OpenDer ZBW-Jahresrückblick

 
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                                                                                 Thema:
                                                                            Zugänge schaffen
                                                                            Die Open-Access-
                                                                            Transformation
                                                                                ­gestalten
                                                                                   S. 22

                                  Die ZBW 2019:
 Zugänge schaffen: Literatur schneller erschließen dank Künstlicher Intelligenz, S. 30
      Innovation durch Dialog: Forschungsdatenmanagement gestalten, S. 38
Open Science: Die Bedeutung von Open ­Science in den Wirtschaftswissenschaften, S. 46
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VORWORT

Liebe
              Eine wesentliche Aufgabe der               Wie die COVID-19-Krise zeigt, ist
              ZBW besteht in der Organi-                 die Debatte um die Organisation von
              sation und Bereitstellung von              Wissen, insbesondere die Debatte um

Leserin-
                                                         Open Science, auch deshalb so grundle-
              Wissen. Dabei setzt sich die               gend, weil sie tief in unser Leben reicht
              ZBW mit besonderem Nach-                   und weit über die wissenschaftliche

nen, liebe
              druck für Open Science ein,                Welt hinaus von Bedeutung ist. Offene
              d. h. die Öffnung der Wissen-              Wissenschaft ist wertvoll und nutzen-
                                                         stiftend!
              schaften und dort insbeson-

Leser
              dere die Open-Access-Trans-                Die ZBW nimmt aktiv an der interna-
              formation. Hierdurch soll                  tionalen Debatte um Open Science teil
              die freie Zugänglichkeit von               und gestaltet diese aktiv mit. Die vor-
                                                         liegenden ZBW-Highlights zeigen dies
              wissenschaftlichen Publika-                eindrücklich.
              tionen gewährleistet werden.
                                                         Alle Aspekte der Weiterentwicklung
              Realität in der Wissenschaft ist, dass     der ZBW wurden auch im Jahr 2019 mit
              Forschungsergebnisse heutzutage oft        dem Beirat konstruktiv und kritisch
              nicht im Open Access zur Verfügung         diskutiert. Gerade die unterschied-
              stehen, dass für das Management von        lichen Perspektiven, die im Beirat
              Forschungsdaten Prinzipien, die das        der ZBW zusammenkommen, tragen
              Teilen, die Auffindbarkeit oder die        erheblich zu einer hohen Qualität der
              Nachnutzbarkeit ermöglichen, noch          Ergebnisse bei. Zudem hat sich der Stif-
              nicht weit genug verbreitet sind, und      tungsrat, als zentrales Aufsichtsgre-
              dass der Transfer von Wissen aus der       mium, mit all diesen Themen intensiv
              Forschung in die Politik und Gesell-       befasst und wichtige, richtungswei-
              schaft große Verbesserungspotenziale       sende Entscheidungen für die Ent-
              bietet.                                    wicklung hin zu einer „digitalen ZBW“
                                                         getroffen. Für das während des Jahres
              Wie wichtig die Etablierung von Open       2019 entgegengebrachte Vertrauen sind
              Science ist, zeigt die aktuelle COVID-     wir unserem Beirat und Stiftungsrat zu
              19-Krise, die die Gesellschaft weltweit    tiefem Dank verpflichtet. Schließlich
              betrifft. Den daraus resultierenden        gilt unser Dank den Beschäftigten der
              Druck zur Öffnung aber auch den            ZBW, die sich auf kontinuierlich hohem
              resultierenden Nutzen haben zum Bei-       Niveau für die Leistungserbringung
              spiel Wissenschaftsverlage erkannt.        aber auch die Weiterentwicklung der
              Publikationen sind nicht mehr nur aus      ZBW einsetzen.
              ausschließlich wissenschaftlicher Per-
              spektive relevant, sondern es gibt auch    Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim
              einen hohen gesellschaftlichen Nutzen,     Lesen! •
              wenn man diese frühzeitig zur Ver-
              fügung stellt. Ähnliches gilt auch für     Klaus Tochtermann, Thorsten Meyer,
              Datensätze, die Wissenschaftler*innen      Axinia Braunisch
              nun vermehrt für die Nachnutzung zur
              Verfügung stellen. Mit diesen lässt sich   Kiel/Hamburg, im Mai 2020
              z.B. viel besser nachvollziehen, welche
              Altersgruppen besonders betroffen
              oder wie die Krankheitsverläufe sind.

         ZBW-Jahresbericht 2019     3
OpenDer ZBW-Jahresrückblick
Inhalt
                                                                   Literatur schneller erschließen
                                                                    dank Künstlicher Intelligenz
                                           Auftrag der ZBW                     Seite 30
                                                Seite 6

                                            Vision der ZBW            Internationaler Einsatz ­
                                                 Seite 7               für Open Source in der
                                                                           ­Bibliothekswelt
                                         ZBW 2019 in Zahlen                     Seite 32
                                              Seite 8
                                                                            Interview:
                                           Kurzmeldungen                  Fakt oder Fake?
                                              Seite 10                       Seite 34

                                                                      INNOVATION DURCH
12 Mit „Open UP!“                                                          DIALOG
gastierte die ZBW in Kiel,
Berlin, München und                       100 Jahre ZBW –          Forschungsdatenmanagement
Hamburg.                                Ein Rückblick auf das               gestalten
                                           Jubiläumsjahr                    Seite 38
                                              Seite 12
                                                                         GO FAIR vernetzt
                                                                     ­Forschungsdatenakteure
                                      ZUGÄNGE SCHAFFEN                       weltweit
                                                                             Seite 40

                                                                            Interview:
                                                                        Walking in someone ­
                                                                           else’s shoes
                                                                             Seite 42

                                                                             Interview:
                                                                   Internationale ­Kooperationen:
                                         Die Open-Access-            Vernetzt und inspirierend
                                      Transformation gestalten                Seite 44
                                              Seite 22

                                    Wirtschaftsdienst und Inter-         OPEN SCIENCE ­
                                   economics ab 2020 vollständig
40 Das GO-FAIR-Büro                       im Open Access
                                             Seite 28
                                                                      Die Bedeutung von Open
                                                                    ­Science in den Wirtschafts­
vernetzte 2019 Menschen
aus über 20 Ländern                                                        wissenschaften
miteinander.                                                                   Seite 46

                             ZBW-Jahresbericht 2019   4
OpenDer ZBW-Jahresrückblick
Drittmittel der ZBW 2019
           Seite 51

    Im Austausch mit den
        ­Communities
           Seite 52

 YES! They Can – Wie Schüler-
  vorträge Forscher*innen die
      Sprache verschlagen
            Seite 66

   ZBW-Beschäftigte digital
       ­qualifizieren
          Seite 74

  Anhang – Last but not least
          Seite 76

         Impressum
          Seite 88

                                                             66 Zwölf Schulen aus ganz Deutsch-
                                                             land sowie ein Team aus Großbritannien
                                                             präsentieren auf dem auf dem Bundes­
                                                             finale des Schulkongresses „YES! – Young

22 Wie sich die ZBW schrittweise und
                                                             Economic Summit“ L  ­ ösungsvorschläge
                                                             für Klimaschutz, Integrationsarbeit oder
konsequent zu einem digitalen Knoten-                        Mobilität.
punkt für offene Wirtschaftsinformatio-
nen verändert.

                                ZBW-Jahresbericht 2019   5
OpenDer ZBW-Jahresrückblick
vision

Die ZBW setzt nati-
onal und internati-
onal Maßstäbe für
die moderne Infor-
mationsversorgung
in den Wirtschafts-
wissenschaften.

     ZBW-Jahresbericht 2019   6
OpenDer ZBW-Jahresrückblick
auftrag

Als überregionale Informationsinf-
rastruktureinrichtung ver­pflichtet
sich die ZBW der zuverlässigen, um-
fassenden und nachhaltigen Versor-
gung der wirtschaftswissenschaft-
lichen Forschungsgemeinschaft mit
wirtschaftswissenschaftlichen In-
formationen. Dazu gehören Bewah-
rung und Ausbau des ein­    maligen
Bestands, die Bereitstellung von
einfachen und neuartigen Zugangs­
wegen zu diesem Bestand sowie eine
exzellente Nutzer- und Serviceorien-
tierung der ZBW.

          ZBW-Jahresbericht 2019   7
OpenDer ZBW-Jahresrückblick
271 Beschäftigte aus 12 Na
 ­heruntergeladene digitale
  langzeitarchivierte Medie
  Bände 171 Kooperationen m
  ternationalen Universität
  einrichtungen. 99 Vorträg
i­ nternationalen Fachtagun
  in nationalen und internat
  ­laufende drittmittelgeförd
   Abschlussarbeiten 896.993
OpenDer ZBW-Jahresrückblick
ationen 9.661.839
  Volltexte 1.199.176
en 9.744 retrodigitali­sierte
 mit nationalen und in-
ten und Forschungs-
ge auf nationalen und
 ngen 41 Publikationen
 tionalen Fachmedien 18
 derte Projekte 41 betreute
93 Social Media Views

                   zbw 2019 in zahlen
OpenDer ZBW-Jahresrückblick
KURZMELDUNGEN

ZBW-Beirat neu bestellt:                  Open Science Conference 2019 in Berlin
                                          diskutierte Open Science in der Praxis:

Im Januar ging die Amtszeit dreier
Beiratsmitglieder der ZBW (ein-
schließlich des Vorsitzenden) zu Ende.
Neue Beiratsmitglieder sind Prof. Ste-
fan Bender, Prof. Dr. Wilhelm Hass-
elbring und Prof. Dr. Karen Gedenk.
Der neue Beiratsvorsitzende ist Prof.
Dr. Jürgen Schupp, vom Sozio-oekono-
mischen Panel (SOEP) am Deutschen
Institut für Wirtschaftsforschung
­B erlin (siehe Foto).

Der Leibniz-Forschungsverbund
Science 2.0 heißt seit Januar 2019
Open Science:                             Die ZBW und der Leibniz-Forschungsverbund Open Science luden im März 2019
                                          nach Berlin zur International Open Science Conference. 220 Teilnehmer*innen aus
Unter dem Namen „Leibniz-For-             Europa, USA, Afrika sowie Nord- und Südamerika diskutierten, wie Open Science im
schungsverbund Science 2.0“ unter-        täglichen beruflichen Alltag konkret umgesetzt wird.
suchte der Verbund seit 2012, wie sich
die Nutzung partizipativer Werkzeuge
und Plattformen des Internets auf das     K10plus – eine gemeinsame Daten-          kennen von Predatory Journals, im
Forschungs- und Publikationsver-          bank mit 200 Millionen Nachweisen:        Umgang mit Social Media und beim
halten auswirkt – anfangs mit einem                                                 Networking in der Forschung, bei der
starken Fokus auf sozialen Medien. Da     Die ZBW erfasst ihre Daten seit März      Impact-Messung sowie beim Manage-
sich die Forschungsschwerpunkte der       2019 in der Datenbank K10plus. K10        ment und Teilen von Forschungsdaten.
ZBW und des Verbunds immer stärker        steht für 10 beteiligte Bundesländer,
auf Open Science ausgerichtet haben,      das „plus“ für andere einzelne Biblio-
hat sich der Verbund 2019 umbenannt       theken wie z.B. die Staatsbibliothek zu   Über 100 internationale Tagungsteil-
und eine neue Strategie verabschiedet.    Berlin. Betrieben wird K10plus vom        nehmer*innen auf der INCONECSS:
                                          Bibliotheksservice-Zentrum Baden-
                                          Württemberg (BSZ) und der Verbund-
ZBW fördert Kooperation zwi-              zentrale des Gemeinsamen Biblio-
schen Digitalisierungszentren in          theksverbundes (VZG). Die Datenbank
Deutschland:                              umfasst etwa 200 Millionen Bestands-
                                          nachweise.
Ziel der ZBW ist es, die Retrodigita-
lisierungsaktivitäten in Deutschland
zu fördern und die Digitalisierungs-      Academic Career Kit: Ein Angebot
zentren zu vernetzen. Dazu startete       speziell für Nachwuchsforschende          Die zweite internationale Fachtagung
die ZBW im Februar 2019 eine Ver-         in den Wirtschaftswissenschaften          für Bibliotheken im Bereich wirtschafts-
anstaltungsreihe in Kooperation mit       ging im März 2019 online:                 wissenschaftliche Fachinformation „IN-
TIB und ZB MED. Der erste Workshop                                                  CONECSS – International Conference
widmete sich dem Thema „Boutique-         Das Academic Career Kit unterstützt       on Economics and Business Informa-
versus Massendigitalisierung – Orga-      beim Finden der passenden Zeitschrift     tion“ brachte Bibliothekar*innen, Infor-
nisationsformen von Digitalisierungs-     für die erste Veröffentlichung, beim      mationsfachleute und Forschende aus 33
zentren“.                                 Publizieren in Open Access, beim Er-      Ländern und 5 Kontinenten zusammen.

                                     ZBW-Jahresbericht 2019    10
KURZMELDUNGEN

Nachfrage nach ZBW-Ratgeberbro-             ZBW spendet historische Daten an           „Semantic Web in Libraries“
schüre übertrifft alle Erwartungen:         Wikidata:                                  brachte über 170 Teilnehmende aus
                                                                                       26 Ländern zusammen:
Seit Juni 2019 sind über 40.000 Exemp-      Über 5.000 Digitalisate von Personen-
lare der Handreichung „Schreibe Deine       dossiers aus dem historischen ZBW-
beste Hausarbeit in den Wirtschaftswis-     Pressearchiv stellte die ZBW im Okto-
senschaften“ in Deutschland im Umlauf.      ber 2019 Wikidata unter CC0-­Lizenz
Zudem wurde im Dezember die engli-          zur Verfügung.
sche Übersetzung innerhalb Deutsch-
lands verschickt.
                                            ZBW wird ausgezeichnet mit Core-
                                            TrustSeal für überzeugende digita-
EconBiz bündelt Informationen zu            le Langzeitarchivierung:
übersichtlichen Autorenprofilen:
                                            Nach dem Data Seal of Approval 2015
Die EconBiz-Autorenprofile führen           und dem nestor-Siegel für vertrauens-      Die elfte internationale Konferenz
seit September 2019 Informationen           würdige Archive 2017 hat die ZBW           „Semantic Web in Libraries“, die die
zu Autor*innen aus unterschiedlichen        2019 nun das dritte Zertifizierungs-       ZBW seit 2009 zusammen mit dem
Quellen an einem Ort zusammen. Die          verfahren erfolgreich absolviert. Die      Hochschulbibliothekszentrum des
Informationen stammen aus verschie-         ZBW ist in Deutschland die erste           Landes Nordrhein-Westfalen orga-
denen Linked-Open-Data-Quellen.             Institution, die diese drei Zertifizie-    nisiert, begrüßte Konferenzteilneh-
                                            rungen durchlaufen hat.                    mer*innen aus Europa, Asien, Nord-
                                                                                       amerika und Afrika sowie zahlreiche
ZBW wird Siegel berufundfamilie                                                        Zugeschaltete per Livestream.
überreicht:                                 Studienergebnisse aus Web-Science-
                                            Projekt bei „NatureIndex“ zitiert:
                                                                                       GO-FAIR-Büro vernetzte 2019
                                            In dem Kooperationsprojekt „OASE“          Daten- und Infrastrukturex-
                                            von GESIS – Leibniz-Institut für           pert*innen sowie Forschende aus
                                            Sozialwissenschaften und ZBW wurde         insgesamt 21 Ländern.
                                            herausgefunden, dass Artikel, die
                                            zunächst als Preprints veröffentlicht
                                            wurden, viel häufiger online zitiert
                                            und geteilt werden als solche, die nicht
                                            als Preprints eingereicht wurden. Die
                                            Studienergebnisse wurden in „Nature­
                                            Index“ zitiert. NatureIndex ist eine
Am 25. Juni 2019 zeichnete Bundesfa-        Datenbank von Nature Research und
milienministerin Dr. Franziska Giffey       bietet einen aktuellen Überblick über
Einrichtungen aus, die zukunftsweisen-      qualitativ hochwertige Forschungs-
de Wege gehen, um ihren Beschäftigten       ergebnisse und die Zusammenarbeit
die Vereinbarkeit von Beruf und Familie     auf institutioneller, nationaler und
zu ermöglichen. Das Siegel berufund-        regionaler Ebene.                          In zahlreichen Workshops in
familie wurde der ZBW für drei Jahre                                                   Deutschland und Europa brachte
vergeben. Die berufundfamilie Service                                                  das GO-FAIR-Büro internationale
GmbH prüft jährlich die Entwicklung.        Drittmittel für Bestandserhaltung:         Akteur*innen zusammen aus Aust-
                                                                                       ralien, Belgien, Brasilien, Dänemark,
                                            Die ZBW hat 2019 Drittmittel für           Deutschland, Frankreich, Griechen-
ZBW beteiligt sich an der Beantra-          die Bestandserhaltung vom Land             land, Großbritannien, Irland, Italien,
gung von Konsortien zum Ausbau              Schleswig-Holstein erhalten. Mit den       Niederlande, Norwegen, Österreich,
der Nationalen Forschungsdatenin-           akquirierten 50.000 EUR für die Ent-       Polen, Portugal, Schweden, Schweiz,
frastruktur:                                säuerung können Bücher behandelt           Slowenien, Spanien, Tschechien und
                                            werden, die zum Kern des Sammel-           den USA.
Die ZBW engagiert sich bei der Be-          gebiets gehören, sowie Zeitschriften
antragung der wirtschaftswissen-            und Jahrbücher, die in Deutschland
schaftlich ausgerichteten Konsortien        Unikate sind.
KonsortSWD und BERD@NFDI für
den Aufbau der Nationalen Forschungs-
dateninfrastruktur.

                                       ZBW-Jahresbericht 2019     11
100 Jahre ZBW
EIN RÜCKBLICK AUF
DAS JUBILÄUMS-
JAHR

Foto:
Sven Wied

Am 1. Februar 2019
feierte die ZBW mit
Gästen aus dem In-
und Ausland ihren
100. Geburtstag.

Weitere Bilder unter:
www.100jahre.zbw.eu
FESTA KT

ZBW-Jahresbericht 2019   13
FESTA KT

   2019
                                           meister der Freien und Hansestadt
                                           Hamburg, von Dr. ­Philipp Steinberg,
                                           Abteilungsleiter Wirtschaftspolitik im
                                           Bundesministerium für Wirtschaft und
                                           Energie, sowie von Dr. Ulf Kämpfer,
                                           Oberbürgermeister der Landeshaupt-
war ein Jubiläumsjahr für die ZBW. Am      stadt Kiel. Prof. Dr. Klaus Tochtermann
1. Februar 2019 feierte die ZBW – Leib-    richtete in seiner Jubiläumsansprache
niz-Informationszentrum Wirtschaft         nicht nur einen dankbaren Blick zurück
ihren 100. Geburtstag und blickt nun       an die Generationen von ZBW-Beschäf-
zurück auf einhundert Jahre Biblio-        tigten der letzten 100 Jahre, sondern
thekshistorie (siehe: 100jahre.zbw.        auch einen frohmütigen Blick nach vorn
eu). Der Festakt anlässlich des ZBW-       auf die Jahre, die die derzeit agierende
Jubiläums wurde eröffnet mit einer         Generation noch gestalten darf. Zudem
Festrede von Prof. Dr. Matthias Kleiner,   eröffnete der ZBW-Direktor die Wan-
Präsident der Leibniz-Gemeinschaft.        derausstellung „Open Up! Wie die Digi-
Die Grußworte wurden überreicht von        talisierung die Wissenschaft verändert“.
Daniel Günther, Ministerpräsident          •

des Landes Schleswig-Holstein, von
Dr. Peter Tschentscher, Erster Bürger-

                                                                                                                     3

                                                                                                                     2

                                                                 1 → Prof. Dr. Matthias Kleiner, Präsident der Leibniz-
                                                                 Gemeinschaft
                                                                 2 → Dr. Peter Tschentscher, Erster Bürgermeister der
                                                                 Freien und Hansestadt Hamburg
                                                                 3 → Dr. Ulf Kämpfer, Oberbürgermeister der Landeshaupt-
                                                                 stadt Kiel
                                                   1

                                      ZBW-Jahresbericht 2019     14
4

4 → Prof. Dr. Klaus Tochtermann, Direktor der ZBW, eröffnet die Wanderausstellung „Open UP!“
5 → Daniel Günther, Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein

5 → Del estin cum quaspe dolorio dit molluptassim si di quas ime vellite

                                                                                               5

                        ZBW-Jahresbericht 2019       15                                        5
PODIUMSDISKUSSIONEN

Neben den internationalen Fachtagun-
gen der ZBW – Open Science Confe-
rence, INCONECSS und Semantic Web
in Libraries – veranstaltete die ZBW                                                                                 1
zwei Diskussionsformate, in denen
Zukunftsfragen für wissenschaftliche
Bibliotheken erörtert wurden. Am 19.
Februar 2019 fand eine Podiumsdis-                                     1 → Prof. Dr. Isabella Peters (ZBW), Prof. Dr. Dirk
kussion zum Thema „Digital Librarian“                                  Lewandowski (HAW Hamburg), Gabriele Fahren­
statt, in welchem das sich wandelnde                                   krog (J&K – Agentur Jöran und Konsorten) und
Berufsbild reflektiert wurde. Am 21.                                   Prof. Dr. Hans-Christoph Hobohm, Fachhoch­
Oktober 2019 lautete das Thema „Bib-                                   schule Potsdam. Moderation: Nicole Clasen (ZBW).
liotheken 2050“. Audiodokumentatio-                                    2 → Prof. Dr. Isabella Peters
nen finden sich auf der Jubiläums-Web-                                 3 → Prof. Dr. Dirk Lewandowski und Nicole Clasen
site 100jahre.zbw.eu. •                                            2

                                                                                                                     3

                                     ZBW-Jahresbericht 2019   16
WIRTSCH A FTSSYMPOSIUM

                                                                                                                        1

                                                      2

Anlässlich ihres 100-jährigen Bestehens
veranstaltete die ZBW ein Symposium
zum Thema „Wirtschaftswissenschaften                                                                                    3
Digital – Chancen und Herausforder­
ungen.“ Das Programm wurde gemein-
sam mit dem Verband der Hochschul-
lehrer für Betriebswirtschaft VHB, dem                        1 → Joachim Winter, Professor an der Ludwig-Maximilians-­
Verein für Socialpolitik VfS und dem                          Universität in München
Rat für Sozial- und Wirtschaftsdaten                          2 → Rege Diskussion beim Symposium „Wirtschaftswissen­
RatSWD zusammengestellt. •                                    schaften Digital - Chancen und Herausforderungen“.
                                                              Im Bild: Dr. Karolin Herrmann, Geschäftsführerin des Vereins
                                                              für Socialpolitik
                                                              3 → Prof. Dr. Nicola Fuchs-Schündeln, Universität Frankfurt und
                                                              Vorsitzende des Vereins für Socialpolitik

                                     ZBW-Jahresbericht 2019   17
WA NDER AUSSTELLUNG

ZBW-Jahresbericht 2019   18
Anlässlich des Jubiläums der ZBW
präsentierte die ZBW 2019 eine Wan-
derausstellung, die den Titel trug:
„Open UP! Wie die Digitalisierung die
Wissenschaft verändert“. Die Ausstel-
lung hatte zum Ziel, sowohl relevante
Hintergrundinformationen über Open
Science zu vermitteln als auch die
laufende Arbeit der ZBW als Infor-
mationsinfrastruktur begreiflich zu
machen. Zielgruppen waren zum einen
Wissenschaftsinterne, wie Forschen-
de der Wirtschaftswissenschaften,
wissenschaftliche Partner*innen in
Kooperations- und Forschungsprojek-
ten, Bibliotheken oder Förderer. Zum
anderen adressierte die ZBW Wissen-
schaftsexterne. Diese erhielten die
Möglichkeit, einmal hinter die Kulissen
des Wissenschaftsbetriebes zu blicken
und bekamen Hintergrundinforma-
tionen, beispielsweise über den Weg
eines Forschungsergebnisses hin zum
Fachartikel, die Messung wissenschaft-
licher Leistung oder den Umgang mit
Forschungsdaten.

Die Ausstellung war zu Gast in Kiel in
der ZBW, in Berlin im Grimm-Zentrum,
in München im Deutschen Museum und
in Hamburg in der ZBW. 2020 wird die
Ausstellung als Leihgabe zu Gast sein in
der Hochschule der Medien in Stuttgart,
an der Leibniz-Universität Hannover,
am Institut für Höhere Studien – Insti-
tute for Advanced Studies (IHS) in Wien
und an der Hochschule für Technik und
Wirtschaft Dresden. •

  Aktuelle Informationen unter:
  www.100jahre.zbw.eu/openup/

                                      ZBW-Jahresbericht 2019   19
JUBIL ÄUMSDESIGN

Zum 100. Geburtstag hat die ZBW ein       In Vorbereitung ihres Jubiläums hat      Aspekte der ZBW-Geschichte in drei
Jubiläums-Design entwickelt, bei dem      die ZBW sämtliche noch erhaltenen        kleinen Bänden zusammengefasst hat.
es mehr um die Zukunft ging als um        historischen Artefakte zusammen-         In den drei Bänden „Erst königlich dann
die Vergangenheit. Das Erkennungs-        getragen und nach archivarischen         weltbekannt“, „Persönlichkeiten“ und
merkmal für alle Jubiläumsmaterialien     Gesichtspunkten erfasst. Erstmalig       „Ein bibliothekarischer Kreis schließt
verkörperte Konnektivität als globalen    steht der ZBW nun ein historisches       sich“ zeichnete die Historikerin Claudia
Zukunftstrend, der im Kontext ZBW für     Archiv zur eigenen Vergangenheit zur     Thorn die 100-jährige Entwicklung
die Verbindung digitaler und physischer   Verfügung. Mit dieser archivarischen     der ZBW nach. Die Bände stehen zum
Orte und Medien steht.                    Aufgabe wurde eine Historikerin beauf-   freien Download zur Verfügung unter
                                          tragt, die anschließend verschiedene     www.100jahre.zbw.eu/geschichte •

Screenshots aus dem ZBW-Geschichtsfilm

                                     ZBW-Jahresbericht 2019    20
100 JA HRE ZBW BEDEUTEN FÜR MICH

„Erstklassige Bereitstellung
 und Versorgung mit Literatur
 und Informationen – gestern,
 heute und morgen.“
Ann-Kathrin Ulrich
Diplom-Bibliothekarin, Programmbereich
Bestandsentwicklung & Metadaten

                          ZBW-Jahresbericht 2019   21
ZUGÄ NGE SCH A FFEN

DIE OPEN-ACCESS-
TRANSFORMATION
GESTALTEN
Illustrationen: Anne Vagt

Der digitale Zugang zu wissenschaftlichen Publikationen wäre eigent-
lich einfach – gäbe es nicht eine Vielzahl verschiedener Lizenzen und
Bezahlschranken, die oft den unmittelbaren Zugang verhindern und
offenen wissenschaftlichen Austausch erschweren. Daher gibt es seit
einigen Jahren Bemühungen unterschiedlichster Aktivist*innen, dies
zu ändern. Auf der einen Seite gibt bzw. gab es die Illegalen. Aaron
Swartz zum Beispiel. Er veröffentlichte 2008 das „Guerilla Open Access
Manifest“. Darin rief er dazu auf, kostenpflichtige Literatur auf eige-
ne Faust herunterzuladen und zu verbreiten. Hashtag #canihazPDF.
Oder Alexandra Albakyan und die Schattenbibliothek SciHub – ein
Projekt, das seit seinem Start 2011 nicht mehr aus dem wissenschaft-
lichen Alltag wegzudenken ist. Auf der legalen Seite steht die Open-
Access-­Bewegung, die nicht nur kurzfristig den Zugang zu Forschung
verbessert, sondern seit der Berliner Erklärung 2003 für einen großen
Kulturwandel kämpft. Wir werfen hier einen Blick in die Open-Access-
Werkstatt der ZBW.

                        ZBW-Jahresbericht 2019   22
ZBW-Jahresbericht 2019   23
ZUGÄ NGE SCH A FFEN

                                                                  Die Open-Access-Transformation der ZBW setzt oft auf
                                                                  größere Lizenzierungsvorhaben und nationale Lizenzen auf.
                                                                  Mit dem Verlag Edward Elgar Publishing hat das Lizenzteam
                                                                  der ZBW beispielsweise so einen komplexen Vertrag abge-
                                                                  schlossen. Das Verlagsprogramm dieses britischen Wissen-
                                                                  schaftsverlages umfasst insbesondere Bücher der Wirtschafts-
                                                                  wissenschaften, darunter auch die der US-amerikanischen
                                                                  Wirtschaftsnobelpreisträgerin Elinor Ostrom.

                                                                  Nachdem die ZBW bereits seit 2018 im Rahmen einer Natio-
Werkbank I: Verträge mit Verlagen verhandeln                      nallizenz den Zugang zur E-Book-Collection von Edward Elgar
Der Publikationsmarkt für wissenschaftliche Literatur ist         Publishing bis zum Erscheinungsjahr 2015 bundesweit anbot,
derzeit im großen Open-Access-Umbruch. Dieser Trans-              wird dieser Zugang nun mit Förderung der DFG schrittweise
formationsprozess hat das Ziel, die freie Zugänglichkeit zu       Jahr für Jahr erweitert.
Forschungsergebnissen als Standard zu etablieren. Geschäfts-
und Lizenzmodelle verändern sich grundlegend und die
Akteure im Wissenschaftssystem stehen derzeit vor großen           “The honest and thoughtful way the
Herausforderungen.                                                  licence team at ZBW approached our
95 Prozent der „Big Deals“ in Europa laufen laut einer Stu-         collaboration and the trust this engen-
die der European University Association bis Ende 2020 aus
(http://doi.org/10.5281/zenodo.3487127). „Big Deals“ sind           dered enabled us to develop an offer
große, oft nationale Lizenzverträge für umfangreiche wissen-
schaftliche Zeitschriftenpakete. Nachfolger werden überwie-
                                                                    that will have far reaching benefits for
gend sogenannte Offsetting- bzw. Transformationsverträge            students, teachers and researchers in
sein. Dabei werden neben den herkömmlichen Zugangsrechten
zu wissenschaftlichen Zeitschriften auch die Publikationsge-        Germany. It also increases the visibility
bühren für Open-Access-Veröffentlichungen von Autor*innen
der beteiligten Wissenschaftseinrichtungen abgegolten.              and access to our books, something we
                                                                    see as a fundamental part of the service
→ Siehe dazu Grafik zum Open Access Status:
  https://open-access-­monitor.de/#/open-access                     that we provide to our authors in Ger-
Die ZBW als Informationsinfrastruktureinrichtung für Wirt-          many and throughout the world.“
schaftswissenschaften begleitet und gestaltet diese Open-Ac-
cess-Transformation aktiv mit und verändert sich schrittweise       Tim Williams, Managing Director,
konsequent zu einem digitalen Knotenpunkt für frei zugängli-        Edward Elgar P
                                                                                 ­ ublishing
che wirtschaftswissenschaftliche Fachinformation. Der Anteil
der unmittelbar im Open Access zugänglichen Publikationen
über alle Fachgebiete liegt derzeit bei knapp 20 Prozent, wobei
die Spannbreite je nach Fachgebiet zwischen 7 Prozent (BWL)
und 27 Prozent (Biologie) variiert und die Wirtschaftswissen-
schaften insgesamt unter dem Durchschnitt liegen.

 GLOSSAR

 Was ist eine Allianzlizenz?

 Allianzlizenzen sind ein Instrument der DFG, um allen
 Nutzer*innen in Deutschland Zugriff auf wissenschaft-
 liche Literatur zu ermöglichen. Die ab 2011 geförderten
 Allianzlizenzen sind die Fortsetzung der von 2004 bis 2010
 geförderten Nationallizenzen. Im Gegensatz zu den kom-
 plett durch die DFG finanzierten Nationallizenzen haben
 Allianzlizenzen ein Lizenz- und Finanzierungsmodell, in
 dem die beteiligten Bibliotheken eine Eigenbeteiligung von
 circa 75 Prozent der Gesamtkosten aufbringen müssen.

                                      ZBW-Jahresbericht 2019      24
ZUGÄ NGE SCH A FFEN

Wie ein Offsetting- oder Read&Publish-Vertrag funktioniert,
lässt sich am Beispiel des internationalen Großverlages
Taylor&Francis mit Sitz in London illustrieren. Der mit der
ZBW ausgehandelte Lizenzvertrag ermöglicht seit 2018 allen
Instituten der Leibniz-Gemeinschaft mit wirtschaftswissen-
schaftlichen Forschungsschwerpunkten den kostenfreien
Zugriff auf die von der ZBW bei Taylor&Francis lizenzier-
ten Publikationen. Gleichzeitig können Autor*innen dieser
Institute in allen Zeitschriften der Verlagsgruppe ohne die
sonst üblichen zusätzlichen Publikationsgebühren im Open
Access publizieren. In den vergangenen zwei Jahren sind auf

  DAS TEAM

  Im Team Lizenzmanagement arbeiten Jens Lazarus,
  Stefanie Richter, Sindy Wegner und Laura Bickel.

  Jens Lazarus leitet die Gruppe Bestandsmanagement /
  Lizenzmanagement. Er verantwortet hier insbesondere die
  Umstellung auf die digitale Informationsversorgung und
  die Open-Access-Transformation. Nach seiner Tätigkeit als
  Information Manager beim British Council Deutschland
  und der Leitung der Hochschulbibliothek Merseburg war         diese Weise 110 wissenschaftliche Aufsätze frei zugänglich
  Jens Lazarus bis 2016 Erwerbungsleiter an der Universi-       publiziert worden.
  tätsbibliothek Leipzig bevor er an die ZBW wechselte.
                                                                Das Erfolgsmodell soll in dem Anfang 2020 um zwei Jahre
  Die Wirtschaftsjuristin Stefanie Richter befasst sich im      verlängerten Vertrag modellhaft auf alle Leibniz-Einrichtun-
  Lizenzmanagement mit der Koordination und Verhand-            gen ausgedehnt werden. Dann ist Cross Access möglich. Das
  lung konsortialer und lokaler Lizenzverträge. Sie begleitet   heißt: Die Mitarbeiter*innen sämtlicher Leibniz-Einrich-
  den Wandel in der Informationsversorgung auch mit Blick       tungen können alle von jeweils anderen Instituten abonnier-
  auf geltendes Urheberrecht. Vor ihrem Wechsel in die ZBW      ten Zeitschriften nutzen und in allen Taylor&Francis-Zeit-
  im Jahr 2010 war sie in der Rechtsabteilung eines privat-     schriften im Open Access publizieren. Am Planungshorizont
  wirtschaftlichen Unternehmens tätig.                          steht in einer dritten Ausbaustufe ein nationales Konsortium
                                                                für alle wissenschaftlichen Einrichtungen in Deutschland.
  Als Wirtschaftsjuristin mit einem Faible für Urheberrecht     Die ZBW geht hier über die eigentliche Literaturversorgung
  und die Copyleft-Bewegung kam Sindy Wegner nach               hinaus und funktioniert als Schaltzentrale einer möglichst
  ihrem Abschluss an der Hochschule Wismar und einem            offenen wissenschaftlichen Informationsinfrastruktur.
  kurzen Zwischenstopp bei IBM zur ZBW. Sindy Wegner ist
  im Team Lizenzmanagement hauptverantwortlich für die           Werkbank II: Unabhängige Fachportale
  Kommunikation mit wissenschaftlichen Einrichtungen als        ­weiterentwickeln
  Kundengruppe der elektronischen Lizenzen. Daneben be-          Open Access schafft nachweislich Sichtbarkeit für die Wis-
  treut sie für einzelne elektronische Produkte den gesamten     senschaft. Open-Access-Publikationen werden im Schnitt
  Lebenszyklus einer Lizenz von der Vertragsverhandlung          dreimal häufiger von Fachkolleg*innen zitiert. Um weiterhin
  bis zur Archivierung der Inhalte.                              zu gewährleisten, dass deutscher wirtschaftswissenschaft-
                                                                 licher Forschungsoutput auch weltweit sichtbar ist, dass die
  Laura Bickel ist wissenschaftliche Referentin und nimmt        deutsche Wissenschaft auch in den USA oder in Asien be-
  als diplomierte Volkswirtin eine Schnittstelle zwischen        merkt wird, setzt die ZBW konsequent auf die Transformati-
  dem Bestandsmanagement und dem Lizenzmanagement                on hin zu einer digitalen Open-Science-Infrastruktur für die
  ein. Hierbei steht besonders die inhaltliche und themati-      Wirtschaftsforschung mit Fokus auf dem Publikationsoutput
  sche Analyse neuer Produkte bei der Umstellung auf digi-       aus der deutschen Wirtschaftsforschung.
  tale Informationsversorgung und Open-Access-Transfor-
  mation im Fokus. Vor ihrer Tätigkeit bei der ZBW arbeitete    Daher geht es beim Thema Offenheit nicht nur um den Zu-
  sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für      gang, sondern auch um eine damit verbundene hohe Sichtbar-
  Wirtschaftsethik an der Universität Kiel und als Gastwis-     keit der frei zugänglichen Publikationen in Suchmaschinen
  senschaftlerin an der Loyola Marymount University in Los      und Fachdatenbanken. Auch Forschung zu randständigen
  Angeles (USA).                                                Themen soll gefunden werden können und nicht nur der
                                                                durch Google und Google Scholar sich selbst verstärkende

                                       ZBW-Jahresbericht 2019   25
ZUGÄ NGE SCH A FFEN

Forschungs-Mainstream. Open Access bedeutet eben auch
eine gerechte Kuratierung von Informationen ohne Privile-
gierung von Themen oder Autor*innen. Hier können technische
Verfahren (z.B. Such- und Klassifikations-Algorithmen) helfen,
auch verborgene Forschungsthemen und -ergebnisse ange-
sichts einer stetig anwachsenden Menge an Fachinformationen
noch auffinden zu können. Dafür steht das Fachportal EconBiz,
welches eine unabhängige und transparente Alternative zu
kommerziellen Anbietern ist.

In diesem Sinne ist die Optimierung von Suchergebnissen in
bibliothekarischen Informationssystemen eine stetige Heraus-
forderung u.a. für die Softwareentwicklung in der ZBW. So
wurden 2019 als Ergebnis aus dem DFG-Projekt LibRank die
EconBiz-Rankingverfahren der eingesetzten Suchtechnologie
mit einer Gewichtung auf textstatistische Verfahren ange-
passt, so dass auch ältere oder weniger häufig zitierte Literatur
(„sleeping beauties“) regelmäßig Eingang findet in die vorderen
Suchergebnisse.
                                                                           DR. ATHANASIOS MAZARAKIS
Werkbank III: User Experience in Fachportalen
­v­erbessern                                                               ist Diplom-Psychologe, Informatiker und promovier-
 Wenn wir darüber reden, wie eine Abkehr vom Subskriptions-                ter Wirtschaftswissenschaftler in einer Person und
 modell organisiert werden kann, müssen wir auch über Schat-               kennt sich aus mit Motivationsstrukturen, Anreiz-
 tenbibliotheken sprechen. Die am meisten genutzte ist SciHub.             gestaltung, Incentives und Algorithmen. Seit Januar
 Viele kennen und nutzen sie. Für Wissenschaftler*innen, die im            2014 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter und Post-
 bisherigen Wertesystem reüssieren wollen, ist SciHub deshalb              Doc in den Bereichen Human-Computer Interaction
 so attraktiv, weil sie nahezu alles finden können. Zahlreiche             und Web Science an der ZBW sowie am Institut für
 Studien haben gezeigt, dass nicht allein der Zugang zu wissen-            Informatik an der Christian-Albrechts-Universität
 schaftlichen Forschungsergebnissen für Wissenschaftler*innen              zu Kiel. Dr. Athanasios Mazarakis forscht insbeson-
 ein ausschlaggebendes Kriterium ist, sondern vor allem die hohe           dere an Gamification und softwaregeneriertem und
 Bedienerfreundlichkeit. Nutzer*innen wollen eine einfache und             kontextbasiertem Feedback. Das bedeutet, dass An-
 intuitiv bedienbare Oberfläche für die Literaturrerche.                   wender*innen nicht wie sonst zum Beispiel ein „like“
                                                                           oder einen Daumen rauf oder runter als menschliches
Um den wissenschaftlichen Rechercheprozess und den Zu-                     Feedback bekommen, sondern ein Feedback von einer
gang zu Informationen für Forschende und Studierende der                   Software. Diese soll zudem nur passendes Feedback
Wirtschaftswissenschaften so komfortabel wie möglich zu                    zum Kontext geben. Seine bevorzugte Forschungsme-
gestalten, optimiert die Arbeitsgruppe Softwareentwicklung                 thode sind Feldexperimente und sein Trumpf ist die
der ZBW permanent das Fachportal EconBiz. So hat sie 2019                  Methodenkombination, die es ihm ermöglicht, sinn-
in dem Fachportal EconBiz weitere Suchfelder zur granularen                volle von sinnlosen großen Datenmengen zu unter-
Suche (z.B. von Dissertationen) eingeführt sowie die Suche über            scheiden. Ihm geht es um die Nutzung von Smart Data
weitere Datenbestände integriert („Other ZBW resources“).                  statt nur Big Data zu generieren und auszuwerten.
Die „More like this“-Funktionalität – bisher pauschal über alle
Titel laufend – wurde auf Journal-Empfehlungen beschränkt.
Schließlich hat sie, in Zusammenarbeit mit der Forschungs-
                                                                                                          Open-Access-Status der Fach-
gruppe Web Science, im Rahmen einer beta-Entwicklung we-                                        Hybrid    zeitschriftenartikel in Deutsch-
sentliche Kontextinformationen zu einem Journal aus externen                           Bronze
                                                                                                  3%      land. Die prozentuale Gewichtung
                                                                                                                                                    B

Datenquellen eingebunden, darunter Angaben zu Impact-Fak-                                5%               basiert auf einer Zuweisung von
tor und h-Index, sowie zur Open-Access-Policy.                                  Gold                      2.405.133 Publikationszahlen.      Gold

                                                                                8%                                                           8%
Werkbank IV: Anreize für Open Access erforschen
Guerilla Open Access oder Schattenbibliotheken lösen nicht
das Problem fehlender Anreize, Ergebnisse direkt im Wege des             Grün                                                        Grün
Open Access frei verfügbar zu veröffentlichen. Ein bewährtes         16%                    Open Access                              16%
Konzept, Anreize zu schaffen, ist Gamification, d.h. die Nutzung                            32%
von Spielelementen in einem spielfremden Kontext. Das Team
Web Science der ZBW hat Gamification im Kontext von Open-                                         Closed Access
Access-Nutzung unter Forschenden empirisch untersucht und                                         68%
herausgefunden, dass Gamification Wissenschaftler*innen tat-

                                        ZBW-Jahresbericht 2019      26
ZUGÄ NGE SCH A FFEN

   PAULA BRÄUER

   hat einen Master in Wirtschaftsinformatik
   und arbeitet seit 2018 als wissenschaftliche
   Mitarbeiterin an der ZBW und am Institut
   für Informatik an der Christian-Albrechts-
   Universität zu Kiel. Ihre Forschung befasst
   sich mit der Verwendung von Gamification
   in unterschiedlichsten Anwendungsfällen.
   Neben Anreizen für Open Access sucht sie
   auch nach Möglichkeiten, spielerische An-
   sätze in neuen Technologien, wie Augmen-
   ted Reality und Sprachassistenten (z. B.
   Amazon Alexa), anzuwenden.

sächlich motiviert, sich mit dem
Thema Open Access länger
zu befassen.

Als Vorbereitung für eine
sehr viel größere Studie hat die
ZBW in einer Feldstudie mit 28
Personen aus drei unterschied-
lichen Instituten empirisch
untersucht, wie die Spielelemente
„Abzeichen“ und „Fortschritts-
anzeige“ auf die Motivation beim
Ausfüllen eines Online-Quiz zum Thema
Open Access wirken. Abzeichen – oder auch
Badges genannt – sind visuelle Artefakte, die für er-
füllte Aufgaben verliehen werden, ähnlich wie der rote
Gürtel beim Judo. Fortschrittsanzeigen sind eher einfaches
Feedback und zeigen den Nutzer*innen, wie weit sie schon mit
ihrer Aufgabe sind und wieviel ihnen noch bevorsteht. Wir
kennen das aus dem Fitnessstudio: Noch vier, noch drei…

Das Ergebnis: Die Spielelemente Fortschrittsanzeige und Ab-
zeichen haben einen motivierenden Effekt im Kontext eines
Open-Access-Quiz. Die Wissenschaftler*innen haben auf
freiwilliger Basis in den Bedingungen mit den Spielelemen-
ten deutlich mehr Fragen zu Open Access beantwortet, als
in der Kontrollgruppe ohne Gamification. Auch wenn dies
nur eine kleine explorative Vorstudie ist, kann man davon
ausgehen, dass ein solcher Quiz-Ansatz funktioniert, um
Wissenschaftler*innen auf die Thematik Open Access
aufmerksam zu machen. •

Zur Original-Publikation: Bräuer, P.; Mazara-
kis, A. (2018): Erhöhung der Motivation für Open
Access durch Gamification. In: Proceedings if the
Mensch und Computer 2019 Workshop on Gam-R
– Gamification Reloaded. DOI: doi.org/10.18420/
muc2019-ws-564

                                       ZBW-Jahresbericht 2019   27
Die Websites w w w.wirtschaftsdienst.eu und ­
                                     w w w.intereconomics.eu bieten ein umfangreiches
                                     A rchiv mit Hintergrundartikeln aus den letzten
                                     20 Jahren, die ebenfalls ab Januar 2020 voll­
                                     ständig frei zugänglich sind.

Wirtschaftsdienst und
Intereconomics ab 2020
vollständig ­im Open Access
ZBW stellt die beiden wirtschaftspolitischen Fachzeitschriften
Wirtschaftsdienst und Intereconomics ab 1. Januar 2020 im Gold
Open Access zur Verfügung

Die ZBW als Informationsinfrastruktureinrichtung für die
Wirtschaftswissenschaften begleitet und gestaltet die Open-
Access-Transformation aktiv mit und transformiert sich selbst
konsequent zu einem digitalen Knoten für wirtschaftswissen-
schaftliche Fachinformation. Dazu setzt die ZBW auf inno-                          Der Wirtschaftsdienst erscheint
vative Geschäftsmodelle mit Verlagen. 2019 hat die ZBW für                        bereits seit 1916 und gehört damit
ihre beiden Zeitschriften „Wirtschaftsdienst“ und „Intereco-                        zu den traditionsreichsten wirt-
nomics“ mit dem Springer Verlag ein Open-Access-Geschäfts-                         schaftswissenschaftlichen Fach-
modell ausgehandelt. Dieses beinhaltet, dass alle Inhalte, die                                         zeitschriften.
ab dem 1. Januar 2020 unter der Open-Access-Lizenz (CC-BY)
publiziert werden, jede*r Interessierte online lesen kann. Ein
freier Zugang verbessert so den Wissenstransfer zwischen der
Forschung in den Wirtschaftswissenschaften und entspre-
chenden wirtschaftspolitischen Debatten.

                                                                 Downloads zählte die ZBW-Fachzeitschrift
                                                                 Intereconomics 2019. Im Vergleich: 2018
                                                                 ­waren es 472.425 Downloads.

                                     ZBW-Jahresbericht 2019      28
Intereconomics erscheint seit 1966 und hat
                                                                      2016 sein 50-jähriges Jubiläum gefeiert.

Insgesamt 2.299 Ökonom*in-
nen haben in den vergangenen
20 Jahren für den Wirtschafts-
dienst geschrieben.
                                                              Insgesamt 1.126 Autor*innen
                                                              haben in den vergangenen 20
                                                              Jahren für Intereconomics
                                                              geschrieben.

               Downloads zählte der
           Wirtschaftsdienst im Jahr
           2019. Zum Vergleich: 2018
                                                            Intereconomics erscheint
             wurden 866.229 Down-                           alle zwei Monate.
                       loads gezählt.

                                                                    Mehr als 300 Beiträge
                                                                    jährlich werden durch
                                                                    durch das Open-Access-
                                                                    Engagement der ZBW für
                                                                    die breite Öffentlichkeit
                                                                    auf den Zeitschriftenweb-
Der Wirtschaftsdienst erscheint                                     sites (wirtschaftsdienst.eu
monatlich.
                                                                    und intereconomics.eu)
                                                                    zukünftig frei zugänglich.

                              ZBW-Jahresbericht 2019   29
ZUGÄ NGE SCH A FFEN

Literatur schneller
­erschließen dank
 Künstlicher Intelligenz
Künstliche Intelligenz ist seit vielen hundert Jahren ein Menschheits-
traum. Gut bekannt sind die Geschichten rund um den Homunculus, den
Golem oder Frankensteins Monster. Seit etwa einem Jahrzehnt ist Künst-
liche Intelligenz nun keine Science Fiction oder Laboridee mehr, sondern
Teil unseres Alltags. Wir alle kennen Siri, Alexa, DeepL, autonome Fahr-
zeuge oder Drohnen. In den digitalen Medien fällt es uns schwer, Bots
von Menschen zu unterscheiden. KI kann Entscheidungen und Aktionen
übernehmen, die bisher Menschen getroffen und ausgeführt haben. Auch
in der ZBW spielen KI-Methoden eine bedeutende Rolle für den digitalen
Wandel von Geschäftsabläufen. Ein Praxisbericht.

                        ZBW-Jahresbericht 2019   30
ZUGÄ NGE SCH A FFEN

KI-Methoden in den ZBW-Alltag integrieren                                INHALTSERSCHLIESSUNG
Wissenschaftliche Bibliotheken arbeiten derzeit in einem
Wissenschaftsbetrieb, in dem laut UNESCO-Wissenschafts-                  Bei der Inhaltserschließung (auch Sacherschließung
bericht weltweit etwa 8 Millionen Forscher*innen publizieren.            genannt) arbeitet die ZBW mit einem genormten Wort-
Pro Jahr steigt die Zahl wissenschaftlicher Aufsätze um etwa 8           schatz. Der sogenannte „Standard-Thesaurus Wirtschaft“
Prozent. Nun ist es die Kernaufgabe von Bibliotheken, dafür zu           (STW) bildet das weltweit umfassendste Fachvokabular
sorgen, dass die Nutzer*innen sich in der Menge dieser Veröffent-        zur Recherche und Erschließung wirtschaftswissenschaft-
lichungen zurechtfinden und schnell und einfach Literatur zu             licher Inhalte. Verfügbar in Deutsch und Englisch, umfasst
einem bestimmten Thema finden. Dazu werden Textdokumente                 der STW knapp 6.000 Deskriptoren und über 20.000
mit Metadaten beschrieben. Dieses Beschreiben von Aufsätzen,             Synonymverweise. Der STW wird in der ZBW von einem
Monografien, Sammelbänden usw. passiert zum einen auf for-               interdisziplinären Expertenteam inhaltlich an den aktuel-
maler Ebene (Autor*in, Titel, Seitenzahl usw.) und zum anderen           len Sprachgebrauch in den Wirtschaftswissenschaften an-
auf inhaltlicher Ebene mit einem genormten Wortschatz. Geht es           gepasst, kontinuierlich weiterentwickelt und technisch in
in dem Dokument beispielsweise um multinationales Marketing              vernetzte Informationsumgebungen und innovative Web
und internationalen Absatz oder um betriebliche Liquidität und           Services eingebunden. Als einer der ersten Thesauri in der
Cashflow?                                                                Linked Open Data Cloud veröffentlicht, enthält der STW
                                                                         auch Mappings zur GND, dem AGROVOC und zur JEL. Der
Allein aus den Wirtschaftswissenschaften erreichen die ZBW               STW ist unter der freien Datenbank-Lizenz ODbL (Open
jährlich über 100.000 Titel, die auffindbar gemacht werden müs-          Database License) 1.0 verfügbar.
sen. Zusätzlich entstehen mit dem digitalen Wandel zahlreiche
neue Aufgaben für die Beschäftigten der ZBW, die ebenso erfüllt
werden wollen. Daher müssen Automatisierungsstrategien ent-
wickelt und eingesetzt werden, um auch weiterhin möglichst viele       nen vergebene Keywords, weil man annehmen kann, dass diese
Publikationen inhaltlich mit der angemessenen fachlichen Tiefe         die Publikation möglichst prägnant zusammenfassen, ähnlich
zu erschließen.                                                        wie ein Abstract. Damit die maschinelle Methode überhaupt ein-
                                                                       setzbar ist, sollten allerdings möglichst viele solche Keywords in
Hier bieten Methoden aus der KI, konkret maschinelles Lernen,          einem klar definierten Feld in den Metadatensätzen abgelegt sein.
großes Potenzial für Erleichterungen bei der Arbeit.
Dr. Anna Kasprzik, Leiterin der Arbeitsgruppe Automatisierung          Zudem benötigt die Arbeitsgruppe gut strukturierte rechtliche
der Sacherschließung, erläutert: „Erste Schritte in der Sacher-        Informationen, die auch maschinenlesbar sind, um ihre Algorith-
schließung mit Methoden des maschinellen Lernens zu gehen              men korrekt im Rahmen der geltenden Text-und-Data-Mining-
ist einfach. Diese Methoden dann aber auch auf einen Stand zu          Rechte anwenden zu können. Saubere Metadaten sind also nicht
bekommen, der unseren hohen Qualitätsansprüchen genügt, ist            nur beim Training wichtig, sondern auch in allen Szenarien, für
eine sehr komplexe Aufgabe, und mit der Entwicklung eines Pro-         die die Maschine trainiert worden ist.
totypen ist sie noch lange nicht erfüllt. Unser Ziel ist es, Automa-
tisierungslösungen über das Prototypstadium hinaus langfristig         Open Science im Kontext Automatisierte Sacherschließung
in die tägliche bibliothekarische Praxis einzubringen.“                Auf dem Weg, die automatisierte Sacherschließung in die Praxis
                                                                       zu bringen, hat sich die ZBW 2019 unter anderem eng mit der
Trainingsdaten sind das A und O                                        Deutschen Nationalbibliothek und der Nationalbibliothek
Um nun Automatisierungslösungen nachhaltig in die täglichen            Finnland ausgetauscht. Insbesondere hat die Arbeitsgruppe die
Arbeitsabläufe bringen zu können, muss Vorarbeit geleistet wer-        finnische Plattform Annif getestet und auf der Fachkonferenz
den. Eine grundlegende Voraussetzung sind geeignete Trainings-         SWIB – Semantic Web in Libraries wurde ein internationaler An-
daten, die der Maschine als Vorbild dienen können. Das sind der-       wenderworkshop veranstaltet. Ein wichtiger Schritt war es, das
zeit die Metadatensätze, die von Expert*innen der ZBW erstellt         hierfür von der ZBW gestellte Trainingsmaterial zusammen mit
wurden. Diese Trainingsdaten müssen in ausreichender Menge             Übungen zum Selbststudium als Open Data auf GitHub zu ver-
und in ausreichender Vielfalt vorliegen.                               öffentlichen (URL: https://github.com/NatLibFi/Annif-tutorial)

Als Textmaterial, aus dem die trainierte Maschine dann ihre Vor-       Über die bereits eingesetzten statistischen Verfahren hinaus
schläge für STW-Deskriptoren ableitet, werden aktuell nur sehr         evaluiert die Arbeitsgruppe ständig aktuelle Ergebnisse aus dem
kurze Textpassagen verwendet, etwa der Titel oder von Autor*in-        Gebiet der Künstlichen Intelligenz, etwa aus dem Deep Learning.
                                                                       Derzeit wird mit neuronalen Netzen experimentiert, um neue
                                                                       Verfahren zu entwickeln oder auch im Rahmen des bislang ver-
  Im Jahr 2019 hat die ZBW 131.289 Publikationen formal                wendeten Fusion-Ansatzes das Zusammenspiel der einzelnen
  erschlossen. Intellektuell konnten 26.372 Publikationen              Verfahren zu optimieren. Zudem ist es ein Ziel, die Qualitäts-
  inhaltlich erschlossen werden. Über eine automatisierte              abschätzung zu automatisieren, so dass die noch nicht erschlos-
  Lösung wurden 2019 zusätzlich 86.396 Publikationen                   senen Dokumente jeweils dem am besten für sie geeigneten
  inhaltlich erschlossen.                                              (maschinellen oder intellektuellen) Verfahren zugeführt werden
                                                                       können. •

                                          ZBW-Jahresbericht 2019       31
Internationaler ­Einsatz
 für Open Source in der
    Bibliothekswelt

       ZBW-Jahresbericht 2019   32
ZUGÄ NGE SCH A FFEN

Bibliotheken nutzen für die computergestützte Verwaltung         Teil dieser weltweiten Entwicklergemeinschaft und arbeitet
von Budgets, Lizenzen, Ausleihe, Erwerbung oder Metada-          in zwei Gruppen mit (im FOLIO-Kontext heißen diese Special
tenmanagement verschiedene Software. In der Regel handelt        Interest Groups), zum einen in der Fachgruppe Metadaten-
es sich um sog. „integrierte“ Bibliothekssysteme, die weltweit   Management, zum anderen in der Gruppe Elektronisches
seit den 1980er Jahren in großer Vielfalt eingesetzt werden.     Ressourcen-Management (ERM). Zudem ist die ZBW eine
                                                                 Pilotbibliothek für die Implementierung der ERM-Anwen-
Seit etwa 2012 sind sogenannte „Next Generation Systems“         dungen in der FOLIO-Community.
auf dem Markt und in den Bibliotheken herrscht Umbruch-
stimmung. Diese neuen Bibliotheksmanagementsysteme               Für die internationale FOLIO-Gemeinschaft ist es wichtig,
können Daten in der Cloud speichern und verwalten, und           dass die ZBW die speziellen Anforderungen aus Deutsch-
sie integrieren unterschiedliche Medienarten wie Druck-          land mit einbringt. Felix Hemme, Experte für elektronisches
schriften, elektronische Publikationen oder Datenbanken.         Ressourcen-Management in der ZBW, erklärt: „Nur durch
Marktführer für diese cloudbasierten aber proprietären Bib-      die Zusammenarbeit und das Einbringen möglichst diverser
liotheksmanagementsysteme sind OCLC mit ihrem „WorldS-           Perspektiven und Erfahrungen kann hier eine gute offene
hare Management Services“ und Ex Libris mit „Alma“.              Software entwickelt werden.“ Das FOLIO-Team der ZBW
                                                                 trifft sich regelmäßig zu nationalen Workshops mit der Ver-
Viele Bibliotheken setzen zwar diese proprietären Produkte       bundzentrale des Gemeinsamen Bibliotheksverbundes und
ein, bemängeln jedoch die fehlende Möglichkeit, die Systeme      zudem zu Arbeitstreffen auf internationaler Ebene. 2019
auf individuelle Bedürfnisse und Entwicklungen anpassen          fand das jährliche FOLIO-Meeting in Washington, D. C. statt.
zu können. Für wissenschaftliche Bibliotheken ist es wichtig,    Hinzu kommen wöchentliche Online-Treffen in den Special
Eigenentwicklungen in das laufende Bibliotheksmanage-            Interest Groups.
mentsystem zu integrieren und die Software permanent er-
weitern zu können. Hinzu kommt, dass Bibliotheken im Zeit-       Wie sieht es nun mit der Verwaltung von digitalen Ressour-
alter von Open Science nicht nur eigene Software optimieren,     cen in der ZBW aus? 2019 bereitete das Team die Verwaltung
sondern diese ihren Fachkolleg*innen auch zur Nachnutzung        digitaler Ressourcen vor, die 2020 pilotiert werden sollen.
zur Verfügung stellen wollen. Dieses offene Arbeiten ist mit     Dazu wird eine Vielzahl an Anwendungen implementiert, die
den geschlossenen Systemen der Marktführer nicht möglich.        über Schnittstellen miteinander kommunizieren können. Ge-
                                                                 nauso wichtig ist es, FOLIO in die bereits existierende Land-
Seit 2016 ist das neue Open-Source-Bibliothekssystem             schaft deutscher und überregionaler Systeme zu integrieren.
FOLIO im Rennen. Hier arbeiten Bibliotheken aus der Open         Es beschäftigen sich mehrere Teams aus ganz Deutschland
Library Environment (OLE) Community, die Unternehmen             damit, Vorgaben für den Datenimport aus dem K10Plus-Ver-
EBSCO Information Services und Index Data sowie weitere          bundkatalog sowie dem überregionalen ERM-System LAS:eR
kommerzielle und nicht-kommerzielle Partner in einer Ent-        zu erarbeiten. Ein weiteres Team befasst sich mit dem Daten-
wicklergemeinschaft daran, eine Open-Source-Alternative zu       export in K10Plus sowie angeschlossene Discovery-Syste-
den proprietären Cloudsystemen auf den Markt zu bringen.         me wie beispielsweise EconBiz. Diese Arbeiten werden die
FOLIO steht für „The Future of Libraries is Open“.               Projektpartner auch im Jahr 2020 beschäftigen. The Future
                                                                 of Libraries is Open! •
Gestartet in den USA ist FOLIO mittlerweile ein weltweites
Projekt mit Entwickler*innen und Bibliotheksexpert*innen
aus Amerika, Europa und Asien. Die ZBW ist als Verbundbib-
liothek im Gemeinsamen Bibliotheksverbund (GBV) seit 2017

   WAS IST OPEN SOURCE?

   Open Source Software bedeutet, dass der
   Quelltext der Software öffentlich zugäng-
   lich und frei verfügbar ist, sprich von Dritten
   eingesehen, geändert und verwendet werden
   kann. Open Source ist nicht gleichzusetzen
   mit kostenlos. Jedoch sind viele Open-Source-
   Technologien kostenfrei verfügbar, teilweise
   werden Enterprise-Versionen mit erweiterten
   Funktionen und Support angeboten.

                                      ZBW-Jahresbericht 2019     33
INTERVIEW

FAKT ODER
FAKE
Ein Interview zur Bedeutung von Informations-
kompetenz im digitalen Zeitalter

     Der kritische Umgang
   mit Quellen aus dem Netz
  wird in Deutschland nur unzu­
       reichend vermittelt.«

                                                 Nicole Krüger, Research Guide
                                                 EconDesk und Recherchetipps

                   ZBW-Jahresbericht 2019   34
ZUGÄ NGE SCH A FFEN

Fake-News, Fake-Konferenzen, Fake-         Es bleibt also das ganze Studium hin-      alltagspraktische Gründe, die für ein
Shops: Es wird immer schwieriger,          durch eine Unsicherheit.                   gedrucktes Booklet sprachen. Denn
Wahrheit und Manipulation zu unter-                                                   die meisten Studierenden legen sich
scheiden. Informationskompetenz ist        Wie geht die ZBW mit diesem                das Heft neben den Rechner, wenn sie
zu einer Kulturtechnik geworden, die       ­T hema um?                                an ihrem Text arbeiten, sozusagen wie
mittlerweile so wichtig ist wie Lesen       NK: Wir arbeiten hier in der ZBW ja       eine Checkliste.
und Schreiben. Doch wo lernt man            schon seit vielen Jahren auf mehreren
das? Wir fragen Nicole Krüger, Exper-       Kanälen und mit mehreren Teams            Lernt man denn im Studium alle
tin für Informationskompetenz in der        daran, die Informationskompetenz bei      Facetten der Informationskompe-
ZBW und Expertin im „Netzwerk Bib-          Wirtschaftsstudierenden zu erhöhen,       tenz?
liothek Medienbildung“ des Deutschen        sowohl vor Ort als auch überregional.     NK: Nein, im Studium geht es in erster
Bibliotheksverbandes.                       Es gibt Vor-Ort-Lectures und -Bera-       Linie darum, das Schreiben einer
                                            tungen, Kurse, Spiele, Videos und jetzt   wissenschaftlichen Arbeit zu lernen.
Wo beginnt die Ausbildung von               gibt es auch eine gedruckte Broschüre.    Alle Aspekte rund um das Publizieren,
Informationskompetenz?                      Dieses Heft „Schreibe Deine beste         ob ich im Open Access publiziere, was
NK: Optimalerweise sollte das Thema         Hausarbeit in Wirtschaftswissen-          dabei zu beachten ist usw., werden ja
schon in der Schule aufgegriffen            schaften“ ist ein großartiger Erfolg      erst in der Promotionszeit relevant.
werden. Dort konzentrieren sich die         geworden [https://zbw.to/Beste_           Auch das Forschungsdatenmanage-
Lehrer*innen bisher aber überwie-           Hausarbeit]. 40.000 Broschüren sind
gend auf die Vermittlung von Medien-        mittlerweile in ganz Deutschland un-
kompetenz, die Kommunikation in             terwegs. Eine englische Übersetzung                         Schreibe Deine beste

WhatsApp-Gruppen oder den Umgang            für alle internationalen Wirtschafts-                      in Wirtschaftswissenschaften

mit Tablets. Der kritische Umgang mit       studierenden ist ebenso verschickt.
Quellen aus dem Netz wird in Deutsch-       Vor allem Dozent*innen der Wirt-
land nur unzureichend vermittelt,           schaftswissenschaften (74 Prozent)
wie die IEA International Computer          und wirtschaftswissenschaftliche
and Information Literacy Study 2018         Bibliotheken (26 Prozent) haben sich
[https://zbw.to/IEA_2018] herausfand.       Pakete zusenden lassen, also Multi-
                                                                                                     KEIN’ BOCK?
Was vor dem Internetzeitalter nicht         plikator*innen, die wissen, womit ihre                  Schau Dir an, wie Du die
so wichtig war, weil Zeitungen und          Studierenden zu kämpfen haben.                         Sache zum Laufen kriegst.

TV-Sender Informationen gefiltert und                                                                                          econbiz
                                                                                                                               econ
professionell aufbereitet haben, ist       Warum haben Sie das Booklet                                                         Find Economic Literature.

jetzt im digitalen Zeitalter jedoch eine   „Schreibe Deine beste Hausarbeit“
Schlüsselqualifikation. Und Informa-       als Printexemplar herausgegeben
tionskompetenz heißt nicht nur die         und nicht als Online-Text?                 ment spielt im Studium derzeit kaum
Verlässlichkeit einer Quelle einzu-        NK: Das Booklet gibt es selbstver-         eine Rolle, wird dann aber für Dok-
schätzen. Für die Studierenden kommt       ständlich auch online zum Download.        torand*innen umso wichtiger. Hinzu
die Herausforderung dazu, dass sie         Wir haben aber im Vorfeld die Bedar-       kommt dann noch das große Thema
wissenschaftliche Quellen identifizie-     fe analysiert und einen eindeutigen        Wissenschaftskommunikation. Wie
ren, in ihrer Qualität und Bedeutung       Wunsch der Studierenden nach Print         arbeite ich mit sozialen Medien?
für das eigene Thema einschätzen und       festgestellt. Und die große Resonanz       Welche Kanäle sind wichtig? Das alles
richtig zitieren müssen.                   spricht dafür, dass wir uns hier richtig   müssen Nachwuchswissenschaft-
                                           entschieden haben. In Zeiten von           ler*innen erst lernen. In der Regel
Wie steht es denn um die Informa-          WhatsApp, TikTok, Snapchat usw. mag        müssen sie sich diese Kompetenzen
tionskompetenz bei Wirtschafts-            es merkwürdig anmuten, etwas Hapti-        selbst aneignen, mit Peers sprechen,
studierenden?                              sches in Umlauf zu bringen, d. h. Lern-    erfahrene Wissenschaftler*innen
NK: Die ZBW hat 2017 einmal Wirt-          materialien zum Anfassen. Aber die         fragen, YouTube-Videos ansehen
schaftsstudierende in ganz Deutsch-        Forschung, z. B. die von Wirtschafts-      usw., denn eine richtige, strukturier-
land gefragt, wie sie selbst ihre          nobelpreisträger Daniel Kahnemann,         te Doktorandenausbildung gibt es
Informationskompetenz reflektie-           zeigt, dass Menschen von haptischen        derzeit meines Wissens nach höchs-
ren [https://zbw.to/IK_2017]. Das          Medien besonders angesprochen wer-         tens an Graduiertenkollegs. Daneben
Ergebnis: Für rund die Hälfte der          den, vor allem, wenn es um schnelle        gibt es nur vereinzelt Workshops
Studierenden ist es schwierig, treff-      Bauchentscheidungen geht. (Litera-         oder MOOCs [Massive Open Online
sichere Suchbegriffe zu finden und die     turtipp: https://zbw.to/Kahnemann_         Courses] für die gute wissenschaft-
Relevanz von Treffern zu beurteilen.       Daniel). Und ob ich mir eine Broschüre     liche Praxis im digitalen Zeitalter.
Wissenschaftliche Datenbanken ver-         zum wissenschaftlichen Arbeiten aus        Gleichwohl beobachten wir hier einen
wenden nur wenige Studierende für die      meiner Bibliothek mitnehme oder            riesigen Bedarf.
Suche nach Literatur. Dies ändert sich     nicht, ist definitiv eine solche Bauch-
auch im Verlauf des Studiums nicht.        entscheidung. Hinzu kommen ganz

                                      ZBW-Jahresbericht 2019     35
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