, um dieses Zumindest bei den ÖBB soll sich vorerst wird zum Fahrplanwechsel im Dezember 2014 Geschäft zukunftsfähig zu machen“, sagt eine nichts ändern. „Derzeit ist es nicht angedacht, eingestellt, wie die Dänische Staatsbahn (DSB) DB-Sprecherin in Berlin auf Anfrage. Man wer- eine der Nachtzugverbindungen zwischen Ös- vor kurzem mitteilte. Grund: Die Verbindung de sich auf wenigere, aber rentablere Linien be- terreich und der Schweiz einzustellen. Die Züge rentiert im Winter sowieso nicht und kann im schränken. Oder anders gesagt: Die Deutsche sind sehr gut gebucht“, schreibt Peter Mailän- Sommer 2015 wegen umfangreicher Gleisar- Bahn will durch die Ausdünnung des Nachtzug- der vom ÖBB-Kundenservice auf Anfrage des beiten auf der Insel Fünen gar nicht verkehren. netzes die grössten Verlustbringer ausmerzen. InfoForums. 12 InfoForum 3/2014 Aktuell
Sie können auch lesen