Private Equity: Erfolgsstories aus Mittel- und Osteuropa - M&A Review

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Private Equity: Erfolgsstories aus Mittel- und Osteuropa - M&A Review
Beteiligungen – Allianzen – Restrukturierungen – Divestments

3 / 2005

Private Equity: Erfolgsstories aus Mittel- und Osteuropa

  Strategien &                Industry            Strategien &
  Visionen                    Special             Visionen
  Strategisches               M&A-Kommunikation   IT bei Ausgliederungs-
  Desinvestitionsmanagement   in Deutschland      projekten

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Private Equity: Erfolgsstories aus Mittel- und Osteuropa - M&A Review
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Abschied mit herzlichem Dank                                                                                                                I

                                                                                                                                        Editorial
und großer Verbundenheit

A
        uch bei der M&A REVIEW               Thomas Knipp; Positives berichten auch       Nach zahlreichen Beiträgen und Edi-
        kann es nicht immer nur              Raimund W. Herden sowie Christian            torials möchte ich mich daher sehr
        um Zuwachs gehen: auf-               Pfirrmann über die Entwicklung des            herzlich bei all denjenigen bedanken,
grund diverser Umstrukturierungen            weltweiten M&A-Marktes.                      die diese fünf Jahre zu angenehmen,
hat mit der ersten Ausgabe dieses                                                         lehrreichen und inspirierenden Jahren
Jahres unsere langjährige Koopera-                                           Inga Voss    gemacht haben: Zunächst ist neben
tion mit dem „Institute for Mergers                                                       dem Herausgeber Günter Müller-Ste-
& Acquisitions (IMA)“ an der Univer-                                                      wens und meinem IMA-Kollegen Ger-
sität Witten/Herdecke geendet. Die                     n    n    n    n    n              hard Picot vor allem meinen drei Kol-
Redaktion St. Gallen möchte sich hier-                                                    legen und meiner einen Kollegin, die
mit im Namen des gesamten Teams                                                           in den letzen fünf Jahren die Redak-

                                             D
sehr herzlich beim IMA-Team für Ihr                   ie M&A REVIEW wurde in den          tion in St. Gallen verantwortet haben,
Engagement und Ihre Unterstützung                     vergangenen fünf Jahren in          für die stets angenehme Zusammenar-
während der letzten Jahre bedan-                      Kooperation der beiden füh-         beit zu danken: Kai-Christian Muchow,
ken. Namentlich sind dies insbeson-          renden deutschsprachigen Forschungs-         Steffen Mezger, Sebastian Frankenber-
dere Prof. Dr. Gerhard Picot und Prof.       institute für M&A herausgegeben und          ger und aktuell Inga Voss. Weiterhin
Dr. Stephan Jansen, die für diese Koo-       redaktionell verantwortet.                   gilt der Dank dem Fachverlag Han-
peration standen. In diesem Zusam-                                                        delsblatt – hier insbesondere Andreas
menhang übernimmt Herr Jansen den            Im Jahr 2000 entschieden sich der Ini-       Walter. Ebenso möchte ich Oliver Hösl
zweiten Teil dieses Editorials.              tiator, das „Institute of Management“        und dem Team von „S3 ADVERTISING“
                                             an der Universität St. Gallen, der dieses    für die guten Layouts sowie die Geduld
Zunächst jedoch ein kurzer Überblick         Format bereits seit Jahren verantwor-        danken.
über den Inhalt dieser Ausgabe. Wie          tete, sowie der Fachverlag Handelsblatt
es der Zufall so will, beschäftigen sich     das renommierte Fachmagazin gemein-          Ganz besonders aber gilt der Dank
diesmal gleich zwei Beiträge mit dem         sam mit dem „Institute for Mergers &         den vielen Autoren der letzten fünf
Thema Abschied: Dr. Roland Eckert            Acquisitions (IMA)“ an der Universität       Jahren, die dieses Heft zu einer ein-
beschreibt ein Vorgehenskonzept zum          Witten/Herdecke herauszugeben. Ger-          zigartigen Plattform für den wis-
erfolgreichen strategischen Desinvesti-      hard Picot und ich haben nunmehr seit        senschaftlich wie praxisorientierten
tionsmanagement, Robert Diab erläu-          fünf Jahren die Co-Herausgeberschaft         Austausch im weiten Feld des M&A
tert passend dazu die Rolle der IT im        wie die Co-Chefredaktion mit großer          gemacht haben.
Rahmen von Ausgliederungsprozessen.          Freude übernommen.
Doch zuviel Abschied wirkt sich schlecht                                                  Und nicht zuletzt gilt der Dank
auf die Stimmung aus − daher dürfen          Aufgrund der Übernahme der Grün-             natürlich Ihnen: Den treuen Lesern
auch Erfolgsstories nicht fehlen: Javier     dungspräsidentschaft an der Zeppelin         der M&A REVIEW. Wir werden der
Echarri beschreibt den rasanten Aufstieg     University sowie der Berufung auf den        M&A REVIEW auch in den kommen-
der Private Equity-Branche in Mittel-        „Lehrstuhl für Strategische Organisa-        den Jahren verbunden bleiben – über
und Osteuropa innerhalb der letzten          tion & Finanzierung (SOFI)“ wurde ein        den „Standpunkt“ wie auch über ein-
15 Jahre. Von erfolgreicher Kommu-           Wechsel von Witten an den Bodensee           zelne Beiträge.
nikation bei M&A-Prozessen lesen Sie         sowie eine Neusortierung der einzel-
im Beitrag von Christian Weyand und          nen Engagements notwendig.                      Prof. Dr. rer. pol. Stephan A. Jansen

Die M&A Review ist die Fachzeitschrift für M&A Professionals mit fundierten Beiträgen in den Rubriken Strategien & Visionen, Bewer-
tung & Kapitalmärkte, Recht & Steuern, sowie Private Equity. Darüber hinaus liefert sie umfassende Informationen zum Transaktionsge-
schehen im deutschsprachigen Raum. Die M&A Review wird herausgegeben von Prof. Günter Müller-Stewens, Universität St.Gallen. Sie
erscheint in der Verlagsgruppe Handelsblatt und wird unterstützt von Baker & McKenzie, einer der weltweit führenden Anwaltskanzleien.
                                                                                                                                         M&A 3/2005
Standpunkt                                                           105
              Verlorene Wetten auf die Branchenzukunft?
   II         (Prof. Dr. Günter Müller-Stewens)

              Strategien & Visionen                                                106
Inhalt

              Strategisches Desinvestitionsmanagement – Fünf Schritte zum Erfolg
              (Dr. Roland Eckert)

              Country Special                                                      112
              Private Equity: Erfolgsstories aus Mittel- und Osteuropa
              (Javier Echarri)

              Industry Special                                                     117
              M&A-Kommunikation in Deutschland: im Zeitenwandel
              seit Mannesmann-Vodafone
              (Christian Weyand, Thomas Knipp)

              Strategien & Visionen                                                120
              IT bei Ausgliederungsprojekten – „Alles bleibt beim Alten“
              oder „Abschalten“?
              (Robert Diab)

              International Column                                                 126
              M&A-Markt – Endspurt im vierten Quartal
              (Raimund W. Herden, Christian Pfirrmann)

              Strategien & Visionen                                                131
              PMI: Integrationserfolg
              zwischen Konsens und Durchsetzungskraft
              (Michael G. Ungerath, Dr. Joachim von Hoyningen-Huene)

                     Reports
 M&A 3/2005
Energiewirtschaft                     133
Chemie                                134    III
Pharma                                135

                                            Inhalt
Metallverarbeitung/Anlagenbau         136
Maschinenbau                          137
Automobilindustrie                    138
Elektrotechnik                        139
Computerindustrie/Telekommunikation   140
Luft- und Raumfahrtindustrie          142
Baustoffindustrie                      143
Holz, Papier und Verpackungen         144
Nahrungs- und Genussmittel            145
Handel                                145
Finanzdienstleistungen                146
Versicherungen                        147
Transport und Verkehr                 148
Dienstleistungen                      149
Medien                                151

Top Deals
                                             M&A 3/2005
Private Equity-Branche mittels Frage-       diesem Gremium wäre die Bilanzierung
              Private Equity Umfrage                      bogen befragt.                              von Anteilen, die eine Venture Capital-
              4. Quartal 2004                                                                         Gesellschaft oder ein anderer Investor
  IV                                                                                                  an einem Unternehmen hält, und die
                                                          USA: VC-Investments                         gegebenenfalls als Tochterunterneh-
M&A aktuell

              Der Mitte des Jahres 2004 einset-           in 2004 angestiegen                         men nach IAS 27, als Anteil an einem
              zende Negativtrend in der Private                                                       assoziierten Unternehmen nach IAS 28
              Equity- und Venture Capital-Branche                                                     oder als Anteil an einem Joint Venture
              hat sich nicht weiter fortgesetzt. Die      Nach drei aufeinander folgenden Jahren      nach IAS 31 zu bilanzieren wären. Die
              aktuellen Ergebnisse der Deloitte Pri-      des Abschwungs stiegen die US-VC-           Arbeitsgruppe wird möglicherweise
              vate Equity Umfrage und des Venture         Investments in 2004 erstmals wieder         eine auf Venture Capital-Gesellschaf-
              Capital Barometers zeigen einen vor-        an. Insgesamt flossen jungen Unter-          ten beschränkte Ausnahme von den
              sichtigen Optimismus für das neue Jahr      nehmen 20,4 Mrd. US-$ zu. Das sind          genannten Regeln vorschlagen.
              2005. Der Private Equity-Stimmungs-         8% mehr als 2003. Die Zahl der Deals
              indikator, eine Zusammenfassung der         blieb mit 2.067 nahezu konstant. Auf-
              wesentlichsten Einflussfaktoren, hat         fallend ist die steigende Beliebtheit von   Finanzpanel zur
              sich Vergleich zum Vorquartal kaum          Unternehmen in der Seed- und Start-         Mittelstandsfinanzierung
              verändert. Der Indikator ist lediglich      up-Phase. Im vierten Quartal entfielen
              um 1,7% auf 119 Punkte gestiegen.           37% aller Deals auf diesen Bereich –
              Er liegt damit nach einer wechselhaften     die höchste Quote seit 2001. Das sind       Die traditionellen Finanzierungsinst-
              Entwicklung nun wieder auf exakt dem        Ergebnisse des VC-Reports von Ernst         rumente werden von Mittelständlern
              gleichen Niveau wie vor einem Jahr.         & Young und VentureOne.                     weiterhin tendenziell stärker genutzt.
              Sämtliche Parameter, die die klassi-                                                    Neben der Innenfinanzierung durch
              schen Themen „Gesamtwirtschaftliches                                                    einbehaltene Gewinne führen der
              Klima“, „Deal-Aktivitäten“ oder „Ver-       Konzept zur Einführung                      kurz- und langfristige Bankkredit im
              fügbarkeit von Finanzierungsmitteln“        von REITs in Deutschland                    Fremdkapitalbereich das Ranking der
              betreffen, verändern sich im Vergleich                                                  Finanzierungswege an – gefolgt von
              zum Vorquartal kaum. Bei den meis-                                                      Leasing sowie von Lieferantenkrediten.
              ten Teilaspekten überwiegt zudem eine       Die Initiative Finanzstandort Deutsch-      Dies hat die erste Erhebung des EOS
              eher neutrale, abwartende Haltung.          land (IFD) empfiehlt die Einführung          Finanzpanels im November 2004 erge-
              Doch gerade die zukunftsweisenden           einer neuen, ausschließlich auf Anlege-     ben, die Daten von über 70 mittelstän-
              Themen wie „Internationalisierung“,         rebene besteuerten Immobilien-Anla-         dischen Unternehmen umfasst. Lang-
              „Wettbewerb“ und „Exit-Channel“             geklasse in Deutschland. Der Aufbau         fristig soll die regelmäßige Umfrage,
              zeigen interessante Ergebnisse, die         dieser REITs (Real Estate Investment        die die EOS Gruppe zusammen mit der
              zwangsläufig langfristige Veränderun-        Trusts) soll durch Anreize zur Einbrin-     Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
              gen für den bestehenden Beteiligungs-       gung von Immobilien in diese neue           durchführt, die Finanzierungstrends im
              markt erwarten lassen. Der VC-Markt         Rechtsform gefördert werden. In ihrem       Mittelstand beleuchten. Etwa die Hälfte
              wird auch in diesem Quartal durch die       Bericht zum Thema REITs legt die IFD        der befragten Unternehmen nennt die
              insgesamt pessimistische Grundhaltung       ein detailliertes Konzept vor mit kon-      Liquiditätssicherung als einen wichti-
              in Bezug auf das gesamtwirtschaftli-        kreten Vorschlägen zur regulatorischen      gen Einflussfaktor bei ihren Finanzent-
              che Klima bestimmt. Eine Stagnation         und steuerrechtlichen Ausgestaltung         scheidungen. Ferner gibt etwa jedes
              der Transaktionsvolumina ist zu erwar-      der Rahmenbedingungen. Die Initia-          dritte der befragten Unternehmen an,
              ten, wobei Investitionen in einzelne,       tive will mit ihrem Vorstoß einen Bei-      in erhöhtem Maße von der Kreditver-
              Gewinn versprechende Industriezweige        trag leisten, Deutschland zum füh-          gabebereitschaft beziehungsweise den
              steigen. Fokus der Investoren werden        renden Investment- und Kapitalmarkt         Kreditkonditionen der Hausbank beein-
              weiterhin Unternehmen im Bereich der        für Immobilien mit starken, einheimi-       flusst zu sein, gefolgt von den Fakto-
              Expansions- oder Start-up-Phase sein,       schen Marktteilnehmern zu entwickeln.       ren Flexibilität und Branchenkonjunk-
              wobei ein leichter Anstieg der Investiti-   REITs sind als börsennotierte Immobi-       tur. Überraschenderweise spielen die
              onen in Unternehmen der Seed-Phase          lien Invest AGs eine neue Anlageklasse,     genannten Einflussfaktoren beim tat-
              zu erwarten ist. Aufgrund fehlender         die das für den Immobilienmarkt ver-        sächlichen Finanzierungsverhalten der
              Impulse und wenig Aussicht auf eine         fügbare Eigenkapitalspektrum erheb-         Unternehmen nicht die entsprechende
              deutliche Verbesserung der Gesamt-          lich erweitert.                             Rolle. Verknüpft man diese Faktoren
              wirtschaft, erwarten die Investoren für                                                 nämlich mit dem wirklichen Finan-
              2005 keine signifikanten klimatischen                                                    zierungsverhalten der Unternehmen,
              Veränderungen im VC-Markt. Es über-         Neue EFRAG-                                 kommt der Unabhängigkeit von exter-
              wiegen daher deutlich Transaktionen         Arbeitsgruppe                               nen Kapitalgebern eine weitaus höhere
              mit mittel- bis langfristigen Haltedau-                                                 Bedeutung zu. So zeigten die Unterneh-
              ern. Es ist daher davon auszugehen,                                                     men der Befragung ein „Pecking-Order-
 M&A 3/2005

              dass langfristig gute Ergebnisse erzielt    Die European Financial Reporting Advi-      Verhalten“. Ihre Finanzierungsent-
              werden. Zu ihren Markteinschätzun-          sory Group (EFRAG) plant, eine Arbeits-     scheidungen sind darauf ausgerichtet,
              gen für die nächsten zwei Quartale          gruppe zum Thema „Venture Capi-             externe Finanzgeber von Informationen
              wurden wieder mehr als 1.800 Invest-        tal Investments“ ins Leben zu rufen.        und Mitwirkung am Unternehmensge-
              mentmanager der Venture Capital- und        Gegenstand der Erörterungen in              schick auszuschließen.
Verlorene Wetten                                                                                                             105

   auf die Branchenzukunft?

                                                                                                                             Standpunkt
                                                                                         Prof. Dr. Günter Müller-Stewens

E
      s kommt immer wieder vor,          ben, als dass sie die enormen Investi-   standspreis an Comcast verkauft. Die
      dass Branchen vor scheinbar        tionen gerechtfertigt hätten. Für die    Hardware-Aktivitäten wurden in die
      irreversiblen und einschneiden-    ansonsten hoch profitable Citigroup       Lucent Technologies abgespalten und
den Weggabelungen stehen, was            stellt dies nun kein größeres Problem    massiv verkleinert. Was verblieb ist das
ihre zukünftige Entwicklung anbe-        dar. Doch wie sieht es mit den ande-     Telefongeschäft, wobei das Festnetz
langt. Glaubt man daran, dann hat        ren Unternehmen aus, die ebenfalls       zunehmend Konkurrenz erhält durch
dies enorme Investitionen und Umwäl-     in diese Idee investiert haben?          die Mobil- und Internettelefonie. In
zungen zur Folge. Man ist entweder                                                beidem ist AT&T aber nicht relevant
dabei, oder eben nicht dabei. So sind    Eine andere strategische Fehlentwick-    vertreten. Nach einem Gerichtsent-
ganze Branchen Wetten auf ihre ver-      lung fand in der US-Telekommunika-       scheid wurden dann auch die Gebüh-
änderte Zukunft eingegangen. Man         tion ihren nicht mehr überraschen-       ren für die letzte Meile für AT&T
erinnere sich nur an die Milliarden-     den Abschluss: SBC Communications,       erhöht, so dass die 25 Mio. Privatkun-
Investitionen, die viele Unterneh-       die Nr. 2 in den USA, kündigte an,       den für AT&T uninteressant wurden.
men der Automobilindustrie in den        dass sie für 16 Mrd. US-$ AT&T über-     Einzig verbleibendes größeres Asset
80er-Jahren in Form von Akquisitio-      nehmen wolle – das ist wenig mehr        sind dann noch die 3 Mio. Geschäft-
nen in Raumfahrtunternehmen tätig-       als AT&Ts Marktwert vor der Offerte.     kunden, bei denen SBC nun hofft,
ten. Annahme war, dass das dort vor-     Höher als der Marktwert sind merk-       mit seinen anderen Diensten zusätz-
handene technologische Know-how          würdigerweise auch die von SBC mit       lich Geschäft zu generieren. Weiter
spielentscheidend für den zukünfti-      15 Mrd. US-$ bezifferten Synergieef-     erhofft man sich Synergien aus den
gen Erfolg wäre. Doch wie sich dann      fekte. AT&T ist nicht irgendein Unter-   weitgehend komplementären Infra-
zeigte, gab es diese technologischen     nehmen, sondern für viele Amerika-       strukturen. Der über 130 Jahre alte
Synergien nur auf dem Papier.            ner die Telefongesellschaft. American    Markenname AT&T soll vorerst auch in
                                         Telephone & Telegraph Co. wurde          den Bundesstaaten erhalten bleiben,
Am 1.2.05 scheinen auch zwei sol-        1875 durch den Erfinder des Tele-         in denen SBC nicht präsent ist. Man
cher Wetten auf die Zukunft massiv       fons, Alexander Graham Bell, gegrün-     darf gespannt sein, ob nun Verizon
in Frage gestellt worden sein. Eine      det. Doch es war im Jahr 1984, als       sich zu einer Reaktion veranlasst sieht
davon fand in der Finanzwirtschaft       in einem Antitrust-Verfahren der         und z. B. nach MCI oder Sprint greift.
statt. 1998 war es, als die Bank Citi-   Monopolist AT&T in die „Ma Bell“         Am liebsten hätte Verizon wohl den
group für 70 Mrd. US-$ (!) die Ver-      AT&T Corp. (zuständig für das Fern-      Partner Vodafone aus dem Joint Ven-
sicherung Travelers Group erwarb.        netz) und sieben für das Regional-       ture Verizon Wireless verdrängt − doch
Annahme der spektakulären Transak-       geschäft zuständigen „Baby Bells“,       Vodafone will vermutlich umgekehrt
tion war die Konvergenz der beiden       die i.d.R. auch über die umkämpfte       dasselbe. Man darf sich nun nach 20
Branchen. Das Allfinanz-Konzept war       „letzte Meile“ verfügen, aufgespal-      Jahren fragen, ob die Liberalisierung
geboren und zog viele Wettbewer-         ten wurde. Drei von ihnen fusionier-     des US-Telekommunikationsgeschäft
ber in seinen Bann. Nun gab die Citi-    ten zu SBC, zwei zu Verizon, der         wohl volkswirtschaftlich wertschöp-
group bekannt, dass der zweitgrößte      Nr. 1 in den USA. Viele Versuche AT&T    fend war. Zumindest die Idee der Auf-
US-Lebensversicherer MetLife für 11,5    neu zu positionieren schlugen fehl. So   spaltung von Nah- und Ferngeschäft
Mrd. US-$ Travelers Life übernehmen      etwa die Akquisition des Computer-       erwies sich als kaum zukunftsfähig.
wird, was faktisch den Ausstieg der      konzerns NCR und des Mobilfunkun-        Man darf sich aber sicher sein, dass
Citigroup aus dem Versicherungsge-       ternehmens McCall. Letzteres ging in     Edward Whitacre, CEO von SBC und
schäft bedeutet. Das Sachgeschäft        AT&T Wireless auf und wurde 2004         auch der CEO des neuen Unterneh-
                                                                                                                               M&A 3/2005

wurde schon vor drei Jahren an St.       von Cingular (JV zwischen SBC und        mens, weiterhin in Washington mit
Pauls für 16,5 Mrd. US-$ abgestoßen.     Bell South) gekauft. Auch die teuer      seinen Lobbyisten alles unternehmen
Auch hier sind die erhofften Synergien   zusammengekauften Kabelfernsehbe-        wird, damit es nicht wieder zu einem
zumindest in dem Ausmaß ausgeblie-       treiber wurden weit unter ihrem Ein-     „Zuviel“ an Liberalisierung kommt.
106                                                                            Strategisches
                                                                               Desinvestitionsmanagement
                       Eckert
& Visionen | Strategisches Desinvestitionsmanagement – 5 Schritte zum Erfolg

                                                                               – Fünf Schritte zum Erfolg
                                                                               Dr. Roland Eckert *, Accenture

                                                                                   Vorwort

                                                                                   Desinvestitionen, Veräußerungen von Unternehmensteilen und Geschäftsbereichen haften noch immer der
                                                                                   bittere Beigeschmack des Misserfolgs an – Misserfolge werden eingestanden und Fehlentwicklungen korri-
                                                                                   giert. Die Ära der Restrukturierung in den 80er und 90er Jahren hat den Ruf von Desinvestitionen als taktisches
                                                                                   Instrument zur Verlustminderung, Liquiditätsgenerierung und Bilanzverbesserung weiter gefestigt. Vor diesem
                                                                                   Hintergrund wurden fünf Schritte identifiziert, die ein pro-aktives strategisches Desinvestitionsmanagement
                                                                                   ausmachen. Zusätzlich werden die bei einer Desinvestition notwendigen Unterstützungsprozesse dargestellt.

                                                                               1. Desinvestitionen – nur ein                                              Die Diskussion, was zum Kerngeschäft gehört, ist jedoch
                                                                                  taktisches und reaktives Instrument                                     erwartungsgemäß nicht einfach1: So heißt es häufig, dass
                                                                                  der Unternehmensentwicklung?                                           „die Bereiche, die das Bild des Unternehmens prägen, fort-
                                                                                                                                                          zuführen sind“. Damit wird der Entscheidungsfokus auf
                                                                               Desinvestitionen, Veräußerungen von Unternehmenstei-                       die Unternehmenstraditionen gelegt. „Wir tun selbst,
                                                                               len und Geschäftsbereichen haften noch immer der Ruf                       was Chancen zur Kerndifferenzierung bietet und einen
                                                                               des Misserfolgs an. Häufig haben Desinvestitionen deshalb                   Wettbewerbsvorteil erzeugt“. Diese Ansicht lässt jedoch
                                                                               einen bitteren Beigeschmack – Misserfolge werden schein-                   unberücksichtigt, dass es einen Unterschied zwischen
                                                                               bar eingestanden und erkannte Fehlentwicklungen kor-                       dem gibt, was man beherrscht und dem, was wesentlich
                                                                               rigiert. „Wir wollen wachsen, nicht schrumpfen. Warum                      ist. „Wir müssen auf die Schritte fokussieren, die unsere
                                                                               aus diesem Geschäft aussteigen? Wir machen hier doch                       Performance beeinflussen“ Hier bleibt jedoch unberück-
                                                                               keine Verluste“. Diese und ähnliche Aussagen sind in der                   sichtigt, ob man alle die Performance beeinflussenden
                                                                               Unternehmenspraxis noch immer selbstverständlich.                          Schritte vor dem Hintergrund der gestiegenen Wettbe-
                                                                                                                                                          werbsdynamik finanzieren kann. „Wir halten alles unter
                                                                               Auch die Restrukturierungswelle in den 80er und 90er                       Kontrolle, was das zukünftige Wachstum und die Inno-
                                                                               Jahren hat das negative Image von Desinvestitionen nicht                   vationsfähigkeit des Unternehmens beeinflusst!“. Leider
                                                                               beseitigt. Stattdessen hat sich der Ruf als taktisches Instru-             ändern sich hier die Ansichten im Zeitablauf – eine dau-
                                                                               ment zur Verlustminderung, Liquiditätsgenerierung und                      erhafte Identifizierung ist nicht möglich.
                                                                               Bilanzverbesserung weiter gefestigt. Das taktische Desin-
                                                                               vestitionsmanagement muss jedoch aufgrund der fehlen- Die zunehmende Fokussierung auf die Kernbereiche hat
    8|9/2001 Strategien

                                                                               den strategischen Perspektive als suboptimal bezeich- die Anzahl der Unternehmen erhöht, welche angeben,
                                                                               net werden.                                                    dass sie eine pro-aktive Desinvestitionspolitik im Rahmen
                                                                                                                                              eines strategischen Gesamtkonzepts betreiben. Strategi-
                                                                               2. Strategisches Desinvestitions-                              sche Divestoren zeichnen sich durch den aktiv betriebe-
                                                                                    management als Ausweg?                                    nen Verkauf von Geschäftsbereichen im Rahmen ihres
                                                                                                                                              Portfoliomanagements aus. Klare Ziele für den Verkauf
                                                                               Die Fokussierung auf Kernbereiche und -kompetenzen werden formuliert. Die Zielerreichung wird schnell vor-
M&A 3/2005

                                                                               eines Unternehmens hat das Desinvestitionsmanagement angetrieben.
                                                                               für strategische Überlegungen geöffnet. Mit der Fokus-
M&A

                                                                               sierungsdiskussion ging die Frage einher, welches die * Autorenkontakt: roland.eckert@accenture.com
                                                                               Kerngeschäfte sind und welche Bereiche letztendlich zum 1 Vgl.         hierzu und auch zu den anderen Sichtweisen Alexander, Marcus und Young,
                                                                                                                                                 David, Strategic Outsourcing, S. 117, ähnlich auch Friedrich, Stephan A., Das Neue
                                                                               Verkauf stehen.                                                   Strategische Outsourcing: A Resource-based View, S. 307f.
Abb. 1: Darstellung ausgewählter Ergebnisse der                                                                            wendig sind. Ziel eines pro-aktiven     107
         Accenture Strategic Divestment Study                                                                               Desinvestitonsmanagements ist es,
               Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Accenture-Studie                                                  den Desinvestitionskandidaten nicht

                                                                                                                                                                                           Eckert
                                                                                                                            nur frühzeitig zu identifizieren, son-
    • Sind Desinvestitionen Teil einer umfassenden    • Ist Ihr Unternehmen bei Akquisitionen oder bei                      dern auch in Grenzen zu entwickeln,
      Desinvestitions- bzw. Portfoliostrategie?         Desinvestitionen erfolgreicher?

                                                                                                                                                                    & Visionen | Strategisches Desinvestitionsmanagement – 5 Schritte zum Erfolg
                                                                                  K. A.                                     um die Veräußerung kaufpreisma-
                                                                                   7%
           Nein / K.A.
                                                                        Gleich
                                                                                                                            ximierend zu gestalten.
             21%
                                                                         17%
                                    Ja                                                            Akquisitionen
                                   79%                                                               52%    Dabei muss ein pro-aktives syste-
                                                               Desinvestitionen
                                                                    24%                                     matisches Desinvestitionsmanage-
                                                                                                            ment unseres Erachtens aus fünf
                                                                                                            (Haupt-)Schritten bestehen, um zu
     • Sind Unternehmenskäufe oder -verkäufe
       einfacher durchzuführen?
                                                • Welche Gründe waren für die Desinvestitionen
                                                  ausschlaggebend? (Mehrfachantworten möglich)
                                                                                                            vermeiden, dass Geld verschenkt
                                                                                                            wird. Zusätzlich ist es notwen-
                        K. A.                                   16% Liquiditätsgenerierung/ Schuldenreduz.
                 Gleich
                         9%                                                                                 dig, die richtigen unterstützen-
                                                                16% Gehört nicht zum Kernbereich
                   7%
                                                                                                            den Maßnahmen zu ergreifen. In
       Desinvesti-                                              16% Verfehlte Renditeanforderung
          tionen
                                                                 9% Passt nicht in das zukünftige Portfolio
                                                                                                            der nachfolgenden Abbildung sind
           11%                    Akquisitionen
                                      73%                        9% Verkaufspreis > Interner Wert (DCF)
                                                                                                            sowohl diese Hauptschritte eines
                                                                 6%  Negativer Einfluss auf Gesamtpreis
                                                                                                            pro-aktiven Desinvestitionsma-
                                                                     (Gruppe)
                                                                                                            nagements als auch die unterstüt-
                                                                                                            zenden Maßnahmen dargestellt.
                                                                                                            Die abschließende Durchführung
In der „Strategic Divestment Study“ von Accenture2 gaben der Transaktion als sechster Schritt wird als Resultat der
79% der befragten Führungskräfte an, dass ihre Desinves- vorangegangenen Schritte nicht weiter betrachtet.
titionsentscheidung Teil einer umfassenden Desinvestiti-
ons- bzw. Portfoliostrategie ist. Gleichzeitig stellten 52% 3.1 Die fünf Schritte des
der Befragten fest, dass sie bei Akquisitionen erfolgrei-                                Desinvestitionsmanagements
cher sind als bei Desinvestitionen. Nur 24% der Befrag-
ten sahen dies umgekehrt. Mehr als 73% der Antwor- Schritt 1:
tenden gaben an, dass es einfacher wäre Unternehmen                                      Divestiture is for keeps
zu kaufen anstatt zu verkaufen.                                                          – Desinvestitionsziele als
                                                                                         Ausgangspunkt
3. Pro-aktives strategisches
   Desinvestitionsmanagement                                                              Bei allen Desinvestitionen gilt der Leitspruch: „Divesture
   – fünf Schritte zum Erfolg                                                             is for keeps“. Deshalb muss das zugrunde liegende
                                                                                          Desinvestitionsziel der Ausgangspunkt jeder Veräuße-
Die Ergebnisse der Studie von Accenture zeigen, dass Ver-
besserungen bei Unternehmensverkäufen dringend not-                                       2   Vgl. Accenture, Strategic Divestment Study, Januar 2003.

 Abb. 2: Aktives Desinvestitionsmanagement
               Quelle: Eigene Darstellung

                                      1.                  2.                       3.                      4.                     5.                     6.
                                Divesture is         Analyse der             Ableitung u.            Identifizie-           Prüfung der            Vollzug /
     Desinvesti-                for keeps –          Wertsch
                                                     Wertschöp-              Bewertung               rung mög-              Transaktions-          Durch
                                                                                                                                                   Durch-
                                                                                                                                                                        8|9/2001 Strategien

     tionsprozess               Desinvesti
                                Desinvestitions-     fungsarchi-             möglicher               licher Kauf-           optionen               führung der
                                ziele als Aus-       tektur des              Handlungs -             interessen                                    Desinvesti
                                                                                                                                                   Desinvestition
                                gangspunkt           Desinvesti
                                                     Desinvesti-             optionen
                                                     tionskandi
                                                     tionskandi-
                                                     daten

     Unter-                                                    7.    Dokumentenerstellung
     stützende
                                                                                                                                                                    M&A 3/2005

                                                               8.    Entflechtung
     Prozesse
                                                               9.    Interne und externe Kommunikation
                                                                                                                                                                    M&A

                                                           10.       Projektmanagement / Vertragsverhandlung
108                                                                              Abb. 3: Von der klassischen "Portfoliosicht" zur Fokussierungsmatrix
                                                                                                              Quelle: Eigene Darstellung
                       Eckert
& Visionen | Strategisches Desinvestitionsmanagement – 5 Schritte zum Erfolg

                                                                                                               Hoch
                                                                                                                Hoch
                                                                                        Marktattraktivität

                                                                                                                Marktattraktivität

                                                                                                                                                           Weiterführen
                                                                                                                                                            Weiterführen
                                                                                                              Mittel
                                                                                                                Mittel
                                                                                                                                      De
                                                                                                                                        sin                                                                                                                                  IIII
                                                                                                                                     De
                                                                                                                                       sin ve                                                                                                                              I I
                                                                                                                                          ve st
                                                                                                                                            st ie
                                                                                                                                              ie                                                                      Hoch
                                                                                                                                                                                                                       Hoch

                                                                                                             Niedrig                             re
                                                                                                                                                re
                                                                                                                Niedrig                           n
                                                                                                                                                   n
                                                                                                                                                                              Strategischer Fit
                                                                                                                                      Niedrig
                                                                                                                                       Niedrig
                                                                                                                                                               Mittel
                                                                                                                                                               Mittel                             Strategischer Fit     Hoch
                                                                                                                                                                                                            Mittel
                                                                                                                                                                                                             Mittel
                                                                                                                                                      Relative Wettbewerbsvorteile

                                                                                                             Relative Wettbewerbsvorteile
                                                                                                                           Klassische Portfoliomatri x

                                                                                                              Klassische Portfoliomatrix
                                                                                                                                                                                                  Niedrig
                                                                                                                                                                                                    Niedrig

                                                                                                                                                                                                                               III          II
                                                                                                                                                                                                                                                 e         Zielrendite
                                                                                                                                                                                                                                     Mindestrendite          Zielrendite
                                                                                                                                                                                                                                             Economic Margin
                                                                                                                                                                                                                                     [EM = 0 ]
                                                                                                                                                                                                                                                      Economic xMargin
                                                                                                                                                                                                                                                 Fokussierungsmatri

                                                                                                                                                                                                                                                     Fokussierungsmatrix

                                                                                rung sein. Bei Krisenunternehmen ist dies noch rela-       Können in der Fokussierungsmatrix die Unternehmen
                                                                                tiv einfach, da hier finanzielle Gründe entscheidend       dem Bereich I zugeordnet werden, gehören diese zum
                                                                                sind. Ein wesentlicher Desinvestitionsanreiz besteht zum   Kerngeschäft oder tragen signifikant zum Gesamtwert
                                                                                einen darin, Liquidität zu erzeugen, um mittelbar oder     bei. Bei Unternehmen im Bereich II handelt es sich um
                                                                                unmittelbar die Bilanz zu stärken. Zum anderen geht        Desinvestitionskandidaten, ohne dass der Veräußerung
                                                                                es um die Trennung von den Geschäftsbereichen oder         Optimierungsmaßnahmen notwendigerweise vorange-
                                                                                den (Tochter-)Unternehmen, deren unbefriedigende           stellt werden müssen. Diese Unternehmen verdienen ihre
                                                                                operative Ergebnissituation zu einer fortgesetzten Be-     Kapitalkosten, gehören aber nicht zu den strategischen
                                                                                lastung der Ergebnis- und Eigenkapitalsituation des        Hoffnungsträgern. Bei Unternehmen, die dem Bereich III
                                                                                Mutterunternehmens führen.                                 zuzuordnen sind, kann sich eine Untersuchung lohnen,
                                                                                                                                           ob kaufpreissteigernde Maßnahmen sinnvoll sind. Hierbei
                                                                                Bei allen anderen Desinvestitionsentscheidungen müssen handelt es sich um Unternehmen, deren Economic Margin
                                                                                zusätzlich strategische Überlegungen einfließen. Ein stra- geringer ist als die geforderte Mindestrendite.
                                                                                tegischer Mis-Fit besteht beispielsweise dann, wenn das
                                                                                Risikoprofil eines (Tochter-)Unternehmens nicht mehr Schritt 2:
                                                                                zum Gesamtunternehmen bzw. zur Unternehmens-                     Analyse der Wertschöpfungsarchitektur
                                                                                gruppe passt. Auch die Zyklusabhängigkeit eines (Toch-           des Desinvestitionskandidaten
                                                                                ter-)Unternehmens kann strategisch problematisch sein.
                                                                                Schließlich kann ein strategischer Mis-Fit auch aus der Die Analyse des Unternehmensportfolios mit Hilfe der
                                                                                Komplexität des Geschäftsmodells eines (Tochter-)Unter- Fokussierungsmatrix ist ein erster notwendiger Schritt im
    8|9/2001 Strategien

                                                                                nehmens resultieren, mit der Konsequenz, dass Inves- Rahmen eines pro-aktiven Desinvestitionsmanagements.
                                                                                toren das Gesamtunternehmen mit einem Risikoauf- Zur Optimierung des Verkaufserlöses muss im zweiten
                                                                                schlag belegen.                                            Schritt – in Abhängigkeit von der Größe und der Bedeu-
                                                                                                                                           tung des zu veräußernden Unternehmens – geprüft werden,
                                                                                Accenture hat in der „Strategic Divestment Study“ sechs ob es Sinn macht, den Desinvestitionskandidaten vor der
                                                                                wesentliche Desinvestitionsziele identifiziert (vgl. auch Veräußerung wertsteigernd weiterzuentwickeln. Diese Ent-
                                                                                Abb. 1), die sich den beiden genannten Entscheidungs-
M&A 3/2005

                                                                                variablen zuordnen lassen. Diese beiden Entscheidungs-
                                                                                variablen finden sich – im Gegensatz zur traditionel- 3 Die        “Economic Margin” ist ein von der Beratung “Applied Finance Group/AFG” entwi-
                                                                                                                                              ckeltes wertorientiertes Renditemaß, welches Vorteile der EVA-Kennziffer von Stern
M&A

                                                                                len Portfoliosicht – in Form des „Strategic Fit“ und der      Stewart und des CFROI der Boston Consulting Group verbinden bzw. deren Nach-
                                                                                                                                              teile eliminieren soll. AFG versteht unter der Economic Margin eine Renditekennzif-
                                                                               „Economic Margin“ 3 in der Fokussierungsmatrix wieder          fer, die den Wertbeitrag eines Unternehmens mit dem eingesetzten Kapital in Bezie-
                                                                                (vgl. Abb. 3).                                                hung setzt.
Abb. 4: Economic Margin – Renditemaß zur Identifizierung von Desinvestitionskandidaten                                                      109
             Quelle: Eigene Darstellung

                                                                                                                                                                    Eckert
       Der Vergleich der „Economic Margin“ zur Umsatzrendite aber auch zum bekannten Wertbeitrag verdeutlicht die

                                                                                                                                             & Visionen | Strategisches Desinvestitionsmanagement – 5 Schritte zum Erfolg
       weitergehende Aussage dieser Kennziffer. Bei einer isolierten Betrachtung der Umsatzrendite wird der Kapitaleinsatz
       nicht berücksichtigt. In unserem Beispiel würden auf dieser Grundlage die Unternehmen A und C als
       Desinvestitionskandidaten identifiziert. Auch der häufig propagierte Wertbeitrag führt möglicherweise zu einer
       Fehlindikation, da die Höhe des investierten/gebundenen Kapitals keine adäquate Berücksichtigung findet. Die
       Economic Margin vermindert derartige Fehleinschätzungen, da sie in einer Kennziffer berücksichtigt, wie viel Kapital
       eingesetzt werden musste, um den ausgewiesenen Wertbeitrag zu erzielen. In unserem Zahlenbeispiel wäre das
       Unternehmen B Desinvestitionskandidat, da dieses – im Vergleich zu den anderen Desinvestitionskandidaten – eine
       zum eingesetzten Kapital geringere Economic Margin erwirtschaftet:

                                          Umsatzrendite (ROS)         Wertbeitrag                     Economic Margin (EM)

                                          Umsatz         1.233        Invested Capital       250      Kapitalkosten        9,0%
          Unternehmen A
                                          EBIT              38        ROIC/ROCE           15,0%
                                          ROS            3,0%         Wertbeitrag             15      EM                   6,0%

                                          Umsatz         1.233        Invested Capital       750      Kapitalkosten       10,0 %
          Unternehmen B
                                          EBIT             113        ROIC/ROCE           15,0%
                                          ROS            9,1%         Wertbeitrag             38      EM                   5,0%

                                          Umsatz         3.699        Invested Capital       750      Kapitalkosten        9,0 %
          Unternehmen C
                                          EBIT             113        ROIC/ROCE           15,0%
                                          ROS            3,0%         Wertbeitrag             45      EM                   6,0%

                                     • Unternehmen A ist            • Unternehmen A ist             • Unternehmen B ist
                                       Desinvestitionskandidat        Desinvestitionskandidat         Desinvestitionskandidat
                                     • Unternehmen C ist
                                       Desinvestitionskandidat

scheidung setzt die Analyse der Wertschöpfungsarchitek- Schritt 3:
tur voraus, um festzustellen, ob und in welcher Höhe Ver-   Ableitung und Bewertung
besserungspotenziale identifiziert werden können.            möglicher Handlungsoptionen

Hierbei verstehen wir unter der Wertschöpfungsarchitek-               Die Handlungsoptionen zur Steigerung des Verkaufserlöses
tur eines Unternehmens die Kernlogik, mit der das Unter-              leiten sich aus dem jetzigen und dem zukünftig möglichen
nehmen Produkte und Dienstleistungen für die Kunden                   Design der Wertschöpfungsarchitektur und der damit eng
durch den Einsatz von Mitarbeitern und spezifischer Res-              verbundenen operativen Strategie des Unternehmens ab.
sourcen erzeugt und damit Investoren anzieht4.                        Zur Identifizierung und Realisierung möglicher Handlungs-
                                                                      optionen müssen drei Fragen beantwortet werden:
Dabei stellt sich im Rahmen der Analyse der Wertschöp-
fungsarchitektur des Desinvestitionskandidaten auch die 1. Verspricht eine Optimierung der Wertschöpfungsar-
Frage, ob das Herauslösen eines Unternehmens bzw. eines      chitektur des Desinvestitionskandidaten einen lang-
Unternehmensteils die Möglichkeit einer Neupositionie-       fristigen Effekt?
                                                                                                                                                 8|9/2001 Strategien

rung ermöglicht. Neupositionierung bedeutet nicht unbe-
dingt eine radikale Änderung der strategischen Ausrich- 2. Bleibt die Vorteilhaftigkeit der Realisierung eines
tung. Eine radikale strategische Umorientierung wird         deutlichen Wertsteigerungspotenzials nach einer
aufgrund der Unternehmenshistorie, der vorliegenden          Veräußerung erhalten?
Investitionsbasis, des hohen Investitionsbedarfs und des
zeitlichen Faktors nur begrenzt sinnvoll sein.           3. Kann zumindest eine teilweise Umsetzung der Maß-
                                                             nahmen in einem überschaubaren zeitlichen Rahmen
                                                                                                                                             M&A 3/2005

Entscheidend sind jedoch bereits scheinbar geringe Ände-     erfolgen?
rungen der „operativen Strategie“ des Unternehmens,
                                                                                                                                             M&A

die bisher nie im Fokus standen, weil das Top-Manage-
ment der Mutter- oder Führungsgesellschaft hierfür nie 4 Vgl. Linder, Jane C. und Cantrell, Susan, Changing Business Models: Surveying the
ein Ohr hatte.                                              Landscape, 2000.
110                                                                             Abb.5: Beispiel der Bewertung von Handlungsoptionen
                                                                                          Quelle: Eigene Darstellung
                       Eckert

                                                                                                                                                                                   1.000                    2.612
& Visionen | Strategisches Desinvestitionsmanagement – 5 Schritte zum Erfolg

                                                                                                                                 l
                                                                                                                         i s pie
                                                                                                                   tb  e
                                                                                                                ek                     820
                                                                                                           Proj
                                                                                                                                       250                  30

                                                                                                                     540

                                                                                                                     270

                                                                                               792                   270
                                                                                               157

                                                                                               635

                                                                                             Einmal -           Personal             Einkauf              SbA                 Outsourcing                 Full Year
                                                                                             effekte

                                                                                                                              Kurzfristige Maßnahmen

                                                                                Unabhängig von einer möglichen Änderung der operati-              Zur Änderung der operativen Strategie eignet sich ins-
                                                                                ven Strategie müssen diese Fragen beantwortet werden,             besondere das Business Transformation Outsourcing
                                                                                um wertsteigernde Optionen zu identifizieren. Erfolgt             (BTO). Im Gegensatz zum BPO dient das BTO einer stra-
                                                                                keine Änderung der operativen Strategie, beschrän-                tegischen Weiterentwicklung des Unternehmens durch
                                                                                ken sich die Handlungsoptionen im Wesentlichen auf                das Auslagern ausgewählter Prozesse der Wertschöp-
                                                                                kostenorientierte Restrukturierungsmaßnahmen. Durch               fungsarchitektur. Durch das Outsourcing wird der Desin-
                                                                                eine Optimierung der bestehenden Aufwandspositionen               vestitionskandidat vor einer Veräußerung auf die Teile
                                                                               – z.B. Einkauf durch Neuverhandlung der Konditionen,               seiner Wertschöpfungsarchitektur fokussiert, in denen
                                                                                sonstige betriebliche Aufwendungen durch gedeckelte               er bereits Wettbewerbsvorteile besitzt. Geschäftskriti-
                                                                                Jahresbudgets, Personalaufwand durch personalredu-                sche Prozesse, in denen dies nicht der Fall ist, werden
                                                                                zierende Maßnahmen – sollen vor einer Veräußerung                 ausgelagert und mit Hilfe der Kompetenzen des Insour-
                                                                                Maßnahmen zur Steigerung des Verkaufserlöses reali-               cers optimiert. Nach der Vertragslaufzeit können diese
                                                                                siert werden. In diesem Zusammenhang stellt auch das              Prozesse – falls dann noch gewünscht – in einem wett-
                                                                                Business Process Outsourcing (BPO)5 eine sinnvolle Alter-         bewerbsfähigen Zustand re-integriert werden. BTO ist
                                                                                native dar. Untersuchungen zeigen, dass die erzielten             somit dann von Interesse, wenn neben einer Verbes-
                                                                                Kosteneinsparungen durch das Auslagern von Geschäfts-             serung der Kostensituation auch eine Veränderung
                                                                                prozessen nach vollzogener Prozessoptimierung bis zu              der operativen Strategie zur Erhöhung des Kaufprei-
                                                                               30-50% der Ausgangskosten betragen können.                         ses angestrebt wird. 7

                                                                               Weitaus größere Potenziale zur Steigerung des Ver-                 Die Bewertung und Entscheidung, welche der genann-
                                                                               kaufserlöses ergeben sich bei einer Änderung der ope-              ten Handlungsoptionen in der konkreten Entschei-
                                                                               rativen Strategie des Desinvestitionskandidaten. Diese             dungssituation Sinn machen, muss letztendlich auf der
    8|9/2001 Strategien

                                                                               ist dann eine prüfenswerte Alternative, wenn Ände-                 Grundlage einer integrierten Business Planung unter
                                                                               rungen der Kundenanforderungen oder ein Techno-                    Berücksichtung der einzelnen Maßnahmen und Effekte
                                                                               logiewechsel erwartet werden. Änderungen der Kun-                  erfolgen.
                                                                               denanforderungen zeigen sich in der Verschiebung
                                                                               der Gewinnzonen in der Wertschöpfungsarchitektur.
                                                                               Die entstandenen Kompetenzlücken können mit Hilfe
                                                                               eines Partners einfacher und rascher beseitigt werden 6.
M&A 3/2005

                                                                                                                                                  5    Unter BPO verstehen wir in Anlehnung an IDC und Gartner die “Vergabe von Durch-
                                                                               Auch ein Technologiewechsel – z.B. das Entstehen                        führung und Management eines Geschäftsprozesses an einen externen Dienstleister
                                                                                                                                                       nach definierten Regeln” (Service Level Agreements).
                                                                               einer neuen wettbewerbsentscheidenden Schlüssel-                   6    Vgl. Baden-Fuller u.a., Outsourcing to Outmanoeuvre: Outsourcing re-defines com-
M&A

                                                                               technologie – kann dazu führen, dass die Wertschöp-                     petitive strategy and structure, S. 289.
                                                                                                                                                  7    Vgl. Linder, Jane C., Outsourcing for radical change: a bold approach for enterprise
                                                                               fungsarchitektur in weiten Teilen ihre Leistungsfähig-                  transformation, 2004, vgl. auch Accenture, Business Transformation Outsourcing,
                                                                               keit verliert.                                                          Märkte gestalten – Kompetenzen unternehmensübergreifend nutzen, o.D.
Schritt 4:                                                      bei einem reaktiven Desinvestitionsmanagement unter-   111
    Identifizierung potenzieller Kaufinteressenten                scheiden:

                                                                                                                                              Eckert
Die vorangegangenen Schritte ermöglichen es, die wesent-    So müssen die entsprechenden Verkaufsdokumente
lichen Kriterien zur Auswahl potenzieller Käufer zu iden-   erstellt werden. Hier steht die Erarbeitung eines umfas-

                                                                                                                       & Visionen | Strategisches Desinvestitionsmanagement – 5 Schritte zum Erfolg
tifizieren. Die Auswahl des „Best Buyer“ erfolgt darauf      senden „Informations-Memorandums“ im Mittelpunkt.
aufbauend mit Hilfe einer sogenannten „Best-Fit-Matrix“.    In konkreten Einzelfällen kann es jedoch auch not-
Diese stellt verschiedene relevante Vergleichskriterien (z.B.
                                                            wendig sein, weitere Verkaufsdokumente vorzuberei-
Produkt- und Technologieportfolio, Marktpositionierung)     ten. Diese Dokumente sind beispielsweise das „Short
zur Entscheidungsfindung gegenüber.                          Profile“ bei einem geplanten zweistufigen Desinvesti-
                                                            tionsprozess. Ist eine besondere Geheimhaltung not-
 Bei der Identifizierung der potenziellen Käufer darf der wendig, empfiehlt sich auch die Erstellung eines „Blind
 Fokus nicht zu eng sein. Vielmehr sind zu den bekannten Profiles“, welches in einem frühen Veräußerungssta-
 Alternativen aus dem Branchenumfeld auch unkonven- dium nur schwer Rückschlüsse auf den Desinvestitions-
 tionelle Möglichkeiten zu prüfen: Kann eine „(Teil-)Ver- kandidaten zulässt.
 äußerung“ über ein Joint Venture mit einem Unterneh-
 men einer anderen Wertschöpfungsstufe erfolgen? Ist es Zusätzlich bedarf die Veräußerung eines Unternehmens
 möglich durch die Zusammenführung von Nicht-Kernbe- bzw. eines Unternehmensteils häufig einer Herauslö-
 reichen verschiedener (branchenfremder) Unternehmen sung des Desinvestitionskandidaten aus dem Unterneh-
 einen starken Wettbewerber zu formen? Erst die umfas- mensverbund („Unbundling“). Insbesondere bei einem
 sende strategische Analyse der Wertschöpfungsarchitek- hohen Integrationsgrad der veräußernden Unterneh-
 tur bildet letztendlich die Voraussetzung zur Identifizie- mensgruppe ist dieser Entflechtungsprozess wichtig.
 rung des „Best Buyer“.                                     Mit dem Unbundling werden häufig erst die Fungibili-
                                                            tät und die Veräußerbarkeit des Desinvestitionskandi-
 Schritt 5:                                                 daten nachgewiesen.
      Prüfung möglicher Transaktionsoptionen
                                                            Die Herauslösung des Desinvestitionskandidaten sollte
 Neben den Maßnahmen zur operativen Verbesserung parallel mit der Erarbeitung der Handlungsoptionen
 des Desinvestitionskandidaten ist es kaufpreisentschei- erfolgen. Häufig verlangt das Herauslösen von Unter-
 dend, den richtigen Weg zu wählen, mit dem die Loslö- nehmen bzw. Unternehmensteilen den Aufbau von
 sung erfolgen soll.                                        Kompetenzen (z.B. Rechnungswesen), die bisher von
                                                            einem anderen Gruppenunternehmen für den Desin-
 Desinvestitionen von Beteiligungen erfolgen im Allge- vestitionskandidaten wahrgenommen wurden. Letzt-
 meinen als Unternehmensverkäufe (Sell-off) – Unter- lich kann ein derartiger Zwang die Auswahl der Hand-
 nehmensteilverkäufe (Minority Sales) sind von unterge- lungsoptionen – in diesem Zusammenhang sei auch an
 ordneter Bedeutung. Beim Sell-off gehen in der Regel die genannten Möglichkeiten des BPO bzw. des BTO
 die vollständigen Eigentums- und Kontrollrechte an den erinnert – wesentlich beeinflussen.
 Erwerber über. Besondere Formen des Sell-offs, die in
 Erwägung gezogen werden sollten, sind die verschie- Des Weiteren bedarf die erfolgreiche Unternehmensver-
 denen Arten des Buy-Outs (Management Buy-Out etc.) äußerung einer pro-aktiven internen und externen Kom-
 und Buy-Ins (Management Buy-In). Beim Management munikationspolitik. Die Veräußerungsabsicht muss – unter
 Buy-Out wird der Desinvestitionskandidat vom Manage- Berücksichtigung des „richtigen“ Zeitpunkts – intern und
 ment übernommen; beim Management Buy-In erwirbt extern vermittelt werden. Intern dient die Mitteilung der
 ein externes Managementteam die Mehrheit der Unter- Verkaufsabsicht der Vermeidung von Unsicherheit und
 nehmensanteile.                                            Ungewissheit bei den Mitarbeitern. Extern informiert die
                                                            Mitteilung den Kapitalmarkt und (weitere) potenzielle
 Neben diesen „traditionellen“ Desinvestitionsalternati- Käufer. Bei der praktischen Umsetzung sind die Vor- und
                                                                                                                           8|9/2001 Strategien

 ven haben sich – insbesondere zu den Börsenhochzeiten Nachteile projektbezogen abzuwägen. So kann eine früh-
– auch börsengestützte Transaktionen zur Unternehmens- zeitige externe Kommunikation aufgrund der innewoh-
 veräußerung etabliert. Hierbei sind jedoch die erforderli- nenden strategischen Logik eine Honorierung durch den
 chen Kosten im Zusammenhang mit einem Börsengang Kapitalmarkt erfahren. Demgegenüber kann sie eine entge-
 zu berücksichtigen und die Sinnhaftigkeit dieser Option gengesetzte Wirkung bei den Mitarbeitern des Desinvestiti-
 im konkreten Einzelfall abzuwägen.                         onskandidaten erzeugen, insbesondere dann, wenn (noch)
                                                            keine Nennung des potenziellen Käufers erfolgen kann.
                                                                                                                       M&A 3/2005

3.2 Unterstützungsprozesse
                                                         Schließlich benötigen Unternehmensveräußerungen – wie
                                                                                                                       M&A

Neben den fünf Hauptschritten benötigt ein erfolgreiches alle Transformationsvorhaben – ein durchdachtes und effi-
pro-aktives Desinvestitionsmanagement vier „Unterstüt- zientes Projektmanagement, welches die Fäden zusam-
zungsprozesse“, die sich nicht von der Vorgehensweise menhält. Mit zunehmendem Fortschritt des Desinvestiti-
112                                                          onsprozesses verlagert sich hierbei der Schwerpunkt auf versetzt, durch ein pro-aktives strategisches Desinvesti-
                                                             die Verhandlungsvorbereitung und Verhandlungsdurch- tionsmanagement den bekannten traditionellen reakti-
                                                             führung. Hier geht es dann auch um die Festlegung der ven Desinvestitionsansatz zu ersetzen.
                 Echarri

                                                             Verhandlungsstrategie und -taktik sowie um die Festset-
                                                             zung eines akzeptablen Mindestpreises.                  Im Kern der Ausführungen standen auch Überlegungen,
                                                                                                                     wie mit einem überschaubaren Aufwand und mit über-
Country Special | Erfolgsstories aus Mittel- und Osteuropa

                                                             4. Fazit                                                schaubaren Risiken Wertsteigerungen bei der Veräußerung
                                                                                                                     von Desinvestitionskandidaten realisiert werden können.
                                                             In diesem Beitrag wurde die Desinvestition von Unter- Genau dies zeichnet ein pro-aktives strategisches Vorgehen
                                                             nehmen aus einer strategischen Perspektive analysiert. unseres Erachtens aus. In diesem Zusammenhang wurde
                                                             Dabei wurden die fünf wesentlichen Schritte identifi- deutlich, dass auch progressive Vorgehensweisen, wie das
                                                             ziert, welche zu einer kaufpreissteigernden Desinvesti- Business Process Outsourcing oder das Business Transfor-
                                                             tion beitragen. Damit werden Unternehmen in die Lage mation Outsourcing, eine Überlegung wert sind.

                                                             Private Equity –
                                                             Erfolgsstories aus Mittel- und Osteuropa
                                                             Javier Echarri, EVCA Secretary-General *

                                                                  Vorwort

                                                                  Beteiligungsfinanzierungen haben in Mittel- und Osteuropa innerhalb der letzten Jahre stark an Akzep-
                                                                  tanz gewonnen und sind zu einem festen Bestandteil des Kapitalmarktes geworden. Auch wenn die
                                                                  Beteiligungsbranche in der Region erst etwa 15 Jahre alt ist, haben schon viele Unternehmer ihre Chance
                                                                  in Private Equity gesucht und gefunden – dies belegt eine Fallstudien-Sammlung der European Private
                                                                  Equity & Venture Capital Association (EVCA).

                                                             1. Einleitung                                                 1999 investierte die Beteiligungsgesellschaft Enterprise
                                                                                                                           Investors 3,3 Mio. US-$ und erwarb damit 24% an
                                                              Schon in den 90er Jahren gehörte Eldorado zu Polens größ-    Eldorado. „Stokrotka“ wurde in der Region zur führen-
                                                              ten Lebensmittel-Großhändlern. Dass das Unternehmen nur      den Supermarktkette ausgebaut; schnell kamen Fran-
                                                              wenige Jahre später erfolgreich an die Börse gehen wird,     chise-Lebensmittelgeschäfte und ein Netz von Cash-and-
                                                              klingt zu dieser Zeit aber noch so abenteuerlich wie sein    Carry-Märkten hinzu. Um die Expansion zügig voran
                                                              Name. Mit solider regionaler Marktposition wird der Groß-    zu treiben, benötigte Eldorado 2001 weiteres Kapi-
                                                              händler Eldorado Ende der 90er Jahre auch im Einzelhan-      tal. Enterprise Investors entschied mit den Unterneh-
                                                              del aktiv und eröffnet fünf Supermärkte unter dem Namen      mensgründern, die Warschauer Börse für einen IPO
                                                             „Stokrotka“. Das Konzept ist erfolgreich, doch zu einem flä-   zu nutzen. Der Börsengang spülte 5 Mio. US-$ in die
      M&A 3/2005

                                                              chendeckenden Ausbau des Einzelhandels fehlt Eldorado        Kassen von Eldorado. Zugleich bedeutete er für die Pri-
                                                              das nötige Kapital. Damals entwickelte sich der Markt für    vate Equity-Investoren einen Teil-Exit, sie veräußerten
                                                              den Lebensmittelgroß- und Einzelhandel rasant – die Unter-
                                                              nehmer spürten ihre Chance. So suchte man schließlich
                                                              außerhalb des Unternehmens nach Finanzmitteln.               *
                                                                                                                               Autorenkontakt: info@evca.com
12%. Zwei Jahre später verkauften sie auch ihre übri-         die Phase vor dem Beitritt als auch die Phase unmittelbar      113
gen Anteile an institutionelle Investoren – insgesamt         danach hat sich positiv auf die Private Equity-Branche der
erzielten Enterprise Investors das 2,8-fache ihres inves-     Region ausgewirkt.

                                                                                                                                              Echarri
tierten Kapitals und eine Internal Rate of Return (IRR)
von 28%. Eldorado ist heute eine florierende Aktien-          3.1 Beteiligungsbranche noch
gesellschaft und wurde 2004 unter die Top Five der                in der Entwicklungsphase

                                                                                                                             Country Special | Erfolgsstories aus Mittel- und Osteuropa
Unternehmen mit vorbildlicher Corporate Governance
in Polen gewählt.                                              Auch wenn die ersten Aktivitäten Anfang 1990 starte-
                                                               ten, setzte der Großteil der Kapitaleinwerbung sowie der
Der Fall Eldorado steht für viele Unternehmensgeschich- Investitionstätigkeit erst Mitte bis Ende der 90er Jahre ein.
ten aus Mittel- und Osteuropa (MOE) seit 1990. Kurz Folglich haben viele der Private Equity-Fonds noch keinen
nach dem Zusammenbruch des kommunistischen Systems vollständigen Zyklus aus Investitionen und Veräußerungen
etablierten sich in der Region die ersten Beteiligungsge- durchlaufen. Die Entwicklung von Private Equity in den
sellschaften. Obwohl das Private Equity-Geschäft damit mittel- und osteuropäischen Ländern befindet sich also
wesentlich jünger ist als in Westeuropa und den USA, hat nach wie vor in einem relativ frühen Stadium.
sich die Branche in den letzten 15 Jahren außerordent-
lich zügig entwickelt. Schnell hat die Beteiligungsfinanzie- 3.2 Kapital aus Westeuropa und den USA
rung in Mittel- und Osteuropa an Akzeptanz gewonnen.
Nach Schätzungen warben die hier tätigen Investoren Das wesentliche Kapital brachten institutionelle Investoren
bislang mehr als 7 Mrd. Euro Kapital ein.                      aus Westeuropa und den USA ein. Nur einen geringen Teil
                                                               der Gelder für Private Equity- und Venture Capital-Investi-
2. Erfolgsgeschichten                                          tionen konnten die mittel- und osteuropäischen Unterneh-
      aus den neuen EU-Staaten                                 mer im eigenen Land oder der eigenen Region einwerben.
                                                               Betrachtet man das gesamte Europa, so sieht das anders
So ist Private Equity in verhältnismäßig kurzer Zeit zu aus. Im Durchschnitt kam hier die Hälfte der Gelder aus
einem festen Bestandteil des Kapitalmarktes geworden. den Ländern, in denen es auch wieder investiert wurde.
Zu diesem Ergebnis kommt auch eine Studie des euro- Natürlich hoffen die Gesellschafter und die Marktbeob-
päischen Verbands der Kapitalbeteiligungsgesellschaften achter, dass sich das in den nächsten Jahren auch in den
(European Private Equity and Venture Capital Associa- neuen EU-Staaten so einpendeln wird. Reformen und Pri-
tion, EVCA). Die Arbeitsgruppe Mittel- und Osteuropa vatisierungen in allen Staaten der Region bringen immer
befragte für ihre Fallstudien-Sammlung „Central and mehr Institutionen hervor, die gut mit Kapital ausgestattet
Eastern Europe Success Stories“ Anfang 2004 die über sind und als potenzielle Investoren in Frage kommen.
70 Beteiligungsgesellschaften der Region. 25 Erfolgsge-
schichten hat die Arbeitsgruppe beispielhaft in der Samm- 3.3 Etwa 900 Unternehmen profitierten
lung veröffentlicht und bietet damit einen Überblick über
alle Arten von Investitionen und Exits, die bislang in Mittel- Vor allem Polen zog in den letzten 15 Jahren viele inte-
und Osteuropa getätigt wurden.                                 ressierte Private Equity-Gesellschaften an. Dort inves-
                                                               tierten die meisten, viele aber auch in Ungarn und
3. Blick zurück: Entwicklung                                   Rumänien. Rund 5 Mrd. Euro investierten Anleger bis
      der Investitionen 1990-2004                              heute in den mittel- und osteuropäischen Ländern, 900
                                                               Unternehmen der Region profitierten bislang von den
Vier Investitionswellen erlebte die Private Equity-Branche Finanzspritzen. Allein in 2003 flossen Mittel in Höhe
in Mittel- und Osteuropa bislang: In den Pionierjahren von 448 Mio. Euro (64% mehr als in 2002) Beteiligungs-
1990-1992 waren es vor allem die Länder-spezifischen kapital. Gegenüber den 29 Mrd. Euro, die in Gesamt-
Beteiligungsfonds, die Kapital einwerben konnten. Eine europa investiert wurden, erscheint das zwar wenig.
weitere Welle Länderfonds folgte 1994-1995. Erst im drit- Doch anteilig am Bruttoinlandsprodukt gemessen fällt
ten Finanzierungsschub, 1997-2000, verlagerte sich der der Vergleich gleich positiver aus: Der Anteil der Private
Schwerpunkt auf Regionalfonds, die in mehreren oder Equity-Investitionen am BIP liegt in Europa bei 0,284%
allen mittel- und osteuropäischen Staaten investierten. Bei im Jahre 2003. In der erst 15 Jahre jungen Beteiligunsgs-
der vierten und vorerst letzten Welle 2003-2004 investier- branche in den MOE-Staaten liegt er zwischen 0,011%
ten Anleger in Fonds, die sowohl Länder- als auch Regi- (Kroatien) und 0,159% (Rumänien). Auch steigerte sich
onen-bezogen angelegt waren. Der EU-Beitritt von acht der Anteil von 2002 auf 2003 signifikant.
mittel- und osteuropäischen Staaten verstärkte das Inte-
resse an Investitionen. Vor allem Tschechien und Ungarn 4. Wichtiges Expansionskapital
                                                                                                                                      M&A 3/2005

profitierten: das Private Equity-Volumen stieg um 68%                aus dem Westen
beziehungsweise 27%. Die Baltischen Staaten registrier-
ten sogar die Rekord-Steigerungsrate von 5.000% − die Den Löwenanteil der Beteiligungsinvestitionen im ost-
Finanzmittel für Private Equity-Investitionen dort waren europäischen Raum bilden die Firmenübernahmen (Buy-
von 2002 bis 2003 auf 105 Mio. US-$ gewachsen. Sowohl Outs), Wachstums- (Expansions)kapital und Umfinanzie-
114                                                           Abb. 1:      Jährliches Investitionsvolumen in MOE 2002-2003
                                                                           Quelle: EVCA
                 Echarri

                                                                  € in Mio.
                                                                 500
Country Special | Erfolgsstories aus Mittel- und Osteuropa

                                                                                                                                                                                    448,40
                                                                 450
                                                                                                                                                  2002
                                                                 400
                                                                                                                                                  2003

                                                                 350

                                                                 300

                                                                 250                                                                                                                     237,70

                                                                 200
                                                                                                       177,20

                                                                 150                                        137,20
                                                                                          110,80
                                                                 100                                                 82,00
                                                                                               75,70

                                                                  50    39,40
                                                                                27,40                                                                                24,60
                                                                                                                         18,00                     10,00 2,90
                                                                                                                                     4,50 4,70                               7,70
                                                                  0
                                                                        Tschechien         Ungarn        Polen       Rumänien        Slowakei    Baltische Staaten    Andere          Gesamt

                                                             rungen (Replacement capital). Diese Finanzierungsarten              durchführen, die noch vor fünf Jahren undenkbar gewe-
                                                             machten 2003 in den mittel- und osteuropäischen Län-                sen wären, so das Ergebnis der EVCA-Nachforschungen
                                                             dern 94% aller Investitionen aus – in Gesamteuropa                  bei den Unternehmen vor Ort. Im Management-Bereich
                                                             waren es 93%. In beiden Fällen dominiert der Anteil                 haben die Unternehmen mehr und mehr Ressourcen,
                                                             der Buy-Outs klar, allerdings spielt Expansionskapital              so dass die Entwicklung von Firmen nicht mehr von
                                                             im Osten noch eine bedeutendere Rolle als im Westen.                einzelnen Schlüsselpersonen abhängig ist. Die jüngste
                                                             Und das wird nach Ansicht der EVCA-Experten auf lange               Entwicklung zeigt einen Trend zu Buy-Outs bei Privat-
                                                             Sicht so bleiben: Denn genauso wie Eldorado suchen                  unternehmen sowie bei Spin-offs lokaler und interna-
                                                             zahlreiche Unternehmer in den aufstrebenden Märkten                 tionaler Großkonzerne.
                                                             Osteuropas ihre Chance. Nur wer ausreichend Kapital
                                                             für eine schnelle Entwicklung aufbringt, kann sich in               4.2 Geringe Investitionen
                                                             dem stark wachsenden Umfeld behaupten. Hinzu kommt,                     in der Frühphase
                                                             dass Firmen dort häufig am Anfang ihrer Entwicklung
                                                             stehen; so fehlt in vielen Fällen für Buy-Out-Transaktio-
                                                                                                                    Während Buy-Outs in Mittel- und Osteuropa sich ähnlich
                                                             nen schlicht die notwendige „Reife“.                   entwickeln wie in Gesamteuropa, macht die Frühphasen-
                                                                                                                    finanzierung einen vergleichsweise sehr geringen Anteil
                                                             4.1 Buy-Outs im Aufwärtstrend                          der Investitionen aus. Insbesondere Seed-Finanzierungen,
                                                                                                                    also die Investition in unternehmerische Vorhaben noch
                                                             Dennoch stellen Marktbeobachter vor allem in den ver- bevor eine Firma gegründet wird, fallen schwach aus –
                                                             gangenen zwei Jahren eine Zunahme der Buy-Out-Akti- auch wenn die Regierungen der Region diesen Bereich
                                                             vitäten fest. Schon Mitte der 90er Jahre war das Buy- in Zukunft stärker fördern wollen. Die Start-up und Early-
                                                             Out-Geschäft durch die großen Privatisierungen in Gang stage-Beteiligungen hingegen entsprechen in ihrer Höhe
                                                             gekommen: Private Equity ermöglichte den etablierten, dem gleichen Anteil wie in Gesamteuropa – auch wenn
                                                             fähigen Management-Teams der ehemals staatlichen das Gefälle von Land zu Land recht stark ist.
                                                             Gesellschaften den Management-Buy-Out.
                                                                                                                                 4.3 Frühphasenfinanzierung zahlt sich aus
                                                             Auch heute befinden sich sowohl Anzahl als auch Größe
      M&A 3/2005

                                                             der Transaktionen im Aufwärtstrend. Denn die Zahl pri- Dass die Frühphasenfinanzierung lohnenswert ist, zeigt
                                                             vater Unternehmen mit einem starken Management das Beispiel Enigma. Das ungarische Start-up aus dem
                                                             wächst, Großkonzerne werden restrukturiert und die Bereich „Mobile Payment“ bescherte den Investoren eine
                                                             Möglichkeiten der Schuldenfinanzierung verbessern sich rund 80%-ige IRR. Die Finanzierer kannten den Enigma-
                                                             zunehmend. Fondsmanager können heute Buy-Outs Gründer Balázs Inotay, denn er hatte bereits mehrfach
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