Prof. Dr. Sami Interview: www.vbw-bayern.de Schutzgebühr 6,- Euro - Munich School of Robotics and ...

Die Seite wird erstellt Valentin Decker
 
WEITER LESEN
Prof. Dr. Sami Interview: www.vbw-bayern.de Schutzgebühr 6,- Euro - Munich School of Robotics and ...
www.vbw-bayern.de
                 Schutzgebühr 6,– Euro

                    04
Interview:
Prof. Dr. Sami
Haddadin            2020         1
Prof. Dr. Sami Interview: www.vbw-bayern.de Schutzgebühr 6,- Euro - Munich School of Robotics and ...
Buch
                                   Verlag

                             Farbe
     Herausgeber                   Magazine Lektor
Urheberrecht
                            Druck    Cellophanierung                                                 Autor
                       Akquise
       Schriftmuster
Tageszeitung                                                                         Hardcover Papier
           Klammerheftung
                    Bildband
                                   Fotos                                             Workflow

                                                                                      Nr. 2 | 2019

                                                  MAGAZIN FÜR GESUNDHEIT UND LEBEN

                                                             Landkreis Passau
                                                         Gesundheitseinrichtungen

                                     Tiefer geblickt.
                                     Neues aus den Landkreiskliniken

    PNP Sales GmbH
Medienstraße 5      94036 Passau
Tel. 0851/802-594    www.pnp.de
Prof. Dr. Sami Interview: www.vbw-bayern.de Schutzgebühr 6,- Euro - Munich School of Robotics and ...
EDITORIAL

niemand kann mit Sicherheit sagen, in welcher Pha-
se der Corona-Krise wir uns derzeit befinden – zu
unterschiedlich sind die weltweiten Entwicklungen.
Einerseits erleben wir, wie Corona dort wütet, wo
man dem Virus (politisch) zu wenig entgegenzuset-
zen vermag. Andererseits steigen die Infektionszah-
len auch in einigen Ländern und Regionen wieder
an, die bisher als vorbildlich bei der Bekämpfung
von Corona galten.
Wir wissen nicht, ob es sich um eine zweite Welle
handelt, oder um Mutationen, also ein Virus mit
neuen Eigenschaften. Wir hoffen auf einen Impfstoff
und hochwirksame Medikamente – doch es gibt kei-
ne Gewissheit, wann es diese jemals geben wird.
Gleichwohl: Wir können und wir werden nicht ein-
fach nur abwarten, was passiert. Das Leben muss
weitergehen, vorerst dann eben mit Corona.
Und wir haben aus dem, was geschehen ist, ja auch
gelernt. Einerseits ist eiserne Disziplin nötig – an
Abstand, Hygiene und Masken führt vorerst kein
vernünftiger Weg vorbei. Andererseits müssen wir
so ziemlich alles dafür tun, dass nicht nochmals das
ganze Land stillgelegt wird. Wir müssen lernen,
­lokal und regional auf Corona zu reagieren.
 Und wir dürfen nicht vergessen, dass es viele weite-
 re Themen gibt. Wir müssen weiter an der Zukunft
 bauen. Beeindruckend finde ich in diesem Zusam-
 menhang unser Titelinterview mit Prof. Dr. Sami
 Haddadin – einer der ganz Großen, wenn es um die
 Verbindung von Künstlicher Intelligenz und Robotik
 geht. Dass ein Talent wie er in Bayern forscht und
 lehrt und nicht in den USA oder China, darf nicht
 die Ausnahme sein – es muss zur Regel werden.

Ich grüße Sie herzlich,

BERTRAM BROSSARDT, Herausgeber
Prof. Dr. Sami Interview: www.vbw-bayern.de Schutzgebühr 6,- Euro - Munich School of Robotics and ...
INHALT

6PORTRÄT
                                                                         14
                                                                         INTERVIEW
                                                                                                                20
                                                                                                                POLITIK

 Stil an Deck                                                            Potenzial in Robotik                   Im Spiegel der
 Eine kleine Bootswerft am Starnber-                                     In Sachen Künstliche Intelligenz hat   Krise
 ger See baut und renoviert edle                                         das Rennen erst begonnen – und
                                                                                                                Die Corona-Krise wird die
 Elektroboote aus Holz.                                                  Bayern sei ganz vorne dabei, sagt
                                                                                                                Arbeitswelt mittelfristig
                                                                         Professor Dr. Sami Haddadin von der
                                                                                                                verändern, weil sie Entwick-
                                                                         TU München. Er muss es wissen: Er
                                                                                                                lungen, die sich bereits
                                                                         ist Lehrstuhlinhaber für Robotik und
                                                                                                                abzeichneten, beschleunigt.
                                                                         Systemintelligenz.
                             Foto: Chris Rebok Chris Rebok Photography
Prof. Dr. Sami Interview: www.vbw-bayern.de Schutzgebühr 6,- Euro - Munich School of Robotics and ...
INHALT

                                            STANDPUNKT                      11   LIFESTYLE                           36
                                                                                                                                       IMPRESSUM
                                            MACH(T)RAUM                     12   EINE FRAGE NOCH ...                 38
                                                                                                                                vbw Unternehmermagazin 04/2020
                                                                                                                                        HERAUSGEBER
                                                                                                                                     vbw – Vereinigung der
                                                                                                                                  Bayerischen Wirtschaft e. V.
                                                                                                                                VR 15888 Amtsgericht München
                                                                                                                             Hauptgeschäftsführer: Bertram Brossardt

                                            24                                   28
                                                                                                                               Max-Joseph-Str. 5, 80333 München
                                                                                                                           Büro des Herausgebers: Andreas Ebersperger
                                                                                                                           E-Mail: unternehmermagazin@vbw-bayern.de
                                                                                                                                      HERAUSGEBERBEIRAT
                                                                                                                                        Bertram Brossardt
                                                                                                                                          Thomas Perzl
                                                                                                                                          Klaus Lindner
                                             GESELLSCHAFT                         LANDWIRTSCHAFT                                         Thomas Schmid
                                                                                                                                       Anna Engel-Köhler
                                                                                                                                          Holger Busch
                                                                                                                                        Dr. Peter J. Thelen
                                                                                                                                           Walter Vogg

                                             Praktische Hilfe für                 Bayern dominiert                                 GESAMTKOORDINATION
                                                                                                                                         Dr. Peter J. Thelen

                                             Senioren im Alltag                   den Hopfenmarkt                                       Tel.: 089-551 78-333,
                                                                                                                                E-Mail: peter.thelen@vbw-bayern.de

                                             Die Gesellschaft zur Förderung       Die Bauern in der Hallertau                          CHEFREDAKTEUR
                                                                                                                                    Alexander Kain (V.i.S.d.P.)
                                             beruflicher und sozialer Integra-    liefern den wichtigen Bestand-                   REDAKTION: Sandra Hatz
                                                                                                                                   AUTOREN: Alexander Kain,
                                             tion (gfi) hat proSenio gegrün-      teil für Biere weltweit. Aber in           Sandra Hatz, Lutz Hädrich, Ulrich Meyer,
                                                                                                                                   Christiane Habrich-Böcker
                                             det und schließt eine Lücke.         Zeiten von Corona müssen sie
                                                                                                                            GRAFIK: Johanna Geier, Silvia Niedermeier
                                                                                  erfinderisch sein.
                                                                                                                                  KORRESPONDENTENBÜROS
                                                                                                                             D – 10117 Berlin, Charlottenstraße 35/36,
                                                                                                                                         Dr. Peter J. Thelen
                                                                                                                           B – 1000 Brüssel, Rue Marie de Bourgogne 58,
                                                                                                                                        Volker Pitts-Thurm
                                                                                                                          USA – 10020 New York, Suite 720, 10 Rockefeller
                                                                                                                                  Plaza, Dagmar A. Cassan MBA
                                                                                                                                            VERLAG
                                                                                                                           vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft
                                                                                                                                     Projektgesellschaft mbH
                                                                                                                                HRB 106556 Amtsgericht München
                                                                                                                                 Geschäftsführer: Klaus Kornitzer
                                                                                                                                   KOOPERATIONSPARTNER ·
                                                                                                                             GESAMTABWICKLUNG · ANZEIGEN
                                                                                                                                  Reiner Fürst, PNP Sales GmbH
                                                                                                                                   Medienstraße 5, 94036 Passau
                                                                                                                              Tel.: 0851-802-237, Fax: 0851-802-772
                                                                                                                           Anzeigentechnik E-Mail: josef.feucht@vgp.de
                                                                                                                                 TITELFOTO: Astrid Schmidhuber
                                                                                                                                            DRUCK
                                                                                                                             PASSAVIA Druckservice GmbH & Co. KG
                                                                                                                                       Medienstraße 5b
                                                                                                                                         94036 Passau
Foto: Ermolaev Alexandr - stock.adobe.com

                                                                                                                                     Tel.: 0851-966 180-0
                                                                                                                             Das vbw Unternehmermagazin erscheint
                                                                                                                             sechsmal im Jahr mit einer Auflage von
                                                                                                                                      72.000 Exemplaren.
                                                                                                                                         ISSN 1866-4989
                                                                                                                              Nachdruck oder Vervielfältigung, auch
                                                                                                                             auszugsweise, nur mit Genehmigung des
                                                                                                                           Herausgebers. Für die Zusendung unverlangter
                                                                                                                            Manuskripte oder Bilder wird keine Gewähr
                                                                                                                                          übernommen.
                                                                                                                                       www.vbw-bayern.de
Prof. Dr. Sami Interview: www.vbw-bayern.de Schutzgebühr 6,- Euro - Munich School of Robotics and ...
PORTRÄT

                                         Fotos: Hans-Peter Höck

          Die Werft Simmerding nahe
           Starnberg versteht sich auf
           den Bau und die Sanierung
          edler Elektroboote aus Holz.

6
Prof. Dr. Sami Interview: www.vbw-bayern.de Schutzgebühr 6,- Euro - Munich School of Robotics and ...
PORTRÄT

                                                                                                         FREIZEIT

                                             Lautlos,
                                          schick und
           immer flotter
Seit Jahren wächst der Trend zu Elektrobooten aus Holz – Die Werft
­Simmerding nahe Starnberg produziert ein bis zwei neue Meisterstücke
 im Jahr und saniert daneben vor allem Oldtimer

Sie heißen „Trainer“, „Ludwig“, „Del-    Jahrhunderts fast verdrängt hatte, das     mehr Reichweite. Immer flotter
phin“ oder „Seepferdchen“ und jedes      aber seit Jahren zunehmend Nachfra-        ­gleiten die edlen Fahrzeuge nahezu
Modell ist offen für Extras – Elektro-   ge erfährt.                                 lautlos über das Wasser. Andere wie-
boote der Bootswerft Simmerding in       Die Kunden von Inhaber Ernst              derum setzen verstärkt auf Entschleu-
Leoni am Starnberger See. Fünf Mit-      ­Simmerding schätzen edles Ambiente       nigung, weshalb Simmerding eine
arbeiter widmen sich mit Liebe und        luxuriös ausgestatteter Holzboote.       ­gestiegene Nachfrage nach Ruderboo-
Ausdauer einem alten Handwerk, das        Dazu kommt: Die Industrie entwi-          ten bemerkt. Interessenten brauchen
die billigere Plastikindustrie in den     ckelte in jüngster Zeit Elektromotoren    allerdings Geduld. Ein Boot lässt sich
Wirtschaftswunderjahren des letzten       mit mehr Leistung und Akkus mit           nicht just in time produzieren. Zudem

                                                                                                                             7
Prof. Dr. Sami Interview: www.vbw-bayern.de Schutzgebühr 6,- Euro - Munich School of Robotics and ...
PORTRÄT

            Bootsbauer und Schreiner           Ernst Simmerding führt die Geschäfte
          zimmern mehrere Wochen bis           in dritter Generation. Die Bootswerft
          Monate am Rumpf eines neuen            Simmerding wurde 1920 von Fritz
           Holzbootes. Die Mitarbeiter      Simmerding in Starnberg gegründet. Nach
           gehen nach Modell vor, nach       einem Brand kam der Bootsbau fast zum
           Plan, und nutzen Schablonen,       Erliegen. Erst in den 1950er Jahren gab
          wie sie in der Werkstatt an den    es einen Boom für Elektroboote. Später
          Wänden pinnen. Die Zeichnung      mussten sie aus Plastik sein. In den letzten
          gibt vor, wie die Rippen aufge-   Jahren gibt es wieder mehr Menschen, die
               stellt werden müssen.        Geld in ein edles Elektroboot investieren.

                                                                                           Foto: Peter von Felberg

8
Prof. Dr. Sami Interview: www.vbw-bayern.de Schutzgebühr 6,- Euro - Munich School of Robotics and ...
PORTRÄT

sind die Kapazitäten der kleinen          Um die 40 Schraubzwingen halten
Werft am eng belegten Seeufer be-         sie fest. Leiste für Leiste wird so ge-
grenzt. Ein halbes bis ein dreiviertel    bogen. Zeit muss sein. Bis der Leim
Jahr dauert es, bis das bestellte Uni-    hält, kümmern sich Mitarbeiter um
kat, das meist nach speziellen Wün-       zwei zu restaurierende Boote in
schen gefertigt wird, dem Auftrag­        Werkstätten nebenan. Wenn die
geber übergeben werden kann.              Oberflächen schließlich geschliffen
Das Team in der Werft besteht aus         und lackiert sind, kann der Rumpf
ausgebildeten Bootsbauern oder            aus seiner Schablone gehoben und
Schreinern. Insgesamt 30 mittel-          umgedreht werden. Dazu braucht
ständische Unternehmen umfasst            Simmerding einen Kran und einen
die Branche in Bayern insgesamt.          Gabelstapler. Der Rumpf bean-
Die Werften, die meist rund um die        sprucht etwa ein Drittel der Bauzeit,
bayerischen Seen angesiedelt sind,        zwei Drittel der Innenausbau.
bauen nicht nur neue Boote,               Bei Deck, Polster, Griffen, Armatu-       Mit großem Aufwand sanieren
­sondern verstehen sich nach Dar-         ren oder Lenkrad versteht sich die        Spezialisten historische Schät-
 stellung ihrer Innung meist auch auf     kleine Werkstatt auf Sonderwün-            ze. Die kleine Werft versteht
 die Restaurierung von Oldtimern,         sche. Immer wichtiger sei für die           sich besonders auf Details.
                                                                                      Die Schreinermeisterin fügt
 die immer wieder Liebhaber finden,       Kunden das Sonnendeck. Die meis-
                                                                                       für das Deck eines neuen
 die bereit sind, viel Geld in die        ten Kunden legen Wert auf eine               Boots Ahornadern in das
 ­Sanierung historischer Prachtstücke     möglichst große Liegefläche. „Mit                    Mahagoni.
  zu investieren. So auch bei             dem Boot wollen sie vor allem auch
  ­Simmerding, der jedes Jahr zwei bis    vom Ufer weg und draußen auf dem
   drei alte Boote restauriert.           See baden“, hat Simmerding festge-
   Holzleisten aus Mahagoni, Zeder        stellt.
   oder Lärche lehnen im Lager an der      Gegründet hat die Werft der Groß-
   Wand. Ein Händler in München lie-      vater. 1920 baute Fritz Simmerding
   fert das Rohmaterial in der bestell-   den Betrieb in Starnberg an der See-
   ten Stärke. Für einen Neubau benö-     promenade auf. – Ein goldenes Zeit-
   tigt Simmerding etwa ein Viertel       alter für die Firma mit rund 75 An-
   Kubikmeter Holz. Die Mitarbeiter       gestellten, die Holzyachten und

     ES KOMMT AUF JEDEN MILLIMETER AN

nutzen Zeichnungen, Schablonen            Motorboote bauten und auch eine
und Modelle. Diese pinnen an den          private Linienschifffahrt betrieben.
Wänden der Werkstatt. Die Zeich-          Nach einem Brand 1928 siedelte
nung gibt vor, wie die Rippen aufge-      Simmerding ins bisherige Winterla-
stellt werden müssen. Auf jeden           ger nach Leoni am Ostufer des
Millimeter kommt es an, schließlich       Starnberger Sees um und der Boots-
müssen beide Seiten des Rumpfes           bau kam nahezu zum Erliegen. Erst
­exakt gleich sein.                       nach dem Krieg machte sich die
 Die Handwerker biegen die Leisten        Werft mit dem Bau und Ausbau von
 aus Mahagoni, Zeder oder Lärche          E-Bootschalen in Mahagoni einen
 entlang des aufgestellten Skeletts im    Namen. In den 50er Jahren schließ-
 kalten Zustand – jeden Tag drei je       lich galt eine Ausfahrt im Elektro-
 Seite. Dazu dürfen die Hölzer nicht      boot als schick. Und bis in die 60er
 mehr als drei Millimeter stark sein.     Jahre baute die Werft viele Holz­

                                                                                                                      9
Prof. Dr. Sami Interview: www.vbw-bayern.de Schutzgebühr 6,- Euro - Munich School of Robotics and ...
PORTRÄT

                                     boote. Dann kamen Boote aus Kunststoff in              Ein neues Boot kostet – je nach Ausstattung zwi-
                                     Mode. Sie galten als unverwüstlich und sie waren       schen 80.000 und 300.000 Euro. Einer der größ-
          PHILOSOPHIE                billiger als die handgearbeiteten Meisterwerke.        ten Kostenfaktoren ist mittlerweile die Batterie.
         „Wahre Leidenschaft         Die Simmerding-Werft kombinierte beides und            Eins der bekanntesten und auch noch öffentlich
 braucht kein Hochglanzam-           entwickelte Boote mit Rumpf aus glasfaserver-          zugängigen Boote aus der Werft in Leoni bringt
    biente, so ist auch unsere       stärktem Kunststoff, Mahagoni-Deck und                 Ausflügler zur Roseninsel im Starnberger See, eine
    Werft keine auf Show ge-
                                     ­-Innenausbau.                                         Fahrt, die schon König Ludwig II. liebte. Das ältes-
 trimmte Vorzeigeproduktion,
sondern ein Kleinod kreativer         Manchmal baut oder restauriert Simmerding auch        te Boot, das Simmerding restauriert hat, war mehr
 Bootsbaukunst.Wo gehobelt            Segelboote – vorwiegend Schärenkreuzer aus            als hundert Jahre alt – erbaut 1896. Der Werftbe-
  wird, da fallen Späne, heißt        Schweden. In erster Linie aber hat sich               sitzer hat es in Schweden gekauft, ist damit Regat-
     es ­– und bei uns bleiben        ­Simmerding zu einem Spezialisten für historische     ten für Oldtimer gefahren, fand einen Liebhaber
  sie auch mal liegen, bis die
                                       Boote, die mit modernen Elektromotoren mit ei-       und trennte sich dann aber von ihm, weil eine er-
    Arbeit getan ist. Authenti-
     zität ist uns wichtiger als       ner Leistung von bis zu 50 Kilowatt ausgestattet     neute Sanierung einfach nicht mehr rentabel war.
      vorder­gründiger Pomp.“          werden und mit bis zu 40 Stundenkilometern über      So ein Gefährt zu verschrotten – das brachte
                                       den See fahren, entwickelt. Lithium-Ionen-Batteri-   ­Simmerding auch nicht übers Herz. „Das tut man
                                       en ermöglichen eine ordentliche Reichweite.           nicht. So ein Boot hat ja auch eine Geschichte.“  

                                   Unter anderem
                                    verstehen sich
                                     die Fachleute
                                      ­in Leoni auf
                                   Schärenkreuzer.

                                                                                                                             Großen Wert legen
                                                                                                                           Kunden auf das Cockpit
                                                                                                                           und die Liegefläche der
                                                                                                                               Elektroboote.

10
STANDPUNKT

„Die Tentakel des Staates lösen“
FDP-Vorsitzender CHRISTIAN LINDNER fordert, die staatlichen Eingriffe zurückzufahren

Die Corona-Krise beschäftigt auch       aussetzung für wirtschaftliche Dyna-         staatlichen Gemeinschaft verlassen
weiterhin unser Land. In der ersten     mik. Massive staatliche Interventio-         können.
Phase stand die gesundheitliche Kri-    nen dürfen nur eine Übergangslösung          Eine Aufgabe gerade für Liberale
senbewältigung im Vordergrund. Nun      sein. Es ist richtig, dass der Staat früh-   muss es sein, die Finanzen des Staates
rücken die längerfristigen Folgen für   zeitig Liquidität zur Verfügung ge-          und die der privaten Marktteilnehmer
Wirtschaft und Gesellschaft in den      stellt hat. Die Tentakel des Staates         nach der Corona-Krise wieder so weit
Blick. Manche Lockerung wäre aus        müssen aber dort wieder gelöst wer-          zu trennen, dass das Wettbewerbs­
unserer Sicht früher möglich und ge-    den, wo wir sie nicht mehr brauchen.         prinzip zur Geltung kommen kann.
boten gewesen. Tatsächlich haben wir    Nun braucht es ein umfassendes Pro-          2014 hatte das Präsidium der FDP ex-
die Erfahrung gemacht, dass die         gramm, um einer Rezession vorzu-             plizit den Beschluss gefasst, ein Ver-
Wertschätzung für persönliche Frei-     beugen. Dafür schlagen wir zum Bei-          bot der Bankenrettung in die Verfas-
heit gerade dann wächst, wenn sie       spiel eine Zusammenfassung der               sung zu schreiben, damit Institute
keine Selbstverständlichkeit ist.       Steuerjahre 2019 und 2020 vor, eine          zwingend auf Kosten der Eigentümer
Vielfach wird die Corona-Krise jetzt    sich daran anschließende tiefgreifen-        und Gläubiger, und nicht der Allge-
leider zum Anlass genommen, um be-      de Unternehmensteuerreform und ein           meinheit abgewickelt werden. Ähn-
reits früher geäußerte Kritik an        Moratorium für steuerliche und büro-         lich wie damals sollten wir jetzt auch
Marktwirtschaft, Globalisierung und     kratische Belastungen. Den Tarif­            überlegen, wie das Haftungsprinzip
Wachstum mit scheinbar neuen Argu-      eckwert bei der Einkommensteuer              wieder gestärkt und staatliche Eingrif-
menten aufzuwärmen. Abschottung         (Spitzensteuersatz) möchten wir von          fe zurückgefahren werden können.
und Protektionismus können aber ge-     heute knapp 56.000 auf 70.000 Euro           Nur so können wir sicherstellen, dass
rade für ein exportorientiertes Land    im Jahr 2021 anheben und damit die           sich aus der gegenwärtigen Situation
wie Deutschland nicht die Lehre aus     leistungsfeindliche kalte Progression        keine grundlegende Verschiebung im
dieser Krise sein. Das Gegenteil ist    korrigieren. Außerdem muss der Soli-         Verhältnis zwischen Staat und Bürger
doch der Fall: Globalisierung, Markt-   daritätszuschlag komplett abgeschafft        und Staat und Wirtschaft ergeben
wirtschaft und freier Handel waren      werden. Es sind unsere Unternehmen,          wird.
schon in der Vergangenheit kein Null-   die Wohlstand und Arbeitsplätze ge-
summenspiel, sondern haben auch         schaffen haben und über Jahrzehnte
anderswo auf der Welt die Lebenssitu-   durch die Zahlung von Steuern
ation von Hunderten Millionen Men-      und Sozialabgaben solida-
schen verbessert.                       risch waren. Nun müssen
Wirtschaftliche Freiheit und fairer     sie sich ihrerseits auf
Wettbewerb bleiben die zentrale Vor-    die Solidarität der

                                    Christian Lindner, MdB,
                                     ist ­Bundesvorsitzender
                                       der Freien Demokrati-
                                            schen Partei (FDP).

                                                                                                                               11
MACH(T)RAUM

                                                                                                      Fotos: Astrid Schmidhuber
                                           Das Bild ist eine Leihgabe des
                                           Textil- und Industriemuseums
                                            in Augsburg und ein Danke-
                                           schön an den Gründungsvater.

                                                                              Ein Lieblingsstück im
                                                                               Arbeitszimmer des
                                                                               Historikers ist die
     Ein echter Bayer liebt das                                                  gläserne Katze
      Bier. Ein Lieblingsstück                                              „made in Niederbayern“.
    Loibls ist der Krug mit der
    Schützenliesl, die Friedrich
   August von Kaulbach entwarf.

         Für das Oberhausmuseum in
       Passau konzipierte Loibl die Aus-
       stellung „Apokalypse – Zwischen
              Himmel und Hölle“.

12
Information

                                                                            Anzeige
   Historiker RICHARD LOIBL (55) tritt den Beweis an, dass die
                                                                                           für Sie
                                                                                        in Bestform
   Geschichte nicht nur eine Vergangenheit, sondern auch eine Zu-
                                                                                        BETTEN DIE GESCHICHTE MACHEN
   kunft hat. Mit dem Aufbau des HAUSES DER BAYERISCHEN
   GESCHICHTE und der damit verbundenen Landesausstellung
   hob der Ausstellungsmacher und Museumsdirektor bayerische
   Historie in eine neue Dimension. Neues hat einen festen Platz in
   Schauen und Ausstellungstechniken. Loibl führt am Schauplatz
                                                                                                                         www.vbw-bayern.de
                                                                                                                                        Euro
                                                                                                                       Schutzgebühr 6,–

   der Freistaat-Geschichte in Regensburg ein Haus, das auch archi-
   tektonisch Avantgarde ist. So könnte das nachhaltige Energiekon-
   zept als Blaupause für künftige Kulturtempel dienen. Loibl geht
   gerne neue Wege, wie seine Vita zeigt. So setzte er bei der Neu-
   konzeption des Oberhausmuseums Passau in der Verwaltung
   Maßstäbe, indem er die für Museen übliche Kameralistik durch
   eine betriebswirtschaftlich konzipierte Buchhaltung austauschte.
   Dafür wurde der aus Hengersberg stammende Loibl mehrfach
   ausgezeichnet. Nach Augsburg führte ihn der Aufbau des Staatli-
   chen Textil- und Industriemuseums. Danach wollte ihn der Staat
   nicht mehr gehen lassen. Offenbar mit Recht. Denn die Ausstel-
   lungen kommen an, wie die Besucherzahlen zeigen. Bereits drei
   Monate nach der Eröffnung im Juni 2019 zählte das Haus 270.000                         Interview:
                                                                                                                                  01                   www.vbw-bayern.de

                                                                                                                                   2017
                                                                                                                                                     Schutzgebühr 6,–
                                                                                                                                                                      Euro

   Gäste. Auch die seit 10. Juni laufende Bayerische Landesausstel-                       Joe Kaeser
                                                                                                                                               1

   lung „Stadt befreit. Wittelsbacher Gründerstädte“ im Augsburger
   Umland dürfte wieder für ein kräftiges Plus in der Besucherbilanz
   sorgen. Doch Loibl wäre nicht Loibl, würde er nicht schon zu-
   künftige Ausstellungen konzipieren. Ein Thema könnte „Gesund-
   heit heute und gestern“ sein – in Zeiten von Corona hochaktuell.

                                                                                                       Interview:
                                                                                                   Dorothee
                                                                                                   Bär                                             03
                                                                                                                                                   2019
                                                                                                                                                          1

                                                                                      Das vbw Unternehmermagazin ist die Premium-
                                                                                      Publikation für Menschen aus der bayerischen
                                                                                      Jubiläumsangebot
                                                                                      Wirtschaft und Politik. Das sind Unternehmer,
                                                                                      Führungskräfte in den Betrieben, politische Mei-
                                                                                      nungsbildner, Entscheider aus den Verbänden sowie
                                                                                      Premium-Daunen-Einziehdecke
                                                                                      Multiplikatoren gesellschaftlich relevanter Gruppen.
                                                                                       Wir wollen Ihnen mit dem vbw Unternehmer-
                                                                                      Das   beliebteste
                                                                                      magazin                  Bettnutzwertorientierte
                                                                                                alle zwei Monate
                                                                                      Inhalte geben, darunter Best-Practice-Beispiele aus
                                                                                      der  5-Sterne Hotellerie
                                                                                      bayerischen Unternehmen, Wirtschaftspolitik,
                                                                                      Recht, Soziales, Forschung und Technik, Bildung
Gedankenspeicher: Loibl                                                               und135/200
                                                                                      Gr. Lifestyle. cm               € 250,00
   dokumentiert seine
                                                                                       Wenn Sie auch zu diesem Leserkreis gehören wollen,
Gedanken, Ideen und Auf-
                                                                                       bestellen Sie ein kostenloses Abonnement. Senden
gaben in Notizbüchern.
                                                                                       Sie uns einfach eine kurze E-Mail mit Ihren Adress-
Ein wertvolles Archiv für
  museale Aufbauarbeit.
                                                                                       daten an unternehmermagazin@vbw-bayern.de

                                                                                         Fabrikation: Dreisesselstr. 3, 94145 Haidmühle
                                                                                        Filiale
                                                                                       Ihre     Passau: Heiliggeistgasse
                                                                                            personenbezogenen             9, ausschließlich
                                                                                                               Daten werden  94034 Passau   für
                                                                                       die Zusendung www.muehldorfer.com
                                                                                                     des vbw Unternehmermagazins verarbeitet.
                                                                                       Informationen zum Datenschutz gem. Art. 13, 14
                                                                       13              DS-GVO finden Sie unter www.vbw-bayern.de/01dsv
XXX
INTERVIEW

            Fotos: Astrid Schmidhuber
14
INTERVIEW

                                                                         MENSCH UND TECHNIK

    „Hier geht die Post ab,
      wenn wir das wollen“
PROFESSOR DR. SAMI HADDADIN ist überzeugt, dass Bayern bei der
Verschmelzung der Robotik mit Künstlicher Intelligenz das beste Potenzial
hat, weltweit führend zu sein

 Sie kennen sicherlich Isaac            gente Roboter zu produzieren – statt      Kommt das jetzt nicht arg groß
­Asimovs Robotergesetze?                zu riskieren, dass diese Souveränität     daher?
Selbstverständlich. Ein Roboter darf    auf andere Kontinente wie Amerika         Finden Sie? Nun, der Mensch be-
einen Menschen nicht verletzen. Ein     oder Asien abwandert. Und zweitens        zeichnet sich als intelligent, weil er
Roboter muss dem Befehl eines Men-      müssen wir den jungen Menschen bei        anders als die allermeisten Tiere den
schen gehorchen – außer er wider-       uns den Umgang mit Robotik und            Umgang mit Werkzeugen als kreati-
spricht dem ersten Gesetz. Und ein      Künstlicher Intelligenz als kulturelle    ven Prozess entdecken und nutzen,
Roboter muss seine Existenz erhalten,   Grundfertigkeit beibringen.               den Umgang mit ihnen sowohl erler-
außer das wäre ein Verstoß gegen das                                              nen als auch lehren sowie Werkzeuge
erste oder zweite Gesetz.               Was fasziniert Sie so an dem              sogar weiterentwickeln kann. Die In-
                                        Thema Robotik?                            telligenz des Menschen erweitert sich
Die Gesetze wurden vor knapp            Bevor ich das erkläre, müssen wir uns     sozusagen mit den Werkzeugen, die
80 Jahren geschrieben. Würden           erst einigen, was wir als Robotik be-     er nutzt.
Sie dem heute etwas hinzufügen          zeichnen wollen. Landläufig werden        Und hier sehe ich durchaus den
wollen?                                 ja automatisierte Schweißmaschinen        Sprung in eine neue Dimension: Am
Keine Gesetze, die die Roboter befol-   in einer Fabrikhalle als Roboter be-      Anfang war es der Faustkeil, sozusa-
gen müssten. Aber sehr wohl zwei        zeichnet. Ich fasse den Begriff des Ro-   gen das erste Werkzeug überhaupt.
Regeln, die wir als Land und Gesell-    boters bei dem, was ich tue, sehr viel    Dann kam der Webstuhl, der erst-
schaft beherzigen sollten.              weiter: Mir geht es um intelligente,      mals durch eine ausgeklügelte, kom-
                                        lernfähige, dem Menschen gegenüber        plexe Mechanik die Fertigung eines
Wie lauten sie?                         kooperative Maschinen. Ich sehe dar-      Produktes in großem Umfang er-
Erstens: Wir müssen uns die Souverä-    in nichts weniger als die nächste Di-     möglichte. Die nächste Dimension
nität bewahren, technologisch, wis-     mension der Technologisierung der         eröffnete uns der Computer, er leitete
senschaftlich und wirtschaftlich in     Menschheit.                               die Digitalisierung und den nun flä-
der Robotik zu forschen und intelli-                                              chendeckenden Einsatz von Metho-

                                                                                                                           15
INTERVIEW

     den der Künstlichen Intelligenz ein.        denen man sich per Tastatur und Mo-      Maschine simulieren kann, desto
     Und nun erleben wir in der Robotik,         nitor unterhalten konnte. Das waren      mehr wird sie zu einem intelligenten
     wie ich sie verstehe, dass die Digitali-    sehr einfache Gespräche. Schon weni-     Roboter. Mechanik, Motorik und Sen-
     sierung der Computer aus der rein           ge Nachfragen zeigten, dass es sich      sorik spielen dabei eine große Rolle,
     virtuellen in die physische Welt ge-        nur um programmierte Routinen und        und vor allem kluge Algorithmen –
     holt wird. Denn wie gesagt: Es geht         Standards handelte, die einen Ge-        die aus Erfahrungen lernen können
     nicht nur um automatisierte Vorgän-         sprächspartner lediglich simulierten.    und so Wissen und Lösungsmöglich-
     ge, die von dafür programmierten            Meine kleine Tochter hat mich einmal     keiten erzeugen. Wie ein kleines Kind,
     Maschinen ausgeführt werden. Son-           gefragt, was eine Schaufensterpuppe      das gerade auf die Welt gekommen ist
     dern um technologisch immer weiter          eigentlich von einem Menschen un-        und die einfachsten Fertigkeiten erst-
     entwickelte Roboter, die mit Künstli-                                                mal lernen muss: Krabbeln, Greifen,
     cher Intelligenz deutlich mehr kön-                                                  Sprechen – ehe es in seinem späteren
     nen – etwa, zu lernen, sogar immer                                                   Leben einmal ein Klaviervirtuose
     schneller zu lernen, und so selbstän-              „WIR STEHEN                       wird, ein Künstler oder ein großer
     dig Lösungen zu finden.                                                              Redner. Und das zeigt auch, welches
                                                            ERST AM                       Potenzial intelligente Roboter haben.
     Wie darf man sich diese Künstli-                   ANFANG DER                        Wir stehen, was die motorische Intel-
     che Intelligenz also vorstellen?                                                     ligenz, das künstliche Fühlen und Se-
     Intelligenz zu definieren ist schwierig,        ­E NTWICKLUNG“                       hen betrifft, gerade erst am Anfang
     man kann sie nur anhand von Merk-                                                    der Entwicklung – wir befassen uns
     malen definieren. Aber vom Ergebnis                                                  sozusagen noch mit Krabbeln, Grei-
     her gesehen ist Künstliche Intelligenz                                               fen und Sprechen. Lernen ist eine
     im Grunde eine Maschine, die                terscheidet – beide sehen doch in        zentrale Eigenschaft eines jeden bio-
     menschliche Intelligenz simuliert, die      etwa gleich aus. Genau darum geht es:    logischen Wesens, um mit einer sehr
     also intelligentes Verhalten und Ratio-     Das eine hat zwar die Erscheinung ei-    komplexen und schwierigen Welt um-
     nalität an den Tag legt, handelt, agiert,   nes Menschen, ist aber ein lebloser      gehen zu können. Das versuchen wir
     interagiert, Muster erkennt, bewertet       Gegenstand, der sich nicht einmal be-    Maschinen beizubringen.
     und kommuniziert. Je komplexer und          wegen kann – der Mensch hingegen
     vielfältiger die Maschine das kann          eine komplexe biochemische und bio-      Und was unterscheidet am Ende
     und je schneller sie selbst nach Lö-        mechanische „Maschine“, die über         der Entwicklung dann noch
     sungen zu suchen vermag, als desto          unglaublich weitreichende Fähigkei-      Mensch und Roboter?
     intelligenter nehmen wir sie wahr.          ten verfügt. Die Biologie hat da Phan-   Als Ingenieur und Informatiker sage
     Am Anfang standen vor 30 Jahren             tastisches geleistet. Und je mehr die-   ich: Der Unterschied ist, dass der
     einfache Computerprogramme, mit             ser menschlichen Fähigkeiten eine        Mensch den Roboter mit den Mitteln

16
INTERVIEW

der Wissenschaft erschaffen hat. Als        die physische Welt ist: Es lässt sich      leisten“. Der Roboter soll uns also die
Philosoph sage ich: Der Mensch baut         eben nicht einfach alles digitalisieren,   sklavische, beschwerliche, womöglich
Maschinen, die dem Menschen nach-           automatisieren und am Computer             gar gefährliche Arbeit abnehmen. Ein
empfunden sind und lernt dabei zu           verwalten. Für die Arbeit in Kliniken,     Beispiel für Letzteres: Massentests in
verstehen, wie er selbst funktioniert –     in der Pflege oder in zahlreichen sys-     der Corona-Krise bedeuten immer
das ist ein Stück weit die Suche da-        temrelevanten Einrichtungen braucht        eine immense Gefahr für diejenigen,
nach, was uns zum Menschen macht            es die physische Präsenz des Men-          die den Rachenabstrich durchführen,
und worin wir uns unterscheiden von         schen und seiner Fähigkeiten. Und          sich selber zu infizieren. Wir haben
Dingen, die wir selbst kreiert haben.       die sind eben nicht einfach zu simu-       die Rachenabstriche am Klinikum
                                            lieren – der Mensch ist entwicklungs-      rechts der Isar mit einem speziell da-
Welches Potenzial sehen Sie in              theoretisch gesehen ein Generalist,        für programmierten Roboter durch-
Künstlicher Intelligenz in Kombi-           ein seltsames Wesen, das eigentlich        führen lassen. Die anschließende
nation mit Robotik?                         nichts so richtig gut kann, aber in der    Auswertung des Probenmaterials im
Werkzeuge und Maschinen, die der            Kombination dieser teilweise beschei-      Labor zeigte, dass die vom Personal
Mensch erschaffen hat, erhöhen inte-        denen Fähigkeiten dann doch Über-          durchgeführten und die roboterge-
ressanterweise seine eigene Intelli-        ragendes zu leisten vermag. In Zu-         stützen Abstrich-Entnahmen zu exakt
genz. Nehmen wir den Schachcom-             kunft können hier intelligente             gleichen Ergebnissen führten. Das In-
puter: In dessen Entwicklung hat der        Roboter viel leisten.                      teressante an intelligenten Robotern
Mensch viel Zeit investiert. Als der
Schachcomputer den Schach-Groß-
meister geschlagen hat, war die
menschliche Performance erreicht.                   „ROBOTER SOLLEN UNS BESCHWERLICHE
Interessanterweise schlägt im nächs-
ten Entwicklungsschritt der Groß-                  UND GEFÄHRLICHE ARBEITEN ABNEHMEN“
meister mit der Maschine die
­Maschine alleine. Der Mensch ist un-
 heimlich gut darin, ein Werkzeug als
 solches zu erkennen und es zu sei-         Und so Menschen überflüssig und            ist außerdem, dass wir mit ihnen –
 nem Vorteil zu nutzen. Was wir hier        somit arbeitslos machen?                   mithilfe moderner Kommunikation –
 machen, in der Kombination aus             Ich verstehe diese Angst, aber ich hal-    auch Raum und Zeit überbrücken
 Künstlicher Intelligenz und Robotik,       te sie für unbegründet. Das Wort           können. Denken Sie etwa an die Tele-
 ist, aus der virtuellen in die physische   „Roboter“ stammt vom slawischen            medizin: Es braucht natürlich weiter-
 Welt zu gehen. Und wir sehen ja ge-        „roboten“, was so viel bedeutet wie        hin den Arzt, aber die ärztliche Fähig-
 rade in der Corona-Krise, wie wichtig      „schwer Arbeiten“ oder „Frondienst         keit kann an einem Ort eingesetzt

                                                                                                                                 17
INTERVIEW

     werden, an dem sich physisch gesehen     Zu 90 Prozent aus Europa, zu 70 Pro-     von dem wir heute sagen würden:
     kein Arzt befindet. Ein intelligenter    zent aus Deutschland. Nur bei den        „Das gibt es doch gar nicht!“?
     Roboter kann manche Dinge selb-          Elektronikbauteilen kommt man an         Das hängt natürlich maßgeblich da-
     ständig oder eben auch unterstüt-        Asien nicht vorbei.                      von ab, welche Weichen wir heute
     zend erledigen, etwa Ansprache leis-                                              stellen und worin wir investieren.
     ten, Herzfrequenz und Temperatur         Früher agierten die Industriero-         Denn alle Prognosen, die ich hier
     messen, ein verschriebenes Medika-       boter in abgezäunten Bereichen           machen könnte, vom Pflegeroboter
     ment verabreichen oder eine Diagno-      – damit ihnen der Mensch nicht           bis zur KI-Fabrik, von kleinen intelli-
     se vorbereiten. Denken Sie dabei auch    in die Quere kommt.                      genten Drohnen bis zu automatisier-
     an das, was wir im Zuge der Coro-        Das ist bei Franka anders. Wir haben     ten Hol- und Bringdiensten, von me-
     na-Krise in den Alten- und Pflegehei-    eine hochintegrierte Ultraleichtbau-     dizinischen Assistenzen in der
     men erlebt haben, wo wir alte und        weise entwickelt und ein Design ent-     Reha- oder Physiotherapie bis zur
     hilfsbedürftige Menschen von prak-       worfen, dessen Formen bei einem          personalisierten Medizin, können
     tisch sämtlichen sozialen Kontakten      ungewollten Kontakt für den Men-         überhaupt nur dann wahr werden,
     abgeschnitten haben – intelligente       schen ungefährlich sind. Zentral ist     wenn wir als Land und Gesellschaft
     Robotik könnte hier zumindest einige     aber vor allem auch, dass Franka sen-    bereit sind, Zeit, Kraft und Geld zu
     Aspekte kompensieren.                    sitive Fähigkeiten hat und nicht gegen   investieren und die nötige Infrastruk-
                                              seine Umgebung arbeitet, Bewegun-        tur dafür schaffen – sowohl technolo-
     Interessanterweise sind Sie ja           gen in seiner Umgebung werden            gisch als auch wissenschaftlich. Ein
     nicht nur akademisch unterwegs.          ­sozusagen antizipiert. Ich habe         erster Schritt wäre flächendeckendes
     2016 gründeten Sie in München             schließlich über das erste Roboterge-   Internet. Ich hoffe, dass diese Debat-
     das Unternehmen Franka Emika,             setz – Roboter dürfen Menschen kei-     ten jetzt beendet sind. Wer heute
                                                                                       noch Breitband und 5G infrage stellt,
                                                                                       bei dem gehen mir die Argumente
                                                                                       aus. Der nächste wichtige Schritt war
        „ROBOTER DÜRFEN DEN MENSCHEN                                                   das wirklich große Programm für
                                                                                       KI-Professuren, das Ministerpräsi-
              KEINEN SCHADEN ZUFÜGEN“                                                  dent Markus Söder im Rahmen sei-
                                                                                       ner Hightech-Agenda an den bayeri-
                                                                                       schen Hochschulen auf den Weg
                                                                                       gebracht hat. Hier macht Bayern al-
     das den Roboter Franka produ-            nen Schaden zufügen – promoviert         leine ebenso viel, wie der Bund in
     ziert – einen lernenden, fühlen-         und das bei der Entwicklung von          ganz Deutschland macht. Das hat das
     den Roboterarm, der im Team              ­Franka zentral berücksichtigt. Das      Potenzial, Bayern zum Zentrum für
     mit Menschen interagieren kann.           System verfügt über ein sogenanntes     die nächste Digitalisierungswelle zu
     Die Roboter des Unternehmens, bei         künstliches zentrales Nervensystem,     machen, denn ich bin wie gesagt
     dem ich aber schon einige Zeit nicht      einen Tastsinn und eine Feinmotorik,    überzeugt, dass die Verschmelzung
     mehr operativ tätig bin, entwickelt       was uns in Bereiche vordringen lässt,   von Künstlicher Intelligenz mit der
     sich weltweit zum Referenz-Roboter        die wir bisher nicht für möglich ge-    physischen Welt die Zukunft ist. KI
     für derartige Einsätze. Ich wollte mit    halten haben. Dagegen sind klassi-      mit Körper, sozusagen. Und dieser
     dem Unternehmen aber auch zeigen,         sche Industrieroboter am Ende des       Standort bietet dafür ein hervorra-
     dass es möglich ist, derartig komplexe    Tages Schweiß- und Positionierma-       gendes Potenzial.
     Technologie auch in Deutschland           schinen – sicherlich eine phantasti-
     wirtschaftlich zu fertigen – auch in-     sche und komplexe Entwicklung,          Warum Bayern und nicht die
     dem dort Roboter Roboter bauen, al-       aber eben keine Künstliche Intelli-     USA oder China?
     lerdings nicht vollautomatisiert. Die     genz. ­Franka dagegen kann bei mir      Das erste autonom fahrende Fahr-
     Idee war, Mensch und Roboter ge-          im Forschungslabor bereits wie ein      zeug, entwickelt von Professor Ernst
     meinsam arbeiten zu lassen. Eine mei-     kleines Kind einige Dinge erlernen,     Dickmanns, startete vor knapp 30
     ner Hypothesen ist, dass Mensch und       selbst greifen, Aufgaben erfüllen und   Jahren hier von München aus. Und
     Maschine ein besseres Team sind als       einfache Probleme lösen.                die Entwicklung des ersten Roboters
     nur Menschen oder nur Maschinen.                                                  im Weltraum wurde hier in München
                                              Wie sieht Ihre Vision für die in-        von Professor Gerhard Hirzinger vor-
     Und von wo kommen die Kom-               telligente Robotik aus? Was wer-         angetrieben. Hier schließt sich der
     ponenten? Aus China?                     den wir in zehn Jahren erleben,          Kreis zu den Dingen, die wir zu Be-

18
INTERVIEW

ginn besprochen hatten: Deutschland       Unterhaltung ist eine ganz wunder-        Intelligenz angeht, da hat das Rennen
im Allgemeinen und Bayern im Be-          bare Sache und Fußball bekanntlich        eben erst begonnen. Und wir sind
sonderen sind traditionell gut darin,     die tollste Nebensache der Welt. Aber     ganz vorne mit dabei. Das Silicon
hochwertige Dinge in der physischen       insbesondere unser Land lebt von          Valley in Kalifornien ist natürlich
Welt zu produzieren – etwa Autos          dem einzigen Rohstoff, den wir ha-        phantastisch in der Informatik. In
oder Maschinen. Wenn es um die            ben: Wissen. Es ist möglich, Wissen       Harvard und am M.I.T. dreht sich
entkörperte Künstliche Intelligenz        zu kapitalisieren.                        viel auch um Biotech. China ist sehr
geht, das Arbeiten mit Daten, die vie-                                              gut darin, die Konzepte aus den USA
len Tools auf dem Consumer-Markt,         Sie haben auch Angebote aus               zu sich zu transferieren und führend,
dann haben wir in der Vergangenheit       Stanford und vom M.I.T. bekom-            wenn es um Big Data geht, also den
zu viele Dinge, die wir hier auch ge-     men. Trotzdem sind Sie in Mün-            Umgang mit großen Datenmengen.
konnt hätten, trotzdem nicht hier         chen geblieben. Warum?                    Freilich gibt es da auch Unterschiede:
umgesetzt. Klar, dass die abgewan-        Nach München, nach Bayern kom-            Wir wollen Technologie nutzen, um
dert sind, etwa ins Silicon Valley. Für   men Menschen aus aller Welt wirk-         freier zu sein. Technologie ist für uns
den Standort war das eine Katastro-       lich gerne – weil es schön ist und si-    ein Werkzeug, um unsere Möglich-
phe, denn es bringt ja gesellschaftlich   cher und weil es sich hier gut arbeiten   keiten zu erweitern. Es heißt ja auch
im Grunde nichts, wissenschaftlich/       und leben lässt. Ich denke, in Europa     Kommunikationstechnologie, nicht
technologisch der Pionier zu sein,        gibt es keinen anderen Ort, an dem        Isolationstechnologie. In China sieht
wenn man die Dinge nicht anschlie-        so viele Möglichkeiten bestehen wie       man derlei bekanntlich etwas anders
ßend auch hier umsetzt.                   hier. Wenn der Wille vorhanden ist,       und setzt Technologie anders ein.
                                          hier etwas Großes aufzubauen, dann        Deshalb sollten wir selbst tun, was
Es gibt das Gerücht, wonach aus           können wir uns hier durchaus mit          wir selbst tun können – ich sprach ja
China Briefe verschickt werden,           den übrigen Hotspots der Welt mes-        zu Beginn die Souveränität an. Die
in denen den klügsten Köpfen              sen. Zumal ja viele große, bedeutende     Symbiose aus Ingenieuren und Infor-
hierzulande eine Million Dollar           Unternehmen hier ihren Sitz haben.        matikern, das Zusammenbringen von
Antrittsgeld – unabhängig von             Nochmal: Intelligente Robotik ist         Algorithmen und Technologie, wie es
der Vergütung – angeboten wird,           eine große Chance für unser Land,         hier in München geschieht, ist etwas
wenn sie dorthin gehen, um dort           weil es das, was wir schon hervorra-      Einmaliges. Hier geht die Post ab,
zu forschen und zu lehren.                gend können, nämlich Maschinen zu         wenn wir das wollen.	                
Ist doch ein gutes Angebot. Und ehr-      bauen, und diese mit der digitalen
lich gesagt: In der Sache finde ich das   Welt zu etwas völlig Neuem zu
auch richtig. Wir sollten beginnen,       machen, verbindet. Wer autonom
die Köpfe, die hinter Wissenschaft,       fahrende Fahrzeuge bauen
Forschung, Entwicklung und                möchte, muss beides kön-
Knowhow stehen, endlich als Asset         nen – eine autonom
zu sehen, nicht als Kostenfaktor.         agierende Steuerung
                                          entwickeln, aber
Interessanterweise würde bei              auch ein Auto
solchen Prämien im Fußball oder           bauen. Was
im Showbusiness niemand die               die physisch
Augen verdrehen. Aber bei Pro-            verkörperte
fessoren …                                Künstliche

                                    ZUR PERSON
                     Professor Dr. Sami Haddadin ist
                   Direktor der Munich School of Ro-
                   botics and Machine Intelligence der
                      Technischen Universität ­München
                  und Inhaber des Lehrstuhls für ­Robotik
                                    und Systemintelligenz.
POLITIK
Foto: alfa27 - stock.adobe.com

                                                                                         Austausch wird künftig weniger im
                                                                                         Konferenzraum und mehr am Bildschirm
                                                                                         stattfinden. Werden Meetings dadurch
                                                                                         effektiver? Geht Kreativität verloren?

                                      CORONA-KRISE

                                      Kein Zurück zu
                                      Vor-Corona, aber
                                      wohin gehen wir?
                                                     Die Megatrends in der Arbeitswelt und ihre Konsequenzen

                                 20
POLITIK

                                                                                                                                 Foto: fizkes - stock.adobe.com
Von Ulrich Meyer                           Homeoffice als Privileg                  Nicholas Bloom sieht durch Produk-
Es gibt in der Arbeitswelt kein Zurück     Bei den meisten Beschäftigten kommt     tivitätszuwachs auch Vorteile für die
zum Zustand vor Corona. An sich eine       das Homeoffice jedenfalls sehr gut an.    Unternehmen: „Ich glaube fest daran,
banale Weisheit, als hätte es jemals ein   Mehr als drei Viertel der Betroffenen   dass in der Zeit nach Corona die Ar-
Zurück gegeben. Doch wohin führt           (76 Prozent) möchten auch künftig –     beitszeit zwischen Arbeit im Büro
der Weg? Zumindest die Megatrends          zumindest tageweise – von zu Hause      und zu Hause aufgeteilt wird.“
der Zukunft der Arbeit sind klar: Digi-    arbeiten, wie eine erst Anfang Juli     Doch in der Realität ist die Diskussi-
talisierung und Demografie – beide         veröffentlichte Studie des US-For-      on über Homeoffice eine sehr privile-
eng verbunden mit dem Thema Wei-                                                   gierte Debatte innerhalb der Büroar-
terbildung. Und die Corona-Krise                                                   beiter-Blase. Nicht alle Jobs können
wird ein Katalysator zur Beschleuni-                                               nun mal von zu Hause erledigt wer-
gung der Entwicklungen sein. Natür-           „HOMEOFFICE IST                      den. Für Industriearbeiter, Service-
lich ist da – als augenscheinlichste ak-            EINE SEHR                      kräfte, Beschäftigte im Einzelhandel
tuelle Veränderung – das Homeoffice.                                                 und der Medizinbranche ist Homeof-
Ja, die Krise hat dazu geführt, dass             PRIVILEGIERTE                     fice logischerweise keine Alternative.
massenhaft Menschen plötzlich von zu                                               Und wenn Kanalarbeiter dann auch
                                               DEBATTE INNER-
Hause aus arbeiten. Und die Befürch-                                               noch von Bundesarbeitsminister Hu-
tungen von Vorgesetzten, wonach                HALB DER BÜRO-                      bertus Heils Idee vom gesetzlichen
Homeoffice als Synonym für Faulenze-                                                 Anspruch auf Homeoffice hören müs-
rei und frühen Feierabend stehe, be-
                                              ARBEITER-BLASE“                      sen, wird es zunehmend absurd – und
wahrheiteten sich bislang nicht. Wirt-                                             unsozial.
schaftsprofessorin Dr. Jutta Rump aus
Ludwigshafen bringt das in einem           schungsinstituts Morning Consult        Megatrend Digitalisierung
SWR-Interview so auf den Punkt:            ergeben hat. Der wegfallende Arbeits-   Tatsächlich ist das Homeoffice ohne-
90 Prozent arbeiten im Homeoffice            weg und eine einfachere Vereinbar-      hin nur eine kleinere Ausprägung des
so effektiv weiter wie bislang und „10     keit von Familie und Beruf zählen zu    Megatrends Digitalisierung der Ar-
Prozent bescheißen Sie immer, die tun      den am häufigsten genannten Grün-       beit. Und die betrifft wirklich alle
das auch in Ihrem Betrieb“.                den. Und Stanford-Professor             Branchen und Berufe. Routinetätig-

                                                                                                                            21
Eine ausgewogene Work-Life-Balance wünschen
                                                                                               sich immer mehr gut ausgebildete Fachkräfte. Di-
                                                                                               gitalisierung ist eine Chance. Der demografische
                                                                                               Wandel zwingt zu neuen Arbeitszeitmodellen.

                                                                                                            Berufsleben einsteigen und dennoch
                                                                                                            schon äußerst selbstbewusst auftre-
                                                                                                            ten. Sie wissen um ihren wirtschaftli-
                                                                                                            chen Wert angesichts des riesigen Ar-
                                                                                                            beitskräftebedarfs und sind oft nicht
                                                                                                            bereit, ihr Leben der Arbeit unterzu-
                                                                                                            ordnen.
Foto: Pathfinder - stock.adobe.com
                                                                                                            Damit sind wir schon mitten im
                                                                                                            zweiten Megatrend in der Arbeits-
                       keiten wird künftig immer öfter „der       Zentrale Herausforderung                  welt: der demografischen Entwick-
                       Kollege Roboter“ übernehmen. Und           Weiterbildung                             lung. Sobald die Generation der Ba-
                       das keineswegs nur in der industriel-      Angesichts des strukturellen Um-          byboomer in Rente geht, werden die
                       len Werkshalle, nein, auch Steuerbe-       bruchs in der Automobilindustrie          Unternehmen noch weniger Mitar-
                       rater, Controller und Versicherungs-       vom aufwändigen Verbrenner zum            beiter finden. Womöglich wird die
                       mitarbeiter werden sich noch               einfacheren Elektromotor werden           zunehmende Digitalisierung diesen
                       umschauen, wie leistungsfähig Soft-        wohl einige Mitarbeiter sich neue Ar-     Effekt abmildern können. Aber ohne
                       ware mit Künstlicher Intelligenz           beitsplätze suchen müssen. Ein riesi-     qualifizierte Zuwanderung in den Ar-
                       schon heute ist und um wie viel mehr       ges Potenzial für Weiterbildung und       beitsmarkt und kontinuierliche Wei-
                       sie es in wenigen Jahren sein wird.        Qualifizierung, wenn man es positiv       terbildung wird es nicht gehen.
                       Geht uns also im Zuge der Digitalisie-     sehen will. Und eine Mammutaufga-
                       rung die Arbeit aus? Werden wir alle       be, wie auch Prof. Rump betont: „Das      New Work löst das Patriarchat
                       wegrationalisiert von Robotern, die        Thema Technik kriegen wir schon in        ab
                       andere Roboter entwerfen und bauen?        den Griff, aber die Menschen mitzu-       Gerade wer gut ausgebildete und
                       In einer Studie des Instituts für Ar-      nehmen in dieser neuen Welt, das ist      selbständig denkende Mitarbeiter an
                       beitsmarkt- und Berufsforschung hieß       die ganz zentrale Herausforderung.“       sich binden will, sollte zudem einen
                       es schon vor fünf Jahren, dass 4,4 Mil-    Der Facharbeitermangel in Deutsch-        unternehmerischen Kulturwechsel
                                                                                                            ins Auge fassen. Die Zeit des patriar-
                                                                                                            chalischen Prinzips, das lange Zeit als
                                                                                                            Teil des Erfolgsmodells mittelständi-
                 „DIE ZEIT DES PATRIARCHALISCHEN PRINZIPS                                                   scher Familienunternehmen galt, geht
                                                                                                            zu Ende. Mit der Generation Y ist das
                       GEHT AUCH IM MITTELSTAND ZU ENDE“                                                    Prinzip der hierarchischen Unterord-
                                                                                                            nung nicht mehr zu machen. Und
                                                                                                            auch erfahrenere Mitarbeiter verlan-
                                                                                                            gen zunehmend nach mehr Beteili-
                       lionen Jobs in Deutschland sofort von      land, der schon jetzt eines der größ-     gung auf Augenhöhe.
                       Maschinen übernommen werden                ten Hemmnisse für das Wachstum            New Work nennt sich das. Und unter
                       könnten. Doch eine aktuellere Studie       von Unternehmen darstellt, wird sich      dem Modebegriff Agilität gibt es in-
                       des Instituts der deutschen Wirtschaft     sonst weiter verschärfen.                 zwischen ein bewährtes Konzept zur
                       aus 2019 zeigt das Gegenteil: Unter-                                                 Umsetzung von offener Kooperation
                       nehmen, die besonders auf Digitali-        Megatrend demografische                    und ständiger Innovation in Unter-
                       sierung ihrer Prozesse setzen, schaffen    Entwicklung                               nehmen aller Größen. Entscheidun-
                       demnach sogar mehr Arbeitsplätze.          Hinzu kommt eine gesellschaftliche        gen werden dezentralisiert und die
                       Allerdings spielt dabei die Qualifizie-    Entwicklung, die altgediente Perso-       Abläufe selbstbestimmt organisiert;
                       rung eine entscheidende Rolle. Für         nalchefs an ihrem Weltbild zweifeln       im Fokus aller Betrachtungen steht
                       Routine-Tätigkeiten mit wenig Krea-        lässt. Stichwort „Generation Y“ – also    immer der Kunde, wovon dann auch
                       tivität und Flexibilität wird es schwer.   die jungen Leute, die gerade erst ins     der Umsatz profitiert – so die Idee.

           22
POLITIK

                                                                                                 beim Sport oder auf dem Sofa ver-
                                                                                                 bringt. Nahezu paradiesisch – wenn
                              DAS KURZARBEITERGELD ALS
                                                                                                 es einem gelingt, die Krise als Ursa-
                                VORGESCHMACK AUF EIN                                             che und die Rekordstaatsverschul-
                                                                                                 dung als Folge auszublenden.
                  BEDINGUNGSLOSES GRUNDEINKOMMEN?
                                                                                                 Trügerische wirtschaftliche
                                                                                                 ­Sicherheit
               Machtverlust als Hemmnis                falls für eine Verzögerung sorgen. Es      Ob die derzeitige trügerische wirt-
               Doch die Beharrungskräfte sind – je     sei denn, die Konjunktur bricht stär-      schaftliche Sicherheit andauern wird,
               nach Unternehmen – zum Teil             ker ein als bislang prognostiziert.        ist fraglich. BMW hat bereits angekün-
               enorm. Bei Strukturveränderungen                                                   digt, 6000 Stellen zu streichen. Über
               geht es immer auch um Macht –           Kurzarbeitergeld als bedin-                ein Fünftel der deutschen Unterneh-
               nicht nur die Macht von Vorgesetz-      gungsloses Grundeinkommen                  men fürchtet wegen der Corona-Krise
               ten, sondern auch die Pfründe tradi-    Das staatliche Konjunkturpaket hat         sogar um die Existenz. „In den kom-
               tioneller Strukturen wie zum Beispiel   bislang dafür gesorgt, dass viele Be-      menden Monaten könnte sich eine In-
               von Betriebsräten und Gewerkschaf-      schäftigte noch gar nicht realisieren,     solvenzwelle anbahnen“, warnt das
               ten. Und auch so mancher Arbeit-        wie schwierig die Zukunft ­werden          Ifo-Institut. Das wird die Beschäftigten
               nehmer fühlt sich in seinen gewohn-     könnte. Fast fühlt sich das Kurzarbei-     noch hart treffen. Und für viele könnte
               ten Abläufen wohl und sicher.           tergeld an wie ein Vorgeschmack auf        die persönliche Zukunft der Arbeit
               Dennoch gehen immer mehr Unter-         ein bedingungsloses Grundeinkom-           mittelfristig erst einmal schlicht Ar-
               nehmen diesen schwierigen Weg. Die      men: Der Staat zahlt, während man          beitslosigkeit bedeuten.              
               Corona-Krise wird hier wohl allen-      seine viele freie Zeit mit der Familie,

                                                                                                                                             Anzeige

                                                                                                                         www.boby.bayern.de

                        nch
            om/oneinchpu
adobestock.c

 Verantwortlich:
Foto: Ocskay Mark - stock.adobe.com

                                           GEMEINSAM DURCH DIE PANDEMIE

                                           Wenn der
                                           kleinste Handgriff zur
                                           größten Hürde wird
                                      24
GESELLSCHAFT

Mit proSenio unterstützt die Gesellschaft
zur Förderung beruflicher und sozialer
Integration (gfi) Seniorinnen und Senioren
bei den Mühen des Alltags.

                         So lange wie möglich in den eigenen vier Wänden leben zu
                         können: Das ist der größte Wunsch von Seniorinnen und
                         Senioren, die auf Hilfe angewiesen sind. Ambulante Pflege
                         sichert eine gute medizinische Versorgung. Doch was ist mit
                         Kochen, Putzen und all den vielen Mühen des Alltags? Mit
                         proSenio schließt die Gesellschaft zur Förderung beruflicher
                         und sozialer Integration (gfi) diese Lücke und kümmert sich
                         um die kleinen Dinge des Lebens, die im Alter so große
                         Bedeutung gewinnen – auch oder sogar gerade während der
                         Corona-Pandemie

                         Der Wäschekorb war randvoll. Der        konnte sich ihre Enkeltochter
                         Kühlschrank leer. Allein war der Weg    ­Cornelia um die alltäglichen Bedürf-
                         zum Supermarkt aber nicht zu bewäl-      nisse der Oma kümmern, am Wo-
                         tigen, und nach ihrem Sturz durfte       chenende half die Schwiegertochter.
                         sich die 80-jährige Seniorin Frieda      Wie aber sollte es weitergehen?
                         Schaller nicht mehr bücken. Die Fa-      Schließlich würde die Enkelin bald
                         milie half, wann immer es ging. Aber     wieder in Vollzeit arbeiten.
                         es ging eben nicht immer.                In dieser Situation suchte Cornelia
                         Es ist vor allem der normale Alltag,     Schaller Rat bei ihrer Kollegin, einer
                         der im höheren Alter zur großen He-      Altenpflegerin mit vielen Jahren Be-
                         rausforderung wird. Dinge, die bisher    rufserfahrung. Ambulante Dienste
                         einfach von der Hand gingen, werden      konzentrieren sich in der Regel auf
                         schwerer, die Mobilität und Energie      reine Pflegeleistungen, daher wäre
                         schwinden. Dabei hatte es Frieda         eine privat angestellte Hauswirtschaf-
                         Schaller noch gut. Sie lebte in einem    terin wohl die einzige Lösung. Ande-
                         Vier-Generationen-Haus im ober-          re Alternativen gab es in der Region
                         fränkischen Hof. Dank Elternzeit         Hof nicht.                            

                                                                                                             25
GESELLSCHAFT

                                                                                                              Staubsaugen, Waschen, Bügeln und Einkaufen: proSenio
                                                                                                              kümmert sich um die kleinen Dinge des Lebens, die im
                                                                                                              Alter so große Bedeutung gewinnen.
 Foto: Andrey Popov - stock.adobe.com

                                        Aus dem Fehlen echter Optionen           rinnen und Senioren, die bereits            Leistungen. Seit Juli 2019 ist proSenio
                                        wurde vor knapp drei Jahren die Idee     einen Pflegegrad haben?                     sogar mit eigenen Räumlichkeiten in
                                        zum Seniorenservice „proSenio“           Die Idee der Mitarbeiterin wurde von        der Hofer Innenstadt präsent.
                                        geboren. Sofort dachte Cornelia          der gfi aufgegriffen, weiterentwickelt      Der Zuspruch, den der neue Service
                                        Schaller an ihren Arbeitgeber, die Ge-   und die Standorte wurden bei der            der gfi in Hof, Marktredwitz und
                                        sellschaft zur Förderung beruflicher     Umsetzung begleitet. Dann ging alles        Bayreuth gefunden hat, gab Anlass zu
                                        und sozialer Integration (gfi) – ein     ganz schnell. Der erste Testlauf starte-    einer Ausweitung auf ganz Bayern.
                                        Unternehmen des Bildungswerks der        te mit gutem Erfolg. Nach einem Jahr        Bis Januar 2020 starteten Coburg,
                                        Bayerischen Wirtschaft (bbw): „Wer,      nahmen bereits 52 Menschen Hil-             Würzburg und Bamberg. Weitere
                                        wenn nicht wir, kann so einen Dienst     feleistungen in Anspruch, innerhalb         Standorte sollen folgen. So der Plan.
                                        ermöglichen?“ Mit vielfältigen Unter-    des zweiten Jahres verdreifachte sich       Doch dann kam Corona. Und mit
                                        stützungsangeboten und Projekten         der Kundenstamm. Mittlerweile wer-          dem Virus Kontakt- und Ausgangs-
                                        hilft die gfi Menschen in schwierigen    den in der Region Hof über 350 ältere       beschränkungen. Die ohnehin schon
                                        Situationen dabei, aktiv am Sozial-      Menschen unterstützt. Die Nachfrage         beeinträchtigten älteren Menschen
                                        und Berufsleben teilnehmen zu kön-       wächst weiter. Bis zu vier Interessen-      wurden zur besonders gefährdeten
                                        nen. Warum also nicht auch Senio-        ten täglich informieren sich über die       Risikogruppe erklärt.

26
GESELLSCHAFT

    „In den ersten Wochen der Corona-­         kennungsphase befinden sich sechs          Denn die Helferinnen und Helfer
    Krise im März waren unsere Kundin-         ­weitere Standorte, darunter Aschaf-       ­halten sich strikt an die Hygiene­
    nen und Kunden stark verunsichert.          fenburg, Nürnberg und Traunstein.          vorschriften und nutzen eine
    Über zehn Prozent der bereits verein-       Ein Grund für die positive Entwick-        ­Schutzausrüstung bestehend aus
    barten Termine wurden abgesagt“, er-        lung trotz aktueller Lage: ein offener      Mund-Nasen-Masken und Einmal-
    innert sich Tatjana Tichy, Produkt-         Umgang mit der Corona-Thematik.             handschuhen. Wo immer möglich,
    managerin des Fachbereichs „Arbeit,         „In einem persönlichen Gespräch             wird ein Mindestabstand von 1,5 Me-
    Teilhabe und Senioren“ der gfi. „In-        und über ein Informationsblatt bitten       tern zu den älteren Menschen einge-
    zwischen hat sich die Situation wie-        wir die Seniorinnen und Senioren,           halten. Somit geht die Unterstützung
    der beruhigt. Zwar pausieren nach           sich bei auftretenden Krankheits­           weiter. Neben haushaltsnahen
    wie vor einige unserer Auftraggeber,        symptomen frühzeitig bei uns zu mel-        Dienstleistungen wie Staubsaugen,
    jedoch gibt es an allen unseren Stand-      den. Daneben klären wir sie ­natürlich      Waschen, Bügeln und Einkaufen er-
    orten viele Anfragen von potenziellen       auch darüber auf, dass ein Infektions-      füllen die proSenio-Angestellten aber
    Neukunden.“ Im ersten Halbjahr              risiko durch unsere ­Angestellten nicht     auch ganz persönliche Wünsche: Sie
    2020 erhöhte sich die Kundenzahl            vollständig a­ usgeschlossen werden         gehen mit den älteren Damen und
    ­sogar um über 20 Prozent. Auch bei         kann. Und bieten ihnen bei Unsicher-        Herren spazieren, bereiten gemein-
     den Standorten gab es Zuwachs:             heit an, die Dienstleistung kostenlos       sam das Essen zu oder tauschen sich
     Seit März bietet Neumarkt die              abzusagen. Von dieser Möglichkeit           einfach aus. Denn gerade in schwieri-
     ­proSenio-Leistungen an, Weiden            haben aber bisher nur wenige Ge-            gen Zeiten ist ein gutes Miteinander
      startete im Juni. Derzeit in der Aner-    brauch gemacht“, berichtet Tichy.           besonders wichtig.                  

                                                                                                                                     Anzeige

Kontrastreich. Brillant. Eindrucksvoll.
PASSAVIA verwendet mineralölfreie Bio-Farben aus nachwachsenden Rohstoffen aus
bayerischer Herstellung. Die Farben ermöglichen durch ihre starke Pigmentierung einen optisch
höheren Kontrastumfang. Wir verwenden spezielle Farbprofile, die Ergebnisse weit über dem
PSO-Standard erlauben. Unsere Kunden loben uns immer wieder für die vergleichsweise „brillanten“,
„scharfen“ und „farbigen“ Bilder und Motive – sowohl auf gestrichenen, als auch auf Naturpapieren.
Aufgrund der möglichen Anwendung des PAN4C®-Verfahrens erreichen wir eine
fotorealistische Druckwiedergabe mit hoher Tiefenschärfe.

DIE KRAFT
     DER FARBE
LANDWIRTSCHAFT

                                                       Fotos: Hopfenpflanzerverband Hallertau e.V.

                   Adolf Schapfl, Hopfenpflanzer und
                    Präsident des Hopfenpflanzerver-
                 bandes Hallertau und des Deutschen
                 Hopfenpflanzerverbandes, konnte im
                 Frühsommer aufatmen. Die Hopfen-
                    pflanzen wachsen in den Himmel.

28
Sie können auch lesen