Produktivität von Dienstleistungen - Quality
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Cost Quality Efficiency Christiane Hipp, Matthias Gotsch, Silvia Gliem, Claudia Lehmann Produktivität von Dienstleistungen
Grußwort Vorwort Grußwort Messinstrumente unternehmerischer Leistungsfähigkeit sind Dienstleistungsproduktivität ist in den letzten 20 Jahren im- Allen Beteiligten danken wir herzlich für ihr Engagement. Be- notwendig, um Aktivitäten sowie Entscheidungen und deren mer weiter in den Fokus von Wissenschaft und Praxis ge- sonders möchten wir die Experten aus Praxis und Forschung Wirkungen über die Zeit bewerten zu können. Produktivität rückt. Durch die Verschiebung der Bruttowertschöpfung hervorheben, die durch Interviews und Praxisbeispiele ihren ist dabei auf mikro- und makroökonomischer Ebene eine in den tertiären Sektors, steht die Praxis vor vielen neuen Beitrag zum Entstehen dieser Broschüre geleistet haben. In häufig genutzte Erfolgsgröße. Gerade in Zeiten schrump- Herausforderungen im Dienstleistungsmanagement. Die be- den zukunftsorientierten und praxisnahen Empfehlungen der fender Märkte und zunehmenden Wettbewerbsdrucks wird währten Produktivitätskonzepte und Messinstrumente aus Broschüre zeigt sich die enge Zusammenarbeit der beteilig verstärkt Wert auf die Produktivität, d.h. den effizienten der Sachgüterindustrie können für die Erfassung von Dienst- ten Vertreter von Wissenschaft und Wirtschaft. Ressourceneinsatz, gelegt. Dabei ist auf ein grundsätzliches leistungsproduktivität nicht einfach übernommen werden, Problem aufmerksam zu machen: während Klassiker, wie denn die Besonderheiten, die Dienstleistungen ausmachen, Wir wünschen unseren Lesern bei der Lektüre viele gute An- Adam Smith, Produktivität nur auf die Erstellung materieller werden von diesen Theorien und Modellen nicht beachtet regungen für die praktische Umsetzung von Instrumenten Güter beziehen, gehen jüngste Bestrebungen verstärkt davon oder gar teilweise gänzlich ausgeschlossen (Immaterialität der Produktivität von Dienstleistungen! aus, auch Diensleistungen auf Basis von Effizienzkriterien zu der „Ware“, der Kunde als externer Faktor, höhere Wertigkeit bewerten. Doch es gibt bisher noch keine schlüssigen Kon- von Humankapital). So haben diverse Studien sich daran ver- zepte für die Messung der Produktivität von Dienstleistungen. sucht, Konzepte und Theorien zu entwickeln, die sich auch Beispielsweise sind die Kriterien immaterieller Güter oder die in der Praxis bewähren sollen. Trotz dieser vielfältigen Be- Messung der Qualitätsunterschiede bisher nicht berück- mühungen besteht bis zum heutigen Zeitpunkt immer noch Prof. Dr. Kathrin Möslein sichtigt. Vielmehr basieren nach wie vor die Berechnungen keine Einigkeit über eine Definition oder gar Messinstrumente Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) auf Merkmalen industrieller Produkte und industrieller Pro- von Dienstleistungsproduktivität. und Center for Leading Innovation & Cooperation (CLIC) duktionsverfahren. Damit werden die verfügbaren Messin- an der Handelshochschule Leipzig (HHL) strumente Dienstleistungen und den damit verbundenen Die Produktivität von Dienstleistungen ist eine zentrale Steu- Dienstleistungsprozessen nicht gerecht. Die Besonderheiten erungsgröße für Dienstleistungsunternehmen. Daher ist es wie Immaterialität, Integration des Kunden in die Leistungs- essenziell für Unternehmen, Instrumente zur Erfassung von erstellung oder auch die Bedeutung des Humankapitals bei Dienstleistungsproduktivität zu installieren, durch welche der Leistungserstellung finden bis heute nur unzureichend Prozesse transparenter und verständlicher gemacht wer- Prof. Dr. Ralf Reichwald Einfluss in die klassischen Produktivitätskennzahlen. den. Nur so können Unternehmen Dienstleistungsprozesse Technische Universität München (TUM) und besser planen und durch aktives Handeln eine höhere Ef- Center for Leading Innovation & Cooperation (CLIC) Vor diesem Hintergrund freuen wir uns, Ihnen heute eine fizienz im Umgang mit Ressourcen erlangen. Dabei besteht an der Handelshochschule Leipzig (HHL) Broschüre vorlegen zu können, die aktuelle Forschungser- eine Herausforderung darin, schwer messbare Faktoren, wie gebnisse zum Thema Dienstleistung und Produktivität vor- Kreativität, Wissen, Motivation von Mitarbeitern und Kunden Inhalt stellt und hoffen, unserer Leserschaft viele gute Anregungen zu erfassen und zu bewerten. In diesem Zusammenhang für die praxisnahe Umsetzung zu geben. stellen sich die folgenden Fragen: Auf welche aktuellen Theorien und Modelle können Unternehmer zurückgreifen, um ihre Entscheidungen zu unterstützen? Welche Faktoren nehmen Einfluss auf Dienstleistungsproduktivität? Wie kann Vorwort 2 die Produktivität von Dienstleistungen erfasst und gesteigert Grußwort 3 Prof. Dr. Christiane Hipp werden? Dienstleistungsproduktivität – Zum einen ist es das Ziel dieser Broschüre einen Überblick Leistungsfaktoren für Dienstleistungen 4 des momentanen Forschungsstandes zu geben. Zum ande- ren wird das Themenfeld durch verschiedene Beiträge sy- Produktivitätsdeterminanten im stematisiert. Es werden Handlungsorientierungen für Unter- Dienstleistungssektor 8 „Produktivität stellt eine der zentralen nehmen dargelegt, wie Produktivitätsprozesse aktiv gestaltet werden können, um kurz- und langfristig zu planen. Denn Interview: „Dienstleistungen und Produktivität im Herausforderungen des Dienstleistungs- nur so ist eine langfristige Wettbewerbsfähigkeit auf natio- nalen und internationalen Märkten gewährleistet. Bereich der kommerziellen Autovermietung“ 11 Ein innovationsorientiertes Messkonzept managements dar.“ Darüber hinaus möchte diese Broschüre die Wissenschaft ansprechen, indem vor allem in aktuellen Studien bestehen- für wissensintensive Dienstleistungen 13 de Defizite offen gelegt werden. So ist es von Bedeutung, dass kommende Studien sich zunehmend auch für qualita- Produktivität und Effektivität produktionsnaher tive, komparative und interdisziplinäre Ansätze entscheiden, und wissensbasierter Dienstleistungen – um sich dem Thema zu nähern. Skizze einer Auseinandersetzung 16 Prof. Dr. Manfred Bruhn (Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, Dienstleistungsökonomie 2040 oder die insbesondere Marketing und Unschärferelation der Dienstleistungs- Unternehmensführung, Universität Basel) produktivität 19 Autoren 23 Impressum 23 3
Dienstleistungsproduktivität Dienstleistungsproduktivität Organisatorische Perspektive Strategische Technische Perspektive Perspektive Makroökonomische Perspektiven der Kunden- Perspektive Dienstleistungsproduktivität perspektive Public Operations Management- Management- Perspektive Perspektive Business Level- Perspektive Abbildung 1: Perspektiven der Dienstleistungsproduktivität Claudia Lehmann, Hagen Habicht beispielsweise Design- oder Outsourcing-Konzepte. Die or- le industrieller Produktionsprozesse umfassend, findet nun Dienstleistungsproduktivität ganisatorische Perspektive bildet die Summe aller Veröffent- lichungen, welche sich mit der Frage der organisatorischen auch Anwendung in der Gestaltung von Wertschöpfungs- prozessen im Dienstleistungsbereich. Publikationen, welche Leistungsfaktoren für Dienstleistungen Entwicklung und des Human Ressource Managements zur Steigerung der Dienstleistungsproduktivität befassen. Des sich auf das Management und die Messung der Produktivität auf Geschäftsebene konzentrieren, werden in der Business Weiteren spielt die Integration des Kunden in den Dienstlei- Level Perspektive zusammengefasst. Dienstleistungsproduk- Produktivität als grundlegender Faktor der volkswirtschaft- fentlichungen zu verzeichnen, welche sich mit einer Vielzahl stungsprozess, wie bereits weiter oben erwähnt, eine ent- tivität im Kontext von Institutionen mit öffentlichem Auftrag lichen Leistungsfähigkeit stellt eine zentrale Herausforde- von umsetzungsorientierten Konzepten und theoretischen scheidende Rolle. Den Einfluss der Zufriedenheit des Kunden betrachtet die Perspektive des Public Managements. Das rung für das Dienstleistungsmanagement dar und wird Perspektiven beschäftigen. und die Co-Produktion durch den Kunden spiegeln die Stu- besondere Interesse in Hinblick auf Wachstums- und Be- dennoch allzu oft vernachlässigt (Dobni et al. 2000; Higón dien der kundenorientierten Perspektive wieder. Die Steige- schäftigungswirkung sowie die internationale Wettbewerbs- et al. 2009; Bruhn und Hadwich 2011). Die bewusste und Der klassische Produktivitätsbegriff entstammt der Indus- rung von Dienstleistungsproduktivität durch den Einsatz von fähigkeit von in Hochlohnländern erstellten Dienstleistungen systematische Gestaltung von Dienstleistungsprozessen so- triebetriebslehre und beschreibt die Leistungsfähigkeit der Technologie wird in der technologischen Perspektive einge- zeigt abschließend die Vielzahl an wissenschaftlichen Pu- wie wissenschaftlich fundierte Überlegungen zur Steigerung Faktorkombination des Produktionsbetriebs (Bruhn und hend eruiert. Die Perspektive des Operations Managements, blikationen mit einer makroökonomischen Perspektive auf der Produktivität bilden die Grundlage für Dienstleistungsun- Hadwich 2011), d.h. wie sich bei gegebener Technologie originär die Planung, Organisation, Umsetzung und Kontrol- Dienstleistungsproduktivität. ternehmen, um auf nationalen und internationalen Märkten und Preisen die effizienteste Kombination der Inputfaktoren leistungsfähig zu bleiben. Insbesondere in der strategischen realisieren lassen. Jedoch ist eine Übertragung der Produkti- Ebene von Dienstleistungsunternehmen fehlt jedoch oft ein vitätskonzepte und Messinstrumente der Sachgüterindustrie Strategische Perspektive: Beschäftigung mit Stärkung der Wettbewerbsvorteile (z.B. Design- oder Verständnis für jüngste, wissenschaftlich gesicherte Theo- nicht ohne weiteres auf den Dienstleistungssektor möglich, Outsourcing-Konzepte) rien und Erkenntnisse (Sing et al. 2000). Daher scheint eine denn Dienstleistungen zeichnen sich durch bestimmte kon- knappe und leicht zugängliche Zusammenfassung zentraler stitutive Merkmale aus. Sie sind nicht lagerfähig (weil imma- Organisatorische Beschäftigung mit organisatorischer Entwicklung und des Human Ressource Erkenntnisse zum Thema Produktivitätssteigerung im Dienst- teriell) und entstehen häufig unter hohem Personaleinsatz Perspektive: Managements zur Steigerung der Dienstleistungsproduktivität leistungsprozess notwendig. Sie soll mit vorliegender Publi- in Interaktion mit dem Kunden. Obwohl Produktivität bereits Kundenorientierte Auseinandersetzung mit der Integration des Kundens in den Dienstleistungsprozess kation geliefert werden. langjährig aus verschieden betriebswirtschaftlichen Blickwin- Perspektive: Ziel des vorliegenden Beitrags ist es, auf konzeptioneller keln erforscht wurde, existiert kein klares und gefestigtes Bild Beschäftigung mit dem Einfluss der Kundenzufriedenheit und der Co-Produktion durch Ebene einen systematischen Überblick über das Themenfeld der Dienstleistungsproduktivität. den Kunden der Dienstleistungsproduktivität, sowie den aktuellen Stand der Forschung zu geben. Damit soll eine Grundlage und Ent- Im Rahmen einer systematischen Literaturanalyse zum The- Technologische Perspektive: Betrachtung der Steigerung von Dienstleistungsproduktivität durch Technologieeinsatz scheidungshilfe für Handlungsträger in Wissenschaft, Politik ma Dienstleistungsproduktivität wurden für den Zeitraum von Operations Management- Planung, Organisation, Umsetzung und Kontrolle industrieller Produktionsprozesse und Wirtschaft geliefert werden. 1989 bis 2011 insgesamt 274 relevante Veröffentlichungen Perspektive: identifiziert und einer Volltextanalyse unterzogen. Auf dieser Anwendung in der Gestaltung von Wertschöpfungsprozessen im Dienstleistungsbereich Basis konnten insgesamt acht Grundperspektiven für das Business Level-Perspektive: Konzentration auf die Messung der Produktivität auf Geschäftsebene Wie kann man Dienstleistungen Themengebiet der Dienstleistungsproduktivität herausgear- produktiver machen? beitet werden, welche gleichzeitig eine Rahmenkategorisie- Public Management- Fokussierung auf Dienstleistungsproduktivität im Kontext von Institutionen rung des Forschungsfeldes bilden (Lehmann et al. 2011). Perspektive: mit öffentlichem Auftrag Die Verschiebung des Großteils der Bruttowertschöpfung in Abbildung 1 zeigt diese acht Perspektiven im Überblick. den tertiären Sektor1 sowie die sich daraus ableitende Be- Makroökonomische Beschäftigung mit Wachstums- und Beschäftigungswirkung und internationaler deutung von Dienstleistungen führte, in Verbindung mit der Die Publikationen der strategischen Perspektive beschäfti- Perspektive: Wettbewerbsfähigkeit von Dienstleistungen Frage nach der Produktivitätssteigerung, zu einer verstärkten gen sich vorrangig mit unternehmensstrategisch relevanten Forschungstätigkeit. Einhergehend ist ein Anstieg an Veröf- Entscheidungen zur Stärkung der Wettbewerbsvorteile, wie Tabelle 1: Perspektiven der Dienstleistungsproduktivität 1 Darunter versteht man die Verlagerung des volkswirtschaftlichen Schwerpunktes aus dem primären und sekundären Sektor in den tertiären Sektor (Handel, Verkehr, Banken, Versicherungen, sonstige Dienstleistungen). 4 5
Dienstleistungsproduktivität Dienstleistungsproduktivität Entwicklung des Forschungsfeldes werden. Diesem grundlegenden Verständnis folgend, zeigen novationen einen wesentlichen Ansatzpunkt zur Steigerung wären hier internationale Vergleichsstudien wünschenswert, Johnston und Jones (2004) die Notwendigkeit auf, den Be- der Dienstleistungsproduktivität dar (Grönroos und Ojasalo da diese bis heute nicht in angemessenem Umfang vorliegen. Neben den einzeln dargestellten Perspektiven zeigt sich auch griff Produktivität von den Begriffen Effektivität und Effizienz 2004). Durch die Entwicklung neuer und innovativer Dienst- Für die Forschung ergibt sich hier Handlungsbedarf. im Zeitverlauf der Veröffentlichungen ein klares Muster (vgl. bzw. Leistungsvermögen abzugrenzen. Weiterhin fordern sie, leistungen können Inputfaktoren reduziert, durch stärkere Lehmann et al. 2011) – die Entwicklung des Forschungsfelds die Produktivität der Dienstleistungsorganisation von der des Kundenintegration das Output gesteigert und somit die Pro- Das Themenfeld der Dienstleistungsproduktivität ist gene- lässt sich grob in drei Zeitphasen unterteilen: Kunden zu selektieren (operational vs. customer produc- duktivität und Qualität erhöht werden. Ebenfalls eine gezielte rell durch eine große Methodenvielfalt zur Optimierung und tivity), da im Vergleich zu Produkten die Produktivität einer Ausrichtung der Dienstleistung an den Bedürfnissen und -steuerung geprägt. So finden viele Methoden zur Produk- Phase 1 benennt die Geburtsstunde der Dienstleistungspro- Dienstleistung nicht allein vom Verhalten des Produzenten Wünschen des Kunden trägt zur Steigerung der Produktivi- tivitätsbestimmung aus der Sachgüterindustrie in Dienst- duktivitätsforschung. Anfang der siebziger Jahre erkannten abhängt, sondern entscheidend durch das Agieren des Kun- tät bei. So stößt bei vielen Kunden sogar die Integration in leistungsunternehmen Anwendung. Jedoch lässt sich, wie Forscher erstmals an, dass Dienstleistungen grundsätz- den beeinflusst wird (Johnston und Jones 2004; Bienzeisler den Leistungserstellungsprozess auf sehr großes Interesse oben dargestellt, ein erheblicher Forschungsbedarf konsta- lich andere Merkmale als Produktionsgüter aufweisen (vgl. und Löffler 2006; Lasshof 2006; Djellal und Gallouj 2008). und führt entsprechend zu einer erhöhten Nachfrage dieser tieren. Insbesondere ist ein genaueres Verständnis dafür Baumol und Bowen 1966; Fuchs 1968). Hervorzuheben Im Sinne einer Einbeziehung des Kunden in den interaktiven Dienstleistungen. notwendig, welche Faktoren die Dienstleistungsproduktivität sind in diesem Zusammenhang die Arbeiten von William J. Wertschöpfungsprozess (Reichwald und Piller 2009) muss beeinflussen und wie diese am besten gemessen werden Baumol, welcher sich der Problematik der schlechten Ratio- bei der Anwendung und Entwicklung von Messinstrumenten Abschließend ist anzuführen, dass sich Unternehmen im können. Dabei sollte ein Dienstleistungsunternehmen aber nalisierbarkeit (d.h. einerseits das Potential zur Optimierung zur Produktivität von Dienstleistungen berücksichtigt werden, Zuge der Globalisierung zunehmend der Aufgabe gegenüber immer beachten, dass es sich nicht nur um eine Kennzahl von Betriebsabläufen und andererseits die Ersetzbarkeit von dass allein die Definition einer Einheit Service oder Dienstlei- sehen, ihre Dienstleistungsproduktivität auch im internationa- handeln kann, sondern es entscheidend ist, wie das Manage- menschlicher Arbeitskraft durch Maschinen) von Dienstlei- stung in vielen Fällen sehr schwer ist. Daher kann die Pro- len Vergleich zu bewerten. Für ein adäquates Benchmarking ment die Information verarbeitet und diese kommuniziert. stungen im Gegensatz zu anderen Sektoren widmete. Um die duktivität meist nur partiell gemessen werden (Grönroos und Qualität der Dienstleistungen aufrechtzuerhalten, müssen die Ojasalo 2004). Neben der Messung stellt die Auswertung Löhne im Dienstleistungssektor mit der allgemeinen Lohner- der Input- und Outputrelation eine Herausforderung dar, da Kategorien der Dienstleistungsproduktivität höhung, welche durch Rationalisierungspotentiale realisiert eine Ratio nur im Vergleich zu anderen Perioden oder Bench- werden, mithalten. Was insbesondere im öffentlichen Sektor marks eine Aussagekraft hat (Johnston und Jones 2004). Qualitätsindices Kostenindices Zeitindices zu einem Dilemma und steigenden Staatsausgaben führt. Phase 2 umfasst etwa den Zeitraum von 1985 bis 1997, in Aus den gewonnenen Erkenntnissen kann als Kernaussage Anzahl Neukunden Kundenakquisitionserträge Anzahl Kundenberatungen welchem sich die Forschung hauptsächlich mit konzeptio- festgehalten werden, dass es bis zum jetzigen Zeitpunkt noch Anzahl Mitarbeitende Kundenakquisitionsaufwände Arbeitsstunden von Mitarbeitenden neller Arbeit befasste. So wurden beispielsweise allgemein- kein ausreichendes und weitgehend akzeptiertes Produkti- gültige Rahmenbedingungen entwickelt, um die Charakte- vitätsmodell für den Dienstleistungssektor gibt. Dies ist der Anzahl an Aufträgen Kundenbindungsgewinn Behebung einer Kundenbeschwerde ristika von Dienstleistungsproduktivität zu erfassen und zu Grund dafür, dass sich ein großer Teil der Messung von Pro- Anzahl an Offerten Kundenbindungskosten Beschwerdebearbeitungszeit verstehen. Bis 1991 wurde der Schwerpunkt vor allem auf duktivität im Dienstleistungssektor immer noch an Modellen wie der Data Envelopment Analysis (DEA) orientieren, welche Umsatz mit zufriedenen Kunden Umsatz Anzahl Neukunden die Business Level-Perspektive gelegt, mit dem Versuch die ursprünglich für die produzierende Industrie entwickelt und Gesamtumsatz Anzahl der Mitarbeitenden Dauer der Akquisitionsdienstleistung verschiedenen Unternehmensmodelle zu verstehen und aus ihren Vor- und Nachteilen eine Orientierung für die Praxis zu nur bedingt an die spezifischen Anforderungen von Dienst- Anzahl zufriedener Kunden Deckungsbeitrag eines Kunden Vertragsabschluss geben. leistungen angepasst wurden. Die auch Dateneinhüllanalyse Anzahl Kunden Gesamt Finanzieller Aufwand Dauer der Beratungsgespräche Phase 3 beginnt etwa Mitte bis Ende der 1990er Jahre. Der genannte DEA ist eine Technik aus dem Operations Research zur Kundenbetreuung wissenschaftliche Fokus verschiebt sich zunehmend in Rich- Bereich zur Effizienzanalyse. Sie dient der vergleichenden tung empirischer Untersuchungen. Dabei steht der Einfluss Messung der relativen Effizienz von Organisationseinheiten Kundenspezifisches Betriebsergebnis Anzahl Neukunden Break Even eines Kunden von Informations- und Kommunikationstechnologien auf oder Entscheidungseinheiten (Decision Making Units).2 Auf- Kundenspezifischer Umsatz Kundenakquisitionskosten Gesamtzeit der Betreuung die Dienstleistungsproduktivität und die Frage nach einem grund dessen kann die Aussagekraft der auf dieser Methode eventuellen Produktivitätsparadoxon im Zentrum des akade- basierenden Ergebnisse kritisch gesehen werden. Kundendeckungsbeitrag Bekanntheitsgrad/Image Anzahl bearbeitender Beschwerden mischen Diskurses. Inanspruchnahme der Beratungs- Kommunikationsaufwand Arbeitsstunden des Beschwerde- Des Weiteren besteht eine der zentralen Herausforderungen dienstleistung managements für Dienstleistungsunternehmen darin, konträre Zielgrößen, Ergebnisse und Zukunftsperspektive wie beispielsweise niedrige Kosten bei gleichzeitig hoher Qua- Customer Lifetime Value Anzahl innovativer Reichweite der lität, sicherzustellen. Dienstleistungsunternehmen müssen Kundenstamm Dienstleistungen Kommunikationsmaßnahme In den vorhergehenden Abschnitten wurde auf Basis eines sich insbesondre drei zentralen Wettbewerbsdimensionen Anzahl der Kunden F&E Kosten Zeitaufwand zur Planung und Literaturreviews (vgl. Lehmann et al. 2011) ein Überblick stellen – Qualitäts-, Kosten- und Zeitwettbewerb – welche Durchführung über die interdisziplinäre Forschung im Bereich Dienstlei- gleichzeitig zentrale Treiber für die Produktivität darstellen. stungsproduktivität gegeben. Vor allem wird aufgezeigt, wie So lassen sich Produktivitätskennzahlen anhand dieser drei Abbildung 2: Kategorien der Dienstleistungsproduktivität (Bruhn und Hadwich 2011) beachtlich das Forschungsfeld in den letzten 20 Jahren ge- Dimensionen einteilen. Es handelt sich je nach Bezugsgröße wachsen ist. um Qualitäts-, Kosten- oder/und Zeitindices. Abbildung 2 gibt Literatur Durch die allgemein angelegte Sichtung und Analyse von eine kurze Übersicht über Produktivitätskennzahlen in Anleh- Baumol, W., Bowen, W. (1966). Performing arts - the economic dilemma: a Higón, D., Bozkurt, Ö.; Clegg, J., Grugulis, I., Salis, S., Vasilakos, N., Williams, Publikationen konnten zum einen Ergebnisse zusammenge- nung an die drei zentralen Wettbewerbsdimensionen. study of problems common to theater, opera, music and dance. New York: The A. (2009). The Determinants of Retail Productivity: A Critical Review of the Twentieth Century Fund. Evidence. In: International Journal of Management Reviews 12 (2), S. 201–217. tragen, aber auch Schwachstellen der Forschung aufgedeckt Bienzeisler, B., Löffler, T. (2006). Jenseits von Kennzahlen. Interaktionskompe- Johnston, R., Jones, P. (2004): Service productivity: Towards understanding the werden. Diese gewonnenen Erkenntnisse dienen nun als Darüber hinaus lässt sich zusammenfassend feststellen, tenzen zur Steigerung der Dienstleistungsproduktivität. In: M. Bruhn und B. relationship between operational and customer productivity. In: International Stauss (Hg.): Dienstleistungscontrolling. Wiesbaden: Gabler, S. 211–229. Journal of Productivity and Performance Management 53 (3), S. 201–213. Basis zur Formulierung von Desiderata und Empfehlung für dass verschiedene Determinanten die Produktivität des Bruhn, M., Hadwich, K. (2011). Dienstleistungsproduktivität. Innovationsentwick- Lasshof, B. (2006). Produktivität von Dienstleistungen. Mitwirkung und Einfluss Wissenschaft und Praxis. Dienstleistungsprozesses beeinflussen, welche sich in un- lung, Internationalität, Mitarbeiterperspektive. 1. Aufl. Wiesbaden: Gabler (2). des Kunden. Wiesbaden: Deutscher Universitäts-Verlag. Djellal, F., Gallouj, F. (2008). Measuring and Improving Productivity in Services. Lehmann, C., Neyer, A.-K., Möslein, K. (2011). Service productivity - Towards ternehmens-, produkt-, innovations-, kunden-, mitarbei- Issues, Strategies and Challenges. Northampton: Edward Elgar. an understanding of performance determinants in services. Conference Paper. Grundsätzlich zeigt die Produktivität im Dienstleistungszu- ter- und prozessbezogene Determinanten einteilen lassen Dobni, D., Ritchie, J.R.B., Zerbe, W. (2000). Organizational Values: The Inside RESER. View of Service Productivity. In: Journal of Business Research 47 (2), S. 91–107. Reichwald, R., Piller, F. (2009). Interaktive Wertschöpfung. 2. Aufl. Wiesbaden: sammenhang auf, wie effektiv eingesetzte Ressourcen (In- (vgl. Bruhn und Hadwich 2011). Insbesondere im Bereich Fuchs, V. (1968). The Service Economy. New York: Columbia University Press. Gabler. put) in einen Wert für den Kunden (Output) transformiert der innovationsbezogenen Determinanten stellen Servicein- Grönroos, C., Ojasalo, K. (2004). Service productivity. Towards a conceptualization of the transformation of inputs into economic results in service. In: Journal of Business Research 57 (4), S. 414–423. 2 Eine Entscheidungseinheit ist durch Inputs (z.B. Kosten, Arbeitsaufwand in Stunden) und Outputs (z.B. Umsatz, Qualitätsniveau) charakterisiert und es kann sich dabei um Bankfilialen, Krankenhäuser, Filialen eines Handelskonzerns oder Werke eines Automobilherstellers handeln. Alle Entscheidungseinheiten einer Gruppe müssen die gleichen Inputs und Outputs haben, damit die Anwendung der DEA ein sinnvolles Ergebnis liefert. Es können beispielsweise keine Krankenhäuser mit Universitäten verglichen werden. Daher ist das Ergebnis einer DEA immer die relative Effizienz innerhalb einer Gruppe von Entscheidungseinheiten und kann damit nur als Vergleichsmaßstab dienen. 6 7
Produktivitätsdeterminanten Produktivitätsdeterminanten Matthias Gotsch, Christiane Hipp Produktivitätsdeterminanten im Dienstleistungssektor Einführung werden (Corsten 2001; Lasshof 2006). Dieser Transforma- tionsprozess wird allerdings unterschiedlich erweitert, wobei Wissenschaftler diskutieren seit Jahrzehnten über die Be- die Einteilung in Potenzial-, Prozess- und Ergebnisorientie- deutung und optimale Messung der Produktivität im Dienst- rung sowie in Vor- und Endkombination am gängigsten ist leistungssektor. Viele Fragen, die sich beispielsweise mit der (Gleich et al. 2009; Meffert/Bruhn 2009). vermeintlichen Produktivitätslücke von Dienstleistungen und mit der Nützlichkeit der Produktivitäts-Messinstrumente be- Die Potenzialdimension beschreibt dabei die angebotene schäftigen, konnten bisher allerdings noch nicht eindeutig Leistungsbereitschaft des dienstleistenden Unternehmens. beantwortet werden. Einer der Gründe dafür: Dienstleistun- Um eine Dienstleistung überhaupt vermarkten zu können, gen werden in nahezu allen Bereichen angeboten und gera- muss der Dienstleister Fähigkeiten und Kompetenzen vor- de diese Heterogenität erschwert die Forschung und Theo- halten und Ressourcen sowie die Bereitschaft haben, die rienbildung. Dennoch haben sich eine Vielzahl von Autoren angebotene Dienstleistung zu erfüllen. Die Prozessdimen- Häufig basieren Produktivitätsmessungen in Dienstleis- Dazu gehören alle Faktoren des Kunden, die er für die Er- mit der Definition und Erläuterung von Dienstleistungen sion charakterisiert den Erstellungsprozess der Dienstleis- tungsunternehmen auf Erkenntnissen aus dem Bereich von stellung der Leistung dem Leistungsanbieter vorübergehend auseinandergesetzt. Dabei gehen die meisten empirischen tung. In dieser Phase ist der Anbieter nicht mehr allein an Industrieunternehmen, das heißt die industrielle Vorgehens- zur Verfügung stellt. Insgesamt erschwert der nicht greifbare und theoretischen Arbeiten von einer eher eindimensionalen der Erstellung der Dienstleistung beteiligt, sondern ein so- weise wird auf Dienstleistungen übertragen. Allerdings wird Charakter der Inputfaktoren eine Messung über deren men- Betrachtung der Dienstleistungsproduktivität aus und setzen genannter externer Faktor, z.B. der Kunde, nimmt aktiv am dabei zum einen unterstellt, dass die Input- und Outputfak- genmäßigen Einfluss auf den Gesamtinput. Die in Abbildung einzelne, den Output und Input repräsentierende Faktoren Erstellungsprozess teil. Die Ergebnisdimension fokussiert toren von identischer Qualität und Beschaffenheit sind und 3 illustrierte Produktivitätsformel umfasst folglich als Input- ins Verhältnis zueinander, ohne eine überzeugende und um- auf das Ergebnis der Dienstleistung und beschreibt die vom zum anderen werden bei dieser Überlegung die konstitutiven variablen: fassende Darstellung von Produktivitätsdeterminanten im Nachfrager empfundene nutzenstiftende Wirkung. Merkmale von Dienstleistungen vollständig außer Acht gelas- Dienstleistungssektor präsentieren zu können. sen. Der Transfer auf Dienstleistungsunternehmen ist folglich p die Leistungsbereitschaft des Leistungsanbieters, als problematisch einzustufen, da die Aktivitäten des Nach- p weitere interne Produktionsfaktoren des Anbieters Die sogenannten konstitutiven Merkmale von Dienstleistun- Produktivität von Dienstleistungen fragers während des Leistungserstellungsprozesses produk- (Input intern) sowie gen (Heterogenität und Immaterialität sowie die Notwendig- tivitätsbeeinflussend sein können. p die Produktionsfaktoren des externen Nachfragers keit zur Integration eines externen Faktors) machen deutlich, Um die wirtschaftlichen Aktivitäten eines Unternehmens und Kunden (Input extern). wie umfangreich Dienstleistungen beleuchtet werden müs- erkennbar und unter dem Aspekt der Produktivität bere- Die Besonderheiten von Dienstleistungen machen eine sen und welche Faktoren den effizienten Ressourceneinsatz chenbar zu machen, benötigt man ein brauchbares Instru- Aufspaltung der Produktivitätsberechnung in zwei Teilrech- Ähnliche Schwierigkeiten wie bei der Messung von Input- von Dienstleister und Nachfrager erheblich beeinflussen. In mentarium. Ohne solche Instrumente gehen möglicherweise nungen erforderlich, da erstens die autonome Produktivität faktoren treten bei der Messung von Outputfaktoren auf. diesem Zusammenhang definieren einige Autoren Dienst- Potenziale zur Generierung von Wettbewerbsvorteilen ver- des Leistungsanbieters (Potenzialorientierung) und zweitens Darüber hinaus ist der Output eines Dienstleisters aufgrund leistungen als einen Transformationsprozess, in dem interne loren, denn mit ihnen kann ein besserer und effizienterer die durch den Leistungsnachfrager beeinflusste Produktivi- der stark individualisierten Leistung meist sehr heterogen. und externe Produktionsfaktoren zu einem sogenannten Ge- Umgang mit den vorhandenen Ressourcen erreicht werden tät (Prozessorientierung einschließlich der Integration des In der Literatur werden übereinstimmend die Qualität und samtinput kombiniert und zum fertigen Output umgewandelt (Nachum 1999). externen Faktors) berechnet werden (Corsten 2001; Lass- die Kundenzufriedenheit als Bewertungsgrößen des Outputs hof 2006). Abbildung 3 macht dieses zweistufige Vorgehen vorgeschlagen (Hipp et al. 2011). Dieser Zusammenhang deutlich. Dabei stellt die Erbringung der Leistungsbereitstel- wurde bereits als Produktivitätsparadoxon beschrieben – lung mit dem Ergebnis der Leistungsbereitschaft den ersten eine Steigerung des Output verbunden mit der Reduzierung Leistungs- Leistungs- Leistungs- Input Output Schritt dar. Im zweiten Schritt wird dann mit Unterstützung der Qualität der Leistung hat keine produktivitätssteigernde bereitstellung bereitschaft erbringung und Integration des externen Faktors die eigentliche Dienst- Wirkung für den Dienstleister. Der Output einer Leistung so- leistung erstellt (Leistungserbringung). wie dessen Qualität stehen schließlich in Zusammenhang mit Kundenzufriedenheit, Kundenbindung und wirtschaftlichem Input (intern) Die Produktivität setzt sich folglich aus dem Output im Zäh- Erfolg (Lasshof 2006). ler und den Inputfaktoren im Nenner zusammen (siehe Abbildung 3). Messgrößen der Inputfaktoren können bei- spielsweise die Anzahl der Arbeitsstunden, die Anzahl der Empirische Metastudie und Input (extern) Beschäftigten oder der Zeitaufwand eines Arbeiters pro Produktivitätsmodell Einheit sein (Corsten 2001; Lasshof 2006). Der zusätzliche Input des Leistungsanbieters (Input intern) entsteht erst im Um Empfehlungen für Politik, Wirtschaft und Wissenschaft Leistungserstellungsprozess, während der Interaktion von ableiten zu können, werden durch eine strukturierte Lite- Anbieter und Nachfrager. Wünsche und Erwartungen über raturrecherche zunächst relevante empirische Erhebungen das Leistungsergebnis, die nicht allein durch die Leistungs- identifiziert und Einflussfaktoren auf die Dienstleistungs- Output bereitschaft realisiert werden können, müssen mit zusätz- produktivität abgeleitet. Darauf aufbauend wird das in Ab- Leistungsbereitschaft + Input (intern) + Input (extern) lichen Aktivitäten erfüllt werden. Neben den Inputfaktoren bildung 3 dargestellte Modell genauer spezifiziert, um die des Anbieters beeinflussen die externen Inputfaktoren des vielfältigen, denkbaren Einflussfaktoren und die heterogenen Nachfragers (Input extern) wesentlich den Gesamtinput. Eigenschaften des Dienstleistungssektors möglichst ge- Abbildung 3: Definition Dienstleistungsproduktivität 8 9
Produktivitätsdeterminanten Interview Rubrik nau wiederzugeben. Das generierte Modell ermöglicht es, Zusammenfassend können gut ausgebildete Mitarbeiter die die Wirkungen von unterschiedlichen Maßnahmen auf die Kundenwünsche und Erwartungen besser antizipieren und Dienstleistungsproduktivität zu simulieren. Auf genaue An- bessere Lösungen finden. Des Weiteren scheint es einen gaben zur Durchführung der Studie von Hipp et al. (2011) positiven Zusammenhang zwischen Kundenkontakt und Interview: wird an dieser Stelle verzichtet, vielmehr soll im Folgenden Kundenzufriedenheit zu geben, da Dienstleister durch engen auf für die Praxis unmittelbar relevante Ergebnisse eingegan- gen werden. Kundenkontakt besser auf Wünsche im Vorfeld und im Pro- zess der Leistungserstellung eingehen können. „Dienstleistungen und Eine erste Wirkungskette mit Bezug zur Leistungsbereit- schaft lässt sich für das Humankapital einer Dienstleistungs- Schlussfolgerungen für die Praxis Produktivität im Bereich der unternehmung ableiten. Um Innovationen hervorbringen zu können, benötigt ein Unternehmen gut qualifiziertes Perso- nal. Arbeiten hoch qualifizierte Mitarbeiter an einem Dienst- Die genannten vielfältigen Verbindungen zeigen, dass Pro- duktivität im Dienstleistungssektor nicht einfach und pau- kommerziellen Autovermietung“ leistungsprodukt mit, so können die Aktivitäten innerhalb der schal zu antizipieren ist. Die Produktivität hängt von sehr vie- len verschiedenen Faktoren ab. Eine wesentliche Erkenntnis Gespräch mit Herrn Ortwin Link, Leistungsbereitschaft reduziert werden, da beispielsweise komplizierte Sachverhalte zeitnäher erfasst und Lösungen ist die Notwendigkeit einer differenzierten Betrachtung der Head of Continuous Improvement, Avis Deutschland, schneller gefunden werden können. Neben dem unterneh- Produktivität in Dienstleistungsunternehmen. Eine einfache durch Frau Silvia Gliem (BTU Cottbus). mensinternen Humankapital beeinflussen weitere Inputfak- Übertragung der Produktivitätsmessung aus dem industriel- toren die Produktivität des Dienstleistungsunternehmens. len Bereich sollte nicht vorgenommen werden, da die kons- Insbesondere die Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter, die titutiven Merkmale von Dienstleistungen in der Berechnung wiederum von diversen Faktoren abhängt, hat einen mess- der Produktivität berücksichtigt werden müssen und diese Herr Link, Avis ist ein bekanntes Unternehmen. Trotzdem Wo spielt Dienstleistungsproduktivität bei Avis eine Rolle? baren Einfluss auf die Leistungsbereitschaft. erschweren. Beispielsweise darf bei Dienstleistungsunter- möchte ich Sie bitten das Leistungsangebot von Avis kurz nehmen der Input des externen Nachfragers nicht vernach- darzustellen. Das Bewusstsein des persönlichen Einflusses auf die Qualität Der zusätzliche interne Input des Dienstleisters entsteht, lässigt werden, da der Kunde durch seinen möglichen Input der Dienstleistungen sowie die Verinnerlichung des Konzeptes wenn die Anforderungen des Kunden über das Leistungs- die Leistungserstellung sowohl unterstützen (steigert die Pro- Avis, gegründet 1946 und seit 1965 in Deutschland, zählt zu der kontinuierlichen Verbesserung hat einen wesentlichen angebot des Dienstleisters hinausgehen, was kundenspezifi- duktivität) als auch einen reibungslosen Ablauf behindern den führenden Autovermietern weltweit. Das Unternehmen Einfluss auf den Erfolg jeglicher Maßnahmen zur Steigerung sche Anpassungen nötig macht. Allerdings existieren unter- kann (verringert die Produktivität). Des Weiteren konnte aus ist der einzige Anbieter mit zwei globalen Marken – Avis und der Leistungsfähigkeit. Dies ist nur möglich, wenn alle Fach- schiedliche Ansichten und empirische Ergebnisse bezüglich den Studien eine Vielzahl von Wirkungszusammenhängen Budget – und mit einer Flotte von über 350.000 Fahrzeugen bereiche einbezogen werden – denn letztendlich trägt jeder des Einflusses von kundenspezifischen Anpassungen auf zwischen den Einflussdeterminanten untereinander sowie in 170 Ländern vertreten. Firmensitz von Avis Deutschland einzelne Mitarbeiter seinen Teil zur Wertschöpfungskette bei. die Produktivität. Gründe für einen negativen Zusammen- zwischen diesen und der Produktivität gefunden werden. ist Oberursel/Taunus. Das Netzwerk umfasst rund 330 Sta- Unserem Geschäftsmodell entsprechend haben wir natürlich hang zwischen Kundenanpassungen und Produktivität wer- Die Produktivität hängt folglich nicht von einem einzigen tionen und eine Flotte von durchschnittlich 22.000 Fahrzeu- ein besonderes Augenmerk auf den Lebenszyklus unserer den in dem hohen Aufwand, der für die Zufriedenstellung Input- bzw. Outputfaktor ab, sondern wird durch eine Viel- gen. Fahrzeuge, insbesondere Einkauf, Verwaltung und Verkauf der Kunden notwendig ist, gesehen. Außerdem entstehen zahl unterschiedlicher Faktoren beeinflusst, die wiederum sowie dem gesamten Vermiet- und Rücknahmeprozess. hohe Produktions- und Absatzkosten, die nicht durch eine gegenseitige Wechselwirkungen zeigen. Produktivität ergibt Was versteht Avis unter dem Begriff der Dienstleistungspro- entsprechende Preispolitik kompensiert werden können, sich folglich durch Wirkungskreisläufe, die durch innovative duktivität? Wie wird mit Dienstleistungsproduktivität bei Avis umgegan- weil die Kunden oftmals die zusätzlichen Kosten nicht zu Visualisierungsstrategien verdeutlicht werden müssen, um gen? tragen bereit sind. Eine weitere Determinante, die wesentlich Komplexität und möglicherweise versteckte Dienstleistungs- Der Wettbewerbsdruck in den Dienstleistungsmärkten erfor- das Zusammenspiel der Inputfaktoren beeinflusst, ist die produktivität sichtbar zu machen. dert auch von Avis eine permanente Verbesserung von An- Bereits 2007 hat Ronald L. Nelson, CEO der Avis Budget Mitarbeitermotivation. Die Erhöhung des unternehmensin- gebot und Leistung. Entsprechende Konzepte zur Steigerung Group Inc., die Wichtigkeit der kontinuierlichen Verbesserung ternen Wissens korreliert positiv mit der Motivation der Mit- der Dienstleistungsproduktivität werden ja nicht nur von uns betont und mit dem Performance-Excellence-Programm arbeiter. Die Motivation hat eine ähnliche Wirkung auf die Literatur schon seit vielen Jahren erfolgreich eingesetzt und weiter- (PEx) eine kraftvolle, weltweite Initiative zur Umsetzung ge- Leistungsbereitschaft wie das vorhandene Humankapital. Je Corsten, H. (2001). Dienstleistungsmanagement. München: Oldenbourg. entwickelt. Man bedenke in diesem Zusammenhang nur startet. Das PEx-Programm ist heute elementarer Bestandteil Hipp, C., Gotsch, M., Schwarz, C., Weber, L. (2011). Identification of Determi- höher die Motivation, desto weniger Inputfaktoren scheinen nants and Development of a Model of Productivity in the Services Sector, Pa- den Siegeszug der „Lean“-Konzepte in den 1990er Jahren, der erfolgreichen, kontinuierlichen Verbesserung der Perfor- für die Leistungsbereitschaft erforderlich. per presented at the 21th RESER-Conference, 7-10. Oktober 2011, Hamburg. welche in unterschiedlichen Ausprägungen heute auch in mance von Avis und leistet auch einen wesentlichen Beitrag Gleich, R., Simon, H., Schmidt, T., Schniering, N. (2009). Innovationserfolg in der Serviceindustrie: Dienstleistungen systematisch entwickeln. In R. Gleich vielen Dienstleistungsbetrieben zu finden sind. Diese lassen zum finanziellen Erfolg des Unternehmens. Mit der Übernah- Der qualitative Output eines Dienstleisters wird speziell & P. Russo (Hrg.), Innovationsmanagement und Entrepreneurship: Vol. 3. Per- im Gegensatz zu zeitlich begrenzten Projekten auch Verbes- me der Avis Europe plc. durch die Avis Budget Group Inc. spektiven des Innovationsmanagements 2008. Berlin: LIT-Verlag. durch den Kunden beurteilt. Die Determinanten Kundenzu- serungen auf kontinuierlicher Basis zu und stellen durch die dieses Jahr werden auch in Deutschland die bestehenden Lasshof, B. (2006). Produktivität von Dienstleistungen: Mitwirkung und Einfluss friedenheit, kundenbewertete Qualität sowie Kundenloyalität des Kunden. Wiesbaden: Deutscher Universitäts-Verlag. Einbeziehung der Mitarbeiter die nötige Beständigkeit von Continuous-Improvement-Projekte mit dem PEx-Programm sind dabei Einflussgrößen und Determinanten der Qualität Meffert, H., Bruhn, M. (2009). Dienstleistungsmarketing: Grundlagen - Konzep- Veränderungen sicher. Für uns als Dienstleistungsanbie- vereint. Dies ermöglicht einen globalen Austausch von Er- te – Methoden. Wiesbaden: Gabler Verlag. des Outputs. Die Erstellung der Dienstleistung sowie deren Nachum, L. (1999). Measurement of productivity of professional services: An ter zählen in diesem Zusammenhang natürlich nicht aus- fahrungen und erfolgreichen Prozessen auf allen Ebenen Ergebnis wirken zeitnah beim Kunden und sind wesentlich illustration on Swedish management consulting firms. International Journal of schliesslich die Kennzahlen der Produktivität – also die Be- unseres Unternehmens. Operations & Production Management, 19(9), 922–949. für die Befriedigung der Kundenwünsche verantwortlich. wertung unserer Leistungsfähigkeit unter Berücksichtigung Je besser die Vorstellungen und Wünsche des Nachfragers des Aufwandes – , sondern insbesondere auch der Fokus Ergreift Avis konkrete Maßnahmen, um die Produktivität zu erfüllt sind, desto zufriedener erscheint der Kunde. Durch auf die Servicequalität. Nicht ohne Grund kann Avis hier zahl- steigern? die Steigerung der Produkt- und Leistungsqualität sind die reiche Auszeichnungen vorweisen, die das hohe Serviceni- Kunden unter Umständen bereit, mehr für ein Produkt zu veau dokumentieren. Im Rahmen des PEx-Programms sowie der laufenden Initia- zahlen bzw. eine höhere Anzahl des Produktes bei kons- tiven und Projekte gibt es eine Vielzahl von Maßnahmen, die tantem Preis zu kaufen. Manche Studien weisen zudem auf zur Steigerung der Dienstleistungsproduktivität beitragen und einen positiven Zusammenhang zwischen dem vorhande- dabei helfen unser Angebot noch effizienter unseren Kunden nen Humankapital und der kundenbewerteten Qualität hin. zur Verfügung zu stellen. 10 11
Interview Produktivitätsmessung Rubrik Ein Beispiel dafür wäre das Vermietkiosk, welches Sie auf dem Inwiefern stellt der Vermietkiosk eine Maßnahme zur Steige- Flughafen in Frankfurt aufgestellt haben. Dieser ermöglicht es rung der Produktivität dar? dem Kunden ohne Besuch eines Schalters einen PKW anzu- mieten, loszufahren und auf die gleiche Weise wieder zurück Der Kiosk erlaubt Öffnungszeiten rund um die Uhr, auch an zu geben. Welche Beweggründe und Motive standen hinter weniger frequentierten Standorten und ist somit eine sinn- dieser Entwicklung? volle Ergänzung zu unserem bestehenden Stationsnetz. Zu- dem hat es außerordentliche prozessuale Vorteile, wenn sich Ein wichtiger Teil unseres Erfolges basiert darauf, dass wir der Fahrzeugschlüssel in der Nähe des Wagens befindet und unseren Kunden im Rahmen der fortschreitenden Technik nicht von unseren Mitarbeitern zwischen Fahrzeug und Stati- immer auch neue Möglichkeiten anbieten, unsere Mobilitäts- on hin- und hergetragen werden muss. Natürlich steigert der Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen. Die ersten Kiosk- Kiosk auch die Produktivität unserer Geschäftskunden, denn Systeme haben wir in Deutschland schon 1997 installiert. zukünftig können sie vom Flugzeug direkt in das Parkhaus Mittlerweile haben sich automatengestützte Angebote in vie- gehen um ihr Mietfahrzeug entgegenzunehmen. len Bereichen der Dienstleistung durchgesetzt – schon allein wegen der allgegenwärtigen Verfügbarkeit und Standortun- Können Sie daraus einen Trend oder eine Aufgabe für die abhängigkeit. Heute haben wir Kiosk-Systeme in fast allen kommenden Jahre ableiten? wichtigen Märkten der Welt und bieten unseren Kunden da- mit zusätzliche Vorteile während des gesamten Anmiet- und Die stetig voranschreitende Automatisierung ist kein Trend Rückgabeprozesses. der sich auf die Autovermieter reduziert, sondern findet in vielen Bereichen Anwendung. Dadurch wächst das Vertrau- en der Konsumenten in die Technik und damit automatisch auch das Interesse an neuen Konzepten. Der Dienstlei- stungsbereich unterscheidet sich von den übrigen industri- Matthias Gotsch, Christoph Zanker Ein innovationsorientiertes ellen Branchen insbesondere dahingehend, dass Ideen wie ein Vermietkiosk auch einen expliziten Vorteil für den Kunden bringen müssen. Die Airline-Industrie zeigt mit den Check-In Kiosks und automatisierten Boarding-Prozessen relativ gut auf, wie man das traditionelle Angebot um neue Technologien ergänzen und gleichermaßen für Airline und Kunden Vorteile Messkonzept für wissensintensive schaffen kann. Mit Bezug auf die Avis Autovermietung werden unsere Prozesse und Systeme auch weiterhin regelmäßig mit Dienstleistungen Initiativen zur kontinuierlichen Verbesserung an die aktuellen Bedürfnisse angepasst, aber auch unser Dienstleistungsan- gebot wird stets entsprechend der technischen Möglichkeiten Einführung ein Gradmesser für die Einbeziehung des externen Faktors, verändert werden, um mit neuen Konzepten Mehrwert für die sprich des Kunden. Organisation und unsere Kunden zu generieren. Um Erkenntnisse darüber zu gewinnen, wie sich im Bereich Während sich standardisierte Dienstleistungen durch eine wissensintensiver Dienstleistungen Produktivität und Inno- verhältnismäßig geringe Komplexität und Interaktivität defi- vativität messen und erfassen lassen, müssen zunächst die nieren lassen, gibt es andere Dienstleistungen mit größerem Herr Link, vielen Dank für das Gespräch. hierfür relevanten Kriterien bestimmt werden. Hierauf auf- modularem Charakter, die durch eine hohe Komplexität bei bauend können Methoden zur Produktivitätsmessung und gleichzeitig nur sporadischer Kundeninteraktion geprägt sind. -steuerung für den Bereich der wissensintensiven Dienstlei- In diesen Fällen spricht man von modularen Dienstleistun- stungen entwickelt und in der Praxis erprobt werden. Dabei gen. Das Gegenteil dazu sind die sogenannten interaktiven muss die Wechselwirkung zwischen der Innovativität von Dienstleistungen, die durch eine hohe Interaktivität bei einer Dienstleistungen und der Produktivität ihrer Erbringung in relativ geringen Leistungskomplexität gekennzeichnet sind. diesem zukunftsträchtigen Dienstleistungsfeld thematisiert Das für das durchzuführende Projekt in erster Linie interes- werden. Da wissensintensive Dienstleistungen sowohl von sierende Segment – die wissensintensiven Dienstleistungen Unternehmen des Dienstleistungssektors, als auch von pro- – verfügen, bedingt durch die wissensintensiven Leistungen duzierenden Unternehmen erbracht werden, liegt der Fokus sowohl über einen hohen Komplexitätsgrad, als auch über der Entwicklungsarbeiten folglich quer zu den Branchenab- eine relativ hohe Interaktionshäufigkeit mit einem externen grenzungen der amtlichen Statistik. Faktor (Meffert/Bruhn 2009). Die Produktivität von wissensintensiven Dienstleistungen Wissensintensive Dienstleistungen lassen sich anhand ver- lässt sich aus mehreren Gründen nur schwer erfassen und schiedenster Ansätze abgrenzen. Neben der systematischen messen. Eine korrekte Messung ist aber Grundlage, um Klassifikation in Branchen existieren auch andere Unter- spätere Produktivitätssteigerungen überhaupt ermöglichen scheidungsansätze, die alternative Kriterien zur geeigneten zu können. Die Gründe der schwierigen Messbarkeit liegen Einteilung des heterogenen Dienstleistungssektors verwen- in den konstitutiven Merkmalen von Dienstleistungen (Ver- den. Ein vergleichsweise praxisbezogener Versuch ist in Ab- gänglichkeit, Immaterialität, Heterogenität, Untrennbarkeit) bildung 4 dargestellt. Die Abbildung zeigt eine mögliche Auf- und der Dienstleistungserstellung und haben verschiedene teilung hinsichtlich der Kategorien „Komplexitätsgrad“ und Auswirkungen auf die Produktivitätswerte mit traditionellen „Interaktionsgrad“ der Dienstleistungen. Letzterer ist dabei Produktivitätsmesskonzepten (Corsten 2001, Lasshof 2006): 12 13
Produktivitätsmessung Produktivitätsmessung Rubrik Zur strukturierten Zielerreichung sind die folgenden inhaltli- deren Produktivität sich anhand der eingesetzten Ingenieu- chen Arbeitspakete vorgesehen: re und des benötigten Zeitaufwands für die Entwicklung der gewünschten Produkte nur schwer bestimmen lässt. Anhand p Analyse der Bestandteile der Produktivität wissensinten- einer dokumentierten und möglichst genauen Darstellung der siver Dienstleistungen Wertschöpfungsabläufe lassen sich die Schlüsselfaktoren der p Entwicklung eines Gesamtkonzepts zur Messung der Produktivitätsermittlung bestimmen und derart besser hand- Produktivität wissensintensiver Dienstleistungen haben. Die hieraus zu gewinnenden Erkenntnisse können p Implementierung und Erprobung des neu entwickelten dann bereits bei der Kalkulation von Angeboten für Entwick- Gesamtkonzepts sowie Transfer der Ergebnisse lungsdienstleistungen berücksichtigt werden und so helfen, die Organisation und das Management des Dienstleisters zu stärken. Dienstleistungsmodellierung Um die entscheidenden Einflussfaktoren auf die Produk- Praxisrelevante Ergebnisse tivität von wissensintensiven Dienstleistungen bestimmen zu können, werden in einem ersten Schritt die eigentlichen Die im Projekt erreichten Ergebnisse werden genutzt, um die p Auf der Inputseite der Produktivitätsformel wird das ungeeigneter Messverfahren geschuldet ist, bleibt zu disku- Dienstleistungsvorgänge mit Hilfe von Modellierungsansätzen Planung und Steuerung von wissensintensiven Dienstleis- Bestreben einer gemeinsamen Erbringung von Dienst- tieren. Optimierte Produktivitätsmesskonzepte speziell für möglichst detailgenau wiedergegeben. Hierzu eignen sich tungen besser als bislang zwischen einer anzustrebenden leistungen durch Anbieter und Kunden nicht mit in den innovationsorientierte und wissensintensive Dienstleistungen verschiedene theoretische Ansätze, die im Rahmen des Pro- Steigerung der Produktivität und der notwendigen Inno- Berechnungen berücksichtigt. versprechen, hier Abhilfe schaffen zu können. jektes auf ihre Anwendbarkeit und Aussagekraft getestet wer- vativität ausbalancieren zu können. Durch die Darstellung den. Anhand mehrerer konkreter Praxisfälle wird eine umset- der einzelnen Dienstleistungsprozesse und einem darauf p Bei traditionellen Messkonzepten wird zudem vernach- zungsrelevante und praxisnahe Ausgestaltung gewährleistet. aufbauenden systemdynamischen Modell zur verbesserten lässigt, dass auf der Outputseite der Produktivitätsformel Produktivitätsmesskonzepte Das Teilvorhaben „Produktivitätsmesskonzept eines Messe- Messung der Produktivität von innovationsorientierten und beständig Kapazitäten zur Dienstleistungserbringung vor- veranstalters“ fokussiert in diesem Rahmen die dargestellte wissensintensiven Dienstleistungen kann letztendlich so der handen sein müssen, die erst wenn der Kunde danach Ziel des Verbundprojektes INPROWID3 ist es daher, für wis- übergeordnete Zielsetzung auf die betrieblichen Rahmenbe- Versuch gelingen, die Produktivitätsmessung in eine zu ent- fragt, eine Aktivierung erfahren. Darüber hinaus ist die sensintensive Dienstleistungen zu untersuchen, anhand dingungen eines mittelständischen Unternehmens, das Kon- wickelnde Balanced Scorecard zu integrieren und derart das Servicequalität nicht in der Kalkulation enthalten. welcher Kriterien sich Produktivität darstellen kann und gresse und Messen konzipiert, organisiert und nachbereitet. Management wissensintensiver Dienstleister entscheidend entsprechende Methoden zur Produktivitätsmessung unter Durch die Implementierung und Erprobung des innovativen zu unterstützen. Diese Auswirkungen der Dienstleistungsmerkmale verur- Beachtung der Wechselwirkung zwischen der Innovativität Produktivitätsmesskonzeptes in diesem Umfeld wird ein Re- sachen die Benachteiligung von wissensintensiven Dienst- wissensintensiver Dienstleistungen und der Produktivität ihrer ferenzbeispiel für die Praktikabilität und den Konzeptnutzen leistungen sowie die eingeschränkte Vergleichbarkeit der Erbringung zu entwickeln. Literatur geschaffen. Produktivitätswerte zwischen dem Verarbeitenden Gewerbe Die Umsetzung der angezielten Ergebnisse dient hierbei zwei Baumgärtner, M., Bienzeisler, B. (2006). Dienstleistungsproduktivität. Kon- zeptionelle Grundlagen am Beispiel interaktiver Dienstleistungen. Stuttgart: und den Dienstleistungserstellern. Abbildung 5 verdeutlicht Hauptmotiven. Zum einen soll eine ganzheitliche Berech- Fraunhofer IRB. Im Teilvorhaben „Produktivitätsmesskonzept eines Ent- die geschilderte Problematik. Je höher die R&D-Quote und nungsmethode zur Messung der Produktivität von wissensin- Corsten, H. (2001). Dienstleistungsmanagement. München: Oldenbourg. wicklungsdienstleisters“ dagegen liegt der Schwerpunkt Lasshof, B. (2006). Produktivität von Dienstleistungen: Mitwirkung und Einfluss damit der Anteil an Investitionen in Forschung und Entwick- tensiven Dienstleistungen entwickelt sowie als internetbasier- des Kunden. Wiesbaden: Deutscher Universitäts-Verlag. auf typischen Fragestellungen eines F&E-Dienstleisters, der lung gemessen am Gesamtumsatz des Unternehmens, desto tes Benchmarking-Tool zur Selbstbewertung der Produktivität Meffert, H., Bruhn, M. (2009). Dienstleistungsmarketing: Grundlagen – Konzepte sich komplexen und vielfältigen Projekten gegenüber sieht, – Methoden. Wiesbaden: Gabler Verlag. niedriger ist in diesem Fall die durchschnittliche Totale Faktor- für Unternehmen zur Verfügung gestellt werden. Zum ande- produktivität der befragten Unternehmen. Wissensintensive ren werden Empfehlungen zur Verbesserung und Ergänzung und insbesondere forschungslastige Branchen scheinen also der amtlichen Statistik in Form von Indikatoren beziehungs- 1,85 vordergründig tendenziell weniger produktiv zu sein. Ob dies weise Kenngrößen zur Berechnung der Dienstleistungspro- so stimmt oder ob dies zu einem großen Teil der Verwendung duktivität entwickelt. 1,80 1,81 1,79 1,75 1,77 Interaktive Dienstleistungen Wissensintensive Dienstleistungen hoch Interaktionsgrad z.B. personenbezogene Dienstleistungen, z.B. Ingenieurdienstleistungen, Callcenter, Schalterdienste Beratungsdienstleistungen 1,70 Standardisierte Dienstleistungen Modulare Dienstleistungen niedrig 1,65 z.B. Reinigungsdienstleistungen, z.B. Programmierungsdienstleistungen, 1,65 Sicherheitsdienste Wartungsleistungen 1,60 niedrig hoch 1,55 Komplexitätsgrad R&D-Quote R&D-Quote R&D-Quote R&D-Quote 0%–2% >2% – 5% >5% – 8% >8% Abbildung 4: Segmentierung von Dienstleistungen zur Messung der Dienstleistungsproduktivität Abbildung 5: Zusammenhang von R&D-Quote und der totalen Faktorproduktivität (Quelle: Baumgärtner/Bienzeisler 2006) (Quelle: Erhebung Modernisierung der Produktion, Fraunhofer ISI) 3 Das Projekt „Entwicklung und Erprobung eines innovationsorientierten Produktivitätsmesskonzepts für wissensintensive Dienstleistungen“ (INPROWID) wird im Rahmen des Förderschwerpunkts „Produktivität von Dienstleistungen“ im Förderprogramm „Innovationen mit Dienstleistungen“ vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert und vom Projektträger im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (PT-DLR) betreut. 14 15
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