PROTRAMCOTTBUS ARGUMENTE FÜR DEN ERHALT UND AUSBAU DER COTTBUSER STRAßENBAHN EINE GEMEINSAME INITIATIVE VON IGEB, DBV, VCD, BUND, PROTRAMBERLIN ...
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Pro TramCottbus Argumente für den Erhalt und Ausbau der Cottbuser Straßenbahn Eine gemeinsame Initiative von IGEB, DBV, VCD, BUND, ProTramBerlin und Dieter Schuster www.ProTramCottbus.de #FSMJOFS'BISHBTUWFSCBOE
Kontakt Verkehrsclub Deutschland VCD Landesverband Brandenburg Verein für ökologische Verkehrsgestaltung im Haus der Natur www.ProTramCottbus.de Lindenstr. 34 info@ProTramCottbus.de 14467 Potsdam Christoph Rudel Tel: (0331) 201 55 - 60 Eine gemeinsame Intitative von Fax: (0331) 201 55 – 66 E-Mail: oeko@vcd-brandenburg.de Berliner Fahrgastverband IGEB Internet: www.vcd-brandenburg.de S-Bahnhof Lichtenberg, Empfangsgebäude Weitlingstraße 22 10317 Berlin BUND LV Brandenburg Christfried Tschepe, Artur Frenzel Friedrich-Ebert-Strasse 114a Tel: (030) 78 70 55 -11 14467 Potsdam Fax: (030) 78 70 55 -10 Axel Kruschat, BUND-Landesgeschäftsführer #FSMJOFS'BISHBTUWFSCBOE E-Mail: igeb@igeb.org Tel. (0331) 237 00 141 Internet: www.igeb.org Martin Schlegel, BUND-Verkehrsexperte Tel. (030) 78 79 00 17 oder (0160) 762 43 87 Fax: (0331) 237 00 145 Deutscher Bahnkundenverband E-Mail: presse.brandenburg@bund.net Landesverband Berlin-Brandenburg Internet: www.bund-brandenburg.de Kurfürstendamm 11 10719 Berlin Frank Böhnke ProTramBerlin Telefon: (0 30) 63 49 70 76 Ingolf Berger Telefax: (0 30) 63 49 70 99 E-Mail: info@protramberlin.de E-Mail: bahnkunden@bahnkunden.de Internet: www.protramberlin.de Internet: http://www.bahnkunden.de Dieter Schuster, Cottbus E-Mail: dp_schuster@t-online.de Inhalt Zusammenfassung: Straßenbahn Cottbus erhalten und erweitern! .................................... 3 Argumente für den Ausbau der Cottbuser Straßenbahn .............................................................. 4 Blick in die Zukunft: Wie Cottbus seine Tram weiterentwickeln kann ............................. 13 Ausgewählte Pressemeldungen ..................................................................................................................... 18 Quellen und Links ..................................................................................................................................................... 20 Impressum, Kontakt .................................................................................................................................................... 2 Impressum Initiative ProTramCottbus V.i.S.d.P.: Christfried Tschepe, c/o Berliner Fahrgastverband IGEB, Bei der Erstellung dieser Broschüre wirkten mit S-Bf. Berlin-Lichtenberg, Weitlingstraße 22, 10317 Berlin Ingolf Berger, Hansjörg Beyer, Artur Frenzel, Florian Müller, Titelbild: Foto/Montage: Florian Müller Christoph Rudel, Dieter Schuster Layout: Florian Müller, IGEB Druck: Satz+Druck, Großräschen Alle Fotos, soweit nicht anders angegeben: Florian Müller Besonderen Dank an den VCD, BUND und DBV für die Finanzierung Redaktionsschluss: 22. April 2009 der Druckkosten. Nachdruck gestattet, Belegexemplar erbeten. 2 ProTramCottbus
Zusammenfassung Straßenbahn Cottbus erhalten und erweitern – das spart Geld! ProTramCottbus – Eine gemeinsame Initiative von IGEB, DBV, VCD, BUND, ProTramBerlin und Dieter Schuster, Cottbus In der Cottbuser Stadtverwaltung wurde die Einstellung der Straßenbahn dis- kutiert. Oberbürgermeister Frank Szymanski hat sich nach heftigem Protest der Cottbuser Bevölkerung von der Komplett-Stilllegung distanziert. Aber ein zukunftsorientiertes ÖPNV-Konzept mit der Straßenbahn als attraktivem Rückgrat des Verkehrs steht noch aus. Deshalb haben mehrere Verbände, die sich in Brandenburg und Berlin für attraktiven öffentlichen Verkehr engagie- ren, und ein Cottbuser Bürger in einer gemeinsamen Initiative Argumente für Erhalt und Ausbau der Cottbuser Straßenbahn zusammengetragen. Die Ergebnisse der Arbeit hat die Initiative in dieser Broschüre veröffentlicht, die dem Oberbürgermeister und den Stadtverordneten im Mai vorgelegt wurde und die der Öffentlichkeit auf der Internetseite ProTramCottbus.de präsen- tiert wird. Weichenstellungen für die Straßenbahn in Cottbus stehen an. Die wichtigsten Ergebnisse der Arbeit 3. Busse sind kein gleichwertiger Ersatz 5. Klima- und Umweltziele erfordern lassen sich in fünf Grundsätzen und ei- für Straßenbahnen. den Ausbau der Straßenbahn. ner daraus abgeleiteten Forderung zu- Busse fahren rund 10 Jahre, Straßen- Der Cottbuser Luftreinhalteplan ist sammenfassen. bahnfahrzeuge über 30 Jahre. Sie ohne Straßenbahn zum Scheitern ver- lassen sich gemeinsam mit anderen urteilt. Dabei geht es auch um den aus 1. Das wertvolle Erbe der Stadt Cottbus Straßenbahnbetrieben günstig in dem Umland hereinströmenden Auto- darf nicht billigen Scheinlösungen großen Serien beschaffen. Sie können verkehr – ein besseres regionales Bahn- geopfert werden. mit neuen Technologien zur Energie- und Busangebot sowie eine gute Ver- Noch nie ist es einem Unternehmen rückgewinnung ausgestattet werden – knüpfung zwischen allen Verkehrsmit- gelungen, seinen Umsatz mit weniger welcher Bus erzeugt beim Bremsen teln (Tram am Hauptbahnhof) werden Angebot zu steigern. Mit dem Konzept wieder Öl? Die Straßenbahn speist in Zukunft immer wichtiger. Damit die zur Abschaffung der Straßenbahn wur- Strom zurück. Sie sind viel größer als Straßenbahn ihre Basisfunktion auch de die Stigmatisierung von Cottbus Busse und bieten damit reichlich Platz erfüllen kann, muss sie entsprechend als „Stadt im Abstieg“ gefördert. Dem auch für Rollstühle, Kinderwagen, ausgestattet werden. haben die Bürger mit ihren Protesten Fahrräder und Rollatoren! ein Bekenntnis zu Cottbus entgegen- Deshalb appelliert die gemeinsame In- gesetzt. 4. Stadt und Straßenbahn brauchen itiative an alle Verantwortlichen: sich gegenseitig. Bekennen Sie sich zur langfristi- 2. Der Zuschussbedarf für den öffent- Öffentliche Einrichtungen sind auf gen Beibehaltung der Straßenbahn. lichen Verkehr verringert sich am eine gute Erreichbarkeit auch ohne Schreiben Sie nicht nur den heutigen nachhaltigsten, wenn dieser gut ge- Auto angewiesen. Wohnstandorte Zustand fort. Entscheiden Sie sich für nutzt wird. ohne öffentlichen Verkehr grenzen den Ausbau und die Zukunft der Stra- Die Straßenbahn als Zugpferd und von vornherein bestimmte Bevölke- ßenbahn in Cottbus. Lassen Sie ein Rückgrat des Cottbuser Nahverkehrs rungsgruppen aus. Stadtentwicklung Konzept für Erhalt, Qualifizierung und kann durch neue Strecken und einen und Verkehrsentwicklung müssen Ausbau des öffentlichen Verkehrs in attraktiven Fahrplan viele zusätzliche Hand in Hand gehen. Die Straßenbahn Cottbus erarbeiten! Fahrgäste gewinnen. Die Strecken zur entlastet die Stadt vom Autoverkehr. Universität und zum Lausitzpark sind So profitieren beide von größerem Kontakt: längst überfällig und können zusam- Zuspruch und die Stadt von weniger Internet www.ProTramCottbus.de men mit einer besseren Anbindung Zuschussbedarf. E-Mail info@ProTramCottbus.de des Hauptbahnhofs ein erster Schritt Telefon (030) 78 70 55 11 dahin sein. (c/o IGEB, Mo-Fr 13-19 Uhr) #FSMJOFS'BISHBTUWFSCBOE Berliner Fahrgast- Deutscher Verkehrsclub BUND LV Brandenburg ProTramBerlin verband IGEB Bahnkunden-Verband Deutschland VCD LV Berlin-Brandenburg LV Brandenburg sowie Dieter Schuster, Cottbus ProTramCottbus 3
Argumente für den Ausbau wieder eingeführt (3). Ebenso gibt es eine Städtepartnerschaft mit der französischen der Cottbuser Straßenbahn Stadt Montreuil (im Großraum Paris). Und was ist dort geplant? Die Wiedereinführung Die Verfasser dieser Stellungnahme begrüßen die im April 2009 getroffene Entschei- der Straßenbahn nach einigen Jahrzehnten dung der Cottbuser Stadtverwaltung, die Straßenbahn nicht abzuschaffen, wie es Abstinenz (4). noch zuvor erwogen wurde. Die Verantwortlichen sind nun aufgefordert, die Tram in Allerdings konnten die bisherigen Recht- Cottbus nicht nur für die nächsten Jahre, sondern langfristig zu erhalten! Es gilt, die fertigungen für eine mögliche Abschaffung Cottbuser Straßenbahn den geänderten Siedlungs- und Wirtschaftsstrukturen anzu- der Elektrischen in Cottbus nichts an der um- passen und auszubauen. Die Diskussion hat gezeigt, dass die absolute Mehrheit der fangreichen Kritik an dem PTV-Gutachten Bürgerinnen und Bürger der Stadt Cottbus den dauerhaften Erhalt der Straßenbahn ändern, die in vielen Zeitungs- und einigen wünscht. Eine Abschaffung der Tram hätte längerfristig weder finanzielle Vorteile Fernsehbeiträgen zum Ausdruck kam. In- gebracht noch ein besseres Angebot öffentlicher Verkehrsmittel ermöglicht. Für zwischen plädieren auch zunehmend Wis- eine gedeihliche und vorausschauende Entwicklung dieser Stadt ist die Tram un- senschaftler verschiedener Universitäten verzichtbar. Darüber hinaus leistet die Elektrische einen wesentlichen Beitrag zum für die Beibehaltung und den Ausbau der Umweltschutz und zur Ressourcenschonung. Cottbuser Straßenbahn (5). Die Verfasser dieser Stellungnahme sind kehrsmittel ermöglichen. nun im Rahmen einer vertiefenden Be- Zwar betonte die Stadt- trachtung zu dem Ergebnis gelangt, dass verwaltung sogleich, das die PTV-Studie tatsächlich so gravierende Thema ergebnisoffen be- Schwächen, methodische Mängel und Feh- handeln zu wollen, doch ler aufweist, dass sie für eine seriöse Ent- schon die Vorgehenswei- scheidungsfindung wenig geeignet ist (6). se ließ an dieser Zusiche- So ist zum Beispiel das als Alternative befür- rung Zweifel aufkommen. wortete Busnetz unter den Annahmen des So bemängelte etwa der PTV-Gutachtens gar nicht realisierbar. Un- Deutsche Bahnkunden- terschätzt werden außerdem die – rechtlich Verband, dass nur einige verbindlichen! – Verpflichtungen zur Rück- wenige der in dem PTV- zahlung von Fördermitteln, wenn die Tram Gutachten untersuchten abgeschafft worden wäre (7). Varianten der Öffent- Es stellte sich bereits von der Methodik Straßenbahn vor dem Cottbuser Rathaus. Hier müssen wegwei- lichkeit überhaupt vor- her von vornherein die Frage, ob eine so sende Entscheidungen über die Weiterentwicklung der Tram gestellt wurde – nähere weitreichende Frage wie die komplette Ab- getroffen werden. Angaben zu den anderen schaffung oder Beibehaltung eines Straßen- 11 fehlen (1). bahn-Systems überhaupt auf der Basis eines Erlauben Sie uns zunächst eine Analogie: Diese Zweifel wurden nicht zuletzt durch einzelnes Gutachtens entschieden werden Stellen Sie sich vor, Energie Cottbus bekä- verschiedene fragwürdige oder gar falsche sollte. me einen neuen Trainer. Dieser Trainer hält Behauptungen gegenüber der Presse ver- den Verein für zu teuer und lässt ein Gutach- stärkt, wonach die Fakten gegen die Tram Bürger für die Straßenbahn ten in Auftrag geben, um dies zu belegen. sprächen oder zwischen Dieselbus und Die große Mehrheit der Bürger/innen in Wunschgemäß empfiehlt das Gutachten elektrischer Tram keine wesentlichen ökolo- Cottbus scheint diese Zusammenhänge von daraufhin, die besten Spieler zu verkaufen. gischen Unterschiede bestehen sollen (2). vornherein durchschaut zu haben: Je nach Der Trainer zögert nicht, diese Idee aufzu- Erstaunlich war auch der Hinweis auf die Umfrage sprechen sich über 80 bzw. 90 % greifen und fügt hinzu, dass Energie Cottbus Cottbuser Partnerstadt Lipezk in Russland, der befragten Personen für den Erhalt ohnehin keine Zukunft hat. Allemal wäre es wo ja auch mit der Abschaffung der Straßen- der Cottbuser Straßenbahn aus (8). Die besser, wenn der Verein nur noch in der Re- gionalliga, vielleicht auch der Kreisliga, oder besser noch, nur noch auf Schulhöfen spie- len würde. Was würden Sie von einem solchen Trai- ner halten? Und Sie meinen vielleicht, so etwas käme in Wirklichkeit doch niemals vor? Nun, da könnten Sie sich irren! Die Stadt- verwaltung Cottbus und der Bürgermeister, Herr Szymanski, haben im Februar 2009 Plä- ne vorgestellt, die Cottbusser Tram stark zu reduzieren oder gar vollständig abzuschaf- Die Cottbuser Bürger sprechen sich mit großer Mehrheit für den Erhalt der Straßenbahn fen. Um dieses Vorhaben überzeugender be- aus. Daraufhin distanzierte sich die Stadtverwaltung und der Bürgermeister von der Kom- gründen zu können, wurde bei der Dresdner plettstilllegung – aber wie geht es weiter? Lausitzer Rundschau, 31. März 2009 Firma PTV ein Gutachten in Auftrag gegeben, das anscheinend ganz im Sinne der Auftrag- bahn zu rechnen sei. Genauso abstrus wäre beinahe einhellige Kritik an den Plänen der geber ausgefallen ist: Vom wirtschaftlichen es, auch bei der Instandhaltung des Straßen- Stadtverwaltung kam in diversen Leserbrie- Standpunkt her spricht es sich dafür aus, die netzes und der medizinischen Versorgung in fen bzw. Online-Foren zum Ausdruck (9). Bis Straßenbahn möglichst schnell aufzugeben Cottbus russische Verhältnisse einzuführen. Ende März 2009 konnten außerdem mehr und durch Busse zu ersetzen. Letztere sol- Übrigens hat Cottbus noch mehr Partner- als als 10 000 Unterschriften für den Erhalt len nicht nur kostengünstiger sein, sondern städte: Saarbrücken zählt dazu – dort hat der Cottbuser Straßenbahn gesammelt auch ein besseres Angebot öffentlicher Ver- man die Straßenbahn 1997 komplett neu werden – als Ergebnis eines unermüdlichen 4 ProTramCottbus
Engagements eines Cottbuser Bürgers (10). Vorschlag eines O-Bus-Systems für Cottbus 1. Schrumpfung = Niedergang? Zu Recht betrachten die Bürgerinnen und (16). Dass Cottbus seit der Wende deutlich an Ein- Bürger „ihre“ Straßenbahn als Teil ihrer Stadt Durch die Entscheidung zur Beibehaltung wohnern und Arbeitsplätzen verloren hat, ist und ihrer Lebensqualität (11). der Tram erspart man sich übrigens auch nicht zu bestreiten (1). Auf den ersten Blick Dass hierbei auch vielfach emotional künftige Diskussionen über ihre Wieder- erscheint es daher nachvollziehbar, dass geurteilt wurde bzw. wird, mag sicher zu- einführung. In einigen dutzenden Städ- die Stadtverwaltung bisher lediglich das in treffen und auch berechtigt sein – doch ten – vor allem der PTV-Studie ungeachtet dessen sprechen gerade die in Westeuropa untersuchte „harten“ ökonomischen und auf Nachhal- und Nordame- Schrumpfungs- tigkeit bezogenen Fakten im besonderen rika – hat man szenario vorge- Maße für den Erhalt und den Ausbau der nach Jahrzehn- stellt hat. Soweit Tram. Zumindest langfristig lassen sich un- ten Abstinenz auch Möglichkei- ter Beibehaltung der Tram und einer inte- die Straßenbahn ten des Ausbaus grierten Stadtentwicklung Kosten sparen. wiedereinge- der Tram näher Hierfür wird die vorliegende Stellungnahme führt und etliche geprüft wurden, zahlreiche Argumente liefern. weitere Systeme sind sie jeden- Zwar scheint die Stadtverwaltung an- befinden sich im falls nicht veröf- gesichts der fortgesetzten massiven Pro- Bau oder im Pla- fentlicht worden. teste die Pläne zur Abschaffung der Tram nungsstadium. Doch muss die vorerst tatsächlich aufgegeben zu haben Oft finden im Schrumpfung (12). Es darf dabei aber nicht übersehen Vorfeld intensive Schrumpfung in Cottbus-Sachsendorf. Der Lichtmast einer Stadt au- werden, dass die Entscheidungen über die jahrelange poli- auf der Wiese steht noch, das Haus und die Straße tomatisch ihren Zukunft der Cottbuser Straßenbahn nach tische Auseinan- daneben sind bereits abgerissen.Welche Auswirkun- Niedergang be- wie vor in Bewegung sind. Das „plötzliche“ dersetzungen um gen hat das auf den Verkehr? deuten? Auftauchen der Stilllegungspläne und ihr den Neuaufbau Um es vorweg- vorläufiges Verschwinden werfen vielerlei eines Straßenbahnnetzes statt. So wurde zunehmen: Nein! So erweisen sich auf den Fragen auf: Sollten bzw. sollen die Bürge- beispielsweise im Jahre 1960 die Tram in zweiten Blick die der Öffentlichkeit übermit- rinnen und Bürger „überrumpelt“ werden? Strasbourg abgeschafft, und keine 15 Jahre telten Annahmen des PTV-Gutachtens als Auf welchen Zeithorizont bezieht sich die später gab es erste Pläne zur Wiedereinfüh- zumindest problematisch, wenn nicht als Zusicherung, die Tram zu erhalten? Wird rung der Elektrischen. Nach langwierigen schädlich für die weitere Cottbuser Stadt- im Juni doch noch über die Stilllegung ab- Streitigkeiten konnte die neue Tram erst entwicklung. gestimmt? Was hat diese Eile zu bedeuten, 1994 ihren Betrieb aufnehmen – das aller- Dabei kann ein Schrumpfungsprozess nun binnen weniger Monate ein neues Ver- dings seitdem mit außerordentlichem Erfolg durchaus auch eine Chance für die Sied- kehrskonzept entwickeln zu wollen (13)? Je- (17)! Die Straßenbahn ist heute in der Palet- lungs- und Wirtschaftsstrukturen sein, und denfalls fällt auf, dass auch im Zusammen- te der in einer Stadt möglichen öffentlichen das „Aus“ eines Straßenbahnsystems muss hang der „Kehrtwende“ sogleich von der Verkehrsmittel kein teurer Luxus oder gar er nicht bedeuten. Wie man es besser ma- Stilllegung von drei von insgesamt sieben Auslaufmodell, sondern – bei entsprechen- chen kann, zeigt die Stadt Gera, die in etwa Streckenabschnitten der Tram konkret die der Ausgestaltung des Netzes und Anpas- so viele Einwohner hat wie Cottbus. Dort Rede ist (14). Und was ist mit der in der sung an die Stadtstrukturen – ein hochwirt- wurde die Straßenbahn schrittweise mo- „Lausitzer Rundschau“ veröffentlichten Be- schaftliches und attraktives Instrument zur dernisiert und durch neue Linien an die merkung des Bürgermeisters gemeint, dass Erbringung von Verkehrsdienstleistungen Siedlungsstruktur angepasst. Immer mehr sich die Politik Gedanken machen müsse, für die Stadtbürger. Menschen sind Richtung Innenstadt gezo- wo an anderer Stelle eingespart werden gen, wodurch Altbaugebiete neu belebt könnte (15)? Das Thema Erhalt und Ausbau Cottbus hat für das Infragestellen der Tram wurden. Die Straßenbahn hat in Gera we- der Straßenbahn wird also mit Sicherheit bereits einen hohen Preis gezahlt. Die Art sentlich dazu beigetragen, aus der Not der weiterhin in der Cottbuser Politik auf der und Weise, wie die Stadtverwaltung die Schrumpfung eine Tugend der behutsamen Tagesordnung stehen – und voraussichtlich Diskussion geführt hat, wirkte auf viele Stadtentwicklung zu machen. noch einige Kontroversen mit sich bringen. Bürgerinnen und Bürger als wenig kons- Ähnliches lässt sich aus dem benachbar- Es soll nun unser vordringliches Anliegen truktiv und auch nicht von Sachkenntnis ten Jena berichten. sein, die Stadtverordneten und die Stadt- geprägt. Ein solches Gesprächsklima hat Auch in Cottbus lässt sich die Tendenz ei- verwaltung auf Möglichkeiten aufmerksam im Ergebnis allen Beteiligten geschadet ner Bevölkerungsstabilisierung und –zunah- zu machen, wie man der Cottbuser Tram und die Stadt zunächst nicht vorange- me in einigen innenstadtnahen Stadtteilen eine langfristige und wirtschaftlich stabile bracht. beobachten. Um diesen Trend zu verstärken, Zukunft geben kann. Allein der Erhalt des benötigt man einen attraktiven Öffentlichen Straßenbahnnetzes in der gegenwärtigen Nahverkehr. Denn es ziehen wieder mehr Struktur oder – wie vom Bürgermeister vor- Fehler und Schwächen des Menschen in die Innenstadt und Innen- geschlagen – eines reduzierten „Kernetzes“ stadtnähe, gerade weil sie eine Alternative ist noch keine nachhaltige Lösung sein. Es PTV –Gutachtens zum Auto haben wollen: kurze Wege und bedarf einer klaren Perspektive für die Ent- einen guten ÖPNV. Und zudem sorgt ein wicklung der Straßenbahn in den nächsten Trotz des jetzigen Bekenntnisses zum Erhalt guter Öffentlicher Verkehr dafür, dass diese Jahren. Sie muss im Bereich des öffentlichen der Tram lohnt es sich, auf die PTV-Studie Quartiere nicht endgültig am Autoverkehr Personennahverkehrs (ÖPNV) Hauptver- einzugehen. Einerseits kann sich nämlich die (Einpendler vom Stadtrand und außerhalb) kehrsmittel bleiben und alle wichtigen Ziele Diskussion auch schnell wieder zu Lasten der ersticken. Denn dann wäre die mühsam in der Stadt bedienen. Sie darf nicht nur zu Straßenbahn ändern. Andererseits enthält erreichte Attraktivitätssteigerung dieser einer Art Folklore zur Stadtverschönerung das Gutachten eine Reihe von grundsätzli- Quartiere wieder dahin: Die Menschen wür- werden. Zudem gilt es, vor Ideen bzw. Ent- chen Irrtümern bzw. Vorurteilen gegenüber den auf der Flucht vor Lärm und Abgasen scheidungen zu warnen, die fragwürdig der Elektrischen, die immer wieder in ver- die Stadt verlassen – aber dann mangels oder gar falsch erscheinen. Dazu gehört bei- kehrspolitischen Auseinandersetzungen Alternativen jeden Tag mit dem Auto in die spielsweise der in die Diskussion gebrachte auftauchen – nicht nur in Cottbus. Stadt fahren, und selber den Lärm und die ProTramCottbus 5
Abgase verursachen, vor denen sie entflie- nen Migrationsbe- hen wollten. Ein nicht lösbarer Teufelskreis wegungen konnte würde ausgelöst und im Endergebnis zu ei- Cottbus durchaus nem völligen Ausbluten der Städte und dem profitieren. Erfordernis eines immer umfangreicheren Noch heute Straßenbaus führen. erinnert u. a. die Gera und Jena sind in dieser Hinsicht kei-1714 eingeweihte neswegs Einzelfälle. Im Gegenteil sind bis- Schlosskirche an her alle Straßenbahnbetriebe auf dem Ge- die französischen biet der früheren DDR erhalten geblieben – Hugenotten, die selbst im nur 30 000 Einwohner zählenden sich im Jahre 1701 Naumburg dreht die Elektrische wieder im in Cottbus ansie- Dauerbetrieb ihre Runden. delten und eine Ein ermutigendes Beispiel ist weiterhin diefranzösisch-refor- kleine Stadt Nordhausen (ca. 45 000 Einwoh- mierte Gemeinde ner), wo die Straßenbahn nicht nur erhalten gründeten (2). Be- Die neue Universitätsbibliothek und der Hauptcampus ist nur mit dem und modernisiert werden konnte, sondern deutenden Bevöl- Bus zu erreichen. Hier hat die Straßenbahn noch viel unerschlossenes inzwischen auch durch eine umsteigefreie kerungs-Zuwachs Fahrgastpotential. Verknüpfung mittels besonderer Fahrzeuge durch Flüchtlinge (Zusatzausrüstung mit Dieselgenerator) ins gab es natürlich auch danach noch, insbe- Wohnstandort). Die Straßenbahn als mo- Umland auf den Strecken der Harzquerbahn sondere im Jahre 1945. dernes und attraktives öffentliches Ver- (eine nichtelektrifizierte Schmalspurbahn) In der Mitte des 19. Jahrhunderts begin- kehrsmittel ist ein integraler Bestandteil fährt. nend, konnte sich Cottbus von einer kleinen einer zukunftsorientierten Stadtentwick- Ob die Schrumpfung bzw. Deindustria- Stadt mit 10 000 Einwohnern zu einem be- lung. lisierung von Cottbus und anderer Städte deutenden industriellen und technologi- überhaupt endgültig ist, weiß derzeit ohne- schen Zentrum entwickeln. Insbesondere 2. Stadtentwicklung nach dem Prinzip hin noch niemand. Bereits jetzt kann man im wegen der universitären Einrichtungen hat Sisyphus? Land Brandenburg einen Trend beobachten, Cottbus gute Chancen, an Wirtschaftskraft Eine seriöse Studie zur Entwicklung der öf- wonach vor allem ältere Menschen aus klei- zu gewinnen. So erscheint es nicht ausge- fentlichen Verkehrsmittel müsste sich zu- neren Orten in die Städte ziehen. Von dieser schlossen, dass künftig auch die Einwohner- nächst unbedingt mit der bisherigen Stadt- Entwicklung kann auch Cottbus profitieren. zahlen wieder zunehmen. und Verkehrsplanung in Cottbus beschäf- Eine wesentliche Voraussetzung dafür sind tigen. Hierbei würde man wohl recht schnell jedoch attraktive öffentliche Verkehrsmittel, Die Abschaffung der Tram würde Abwan- zu dem Ergebnis gelangen, dass in Cottbus wobei besonders die Tram bei älteren Men- derungsprozesse nicht nur von Menschen, leider nicht immer alle Potentiale genutzt schen hohen Anklang findet. sondern auch von Wirtschaft und Bil- wurden. So hat sich beispielsweise das Heiz- Betrachtet man sich die Geschichte Bran- dungs- bzw. Forschungseinrichtungen be- kraftwerk als Verlustbringer erwiesen – in denburgs, so war diese Region nicht nur von schleunigen. Cottbus kann seine Rolle und anderen Städten tragen Kraftwerke dazu bei, Rückgängen der Einwohnerzahlen geprägt, seine Position als attraktives Zentrum der die kommunalen Einnahmen zu verbessern. sondern auch immer wieder von starker Lausitz auf Dauer nur halten und stärken, Sie sind dort eine wesentliche finanzielle Ba- Immigration. Bekannt sind die Zuwande- wenn es seine Funktionen als Oberzent- sis von Stadtwerken, in deren Rahmen auch rungen aus Böhmen bzw. aus Frankreich im rum stärkt (Wirtschafts-, Technologie-, öffentliche Verkehrsmittel angeboten wer- 17. und 18.Jahrhundert. Von den verschiede- Bildungs-, Kulturzentrum und attraktiver den. Ebenso sehr erwies sich das Hallenbad Lagune als falsch konzipiert, sowohl vom Standort als auch vom Finanzierungsmodell sowie von der baulichen Dimension her. Die Lagune brachte Cottbus nicht mehr Urbani- tät, sondern einen weiteren Auftrag für die Branche der Insolvenzverwalter (1). Was den Standort der Lagune betrifft, so wurde sie leider nicht in die Nähe der Tram gebaut. Hingegen musste das Hallenbad in der Thiemstraße geschlossen werden, das über einen guten Zugang zum Straßen- bahnnetz verfügte. Das Ergebnis dieser Fehlplanung: Die Straßenbahn gewinnt kei- ne weiteren Fahrgäste, die Lagune schreibt offenkundig dauerhaft rote Zahlen. Um es am Beispiel des unglückseligen Sisyphus zu veranschaulichen: Viel Geld und viel Mühe wurde investiert, um am Ende wie- der zurückgeworfen zu werden. Bei einer behutsameren, integrierten Planung wäre die unvorteilhafte Entwicklung der Lagune vermutlich zu vermeiden gewesen. Nicht genutzte Potentiale für den Öffent- lichen Verkehr finden sich auch bei der An- bindung der aufwändig entwickelten Bran- Die Straßenbahn fährt mitten durch die Altstadt und erzeugt so einen urbanen, angeneh- denburger Technischen Universität. Die BTU men Charakter. ist einer der wichtigsten Arbeitgeber mit 6 ProTramCottbus
einem weiten Einzugsbereich. Man kann dieser Untersu- Zudem nutzen Studierende chung also entnehmen, dass überdurchschnittlich häufig der ÖPNV Zuwächse verbu- nicht nur das Fahrrad, sondern chen kann! Hingegen sind auch öffentlicher Verkehrsmit- im Bereich des motorisierten tel. Eine Voraussetzung dafür Individualverkehrs (MIV) eher ist allerdings ein attraktives Stagnation bzw. Rückgänge Angebot. Leider aber ist bis- zu verzeichnen. Dieser aller- her die Chance vertan worden, dings für Busse und Bahnen das Straßenbahnnetz bis zum gleichwohl weniger vorteil- Campus auszudehnen. Das hafte Modal-Split (=Anteil der gelegentlich vorgebrachte Verkehrsmittelwahl) (5) darf Argument, wonach die univer- aber nicht zu einer Politik des sitären Einrichtungen über die „Kopf in den Sand-Steckens“ ganze Stadt Cottbus verstreut führen – und erst recht nicht und deshalb schwer mit der dazu, gerade das „Zugpferd“ Tram erschließbar seien, kann des ÖPNV zu vernachlässigen bei näherer Betrachtung nicht oder gar abzuschaffen, näm- überzeugen. Die aufkommens- lich die Tram. Insbesondere starken Institute befinden sich Straßenbahn und Autoverkehr. Ohne die Straßenbahn verlöre Cottbus ei- der demographische Wan- in direkter Nähe zueinander nen Identfikationsträger, die Luftqualität würde sinken und die Stadt un- del wird einen wesentlich am Nordrand der Cottbuser term Strich draufzahlen. höheren Anteil älterer Men- Innenstadt (Brunschwig). Bei schen hervorbringen, aber den Außenstellen handelt es sich nur um wie folgt beschreiben: auch von Familien mit kleinen Kindern. Vor jeweils recht kleine Einrichtungen. • MIV: Stagnation mit einer Entwicklung allem wegen dieses wachsenden Kunden- An den vorhandenen Gleisen der Cottbu- von 41% (1994) über 46% (1998) auf er- kreises werden öffentliche Verkehrsmittel ser Tram wurde indessen beharrlich gebaut – neut 41% (2003) der täglichen Wege im künftig eine eher wieder zunehmende Be- auch im letzten Jahr. Kaum befindet sich das Gesamtverkehr (Bewohnerverkehr: 33% / deutung erfahren. Netz jetzt in einem guten Zustand, diskutiert 39% / 34%), Einige Verkehrsbetriebe reagieren bereits die Stadt die Abschaffung der Straßenbahn – • Fahrradverkehr: Zuwachs von 18% auf diese Entwicklung – z. B. durch Einfüh- diese Planlosigkeit wird zu Recht immer (1994/1998) auf 22% (2003) der täglichen rung von Seniorentickets. Somit ergeben wieder bemängelt, so beispielsweise vom Wege im Gesamtverkehr (Bewohnerver- sich aus der demographischen Entwicklung VCD in der Lausitzer Rundschau (2). kehr: 20% / 21% / 26%), neben einigen unbestreitbaren Schwierig- Auf die Problematik der teilweise gera- • ÖPNV: Zuwachs von 9% (1994/1998) auf keiten durchaus auch Chancen, die es zu dezu chaotisch anmutenden Stadtplanung 12% (2003) der täglichen Wege im Ge- nutzen gilt. in Cottbus geht der veröffentlichte Teil des samtverkehr (Bewohnerverkehr: 10% / 9% PTV-Gutachtens leider nicht ein – womit / 11%), Stadt- und Verkehrsplanung gehören un- eine wesentliche Ursache der jetzigen Krise • Fußgängerverkehr: Anhaltender Rück- trennbar zusammen. Werden Tram und der Straßenbahn nicht berücksichtigt wird. gang von 32 % (1994) über 27 % (1998) Stadtentwicklung aufeinander bezogen, Für Cottbus wäre es von großem Vorteil, auf 25% (2003) der täglichen Wege im profitieren beide Seiten durch bessere künftig eine stärker integrierte Stadt- und Gesamtverkehr (Bewohnerverkehr: 37% / Auslastung von Zügen und durch mehr Verkehrsplanung zu betreiben. Einrichtun- 31% / 29%). Kunden für kommerzielle und öffentliche gen mit hohem Publikumsverkehr gehören In Bezug auf die Verkehrsarbeit, die mit dem Einrichtungen (Beispiel: das Freizeitbad grundsätzlich in der Nähe einer Straßen- Verkehrsaufkommen und der mittleren Ent- Lagune). bahnlinie errichtet. Dann würden nicht nur fernung pro Weg in engem Zusammenhang die Züge der Cottbuser Straßenbahn wieder steht, deutet sich nach einer langjährigen Zu- 3. Luftreinhaltung – ja, aber bitte nicht voller, sondern auch die Einrichtungen bes- nahme im MIV bis 1998 mit den Zahlen von in Cottbus!? ser genutzt werden, die sich mit der Elektri- 2003 ebenfalls ein leichter Rückgang (um Die Frage der Schadstoff-Emissionen hat schen erreichen lassen. In anderen Ländern, 10%) an. Die Zunahme der MIV-Fahrleistun- in der PTV-Untersuchung keine erkennba- z. B. den Niederlanden, ist es sogar eine gen scheint demnach gebremst, vor allem re Rolle gespielt. Dabei ist dies in Cottbus gesetzliche Verpflichtung, Gebäude mit zugunsten des Fahrradverkehrs. Der festzu- sehr wohl ein Problem: In der Bahnhofstraße hohem Publikumsaufkommen bzw. vielen stellende Entwicklungstrend be- Mitarbeitern hinreichend durch öffentliche gründet die Tatsache wesentlich Verkehrsmittel zu erschließen. mit, dass seit Ende der 90er Jahre Für die Zukunft gilt es, aus sozialen, öko- im Cottbuser Straßennetz insge- logischen und ökonomischen Gründen Al- samt betrachtet nur noch geringe ternativen zum Auto zu schaffen bzw. zu Verkehrszunahmen zu registrieren verbessern. Dabei dürfen das Fahrrad und sind. Dies belegen die Ergebnisse der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) von Verkehrserhebungen aus den nicht gegeneinander ausgespielt werden. Es Jahren 1999 bis 2005, die in die trifft sicher zu, dass in Cottbus mehr Men- Analysen zum Luftreinhalteplan schen das Fahrrad benutzen als Busse und (Analysefall 2005, Basisfall 2006) Bahnen (3). eingeflossen sind. (…) Betrachtet man sich indessen die Aussa- Die in den Zahlen sich andeu- gen des Luftreinhalte- und Aktionsplans für tende, leichte Trendwende – vom die Stadt Cottbus vom August 2006, ergibt MIV zum Umweltverbund – stellt sich ein differenzierteres Bild: eine wichtige Rahmenbedingung Die Straßenbahn in der Bahnhofstraße. Eine Umstel- „Die Mobilitätsentwicklung lässt sich an- für die langfristige Luftreinhal- lung auf Dieselbusse würde die Luftqualität hier noch hand der vorliegenden Daten im Einzelnen tungspolitik dar.“ (4) weiter verschlechtern. ProTramCottbus 7
werden seit Jahren die Grenzwer- sondern muss vielmehr durch eine offensive te für Feinstaub und Stickstoffdi- Politik ihre Stärken zum Ausdruck bringen. oxid (NO2) überschritten, im Jahr Keine Bedeutung hat in diesem Zusam- 2007 lag Cottbus mit 59 Tagen menhang die Frage, wie sich die Kosten bei über 50 µg/m3 bundesweit auf Elektrizität und Dieselkraftstoffen in der Platz 8 des Negativ-Rankings! Er- jüngsten Vergangenheit entwickelt haben. laubt wären maximal 35 Tage. Be- Entscheidend ist vielmehr: Wie sieht es in reits in den ersten acht Wochen Zukunft aus? des Jahres 2009 wurden schon wieder 15 Überschreitungsta- Wird der Dieseltreibstoff eines Tages ge gezählt. Axel Kruschat, Lan- außerordentlich teuer, kämen auf die desgeschäftsführer des BUND Stadt Cottbus nicht nur hohe Kosten Brandenburg, bringt es auf den zu, sondern es wäre auch kein schneller Punkt: „Die Stilllegung des Stra- Wechsel zu elektrischen öffentlichen ßenbahn sorgt aus zwei Gründen Auch wenn die Stromrechnung aus Nürnberg kommt: Verkehrsmitteln möglich, da alleine die für schlechte Luft: Zum einen Der Strom für die Energieregion Cottbus und seine Stra- Planung eines solchen Systems mehrere werden Busse bei weitem nicht ßenbahn wird gleich nebenan im Kraftwerk Jänschwal- Jahre benötigt. so gut akzeptiert, wie Straßen- de erzeugt. Die Wolken der Kühltürme erinnern daran. bahnen, wodurch dem Betrieb 5. 2007 = 2020? massiv Fahrgäste verloren gingen, die zum wobei auch die Emissionen von Feinstaub Die Studie stellt als „Straßenbahnoption“ großen Teil aufs Auto umstiegen. Zum ande- und Stickoxid berücksichtigt werden sollen. das ÖPNV-Netz von Cottbus aus dem Jahr ren fährt die Tram in der Stadt abgasfrei.“ (1) Mehr noch: Die EU prüft derzeit gegen- 2007 unverändert als Vergleichsgrundlage Die vorgesehene Schließung des Mittleren über der Bundesrepublik Deutschland ein für das Jahr 2020 dar. Die alternativen Bus- Straßenrings (Stadtring) (2) dürfte indessen Verfahren wegen Vertragsverletzung, da netze wiederum sind an der veränderten weniger zur Verbesserung der Luftqualität die Grenzwerte für Feinstaubpartikel wie- Stadtstruktur ausgerichtet. Damit findet ein beitragen. Zwar soll dann die Kapazität der derholt überschritten wurden. Wie gesagt, methodisch falscher, überdies unfairer und Bahnhofstraße für den motorisierten Indi- zählt Cottbus zu den Städten, in denen re- nicht realistischer Vergleich statt. Es würde vidualverkehr zurückgebaut werden, wo- gelmäßig zu hohe Feinstaub-Konzentratio- natürlich auch mit der Straßenbahn im Jahr durch dort auch die Schadstoff-Emissionen nen nachgewiesen werden (5). 2020 in Cottbus ein anderes, den veränder- abnehmen dürften. Doch entlang des eben- ten Stadtstrukturen angepasstes Netz geben falls zentral gelegenen Stadtrings muss mit Vor dem Hintergrund rechtlich ver- und sicher nicht den Zustand von 2007 (1). einer erheblichen Steigerung der Abgase bindlicher Vorgaben zur Luftreinhal- gerechnet werden. tung würden der Stadt Cottbus nach Der methodisch falsche Vergleich des Feinstaub- und CO2-Emissionen aus der Abschaffung der Tram vermutlich hohe PTV-Gutachtens legt schon den Ver- Cottbuser Innenstadt zurückzudrängen, ist Geldforderungen entstehen. Im Bereich dacht nahe, dass ein echter Kostenvor- keineswegs nur eine Gefälligkeit gegenüber der motorisierten Verkehre ist die Stra- teil auf Seiten des Busses überhaupt den Bürgerinnen und Bürgern, sondern eine ßenbahn in Cottbus das beste Mittel zur nicht besteht. rechtliche Verpflichtung, die ggf. auch ein- Feinstaubvermeidung. geklagt werden kann. Wie soll diese erfüllt 6. Soll der Bus auf Schienen fahren? werden, wenn statt der umweltfreundli- 4. Wenn der Tank einmal leer ist … Das in den Graphiken dargestellte Busnetz chen Straßenbahn künftig Dieselbusse fah- Mit dem Argument des (vor Ort) abgasfreien weist Linienführungen wie die heutige Stra- ren (3)? Verkehrs der Straßenbahn ist noch ein ande- ßenbahn auf. Wer die Strecken der Cottbuser Nochmals sei erwähnt, dass es für Cott- rer bedeutsamer Aspekt verbunden: Straßenbahn kennt, wird schnell feststel- bus einen aktuellen Plan zur Luftreinhaltung Derzeit kann niemand gibt. Er empfiehlt die Beibehaltung der Tram genau sagen, wie lange der ausdrücklich. Dort heißt es: Dieselkraftstoff noch bezahl- „Der Verkehrsentwicklungsplan enthält bar sein wird. Auf diese sehr darüber hinaus weitere Konzeptbausteine wichtige Frage der Versor- mit Relevanz für das Qualitätsziel der Luft- gungs-Sicherheit geht das reinhaltung: PTV-Gutachten leider auch • ÖPNV-Konzept, mit dem Ziel der nach- nicht ein. Jedenfalls wäre es haltigen Sicherung der Straßenbahn als außerordentlich riskant, in „Rückgrat“ des städtischen ÖPNV-Systems, dieser unsicheren Zeit allein • Fuß- und Radwegenetzkonzepte, mit auf den Dieselbus zu setzen. dem Ziel einer nachhaltigen Sicherung Einige Experten gehen davon und Förderung beider nicht motorisierter aus, dass in 20 bis 25 Jahren und daher besonders umweltfreundlicher „Schluss“ ist mit dem Erdöl (1). Verkehrsarten sowie Und dann? Die Elektrizität für Die Strecke nach Sachsendorf führt abseits der Straßen mit- • Lkw-Führungskonzept, mit dem Ziel einer die Straßenbahn hingegen ten durch das Siedlungsgebiet. Hier wäre die Umstellung Bündelung des Schwerverkehrs auf leis- wird man immer herstellen auf Bus besonders schwierig. tungsfähigen und zugleich wenig sensib- können. Hierbei ist es von len Straßen (Stichwort „Betroffene“).“ (4) erheblichem Vorteil, dass Cottbus eine lan- len, dass eine Umstellung auf Busbetrieb Auf die Problematik der zusätzlichen Emis- ge Tradition auf dem Gebiet der Energie- an vielen Stellen auf außerordentliche sionen durch den verstärkten Busverkehr Umwandlung hat. Daher sollte die Stadt Schwierigkeiten stoßen würde. nach Abschaffung der Cottbuser Tram ist Möglichkeiten nutzen, innovative Techniken Die Strecke nach Neu Schmellwitz weist inzwischen sogar das Landesumweltamt zur Erzeugung bzw. Einsparung von Elekt- noch nicht einmal eine durchgehende, di- Brandenburg aufmerksam geworden. Daher roenergie zu nutzen und voranzubringen. rekt parallel verlaufende Straße auf. Eine werden nun für die Stadt Cottbus die Varian- Vor diesem Hintergrund darf Cottbus seine ersatzweise eingerichtete Buslinie müsste ten mit und ohne Straßenbahn untersucht, elektrische Straßenbahn nicht aufgeben, auf der am Rande des Ortes befindlichen 8 ProTramCottbus
Gerhart-Hauptmann-Straße eingerichtet der öffentliche Nahverkehr unattraktiver ten im Schülerverkehr. Doch selbst im Cott- werden. Neu Schmellwitz ließe sich so nur und im Betrieb teurer (längere Fahrwege buser Stadtgebiet gäbe es Ausdünnungen: noch durch Umwegfahrten erschließen – ohne zusätzliche Erschließung). Wie sich Gemäß PTV-Gutachten soll ausgerechnet Fahrgastverluste und höhere Betriebskos- die Fahrgäste entscheiden werden, dürfte die nachfragestarke Buslinie 16 weitge- ten wären im Falle des Busbetriebs wohl wiederum klar sein: Wer kann, wechselt auf hend entfallen. unvermeidlich. Dazu kommt noch, dass der andere Verkehrsmittel (2). Schließlich kann Soll also das bisherige Angebot an öffent- Linienast nach Neu Schmellwitz besonders man es selbst als nur halbwegs geübter Rad- lichen Verkehrsmitteln beibehalten oder aufkommensstark ist. fahrer leicht mit der Reisegeschwindigkeit verbessert werden, müssten zahlreiche wei- Probleme gäbe es mit dem Bus auch in von Bussen aufnehmen, oder man kommt tere Busse angeschafft werden. Geld lässt der Relation nach Ströbitz: Die Straßenbahn sogar erheblich schneller voran. Einige der sich so natürlich nicht sparen. Daher läuft verläuft hier auf einer leicht angehobenen bisherigen Straßenbahn-Kunden würden das auf Einsparungen ausgerichtete PTV- eigenen Trasse im Straßenland. Wegen Gutachten in Wahrheit auf ein Konzept der größeren Fahrzeugbreite könnten zur Schrumpfung des gesamten ÖPNV sich zwei Busse nicht direkt an den Hal- in Cottbus hinaus (3): Weniger Bus und testellen begegnen. Folge: Die Busse gar keine Straßenbahn. Es würde ja müssten vor den Haltestellen die entge- auch der Logik widersprechen, im Cott- genkommenden Busse abwarten – oder buser Stadtgebiet mit der Abschaffung die Straße müsste wieder aufwändig der Tram im aufkommensstärksten Be- umgebaut werden. Fahrzeitverlänge- reich sparen zu wollen, um damit Busli- rungen wären unvermeidlich, zusätzli- nien im Umland zu verstärken, die aber che Busse müssten eingesetzt werden, nur über ein vergleichsweise geringes Kunden würden fernbleiben. Nachfrage-Potential verfügen. Auf der Linie nach Sachsendorf wie- So könnte es kein Zufall sein, dass Dr. derum könnte der Bus im Bereich des Kühne, Mitglied der SPD/Grüne-Stadt- Gelsenkirchener Platzes mangels be- verordneten-Fraktion in der Lausitzer fahrbarer Straße die Tram nicht direkt Rundschau vom 21.02.2009 von einem ersetzen. Gerade hier aber befindet Die Buslinie 16 fährt als einzige im attraktiven 20-Mi- Halbstunden- oder Stundentakt bei sich die Straßenbahn mit ihrem sehr nutentakt – unter anderem zur Uni. Teile dieser Strecke den Bussen in der Cottbuser Innen- hohen Ausbau-Standard auf Trassen könnte die Straßenbahn übernehmen. Hier in der Gel- stadt ausgeht. War ihm da vielleicht unabhängig vom Autoverkehr in un- senkirchener Allee. etwas „herausgerutscht“, was den Bür- mittelbarer Nähe des Stadtteilzentrums gern erst nach Abschaffung der Tram und erschließt die gesamte Siedlungsachse. vielleicht auch gleich zu Hause bleiben, vor offenbart werden sollte? Mit dem Bus ließe sich eine Anbindung mit allem ältere Menschen. vergleichbarer Qualität nicht herstellen. Dass sich unter der Maßgabe drastischer Doch nicht nur in den genannten Bei- Busse anstelle von Straßenbahnen ein- Einsparungen bei öffentlichen Verkehrs- spielen, auch auf den übrigen Strecken zusetzen, würde das vorhandene Stra- mitteln ein gegenüber den heutigen An- verfügt die Cottbuser Tram vielfach über ßennetz beträchtlich zusätzlich belasten, geboten besseres Busnetz realisieren eigene Trassen. Will man etwa die heuti- direkte Linienführungen der Tram lie- lässt, widerspricht nicht nur der Logik, gen eigenen, garantiert staufreien Trassen ßen sich mittels Bus teilweise nur durch sondern auch der Vielzahl verkehrspo- der Straßenbahn (zum erheblichen Teil mit erhebliche Umwegfahrten durchführen. litischer Erfahrungen aus anderen Städ- Rasengleisen) durch neue Straßen ersetzen? Zusätzliche Busse wären erforderlich, ten. Die Abschaffung der Tram geht in Dies wäre unweigerlich mit zusätzlichen In- würden die Betriebskosten erhöhen, aller Regel in wesentlich schlechtere vestitions- und Betriebskosten verbunden. doch die Fahrgäste dürften den Bussen Busverbindungen über. Fahrgäste wan- Einen Beitrag zur Verschönerung des Stadt- sicherlich zunehmend fernbleiben. dern ab, Defizite öffentlicher Verkehrs- bildes (Asphalt statt Rasen) würde diese betriebe steigen. Lösung auch nicht gerade mit sich bringen, 7. Bessere Busfahrpläne – wirklich? ganz zu schweigen von den vielfältigen um- In der Studie wird für das Szenario „Nullfall“ 8. Wo das Sparen weh tut … weltpolitischen Nachteilen. (Erhalt der Tram) und „Bus ohne Tram“ im In den Medien wird immer wieder die Zu befürchten stünde bei einem Ersatz Jahr 2020 von einer nahezu identischen schwierige finanzielle Lage der Stadt Cott- der Rasengleise durch Asphaltpisten allemal, Zahl der gefahrenen Fahrplankilometer aus- bus betont – daher müsse man auch bei den dass sie früher oder später hauptsächlich gegangen (1). Mehr noch: Im Vergleich des öffentlichen Verkehrsmitteln sparen. dem motorisierten Individualverkehr zugute Ist-Zustandes mit dem Szenario „Bus ohne Nichtsdestoweniger wird anscheinend kommen. Wie berechtigt diese Befürchtung Tram“ sollen im Ergebnis 26 Bahnen durch eine wichtige Möglichkeit zur Einsparung ist, zeigt sich am Beispiel des inzwischen auf- nur 19 Busse ersetzt werden (2). von Betriebskosten bei den öffentlichen Ver- gegebenen O-Busses in Potsdam, wo in Ba- Weder technisch noch von der Linien- kehrsmitteln nicht konsequent umgesetzt, belsberg eine Bustrasse zu einer regulären führung her lässt sich aber das bisherige nämlich die Ampel-Vorrangschaltungen öffentlichen Straße umgewidmet wurde. Straßenbahn-Angebot mit einer gegenüber für Bus und Tram. Es ist bei einigen Fahrgäs- Unter den derzeitigen Gegebenheiten je- der Tram gleichen oder gar noch geringeren ten der Eindruck entstanden, dass ein Teil doch ist ohnehin anzunehmen, dass die Bus- Zahl von Bussen bewältigen. der Vorrangschaltungen „heimlich“ zurück- se in Cottbus praktisch nur auf normalen Wenn nun im Szenario „Bus ohne Tram“ genommen wurde (beispielsweise in der Straßen im „gewöhnlichen“ Straßenver- auf den Straßenbahn-Ersatzlinien in einem Thiemstraße) und sich dadurch Fahrzeiten kehr fahren sollen (1). Der für die Nachfrage dichteren Takt gefahren werden soll als heu- verlängert haben. und einen wirtschaftlichen Betrieb entschei- te, bedeutet das unter der Annahme einer Die „grüne Welle“ in Cottbus führte bereits dende Vorteil der staufreien und direkten in etwa konstanten Kilometerleistung aller zu kritischen Äußerungen . So kam Jörg Be- Fahrt in die Innenstadt wäre nach Abschaf- Busse zwangsläufig eine Ausdünnung bei cker vom ADAC in der Lausitzer Rundschau fung der Straßenbahn dahin. Der Bus würde den übrigen Buslinien. Schlimmstenfalls vom 29.6.2007 zu folgender Erkenntnis: „Das vielmehr an jeder Ampel und in jedem Stau würden dann einige kleinere Orte in und bei System funktioniert nur, wenn der öffentli- mitwarten dürfen. Die Fahrzeiten werden Cottbus ihren Busanschluss verlieren, abge- che Nahverkehr die grüne Welle nicht stets im Bereich des gesamten Netzes länger, sehen vielleicht von einigen wenigen Fahr- unterbricht.“ Manuel Helbig von der Cott- ProTramCottbus 9
busser Verkehrswacht scheint gar nicht genug kritisiert wer- das genauso zu sehen: „Ich den (2)! Soweit ein solcher Um- habe manchmal den Eindruck, gang mit Fördermitteln Schule dass in der Bahnhofstraße macht, steht zu befürchten, eine grüne Welle greift – es sei dass künftig immer restriktiver denn, es kommt eine Straßen- mit Bewilligungen umgegan- bahn oder ein Bus dazwischen.“ gen wird – dies würde unwei- (ebenda). gerlich viele sinnvolle Projekte Ist es denn gerechtfertigt, gefährden, freilich nicht nur im höhere Betriebskosten bei Verkehrsbereich. Bussen und Bahnen in Kauf zu nehmen, um einen reibungs- Vor wenigen Jahren ist kräftig in die Infrastruktur der Cottbuser Stra- Eine Rückzahlung von För- losen Autoverkehr zu gewähr- ßenbahn investiert worden, so wie hier in den neuen Betriebshof in Neu dermitteln dürfte die Stadt leisten? Jedenfalls würden die Schmellwitz. Bei einer Abschaffung der Straßenbahn sind Fördermittel- Cottbus kaum in einer Summe Betriebskosten für den ÖPNV rückzahlungen zu erwarten. leisten können. Den Bürgern beträchtlich steigen, sollten wäre auch kaum zu vermit- Ampel-Vorrangschaltungen abgebaut oder durchaus attraktiv ist. Für einen „Bus- bzw. teln, dass die Stadt Cottbus zwar überall nicht verstärkt eingerichtet werden (1). O-Bus-Bonus“ jedenfalls fehlen bis heute kräftig sparen muss und kaum Mittel für richtige Belege. Was beim Automobil längst dringend notwendige Neuinvestitionen Eine Politik, die auf Einsparungen bei öf- als Erkenntnis anerkannt ist, gilt auch für aufbringen kann, aber gleichzeitig in fentlichen Verkehrsmitteln hinausläuft, öffentliche Verkehrsmittel: Psychologische der Lage ist, einen zweistelligen Mil- müsste konsequenterweise auch solche Faktoren spielen eine wichtige Rolle: Ist mir lionenbetrag in die Vernichtung einer Maßnahmen durchsetzen, die bei Auto- das Fahrzeug sympathisch oder nicht? Kann wertvollen, über viele Generationen fahrern eventuell unpopulär sind, wie ich mit dem Produkt oder dem Anbieter et- aufgebauten Infrastruktur auszugeben. zum Beispiel Ampel-Vorrangschaltun- was gutes oder schlechtes assoziieren? Der gen für Busse und Straßenbahnen. Bus jedenfalls nutzt meist dieselben Straßen 11. Preiswerter Bus? wie der PKW – wer also im Bus sitzt, wird sich Nochmals eine kleine Analogie: 9. Keine Tram, keine zusätzlichen Busse, schnell als Verlierer gegenüber dem komfor- Wohnt man in einer komfortablen, aber recht weniger Einwohner = mehr Fahrgäste? tableren PKW empfinden – und selbst ge- teuren Wohnung, wird man sich eventuell Ungeachtet aller dieser Unstimmigkeiten genüber dem Fahrrad, mit dem man schnel- nach einer preiswerteren Unterkunft umse- unterstellt das Gutachten, dass sich mit dem ler sein kann als mit dem Bus. Bei Schienen- hen. Vielleicht findet man dann tatsächlich reinen Busnetz 2020 höhere Einnahmen verkehren entstehen solche Gefühle nicht eine Wohnung, deren Miete niedriger ist. Ein erzielen lassen als mit der Straßenbahn- ganz so leicht (2). Schnäppchen, also schnell zugreifen! Gesagt, Option, und das trotz zurückgegangener Dies ist auch einer der Gründe, weshalb getan. Doch – oje! – unvermutet stellt man Einwohnerzahlen und den Schwierigkeiten ein O-Bussystem für Cottbus abzulehnen. nach dem Umzug fest, dass es in der neuen des Busses, mit anderen Verkehrsmitteln zu ist. Um nicht missverstanden zu werden: O- Wohnung irgendwie unangenehm riecht konkurrieren. Busse können durchaus sinnvoll sein. In Cott- und aus der Umgebung viel Lärm eindringt. Diese Logik ist nicht nachvollziehbar – je- bus aber trägt die Straßenbahn eindeutig Naja, immerhin spart man an Miete. Bis auf denfalls dann nicht, wenn man beide Ver- die Hauptlast der ÖPNV und verfügt durch einmal die Heizkostenabrechnung kommt. kehrssysteme auf das Jahr 2020 bezieht (vgl. sehr viele eigene Trassen auch über einen Schockiert stellt man fest, dass die Nachzah- m. Abschnitt 5.). Sollen die Fahrscheine für hervorragenden technischen Standard. Für lung so hoch ist, dass man im Ergebnis mehr den Bus dann teurer sein als bei einem ver- einen O-Bus blieben im wesentlichen nur zahlt als in der früheren Wohnung – und das gleichbaren Straßenbahn-System? Oder sol- eher schwach ausgelastete Strecken. Eine bei wesentlich niedrigerem Wohnkomfort. len in den Bussen mehr Fahrgäste befördert sinnvolle Gestaltung eines O-Busnetzes lässt Gibt Ihnen das im Hinblick auf die Thema- werden als mit der Tram? sich in Cottbus nicht herstellen. Zumindest tik Tram – Bus zu denken? Ein solcher Fahrgast-Zuwachs bei den Bus- in den nächsten Jahren wird der O-Bus in Es wurde bereits erwähnt, dass man zu- sen wäre – theoretisch – überhaupt nur dann Deutschland aller Voraussicht nach ohnehin sätzliche Busse einsetzen müsste, wollte möglich, wenn man in das Busnetz massiv ein „exotisches System“ mit kleinen und da- man auch nur das bisherige Angebot bei- investieren würde. Eigentrassen (Busways), mit teuren Fahrzeugserien bleiben (3). behalten. Berücksichtigt werden muss dabei dichtere Takte im Gesamtnetz, Großbusse aber außerdem, dass ein Bus eine wesent- und ausgebaute Haltestellen wären uner- Es ist eine Illusion, die Leistungsfähig- lich geringere Lebensdauer hat als eine lässlich. Aus Gründen der Nachhaltigkeit keit der Tram durch ein alternatives Bus- Straßenbahn (1) – die Fahrzeuge müssten müsste man die Fahrzeuge außerdem auf System erreichen zu können, ohne dabei also bei Busbetrieb häufiger ersetzt werden, alternative Antriebe umstellen (O-Bus o.ä.). zusätzliche Betriebskosten aufwenden was den Kostenvorteil des Busses weiter Das alles würde aber bereits so viel kosten, zu müssen. schmälert oder sogar gänzlich aufhebt. dass es in jedem Falle günstiger wäre, gleich Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Straßenbahn zu erhalten, die für die 10. Fördermittel im Brandenburger man die Kostensteigerungen und die Infla- Fahrgäste ohnehin die bessere Qualität hat. Bermuda-Dreieck? tion bei Fahrzeug-Anschaffungen berück- Hinzuzufügen ist, dass eine Straßenbahn- Im „Null-Szenario“ – also der kompletten sichtigt. Vor diesem Hintergrund ist der im trasse mit Rasengleis eine rund dreimal so Einstellung des Straßenbahnverkehrs – sind Vergleich zur Tram wesentlich häufiger not- lange Lebensdauer wie eine Bustrasse er- über 20 Millionen Euro Fördermittel zu- wendige Kauf neuer Busse finanzpolitisch reicht und damit kostengünstiger ist. rückzuzahlen. Woher soll Cottbus dieses nicht zu rechtfertigen. Nicht zuletzt haben Erfahrungen aus Geld nehmen (1)? Der Hinweis auf mögliche Das PTV-Gutachten umgeht die Frage der etlichen anderen Städten gezeigt, dass Verhandlungen mit dem Land und dem Ziel, Lebensdauer der Fahrzeuge durch den me- Busse von den potentiellen Fahrgästen bei diese Rückzahlungen abzuwenden, sind un- thodischen Trick, lediglich den Zeitraum weitem nicht so gut akzeptiert werden wie verantwortlich, unrealistisch und widerspre- bis 2020 zu untersuchen. Danach wären Straßenbahnen (1) – in der Fachwelt wird chen geltendem Recht. Eine solche, gegen nämlich sogleich neue Busse zu beschaffen, vom „Schienenbonus“ gesprochen. Dies die Interessen der Bürger/innen gerichtete während die Straßenbahnzüge noch viele gilt selbst dann, wenn das Busangebot Verschwendung öffentlicher Gelder kann Jahre länger eingesetzt werden können. 10 ProTramCottbus
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