PENSIONEN Alle Infos zu Voraussetzungen, Berechnungen und Leistungen - Aus der Broschürenserie Gewerkschaft GPA - Grundlagenabteilung

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PENSIONEN
Alle Infos zu Voraussetzungen,
Berechnungen und Leistungen

Aus der Broschürenserie
Gewerkschaft GPA – Grundlagenabteilung   1
IMPRESSUM:
Herausgeber: Gewerkschaft GPA, 1030 Wien, Alfred-Dallinger-Platz 1
Redaktion: Alexander Pichler, Gewerkschaft GPA – Grundlagenabteilung
Layout: Christina Schier, Gewerkschaft GPA – Abteilung Organisierung und Marketing
Bilder/Fotos: iStock, Daniel Novotny, Michael Mazohl
ÖGB ZVR-Nr.: 576439352

Stand: Jänner 2022
AUTORiNNEN
© Daniel Novotny

                                                                          © Daniel Novotny

                   Mag.a Isabel Koberwein                                                    Dr. David Mum
                   arbeitet in der Grundlagenabteilung                                       ist Mitglied der Bundesgeschäftsführung
                   der Gewerkschaft GPA und beschäftigt                                      und leitet die Grundlagenabteilung der
                   sich schwerpunktmäßig mit den Themen                                      Gewerkschaft GPA. Er ist vorrangig mit
                   ArbeitnehmerInnenschutz, Arbeitszeit                                      den Themen Sozialpolitik, Verteilungs-
                   und Sozialpolitik.                                                        politik, Betriebliche Altersvorsorge und
                                                                                             Politische Ökonomie befasst.

                   Die Inhalte sind nach bestem Wissen erstellt und sorgfältig geprüft. Es besteht jedoch keine Haftung seitens der AutorInnen
                   oder der Gewerkschaft GPA. Inhalte dürfen unter Angabe der AutorInnen weiterverbreitet werden (CC-Urheberrecht).

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VORWORT

4
    © Michael Mazohl
VORWORT

Seit langem steht das Thema Pensionen im Mittelpunkt politischer Auseinandersetzungen. Das Krankreden und das
systematische Erzeugen von Verunsicherung hinsichtlich des Weiterbestands unseres Pensionssystems sind dabei
eine oftmals angewandte Strategie.

Den Antrieb liefern dabei nicht selten die Interessen jener, denen es nicht um die Weiterentwicklung und Absi-
cherung des bestehenden Systems geht, sondern um seine Schwächung zugunsten der Forcierung der privaten
Vorsorge.

Was dabei stutzig macht: Seit es das Pensionssystem gibt, wird dessen Unfinanzierbarkeit prognostiziert.

Diese ist aber nicht eingetreten, auch weil das Pensionssystem laufend weiterentwickelt wurde. Nun stehen wir tat-
sächlich vor den Pensionierungen der sogenannten „Baby-Boomer“, also besonders geburtenstarke Jahrgänge.
Die Anzahl der Menschen über 65 Jahre wird stark zunehmen. Kann sich das ausgehen?

Die gute Nachricht lautet: Ja. Alle Prognosen gehen davon aus, dass der Anteil der Wirtschaftsleistung, der für
Pensionen ausgegeben wird nur moderat von ca. 14 % derzeit auf etwas mehr als 15 % zunehmen wird.

Schon in den letzten Jahren stieg das effektive Pensionsalter an. Die Erwerbsbeteiligung der Menschen über
55 Jahre ist stark gestiegen und wird weiter steigen.

In den nächsten Jahren wird das Frauenpensionsalter an das der Männer angeglichen und die Beamtenpensionen
laufen aus, es gelten dann im öffentlichen Bereich dieselben Regelungen wie in der Privatwirtschaft. Das Pensions-
system ist also auf die demographischen Verschiebungen vorbereitet und bedarf keiner weiteren grundlegenden
Reformen.

Der erste Teil unserer Broschüre setzt sich daher mit der Finanzierbarkeit und Zukunftsfähigkeit des bestehen-
den Systems auseinander und nimmt dabei auch die Argumente und Gegenentwürfe mancher wirtschaftsnaher
ExpertInnen näher unter die Lupe.

Außerdem werden die wichtigsten Forderungen der Gewerkschaft GPA im Pensionsbereich angeführt.

In weiterer Folge werden im Einzelnen die verschiedenen Pensionsarten, deren Berechnung sowie Anspruchsvoraus-
setzungen dargelegt. Alle Angaben basieren dabei auf den aktuellen Sozialversicherungswerten für 2022.

Barbara Teiber
Vorsitzende

                                                                                                                 5
INHALT

 Das Pensionssystem im politischen Diskurs .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 8
    Finanzierbarkeit des Pensionssystems. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  8
    Ist das Pensionssystem zu teuer? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  8
    Wird das Pensionssystem unfinanzierbar, weil der „Altenanteil“ immer mehr zunimmt . .  10
    Bundeszuschüsse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  12
    ASVG-Pensionen am besten durch Beiträge gedeckt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  13
    Erwerbsquote älterer ArbeitnehmerInnen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  14
    Anstieg bei den Pensionsantritten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  16
    Verhältnis Pensionen zu Erwerbstätigen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  17
    Pensionskonto: Böses Erwachen? Welche Leistungen kann man erwarten? . . . . . . . . . . .  18
    Österreichpension und Pensionskonto. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  18
    Österreichs Pensionssystem bringt im internationalen Vergleich gute Leistungen. . . . . . 19
    Vergleich Österreich und Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
    Vorsicht bei Pensionslückenrechnern von Anbietern privater
    Pensionszusatzprodukten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
    Mit welchen Annahmen wird eine Pensionslücke berechnet. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  21

 Das fordert die Gewerkschaft GPA .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 23

 Allgemeine Grundlagen .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 24
    Voraussetzungen und Antragstellung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  24
    Mindestversicherungszeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  25
    Regelpensionsalter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  26
    Pensionskonto. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  27
    Versicherungszeiten, Beitragszeiten, Ersatzzeiten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  27
    Pensionsanpassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  28
    Ausgleichszulage. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  29
    Nachkauf von Schul- und Studienzeiten.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  30
    Freiwillige Selbstversicherung und freiwillige Weiterversicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  30

                                                                                                                                                                                                6
INHALT

    Höherversicherung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  31
    Pensionssplitting. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
    Zuverdienst während der Pension. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  32
    Versicherungszeiten im Ausland. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

Pensionsberechnung.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 34
    Bemessungsgrundlage. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
    Aufwertungsfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  34
    Kontoprozentsatz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  34
    Abschläge bei vorzeitigem Pensionsantritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  35
    Frühstarterbonus ab 2022. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  35
    Bonifikation bei späterem Pensionsantritt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  36
    Ermittlung der Pension am Pensionskonto. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  36

Eigenpensionen .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 38
    Alterspension zum Regelpensionsalter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
    Langzeitversichertenregelung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  38
    Korridorpension. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  40
    Schwerarbeitspension. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  41
    Berufsunfähigkeits- bzw. Invaliditätspension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
    Exkurs: Teilpension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50

Hinterbliebenenpensionen. .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 51
    Witwer-/Witwenpension. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
    Waisenpension. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  53

Anhang .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 54
    Anspruchsvoraussetzungen und Abschläge im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
    Pensionsarten im Überblick. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  55
    Pensionsrelevante Beträge in der Sozialversicherung 2020 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56

                                                                                                                                                                                  Wertvolle Tipps

                                                                                                                                                                                  Zitat

                                                                                                                                                                                  Beispielrechnung

                                                                                                                                                                                                                              7
DAS PENSIONSSYSTEM
IM POLITISCHEN
DISKURS

FINANZIERBARKEIT DES PENSIONSSYSTEMS                      geringer. Das bedeutet, dass die Aufwertung der Bei-
                                                          tragsgrundlagen geringer ist, weil diese an die Ein-
Die Pensionsdiskussion ist ein innenpolitischer Dauer-    kommensentwicklung gekoppelt ist. Und bei niedri-
brenner.                                                  gerem Wachstum ist meist auch die Inflation geringer,
Bedeutet die steigende Lebenserwartung zwangsläufig,       was sich auf die Pensionsanpassungen durchschlägt.
dass das Pensionssystem finanziell unter Druck kommt
und nicht finanzierbar ist?
Nein, denn auf Basis der bisher beschlossenen Refor-      IST DAS PENSIONSSYSTEM ZU TEUER?
men, ist das Pensionssystem auf die geänderte Bevöl-
kerungszusammensetzung vorbereitet.                       Die Ausgaben für das öffentliche Pensionssystem sind
                                                          in den letzten Jahrzehnten moderat gestiegen. Sinn-
Während der Anteil der über 65-Jährigen bis 2070          vollerweise misst man den Pensionsaufwand in Relati-
von 19 % auf 30 % steigen wird (Anstieg um ca. 60 %),     on zum BIP (Bruttoinlandsprodukt). Damit wird gemes-
nimmt der Anteil der Wirtschaftsleistung (BIP), der für   sen, welcher Anteil des Gesamteinkommens bzw. der
Pensionen gezahlt werden wird, nur von ca. 14 % auf       Gesamtproduktion den PensionistInnen zur Verfügung
maximal 15 % zu. Das ist eine überschaubare und ab-       gestellt wird. Logischerweise sollte dieser Anteil stei-
solut machbare Steigerung.                                gen, wenn der Anteil der PensionistInnen an der Bevöl-
Selbstverständlich sind Szenarioberechnungen über         kerung zunimmt.
derart lange Zeiträume mit Vorsicht zu genießen.
Trotzdem bieten diese Prognosen wertvolle Informati-      Dabei fällt gleich auf: Der Anteil der Pensionen am BIP
onen, denn die Menschen, um die es in den Szenari-        ist weitaus geringer als der Anteil der PensionistInnen
en geht, leben in der Regel schon. Die maßgeblichen       an der Bevölkerung. Die PensionistInnen erhalten also
Größen wie Bevölkerungsentwicklung, Lebenserwar-          keineswegs ein zu großes „Stück vom Kuchen“.
tung, Beschäftigung und Wirtschaft unterliegen kei-
nen abrupten Änderungen wie etwa Börsenkursen auf         Die Ausgaben der gesetzlichen Pensionsversicherung
den Finanzmärkten. Wenn es gegenüber den Szenari-         (ohne BeamtInnen inklusive Ausgleichszulagen) lagen
oberechnungen zu deutlichen Abweichungen kommt,           1980 bei knapp 10 %, 1990 bei 10,5 % und 2010 bei
kann und wird man im System reagieren.                    11,1 % des BIP. 2021 steigen die Pensionsausgaben auf
                                                          12,2 % des BIP (s. Abb. 1).
Außerdem entwickeln sich maßgebliche Größen in
dieselbe Richtung. Wenn das Wachstum geringer aus-
fällt, steigen meist auch Löhne/Gehälter und Preise

                                                                                                                8
DAS PENSIONSSYSTEM IM POLITISCHEN DISKURS

     Abb. 1: GESAMTAUFWENDUNGEN DER PENSIONSVERSICHERUNG IN % DES BIP

%
15

            inkl. Ausgleichszulagen
            ohne Ausgleichszulagen                                                  12,5
                                                                                           12,2     12,2            12,2
                                                                                                           12,0            12,1
12
                                                                    11,1
                                                                           10,8
                                      10,5          10,5
                                             10,1          10,1
                      9,9
                             9,3

9
      8,0
            7,5

6

3

0
        1970            1980            1990          2000            2010             2020            2021            2026

                                                             Quelle: Gutachten gemäß Alterssicherungskommissions-Gesetz, Nov. 2021

                                                                                                                                     9
DAS PENSIONSSYSTEM IM POLITISCHEN DISKURS

WIRD DAS PENSIONSSYSTEM                                              Die EU erwartet für Österreich in den kommenden Jahr-
UNFINANZIERBAR, WEIL DER „ALTENANTEIL“                               zehnten ein durchschnittliches Wirtschaftswachstum von
IMMER MEHR ZUNIMMT?                                                  1,3 % jährlich. Das bedeutet, dass die Erwerbstätigen
                                                                     jedes Jahr ein höheres Gesamteinkommen erwirtschaf-
Es ist richtig, dass die Lebenserwartung momentan                    ten. Ein Teil des Zugewinns bzw. Wachstums kann und
weiter ansteigt und es immer mehr Menschen gibt,                     soll für die PensionistInnen „reserviert“ werden. Es wäre
die älter als 65 Jahre sind. Bedeutet dies, dass sich die            absurd zu behaupten, dass sich eines der reichsten Län-
Pensionsfinanzierung nicht mehr „ausgehen“ kann?                      der der Welt seine Bevölkerung nicht „leisten“ kann.
Nein, die Tatsache, dass die Menschen kontinuierlich
älter werden, ist keineswegs neu. Dementsprechend                    Der Anteil der Pensionsausgaben am BIP entwickelt
gibt es schon seit Jahrzehnten längst überholte Prog-                sich nicht parallel zum Anteil der über 65-Jährigen,
nosen über den Kollaps des Pensionssystems.                          sondern wesentlich langsamer. Das ist u. a. darauf
                                                                     zurückzuführen, dass die BeamtInnenpensionen mit
Es steigt nicht nur der Anteil der PensionistInnen, son-             dem Pensionsrecht der ArbeiterInnen und Angestellten
dern auch die Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaft.                harmonisiert werden, und dass das Frauenpensions-
Für die Frage der Finanzierbarkeit des Pensionssystems               alter an jenes der Männer angeglichen wird (begin-
kommt es nicht nur auf die Höhe der Pensionsausga-                   nend mit dem Jahrgang 1963, abgeschlossen mit dem
ben an, sondern auch darauf, wie hoch das gesamte                    Jahrgang 1968). Die Pensionsberechnung trägt der
volkswirtschaftliche Einkommen ist, aus dem die Pen-                 längeren Lebenserwartung Rechnung: Diese orientiert
sionen finanziert werden müssen. Das Wirtschafts-                     sich seit der Umstellung auf das Pensionskonto am
wachstum hat sich 2019, nach hohen Werten von 2016                   Lebensdurchschnittseinkommen.
bis 2018, eingetrübt und 2020 gab es sogar einen
vorübergehenden erheblichen Rückgang. Langfris-                      Wenn man alle Pensionen inkl. jener der BeamtInnen
tig wird mit positiven Wachstumsraten gerechnet.                     zusammen betrachtet, zeigt sich ein geringer Zuwachs:

       Abb. 2: LANGFRISTPROJEKTIONEN DER EU-KOMMISSION
               PENSIONSAUSGABEN IN % DES BIP PERSONEN AB 65 JAHREN IN % DER GESAMBEVÖLKERUNG
 %
  35

                65+ in % der Bevölkerung
                Pensionsaufwand in % des BIP

  30

                                                                                                                                  29,3

  25

        19,1
  20

        14,8
  15

                                                                                                                                  14,3

  10
       2020      2025        2030          2035      2040         2045         2050         2055         2060         2065         2070

                                                  Quelle: EU-Kommission, Länderbericht für Österreich 2021; Eurostat; eigene Darstellung

                                                                                                                                         10
DAS PENSIONSSYSTEM IM POLITISCHEN DISKURS

Die gesamten öffentlichen Pensionsausgaben lagen                            nimmt der Pensionsaufwand am BIP bei stark steigen-
2020 bei knapp 14,8 % des BIP und steigen bis Mitte                         der Lebenserwartung nur von 14,8 % auf maximal
der 2030er Jahre auf knapp 15,4 % des BIP. Danach                           knapp 15,4 % zu.
sinkt der Anteil wieder bis auf 14,3 % (s. Abb. 2). Dies als                Bei dem Szenario der automatischen Anbindung des
unfinanzierbar darzustellen, wäre geradezu lächerlich.                       Regelpensionsalters an die steigende Lebenserwartung
Insbesondere wenn man sich vor Augen führt, dass das                        sinken die Pensionsausgaben am BIP bis auf 12,8 %
BIP ja gestiegen ist.                                                       (2070) deutlich unter das derzeitige Niveau. D. h. ein
Bildlich gesprochen wird ein minimal größeres Stück ei-                     höherer Anteil älterer Menschen müsste sich mit einem
nes deutlich größeren Kuchens den PensionistInnen zur                       deutlich kleineren Anteil am Wohlstand begnügen. Das
Verfügung gestellt. Klar ist: Der verbleibende Kuchen für                   macht keinen Sinn.
die NichtpensionistInnen ist deutlich höher als derzeit!
Wenn das jährliche Wirtschaftswachstum 1,3 % beträgt,
dann steigt das BIP 2020 bis 2040 um 29,5 %. Das BIP
nach Abzug der Pensionsausgaben steigt dann um 29,0                              Erik Türk zur Pensionsautomatik:
%.1 Und das fällt nach den Projektionen in den Zeitraum                          „Die heute Jüngeren müssten demnach künf-
mit den annähernd höchsten relativen Pensionsaus-                                tig trotz deutlich späteren Pensionsantritts mit
gaben. Dass der Anteil der Pensionsausgaben am BIP                               erheblich niedrigeren Leistungen auskommen,
zunehmen wird, ist notwendig und sinnvoll. Es ist aus                            ohne dass es hierfür irgendeine „Notwendigkeit“
Gründen der Generationengerechtigkeit richtig, einen                             gäbe. Die Darstellung eines solchen Vorschlags
höheren Anteil am BIP für Pensionen auszugeben, wenn                             als sinnvolle Antwort auf die demografische Ent-
der Anteil der PensionistInnen an der Bevölkerung steigt.                        wicklung oder gar als Beitrag zur „Sicherung der
                                                                                 Pensionen der heute Jüngeren“ kann nur als Un-
Im Basisszenario der EU Kommission steigt das Pensi-                             sinn bezeichnet werden.“2
onsantrittsalter insgesamt um 0,9 Jahre. Und trotzdem

         Abb. 3: D
                  IE ZUNAHME DES BIP SOWIE DES BIP NACH ABZUG DER PENSIONEN

    %
    35

                             29,5
                                                             29,0
    30

    25

    20                                                                                   2020–2040
    15                                                                                           BEI   1,3 %
                                                                                         WIRTSCHAFTSWACHSTUM
    10

     5

     0
                         Anstieg BIP         Anstieg BIP abzüglich Pensionen
                                                                                                Quelle: Ageing Report 2021, eigene Berechnung

1   Die Annahme von 1,3 % Wirtschaftswachstum wurde auch den Berechnungen im Ageing Report 2021 der EU-Kommission für Österreich zugrunde gelegt.
2   https://www.awblog.at/langfristprojektionen-der-eu-kommission/ (9.3.2018)

                                                                                                                                               11
DAS PENSIONSSYSTEM IM POLITISCHEN DISKURS

BUNDESZUSCHÜSSE                                                                 Der Bundesbeitrag ist seit Beschlussfassung des ASVG
                                                                                ein zentraler Bestandteil der Pensionsfinanzierung.
Neben den zweckgebundenen Pensionsversicherungs-                                Dass es einen Zuschuss aus dem Budget gibt, ist also
beiträgen der ArbeitnehmerInnen und Arbeitgebe-                                 nicht einem Pensionsloch oder einem Defizit geschul-
rInnen werden die Pensionen zu einem Teil auch aus                              det, sondern ist seit Anfang des Pensionssystems vor-
Steuermitteln finanziert (Bundesbeitrag). Mit den Pen-                           gesehen. Die Interpretation des Bundeszuschusses als
sionsausgaben insgesamt sind auch diese Bundeszu-                               „ungewollte Defizitabdeckung“ ist daher eine Verdre-
schüsse gestiegen.                                                              hung der Tatsachen.

Von Anfang an war konzipiert, dass das Pensionssystem                           Die teilweise Steuerfinanzierung hat mehrere Grün-
gemischt finanziert wird: durch zweckgebundene Bei-                              de: Zum einen gibt es viele Leistungen der Pensions-
träge und durch Steuermittel. Kommt die Rede auf die                            versicherung, bei denen eine Steuerfinanzierung die
Mittel aus dem Steueraufkommen bei den Pensionen,                               sachlich adäquate Finanzierungsart darstellt. Dies
wird oft von einem „Pensionsloch“ oder einem „Defizit“                           sind etwa die Ausgleichszulagen als Element der Ar-
gesprochen. Das ist aber irreführend und falsch.                                mutsvermeidung für PensionistInnen, die Berücksich-
                                                                                tigung von Kindererziehungszeiten oder Präsenz- und
Der Bundesbeitrag lag in den 2010er Jahren meist                                Zivildienst bei der Pensionshöhe, Gesundheitsvorsorge
knapp über 2,5 % des BIPs, 2018 bis 2019 sank dieses                            und Rehabilitation oder die Krankenversicherung von
wegen Sonderfaktoren und dem hohen Wirtschafts-                                 PensionistInnen.
wachstum auf 2,1 bis 2,2 % des BIPs.3                                           Der Bundesbeitrag aus Steuermitteln deckt die Diffe-
Die Höhe des Bundesbeitrags ist auch stark von der                              renz zwischen den Beitragseinnahmen und den Pensi-
wirtschaftlichen Entwicklung geprägt, was den deutli-                           onsausgaben ab. Es macht aber wenig Sinn, von der
chen Anstieg 2020 und 2021 erklärt (s. Abb. 4).                                 Abdeckung eines „Defizits“ zu sprechen. Denn sowohl

          Abb. 4: BUNDESBEITRAG (AUSFALLHAFTUNG) IN % DES BIP

    %
    3,5

    3,0                                                         2,72                                                      2,73
                            2,63              2,69     2,67                                                       2,69
                                                                         2,60
                                    2,54                                          2,48
    2,5
                                                                                                   2,18   2,16
                                                                                         2,11

    2,0

    1,5

    1,0

    0,5

    0,0
                           2010     2011     2012     2013     2014     2015      2016   2017     2018    2019   2020     2021

                                           Quelle: Gutachten gem. Alterssicherungskommissions-Gesetz, Nov. 2021 Register 11, eigene Darstellung

3    Quelle: Gutachten gem. Alterssicherungskommissions-Gesetz, Nov. 2021 Register 11

                                                                                                                                                  12
DAS PENSIONSSYSTEM IM POLITISCHEN DISKURS

Pensionsversicherungsbeiträge als auch Steuern sind                    ASVG-PENSIONEN AM BESTEN DURCH
öffentliche Abgaben. Man könnte den Bundeszuschuss                     BEITRÄGE GEDECKT
reduzieren, indem man die Pensionsversicherungsbei-
träge erhöht. Aber das wäre nicht sinnvoll.                            Steuermittel decken etwa ein Fünftel der Pensions-
                                                                       ausgaben. Anders gesagt: Die Pensionen sind zu 4/5
Die PV-Beiträge werden von den Arbeitseinkommen                        durch die Pensionsversicherungsbeiträge gedeckt.
eingehoben, während Steuern auch bei anderen Ein-                      Am höchsten ist der Eigenfinanzierungsgrad bei den
kommensquellen (Kapitalertragssteuer), oder etwa am                    ArbeiterInnen und Angestellten. Deutlich geringere
Vermögen und Konsum ansetzen können. Außerdem                          Deckungsquoten haben die Systeme der Bauern und
werden Sozialversicherungsbeiträge maximal bis zur                     Selbständigen. Bei diesen wird der Pensionsaufwand
Höchstbeitragsgrundlage entrichtet (2022: EUR 5.670,–)                 daher wesentlich stärker aus dem Steueraufkommen
während Steuern auch von hohen Einkommen entrich-                      mitfinanziert (s. Abb. 5).
tet werden.
                                                                       ●   Bei den ArbeiterInnen und Angestellten (ASVG-
Die Diskreditierung des Bundesbeitrages in der öffent-                     Bereich) sind fast 87 % des Aufwands bei-
lichen Diskussion als Zuschuss zu einem „defizitären                        tragsfinanziert
System“ geht damit an der Realität vorbei. Durch die
Einbeziehung von Steuermitteln erfolgt eine bewusste                   ●   Bei den Selbstständigen (GSVG/FSVG) sind es 49,1 %
Verbreiterung der Finanzierungsbasis. Durch die Ausge-
staltung des Bundesbeitrages als Ausfallshaftung wird                  ●   Bei den Bauern (BSVG) 23,1 %
darüber hinaus klargestellt, dass die Verantwortung
für die Finanzierung der Pensionszahlungen aus dem
öffentlichen System eine gesamtgesellschaftliche ist.

      Abb. 5: BEITRAGSDECKUNGSQUOTEN 2020 (OHNE AUSGLEICHSZULAGE)

             ASVG                       GSVG/FSVG                          BSVG

                 87,0 %                        49,1 %                         23,1 %

                                                                                                          80,3 %

                                                                                                           insgesamt
      beitragsfinanziert
      finanziert durch Steuermittel

                     Quelle: Eigene Berechnung auf Basisi des Gutachtens gem. Alterssicherungskommissions-Gesetz, Nov. 2021 Register 15

                                                                                                                                          13
DAS PENSIONSSYSTEM IM POLITISCHEN DISKURS

ERWERBSQUOTE ÄLTERER                                                                                                                                                                                           lag unter dem EU-Schnitt: In Österreich betrug
ARBEITNEHMERINNEN                                                                                                                                                                                              sie 2020 54,2 % (EU-Schnitt: 59,7 %)5 (s. Abb. 7).
                                                                                                                                                                                                               Aber in Österreich stieg die Beschäftigungsquo-
Die Erwerbsquote Älterer ist in Österreich im inter-                                                                                                                                                           te der älteren ArbeitnehmerInnen seit 2000 konti-
nationalen Vergleich noch unterdurchschnittlich, aber                                                                                                                                                          nuierlich an. 2000 waren 28 % der 55- bis 64-Jährigen
sie ist in den letzten 15 Jahren kontinuierlich und deut-                                                                                                                                                      erwerbstätig, 2020 waren es 542 %. Deutlich geringer
lich gestiegen. Die Erwerbsquote misst den Anteil der                                                                                                                                                          als im EU-Schnitt ist in Österreich hingegen die Jugend-
Erwerbstätigen an einer Altersgruppe.                                                                                                                                                                          arbeitslosigkeit und die Langzeitarbeitslosigkeit.

Für die Finanzierbarkeit des Sozialsystems kommt es                                                                                                                                                            Die Erwerbsanreize im Pensionssystem sind im neuen
auf die Beschäftigungsquote insgesamt über alle                                                                                                                                                                Pensionskontorecht sehr hoch. Es bedarf aber auch
Altersgruppen an. Diese beeinflusst das Verhältnis von                                                                                                                                                          ausreichender und altersgerechter Arbeitsplätze.
BeitragszahlerInnen zu LeistungsbezieherInnen. Bei der
Gesamtbeschäftigungsquote der 20- bis 64-Jährigen                                                                                                                                                              2014 traten viele Maßnahmen in Kraft, die das faktische
liegt Österreich 2020 deutlich über dem EU-Schnitt. 74,8 %                                                                                                                                                     Pensionsalter erhöhen: die Umstellung auf das Pensi-
der 20- bis 64-Jährigen waren beschäftigt. Das ist deut-                                                                                                                                                       onskonto und die Abschaffung der befristeten Berufs-
lich höher als der EU Schnitt von 72,5 %.4 (s. Abb. 6)                                                                                                                                                         unfähigkeits- bzw. Invaliditätspensionen für Jahrgän-
                                                                                                                                                                                                               ge ab 1964. Bei der Langzeitversichertenregelung
Die Erwerbsquote der Älteren (55- bis 64-Jährigen)                                                                                                                                                             wurde das Mindestalter angehoben.

          Abb. 6: ERWERBSQUOTE DER 20- BIS 64-JÄHRIGEN (2020), IN %

    %
    100                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                    20- bis 64-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                            Jährige
                                                                                                                                                                                  74,8
                                                                                                                                                                                                                                                   72,5
     80

     60
                                                                                                                                                                                                                                                       Europäische Union – 27 Länder (ab 2020)

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          Euroraum – 19 Länder (ab 2015)

     40
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        Nordmazedonien
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         Griechenland

     20
                                                      Deutschland
                                        Niederlande

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         Montenegro
                                                                                                                                                                                                                                                                                                              Luxemburg
                                                                    Tschechien

                                                                                                                                                                                                                                                                                                 Frankreich
                                                                                                      Dänemark

                                                                                                                                                                                       Österreich
                                                                                           Norwegen
                             Schweden

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           Rumänien
                                                                                                                                                                  Slowenien

                                                                                                                                                                                                                                Bulgarien
                                                                                                                                                       Finnland

                                                                                                                                                                                                                                            Slowakei
                                                                                                                                                                                                    Portugal

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                Kroatien

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                     Spanien
                                                                                                                                  Lettland
          Schweiz

                                                                                                                 Ungarn

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           Serbien
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      Belgien
                                                                                                                                             Litauen
                                                                                 Estland

                                                                                                                                                                              Zypern

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               Italien
                    Island

                                                                                                                                                                                                                       Irland

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      Türkei
                                                                                                                          Malta

                                                                                                                                                                                                               Polen

     0

                                                                                                                 Quelle: https://ec.europa.eu/eurostat/databrowser/view/t2020_10/default/table?lang=de, 14.11.2021

4    Quelle: https://ec.europa.eu/eurostat/databrowser/view/t2020_10/default/table?lang=de, 31.05.2021
5    Quelle: https://ec.europa.eu/eurostat/databrowser/view/tesem050/default/table?lang=de, 31.05.2021

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          14
DAS PENSIONSSYSTEM IM POLITISCHEN DISKURS

      Abb. 7: ERWERBSQUOTE DER 55- BIS 64-JÄHRIGEN (2020), IN %

%
100

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               55- bis 64-
 80
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                Jährige

                                                                                                                                                                                                  59,7
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 54,2
 60

                                                                                                                                                                                                            Europäische Union – 27 Länder (ab 2020)
                                                                                                                                                                           Euroraum – 19 Länder (ab 2015)
 40

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                              Nordmazedonien
 20

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          Griechenland
                                                         Deutschland

                                                                                  Niederlande

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         Montenegro
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      Luxemburg
                                                                                                           Tschechien

                                                                                                                                                                                                                                                                                     Frankreich
                                                                       Dänemark

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      Österreich
                                    Norwegen
               Schweden

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   Rumänien
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                       Slowenien
                                                                                                                                             Bulgarien
                                                                                                                                  Finnland

                                                                                                                                                                                                                                                                          Slowakei
                                                                                                                                                                                                                                                               Portugal

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               Kroatien
                                                                                                                                                                                                                                                                                                  Spanien
                                                                                                Lettland
                          Schweiz

                                                                                                                                                                                                                                                      Ungarn

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                     Serbien
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   Belgien
                                                                                                                        Litauen
                                               Estland

                                                                                                                                                                  Zypern

                                                                                                                                                                                                                                                                                                            Italien
      Island

                                                                                                                                                         Irland

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  Türkei
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             Malta

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               Polen
  0

                                                                                                           Quelle: https://ec.europa.eu/eurostat/databrowser/view/tesem050/default/table?lang=de, 14.11.2021

      Abb. 8: 55- BIS 64-JÄHRIGE ERWERBSTÄTIGE IN ÖSTERREICH

in 1.000 Personen
800
                                                  zusammen (55–64-Jährige)
                                                  55–59-Jährige                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          687,8
700                                               60–64-Jährige

600
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         514,3

500

400

300      253,3

         205,2
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         173,5
200

100       48,1

  0
      2000                             2002                                       2004                                    2006                                    2008                                                                                 2010                                   2012                                  2014                           2016                                         2018                                        2020

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               Quelle: Statistik Austria, 14.11.2021

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                       15
DAS PENSIONSSYSTEM IM POLITISCHEN DISKURS

ANSTIEG BEI DEN PENSIONSANTRITTEN                                         60 Jahren bei Frauen, in Pension gegangen. Auch der
ZUM REGELPENSIONSALTER                                                    Zugang bei den vorzeitigen Pensionsantritten ist in den
                                                                          letzten zwei Jahren leicht gestiegen. Letztere sind jene
In den letzten Jahren sind bei den neu zuerkannten                        Pensionen, bei denen man bei Vorliegen ausreichen-
Alterspensionen immer mehr Menschen zum Re-                               der Versicherungsjahre schon etwas vor dem Regel-
gelpensionsalter von 65 Jahren bzw. derzeit noch                          pensionsalter die Pension antreten kann (s. Abb. 9).

          Abb. 9: ENTWICKLUNG DER PENSIONSNEUZUERKENNUNGEN
                   ZUM REGELPENSIONSALTER UND DER VORZEITIGEN ALTERSPENSION

 in Personen
 70.000
                   vorzeitige Alterspensionen
                   davon normale Alterspensionen (zum Regelpensionsalter)

 60.000

 50.000

 40.000

 30.000

 20.000
            2010     2011         2012          2013      2014           2015        2016         2017          2018      2019         2020
                                                        Quelle: BMSGPK, Dachverband der österreichischen Sozialversicherungsträger 2021

          Abb. 10: PENSIONSANTRITTSALTER ALTERSPENSION

  in Jahren
  61,9
                                                                                                                          61,8
  61,8
                                                                         61,7            61,7            61,7
  61,7
                                      61,6             61,6
  61,6

  61,5

  61,4

  61,3
                     61,2
  61,2

  61,1

   61
                     2014            2015              2016              2017            2018             2019            2020
                                                              Quelle: Jahresbericht der österreichischen Sozialversicherungsträger 2021, S. 50

                                                                                                                                              16
DAS PENSIONSSYSTEM IM POLITISCHEN DISKURS

VERHÄLTNIS PENSIONEN ZU ERWERBSTÄTIGEN                                                                       Wie man anhand der Grafik sieht (s. Abb. 11), ist die
                                                                                                             Zahl, der über 60-Jährigen auf jeweils 1.000 15- bis
In der öffentlichen Debatte zum Pensionssystem steht                                                         59-Jährigen (Demographische Belastungsquote), seit
meist das Verhältnis der über 60- bis 65-Jährigen zum                                                        2000 deutlich gestiegen (von 325 auf 431: +32,6 %).
Rest der Bevölkerung im Mittelpunkt. Entscheidend ist                                                        Demgegenüber ist die Pensionsbelastungsquote (An-
aber für das Pensionssystem die Relation der Anzahl                                                          zahl der Pensionen je 1.000 Versicherte) gesunken: von
der BeitragszahlerInnen zu den Leistungsempfänge-                                                            619 auf 590. Darin spiegelt sich die gestiegene Be-
rInnen („Pensionsbelastungsquote“). Diese Relation                                                           schäftigung wider. Bei einer hohen Beschäftigung ist
hängt auch ganz stark von der Entwicklung der Be-                                                            das Pensionssystem auch bei einem steigenden Alten-
schäftigung ab. Die beiden Größen unterschieden                                                              anteil gut finanzierbar.
sich sehr deutlich. Die Pensionsbelastungsquote misst                                                        Der Schlüssel zur Sicherstellung der Finanzierbarkeit
die Anzahl an Pensionen, die je 1.000 Pensionsversi-                                                         des Pensionssystems liegt nicht in einem automatisch
cherten anfallen. Diese ist seit 2018 geringer als vor                                                       steigenden Regelpensionsalter, sondern in steigender
30 Jahren.                                                                                                   Beschäftigung (s. Abb. 11).

       Abb. 11: PENSIONSBELASTUNGSQUOTE UND ALTERSABHÄNGIGENQUOTE

 800
                             Pensionsbelastungsquote aller PV-Träger
                             Anzahl der über 60-Jährigen je 1000 der 15- bis 59-Jährige
 700

                                     620    619          619   621    624   624   624     625    621                621     623     620
                               616                617                                                  615                                  615     615     617
                                                                                                              607                                                 609
               593     601                                                                                                                                              600                         597
 600   586                                                                                                                                                                      591
                                                                                                                                                                                      581     578
                                                                                                                                                                                                          590

 500

                                                                                                                                                                                                              431
                                                                                                                                                                                                        422
                                                                                                                                                                                                  412
                                                                                                                                                                                            404
                                                                                                                                                                                    396
 400                                                                                                                                      376     379     382   385   388     389
                                                                                                                                  371
                                                                                                                360       376
                                                                              348       351   354   351   354
                                                                        346
                                                                 336
         318                                               325
                 317     316     315   314    314   315
 300

 200

 100

   0
       1993          1995            1997         1999         2001         2003          2005         2007         2009            2011            2013          2015          2017          2019        2021

                       Quelle: Statistik Austria, Dachverband der österreichischen Sozialversicherungsträger, Alterssicherungskommission, 30.11.2021

                                                                                                                                                                                                                17
DAS PENSIONSSYSTEM IM POLITISCHEN DISKURS

PENSIONSKONTO: BÖSES ERWACHEN?                                                 2018 lag die Ersatzraten für die Neuzugänge bei
WELCHE LEISTUNGEN KANN MAN ERWARTEN?                                           den Pensionen (ohne Hinterbliebenenpensionen) bei
                                                                               ca. 78 %. Die Zahlen beziehen sich sowohl auf Alters-
Die Pensionsansprüche aller Versicherten ab Jahrgang                           pensionen als auch auf Invaliditätspensionen.
1955 sind bei der Pensionsversicherung in einem Pensi-
onskonto gutgeschrieben. Das Pensionskonto zeigt den                           ●     Nettoersatzrate: 78,3 %
aufgrund der vorliegenden Versicherungszeiten bereits                                (Männer 80,4 %, Frauen 76,6 %)
erworbenen Pensionsanspruch zum Regelpensionsalter.                            ●     Bruttoersatzrate: 65,6 %
                                                                                     (Männer 66,9 %, Frauen 64,4 %
Der Pensionsanspruch wird aufgrund einer einfachen
Formel ermittelt: Pro Versicherungsjahr erwirbt man ei-                        Betrachtet man nur die Alterspensionen, so lag die
nen Pensionsanspruch von 1,78 % des Einkommens in                              Nettoersatzrate bei Männern bei 82,7 % und bei
diesem Jahr. Dieser Anspruch wird jährlich im Ausmaß                           Frauen bei 77,4 %.6
der durchschnittlichen Lohnsteigerung aufgewertet.                             Man sieht daher: Eine reine Betrachtung der Brutto-
Wenn man beispielsweise in einem Jahr EUR 2.000,–                              pension und ein Vergleich zum Bruttoeinkommen un-
brutto verdient, erwirbt man dadurch in diesem Jahr                            terschätzt die Absicherung im Alter.
einen Pensionsanspruch von EUR 35,60 (1,78 % von EUR
2.000,–). Würde man 40 Jahre EUR 2.000,– brutto ver-
dienen, erwirbt man einen Pensionsanspruch von EUR                             ÖSTERREICHPENSION UND PENSIONSKONTO
1.424,– brutto (40* EUR 35,60). Das wären dann 71,2 %
des Aktiveinkommens.                                                           Das derzeitige Pensionssystem mit dem leistungs-
                                                                               definierten Pensionskonto beruht nicht auf der geplan-
                                                                               ten „Schüsselreform“, die massive Pensionskürzungen
                                                                               zum Ziel hatte und 2003 durch gewerkschaftliche Pro-
    Beispiel Angestellter, 40 Versicherungsjahre:                              teste weitgehend verhindert werden konnte.
                                                                               Das Pensionskonto wurde hingegen 2004 im Zuge der
    Bruttomonatsverdienst: EUR 2.000,–                                         Pensionsharmonisierung verschiedener öffentlicher
    das entspricht EUR 1.526,62 netto (bzw. Jahres-                            Pensionssysteme als Umsetzung des neuen langfristig
    bezug: EUR 28.000,– brutto, EUR 21.510,52 netto).                          und nachhaltig ausgerichteten Pensionssystems mit
    In der Pension: EUR 1.424,– brutto laufend,                                einem Leistungsziel beschlossen. Das Leistungsziel be-
    das enstpricht EUR 1.333,19 netto (bzw. Jahres-                            ruht auf dem Modell der Österreichpension des ÖGB.
    bezug: EUR 19.936,– brutto, EUR 18.576,08 netto)                           Die auf der Lebensdurchrechnung basierenden Bei-
                                                                               tragsgrundlagen werden im Ausmaß der Lohnentwick-
    Das Verhältnis der Bruttopension zum Bruttoar-                             lung aufgewertet. Damit wurde die Aufwertung massiv
    beitseinkommen beträgt 71,2 %. Das Verhältnis                              verbessert und wir haben als einziges Land der Welt ein
    von laufender Nettopension zum Nettoarbeits-                               leistungsdefiniertes Pensionskonto umsetzen können.
    einkommen liegt aber wesentlich höher und be-
    trägt 85,5 %!                                                              Anderen Länder, wie Schweden und Italien, haben
    Auf dem Pensionskonto ist immer der Anspruch                               beitragsdefinierte Konten, mit hohen impliziten Ab-
    auf die Bruttopension angeführt. Da man in der                             schlägen bei früherem Antritt. Die schwarz-blaue
    Pension aber weniger Abgaben als im Erwerbs-                               Regierung unter Schüssel wollte – unterstützt von
    leben zahlt, ist die Relation von Nettopension                             Industriellenvereinigung und WKO – auch ein eine rein
    zum Nettoeinkommen deutlich besser. Arbeit-                                „beitragsorientierte“ Bestimmung der Pension. D. h. es
    nehmerInnen zahlen Sozialversicherungsbei-                                 gäbe keine Leistungszusage und Anspruch auf eine
    träge in etwa 18 %, als PensionistIn zahlt man                             konkrete Pensionshöhe, sondern die Pension wäre so
    hingegen nur 5,1 % Krankenversicherungsbei-                                berechnet worden, dass die Summe der eingezahlten
    trag. Hinzu kommt bei beiden die Lohnsteuer.                               Beiträge auf die Lebenserwartung aufgeteilt worden
                                                                               wären.

6   Quelle: BMSGPK, https://www.dnet.at/opis/Pensionsversicherung.aspx, 27.05.2021

                                                                                                                                   18
DAS PENSIONSSYSTEM IM POLITISCHEN DISKURS
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           Demgegenüber gibt unser Pensionskonto jedes Jahr                             Pensionssystem. Das zeigen u. a. Vergleichsberechnun-
           Auskunft über die Höhe der bereits erworbenen Pen-                           gen der OECD für Menschen die neu auf den Arbeits-
           sionsansprüche. Das bringt eine Bestandssicherheit                           markt kommen.
           und Transparenz.
                                                                                        Die OECD simuliert die Pensionshöhe eines Erwerbs-
           Die Tatsache, dass die bereits erworbenen Leistungs-                         tätigen, der 2020 im Alter von 22 Jahren auf den
           ansprüche auf den individuellen Pensionskonten aus-                          Arbeitsmarkt kommt und ohne Unterbrechung bis
           gewiesen sind, bringt eine hohe Bestandssicherheit.                          zum jeweiligen zukünftigen Regelpensionsalter ar-
           Kürzungen von bereits erworbenen Anwartschaften                              beitet. Die Bruttoersatzrate liegt dann in Österreich
           sind im Pensionskonto-Recht kaum durchsetzbar. Die                           bei 74,1 %, bei einem Pensionsantritt mit 65 Jah-
           jährliche Erhöhung der Gutschrift, um die neu erwor-                         ren, und damit deutlich über dem OECD Schnitt von
           benen Leistungsansprüche auf individuellen Pensions-                         51,8 % bei einem durchschnittlichen Pensionsantritts-
           konten, bringt ein hohes Maß an Transparenz und ist                          alter von 66,1 Jahren. Die österreichische Nettoersatz-
           leicht nachvollziehbar.                                                      rate für den Durchschnittsverdienst liegt in den OECD
           Das österreichische Leistungskonto bietet eine ver-                          Simulationen bei 87,1 % und damit auch deutlich hö-
           gleichsweise gute Leistungshöhe: 1,78 % Leistungs-                           her als im OECD-Schnitt von 62,4 %.7
           gutschrift pro Jahr in Verbindung mit fairer Aufwer-
           tung, ergibt bei durchschnittlichem Erwerbsverlauf                           Zur Interpretation: Das sind natürlich keine Echtda-
           auch für die heute Jüngeren einen guten Einkom-                              ten, sondern Berechnungen wie viel eine Person, die
           mensersatz (Nettopension relativ zu vorherigem                               durchschnittlich viel verdient, an Pension bekommt,
           Nettoeinkommen).                                                             wenn er/sie nach 43 Jahren zum Regelpensionsalter
                                                                                        in Pension geht. Auch das ist natürlich nicht reprä-
           Zum Vergleich: Die jährliche Leistungsgutschrift be-                         sentativ. Aber da die Berechnung bei den verschie-
           trägt in Deutschland nicht 1,78 %, sondern nur etwa                          denen Pensionssystemen immer denselben Einkom-
           1 % und wird in Zukunft sogar noch weiter sinken.                            mensverlauf unterstellt, sieht man gut die Unter-
                                                                                        schiede in der Leistungshöhe der verschiedenen
           ÖSTERREICHS PENSIONSSYSTEM BRINGT                                            Pensionssysteme.
           IM INTERNATIONALEN VERGLEICH
           GUTE LEISTUNGEN                                                              Das heißt, das Pensionssystem bietet auch für all jene,
                                                                                        die neu auf den Arbeitsmarkt kommen, eine ver-
           Mit dem Pensionskonto und seiner Berechnungsformel                           gleichsweise gute finanzielle Absicherung im Alter. Und
           bleibt Österreich ein Land mit einem guten öffentlichen                      das Pensionskonto stabilisiert das öffentliche System.

           7   OECD „Pensions at a glance 2021“. In ihren Berechnungen geht die OECD von folgenden Annahmen aus: Realeinkommenssteigerung 1,25 %,
               Inflation 2 %, Diskontrate 2 %.

                                                                                                                                                    19
DAS PENSIONSSYSTEM IM POLITISCHEN DISKURS

Regierungen sollten sich davor hüten, rückwirkend in               ●   Abschläge bei vorzeitigem Pensionsantritt berück-
erworbene Ansprüche der Versicherten einzugreifen.                     sichtigen, dass man bei früherem Pensionsan-
Das würden alle durch eine Verschlechterung ihres                      tritt einige Monate/Jahre länger Pension bezieht
Pensionsanspruches am Pensionskonto merken.                            und eine längere Pensionsbezugsdauer aufweist.
Das Pensionskonto schafft Transparenz und zeigt, wie                   Die Abschläge dürfen aber nicht mehr ausmachen,
sich die Pensionshöhe je nach Antrittsalter unterschei-                als die Kompensation der längere Bezugsdauer.
det. Wenn man statt mit 62 mit 65 Jahren in Pension
geht, hat das erhebliche Auswirkungen auf die Pensi-
onshöhe.                                                           VERGLEICH ÖSTERREICH UND DEUTSCHLAND

Für jedes Monat, das man vor dem Regelpensionsalter                Die österreichische Pensionsversicherung erbringt
in Pension geht, gibt es Abschläge:                                deutlich höhere Leistungen als die deutsche Ren-
                                                                   tenversicherung. Im Jahr 2019 waren bei neu an-
●    4,2 % pro Jahr bei der Langzeitversichertenrege-              getreten Pensionen die Leistungen in Österreich um
     lung; 5,1 % pro Jahr in der Korridorpension.                  2/3 höher, Alterspensionen um 70 %, krankheits-
●    Jedes zusätzliche Versicherungsmonat erhöht den               bedingte Pensionen um 47 %. Auch jetzige Berufseinstei-
     Pensionsanspruch (pro Jahr 1,78 % des versicher-              gerInnen haben in Österreich wegen der besseren Be-
     ten Einkommens).                                              rechnung viel höher Leistungen zu erwarten. Personen,
●    Beide Effekte bewirken, dass sich die Pensionshöhe            die 2018 im Alter von 20 ins Berufsleben eingestiegen sind,
     um ca. 8 % pro Jahr des verschobenen Pensionsan-              45 Erwerbsjahre erreichen und mit 65 Jahren in
     tritts erhöht. Wer also mit 65 statt mit 62 Jahren in         Pension gehen erwarten in Österreich fast doppelt
     Pension geht, hat eine Pension, die ca. um ein Vier-          so hohe Einkommensersatzraten. Dabei wird jeweils
     tel höher ist.                                                ein Verdienst in Höhe des Durchschnittseinkommens
●    Das bedeutet, dass im Pensionskonto die Erwerbsan-            unterstellt. Die Bruttopension erreicht dann in Öster-
     reize im Pensionssystem außerordentlich hoch sind.            reich Durchschnittseinkommen 77,6 % des Brutto-
     Jetzt muss es darum gehen, es den Menschen zu er-             einkommens, in Deutschland hingegen nur 38,7 %
     möglichen bis 65 Jahre arbeiten zu können.                    (s. Abb. 12).

         Abb. 12: VORAUSBERECHNETE BRUTTOERSATZQUOTEN IN % BEI BERUFSEINSTIEG 2018

    %
    90
                Deutschland
                Österreich                          77,6
    80

    70

    60

    50

                                  38,7
    40

    30

    20

    10

     0

                                           Quelle: RENTEN IN DEUTSCHLAND UND ÖSTERREICH, Florian Blank, Camille Logeay, Erik Türk,
                                                    Josef Wöss, Rudolf Zwiener. WSI Policy Brief 64 WSI 12/2021, eigene Darstellung

                                                                                                                                  20
DAS PENSIONSSYSTEM IM POLITISCHEN DISKURS

VORSICHT BEI PENSIONSLÜCKENRECHNERN                          Wer die Beschäftigung verliert, ist zwar weiter pensi-
VON ANBIETERiNNEN PRIVATER PENSIONS-                         onsversichert, erwirbt aber in der Arbeitslosigkeit für
ZUSATZPRODUKTEN                                              jedes Versicherungsjahr um 30 % geringere Pensions-
                                                             ansprüche als bei Fortsetzung des Dienstverhältnis-
Zweifellos kann es für viele Menschen sinnvoll sein, eine    ses. Es erfolgen Gutschriften in der Höhe von 70 % des
zusätzliche Vorsorge im Alter zu haben. Davor sollte man     Einkommens vor Eintritt der Arbeitslosigkeit. Bei einem
sich ein realistisches Bild über die Höhe der zu erwarten-   Jahr der Arbeitslosigkeit ist der Unterschied in Bezug
den Pension machen. Von Versicherungen und Banken            auf die Gesamtpension gering, wer lange arbeitslos
werden dazu Pensionslückenrechner angeboten, die             bleibt, wird größere Einbußen haben. Wer seine Arbeit
relativ hohe Pensionslücken errechnen.                       verliert, wird sich aber sehr schwer tun, laufend für ein
Es ist ratsam auch den diesbezüglichen Pensionsrech-         Altersvorsorgeprodukt einzuzahlen.
ner der Arbeiterkammer zu verwenden8, um abzusehen,
wie sehr die Ergebnisse unter verschiedenen Annahmen         Pensionskonto:
auseinandergehen. Für viele Menschen bietet die Pen-         Die „Verzinsung“ kann sich sehen lassen
sionsversicherung eine gute Altersabsicherung. Auch
wird der bereits erworbene Pensionsanspruch jährlich         Die Ansprüche am Pensionskonto werden jährlich ent-
im Ausmaß der gesamtwirtschaftlichen Lohnsteigerun-          sprechend der gesamtwirtschaftlichen Lohn- und Ge-
gen erhöht. Die Pensionsansprüche werden jährlich mit        haltsentwicklung aufgewertet. Wie man anhand der
der sogenannten „Aufwertungszahl“ valorisiert. Diese         Grafik deutlich sieht, entwickelte sich die Aufwertungs-
errechnet sich aus der Entwicklung der durchschnittli-       zahl seit 1995 sehr ähnlich wie der Tariflohnindex, der
chen Beitragsgrundlage in der Sozialversicherung.            die Entwicklung der kollektivvertraglichen Mindestlöh-
                                                             ne und -gehälter darstellt. Beide stiegen deutlich stär-
Wie hoch wird die Pensionslücke?                             ker als die Preise.
                                                             Während die Preise von 1995 bis 2021 um 60 % ge-
Anbieter von Pensionszusatzvorsorgeprodukten wie             stiegen sind, stiegen die Kollektivvertrags-Löhne um
Banken, Versicherungen und Vermögensberater wer-             82,5 % und die Aufwertungszahl um 89,7 %. Die Pen-
den Ihnen anhand der aktuellen Ansprüche laut dem            sionsansprüche werden daher nicht nur gegen die
Pensionskonto anbieten, ihre Pensionslücke zu berech-        Teuerung abgesichert, sondern steigen immer dann
nen und zu schließen. Mit Pensionslücke ist die Differenz    höher als die Inflation, wenn die Bruttolöhne und
zwischen der zu erwartenden Pension und dem Letztein-        -gehälter stärker steigen als die Preise. Man wird also
kommen gemeint. Nachdem beide Werte noch nicht               mit der jährlichen Aufwertung der Pensionsansprüche
feststehen, kann man mit verschiedenen Annahmen              am Wohlstandszugewinn beteiligt. Die Aufwertungszahl
eine große oder eine kleine Pensionslücke errechnen.         betrug 1995 bis 2021 durchschnittlich 2,5 % pro Jahr, die
                                                             Inflation 1,8 %. Die Ansprüche am Pensionskonto wer-
Wovon hängt die Pensionslücke ab?                            den daher auch deutlich besser „verzinst“ als ihre Geld-
                                                             guthaben auf einem Sparbuch! (s. Abb. 13 auf Seite 22)
Wer von jetzt bis zum Regelpensionsalter weiterarbeitet
und erst zum Regelpensionsalter in Pension geht, hat si-
cher eine kleinere Pensionslücke als jemand, der vorzei-     MIT WELCHEN ANNAHMEN WIRD EINE
tig in Pension gehen wird und für jedes Monat vor dem        PENSIONSLÜCKE BERECHNET?
Regelpensionsalter Abschläge in Kauf nehmen muss.
Wer derzeit Vollzeit arbeitet und auf Teilzeit wechselt,     Man sollte vorsichtig sein, wenn BeraterInnen von
hat ein geringeres Einkommen und erwirbt daher für           Banken, Versicherungen oder Vermögensberater eine
jedes zusätzliche Versicherungsjahr geringere An-            hohe Pensionslücke berechnen und Ihnen zum Kauf
sprüche als bei Fortsetzung der Vollzeitbeschäftigung.       von Vorsorgeprodukten raten.
Andererseits wird auch das Letzteinkommen geringer           Vergleichen Sie deren Ergebnisse mit dem Pensions-
sein. Man hat also eine geringere Pensionslücke und          rechner der AK. Diesen finden Sie unter:
eine geringere Pension!                                      http://pensionsrechner.arbeiterkammer.at

8   http://pensionsrechner.arbeiterkammer.at

                                                                                                                   21
DAS PENSIONSSYSTEM IM POLITISCHEN DISKURS

Da Prognoserechnungen von vielen Annahmen                                                            Gegencheck mit dem AK Pensionsrechner
abhängen, ist das Ergebnis immer einigermaßen
„gestaltbar“.                                                                                        Die Arbeiterkammer bietet einen guten Pensionsrech-
                                                                                                     ner an, der zum Ziel hat, dass man sich ein realistisches
                                                                                                     Bild über die zu erwartende Pension machen kann. Die
                                                                                                     AK hat kein Eigeninteresse ihnen ein Vorsorgeprodukt
   Beim Test von Onlinerechnern haben wir festge-                                                    verkaufen zu wollen. Daher sollte man sich mit diesem
   stellt, dass bei Hochrechnungen die Pensionen                                                     Rechner verschiedene Szenarien durchrechnen.
   deutlich geringer hochgerechnet werden als
   die Einkommen. Das ergibt dann eine deutli-                                                       Der Rechner zeigt ihnen die zu erwartende Pension in
   che Erhöhung der Pensionslücke!                                                                   drei Ausprägungen:

                                                                                                     ●     Heutig: Pension zu heutigen Preisen und Kaufkraft
                                                                                                     ●     Real: zeigt ihnen die Kaufkraft der Pension in heuti-
In einem anderen Fall wurden die Pension und die                                                           gen Preisen. Da die Ansprüche am Pensionskonto mit
Pensionslücke in heutigen Geldwerten gerechnet und                                                         der Lohnentwicklung und nicht der Preisentwicklung
danach auf den Pensionszeitpunkt hochgerechnet.                                                            valorisiert werden, gewinnt man an Kaufkraft.
Die Pension ist aber zu gering angegeben, da sie so                                                  ●     Nominal: Pensionshöhe im Jahr des Pensionsan-
berechnet wird als entspräche die Aufwertungszahl                                                          tritts zu den hochgerechneten Werten
immer genau der Preissteigerung. Wie wir in Abb. 13
sehen, lag die Aufwertungszahl in den letzten Jahren                                                 Man kann einen Karrierefaktor eingeben, der simu-
deutlich über der Inflationsrate. Würde dieser Effekt                                                 liert, wie sich Einkommen, Pension und die Ersatzraten
berücksichtigt werden, so würde dies die Pensionslücke                                               entwickeln, wenn das individuelle Einkommen stärker
verkleinern, weil sich eine höhere Pension ergäbe.                                                   steigt, als das Durchschnittseinkommen.

       Abb. 13: ENTWICKLUNG DER TARIFLÖHNE, DER PREISE UND DER AUFWERTUNGSZAHL

 200

                            Aufwertungszahl
 190
                            Tariflohnindex
                            Inflation (VPI)
 180

 170

 160

 150

 140

 130

 120

 110

 100
       1995

              1996

                     1997

                             1998

                                    1999

                                           2000

                                                  2001

                                                         2002

                                                                2003

                                                                       2004

                                                                              2005

                                                                                     2006

                                                                                            2007

                                                                                                   2008

                                                                                                          2009

                                                                                                                 2010

                                                                                                                        2011

                                                                                                                               2012

                                                                                                                                      2013

                                                                                                                                             2014

                                                                                                                                                    2015

                                                                                                                                                           2016

                                                                                                                                                                  2017

                                                                                                                                                                         2018

                                                                                                                                                                                2019

                                                                                                                                                                                       2020

                                                                                                                                                                                              2021

                     Quelle: Eigene Berechnungen; Statistik Austria und Dachverband der österreichischen Sozialversicherungsträger, 20.01.2022

                                                                                                                                                                                                 22
DAS FORDERT DIE
GEWERKSCHAFT GPA
DIESE FORDERUNGEN HAT DIE GEWERKSCHAFT GPA BEIM BUNDESFORUM AM
9.9.2021 ZUM BEREICH PENSIONEN BESCHLOSSEN:

●   Lebensstandardsichernde Pensionen – daher Schutz        ●   Sanktionierung der Nichteinhaltung der für Arbeit-
    des leistungsdefinierten Pensionskontos.                    geberInnen bestehenden Meldepflicht von Schwer-
                                                                arbeitszeiten.
●   Keine schlechtere Aufwertung im Pensionskonto.
                                                            ●   Kein Ausbau der steuerlichen Förderung der dritten
●   Kein höheres gesetzliches Pensionsalter;                    Säule.
    Nein zur Einführung einer Pensionsautomatik.
                                                            ●   Verfassungsrechtliche Absicherung des gesetzlichen
●   Keine Einschränkung und Verschlechterung bei den            Pensionssystems.
    Möglichkeiten, vor dem Regelpensionsalter in Pen-
    sion zu gehen (Korridorpension, Langzeitversicher-      Rehabgeld und krankheitsbedingte Pensionen
    tenregelung, Schwerarbeitspension). Keine Abschaf-
    fung der Langzeitversichertenregelung.                  ●   Rechtzeitig in Gesundheit investieren – Prävention
                                                                ausbauen, auch bei der Rehabilitation!
●   Schließen des Gender-Pension-Gaps:
    Bessere Bewertung von Kindererziehungszeiten;           ●   Recht auf präventive medizinische Rehabilitation,
    Die Kindererziehungszeiten sollen bis zum 8. Lebens-        auch ohne Berufsschutz.
    jahr stufenweise zusätzlich zum Erwerbseinkommen
    angerechnet werden. (5. und 6. Lebensjahr: 66 % der     ●   Anspruch auf berufliche Rehabilitation auch für Per-
    Bemessungsgrundlage der Kindererziehungszeiten;             sonen ohne Berufsschutz.
    7. und 8. Lebensjahr: 33 % der Bemessungsgrundlage
    der Kindererziehungszeiten). Dies bewirkt eine Erhö-    ●   Jährliche Erhöhung des Rehabilitationsgeldes.
    hung der Anrechnung um ca. 50 %.
                                                            ●   Ausbau der ambulanten Rehabilitation.
●   SchwerarbeiterInnen, die in Invaliditätspension ge-
    hen, haben 13,8 % Abschlag (außer bei 45 Beitrags-      ●   Präventive Rehabilitation bei drohender Arbeitsun-
    jahren). Diese sollen wie in der Schwerarbeitspension       fähigkeit und verpflichtende Inanspruchnahme von
    auf 9 % begrenzt werden.                                    Leistungen von fit2work für Betriebe, welche die Ar-
                                                                beitsfähigkeit ihrer Beschäftigten beeinträchtigen.
●   Leichterer Zugang zur Schwerarbeitspension für
    Beschäftigte im Gesundheits- und Sozialbereich.

                                                                                                                 23
ALLGEMEINE
GRUNDLAGEN

P
      ensionen zählen zu den wichtigsten Leistungen         Gesetzlich geregelt sind die Pensionen einerseits im
      des Sozialstaats. Sie ermöglichen die finanzielle      ASVG (Allgemeines Sozialversicherungsgesetz) bzw.
      und materielle Absicherung nach dem Ende              GSVG (Gewerbliches Sozialversicherungsgesetz) und
des Erwerbslebens. Zu den Leistungen der Pensions-          BSVG (Sozialversicherungsgesetz der BäuerInnen) so-
versicherung zählen die Alterspensionen, die man ab         wie andererseits im Allgemeinen Pensionsgesetz (APG),
Erreichen des Pensionsalters beziehen kann, ebenso          das mit 01.01.2005 in Kraft getreten ist und die Grund-
wie Rehabilitationen oder krankheitsbedingte Pensio-        lage für die Pensionsharmonisierung darstellt.
nierungen, wenn man krankheitsbedingt seinen Beruf
nicht mehr ausüben kann. Damit im Todesfall einer be-       Mit 2014 erfolgte die Umstellung ins neue Pensions-
schäftigten Person die Angehörigen abgesichert sind,        recht. Alle bis dahin bestehenden Pensionsansprüche
gibt es die Hinterbliebenenpensionen (Witwer-/Wit-          wurden abgerechnet und ins Pensionskonto übertra-
wen- und Waisenpensionen).                                  gen. Die Ermittlung der Pensionshöhe ist damit nicht
                                                            nur wesentlich vereinfacht, sondern für den einzelnen
In der Pensionsversicherung wird zwischen Eigenpensi-       Versicherten/die einzelne Versicherte auch weitaus
onen und Hinterbliebenenpensionen unterschieden. Zu         besser nachvollziehbar und transparenter geworden.
Ersteren gehören die Alterspension, die vorzeitige Alter-   Vom Umstieg ins neue Pensionsrecht und der Beendi-
spension bei langer Versicherungsdauer, die Langzeit-       gung der bis 2013 angewandten Parallelrechnung sind
versichertenregelung („Hacklerregelung“) sowie die          alle Versicherten betroffen, die ab 01.01.1955 geboren
Korridorpension und die Schwerarbeitspension.               wurden. Für vor 1955 geborene Versicherte bleibt der
                                                            Umstieg ohne Auswirkung. Ihre Pensionshöhe wurde
Alle diese Pensionsarten setzen jeweils die Erreichung      weiterhin ausschließlich nach den Bestimmungen des
einer bestimmten, gesetzlich vorgesehenen Alters-           ASVG ermittelt.
grenze voraus. Krankheitsbedingte Pensionen, die
unterschieden werden in Berufsunfähigkeitspension
(Angestellte) und Invaliditätspension (ArbeiterInnen),      VORAUSSETZUNGEN UND ANTRAGSTELLUNG
zählen ebenfalls zu den Eigenpensionen.
Bei Tod eines/einer Versicherten existieren für die Hin-    Grundsätzlich besteht ein Anspruch auf eine Pension,
terbliebenen Leistungen in Form der Witwer-/Witwen-         wenn ein bestimmtes Lebensalter erreicht ist (Eintritt
sowie der Waisenpension. Genauere Erläuterungen             des Versicherungsfalles), wenn eine Mindestanzahl von
zu den einzelnen Pensionsarten folgen in den Kapiteln       Versicherungsmonaten vorliegt (Erfüllung der Warte-
„Eigenpensionen“ (Seite 38 ff.) und „Hinterbliebenen-       zeit) bzw. wenn bestimmte Anspruchsvoraussetzungen
pensionen“ (Seite 51 ff.).                                  erfüllt sind. Über die unterschiedlichen Anspruchsvor-

                                                                                                                24
ALLGEMEINE GRUNDLAGEN
© iStock

           aussetzungen je nach Pensionsart wird im Anhang un-         MINDESTVERSICHERUNGSZEIT
           ter „Pensionsarten im Überblick“ (Seite 55) informiert.
                                                                       Neben der Erfüllung des Pensionsantrittsalters ist ein
           Im alten wie im neuen Pensionsrecht ist die Höhe der        Anspruch auf eine Alterspension an folgende Mindest-
           Pension abhängig von der Anzahl der Versicherungs-          versicherungszeiten geknüpft:
           monate, vom jeweiligen Pensionsantrittsalter sowie
           vom versicherten Einkommen (Bemessungsgrundlage).           Für Personen, die ab dem 01.01.1955 geboren wurden:
           Voraussetzung für die Leistungserbringung bzw. die
           Durchführung eines Pensionsfeststellungsverfahrens ist      ●   mindestens 180 Versicherungsmonate, davon min-
           die Antragstellung beim Pensionsversicherungsträger.            destens 84 Monate auf Grund einer Erwerbstätig-
                                                                           keit, vor dem Stichtag.
           Der Antragstag löst den Pensionsstichtag aus, der auf
           den jeweils folgenden Monatsersten nach dem Tag der         Für Personen, die vor dem 01.01.1955 geboren wurden:
           Antragstellung fällt. Zu diesem wird festgestellt, ob der
           Versicherungsfall eingetreten ist und die Pensionsvor-      ●   mindestens 180 Beitragsmonate der Pflichtver-
           aussetzungen erfüllt sind, wie hoch die Leistung ist und        sicherung (dazu zählen pro Kind auch bis zu 24 Mo-
           welche Versicherungsanstalt sie auszahlt.                       nate des Bezuges von Kinderbetreuungsgeld) oder
           Erfolgt die Antragstellung an einem Monatsersten, so            freiwilligen Versicherung zum Stichtag
           ist dieser Tag auch der Pensionsstichtag. Bei Anträgen      ●   oder mindestens 300 Versicherungsmonate (Ersatz-
           auf eine Leistung aus dem Versicherungsfall des Todes           monate vor dem 01.01.1956 ausgenommen) zum
           ist der Stichtag der Todestag, wenn dieser auf einen            Stichtag
           Monatsersten fällt, sonst der dem Todestag folgende         ●   oder mindestens 180 Versicherungsmonate in den
           Monatserste.                                                    letzten 360 Kalendermonaten vor dem Stichtag

                                                                                                                          25
ALLGEMEINE GRUNDLAGEN

Den Versicherungszeiten auf Grund einer Erwerbs-        Wenn auch Monate einer Selbstversicherung (§16a
tätigkeit sind folgende Zeiten gleichgestellt:          ASVG) erworben wurden, zählen höchstens 12 davon
                                                        für die Erfüllung der Mindestversicherungszeit.
●   Zeiten einer Selbstversicherung wegen Pflege eines
    behinderten Kindes
●   Zeiten einer Selbstversicherung wegen Pflege eines   REGELPENSIONSALTER
    nahen Angehörigen
●   Zeiten einer beitragsbegünstigten Weiterversiche-   Das Regelpensionsalter für die Alterspension beträgt
    rung für pflegende Angehörige                        65 Jahre. Für Frauen gilt noch ein niedrigeres Regel-
●   Zeiten einer Familienhospizkarenz                   pensionsalter von 60 Jahren. Dieses wird ab 2024 in
●   Zeiten des Bezuges von aliquotem Pflegekarenz-       Halbjahresschritten an das der Männer angeglichen.
    geld bei Pflegeteilzeit.                             Demnach wird für alle Frauen, die ab dem 02.06.1968
                                                        geboren wurden, ein Pensionsantrittsalter von 65 Jah-
                                                        ren gelten.

ANHEBUNG FRAUENPENSIONSALTER

    Kalenderjahr                 Antrittsalter                   Weibliche Versicherte, geboren bis:

        2023              60. Lebensjahr                                     01.12.1963

        2024              60. Lebensjahr + 6 Monate                          01.06.1964

        2025              61. Lebensjahr                                     01.12.1964

        2026              61. Lebensjahr + 6 Monate                          01.06.1965

        2027              62. Lebensjahr                                     01.12.1965

        2028              62. Lebensjahr + 6 Monate                          01.06.1966

        2029              63. Lebensjahr                                     01.12.1966

        2030              63. Lebensjahr + 6 Monate                          01.06.1967

        2031              64. Lebensjahr                                     01.12.1967

        2032              64. Lebensjahr + 6 Monate                          01.06.1968

        2033              65. Lebensjahr                  für alle ab dem 02.06.1968 geborene Versicherte

                                                                                                            26
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