Pa:rkassәn - Sparkassenzeitung
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Dezember 2015 ['∫pa:rkassәn] seit 1906 2016 Seite 6: Das Wirtschaftsjahr 2016 – ExpertInnen und BankerInnen schauen voraus Seite 20: Gebete aus drei verschiedenen Bibeln – Franz Rudorfer im GesprÄch Seite 24: Wir sind jung und brauchen das Glück – Die Generation Y
Ausgabe 5/2015 ['∫pa:rkassәn] Inhalt 10 Foto: istock.com 6 Illustration: istock.com Eine geschichtsträchtige Zeitung. Im Dienste der Sparkassen. Seit ihrem ersten Erscheinen im Jahr 1906 nimmt die Österreichische Sparkassenzeitung die Rolle als Gedächtnis der Sparkassen ein. Sie ist zugleich ein unerschöpfliches Archiv an Artikeln und Meinungen und – mit kurzen zeitlichen Abständen, in denen sie nicht erschien – immer ein wichtiges Kommunika- tionsmittel zur Identitätsstiftung, zur Vermittlung wirtschaftlichen Wissens und recht- 20 licher Informationen gewesen. 24 Illustration: iStock.com Foto: WKO im FOKUS 14 WERTE 4 Les Miserables 22 Kurznachrichten Europas Problem mit Start-ups Willkommen in Österreich: aus der Wirtschaft weil jeder Mensch zählt! 16 Soziale Initiativen Komplizierte Verbindung 24 ECONOMY „Bring your own device“ 6 Wir sind jung und brauchen Vorschau 2016: das Glück LAND und Märkte Ein Licht am Ende des Tunnels Die Generation Y Sparkassenvorstände im Gespräch 18 Der lautlose Motor Impressum und Offenlegung gemäSS Mediengesetz: Bezeichnung des Mediums: Österreichische Sparkassenzeitung; 10 Exporte als einziger aktueller Finale 26 Medieninhaber, Herausgeber und Verleger: Österreichischer Sparkassenverband, Grimmelshausengasse 1, 1030 Wien, E-Mail: info@sv.sparkasse.at; Generalsekretär: Michael Ikrath; Präsident: Gerhard Fabisch; Chefredakteur: Armand Feka; Was bringt TTIP der Wirtschaft? Wachstumstreiber Das Außenhandelsabkommen erklärt Fünf Fragen an ... 20 Redaktion: Milan Frühbauer, Stephan Scoppetta, Bastian Kellhofer, Sophia Uhlich, Christian Prenger; Redaktionsbeirat: Karin Berger, Nicola Frimmel, Christian Hromatka; Die Astrologin Gerda Rodgers Produktion/Litho/Druck: Bernsteiner Media GmbH, Rautenweg 10, 1220 Wien, www.bernsteiner.at; 12 Gebete aus drei Art Direktion/Gestaltung: Dina Gerersdorfer, www.gerersdorferdesign.at; Coverfoto: Daniel Hinterramskogler; Wünsche ans Finanz-Christkind verschiedenen Bibeln Offenlegung gemäß § 5 ECG und gemäß § 25 Mediengesetz: http://www.sparkassenverband.at/de/Impressum Franz Rudorfer im Gespräch Feuilleton Milan Frühbauer 13 Familienbetrieb since 1932 Die Firma Achleitner ['∫pa:rkassәn] 2 ['∫pa:rkassәn] 3
im Fokus im Fokus Forum Die Wir-Kultur 2015 war das Intelligente Stromnetze: Smart Grids Die Stromversorgung befindet sich mit dem steigenden Jahr der Krisen Energiebedarf und der verstärkten Integration von er- in Europa. Sie neuerbaren Energien im Umbruch. Smart Grids sind die Zahlen stellten unse- Antwort auf diese Herausforderungen und verbinden spiel re Gesellschaft nicht nur auf die alle Akteure des Energiesystems über ein Kommunika- tionsnetzwerk miteinander. Die intelligenten Energie- • Anteil der HörgeräteträgerInnen, die am Probe, sondern netze ermöglichen es, ein energie- und kosteneffizien- liebsten das Lachen ihres Partners oder ihrer veränderten sie tes Gleichgewicht zwischen StromverbraucherInnen, auch. Der Mega- StromerzeugerInnen und Stromspeichern herzustellen. Fotos und Illustrationen: istock.com Partnerin hören: trend Individua- Hauptziel ist es, gemeinsame Kräfte zu bündeln und 43 Prozent lisierung ent- einen energie- und kosteneffizienten Systembetrieb zu • Jährlich weggeworfene Lebensmittel weltweit: wickelte sich durch die sozialen Herausforderungen in Richtung einer unterstützen. Smart Grids sind auch in Österreich ein neuen Wir-Kultur. Charakteristisch dafür ist die kollektive Sympathie brisantes Thema und könnten bis 2020 Realität werden. 1.300 Millionen Fremden gegenüber, die bisherige hedonistische Züge in den Schatten Tonnen stellt. Das Beschenken und Begrüßen von Flüchtlingen, unzählige Initia- tiven, die darauf abzielen Heimatlosen ein Dach über dem Kopf zu geben Editorial • Zeit, die ein Büroangestellter im Laufe seines – all das sind Beweise dafür, dass sich die Gesellschaft vom Egoismus ent- Arbeitslebens durchschnittlich vor dem Bild- fernt und soziale Verantwortung immer mehr in den Mittelpunkt rückt. schirm sitzt: 9,1 Jahre Second Economy • Zahl der MilliardärInnen weltweit im Jahr 2015: Im Zuge der Industrialisierung wurden Menschen durch Liebe Leserin, lieber Leser, 1.862 Maschinen ersetzt, um niederqualifizierte und routineartige Tätigkeiten auszuführen. Mittlerweile übernehmen Maschi- Die meisten Menschen blicken mit Vorfreude in die Zukunft, unsere Erwartungshaltung ist, dass es immer vorwärts • Menschen in Österreich 2015, nen immer komplexere Aufgabestellungen und sind in der geht. Was uns hilft, die Zukunft abzuschätzen, sind Trends. So einfach, so trivial. Ein Trend ist nichts anderes als eine die nicht in Österreich geboren sind: Lage kleine Probleme selbst zu lösen. Der Mensch tritt in Veränderungsbewegung oder ein Wandlungsprozess. Wir finden Trends in den unterschiedlichsten Bereichen des 1,45 Millionen Ausnahmefällen in Erscheinung und beobachtet, wie Ma- Lebens. In der Wirtschaft, in der Technologie und natürlich auch in der Politik. Und genau um diese Themen soll es schinen mit Maschinen kommunizieren. Dieses Second- in dieser Ausgabe gehen. • Geschätzte Zahl der Menschen in Österreich Economy-Phänomen zeigt sich auch in der Finanzbranche. 2060, die nicht in Österreich geboren sind: Geschäftsvorfälle wie etwa Überweisungen laufen ohne Auf Seite 6 erzählen uns Wirtschaftsforscher und eine Bankerin, was uns im Jahr 2016 erwartet: von „mentalen Pro- 2,51 Millionen menschliches Eingreifen problemlos ab und werden von Ex- pertInnen als Glattläufer bezeichnet. Machine-to-Machine- blemen“ bis zu Perspektiven. Die Trends, von denen sie erzählen, machen nur „Sinn“, wenn wir sie in ihren jeweiligen Umwelt- und Referenzsystemen betrachten. • Transportaufkommen auf Österreichs Straßen Prozesse stehen somit nicht nur in der Industriebranche auf im Jahr 2014 laut Berechnungen: der täglichen Agenda, sondern sind auch in der Finanzwelt Was die Wirtschaft auf Trab hält, können wir halbwegs einschätzen: hochtechnologisierte Unternehmen, die mit ihren 453,9 Millionen ein wichtiges Thema. Innovationen den Markt aufmischen. Es gibt 108 Start-ups auf der Welt, die mehr als eine Milliarde Euro wert sind. Gerade einmal neun davon kommen aus Europa. Die Gründe, warum Europa für Start-ups nicht der richtige Ort zu Tonnen sein scheint, erfahren Sie auf Seite 14. • Personen im Alter von 16 bis 74 Jahren, die in den letzten zwölf Monaten Waren oder Selbstverwirklichung, Selbstbestimmung, Sinnsuche: Aspekte, die bei der Generation Y im Mittelpunkt stehen. Diese Dienstleistungen im Internet Generation, im Zeitraum 1980 bis 1995 geboren, ist dabei, unsere Gesellschaft und unsere Arbeitswelt zu revolutionie- eingekauft haben: ren. Sie sind es, die Trends setzen und sie frühzeitig erkennen. Warum wir auf sie hören sollten, lesen Sie in unserem Artikel auf Seite 24. 3,7 Millionen Das Jahresende rückt näher. Ein Jahr, das viel Neues und Unerwartetes gebracht hat. Umso mehr freuen wir uns, dass Sie dieses Jahr und den Relaunch unserer Zeitung mit uns gemeinsam verfolgt haben. Wir wünschen Ihnen angenehme Vorfreude, ein schönes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins neue Jahr! das ['∫pa:rkassәn] Redaktionsteam ['∫pa:rkassәn] 4 ['∫pa:rkassәn] 5
ECONOMY ECONOMY Führende heimische WirtschaftsexpertInnen und Bank- vorstände ziehen ein Resümee und geben einen Ausblick auf das neue Jahr. Fest steht: 2016 wird es nur eine leichte Entspannung geben, Österreich muss noch viele Hausauf- Foto: Sparkassenverband gaben erledigen. Prof. Christian Keuschnigg, Das Jahr 2015 hat leider einen Negativ-Rekord gebrochen: Wirtschaftswissenschaftler Eine Arbeitslosenrate von 9,9 Prozent hat es seit 1946 in Universität St. Gallen Österreich nicht mehr gegeben. 391.417 Menschen sind derzeit ohne Job. Grund: Österreich bewegt sich seit 2007 „Die Wettbewerbsfähigkeit quasi nicht mehr. Trotzdem sind die ÖsterreicherInnen hat abgenommen“ mit ihrer Lebensqualität überdurchschnittlich zufrieden. Das geht aus der aktuellen Studie der Statistik Austria „Wie Prof. Christian Keuschnigg, Wirtschaftswissenschaftler an geht’s Österreich?“ hervor. Doch die Statistik Austria re- der Universität St. Gallen, bemängelt die sinkende Wettbe- gistriert unerfreuliche Entwicklungen: 2014 ging die reale werbsfähigkeit, die Steuerreform und die Arbeitszeitflexibi- Wirtschaftsleistung pro Kopf in der Alpenrepublik um 0,4 lität. Prozent zurück (EU-28: +1,2 Prozent/Eurozone: +0,9 Pro- zent) und auch der reale Konsum pro Kopf sank um -0,6 Was waren rückblickend die großen Probleme Prozent, wogegen etwa Deutschland ein Plus von 0,9 Pro- der österreichischen Wirtschaft im Jahr 2015? zent verzeichnete. Die real verfügbaren Haushaltseinkom- Keuschnigg: Die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs gegen- men pro Kopf verringerten sich in Österreich nach einem über anderen Vergleichsländern in der EU hat stark ab- deutlichen Rückgang im Jahr 2013 auch 2014 nochmals um genommen. Die Exporte nehmen weniger rasch zu und 0,2 Prozent (EU-28: +0,4 Prozent). Trotzdem ist die Le- die Unternehmen üben sich in Investitionszurückhaltung. benszufriedenheit der ÖsterreicherInnen im EU-Vergleich Vom Staat kann derzeit kein Anschub kommen und der hoch: Auf einer Skala von 0 – überhaupt nicht zufrieden – bis Privatkonsum leidet unter der steigenden Steuerbelastung. 10 – vollkommen zufrieden – lag der Durchschnitt bei 7,8 Die Arbeitslosigkeit steigt, wir wachsen weniger und die (EU-28: 7,1). Das Gesamt-Fazit zur Studie des Statistik-Aus- Budgetkonsolidierung wird noch schwieriger. tria-Generaldirektors Konrad Pesendorfer: „Österreich geht es gut, sogar sehr gut, aber es hat an Schwung verloren, und 2016 soll sich das Wirtschaftswachstum an das europäi- 2016: die Dynamik hat in den letzten drei Jahren nachgelassen.“ Die Frage, die sich immer öfter stellt: Wie lange werden die ÖsterreicherInnen noch zufrieden sein. Schlüsselfaktoren sche Wachstum anpassen. Ist damit die Talsohle durch- schritten? Keuschnigg: Die Eurozone erholt sich langsam. In Öster- dabei sind der materielle Wohlstand und damit auch die reich sehe ich aber nicht, dass sich die Wachstumslücke zu Ein Licht am Ende Themen Arbeitsplatzsicherheit und Bildung. Im Grunde Deutschland schließen wird. hängt alles an der wirtschaftlichen Lage in den nächsten Jahren. Das Sparkassenmagazin hat renommierte Wirt- Ist eine Entspannung am Arbeitsmarkt zu erwarten? schaftsforscher und Bankvorstände gefragt, wie sie die Keuschnigg: Das erhöhte Wachstum wird den starken An- des Tunnels Entwicklung im nächsten Jahr einschätzen und was sich in stieg einbremsen, aber die Arbeitslosigkeit wird in den Österreich ändern muss, damit das Land wieder in Fahrt nächsten Jahren weiter ansteigen, denn die Wachstumsra- kommt. ten reichen für eine Trendumkehr bei weitem nicht aus. Von Stephan Scoppetta Was muss passieren, damit Österreich nicht den An- schluss an die europäische Wirtschaft verliert? Keuschnigg: Wir brauchen größere Reformen, die Zuver- sicht und Vertrauen schaffen. Auch die Sozialpartner sind Illustration: istock.com gefordert, Lohnabschlüsse und Arbeitszeitflexibilität an dem auszurichten, was in einer Wirtschaft mit über 60 Pro- zent Exportanteil am BIP international verdient werden kann. Es gilt nicht nur hohe Löhne, sondern auch Jobsi- cherheit zu verhandeln. ['∫pa:rkassәn] 6 ['∫pa:rkassәn] 7
ECONOMY ECONOMY von morgen die Steuererhöhung von übermorgen ist. Das ist kein gutes Umfeld für den Konsum, sondern eher für das „Angstsparen“. Um die Steuersenkung zu einem Erfolg zu machen, müsste die Regierung also noch an die öffent- lichen Ausgaben rangehen. Um zu zeigen, dass die Entlas- Foto: Kärntner Sparkasse tung der BürgerInnen auch eine echte ist. Foto: Agenda Austria Gabriele Semmelrock-Werzer, Vorstandsdirektorin Franz Schellhorn, Wie müssen die Rahmenbedingungen für die heimische der Kärntner Sparkasse Chef der Denkfabrik Agenda Austria Wirtschaft optimiert werden, dass Österreich wieder Fahrt aufnimmt? „Wir brauchen wieder Perspektiven“ „Wir haben ein mentales Problem: Schellhorn: Am wichtigsten ist es, die schlechte Stimmung Zukunftsangst“ zu drehen. Das schafft man aber nicht mit der Einführung Österreich verzeichnete 2015 die höchste Arbeitslosenra- Gabriele Semmelrock-Werzer, Vorstandsdirektorin der einer Vier-Tage-Woche und dem Ausbau der bedarfsorien- te seit dem Zweiten Weltkrieg. Wann wird die Arbeitslo- Kärntner Sparkasse, über stagnierenden privaten Konsum, Franz Schellhorn, Chef der Denkfabrik Agenda Austria, tierten Mindestsicherung, sondern mit Investitionen, die sigkeit in der Alpenrepublik wieder sinken? kurze Planungszeiträume und eine Altlastenbereinigung in über Reformstau, steigende Arbeitslosigkeit und mehr Jobs schaffen. Österreichs Regierung muss das Kapital um- Scheiblecker: Damit die Arbeitslosigkeit wieder sinkt, brau- Kärnten. unternehmerische Freiheit. armen, statt es systematisch aus dem Land zu treiben. Zu- chen wir ein Wachstum von zwei Prozent, und das werden dem braucht es wieder mehr unternehmerische Freiheit in wir aus heutiger Sicht nicht vor 2020 erreichen. Wir ge- Wo hakt es derzeit in Österreich? Was läuft derzeit in Österreich schief? diesem Land, nur so kann der Wirtschaftsstandort Öster- hen davon aus, dass die Arbeitslosenrate erst 2017/18 den Semmelrock-Werzer: Nach wie vor ist kein deutlicher Auf- Schellhorn: Das fundamentale Problem der heimischen reich wieder an die Spitze gebracht werden. Wir brauchen Zehn-Prozent-Gipfel erreicht haben wird. Aber ein Sinken schwung zu erkennen, auch wenn die Unternehmen positi- Wirtschaft ist ein mentales: die um sich greifende Zukunfts- wieder eine Regierungsspitze, die die Probleme nicht igno- der Arbeitslosenrate ist derzeit für uns in den nächsten fünf ver gestimmt sind. Das Exportgeschäft zieht an, das ist sehr angst. Ausgelöst durch einen jahrelangen Reformstau, der riert, sondern löst. Und die etwas will mit diesem Land. Jahren nicht absehbar. erfreulich. Ich hoffe sehr, dass das Wachstum 2016 an Dy- das Gefühl der Menschen verstärkt, dass hierzulande Prob- namik zulegt. Dass der private Konsum weiterhin stagniert, leme nicht gelöst, sondern konsequent verdrängt oder von Bau schafft Arbeit. Werden die angekündigten Wohnbau- wundert mich nicht – die Mieten steigen, die Lebenshal- der Regierung nur moderiert werden. Hinzu kommen stark offensiven und Infrastrukturinvestitionen keine positiven tungskosten sind hoch. In Zeiten so großer politischer und steigende Arbeitskosten bei kaum wachsenden Haushalts- Auswirkungen haben? makroökonomischer Unsicherheit muss man den Men- einkommen, ein nach wie vor viel zu starres Arbeitsrecht, Scheiblecker: Hier rechnen wir mit positiven Effekten erst schen – vor allem jungen Menschen – wieder Perspektiven eine geradezu manische Überregulierung des gesamten ab Ende 2016, doch insgesamt ist damit keine Trendum- bieten. Hier fehlen deutliche Impulse. menschlichen Handelns, eine geradezu paranoide Haltung kehr zu schaffen. Wichtig wäre, dass auch die Exporte wie- gegenüber dem Freihandel (Stichwort TTIP), geschützte der anziehen. Das würde unserem Wachstum wieder auf Warum leidet besonders die mittelständische Wirtschaft? Dienstleistungsmärkte und kaum noch zu messende Pro- die Beine helfen. Semmelrock-Werzer: Was für die Wirtschaft extrem heraus- duktivitätszuwächse. Foto: WIFO fordernd ist, sind die kurzen Planungszeiträume. Es gibt Marcus Scheiblecker, Die Steuerreform soll zu einer Entlastung der BürgerIn- nur mehr sehr wenige Betriebe, die eine halbwegs stabi- Wird sich das Wirtschaftswachstum 2016 beschleunigen? Stellvertretender Leiter des WIFO nen führen und auch die Binnennachfrage ankurbeln. le Jahresplanung machen können. Die meisten sind froh, Schellhorn: Seit Jahren wird ein sich beschleunigender Auf- Wie stark wird dieser Effekt sein? wenn sich ihre Auftragsbücher zumindest auf ein halbes schwung in Aussicht gestellt. Das Gegenteil ist der Fall. „Die Arbeitslosigkeit wird Scheiblecker: Es wird einen positiven Effekt im nächsten Jahr abschätzen lassen. Das wirkt sich natürlich auf Inves- Österreich wird heuer zu den Ländern mit dem schwächs- bis 2018 weiter steigen“ Jahr geben, aber durch die verabschiedete Gegenfinanzie- titions- und Innovationsbereitschaft aus. Vor allem Unter- ten Wirtschaftswachstum in ganz Europa zählen. Noch rung ist dieser sehr gedämpft. Auch ist ein solcher Anschub nehmen, deren Liquiditätspolster nicht so üppig ist, verhal- schlechter liegen nur Finnland und Griechenland. Treiber Marcus Scheiblecker, Stellvertretender Leiter des WIFO, nicht sehr nachhaltig. Hier hätte es andere und bessere ten sich abwartend. So kann aber auch keine kraftvollere für einen sich fortsetzenden Abschwung scheinen derzeit über die Exportschwäche und eine stagnierende Wirtschaft Möglichkeiten gegeben. Dynamik entstehen. leider in der Überzahl zu sein. Alle Hoffnungen ruhen auf bis 2020. den noch immer konkurrenzfähigen Teilen der Wirtschaft, Was muss passieren, um ein nachhaltiges Wachstum in Was wünschen Sie sich für 2016? die jenseits der Grenze große Erfolge feiern. Was waren 2015 die Probleme der heimischen Wirtschaft? Österreich zu gewährleisten? Semmelrock-Werzer: Kärnten hat ein sehr schweres Jahr Scheiblecker: Das schwache Wirtschaftswachstum resul- Scheiblecker: Wir brauchen dringend Investitionen in Bil- hinter sich. Durch den finanziellen Engpass des Landes Wird die Steuerreform 2015 für einen Anschub sorgen? tiert nicht zuletzt auch aus einer Exportschwäche der hei- dung und hier ganz besonders in vorschulische Bildung, haben alle Bereiche der Gesellschaft gelitten. Die Wirt- Schellhorn: Die Tarifsenkung ist richtig, wichtig und auch mischen Wirtschaft. Es gab einen starken Einbruch der Ex- denn das hat enorme Effekte. Zudem müssen die Förderung schaft hätte einen kräftigen Wachstumsimpuls vertragen. längst überfällig. Sie wird dem Binnenkonsum guttun. Die porte nach Russland, keine steigende Exporte nach China, der Forschung und Innovationen wieder ganz oben auf der Das war leider nicht möglich – sogar im Sozialbereich Frage ist, wie zuversichtlich die Menschen sind. Österreich und auch die Deutschland-Ausfuhren schwächelten. Geret- österreichischen Agenda stehen. Hier sind zwar nur lang- gab es Kürzungen bis zu 40 Prozent. Mein Wunsch an das braucht einen sanierten Staatshaushalt, der den BürgerIn- tet hat uns nur die Nachfrage aus den USA. Aber das hat al- fristig positive Effekte zu erwarten. Fängt man aber jetzt Christkind wäre, dass wir die Altlasten zügig bereinigen nen zeigt, dass der Staat seine Ausgaben im Griff hat. An- les nicht gereicht, um ein Ansteigen der Arbeitslosenzahlen nicht damit an, werden wir in zehn Jahren noch schlechter können und es wieder aufwärts gehen kann. dernfalls werden sie annehmen, dass die Steuersenkung zu verhindern. dastehen als heute. 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ECONOMY ECONOMY In der Bekleidungsindustrie könnte die Vereinfachung von Der dritte Pfeiler von TTIP ist ein Konvolut von unter- Herkunfts- und Etikettierungsregeln und das Fallen einzel- schiedlichen Intiativen in Bereichen wie Energie, Wett- ner Zölle (bis zu 30 Prozent) den Handel deutlich erleich- bewerbsrecht, geistiges Eigentum, oder aber auch Hilfe- tern. HerstellerInnen von technischen Textilien und von stellung für KMUs. An dieser Stelle ist auch der höchst Luxusgütern sollten die größten Nutznießer von TTIP sein. umstrittene Investitionsschutz zu nennen, der InvestorIn- Doch wie im Bausektor ist der Gesamteffekt eher moderat, nen bei „ungerechter Behandlung“ (zum Beispiel Diskrimi- da der Großteil der Produktion in Drittländern, zum Bei- nierung, Enteignung ohne Entschädigung) das Recht geben spiel in Asien, stattfindet. soll, von Staaten Schadenersatz zu verlangen. Im Energie- und Rohstoffsektor erwartet man eher kleine TECHNISCHE BRANCHEN Auswirkungen. So setzt sich die EU etwa für die Aufhebung PROFITIEREN AM STÄRKSTEN von Restriktionen im Energieexport ein. Im Gasmarkt aber, Welche wirtschaftlichen Auswirkungen TTIP haben wird, wo Europa wegen russischer Abhängigkeiten am meisten ist derzeit noch schwer abzuschätzen. Dennoch legen erste profitieren würde, sind keine großen Veränderungen zu er- Einschätzungen nahe, dass vor allem „technische“ Bran- warten, da der Transport mit Flüssiggastanker viel teurer ist chen stärker von TTIP profitieren sollten. als über Pipelines. Im Automobilsektor werden die internationalen ECE-Rege- Im Agrarsektor weisen Nahrungsqualitätsstandards zwi- lungen (Economic Commission for Europe) für technische schen den USA und der EU große Unterschiede auf. Hier Vorschriften bei Kfz in den USA nicht anerkannt werden. gibt es daher wenig regulatorische Doppelgleisigkeiten und Die in den USA definierten Regelungen (Mindestanforde- dadurch auch weniger potenzielle Harmonisierungen. rungen an Bauteile) sind dabei meist weder strenger noch lockerer, aber anders. Durch harmonisierte Regeln sollen In der Chemiebranche sind auf Grund der starken Unter- WAS BRINGT TTIP DER WIRTSCHAFT? Exportkosten stark reduziert werden. Fahrzeugexporte in die USA könnten dadurch um 46 Prozent zulegen. schiede bei der Bewertung und den Bewertungsmethoden keine großen Handelserleichterungen zu erwarten. Anglei- chungen bei der Etikettierung stehen daher im Fokus und Seit Mitte 2013 verhandeln VertreterInnen der USA und der EU über das transatlantische Handels- und Investitionsab- Im Maschinenbau ist die Lage ähnlich, unterschiedliche sollten vor allem KMUs zu Gute kommen. kommen (TTIP), von dem sich die EU eine Erhöhung des BIP-Wachstums um 0,5 Prozent erhofft. Ende Oktober ging Regelungen führen oft zu hohen Zusatzkosten. Speziell bei in Miami die elfte TTIP-Verhandlungsrunde zu Ende. elektrischen Geräten gibt es fundamentale Unterschiede, da TTIP-KRITIK UND SPEKULATION Von Stephan Li die in Europa (und im Rest der Welt) verwendeten ISO/ TTIP wird nicht nur Exportmärkte öffnen, sondern auch IEC-Standards in den USA nicht gelten. Außerdem variie- den Wettbewerb in Europa erhöhen. Insgesamt erwartet Die Verhandlungen zum kontroversen Abkommen kom- Zölle von mehr als 20 Prozent. In vielen Fällen gewähren ren Regeln innerhalb der USA. Schätzungen zufolge ent- man jedoch zumindest positive volkswirtschaftliche Effekte. men nur langsam voran. Starke öffentliche Kritik, vor allem diese Vorschriften das gleiche Niveau an Sicherheit oder stehen durch zusätzliche Konformitätsprüfungen bis zu 20 aus Deutschland und Österreich, aber auch die ungeheure Qualität, unterscheiden sich aber in Bezug auf technische Prozent höhere Kosten. Viele Kritikpunkte von TTIP-Gegnern sind nicht von der Komplexität des Abkommens im regulatorischen Bereich Einzelheiten, oder im Verfahren zur Kontrolle der Einhal- Hand zu weisen. So kann nicht ausgeschlossen werden, erschweren eine Weiterentwicklung. Doch was ist TTIP tung der Vorschriften. Durch Beseitigung von Doppelglei- Der Technologiesektor würde durch ähnliche Einsparun- dass in Graubereichen Regelharmonisierungen zu Gunsten (Transatlantic Trade and Investment Partnership) eigent- sigkeiten sollen Kosten gesenkt werden und die ursprüng- gen profitieren. Auch der pharmazeutische Bereich könnte von Lobbys interpretiert werden und zu einem Verlust von lich? lichen Schutzfunktionen der Vorschriften erhalten bleiben. stark profitieren, wenn zum Beispiel Studien, die zur Zu- EU-Standards führen. lassung eines Medikaments notwendig sind, nicht doppelt SENKUNG NICHT-TARIFÄRER HANDELSHEMMNISSE Senkungen dieser sogenannten nicht-tarifären Handels- gemacht werden müssen. Das größte Problem – und der stärkste Kritikpunkt – ist TTIP ist kein „einfaches“ Handelsabkommen, in dem bloß barrieren sollen vier Fünftel des von der EU erhofften der Mangel an detaillierten Informationen. Bis TTIP aus- Zölle gesenkt werden. Nur die Hälfte des Handels zwischen 0,5-Prozent-BIP-Zusatzwachstums ausmachen. Von den GERINGERE AUSWIRKUNGEN verhandelt ist und beim Europäischen Parlament vorliegt, den USA und der EU unterliegt einem Zoll. Für die meisten drei Grundpfeilern TTIPs sind sie daher der mit Abstand IN ANDEREN SEKTOREN werden Spekulationen daher wohl ein wesentlicher Teil der anderen Güter liegt der Zoll auf einem niedrigen einstel- wichtigste. Der Bausektor könnte von TTIP ebenfalls profitieren. EU- TTIP-Analyse bleiben. ligen Prozentwert. Der Handel zwischen den zwei Wirt- Firmen sehen sich bei öffentlich ausgeschriebenen Projek- schaftsblöcken ist aber nicht frei. Ein weiteres Element von TTIP ist ein verbesserter Zugang ten in den USA oft schweren Hürden gegenüber, wie etwa zu beiden Märkten: Viele der noch bestehenden Zölle sowie dem „Buy American Act“. Kleinere Bauunternehmen wer- Im Gegenteil, technische Produktvorschriften (zum Bei- Restriktionen bei Dienstleistungen sollen fallen. Aber auch den davon aber wohl nur beschränkt profitieren. Foto: istock.com Dieser Artikel basiert auf einem internen Report, spiel Normen, Prüfverfahren und Zulassungen) verursa- der Zugang zu staatlichen Projektausschreibungen soll er- der in der Erste Group erstellt wurde – Autorin: Flora Boewing. chen hohe Zusatzkosten und wirken dadurch oftmals wie leichtert werden. ['∫pa:rkassәn] 10 ['∫pa:rkassәn] 11
ECONOMY ECONOMY f Von Milan Frühbauer w E WÜNSCHE ANS FINANZ-ChRISTKIND Bankerinnen und Bankkundinnen im Advent j g Acht Jahre Bashing sind genug: Seit 2007 werden wir BankerInnen für alle Ungemach in Staat und Gesellschaft verantwortlich gemacht. Finanzkrise, maßlose Boni, gierige Verantwortungslosigkeit und milliardenschwere Staatssubventionen. Überhaupt: Wozu noch Finanzwirtschaft, wenn alle dort Falotten sind? Seit Jahren prasselt dieses Trommelfeuer auf uns ein. Jetzt sollte diese Hölle auf Erden endlich ein Ende haben. Liebes Christkind, mach‘, dass die Politik und der Stammtisch begreifen, dass es ohne funktionieren- de Finanzwirtschaft kein Wirtschaftswachstum und somit keinen Sozial- und Wohlfahrtsstaat geben kann. Lege ihnen die Erkenntnis unter den Christbaum, dass biedere Investitionen der Unternehmen Von Armand Feka auch ein biederes Spareinlagenaufkommen brauchen. Gib den Gutmenschen und Kabarettisten end- lich die Einsicht, dass Gott die braven RetailbankerInnen, Luzifer hingegen die ruchlosen Investment- bankerInnen geschaffen hat. Das sollten endlich auch alle KritikerInnen begreifen, notfalls mit Hilfe Familienbetrieb seit 1932 des Heiligen Geistes. Der ist ja angeblich auch für die Financial Literacy zuständig … Acht Jahre Zinsendürre sind genug: Daher wollen wir SparerInnen und AnlegerInnen endlich wieder einen Lohn für unser Erspartes. Liebes Christkind, versuch bei der Europäischen Zentralbank ein Partner: Sparkasse Kufstein n gutes Wort für uns einzulegen. Wir wollen ja mit unseren Einlagen später keine teuren Autos kaufen Zu Beginn stand eine Huf- und Wagenschmiede, nicht unüblich R oder auf die Malediven reisen, sondern sparen rechtschaffen für das Alter. Doch das Geld wird und für die damalige Zeit. 1932 gründete Franz Achleitner sein Unter- wird nicht mehr. So war das kanonische Zinsverbot doch nicht gemeint, oder? nehmen in Kundl im Bezirk Kufstein. Eine Schmiede, aus der bis 2015 ein international tätiges Unternehmen im Fahrzeugbau und Nur die Finanzminister mit den horrenden Schulden profitieren: Das kann doch nicht im Sinne des ein lokaler Platzhirsch im Reifenhandel geworden ist. göttlichen Auftrags sein? Übrigens: Wir wissen schon, dass nicht nur die Kirche, sondern auch Banken sparen müssen. Aber gib, dass noch einige Filialen in unserer Nähe erhalten bleiben. Nicht jeder von Von der handwerklichen Schmiede zu einem gewerblichen Heute erhalten KundInnen Reifen- und Felgenprodukte uns ist professionelle/r OnlinebankerIn. Und es geht das himmlische Gerücht, dass auch Du gelegent- Mittelstandsunternehmen war es ein weiter Weg. Ein Weg, sowie eine fachgerechte Montage in elf Filialen im Westen lich noch einen Erlagschein für Dich oder die Erzengel ausfüllst. Na eben … der von Beginn an als Familienunternehmen beschritten Österreichs (zehn in ganz Tirol und eine in Salzburg). Der wurde, so, wie das Unternehmen auch heute noch aufgebaut renommierte Fahrzeugbauer ist über Österreichs Grenzen ist: Mit 240 MitarbeiterInnen, hochwertigen Produkten, Fle- hinweg bekannt. Die Palette reicht von Sonder- und Nutz- xibilität in der Durchführung von Aufträgen sowie solidem fahrzeugen bis zu Militärfahrzeugen. Im Fahrzeugbau be- Know-how in den einzelnen Sparten hat sich das Achleitner trägt der Export unglaubliche 90 Prozent. einen international angesehenen Namen erarbeitet. 1953 Z übernimmt Sohn Franz den elterlichen Betrieb in jugend- Für den Erfolg ausschlaggebend ist nicht selten – neben lichem Alter, als jüngster Meister in Österreich führt er das dem Markt und richtigen wirtschaftlichen Entscheidun- Unternehmen durch turbulente Zeiten mit einem ständigen gen – auch die Mentalität. Eine Einstellung, die Mitarbei- Aufstieg. Seinen heutigen Hauptsitz hat das Unternehmen terInnen als Familie betrachtet. „Wir fördern und fordern Foto: istock.com seit Anfang der 70er Jahre in Wörgl und eine weitere Ferti- initiatives, eigenverantwortliches Denken und Handeln, gungsstätte im Nachbarort Radfeld. sowie gegenseitige Wertschätzung. Viele unserer Mitarbei- Fotos: Achleitner terInnen sind seit 20 bis 40 Jahren im Unternehmen“, betont B Helmut Achleitner, Geschäftsführer in dritter Generation. ['∫pa:rkassәn] 12 ['∫pa:rkassәn] 13
ECONOMY ECONOMY Von Bastian Kellhofer Les miserables Weshalb bringt Europa so wenige 4. In Europa fragt man nach. Der Erfolg von Uber, Airbnb und anderen war schon da, als sich staatliche Insti- erfolgreiche Start-ups hervor? tutionen meldeten und nach Regulierungen verlangten. Airbnb hatte den Rollout schon hinter sich, als die Hotel- branche erste tiefschürfende Fragen hatte und sie gericht- Es gibt 108 Start-ups auf der Welt, die mehr als eine Milliarde Euro wert sind. Gerade einmal lich klären ließ. In Europa fragt man zuerst an und richtet neun davon kommen aus Europa. Was sind die Gründe dafür, dass Europa – trotz des guten sich im Anschluss nach den Vorgaben. Das mag an kultu- Bildungsgrades und der hohen sozialen Standards – für Start-ups nicht der richtige Ort zu sein rellen Unterschieden in der Business-Konditionierung lie- scheint? gen, hemmt aber die Entwicklung wahrhaft durchschlagen- der Start-ups. 5. 1. Europa ist nicht ein Markt. Während jedes US-Start- Es fehlt an Geld und an Risikobereitschaft. Die euro- päischen InvestorInnen verlangen nach felsenfesten Regeln up einen Markt von 300 Millionen potenziellen Konsu- für ihre Investments und nach wasserdichten Businessplä- mentInnen vor der Haustüre hat, gilt es in Europa länder- nen. Auch hier bremsen die Bürokratie und der ausufernde spezifische Regularien zu beachten, dutzende Sprachen zu Zugriff des Staates. Deshalb flüchten viele GeldgeberInnen integrieren und kulturelle Gepflogenheiten zu berücksich- in Regionen, in denen sie sogar Geld vom Staat zurückbe- tigen. Kein leichter Start. kommen, wenn ein Investment schief läuft. Nach Großbri- tannien zum Beispiel. Oder eben in die USA. 2. 6. Die europäische Regulierungswut. Der Krümmungs- grad für importierte Bananen ist das Paradebeispiel. Glüh- Die Lobbys machen die Politik. Ein Hemmschuh für und Halogenbirnen, künstlicher Zimt: Die EU reguliert in Start-ups sind auch neu angelegte Initiativen wie die Auf- langwierigen Prozessen sämtliche Handelsprozesse. Alle hebung der Netzneutralität durch die EU. Künftig sollen involvierten Länder müssen einer Neuordnung zustim- einige Unternehmen bevorzugt mit schnellem Internet aus- men. Dabei vergehen Jahre. Für Start-ups bedeutet das zu- gestattet werden. Ein großes Geschäft für die etablierten sätzliche Hürden, die ihren KollegInnen jenseits des Atlan- Provider. Jene neuen Unternehmen also, die erst eine Nut- tiks völlig fremd sein dürften. Europa bestimmt, dass Kon- zerschaft aufbauen müssen, die erst einmal keine laufenden sumentInnen zustimmen müssen, wenn Cookies instal- Einkünfte haben und finanziell von Risikokapitalgebern liert werden. Das ist nur ein Fall. Start-ups profitieren, abhängig sind, sollen künftig Telekom-Anbieter dafür be- wenn sich Märkte von unten heraus verändern. In Europa zahlen, dass ihre Inhalte störungsfrei bei den NutzerInnen wird der Markt von der Politik, also von oben nach unten ankommen. Das grenzt an Erpressung. reguliert. Das bringt selten einen Vorteil. 7. Steuersätze. In Österreich zahlen JungunternehmerIn- 3. Europa fehlt ein wahrer Hub. Ein Anziehungs- nen vom ersten Umsatz an gewaltige Summen an Steuer und punkt, zu dem die Talente des Kontinents strömen Sozialversicherung, die 50 Prozent ihrer Einnahmen ver- können. New York, das Silicon Valley sind wahre schlingen. Diese könnten gut für den Ausbau des Unterneh- Illustration: istock.com Schmelztiegel an Wissen und Innovation. Dort erfin- mens, neue Angestellte oder die Infrastruktur verwendet den sich neue Geschäftsmodelle aus der kreativen Mas- werden. Leider sind auch dort die Regularien derart ver- se heraus. Dieser metropole Magnet fehlt in Europa. Jedes staubt, dass diese Unterfangen für viele unmöglich werden. Land bastelt an seinem eigenen, nationalen Hub. ['∫pa:rkassәn] 14 ['∫pa:rkassәn] 15
ECONOMY ECONOMY Von Christian Prenger Komplizierte Verbindung Hinter der Abkürzung BYOD verbirgt sich ein IT-Trend mit Zündstoff: „Bring your own device“, die berufliche und private Nutzung mobiler Endgeräte, beschert Firmen weniger Aufwand und motivierte MitarbeiterInnen, aber Privatgeräten entsteht ohne Sicherheitsmaßnahmen die auch ein Security-Krisengebiet. Gefahr von ungewolltem Datenabfluss, weil die User selbst nicht immer regelmäßige Updates durchführen oder be- deutende Unternehmensdaten nicht von ihren privaten In- Die heißgeliebte Fernbedienung des Lebens garantiert kei- formationen separieren“, warnt Gerald Spiegel, Leiter Infor- neswegs überall Glücksgefühle. Zumindest nicht im Ge- mation Security Solutions bei Sopra Steria Consulting. schäftsbereich: Seit Smartphones zum Kultgegenstand der mobilen Generation avanciert sind, müssen iPhone und Prophylaxe ist also ein Must, verdeutlicht Dieter Steiner: Co. überall mit von der Partie sein. Natürlich ebenfalls am „Unternehmen benötigen klare Richtlinien. Darin muss ge- Ort des Broterwerbs – was zu einem Trend geführt hat. Er regelt sein, wie private und geschäftliche Daten getrennt verbirgt sich hinter dem harmlos wirkenden Kürzel BYOD: werden sollen, wer wann und auf welche Weise Zugriff auf „Bring your own device“ steht für die gleichzeitige berufli- Informationen hat und welche Security-Vorkehrungen nö- che und persönliche Nutzung von tragbaren Devices. „Im- tig sind. Wichtig sind starke Passwörter, ein zuverlässiger mer mehr MitarbeiterInnen verwenden ihre privaten mo- Virenschutz und die möglichst effiziente Verschlüsselung.“ bilen Endgeräte im Unternehmen, um möglichst flexibel und komfortabel arbeiten zu können“, erklärt Dieter Stei- „Jurassic Park“ aus dem Firmen-Gerätefundus. Außerdem ist die mögliche Gefährdung der Datensicherheit, die Ma- In der Erste Bank existieren solche klaren Regulierungen ner, Geschäftsführer von Security-Service-Provider SSP muss für Probleme nicht sofort ein/e TechnikerIn anrücken nagerInnen ebenfalls zu denken gibt. Mobile Geräte erfreu- für die neue digitale Realität. „Wir ermöglichen mit inter- Europe. oder der Support Überstunden einlegen. Die BesitzerInnen en sich steigender Popularität bei Betriebsspionen oder Ha- nen Vereinbarungen die Nutzung von BYOD. Dabei ist wie wissen meist selbst, wie sie ihrem Gerät erste Hilfe leisten ckern – wenn dann zahllose Modelle und Betriebssysteme bei firmeneigenen Geräten die Verwendung der ausgewähl- War es anfangs ausschließlich ein Bedürfnis von Arbeit- können. Ganz zur Freude der ControllerInnen, die dieses im geschäftlichen Einsatz sind, wird die Arbeit der zustän- ten Mobile-Device-Management-Lösung eine zwingende nehmerInnen, ihr eigenes Smartphone oder Tablet ins Büro Übertragen des Managements von Endgeräten auf die Be- digen Sicherheitsleute zum Alptraum. Allein aufgrund der Voraussetzung“, bestätigt IT-Chef Horst Weichselbaumer. mitzunehmen, so besteigt jetzt die Chefetage den Zug. Laut legschaft sicher befürworten. Denn ExpertInnen orten Quantität im Business-Bereich. In zwei Dritteln der Betrie- den MarktforscherInnen von Gartner wird rund die Hälfte unter dem Strich ein Sparpotenzial von 30 Prozent bei den be verwenden die MitarbeiterInnen mobile Endgeräte ge- Auch die Eigenverantwortung spielt eine Rolle, vermerkt der Bosse bis 2017 von Fachkräften verlangen, ihre Geräte IT-Aufwendungen. mäß der BYOD-Philosophie. In größeren Unternehmen ab Weichselbaumer: „Außerdem setzen wir voraus, dass unse- im Job einzusetzen. 1.000 Personen ist diese Praxis besonders weit verbreitet. re MitarbeiterInnen verantwortungsvoll mit Geschäfts- Umwegrentabilität ist gleichermaßen zu erwarten. Wenn Die Gefahr ist also sehr groß, dass sensible Daten in falsche daten umgehen. Dies wird durch regelmäßige Informatio- Handy, Marke „Jurassic Park“ Fachkräfte mit ihren eigenen coolen Devices auch arbeiten Hände geraten, ermittelte die Unternehmensberatung nen über Gefahren bei der Verwendung mobiler Geräte Solche Wünsche kommen keineswegs aus dem strategi- dürfen, könnte sogar die Motivation profitieren, lautet die Sopra Steria Consulting. unterstützt.“ schen Nichts. Denn so lässt sich das Firmenbudget scho- These von FirmenlenkerInnen. Eine Studie der Marktfor- nen, da die Anschaffungskosten für professionelle Hard- scherInnen von Ipsos im Auftrag des IT-Spezialisten Citrix Manche machen es potenziellen Angreifern auch leicht, sei Vielleicht schafft auch diese Alternative Beruhigung bei ware sinken. Der digitale Speed ist ebenfalls besser zu be- unterstreicht jedenfalls diese Annahme: In Deutschland es aus Sorglosigkeit oder aus Unterschätzung der Lage. So den Hütern der Elektronik, der Fachleute gute Chancen auf wältigen: Neue, noch bessere Modelle erblicken immer verzeichnet verzeichnen mehr als zwei von fünf Unterneh- erfolgt bei 40 Prozent der Firmen keine Verwaltung der Ge- Akzeptanz einräumen: CYOD (Choose your own device). schneller das Licht der Welt und die Preise steigen konstant. men, die BYOD praktizieren, Produktivitätszuwächse von räte mit Sicherheits-Updates. Auch Guidelines für sicheren Dabei wählen MitarbeiterInnen aus einer aktuellen Liste Was kann ArbeitgeberInnen Besseres passieren, als dass über 20 Prozent. Gebrauch sind bei rund einem Drittel der Betriebe Fehlan- ihres Arbeitsgebers das gewünschte Modell, das ebenso für Illustration: istock.com Techno-Fans neue Überflieger aus der eigenen Tasche be- zeige. Wie auch regelmäßige Sicherheitschecks. den Privatgebrauch vorgesehen ist. So arbeitet jeder und rappen. Die Wartungskosten lassen sich ebenso schonen. Prophylaxe ist ein Must jene mit seiner oder ihrer favorisierten Hardware, das Risi- Nicht nur, weil MitarbeiterInnen ihren Kommunikations- Doch selbst solche Glückshormone aus der betrieblichen „Mobiles Arbeiten schafft nicht nur Flexibilität, sondern ko von Datenlecks sinkt. Steigen dürfte dafür die Laune vie- Darling meist liebevoller behandeln als ein Handy Marke Nervenbahn können Schattenseiten nicht überdecken. Es auch Risiken. Denn bei der geschäftlichen Nutzung von ler IT-Verantwortlicher. ['∫pa:rkassәn] 16 ['∫pa:rkassәn] 17
LAND und MÄRKTE LAND und MÄRKTE Die Meldung kommt allmonatlich: doch selbst die Qualitätszeitungen widmen ihr bestenfalls einen knappen Zweispal- ter. Dabei geht es um den gegenwärtig einzigen wirklich funktionierenden Wachstumsmotor der österreichischen Wirt- schaft. Die heimischen Exporte sind wieder auf Wachstumskurs, doch die Öffentlichkeit nimmt davon wenig Notiz. Sehr zu Unrecht: Denn die für 2015 angesagten, ohnehin österreichs importe 2014 international recht bescheidenen 0,9 Prozentpunkte Wachs- 4,4 % 1,2 % Maschinenbauerzeugnisse und Fahrzeuge 0,6 % 0,3 % tum des BIP verdanken wir größtenteils der Exportkon- 6,7 % Bearbeitete Waren junktur, betonen die WirtschaftsforscherInnen in ihren ers- Sonstige Fertigwaren ten Jahreszusammenfassungen. Die bisher vorliegenden 10,0 % 33,0 % Chemische Erzeugnisse Zahlen belegen die Motorfunktion. Von Jänner bis August Mineral. Brennstoffe, Schmiermittel dieses Jahres stiegen die Ausfuhren um 2,5 Prozent, wäh- 13,6 % Nahrungsmittel und lebende Tiere Rohstoffe (ausg. Nahrungsm. u. min. Brennst.) rend die Einfuhren um nur 1,2 Prozent zunahmen. Damit 15,5 % 14,7 % Waren hat sich erfreulicherweise auch der Importüberschuss Getränke und Tabak gegenüber 2014 halbiert. Der August signalisierte einen Ex- Tierische u. pflanzl. Öle, Fette, Wachse portschub, der sich – so die ExpertInnen – bis Jahresende fortsetzen könnte. Netz von Kooperationspartnern, mit denen man gemein- sam auf den Weltmärkten auftritt. Die Struktur der öster- österreichs Exporte 2014 reichischen Exporte hat sich in den vergangenen Jahren Maschinenbauerzeugnisse und Fahrzeuge 2,4 % 1,3 % 0,9 % Bearbeitete Waren deutlich verändert. Der Anteil der 28 EU-Länder an den 0,1 % 3,0 % Chemische Erzeugnisse heimischen Ausfuhren sank auf rund 68 Prozent. Gleich- 5,8 % Sonstige Fertigwaren zeitig steigt die Bedeutung der sogenannten Drittstaaten. 11,6 % 39,0 % Nahrungsmittel und lebende Tiere Das heißt, die Streuung der Exporte über die EU hinaus Rohstoffe (ausg. Nahrungsm. u. min. Brennst.) nimmt deutlich zu. Damit wird die Ausfuhrwirtschaft ein 13,9 % Mineral. Brennstoffe, Schmiermittel Stück unabhängiger von regionalen Konjunkturschwankun- Getränke und Tabak gen auf den Zielmärkten. 22,0 % Waren Tierische u. pflanzl. Öle, Fette, Wachse Zugenommen hat in den vergangenen Jahren auch die Wertschöpfung der Exportprodukte. Es sind Maschinen Die Exporte legten um 6,7 Prozent zu und übertrafen neu- und Fahrzeuge, die an der Spitze der exportierten Waren- erlich das Einfuhrwachstum. Mehr als 40.000 österreichi- gruppen stehen. Das alles braucht Zehntausende Leistungs- sche Unternehmen sind derzeit regelmäßig als Exporteure träger in der Exportwirtschaft im weitesten Sinne. Forsche- tätig. Das Gesamtvolumen der Ausfuhren wird 2015 knapp rInnen, KonstrukteurInnen, MarketingexpertInnen, fremd- an der 130-Milliarden-Euro-Marke liegen. Das sind gut 40 sprachig sattelfeste VerhandlerInnen, JuristInnen, die sich Prozent des Brutto-Inlandsprodukts. legistisch auf Exportmärkten auskennen, ebenso wie Ex- DER pertInnen, die in der Projektfinanzierung ideenreich und Streuung der Exporte über die EU hinaus sattelfest sind. Dieser Erfolg kommt nicht automatisch, wie das seltsam ge- LAUTLOSE ringe Interesse der Öffentlichkeit vermuten lässt. Eine Aus- Das sind die SystemerhalterInnen des Wachstumstreibers fuhrleistung von etwa 355 Millionen Euro je Kalendertag (!) Export. Maschinisten des lautlosen Motors … muss im internationalen Wettbewerb hart erwirtschaftet MOTOR werden. Vornehmlich von der Industrie, aber auch von einer die Industrieexporte professionell begleitenden österreichs Top-10-Exportpartner 2014 (in Millionen Euro) Dienstleistungswirtschaft. Deren Anteil – etwa bei Planung, 38.082 Montage und operativer Führung installierter Anlagen – Deutschland wird immer größer. Mehr als 500 österreichische Produk- Italien 8.237 Der einzige aktuelle tionsbetriebe verfügen mittlerweile über einen Exportan- Quelle Tortengrafiken und Balkengrafik: WKO USA 7.781 teil von mehr als 85 Prozent. In nicht wenigen Unterneh- Schweiz 6.686 Wachstumstreiber men erreichen die Ausfuhrquoten sogar mehr als 95 Pro- Frankreich 6.265 sind die Exporte. zent des Gesamtumsatzes. Foto: istock.com Tschechische Republik 4.355 Ungarn 4.290 Von Milan Frühbauer Dazu braucht es einige Voraussetzungen: hohe Forschungs- Vereinigtes Königreich 3.943 intensität, dynamische Innovationsaktivitäten, eine profes- Polen 3.840 sionelle Vertriebsorganisation sowie gegebenenfalls ein China 3.380 ['∫pa:rkassәn] 18 ['∫pa:rkassәn] 19
LAND und MÄRKTE LAND und MÄRKTE „Die Gebote, die uns die EZB verordnet, stammen aus drei verschiedenen Bibeln.“ Franz Rudorfer, Geschäftsführer der Sparte Banken und Versicherungen in der WKÖ Die gemeinsame Stimme der Banken und Versicherungen SparerInnen und AnlegerInnen leiden, und die Erträge auch innerhalb der Wirtschaftskammer lautstark zu erhe- sind schwer unter Druck. Dennoch, oder gerade deshalb: ben, ist eine seiner wichtigen Aufgaben. Dabei fühle er sich „Ein Kredit kann nicht zinsenlos gewährt werden, da müs- von WKÖ-Präsident Christoph Leitl ermutigt, denn dieser sen auch die KonsumentschützerInnen Vernunft walten wisse um die gesamtwirtschaftliche Bedeutung einer funk- lassen.“ Eine klare Absage erteilt der Spartengeschäfts- tionierenden Geldwirtschaft und sei über das gelegentliche führer einem internationalen Haftungsverbund, wie ihn Banken-Bashing auch in UnternehmerInnenkreisen nicht EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker jüngst glücklich. Zusätzlich positiv wirkt sich das Engagement von forderte. „Wir sind strikt gegen eine Vergemeinschaftung Spartenobmann und Chef der Erste Group Bank, Andreas des Risikos. Das wäre ein zusätzlicher Stresstest für die Spa- Treichl aus. Dieses hebt die Funktion der Banken und ihre rerInnen, und die haben mit den niedrigen Zinsen schon Foto: WKO unverzichtbare ökonomische Position hervor. wahrlich Stress genug.“ Auch bei einem weiteren „Gemein- schaftsprojekt“ gibt sich Rudorfer deutlich ablehnend. Eine Franz Rudorfer kämpft an vielen Fronten. In jüngster Zeit Finanztransaktionssteuer (FTS) – so wie sie derzeit ange- registriert er ein verbessertes Verständnis für Banken und dacht ist – wäre Gift für die Börse, generell für die Kapital- BankerInnen im Lande. Auch die restriktiven und stand- märkte und auch für die Fondswirtschaft in jenen elf Län- ortpolitisch bedenklichen Auswirkungen der heimischen dern, die sich politisch die FTS vorstellen können. „Alles, Bankensteuer werden von der Politik nicht mehr diskus- was nicht weltweit funktioniert, führt sofort zu regionalen sionslos vom Tisch gewischt. Es gibt wieder die Einsicht, Umgehungshandlungen“, begründet Rudorfer das „Nein“ dass es ohne wettbewerbsfähige Finanzindustrie nicht gehe. der heimischen Kreditwirtschaft. Sorgen bereitet auch der „Die Politik beginnt zu verstehen …“ Schwierig ist hin- Boom an nationalen und internationalen Regelwerken, die gegen das Erfüllen aller Postulate, die jetzt praktisch täglich den Banken einen rapid ansteigenden administrativen Auf- auf die europäische Bankenwelt niederprasseln. Rudorfer wand abfordern. Rudorfer warnt: „Wir brauchen eine aus- hat dafür ein sehr anschauliches Bild: „Das Morgengebet reichende Ertragslage, um etwa die Herausforderungen der der EZB an die Banken lautet: Ihr müsst profitabler werden! Digitalisierung bewältigen zu können. Die Banken müssen Zu Mittag wird dann die Niedrigzinspolitik prolongiert und genug Ressourcen haben, um diese Geschäftsfelder in den im feierlichen Mittagsgebet mit konjunkturellen Impulsen Märkten der Zukunft nicht zu verlieren.“ begründet. Im Abendgebet wiederum werden hingegen „ Gebete aus drei neue administrative Anforderungen formuliert, die wieder Immer öfter würden AnbieterInnen aus dem Nicht-Ban- zusätzlich Geld kosten. Das heißt: Wir sollen mit niedrig- kenbereich auftreten und sich die Rosinen aus dem Markt- sten Zinsen und wachsenden Aufwendungen für Regula- kuchen picken. Diese „Schattenbanken“ müssten schon aus verschiedenen Bibeln“ rien aller Art unterm Strich mehr Ertrag erwirtschaften! wettbewerbsrechtlichen Gründen denselben Regeln unter- Diese Gebete beziehungsweise Gebote, die uns die EZB worfen werden. Diese Problematik ist vorerst nicht zufrie- verordnet, stammen offensichtlich aus drei verschiedenen denstellend gelöst, meint Rudorfer. Bibeln …“ Ein Gespräch mit Franz Rudorfer, Geschäftsführer der Sparte Banken und Versicherungen Für seine Funktion in der WKÖ gibt es ein klares Credo: in der Wirtschaftskammer Österreich Zusätzlicher Stresstest Gemeinsamkeit in der Sparte, Überzeugungskraft in der für die SparerInnen Kammer, Proportionalität bei den Regulierungen und Aus- Von Milan Frühbauer Das anhaltend niedrige Zinsumfeld sei gerade für die bau der Stärken der österreichischen Finanzwirtschaft. Ein „biederen RetailbankerInnen“ eine nachhaltige Belastung. steiniger Weg … ['∫pa:rkassәn] 20 ['∫pa:rkassәn] 21
WERTE WERTE und AsylwerberInnen gestalten, wie wir gemeinsam einen in meinem Heimatort. Die Finanzierung wäre vielleicht auch Beitrag dazu leisten, ein gutes Umfeld für schutzsuchende ohne den Flüchtlingsfonds möglich, aber mit vielen Kompro- Menschen zu schaffen. missen und in abgespeckter Form, da aus den eigenen Ta- schen finanziert werden müsste. Grundstein für jede wirksame Hilfe: Aufklärung und Information Welche Tipps haben Sie für Ihre KollegInnen, die sich ebenfalls Die Erfahrung hat gezeigt, dass klare und umfassende In- engagieren wollen? formationen, zum Beispiel über die Zahl der in Österreich In nahezu jeder Gemeinde gibt es bereits eine Gruppe von bereits aufgenommenen Flüchtlinge, über die Höhe des Ta- Menschen, die sich um Flüchtlinge kümmern. Jede helfende schengelds oder den Verlauf des Asylverfahrens eine erste Hand ist willkommen. Besonders „gezielte Spenden“ sind der- wichtige Voraussetzung sind und letztlich zu einer wesentlich zeit gefragt, zum Beispiel kann man eine ÖBB-Vorteilscard größeren Bereitschaft führen, Flüchtlinge willkommen zu schenken oder sein altes Fahrrad spenden. Aber was wirklich heißen und aufzunehmen. jeder tun kann, ist zu versuchen, freundlich und vorurteilsfrei auf unsere neuen BewohnerInnen zuzugehen. So hat ein Team der ERSTE Stiftung eine Sammlung von Fra- gen und Antworten erstellt: Das handliche Kartenset soll alle, die sich für Flüchtlinge in Österreich einsetzen und sie in der Die nächsten Infoveranstaltungen in Ihrer Nähe: eigenen Gemeinde, im eigenen Umfeld willkommen heißen, • Oberösterreich mit guten Argumenten, Fakten, aktuellen Informationen, 14. Dezember 2015, 18 Uhr, Linz Antworten auf mögliche Fragen, Tipps – und auch konkreten • Vorarlberg Vorschlägen für eigenes Engagement – unterstützen. Auch 16. Dezember 2015, 17.30 Uhr, Dornbirn online sind die Fragen & Antworten zugänglich: • Tirol www.weil-jeder-mensch-zaehlt.at 17. Dezember 2015, 17.30 Uhr, Innsbruck Doch damit nicht genug: Auf einer Reihe von Informations- veranstaltungen in allen Bundesländern* möchten wir ge- meinsam mit MitarbeiterInnen der Caritas Ihre Fragen be- Flüchtlingsfonds der ERSTE Stiftung: Foto: MichaelMazohl antworten und schließlich zum freiwilligen und aktiven MitarbeiterInnen der Erste Group und Sparkassen Mithelfen anstiften. für ehrenamtliches Engagement gewinnen Das von der ERSTE Stiftung initiierte Projekt ‚Willkommen Drei Fragen an Dunja Rabatsch, in Österreich: weil jeder Mensch zählt‘ setzt nicht nur auf Mitarbeiterin der Kremser Bank: Aufklärung. Es fördert lokale Initiativen von MitarbeiterIn- Von Alexandra Rosetti-Dobslaw nen. Ob ein Willkommensfest, Ausflüge oder Malworkshops Sie engagieren sich bereits seit Monaten für Flüchtlinge. Was organisiert, Fahrdienste oder Deutschkurse angeboten, ein genau beinhaltet Ihr Projekt? Sind noch andere MitarbeiterIn- Infoservice für besorgte MitbürgerInnen oder Wohnräume Willkommen in Österreich: nen der Sparkasse involviert? Im Moment kümmere ich mich hauptsächlich um Sachspen- den – sammeln, sortieren und ausgeben – unter anderem für geschaffen werden: Die ERSTE Stiftung hat einen Flüchtlings- fonds eingerichtet, der mit 500.000 Euro dotiert ist. Projekt- ideen werden zweckgebunden mit Geldbeträgen bis zu 3.500 weil jeder Mensch zählt! ein Sachspendenlager in meinem Heimatort. Unser Spen- denlager hat einmal wöchentlich geöffnet. Die Flüchtlinge können sich von Kleidung über Essgeschirr bis hin zu Kin- Euro pro Antrag unterstützt. Der Fonds ist auf ein Jahr ange- legt und läuft von November 2015 bis Oktober 2016. derspielzeug alles holen, was sie brauchen. Die persönlichen Wie funktioniert’s? ERSTE Stiftung, Erste Group und Sparkassen engagieren sich mit ihren MitarbeiterInnen für Flüchtlinge in Österreich. Kontakte und die Dankbarkeit, die uns entgegengebracht Jede/r MitarbeiterIn kann ein Ansuchen über das Portal wird, freuen mich ganz besonders. Auch KollegInnen bringen https://apply.erstestiftung.org/Fluechtlingsfonds einreichen. Unzählige Menschen müssen derzeit aus ihrer Heimat fliehen Bank-Filiale am Wiener Westbahnhof und in den künftigen mir Sachspenden mit und ich weiß, dass sich einige in ihren Die Projektanträge werden von einer Jury, bestehend aus und suchen Schutz und Sicherheit in Europa. Viele kommen Räumen der ERSTE Stiftung am Erste Campus in Wien. Viele eigenen Gemeinden engagieren. ERSTE Stiftung, Caritas und Sparkassenverband, geprüft. auch zu uns nach Österreich. Sie möchten hier ein neues Le- SparkassenmitarbeiterInnen sind in ihren Gemeinden aktiv, Dass wir nur gemeinsam die gesellschaftlichen Herausforde- ben beginnen, ihre Kinder hier in die Schule schicken. Sie schließen sich anderen Initiativen an, kochen, sortieren Sach- Sie werden um Unterstützung für Ihr Projekt beim Flüchtlings- rungen meistern können, liegt auf der Hand. Wir freuen uns kommen, um zu bleiben. Seit dem Sommer ist vor allem hu- spenden, geben Deutschkurse. fonds der ERSTE Stiftung ansuchen. Wäre die Finanzierung auf Ihre Ideen und Aktivitäten! manitäre Hilfe gefragt, es geht primär um Soforthilfe, um die sonst möglich gewesen? Erstaufnahme oder darum, den vorübergehenden Aufenthalt Unmittelbar schließt sich jedoch die Frage an: Wie geht es Beim Flüchtlingsfonds selbst möchte ich ein „Gartenprojekt“ Alle Informationen zum Projekt finden Sie zu erleichtern. Seit Monaten engagieren sich unzählige Mitar- langfristig weiter? Wir sollten uns bereits jetzt überlegen, wie einreichen, die Bewirtschaftung von freien Flächen im Ge- auf der Webseite beiterInnen in den Notschlafstellen in der ehemaligen Erste- wir in Zukunft ein gutes Zusammenleben mit Flüchtlingen meindegebiet – gemeinsam mit einer tollen Projektgruppe www.weil-jeder-mensch-zaehlt.at ['∫pa:rkassәn] 22 ['∫pa:rkassәn] 23
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