OpenDer ZBW-Jahresrückblick
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open Der ZBW-Jahresrückblick Thema: Zugänge schaffen Die Open-Access- Transformation gestalten S. 22 Die ZBW 2019: Zugänge schaffen: Literatur schneller erschließen dank Künstlicher Intelligenz, S. 30 Innovation durch Dialog: Forschungsdatenmanagement gestalten, S. 38 Open Science: Die Bedeutung von Open Science in den Wirtschaftswissenschaften, S. 46
VORWORT Liebe Eine wesentliche Aufgabe der Wie die COVID-19-Krise zeigt, ist ZBW besteht in der Organi- die Debatte um die Organisation von sation und Bereitstellung von Wissen, insbesondere die Debatte um Leserin- Open Science, auch deshalb so grundle- Wissen. Dabei setzt sich die gend, weil sie tief in unser Leben reicht ZBW mit besonderem Nach- und weit über die wissenschaftliche nen, liebe druck für Open Science ein, Welt hinaus von Bedeutung ist. Offene d. h. die Öffnung der Wissen- Wissenschaft ist wertvoll und nutzen- stiftend! schaften und dort insbeson- Leser dere die Open-Access-Trans- Die ZBW nimmt aktiv an der interna- formation. Hierdurch soll tionalen Debatte um Open Science teil die freie Zugänglichkeit von und gestaltet diese aktiv mit. Die vor- liegenden ZBW-Highlights zeigen dies wissenschaftlichen Publika- eindrücklich. tionen gewährleistet werden. Alle Aspekte der Weiterentwicklung Realität in der Wissenschaft ist, dass der ZBW wurden auch im Jahr 2019 mit Forschungsergebnisse heutzutage oft dem Beirat konstruktiv und kritisch nicht im Open Access zur Verfügung diskutiert. Gerade die unterschied- stehen, dass für das Management von lichen Perspektiven, die im Beirat Forschungsdaten Prinzipien, die das der ZBW zusammenkommen, tragen Teilen, die Auffindbarkeit oder die erheblich zu einer hohen Qualität der Nachnutzbarkeit ermöglichen, noch Ergebnisse bei. Zudem hat sich der Stif- nicht weit genug verbreitet sind, und tungsrat, als zentrales Aufsichtsgre- dass der Transfer von Wissen aus der mium, mit all diesen Themen intensiv Forschung in die Politik und Gesell- befasst und wichtige, richtungswei- schaft große Verbesserungspotenziale sende Entscheidungen für die Ent- bietet. wicklung hin zu einer „digitalen ZBW“ getroffen. Für das während des Jahres Wie wichtig die Etablierung von Open 2019 entgegengebrachte Vertrauen sind Science ist, zeigt die aktuelle COVID- wir unserem Beirat und Stiftungsrat zu 19-Krise, die die Gesellschaft weltweit tiefem Dank verpflichtet. Schließlich betrifft. Den daraus resultierenden gilt unser Dank den Beschäftigten der Druck zur Öffnung aber auch den ZBW, die sich auf kontinuierlich hohem resultierenden Nutzen haben zum Bei- Niveau für die Leistungserbringung spiel Wissenschaftsverlage erkannt. aber auch die Weiterentwicklung der Publikationen sind nicht mehr nur aus ZBW einsetzen. ausschließlich wissenschaftlicher Per- spektive relevant, sondern es gibt auch Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim einen hohen gesellschaftlichen Nutzen, Lesen! • wenn man diese frühzeitig zur Ver- fügung stellt. Ähnliches gilt auch für Klaus Tochtermann, Thorsten Meyer, Datensätze, die Wissenschaftler*innen Axinia Braunisch nun vermehrt für die Nachnutzung zur Verfügung stellen. Mit diesen lässt sich Kiel/Hamburg, im Mai 2020 z.B. viel besser nachvollziehen, welche Altersgruppen besonders betroffen oder wie die Krankheitsverläufe sind. ZBW-Jahresbericht 2019 3
Inhalt Literatur schneller erschließen dank Künstlicher Intelligenz Auftrag der ZBW Seite 30 Seite 6 Vision der ZBW Internationaler Einsatz Seite 7 für Open Source in der Bibliothekswelt ZBW 2019 in Zahlen Seite 32 Seite 8 Interview: Kurzmeldungen Fakt oder Fake? Seite 10 Seite 34 INNOVATION DURCH 12 Mit „Open UP!“ DIALOG gastierte die ZBW in Kiel, Berlin, München und 100 Jahre ZBW – Forschungsdatenmanagement Hamburg. Ein Rückblick auf das gestalten Jubiläumsjahr Seite 38 Seite 12 GO FAIR vernetzt Forschungsdatenakteure ZUGÄNGE SCHAFFEN weltweit Seite 40 Interview: Walking in someone else’s shoes Seite 42 Interview: Internationale Kooperationen: Die Open-Access- Vernetzt und inspirierend Transformation gestalten Seite 44 Seite 22 Wirtschaftsdienst und Inter- OPEN SCIENCE economics ab 2020 vollständig 40 Das GO-FAIR-Büro im Open Access Seite 28 Die Bedeutung von Open Science in den Wirtschafts vernetzte 2019 Menschen aus über 20 Ländern wissenschaften miteinander. Seite 46 ZBW-Jahresbericht 2019 4
Drittmittel der ZBW 2019 Seite 51 Im Austausch mit den Communities Seite 52 YES! They Can – Wie Schüler- vorträge Forscher*innen die Sprache verschlagen Seite 66 ZBW-Beschäftigte digital qualifizieren Seite 74 Anhang – Last but not least Seite 76 Impressum Seite 88 66 Zwölf Schulen aus ganz Deutsch- land sowie ein Team aus Großbritannien präsentieren auf dem auf dem Bundes finale des Schulkongresses „YES! – Young 22 Wie sich die ZBW schrittweise und Economic Summit“ L ösungsvorschläge für Klimaschutz, Integrationsarbeit oder konsequent zu einem digitalen Knoten- Mobilität. punkt für offene Wirtschaftsinformatio- nen verändert. ZBW-Jahresbericht 2019 5
vision Die ZBW setzt nati- onal und internati- onal Maßstäbe für die moderne Infor- mationsversorgung in den Wirtschafts- wissenschaften. ZBW-Jahresbericht 2019 6
auftrag Als überregionale Informationsinf- rastruktureinrichtung verpflichtet sich die ZBW der zuverlässigen, um- fassenden und nachhaltigen Versor- gung der wirtschaftswissenschaft- lichen Forschungsgemeinschaft mit wirtschaftswissenschaftlichen In- formationen. Dazu gehören Bewah- rung und Ausbau des ein maligen Bestands, die Bereitstellung von einfachen und neuartigen Zugangs wegen zu diesem Bestand sowie eine exzellente Nutzer- und Serviceorien- tierung der ZBW. ZBW-Jahresbericht 2019 7
271 Beschäftigte aus 12 Na heruntergeladene digitale langzeitarchivierte Medie Bände 171 Kooperationen m ternationalen Universität einrichtungen. 99 Vorträg i nternationalen Fachtagun in nationalen und internat laufende drittmittelgeförd Abschlussarbeiten 896.993
ationen 9.661.839 Volltexte 1.199.176 en 9.744 retrodigitalisierte mit nationalen und in- ten und Forschungs- ge auf nationalen und ngen 41 Publikationen tionalen Fachmedien 18 derte Projekte 41 betreute 93 Social Media Views zbw 2019 in zahlen
KURZMELDUNGEN ZBW-Beirat neu bestellt: Open Science Conference 2019 in Berlin diskutierte Open Science in der Praxis: Im Januar ging die Amtszeit dreier Beiratsmitglieder der ZBW (ein- schließlich des Vorsitzenden) zu Ende. Neue Beiratsmitglieder sind Prof. Ste- fan Bender, Prof. Dr. Wilhelm Hass- elbring und Prof. Dr. Karen Gedenk. Der neue Beiratsvorsitzende ist Prof. Dr. Jürgen Schupp, vom Sozio-oekono- mischen Panel (SOEP) am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung B erlin (siehe Foto). Der Leibniz-Forschungsverbund Science 2.0 heißt seit Januar 2019 Open Science: Die ZBW und der Leibniz-Forschungsverbund Open Science luden im März 2019 nach Berlin zur International Open Science Conference. 220 Teilnehmer*innen aus Unter dem Namen „Leibniz-For- Europa, USA, Afrika sowie Nord- und Südamerika diskutierten, wie Open Science im schungsverbund Science 2.0“ unter- täglichen beruflichen Alltag konkret umgesetzt wird. suchte der Verbund seit 2012, wie sich die Nutzung partizipativer Werkzeuge und Plattformen des Internets auf das K10plus – eine gemeinsame Daten- kennen von Predatory Journals, im Forschungs- und Publikationsver- bank mit 200 Millionen Nachweisen: Umgang mit Social Media und beim halten auswirkt – anfangs mit einem Networking in der Forschung, bei der starken Fokus auf sozialen Medien. Da Die ZBW erfasst ihre Daten seit März Impact-Messung sowie beim Manage- sich die Forschungsschwerpunkte der 2019 in der Datenbank K10plus. K10 ment und Teilen von Forschungsdaten. ZBW und des Verbunds immer stärker steht für 10 beteiligte Bundesländer, auf Open Science ausgerichtet haben, das „plus“ für andere einzelne Biblio- hat sich der Verbund 2019 umbenannt theken wie z.B. die Staatsbibliothek zu Über 100 internationale Tagungsteil- und eine neue Strategie verabschiedet. Berlin. Betrieben wird K10plus vom nehmer*innen auf der INCONECSS: Bibliotheksservice-Zentrum Baden- Württemberg (BSZ) und der Verbund- ZBW fördert Kooperation zwi- zentrale des Gemeinsamen Biblio- schen Digitalisierungszentren in theksverbundes (VZG). Die Datenbank Deutschland: umfasst etwa 200 Millionen Bestands- nachweise. Ziel der ZBW ist es, die Retrodigita- lisierungsaktivitäten in Deutschland zu fördern und die Digitalisierungs- Academic Career Kit: Ein Angebot zentren zu vernetzen. Dazu startete speziell für Nachwuchsforschende Die zweite internationale Fachtagung die ZBW im Februar 2019 eine Ver- in den Wirtschaftswissenschaften für Bibliotheken im Bereich wirtschafts- anstaltungsreihe in Kooperation mit ging im März 2019 online: wissenschaftliche Fachinformation „IN- TIB und ZB MED. Der erste Workshop CONECSS – International Conference widmete sich dem Thema „Boutique- Das Academic Career Kit unterstützt on Economics and Business Informa- versus Massendigitalisierung – Orga- beim Finden der passenden Zeitschrift tion“ brachte Bibliothekar*innen, Infor- nisationsformen von Digitalisierungs- für die erste Veröffentlichung, beim mationsfachleute und Forschende aus 33 zentren“. Publizieren in Open Access, beim Er- Ländern und 5 Kontinenten zusammen. ZBW-Jahresbericht 2019 10
KURZMELDUNGEN Nachfrage nach ZBW-Ratgeberbro- ZBW spendet historische Daten an „Semantic Web in Libraries“ schüre übertrifft alle Erwartungen: Wikidata: brachte über 170 Teilnehmende aus 26 Ländern zusammen: Seit Juni 2019 sind über 40.000 Exemp- Über 5.000 Digitalisate von Personen- lare der Handreichung „Schreibe Deine dossiers aus dem historischen ZBW- beste Hausarbeit in den Wirtschaftswis- Pressearchiv stellte die ZBW im Okto- senschaften“ in Deutschland im Umlauf. ber 2019 Wikidata unter CC0-Lizenz Zudem wurde im Dezember die engli- zur Verfügung. sche Übersetzung innerhalb Deutsch- lands verschickt. ZBW wird ausgezeichnet mit Core- TrustSeal für überzeugende digita- EconBiz bündelt Informationen zu le Langzeitarchivierung: übersichtlichen Autorenprofilen: Nach dem Data Seal of Approval 2015 Die EconBiz-Autorenprofile führen und dem nestor-Siegel für vertrauens- Die elfte internationale Konferenz seit September 2019 Informationen würdige Archive 2017 hat die ZBW „Semantic Web in Libraries“, die die zu Autor*innen aus unterschiedlichen 2019 nun das dritte Zertifizierungs- ZBW seit 2009 zusammen mit dem Quellen an einem Ort zusammen. Die verfahren erfolgreich absolviert. Die Hochschulbibliothekszentrum des Informationen stammen aus verschie- ZBW ist in Deutschland die erste Landes Nordrhein-Westfalen orga- denen Linked-Open-Data-Quellen. Institution, die diese drei Zertifizie- nisiert, begrüßte Konferenzteilneh- rungen durchlaufen hat. mer*innen aus Europa, Asien, Nord- amerika und Afrika sowie zahlreiche ZBW wird Siegel berufundfamilie Zugeschaltete per Livestream. überreicht: Studienergebnisse aus Web-Science- Projekt bei „NatureIndex“ zitiert: GO-FAIR-Büro vernetzte 2019 In dem Kooperationsprojekt „OASE“ Daten- und Infrastrukturex- von GESIS – Leibniz-Institut für pert*innen sowie Forschende aus Sozialwissenschaften und ZBW wurde insgesamt 21 Ländern. herausgefunden, dass Artikel, die zunächst als Preprints veröffentlicht wurden, viel häufiger online zitiert und geteilt werden als solche, die nicht als Preprints eingereicht wurden. Die Studienergebnisse wurden in „Nature Index“ zitiert. NatureIndex ist eine Am 25. Juni 2019 zeichnete Bundesfa- Datenbank von Nature Research und milienministerin Dr. Franziska Giffey bietet einen aktuellen Überblick über Einrichtungen aus, die zukunftsweisen- qualitativ hochwertige Forschungs- de Wege gehen, um ihren Beschäftigten ergebnisse und die Zusammenarbeit die Vereinbarkeit von Beruf und Familie auf institutioneller, nationaler und zu ermöglichen. Das Siegel berufund- regionaler Ebene. In zahlreichen Workshops in familie wurde der ZBW für drei Jahre Deutschland und Europa brachte vergeben. Die berufundfamilie Service das GO-FAIR-Büro internationale GmbH prüft jährlich die Entwicklung. Drittmittel für Bestandserhaltung: Akteur*innen zusammen aus Aust- ralien, Belgien, Brasilien, Dänemark, Die ZBW hat 2019 Drittmittel für Deutschland, Frankreich, Griechen- ZBW beteiligt sich an der Beantra- die Bestandserhaltung vom Land land, Großbritannien, Irland, Italien, gung von Konsortien zum Ausbau Schleswig-Holstein erhalten. Mit den Niederlande, Norwegen, Österreich, der Nationalen Forschungsdatenin- akquirierten 50.000 EUR für die Ent- Polen, Portugal, Schweden, Schweiz, frastruktur: säuerung können Bücher behandelt Slowenien, Spanien, Tschechien und werden, die zum Kern des Sammel- den USA. Die ZBW engagiert sich bei der Be- gebiets gehören, sowie Zeitschriften antragung der wirtschaftswissen- und Jahrbücher, die in Deutschland schaftlich ausgerichteten Konsortien Unikate sind. KonsortSWD und BERD@NFDI für den Aufbau der Nationalen Forschungs- dateninfrastruktur. ZBW-Jahresbericht 2019 11
100 Jahre ZBW EIN RÜCKBLICK AUF DAS JUBILÄUMS- JAHR Foto: Sven Wied Am 1. Februar 2019 feierte die ZBW mit Gästen aus dem In- und Ausland ihren 100. Geburtstag. Weitere Bilder unter: www.100jahre.zbw.eu
FESTA KT ZBW-Jahresbericht 2019 13
FESTA KT 2019 meister der Freien und Hansestadt Hamburg, von Dr. Philipp Steinberg, Abteilungsleiter Wirtschaftspolitik im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, sowie von Dr. Ulf Kämpfer, Oberbürgermeister der Landeshaupt- war ein Jubiläumsjahr für die ZBW. Am stadt Kiel. Prof. Dr. Klaus Tochtermann 1. Februar 2019 feierte die ZBW – Leib- richtete in seiner Jubiläumsansprache niz-Informationszentrum Wirtschaft nicht nur einen dankbaren Blick zurück ihren 100. Geburtstag und blickt nun an die Generationen von ZBW-Beschäf- zurück auf einhundert Jahre Biblio- tigten der letzten 100 Jahre, sondern thekshistorie (siehe: 100jahre.zbw. auch einen frohmütigen Blick nach vorn eu). Der Festakt anlässlich des ZBW- auf die Jahre, die die derzeit agierende Jubiläums wurde eröffnet mit einer Generation noch gestalten darf. Zudem Festrede von Prof. Dr. Matthias Kleiner, eröffnete der ZBW-Direktor die Wan- Präsident der Leibniz-Gemeinschaft. derausstellung „Open Up! Wie die Digi- Die Grußworte wurden überreicht von talisierung die Wissenschaft verändert“. Daniel Günther, Ministerpräsident • des Landes Schleswig-Holstein, von Dr. Peter Tschentscher, Erster Bürger- 3 2 1 → Prof. Dr. Matthias Kleiner, Präsident der Leibniz- Gemeinschaft 2 → Dr. Peter Tschentscher, Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg 3 → Dr. Ulf Kämpfer, Oberbürgermeister der Landeshaupt- stadt Kiel 1 ZBW-Jahresbericht 2019 14
4 4 → Prof. Dr. Klaus Tochtermann, Direktor der ZBW, eröffnet die Wanderausstellung „Open UP!“ 5 → Daniel Günther, Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein 5 → Del estin cum quaspe dolorio dit molluptassim si di quas ime vellite 5 ZBW-Jahresbericht 2019 15 5
PODIUMSDISKUSSIONEN Neben den internationalen Fachtagun- gen der ZBW – Open Science Confe- rence, INCONECSS und Semantic Web in Libraries – veranstaltete die ZBW 1 zwei Diskussionsformate, in denen Zukunftsfragen für wissenschaftliche Bibliotheken erörtert wurden. Am 19. Februar 2019 fand eine Podiumsdis- 1 → Prof. Dr. Isabella Peters (ZBW), Prof. Dr. Dirk kussion zum Thema „Digital Librarian“ Lewandowski (HAW Hamburg), Gabriele Fahren statt, in welchem das sich wandelnde krog (J&K – Agentur Jöran und Konsorten) und Berufsbild reflektiert wurde. Am 21. Prof. Dr. Hans-Christoph Hobohm, Fachhoch Oktober 2019 lautete das Thema „Bib- schule Potsdam. Moderation: Nicole Clasen (ZBW). liotheken 2050“. Audiodokumentatio- 2 → Prof. Dr. Isabella Peters nen finden sich auf der Jubiläums-Web- 3 → Prof. Dr. Dirk Lewandowski und Nicole Clasen site 100jahre.zbw.eu. • 2 3 ZBW-Jahresbericht 2019 16
WIRTSCH A FTSSYMPOSIUM 1 2 Anlässlich ihres 100-jährigen Bestehens veranstaltete die ZBW ein Symposium zum Thema „Wirtschaftswissenschaften 3 Digital – Chancen und Herausforder ungen.“ Das Programm wurde gemein- sam mit dem Verband der Hochschul- lehrer für Betriebswirtschaft VHB, dem 1 → Joachim Winter, Professor an der Ludwig-Maximilians- Verein für Socialpolitik VfS und dem Universität in München Rat für Sozial- und Wirtschaftsdaten 2 → Rege Diskussion beim Symposium „Wirtschaftswissen RatSWD zusammengestellt. • schaften Digital - Chancen und Herausforderungen“. Im Bild: Dr. Karolin Herrmann, Geschäftsführerin des Vereins für Socialpolitik 3 → Prof. Dr. Nicola Fuchs-Schündeln, Universität Frankfurt und Vorsitzende des Vereins für Socialpolitik ZBW-Jahresbericht 2019 17
WA NDER AUSSTELLUNG ZBW-Jahresbericht 2019 18
Anlässlich des Jubiläums der ZBW präsentierte die ZBW 2019 eine Wan- derausstellung, die den Titel trug: „Open UP! Wie die Digitalisierung die Wissenschaft verändert“. Die Ausstel- lung hatte zum Ziel, sowohl relevante Hintergrundinformationen über Open Science zu vermitteln als auch die laufende Arbeit der ZBW als Infor- mationsinfrastruktur begreiflich zu machen. Zielgruppen waren zum einen Wissenschaftsinterne, wie Forschen- de der Wirtschaftswissenschaften, wissenschaftliche Partner*innen in Kooperations- und Forschungsprojek- ten, Bibliotheken oder Förderer. Zum anderen adressierte die ZBW Wissen- schaftsexterne. Diese erhielten die Möglichkeit, einmal hinter die Kulissen des Wissenschaftsbetriebes zu blicken und bekamen Hintergrundinforma- tionen, beispielsweise über den Weg eines Forschungsergebnisses hin zum Fachartikel, die Messung wissenschaft- licher Leistung oder den Umgang mit Forschungsdaten. Die Ausstellung war zu Gast in Kiel in der ZBW, in Berlin im Grimm-Zentrum, in München im Deutschen Museum und in Hamburg in der ZBW. 2020 wird die Ausstellung als Leihgabe zu Gast sein in der Hochschule der Medien in Stuttgart, an der Leibniz-Universität Hannover, am Institut für Höhere Studien – Insti- tute for Advanced Studies (IHS) in Wien und an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden. • Aktuelle Informationen unter: www.100jahre.zbw.eu/openup/ ZBW-Jahresbericht 2019 19
JUBIL ÄUMSDESIGN Zum 100. Geburtstag hat die ZBW ein In Vorbereitung ihres Jubiläums hat Aspekte der ZBW-Geschichte in drei Jubiläums-Design entwickelt, bei dem die ZBW sämtliche noch erhaltenen kleinen Bänden zusammengefasst hat. es mehr um die Zukunft ging als um historischen Artefakte zusammen- In den drei Bänden „Erst königlich dann die Vergangenheit. Das Erkennungs- getragen und nach archivarischen weltbekannt“, „Persönlichkeiten“ und merkmal für alle Jubiläumsmaterialien Gesichtspunkten erfasst. Erstmalig „Ein bibliothekarischer Kreis schließt verkörperte Konnektivität als globalen steht der ZBW nun ein historisches sich“ zeichnete die Historikerin Claudia Zukunftstrend, der im Kontext ZBW für Archiv zur eigenen Vergangenheit zur Thorn die 100-jährige Entwicklung die Verbindung digitaler und physischer Verfügung. Mit dieser archivarischen der ZBW nach. Die Bände stehen zum Orte und Medien steht. Aufgabe wurde eine Historikerin beauf- freien Download zur Verfügung unter tragt, die anschließend verschiedene www.100jahre.zbw.eu/geschichte • Screenshots aus dem ZBW-Geschichtsfilm ZBW-Jahresbericht 2019 20
100 JA HRE ZBW BEDEUTEN FÜR MICH „Erstklassige Bereitstellung und Versorgung mit Literatur und Informationen – gestern, heute und morgen.“ Ann-Kathrin Ulrich Diplom-Bibliothekarin, Programmbereich Bestandsentwicklung & Metadaten ZBW-Jahresbericht 2019 21
ZUGÄ NGE SCH A FFEN DIE OPEN-ACCESS- TRANSFORMATION GESTALTEN Illustrationen: Anne Vagt Der digitale Zugang zu wissenschaftlichen Publikationen wäre eigent- lich einfach – gäbe es nicht eine Vielzahl verschiedener Lizenzen und Bezahlschranken, die oft den unmittelbaren Zugang verhindern und offenen wissenschaftlichen Austausch erschweren. Daher gibt es seit einigen Jahren Bemühungen unterschiedlichster Aktivist*innen, dies zu ändern. Auf der einen Seite gibt bzw. gab es die Illegalen. Aaron Swartz zum Beispiel. Er veröffentlichte 2008 das „Guerilla Open Access Manifest“. Darin rief er dazu auf, kostenpflichtige Literatur auf eige- ne Faust herunterzuladen und zu verbreiten. Hashtag #canihazPDF. Oder Alexandra Albakyan und die Schattenbibliothek SciHub – ein Projekt, das seit seinem Start 2011 nicht mehr aus dem wissenschaft- lichen Alltag wegzudenken ist. Auf der legalen Seite steht die Open- Access-Bewegung, die nicht nur kurzfristig den Zugang zu Forschung verbessert, sondern seit der Berliner Erklärung 2003 für einen großen Kulturwandel kämpft. Wir werfen hier einen Blick in die Open-Access- Werkstatt der ZBW. ZBW-Jahresbericht 2019 22
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ZUGÄ NGE SCH A FFEN Die Open-Access-Transformation der ZBW setzt oft auf größere Lizenzierungsvorhaben und nationale Lizenzen auf. Mit dem Verlag Edward Elgar Publishing hat das Lizenzteam der ZBW beispielsweise so einen komplexen Vertrag abge- schlossen. Das Verlagsprogramm dieses britischen Wissen- schaftsverlages umfasst insbesondere Bücher der Wirtschafts- wissenschaften, darunter auch die der US-amerikanischen Wirtschaftsnobelpreisträgerin Elinor Ostrom. Nachdem die ZBW bereits seit 2018 im Rahmen einer Natio- Werkbank I: Verträge mit Verlagen verhandeln nallizenz den Zugang zur E-Book-Collection von Edward Elgar Der Publikationsmarkt für wissenschaftliche Literatur ist Publishing bis zum Erscheinungsjahr 2015 bundesweit anbot, derzeit im großen Open-Access-Umbruch. Dieser Trans- wird dieser Zugang nun mit Förderung der DFG schrittweise formationsprozess hat das Ziel, die freie Zugänglichkeit zu Jahr für Jahr erweitert. Forschungsergebnissen als Standard zu etablieren. Geschäfts- und Lizenzmodelle verändern sich grundlegend und die Akteure im Wissenschaftssystem stehen derzeit vor großen “The honest and thoughtful way the Herausforderungen. licence team at ZBW approached our 95 Prozent der „Big Deals“ in Europa laufen laut einer Stu- collaboration and the trust this engen- die der European University Association bis Ende 2020 aus (http://doi.org/10.5281/zenodo.3487127). „Big Deals“ sind dered enabled us to develop an offer große, oft nationale Lizenzverträge für umfangreiche wissen- schaftliche Zeitschriftenpakete. Nachfolger werden überwie- that will have far reaching benefits for gend sogenannte Offsetting- bzw. Transformationsverträge students, teachers and researchers in sein. Dabei werden neben den herkömmlichen Zugangsrechten zu wissenschaftlichen Zeitschriften auch die Publikationsge- Germany. It also increases the visibility bühren für Open-Access-Veröffentlichungen von Autor*innen der beteiligten Wissenschaftseinrichtungen abgegolten. and access to our books, something we see as a fundamental part of the service → Siehe dazu Grafik zum Open Access Status: https://open-access-monitor.de/#/open-access that we provide to our authors in Ger- Die ZBW als Informationsinfrastruktureinrichtung für Wirt- many and throughout the world.“ schaftswissenschaften begleitet und gestaltet diese Open-Ac- cess-Transformation aktiv mit und verändert sich schrittweise Tim Williams, Managing Director, konsequent zu einem digitalen Knotenpunkt für frei zugängli- Edward Elgar P ublishing che wirtschaftswissenschaftliche Fachinformation. Der Anteil der unmittelbar im Open Access zugänglichen Publikationen über alle Fachgebiete liegt derzeit bei knapp 20 Prozent, wobei die Spannbreite je nach Fachgebiet zwischen 7 Prozent (BWL) und 27 Prozent (Biologie) variiert und die Wirtschaftswissen- schaften insgesamt unter dem Durchschnitt liegen. GLOSSAR Was ist eine Allianzlizenz? Allianzlizenzen sind ein Instrument der DFG, um allen Nutzer*innen in Deutschland Zugriff auf wissenschaft- liche Literatur zu ermöglichen. Die ab 2011 geförderten Allianzlizenzen sind die Fortsetzung der von 2004 bis 2010 geförderten Nationallizenzen. Im Gegensatz zu den kom- plett durch die DFG finanzierten Nationallizenzen haben Allianzlizenzen ein Lizenz- und Finanzierungsmodell, in dem die beteiligten Bibliotheken eine Eigenbeteiligung von circa 75 Prozent der Gesamtkosten aufbringen müssen. ZBW-Jahresbericht 2019 24
ZUGÄ NGE SCH A FFEN Wie ein Offsetting- oder Read&Publish-Vertrag funktioniert, lässt sich am Beispiel des internationalen Großverlages Taylor&Francis mit Sitz in London illustrieren. Der mit der ZBW ausgehandelte Lizenzvertrag ermöglicht seit 2018 allen Instituten der Leibniz-Gemeinschaft mit wirtschaftswissen- schaftlichen Forschungsschwerpunkten den kostenfreien Zugriff auf die von der ZBW bei Taylor&Francis lizenzier- ten Publikationen. Gleichzeitig können Autor*innen dieser Institute in allen Zeitschriften der Verlagsgruppe ohne die sonst üblichen zusätzlichen Publikationsgebühren im Open Access publizieren. In den vergangenen zwei Jahren sind auf DAS TEAM Im Team Lizenzmanagement arbeiten Jens Lazarus, Stefanie Richter, Sindy Wegner und Laura Bickel. Jens Lazarus leitet die Gruppe Bestandsmanagement / Lizenzmanagement. Er verantwortet hier insbesondere die Umstellung auf die digitale Informationsversorgung und die Open-Access-Transformation. Nach seiner Tätigkeit als Information Manager beim British Council Deutschland und der Leitung der Hochschulbibliothek Merseburg war diese Weise 110 wissenschaftliche Aufsätze frei zugänglich Jens Lazarus bis 2016 Erwerbungsleiter an der Universi- publiziert worden. tätsbibliothek Leipzig bevor er an die ZBW wechselte. Das Erfolgsmodell soll in dem Anfang 2020 um zwei Jahre Die Wirtschaftsjuristin Stefanie Richter befasst sich im verlängerten Vertrag modellhaft auf alle Leibniz-Einrichtun- Lizenzmanagement mit der Koordination und Verhand- gen ausgedehnt werden. Dann ist Cross Access möglich. Das lung konsortialer und lokaler Lizenzverträge. Sie begleitet heißt: Die Mitarbeiter*innen sämtlicher Leibniz-Einrich- den Wandel in der Informationsversorgung auch mit Blick tungen können alle von jeweils anderen Instituten abonnier- auf geltendes Urheberrecht. Vor ihrem Wechsel in die ZBW ten Zeitschriften nutzen und in allen Taylor&Francis-Zeit- im Jahr 2010 war sie in der Rechtsabteilung eines privat- schriften im Open Access publizieren. Am Planungshorizont wirtschaftlichen Unternehmens tätig. steht in einer dritten Ausbaustufe ein nationales Konsortium für alle wissenschaftlichen Einrichtungen in Deutschland. Als Wirtschaftsjuristin mit einem Faible für Urheberrecht Die ZBW geht hier über die eigentliche Literaturversorgung und die Copyleft-Bewegung kam Sindy Wegner nach hinaus und funktioniert als Schaltzentrale einer möglichst ihrem Abschluss an der Hochschule Wismar und einem offenen wissenschaftlichen Informationsinfrastruktur. kurzen Zwischenstopp bei IBM zur ZBW. Sindy Wegner ist im Team Lizenzmanagement hauptverantwortlich für die Werkbank II: Unabhängige Fachportale Kommunikation mit wissenschaftlichen Einrichtungen als weiterentwickeln Kundengruppe der elektronischen Lizenzen. Daneben be- Open Access schafft nachweislich Sichtbarkeit für die Wis- treut sie für einzelne elektronische Produkte den gesamten senschaft. Open-Access-Publikationen werden im Schnitt Lebenszyklus einer Lizenz von der Vertragsverhandlung dreimal häufiger von Fachkolleg*innen zitiert. Um weiterhin bis zur Archivierung der Inhalte. zu gewährleisten, dass deutscher wirtschaftswissenschaft- licher Forschungsoutput auch weltweit sichtbar ist, dass die Laura Bickel ist wissenschaftliche Referentin und nimmt deutsche Wissenschaft auch in den USA oder in Asien be- als diplomierte Volkswirtin eine Schnittstelle zwischen merkt wird, setzt die ZBW konsequent auf die Transformati- dem Bestandsmanagement und dem Lizenzmanagement on hin zu einer digitalen Open-Science-Infrastruktur für die ein. Hierbei steht besonders die inhaltliche und themati- Wirtschaftsforschung mit Fokus auf dem Publikationsoutput sche Analyse neuer Produkte bei der Umstellung auf digi- aus der deutschen Wirtschaftsforschung. tale Informationsversorgung und Open-Access-Transfor- mation im Fokus. Vor ihrer Tätigkeit bei der ZBW arbeitete Daher geht es beim Thema Offenheit nicht nur um den Zu- sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für gang, sondern auch um eine damit verbundene hohe Sichtbar- Wirtschaftsethik an der Universität Kiel und als Gastwis- keit der frei zugänglichen Publikationen in Suchmaschinen senschaftlerin an der Loyola Marymount University in Los und Fachdatenbanken. Auch Forschung zu randständigen Angeles (USA). Themen soll gefunden werden können und nicht nur der durch Google und Google Scholar sich selbst verstärkende ZBW-Jahresbericht 2019 25
ZUGÄ NGE SCH A FFEN Forschungs-Mainstream. Open Access bedeutet eben auch eine gerechte Kuratierung von Informationen ohne Privile- gierung von Themen oder Autor*innen. Hier können technische Verfahren (z.B. Such- und Klassifikations-Algorithmen) helfen, auch verborgene Forschungsthemen und -ergebnisse ange- sichts einer stetig anwachsenden Menge an Fachinformationen noch auffinden zu können. Dafür steht das Fachportal EconBiz, welches eine unabhängige und transparente Alternative zu kommerziellen Anbietern ist. In diesem Sinne ist die Optimierung von Suchergebnissen in bibliothekarischen Informationssystemen eine stetige Heraus- forderung u.a. für die Softwareentwicklung in der ZBW. So wurden 2019 als Ergebnis aus dem DFG-Projekt LibRank die EconBiz-Rankingverfahren der eingesetzten Suchtechnologie mit einer Gewichtung auf textstatistische Verfahren ange- passt, so dass auch ältere oder weniger häufig zitierte Literatur („sleeping beauties“) regelmäßig Eingang findet in die vorderen Suchergebnisse. DR. ATHANASIOS MAZARAKIS Werkbank III: User Experience in Fachportalen verbessern ist Diplom-Psychologe, Informatiker und promovier- Wenn wir darüber reden, wie eine Abkehr vom Subskriptions- ter Wirtschaftswissenschaftler in einer Person und modell organisiert werden kann, müssen wir auch über Schat- kennt sich aus mit Motivationsstrukturen, Anreiz- tenbibliotheken sprechen. Die am meisten genutzte ist SciHub. gestaltung, Incentives und Algorithmen. Seit Januar Viele kennen und nutzen sie. Für Wissenschaftler*innen, die im 2014 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter und Post- bisherigen Wertesystem reüssieren wollen, ist SciHub deshalb Doc in den Bereichen Human-Computer Interaction so attraktiv, weil sie nahezu alles finden können. Zahlreiche und Web Science an der ZBW sowie am Institut für Studien haben gezeigt, dass nicht allein der Zugang zu wissen- Informatik an der Christian-Albrechts-Universität schaftlichen Forschungsergebnissen für Wissenschaftler*innen zu Kiel. Dr. Athanasios Mazarakis forscht insbeson- ein ausschlaggebendes Kriterium ist, sondern vor allem die hohe dere an Gamification und softwaregeneriertem und Bedienerfreundlichkeit. Nutzer*innen wollen eine einfache und kontextbasiertem Feedback. Das bedeutet, dass An- intuitiv bedienbare Oberfläche für die Literaturrerche. wender*innen nicht wie sonst zum Beispiel ein „like“ oder einen Daumen rauf oder runter als menschliches Um den wissenschaftlichen Rechercheprozess und den Zu- Feedback bekommen, sondern ein Feedback von einer gang zu Informationen für Forschende und Studierende der Software. Diese soll zudem nur passendes Feedback Wirtschaftswissenschaften so komfortabel wie möglich zu zum Kontext geben. Seine bevorzugte Forschungsme- gestalten, optimiert die Arbeitsgruppe Softwareentwicklung thode sind Feldexperimente und sein Trumpf ist die der ZBW permanent das Fachportal EconBiz. So hat sie 2019 Methodenkombination, die es ihm ermöglicht, sinn- in dem Fachportal EconBiz weitere Suchfelder zur granularen volle von sinnlosen großen Datenmengen zu unter- Suche (z.B. von Dissertationen) eingeführt sowie die Suche über scheiden. Ihm geht es um die Nutzung von Smart Data weitere Datenbestände integriert („Other ZBW resources“). statt nur Big Data zu generieren und auszuwerten. Die „More like this“-Funktionalität – bisher pauschal über alle Titel laufend – wurde auf Journal-Empfehlungen beschränkt. Schließlich hat sie, in Zusammenarbeit mit der Forschungs- Open-Access-Status der Fach- gruppe Web Science, im Rahmen einer beta-Entwicklung we- Hybrid zeitschriftenartikel in Deutsch- sentliche Kontextinformationen zu einem Journal aus externen Bronze 3% land. Die prozentuale Gewichtung B Datenquellen eingebunden, darunter Angaben zu Impact-Fak- 5% basiert auf einer Zuweisung von tor und h-Index, sowie zur Open-Access-Policy. Gold 2.405.133 Publikationszahlen. Gold 8% 8% Werkbank IV: Anreize für Open Access erforschen Guerilla Open Access oder Schattenbibliotheken lösen nicht das Problem fehlender Anreize, Ergebnisse direkt im Wege des Grün Grün Open Access frei verfügbar zu veröffentlichen. Ein bewährtes 16% Open Access 16% Konzept, Anreize zu schaffen, ist Gamification, d.h. die Nutzung 32% von Spielelementen in einem spielfremden Kontext. Das Team Web Science der ZBW hat Gamification im Kontext von Open- Closed Access Access-Nutzung unter Forschenden empirisch untersucht und 68% herausgefunden, dass Gamification Wissenschaftler*innen tat- ZBW-Jahresbericht 2019 26
ZUGÄ NGE SCH A FFEN PAULA BRÄUER hat einen Master in Wirtschaftsinformatik und arbeitet seit 2018 als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der ZBW und am Institut für Informatik an der Christian-Albrechts- Universität zu Kiel. Ihre Forschung befasst sich mit der Verwendung von Gamification in unterschiedlichsten Anwendungsfällen. Neben Anreizen für Open Access sucht sie auch nach Möglichkeiten, spielerische An- sätze in neuen Technologien, wie Augmen- ted Reality und Sprachassistenten (z. B. Amazon Alexa), anzuwenden. sächlich motiviert, sich mit dem Thema Open Access länger zu befassen. Als Vorbereitung für eine sehr viel größere Studie hat die ZBW in einer Feldstudie mit 28 Personen aus drei unterschied- lichen Instituten empirisch untersucht, wie die Spielelemente „Abzeichen“ und „Fortschritts- anzeige“ auf die Motivation beim Ausfüllen eines Online-Quiz zum Thema Open Access wirken. Abzeichen – oder auch Badges genannt – sind visuelle Artefakte, die für er- füllte Aufgaben verliehen werden, ähnlich wie der rote Gürtel beim Judo. Fortschrittsanzeigen sind eher einfaches Feedback und zeigen den Nutzer*innen, wie weit sie schon mit ihrer Aufgabe sind und wieviel ihnen noch bevorsteht. Wir kennen das aus dem Fitnessstudio: Noch vier, noch drei… Das Ergebnis: Die Spielelemente Fortschrittsanzeige und Ab- zeichen haben einen motivierenden Effekt im Kontext eines Open-Access-Quiz. Die Wissenschaftler*innen haben auf freiwilliger Basis in den Bedingungen mit den Spielelemen- ten deutlich mehr Fragen zu Open Access beantwortet, als in der Kontrollgruppe ohne Gamification. Auch wenn dies nur eine kleine explorative Vorstudie ist, kann man davon ausgehen, dass ein solcher Quiz-Ansatz funktioniert, um Wissenschaftler*innen auf die Thematik Open Access aufmerksam zu machen. • Zur Original-Publikation: Bräuer, P.; Mazara- kis, A. (2018): Erhöhung der Motivation für Open Access durch Gamification. In: Proceedings if the Mensch und Computer 2019 Workshop on Gam-R – Gamification Reloaded. DOI: doi.org/10.18420/ muc2019-ws-564 ZBW-Jahresbericht 2019 27
Die Websites w w w.wirtschaftsdienst.eu und w w w.intereconomics.eu bieten ein umfangreiches A rchiv mit Hintergrundartikeln aus den letzten 20 Jahren, die ebenfalls ab Januar 2020 voll ständig frei zugänglich sind. Wirtschaftsdienst und Intereconomics ab 2020 vollständig im Open Access ZBW stellt die beiden wirtschaftspolitischen Fachzeitschriften Wirtschaftsdienst und Intereconomics ab 1. Januar 2020 im Gold Open Access zur Verfügung Die ZBW als Informationsinfrastruktureinrichtung für die Wirtschaftswissenschaften begleitet und gestaltet die Open- Access-Transformation aktiv mit und transformiert sich selbst konsequent zu einem digitalen Knoten für wirtschaftswissen- schaftliche Fachinformation. Dazu setzt die ZBW auf inno- Der Wirtschaftsdienst erscheint vative Geschäftsmodelle mit Verlagen. 2019 hat die ZBW für bereits seit 1916 und gehört damit ihre beiden Zeitschriften „Wirtschaftsdienst“ und „Intereco- zu den traditionsreichsten wirt- nomics“ mit dem Springer Verlag ein Open-Access-Geschäfts- schaftswissenschaftlichen Fach- modell ausgehandelt. Dieses beinhaltet, dass alle Inhalte, die zeitschriften. ab dem 1. Januar 2020 unter der Open-Access-Lizenz (CC-BY) publiziert werden, jede*r Interessierte online lesen kann. Ein freier Zugang verbessert so den Wissenstransfer zwischen der Forschung in den Wirtschaftswissenschaften und entspre- chenden wirtschaftspolitischen Debatten. Downloads zählte die ZBW-Fachzeitschrift Intereconomics 2019. Im Vergleich: 2018 waren es 472.425 Downloads. ZBW-Jahresbericht 2019 28
Intereconomics erscheint seit 1966 und hat 2016 sein 50-jähriges Jubiläum gefeiert. Insgesamt 2.299 Ökonom*in- nen haben in den vergangenen 20 Jahren für den Wirtschafts- dienst geschrieben. Insgesamt 1.126 Autor*innen haben in den vergangenen 20 Jahren für Intereconomics geschrieben. Downloads zählte der Wirtschaftsdienst im Jahr 2019. Zum Vergleich: 2018 Intereconomics erscheint wurden 866.229 Down- alle zwei Monate. loads gezählt. Mehr als 300 Beiträge jährlich werden durch durch das Open-Access- Engagement der ZBW für die breite Öffentlichkeit auf den Zeitschriftenweb- Der Wirtschaftsdienst erscheint sites (wirtschaftsdienst.eu monatlich. und intereconomics.eu) zukünftig frei zugänglich. ZBW-Jahresbericht 2019 29
ZUGÄ NGE SCH A FFEN Literatur schneller erschließen dank Künstlicher Intelligenz Künstliche Intelligenz ist seit vielen hundert Jahren ein Menschheits- traum. Gut bekannt sind die Geschichten rund um den Homunculus, den Golem oder Frankensteins Monster. Seit etwa einem Jahrzehnt ist Künst- liche Intelligenz nun keine Science Fiction oder Laboridee mehr, sondern Teil unseres Alltags. Wir alle kennen Siri, Alexa, DeepL, autonome Fahr- zeuge oder Drohnen. In den digitalen Medien fällt es uns schwer, Bots von Menschen zu unterscheiden. KI kann Entscheidungen und Aktionen übernehmen, die bisher Menschen getroffen und ausgeführt haben. Auch in der ZBW spielen KI-Methoden eine bedeutende Rolle für den digitalen Wandel von Geschäftsabläufen. Ein Praxisbericht. ZBW-Jahresbericht 2019 30
ZUGÄ NGE SCH A FFEN KI-Methoden in den ZBW-Alltag integrieren INHALTSERSCHLIESSUNG Wissenschaftliche Bibliotheken arbeiten derzeit in einem Wissenschaftsbetrieb, in dem laut UNESCO-Wissenschafts- Bei der Inhaltserschließung (auch Sacherschließung bericht weltweit etwa 8 Millionen Forscher*innen publizieren. genannt) arbeitet die ZBW mit einem genormten Wort- Pro Jahr steigt die Zahl wissenschaftlicher Aufsätze um etwa 8 schatz. Der sogenannte „Standard-Thesaurus Wirtschaft“ Prozent. Nun ist es die Kernaufgabe von Bibliotheken, dafür zu (STW) bildet das weltweit umfassendste Fachvokabular sorgen, dass die Nutzer*innen sich in der Menge dieser Veröffent- zur Recherche und Erschließung wirtschaftswissenschaft- lichungen zurechtfinden und schnell und einfach Literatur zu licher Inhalte. Verfügbar in Deutsch und Englisch, umfasst einem bestimmten Thema finden. Dazu werden Textdokumente der STW knapp 6.000 Deskriptoren und über 20.000 mit Metadaten beschrieben. Dieses Beschreiben von Aufsätzen, Synonymverweise. Der STW wird in der ZBW von einem Monografien, Sammelbänden usw. passiert zum einen auf for- interdisziplinären Expertenteam inhaltlich an den aktuel- maler Ebene (Autor*in, Titel, Seitenzahl usw.) und zum anderen len Sprachgebrauch in den Wirtschaftswissenschaften an- auf inhaltlicher Ebene mit einem genormten Wortschatz. Geht es gepasst, kontinuierlich weiterentwickelt und technisch in in dem Dokument beispielsweise um multinationales Marketing vernetzte Informationsumgebungen und innovative Web und internationalen Absatz oder um betriebliche Liquidität und Services eingebunden. Als einer der ersten Thesauri in der Cashflow? Linked Open Data Cloud veröffentlicht, enthält der STW auch Mappings zur GND, dem AGROVOC und zur JEL. Der Allein aus den Wirtschaftswissenschaften erreichen die ZBW STW ist unter der freien Datenbank-Lizenz ODbL (Open jährlich über 100.000 Titel, die auffindbar gemacht werden müs- Database License) 1.0 verfügbar. sen. Zusätzlich entstehen mit dem digitalen Wandel zahlreiche neue Aufgaben für die Beschäftigten der ZBW, die ebenso erfüllt werden wollen. Daher müssen Automatisierungsstrategien ent- wickelt und eingesetzt werden, um auch weiterhin möglichst viele nen vergebene Keywords, weil man annehmen kann, dass diese Publikationen inhaltlich mit der angemessenen fachlichen Tiefe die Publikation möglichst prägnant zusammenfassen, ähnlich zu erschließen. wie ein Abstract. Damit die maschinelle Methode überhaupt ein- setzbar ist, sollten allerdings möglichst viele solche Keywords in Hier bieten Methoden aus der KI, konkret maschinelles Lernen, einem klar definierten Feld in den Metadatensätzen abgelegt sein. großes Potenzial für Erleichterungen bei der Arbeit. Dr. Anna Kasprzik, Leiterin der Arbeitsgruppe Automatisierung Zudem benötigt die Arbeitsgruppe gut strukturierte rechtliche der Sacherschließung, erläutert: „Erste Schritte in der Sacher- Informationen, die auch maschinenlesbar sind, um ihre Algorith- schließung mit Methoden des maschinellen Lernens zu gehen men korrekt im Rahmen der geltenden Text-und-Data-Mining- ist einfach. Diese Methoden dann aber auch auf einen Stand zu Rechte anwenden zu können. Saubere Metadaten sind also nicht bekommen, der unseren hohen Qualitätsansprüchen genügt, ist nur beim Training wichtig, sondern auch in allen Szenarien, für eine sehr komplexe Aufgabe, und mit der Entwicklung eines Pro- die die Maschine trainiert worden ist. totypen ist sie noch lange nicht erfüllt. Unser Ziel ist es, Automa- tisierungslösungen über das Prototypstadium hinaus langfristig Open Science im Kontext Automatisierte Sacherschließung in die tägliche bibliothekarische Praxis einzubringen.“ Auf dem Weg, die automatisierte Sacherschließung in die Praxis zu bringen, hat sich die ZBW 2019 unter anderem eng mit der Trainingsdaten sind das A und O Deutschen Nationalbibliothek und der Nationalbibliothek Um nun Automatisierungslösungen nachhaltig in die täglichen Finnland ausgetauscht. Insbesondere hat die Arbeitsgruppe die Arbeitsabläufe bringen zu können, muss Vorarbeit geleistet wer- finnische Plattform Annif getestet und auf der Fachkonferenz den. Eine grundlegende Voraussetzung sind geeignete Trainings- SWIB – Semantic Web in Libraries wurde ein internationaler An- daten, die der Maschine als Vorbild dienen können. Das sind der- wenderworkshop veranstaltet. Ein wichtiger Schritt war es, das zeit die Metadatensätze, die von Expert*innen der ZBW erstellt hierfür von der ZBW gestellte Trainingsmaterial zusammen mit wurden. Diese Trainingsdaten müssen in ausreichender Menge Übungen zum Selbststudium als Open Data auf GitHub zu ver- und in ausreichender Vielfalt vorliegen. öffentlichen (URL: https://github.com/NatLibFi/Annif-tutorial) Als Textmaterial, aus dem die trainierte Maschine dann ihre Vor- Über die bereits eingesetzten statistischen Verfahren hinaus schläge für STW-Deskriptoren ableitet, werden aktuell nur sehr evaluiert die Arbeitsgruppe ständig aktuelle Ergebnisse aus dem kurze Textpassagen verwendet, etwa der Titel oder von Autor*in- Gebiet der Künstlichen Intelligenz, etwa aus dem Deep Learning. Derzeit wird mit neuronalen Netzen experimentiert, um neue Verfahren zu entwickeln oder auch im Rahmen des bislang ver- Im Jahr 2019 hat die ZBW 131.289 Publikationen formal wendeten Fusion-Ansatzes das Zusammenspiel der einzelnen erschlossen. Intellektuell konnten 26.372 Publikationen Verfahren zu optimieren. Zudem ist es ein Ziel, die Qualitäts- inhaltlich erschlossen werden. Über eine automatisierte abschätzung zu automatisieren, so dass die noch nicht erschlos- Lösung wurden 2019 zusätzlich 86.396 Publikationen senen Dokumente jeweils dem am besten für sie geeigneten inhaltlich erschlossen. (maschinellen oder intellektuellen) Verfahren zugeführt werden können. • ZBW-Jahresbericht 2019 31
Internationaler Einsatz für Open Source in der Bibliothekswelt ZBW-Jahresbericht 2019 32
ZUGÄ NGE SCH A FFEN Bibliotheken nutzen für die computergestützte Verwaltung Teil dieser weltweiten Entwicklergemeinschaft und arbeitet von Budgets, Lizenzen, Ausleihe, Erwerbung oder Metada- in zwei Gruppen mit (im FOLIO-Kontext heißen diese Special tenmanagement verschiedene Software. In der Regel handelt Interest Groups), zum einen in der Fachgruppe Metadaten- es sich um sog. „integrierte“ Bibliothekssysteme, die weltweit Management, zum anderen in der Gruppe Elektronisches seit den 1980er Jahren in großer Vielfalt eingesetzt werden. Ressourcen-Management (ERM). Zudem ist die ZBW eine Pilotbibliothek für die Implementierung der ERM-Anwen- Seit etwa 2012 sind sogenannte „Next Generation Systems“ dungen in der FOLIO-Community. auf dem Markt und in den Bibliotheken herrscht Umbruch- stimmung. Diese neuen Bibliotheksmanagementsysteme Für die internationale FOLIO-Gemeinschaft ist es wichtig, können Daten in der Cloud speichern und verwalten, und dass die ZBW die speziellen Anforderungen aus Deutsch- sie integrieren unterschiedliche Medienarten wie Druck- land mit einbringt. Felix Hemme, Experte für elektronisches schriften, elektronische Publikationen oder Datenbanken. Ressourcen-Management in der ZBW, erklärt: „Nur durch Marktführer für diese cloudbasierten aber proprietären Bib- die Zusammenarbeit und das Einbringen möglichst diverser liotheksmanagementsysteme sind OCLC mit ihrem „WorldS- Perspektiven und Erfahrungen kann hier eine gute offene hare Management Services“ und Ex Libris mit „Alma“. Software entwickelt werden.“ Das FOLIO-Team der ZBW trifft sich regelmäßig zu nationalen Workshops mit der Ver- Viele Bibliotheken setzen zwar diese proprietären Produkte bundzentrale des Gemeinsamen Bibliotheksverbundes und ein, bemängeln jedoch die fehlende Möglichkeit, die Systeme zudem zu Arbeitstreffen auf internationaler Ebene. 2019 auf individuelle Bedürfnisse und Entwicklungen anpassen fand das jährliche FOLIO-Meeting in Washington, D. C. statt. zu können. Für wissenschaftliche Bibliotheken ist es wichtig, Hinzu kommen wöchentliche Online-Treffen in den Special Eigenentwicklungen in das laufende Bibliotheksmanage- Interest Groups. mentsystem zu integrieren und die Software permanent er- weitern zu können. Hinzu kommt, dass Bibliotheken im Zeit- Wie sieht es nun mit der Verwaltung von digitalen Ressour- alter von Open Science nicht nur eigene Software optimieren, cen in der ZBW aus? 2019 bereitete das Team die Verwaltung sondern diese ihren Fachkolleg*innen auch zur Nachnutzung digitaler Ressourcen vor, die 2020 pilotiert werden sollen. zur Verfügung stellen wollen. Dieses offene Arbeiten ist mit Dazu wird eine Vielzahl an Anwendungen implementiert, die den geschlossenen Systemen der Marktführer nicht möglich. über Schnittstellen miteinander kommunizieren können. Ge- nauso wichtig ist es, FOLIO in die bereits existierende Land- Seit 2016 ist das neue Open-Source-Bibliothekssystem schaft deutscher und überregionaler Systeme zu integrieren. FOLIO im Rennen. Hier arbeiten Bibliotheken aus der Open Es beschäftigen sich mehrere Teams aus ganz Deutschland Library Environment (OLE) Community, die Unternehmen damit, Vorgaben für den Datenimport aus dem K10Plus-Ver- EBSCO Information Services und Index Data sowie weitere bundkatalog sowie dem überregionalen ERM-System LAS:eR kommerzielle und nicht-kommerzielle Partner in einer Ent- zu erarbeiten. Ein weiteres Team befasst sich mit dem Daten- wicklergemeinschaft daran, eine Open-Source-Alternative zu export in K10Plus sowie angeschlossene Discovery-Syste- den proprietären Cloudsystemen auf den Markt zu bringen. me wie beispielsweise EconBiz. Diese Arbeiten werden die FOLIO steht für „The Future of Libraries is Open“. Projektpartner auch im Jahr 2020 beschäftigen. The Future of Libraries is Open! • Gestartet in den USA ist FOLIO mittlerweile ein weltweites Projekt mit Entwickler*innen und Bibliotheksexpert*innen aus Amerika, Europa und Asien. Die ZBW ist als Verbundbib- liothek im Gemeinsamen Bibliotheksverbund (GBV) seit 2017 WAS IST OPEN SOURCE? Open Source Software bedeutet, dass der Quelltext der Software öffentlich zugäng- lich und frei verfügbar ist, sprich von Dritten eingesehen, geändert und verwendet werden kann. Open Source ist nicht gleichzusetzen mit kostenlos. Jedoch sind viele Open-Source- Technologien kostenfrei verfügbar, teilweise werden Enterprise-Versionen mit erweiterten Funktionen und Support angeboten. ZBW-Jahresbericht 2019 33
INTERVIEW FAKT ODER FAKE Ein Interview zur Bedeutung von Informations- kompetenz im digitalen Zeitalter Der kritische Umgang mit Quellen aus dem Netz wird in Deutschland nur unzu reichend vermittelt.« Nicole Krüger, Research Guide EconDesk und Recherchetipps ZBW-Jahresbericht 2019 34
ZUGÄ NGE SCH A FFEN Fake-News, Fake-Konferenzen, Fake- Es bleibt also das ganze Studium hin- alltagspraktische Gründe, die für ein Shops: Es wird immer schwieriger, durch eine Unsicherheit. gedrucktes Booklet sprachen. Denn Wahrheit und Manipulation zu unter- die meisten Studierenden legen sich scheiden. Informationskompetenz ist Wie geht die ZBW mit diesem das Heft neben den Rechner, wenn sie zu einer Kulturtechnik geworden, die T hema um? an ihrem Text arbeiten, sozusagen wie mittlerweile so wichtig ist wie Lesen NK: Wir arbeiten hier in der ZBW ja eine Checkliste. und Schreiben. Doch wo lernt man schon seit vielen Jahren auf mehreren das? Wir fragen Nicole Krüger, Exper- Kanälen und mit mehreren Teams Lernt man denn im Studium alle tin für Informationskompetenz in der daran, die Informationskompetenz bei Facetten der Informationskompe- ZBW und Expertin im „Netzwerk Bib- Wirtschaftsstudierenden zu erhöhen, tenz? liothek Medienbildung“ des Deutschen sowohl vor Ort als auch überregional. NK: Nein, im Studium geht es in erster Bibliotheksverbandes. Es gibt Vor-Ort-Lectures und -Bera- Linie darum, das Schreiben einer tungen, Kurse, Spiele, Videos und jetzt wissenschaftlichen Arbeit zu lernen. Wo beginnt die Ausbildung von gibt es auch eine gedruckte Broschüre. Alle Aspekte rund um das Publizieren, Informationskompetenz? Dieses Heft „Schreibe Deine beste ob ich im Open Access publiziere, was NK: Optimalerweise sollte das Thema Hausarbeit in Wirtschaftswissen- dabei zu beachten ist usw., werden ja schon in der Schule aufgegriffen schaften“ ist ein großartiger Erfolg erst in der Promotionszeit relevant. werden. Dort konzentrieren sich die geworden [https://zbw.to/Beste_ Auch das Forschungsdatenmanage- Lehrer*innen bisher aber überwie- Hausarbeit]. 40.000 Broschüren sind gend auf die Vermittlung von Medien- mittlerweile in ganz Deutschland un- kompetenz, die Kommunikation in terwegs. Eine englische Übersetzung Schreibe Deine beste WhatsApp-Gruppen oder den Umgang für alle internationalen Wirtschafts- in Wirtschaftswissenschaften mit Tablets. Der kritische Umgang mit studierenden ist ebenso verschickt. Quellen aus dem Netz wird in Deutsch- Vor allem Dozent*innen der Wirt- land nur unzureichend vermittelt, schaftswissenschaften (74 Prozent) wie die IEA International Computer und wirtschaftswissenschaftliche and Information Literacy Study 2018 Bibliotheken (26 Prozent) haben sich [https://zbw.to/IEA_2018] herausfand. Pakete zusenden lassen, also Multi- KEIN’ BOCK? Was vor dem Internetzeitalter nicht plikator*innen, die wissen, womit ihre Schau Dir an, wie Du die so wichtig war, weil Zeitungen und Studierenden zu kämpfen haben. Sache zum Laufen kriegst. TV-Sender Informationen gefiltert und econbiz econ professionell aufbereitet haben, ist Warum haben Sie das Booklet Find Economic Literature. jetzt im digitalen Zeitalter jedoch eine „Schreibe Deine beste Hausarbeit“ Schlüsselqualifikation. Und Informa- als Printexemplar herausgegeben tionskompetenz heißt nicht nur die und nicht als Online-Text? ment spielt im Studium derzeit kaum Verlässlichkeit einer Quelle einzu- NK: Das Booklet gibt es selbstver- eine Rolle, wird dann aber für Dok- schätzen. Für die Studierenden kommt ständlich auch online zum Download. torand*innen umso wichtiger. Hinzu die Herausforderung dazu, dass sie Wir haben aber im Vorfeld die Bedar- kommt dann noch das große Thema wissenschaftliche Quellen identifizie- fe analysiert und einen eindeutigen Wissenschaftskommunikation. Wie ren, in ihrer Qualität und Bedeutung Wunsch der Studierenden nach Print arbeite ich mit sozialen Medien? für das eigene Thema einschätzen und festgestellt. Und die große Resonanz Welche Kanäle sind wichtig? Das alles richtig zitieren müssen. spricht dafür, dass wir uns hier richtig müssen Nachwuchswissenschaft- entschieden haben. In Zeiten von ler*innen erst lernen. In der Regel Wie steht es denn um die Informa- WhatsApp, TikTok, Snapchat usw. mag müssen sie sich diese Kompetenzen tionskompetenz bei Wirtschafts- es merkwürdig anmuten, etwas Hapti- selbst aneignen, mit Peers sprechen, studierenden? sches in Umlauf zu bringen, d. h. Lern- erfahrene Wissenschaftler*innen NK: Die ZBW hat 2017 einmal Wirt- materialien zum Anfassen. Aber die fragen, YouTube-Videos ansehen schaftsstudierende in ganz Deutsch- Forschung, z. B. die von Wirtschafts- usw., denn eine richtige, strukturier- land gefragt, wie sie selbst ihre nobelpreisträger Daniel Kahnemann, te Doktorandenausbildung gibt es Informationskompetenz reflektie- zeigt, dass Menschen von haptischen derzeit meines Wissens nach höchs- ren [https://zbw.to/IK_2017]. Das Medien besonders angesprochen wer- tens an Graduiertenkollegs. Daneben Ergebnis: Für rund die Hälfte der den, vor allem, wenn es um schnelle gibt es nur vereinzelt Workshops Studierenden ist es schwierig, treff- Bauchentscheidungen geht. (Litera- oder MOOCs [Massive Open Online sichere Suchbegriffe zu finden und die turtipp: https://zbw.to/Kahnemann_ Courses] für die gute wissenschaft- Relevanz von Treffern zu beurteilen. Daniel). Und ob ich mir eine Broschüre liche Praxis im digitalen Zeitalter. Wissenschaftliche Datenbanken ver- zum wissenschaftlichen Arbeiten aus Gleichwohl beobachten wir hier einen wenden nur wenige Studierende für die meiner Bibliothek mitnehme oder riesigen Bedarf. Suche nach Literatur. Dies ändert sich nicht, ist definitiv eine solche Bauch- auch im Verlauf des Studiums nicht. entscheidung. Hinzu kommen ganz ZBW-Jahresbericht 2019 35
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