PROTRAMCOTTBUS ARGUMENTE FÜR DEN ERHALT UND AUSBAU DER COTTBUSER STRAßENBAHN EINE GEMEINSAME INITIATIVE VON IGEB, DBV, VCD, BUND, PROTRAMBERLIN ...

Die Seite wird erstellt Christopher Diehl
 
WEITER LESEN
PROTRAMCOTTBUS ARGUMENTE FÜR DEN ERHALT UND AUSBAU DER COTTBUSER STRAßENBAHN EINE GEMEINSAME INITIATIVE VON IGEB, DBV, VCD, BUND, PROTRAMBERLIN ...
Pro TramCottbus
  Argumente für den Erhalt und Ausbau der Cottbuser Straßenbahn

                            Eine gemeinsame Initiative von
               IGEB, DBV, VCD, BUND, ProTramBerlin und Dieter Schuster
                              www.ProTramCottbus.de

#FSMJOFS'BISHBTUWFSCBOE
PROTRAMCOTTBUS ARGUMENTE FÜR DEN ERHALT UND AUSBAU DER COTTBUSER STRAßENBAHN EINE GEMEINSAME INITIATIVE VON IGEB, DBV, VCD, BUND, PROTRAMBERLIN ...
Kontakt                                                                                                                  Verkehrsclub Deutschland VCD
                                                                                                                         Landesverband Brandenburg
                                                                                                                         Verein für ökologische Verkehrsgestaltung im Haus der Natur
www.ProTramCottbus.de                                                                                                    Lindenstr. 34
info@ProTramCottbus.de                                                                                                   14467 Potsdam
                                                                                                                         Christoph Rudel
                                                                                                                         Tel: (0331) 201 55 - 60
Eine gemeinsame Intitative von                                                                                           Fax: (0331) 201 55 – 66
                                                                                                                         E-Mail: oeko@vcd-brandenburg.de
Berliner Fahrgastverband IGEB                                                                                            Internet: www.vcd-brandenburg.de
S-Bahnhof Lichtenberg, Empfangsgebäude
Weitlingstraße 22
10317 Berlin                                                                                                             BUND LV Brandenburg
Christfried Tschepe, Artur Frenzel                                                                                       Friedrich-Ebert-Strasse 114a
Tel: (030) 78 70 55 -11                                                                                                  14467 Potsdam
Fax: (030) 78 70 55 -10                                                                                                  Axel Kruschat, BUND-Landesgeschäftsführer
                                       #FSMJOFS'BISHBTUWFSCBOE
E-Mail: igeb@igeb.org                                                                                                    Tel. (0331) 237 00 141
Internet: www.igeb.org                                                                                                   Martin Schlegel, BUND-Verkehrsexperte
                                                                                                                         Tel. (030) 78 79 00 17 oder (0160) 762 43 87
                                                                                                                         Fax: (0331) 237 00 145
Deutscher Bahnkundenverband                                                                                              E-Mail: presse.brandenburg@bund.net
Landesverband Berlin-Brandenburg                                                                                         Internet: www.bund-brandenburg.de
Kurfürstendamm 11
10719 Berlin
Frank Böhnke                                                                                                              ProTramBerlin
Telefon: (0 30) 63 49 70 76                                                                                               Ingolf Berger
Telefax: (0 30) 63 49 70 99                                                                                               E-Mail: info@protramberlin.de
E-Mail: bahnkunden@bahnkunden.de                                                                                          Internet: www.protramberlin.de
Internet: http://www.bahnkunden.de

                                                                                                                          Dieter Schuster, Cottbus
                                                                                                                          E-Mail: dp_schuster@t-online.de

Inhalt
Zusammenfassung: Straßenbahn Cottbus erhalten und erweitern! .................................... 3
Argumente für den Ausbau der Cottbuser Straßenbahn .............................................................. 4
Blick in die Zukunft: Wie Cottbus seine Tram weiterentwickeln kann ............................. 13
Ausgewählte Pressemeldungen ..................................................................................................................... 18
Quellen und Links ..................................................................................................................................................... 20
Impressum, Kontakt .................................................................................................................................................... 2

Impressum
Initiative ProTramCottbus
V.i.S.d.P.: Christfried Tschepe, c/o Berliner Fahrgastverband IGEB,                                                       Bei der Erstellung dieser Broschüre wirkten mit
S-Bf. Berlin-Lichtenberg, Weitlingstraße 22, 10317 Berlin                                                                 Ingolf Berger, Hansjörg Beyer, Artur Frenzel, Florian Müller,
Titelbild: Foto/Montage: Florian Müller                                                                                   Christoph Rudel, Dieter Schuster
Layout: Florian Müller, IGEB                                                                                              Druck: Satz+Druck, Großräschen
Alle Fotos, soweit nicht anders angegeben: Florian Müller                                                                 Besonderen Dank an den VCD, BUND und DBV für die Finanzierung
Redaktionsschluss: 22. April 2009                                                                                         der Druckkosten.
Nachdruck gestattet, Belegexemplar erbeten.

2                                                                                                                                                                            ProTramCottbus
PROTRAMCOTTBUS ARGUMENTE FÜR DEN ERHALT UND AUSBAU DER COTTBUSER STRAßENBAHN EINE GEMEINSAME INITIATIVE VON IGEB, DBV, VCD, BUND, PROTRAMBERLIN ...
Zusammenfassung

Straßenbahn Cottbus erhalten und erweitern –
das spart Geld!
ProTramCottbus –
Eine gemeinsame Initiative von IGEB, DBV, VCD, BUND,
ProTramBerlin und Dieter Schuster, Cottbus
In der Cottbuser Stadtverwaltung wurde die Einstellung der Straßenbahn dis-
kutiert. Oberbürgermeister Frank Szymanski hat sich nach heftigem Protest
der Cottbuser Bevölkerung von der Komplett-Stilllegung distanziert. Aber
ein zukunftsorientiertes ÖPNV-Konzept mit der Straßenbahn als attraktivem
Rückgrat des Verkehrs steht noch aus. Deshalb haben mehrere Verbände, die
sich in Brandenburg und Berlin für attraktiven öffentlichen Verkehr engagie-
ren, und ein Cottbuser Bürger in einer gemeinsamen Initiative Argumente
für Erhalt und Ausbau der Cottbuser Straßenbahn zusammengetragen. Die
Ergebnisse der Arbeit hat die Initiative in dieser Broschüre veröffentlicht, die
dem Oberbürgermeister und den Stadtverordneten im Mai vorgelegt wurde
und die der Öffentlichkeit auf der Internetseite ProTramCottbus.de präsen-
tiert wird.                                                                                       Weichenstellungen für die Straßenbahn in
                                                                                                  Cottbus stehen an.
Die wichtigsten Ergebnisse der Arbeit                 3. Busse sind kein gleichwertiger Ersatz    5. Klima- und Umweltziele erfordern
lassen sich in fünf Grundsätzen und ei-                  für Straßenbahnen.                          den Ausbau der Straßenbahn.
ner daraus abgeleiteten Forderung zu-                    Busse fahren rund 10 Jahre, Straßen-        Der Cottbuser Luftreinhalteplan ist
sammenfassen.                                            bahnfahrzeuge über 30 Jahre. Sie            ohne Straßenbahn zum Scheitern ver-
                                                         lassen sich gemeinsam mit anderen           urteilt. Dabei geht es auch um den aus
1. Das wertvolle Erbe der Stadt Cottbus                  Straßenbahnbetrieben günstig in             dem Umland hereinströmenden Auto-
   darf nicht billigen Scheinlösungen                    großen Serien beschaffen. Sie können        verkehr – ein besseres regionales Bahn-
   geopfert werden.                                      mit neuen Technologien zur Energie-         und Busangebot sowie eine gute Ver-
   Noch nie ist es einem Unternehmen                     rückgewinnung ausgestattet werden –         knüpfung zwischen allen Verkehrsmit-
   gelungen, seinen Umsatz mit weniger                   welcher Bus erzeugt beim Bremsen            teln (Tram am Hauptbahnhof) werden
   Angebot zu steigern. Mit dem Konzept                  wieder Öl? Die Straßenbahn speist           in Zukunft immer wichtiger. Damit die
   zur Abschaffung der Straßenbahn wur-                  Strom zurück. Sie sind viel größer als      Straßenbahn ihre Basisfunktion auch
   de die Stigmatisierung von Cottbus                    Busse und bieten damit reichlich Platz      erfüllen kann, muss sie entsprechend
   als „Stadt im Abstieg“ gefördert. Dem                 auch für Rollstühle, Kinderwagen,           ausgestattet werden.
   haben die Bürger mit ihren Protesten                  Fahrräder und Rollatoren!
   ein Bekenntnis zu Cottbus entgegen-                                                            Deshalb appelliert die gemeinsame In-
   gesetzt.                                           4. Stadt und Straßenbahn brauchen           itiative an alle Verantwortlichen:
                                                         sich gegenseitig.                           Bekennen Sie sich zur langfristi-
2. Der Zuschussbedarf für den öffent-                    Öffentliche Einrichtungen sind auf       gen Beibehaltung der Straßenbahn.
   lichen Verkehr verringert sich am                     eine gute Erreichbarkeit auch ohne       Schreiben Sie nicht nur den heutigen
   nachhaltigsten, wenn dieser gut ge-                   Auto angewiesen. Wohnstandorte           Zustand fort. Entscheiden Sie sich für
   nutzt wird.                                           ohne öffentlichen Verkehr grenzen        den Ausbau und die Zukunft der Stra-
   Die Straßenbahn als Zugpferd und                      von vornherein bestimmte Bevölke-        ßenbahn in Cottbus. Lassen Sie ein
   Rückgrat des Cottbuser Nahverkehrs                    rungsgruppen aus. Stadtentwicklung       Konzept für Erhalt, Qualifizierung und
   kann durch neue Strecken und einen                    und Verkehrsentwicklung müssen           Ausbau des öffentlichen Verkehrs in
   attraktiven Fahrplan viele zusätzliche                Hand in Hand gehen. Die Straßenbahn      Cottbus erarbeiten!
   Fahrgäste gewinnen. Die Strecken zur                  entlastet die Stadt vom Autoverkehr.
   Universität und zum Lausitzpark sind                  So profitieren beide von größerem        Kontakt:
   längst überfällig und können zusam-                   Zuspruch und die Stadt von weniger       Internet www.ProTramCottbus.de
   men mit einer besseren Anbindung                      Zuschussbedarf.                          E-Mail info@ProTramCottbus.de
   des Hauptbahnhofs ein erster Schritt                                                           Telefon (030) 78 70 55 11
   dahin sein.                                                                                    (c/o IGEB, Mo-Fr 13-19 Uhr)

   #FSMJOFS'BISHBTUWFSCBOE

Berliner Fahrgast-                  Deutscher               Verkehrsclub         BUND LV Brandenburg                 ProTramBerlin
  verband IGEB                Bahnkunden-Verband           Deutschland VCD
                              LV Berlin-Brandenburg        LV Brandenburg                                     sowie Dieter Schuster, Cottbus

ProTramCottbus                                                                                                                             3
PROTRAMCOTTBUS ARGUMENTE FÜR DEN ERHALT UND AUSBAU DER COTTBUSER STRAßENBAHN EINE GEMEINSAME INITIATIVE VON IGEB, DBV, VCD, BUND, PROTRAMBERLIN ...
Argumente für den Ausbau                                                                       wieder eingeführt (3). Ebenso gibt es eine
                                                                                               Städtepartnerschaft mit der französischen
der Cottbuser Straßenbahn                                                                      Stadt Montreuil (im Großraum Paris). Und
                                                                                               was ist dort geplant? Die Wiedereinführung
Die Verfasser dieser Stellungnahme begrüßen die im April 2009 getroffene Entschei-             der Straßenbahn nach einigen Jahrzehnten
dung der Cottbuser Stadtverwaltung, die Straßenbahn nicht abzuschaffen, wie es                 Abstinenz (4).
noch zuvor erwogen wurde. Die Verantwortlichen sind nun aufgefordert, die Tram in                Allerdings konnten die bisherigen Recht-
Cottbus nicht nur für die nächsten Jahre, sondern langfristig zu erhalten! Es gilt, die        fertigungen für eine mögliche Abschaffung
Cottbuser Straßenbahn den geänderten Siedlungs- und Wirtschaftsstrukturen anzu-                der Elektrischen in Cottbus nichts an der um-
passen und auszubauen. Die Diskussion hat gezeigt, dass die absolute Mehrheit der              fangreichen Kritik an dem PTV-Gutachten
Bürgerinnen und Bürger der Stadt Cottbus den dauerhaften Erhalt der Straßenbahn                ändern, die in vielen Zeitungs- und einigen
wünscht. Eine Abschaffung der Tram hätte längerfristig weder finanzielle Vorteile              Fernsehbeiträgen zum Ausdruck kam. In-
gebracht noch ein besseres Angebot öffentlicher Verkehrsmittel ermöglicht. Für                 zwischen plädieren auch zunehmend Wis-
eine gedeihliche und vorausschauende Entwicklung dieser Stadt ist die Tram un-                 senschaftler verschiedener Universitäten
verzichtbar. Darüber hinaus leistet die Elektrische einen wesentlichen Beitrag zum             für die Beibehaltung und den Ausbau der
Umweltschutz und zur Ressourcenschonung.                                                       Cottbuser Straßenbahn (5).
                                                                                                 Die Verfasser dieser Stellungnahme sind
                                                                  kehrsmittel ermöglichen.     nun im Rahmen einer vertiefenden Be-
                                                                    Zwar betonte die Stadt-    trachtung zu dem Ergebnis gelangt, dass
                                                                  verwaltung sogleich, das     die PTV-Studie tatsächlich so gravierende
                                                                  Thema ergebnisoffen be-      Schwächen, methodische Mängel und Feh-
                                                                  handeln zu wollen, doch      ler aufweist, dass sie für eine seriöse Ent-
                                                                  schon die Vorgehenswei-      scheidungsfindung wenig geeignet ist (6).
                                                                  se ließ an dieser Zusiche-   So ist zum Beispiel das als Alternative befür-
                                                                  rung Zweifel aufkommen.      wortete Busnetz unter den Annahmen des
                                                                  So bemängelte etwa der       PTV-Gutachtens gar nicht realisierbar. Un-
                                                                  Deutsche Bahnkunden-         terschätzt werden außerdem die – rechtlich
                                                                  Verband, dass nur einige     verbindlichen! – Verpflichtungen zur Rück-
                                                                  wenige der in dem PTV-       zahlung von Fördermitteln, wenn die Tram
                                                                  Gutachten untersuchten       abgeschafft worden wäre (7).
                                                                  Varianten der Öffent-           Es stellte sich bereits von der Methodik
Straßenbahn vor dem Cottbuser Rathaus. Hier müssen wegwei- lichkeit überhaupt vor-             her von vornherein die Frage, ob eine so
sende Entscheidungen über die Weiterentwicklung der Tram gestellt wurde – nähere               weitreichende Frage wie die komplette Ab-
getroffen werden.                                                 Angaben zu den anderen       schaffung oder Beibehaltung eines Straßen-
                                                                  11 fehlen (1).               bahn-Systems überhaupt auf der Basis eines
Erlauben Sie uns zunächst eine Analogie:          Diese Zweifel wurden nicht zuletzt durch     einzelnes Gutachtens entschieden werden
Stellen Sie sich vor, Energie Cottbus bekä- verschiedene fragwürdige oder gar falsche          sollte.
me einen neuen Trainer. Dieser Trainer hält     Behauptungen gegenüber der Presse ver-
den Verein für zu teuer und lässt ein Gutach- stärkt, wonach die Fakten gegen die Tram         Bürger für die Straßenbahn
ten in Auftrag geben, um dies zu belegen. sprächen oder zwischen Dieselbus und                 Die große Mehrheit der Bürger/innen in
Wunschgemäß empfiehlt das Gutachten             elektrischer Tram keine wesentlichen ökolo-    Cottbus scheint diese Zusammenhänge von
daraufhin, die besten Spieler zu verkaufen. gischen Unterschiede bestehen sollen (2).          vornherein durchschaut zu haben: Je nach
Der Trainer zögert nicht, diese Idee aufzu-       Erstaunlich war auch der Hinweis auf die     Umfrage sprechen sich über 80 bzw. 90 %
greifen und fügt hinzu, dass Energie Cottbus Cottbuser Partnerstadt Lipezk in Russland,        der befragten Personen für den Erhalt
ohnehin keine Zukunft hat. Allemal wäre es      wo ja auch mit der Abschaffung der Straßen-    der Cottbuser Straßenbahn aus (8). Die
besser, wenn der Verein nur noch in der Re-
gionalliga, vielleicht auch der Kreisliga, oder
besser noch, nur noch auf Schulhöfen spie-
len würde.
  Was würden Sie von einem solchen Trai-
ner halten?

Und Sie meinen vielleicht, so etwas
käme in Wirklichkeit doch niemals vor?
Nun, da könnten Sie sich irren! Die Stadt-
verwaltung Cottbus und der Bürgermeister,
Herr Szymanski, haben im Februar 2009 Plä-
ne vorgestellt, die Cottbusser Tram stark zu
reduzieren oder gar vollständig abzuschaf-      Die Cottbuser Bürger sprechen sich mit großer Mehrheit für den Erhalt der Straßenbahn
fen. Um dieses Vorhaben überzeugender be-       aus. Daraufhin distanzierte sich die Stadtverwaltung und der Bürgermeister von der Kom-
gründen zu können, wurde bei der Dresdner       plettstilllegung – aber wie geht es weiter?           Lausitzer Rundschau, 31. März 2009
Firma PTV ein Gutachten in Auftrag gegeben,
das anscheinend ganz im Sinne der Auftrag-      bahn zu rechnen sei. Genauso abstrus wäre      beinahe einhellige Kritik an den Plänen der
geber ausgefallen ist: Vom wirtschaftlichen     es, auch bei der Instandhaltung des Straßen-   Stadtverwaltung kam in diversen Leserbrie-
Standpunkt her spricht es sich dafür aus, die   netzes und der medizinischen Versorgung in     fen bzw. Online-Foren zum Ausdruck (9). Bis
Straßenbahn möglichst schnell aufzugeben        Cottbus russische Verhältnisse einzuführen.    Ende März 2009 konnten außerdem mehr
und durch Busse zu ersetzen. Letztere sol-      Übrigens hat Cottbus noch mehr Partner-        als als 10 000 Unterschriften für den Erhalt
len nicht nur kostengünstiger sein, sondern     städte: Saarbrücken zählt dazu – dort hat      der Cottbuser Straßenbahn gesammelt
auch ein besseres Angebot öffentlicher Ver-     man die Straßenbahn 1997 komplett neu          werden – als Ergebnis eines unermüdlichen

4                                                                                                                             ProTramCottbus
PROTRAMCOTTBUS ARGUMENTE FÜR DEN ERHALT UND AUSBAU DER COTTBUSER STRAßENBAHN EINE GEMEINSAME INITIATIVE VON IGEB, DBV, VCD, BUND, PROTRAMBERLIN ...
Engagements eines Cottbuser Bürgers (10).        Vorschlag eines O-Bus-Systems für Cottbus 1. Schrumpfung = Niedergang?
 Zu Recht betrachten die Bürgerinnen und          (16).                                         Dass Cottbus seit der Wende deutlich an Ein-
 Bürger „ihre“ Straßenbahn als Teil ihrer Stadt      Durch die Entscheidung zur Beibehaltung    wohnern und Arbeitsplätzen verloren hat, ist
 und ihrer Lebensqualität (11).                   der Tram erspart man sich übrigens auch       nicht zu bestreiten (1). Auf den ersten Blick
    Dass hierbei auch vielfach emotional          künftige Diskussionen über ihre Wieder- erscheint es daher nachvollziehbar, dass
 geurteilt wurde bzw. wird, mag sicher zu-        einführung. In einigen dutzenden Städ- die Stadtverwaltung bisher lediglich das in
 treffen und auch berechtigt sein – doch          ten – vor allem                                                           der PTV-Studie
 ungeachtet dessen sprechen gerade die            in Westeuropa                                                             untersuchte
„harten“ ökonomischen und auf Nachhal-            und Nordame-                                                              Schrumpfungs-
 tigkeit bezogenen Fakten im besonderen           rika – hat man                                                            szenario vorge-
 Maße für den Erhalt und den Ausbau der           nach Jahrzehn-                                                            stellt hat. Soweit
 Tram. Zumindest langfristig lassen sich un-      ten Abstinenz                                                             auch Möglichkei-
 ter Beibehaltung der Tram und einer inte-        die Straßenbahn                                                           ten des Ausbaus
 grierten Stadtentwicklung Kosten sparen.         wiedereinge-                                                              der Tram näher
 Hierfür wird die vorliegende Stellungnahme       führt und etliche                                                         geprüft wurden,
 zahlreiche Argumente liefern.                    weitere Systeme                                                           sind sie jeden-
    Zwar scheint die Stadtverwaltung an-          befinden sich im                                                          falls nicht veröf-
 gesichts der fortgesetzten massiven Pro-         Bau oder im Pla-                                                          fentlicht worden.
 teste die Pläne zur Abschaffung der Tram         nungsstadium.                                                               Doch muss die
 vorerst tatsächlich aufgegeben zu haben          Oft finden im                                                             Schrumpfung
 (12). Es darf dabei aber nicht übersehen         Vorfeld intensive Schrumpfung in Cottbus-Sachsendorf. Der Lichtmast einer Stadt au-
 werden, dass die Entscheidungen über die         jahrelange poli- auf der Wiese steht noch, das Haus und die Straße tomatisch ihren
 Zukunft der Cottbuser Straßenbahn nach           tische Auseinan- daneben sind bereits abgerissen.Welche Auswirkun- Niedergang be-
 wie vor in Bewegung sind. Das „plötzliche“       dersetzungen um gen hat das auf den Verkehr?                              deuten?
 Auftauchen der Stilllegungspläne und ihr         den Neuaufbau                                                                Um es vorweg-
 vorläufiges Verschwinden werfen vielerlei        eines Straßenbahnnetzes statt. So wurde       zunehmen: Nein! So erweisen sich auf den
 Fragen auf: Sollten bzw. sollen die Bürge-       beispielsweise im Jahre 1960 die Tram in      zweiten Blick die der Öffentlichkeit übermit-
 rinnen und Bürger „überrumpelt“ werden?          Strasbourg abgeschafft, und keine 15 Jahre    telten Annahmen des PTV-Gutachtens als
 Auf welchen Zeithorizont bezieht sich die        später gab es erste Pläne zur Wiedereinfüh- zumindest problematisch, wenn nicht als
 Zusicherung, die Tram zu erhalten? Wird          rung der Elektrischen. Nach langwierigen schädlich für die weitere Cottbuser Stadt-
 im Juni doch noch über die Stilllegung ab-       Streitigkeiten konnte die neue Tram erst entwicklung.
 gestimmt? Was hat diese Eile zu bedeuten,        1994 ihren Betrieb aufnehmen – das aller-       Dabei kann ein Schrumpfungsprozess
 nun binnen weniger Monate ein neues Ver-         dings seitdem mit außerordentlichem Erfolg    durchaus auch eine Chance für die Sied-
 kehrskonzept entwickeln zu wollen (13)? Je-      (17)! Die Straßenbahn ist heute in der Palet- lungs- und Wirtschaftsstrukturen sein, und
 denfalls fällt auf, dass auch im Zusammen-       te der in einer Stadt möglichen öffentlichen  das „Aus“ eines Straßenbahnsystems muss
 hang der „Kehrtwende“ sogleich von der           Verkehrsmittel kein teurer Luxus oder gar er nicht bedeuten. Wie man es besser ma-
 Stilllegung von drei von insgesamt sieben        Auslaufmodell, sondern – bei entsprechen- chen kann, zeigt die Stadt Gera, die in etwa
 Streckenabschnitten der Tram konkret die         der Ausgestaltung des Netzes und Anpas- so viele Einwohner hat wie Cottbus. Dort
 Rede ist (14). Und was ist mit der in der        sung an die Stadtstrukturen – ein hochwirt- wurde die Straßenbahn schrittweise mo-
„Lausitzer Rundschau“ veröffentlichten Be-        schaftliches und attraktives Instrument zur dernisiert und durch neue Linien an die
 merkung des Bürgermeisters gemeint, dass         Erbringung von Verkehrsdienstleistungen Siedlungsstruktur angepasst. Immer mehr
 sich die Politik Gedanken machen müsse,          für die Stadtbürger.                          Menschen sind Richtung Innenstadt gezo-
 wo an anderer Stelle eingespart werden                                                         gen, wodurch Altbaugebiete neu belebt
 könnte (15)? Das Thema Erhalt und Ausbau         Cottbus hat für das Infragestellen der Tram   wurden. Die Straßenbahn hat in Gera we-
 der Straßenbahn wird also mit Sicherheit         bereits einen hohen Preis gezahlt. Die Art sentlich dazu beigetragen, aus der Not der
 weiterhin in der Cottbuser Politik auf der       und Weise, wie die Stadtverwaltung die Schrumpfung eine Tugend der behutsamen
 Tagesordnung stehen – und voraussichtlich        Diskussion geführt hat, wirkte auf viele Stadtentwicklung zu machen.
 noch einige Kontroversen mit sich bringen.       Bürgerinnen und Bürger als wenig kons-          Ähnliches lässt sich aus dem benachbar-
    Es soll nun unser vordringliches Anliegen     truktiv und auch nicht von Sachkenntnis       ten Jena berichten.
 sein, die Stadtverordneten und die Stadt-        geprägt. Ein solches Gesprächsklima hat         Auch in Cottbus lässt sich die Tendenz ei-
 verwaltung auf Möglichkeiten aufmerksam          im Ergebnis allen Beteiligten geschadet       ner Bevölkerungsstabilisierung und –zunah-
 zu machen, wie man der Cottbuser Tram            und die Stadt zunächst nicht vorange- me in einigen innenstadtnahen Stadtteilen
 eine langfristige und wirtschaftlich stabile     bracht.                                       beobachten. Um diesen Trend zu verstärken,
 Zukunft geben kann. Allein der Erhalt des                                                      benötigt man einen attraktiven Öffentlichen
 Straßenbahnnetzes in der gegenwärtigen                                                         Nahverkehr. Denn es ziehen wieder mehr
 Struktur oder – wie vom Bürgermeister vor-       Fehler und Schwächen des                      Menschen in die Innenstadt und Innen-
 geschlagen – eines reduzierten „Kernetzes“                                                     stadtnähe, gerade weil sie eine Alternative
 ist noch keine nachhaltige Lösung sein. Es
                                                  PTV –Gutachtens                               zum Auto haben wollen: kurze Wege und
 bedarf einer klaren Perspektive für die Ent-                                                   einen guten ÖPNV. Und zudem sorgt ein
 wicklung der Straßenbahn in den nächsten         Trotz des jetzigen Bekenntnisses zum Erhalt guter Öffentlicher Verkehr dafür, dass diese
 Jahren. Sie muss im Bereich des öffentlichen     der Tram lohnt es sich, auf die PTV-Studie Quartiere nicht endgültig am Autoverkehr
 Personennahverkehrs (ÖPNV) Hauptver-             einzugehen. Einerseits kann sich nämlich die (Einpendler vom Stadtrand und außerhalb)
 kehrsmittel bleiben und alle wichtigen Ziele     Diskussion auch schnell wieder zu Lasten der ersticken. Denn dann wäre die mühsam
 in der Stadt bedienen. Sie darf nicht nur zu     Straßenbahn ändern. Andererseits enthält erreichte Attraktivitätssteigerung dieser
 einer Art Folklore zur Stadtverschönerung        das Gutachten eine Reihe von grundsätzli- Quartiere wieder dahin: Die Menschen wür-
 werden. Zudem gilt es, vor Ideen bzw. Ent-       chen Irrtümern bzw. Vorurteilen gegenüber den auf der Flucht vor Lärm und Abgasen
 scheidungen zu warnen, die fragwürdig            der Elektrischen, die immer wieder in ver- die Stadt verlassen – aber dann mangels
 oder gar falsch erscheinen. Dazu gehört bei-     kehrspolitischen Auseinandersetzungen Alternativen jeden Tag mit dem Auto in die
 spielsweise der in die Diskussion gebrachte      auftauchen – nicht nur in Cottbus.            Stadt fahren, und selber den Lärm und die

ProTramCottbus                                                                                                                              5
PROTRAMCOTTBUS ARGUMENTE FÜR DEN ERHALT UND AUSBAU DER COTTBUSER STRAßENBAHN EINE GEMEINSAME INITIATIVE VON IGEB, DBV, VCD, BUND, PROTRAMBERLIN ...
Abgase verursachen, vor denen sie entflie-    nen Migrationsbe-
hen wollten. Ein nicht lösbarer Teufelskreis  wegungen konnte
würde ausgelöst und im Endergebnis zu ei-    Cottbus durchaus
nem völligen Ausbluten der Städte und dem     profitieren.
Erfordernis eines immer umfangreicheren          Noch      heute
Straßenbaus führen.                          erinnert u. a. die
   Gera und Jena sind in dieser Hinsicht kei-1714 eingeweihte
neswegs Einzelfälle. Im Gegenteil sind bis-  Schlosskirche an
her alle Straßenbahnbetriebe auf dem Ge-     die französischen
biet der früheren DDR erhalten geblieben –   Hugenotten, die
selbst im nur 30 000 Einwohner zählenden     sich im Jahre 1701
Naumburg dreht die Elektrische wieder im     in Cottbus ansie-
Dauerbetrieb ihre Runden.                    delten und eine
   Ein ermutigendes Beispiel ist weiterhin diefranzösisch-refor-
kleine Stadt Nordhausen (ca. 45 000 Einwoh-   mierte Gemeinde
ner), wo die Straßenbahn nicht nur erhalten  gründeten (2). Be- Die neue Universitätsbibliothek und der Hauptcampus ist nur mit dem
und modernisiert werden konnte, sondern      deutenden Bevöl- Bus zu erreichen. Hier hat die Straßenbahn noch viel unerschlossenes
inzwischen auch durch eine umsteigefreie      kerungs-Zuwachs Fahrgastpotential.
Verknüpfung mittels besonderer Fahrzeuge     durch Flüchtlinge
(Zusatzausrüstung mit Dieselgenerator) ins   gab es natürlich auch danach noch, insbe- Wohnstandort). Die Straßenbahn als mo-
Umland auf den Strecken der Harzquerbahn     sondere im Jahre 1945.                       dernes und attraktives öffentliches Ver-
(eine nichtelektrifizierte Schmalspurbahn)       In der Mitte des 19. Jahrhunderts begin- kehrsmittel ist ein integraler Bestandteil
fährt.                                        nend, konnte sich Cottbus von einer kleinen einer zukunftsorientierten Stadtentwick-
   Ob die Schrumpfung bzw. Deindustria-      Stadt mit 10 000 Einwohnern zu einem be- lung.
lisierung von Cottbus und anderer Städte     deutenden industriellen und technologi-
überhaupt endgültig ist, weiß derzeit ohne-  schen Zentrum entwickeln. Insbesondere 2. Stadtentwicklung nach dem Prinzip
hin noch niemand. Bereits jetzt kann man im  wegen der universitären Einrichtungen hat Sisyphus?
Land Brandenburg einen Trend beobachten,     Cottbus gute Chancen, an Wirtschaftskraft Eine seriöse Studie zur Entwicklung der öf-
wonach vor allem ältere Menschen aus klei-   zu gewinnen. So erscheint es nicht ausge- fentlichen Verkehrsmittel müsste sich zu-
neren Orten in die Städte ziehen. Von dieser schlossen, dass künftig auch die Einwohner- nächst unbedingt mit der bisherigen Stadt-
Entwicklung kann auch Cottbus profitieren.   zahlen wieder zunehmen.                      und Verkehrsplanung in Cottbus beschäf-
Eine wesentliche Voraussetzung dafür sind                                                 tigen. Hierbei würde man wohl recht schnell
jedoch attraktive öffentliche Verkehrsmittel, Die Abschaffung der Tram würde Abwan- zu dem Ergebnis gelangen, dass in Cottbus
wobei besonders die Tram bei älteren Men-    derungsprozesse nicht nur von Menschen, leider nicht immer alle Potentiale genutzt
schen hohen Anklang findet.                  sondern auch von Wirtschaft und Bil- wurden. So hat sich beispielsweise das Heiz-
   Betrachtet man sich die Geschichte Bran-  dungs- bzw. Forschungseinrichtungen be- kraftwerk als Verlustbringer erwiesen – in
denburgs, so war diese Region nicht nur von  schleunigen. Cottbus kann seine Rolle und    anderen Städten tragen Kraftwerke dazu bei,
Rückgängen der Einwohnerzahlen geprägt,      seine Position als attraktives Zentrum der die kommunalen Einnahmen zu verbessern.
sondern auch immer wieder von starker         Lausitz auf Dauer nur halten und stärken, Sie sind dort eine wesentliche finanzielle Ba-
Immigration. Bekannt sind die Zuwande-        wenn es seine Funktionen als Oberzent- sis von Stadtwerken, in deren Rahmen auch
rungen aus Böhmen bzw. aus Frankreich im      rum stärkt (Wirtschafts-, Technologie-, öffentliche Verkehrsmittel angeboten wer-
17. und 18.Jahrhundert. Von den verschiede-   Bildungs-, Kulturzentrum und attraktiver den. Ebenso sehr erwies sich das Hallenbad
                                                                                          Lagune als falsch konzipiert, sowohl vom
                                                                                          Standort als auch vom Finanzierungsmodell
                                                                                          sowie von der baulichen Dimension her. Die
                                                                                          Lagune brachte Cottbus nicht mehr Urbani-
                                                                                          tät, sondern einen weiteren Auftrag für die
                                                                                          Branche der Insolvenzverwalter (1).
                                                                                             Was den Standort der Lagune betrifft, so
                                                                                          wurde sie leider nicht in die Nähe der Tram
                                                                                          gebaut. Hingegen musste das Hallenbad in
                                                                                          der Thiemstraße geschlossen werden, das
                                                                                          über einen guten Zugang zum Straßen-
                                                                                          bahnnetz verfügte. Das Ergebnis dieser
                                                                                          Fehlplanung: Die Straßenbahn gewinnt kei-
                                                                                          ne weiteren Fahrgäste, die Lagune schreibt
                                                                                          offenkundig dauerhaft rote Zahlen. Um es
                                                                                          am Beispiel des unglückseligen Sisyphus
                                                                                          zu veranschaulichen: Viel Geld und viel
                                                                                          Mühe wurde investiert, um am Ende wie-
                                                                                          der zurückgeworfen zu werden. Bei einer
                                                                                          behutsameren, integrierten Planung wäre
                                                                                          die unvorteilhafte Entwicklung der Lagune
                                                                                          vermutlich zu vermeiden gewesen.
                                                                                             Nicht genutzte Potentiale für den Öffent-
                                                                                          lichen Verkehr finden sich auch bei der An-
                                                                                          bindung der aufwändig entwickelten Bran-
Die Straßenbahn fährt mitten durch die Altstadt und erzeugt so einen urbanen, angeneh- denburger Technischen Universität. Die BTU
men Charakter.                                                                            ist einer der wichtigsten Arbeitgeber mit

6                                                                                                                       ProTramCottbus
PROTRAMCOTTBUS ARGUMENTE FÜR DEN ERHALT UND AUSBAU DER COTTBUSER STRAßENBAHN EINE GEMEINSAME INITIATIVE VON IGEB, DBV, VCD, BUND, PROTRAMBERLIN ...
einem weiten Einzugsbereich.                                                                                       Man kann dieser Untersu-
Zudem nutzen Studierende                                                                                        chung also entnehmen, dass
überdurchschnittlich häufig                                                                                     der ÖPNV Zuwächse verbu-
nicht nur das Fahrrad, sondern                                                                                  chen kann! Hingegen sind
auch öffentlicher Verkehrsmit-                                                                                  im Bereich des motorisierten
tel. Eine Voraussetzung dafür                                                                                   Individualverkehrs (MIV) eher
ist allerdings ein attraktives                                                                                  Stagnation bzw. Rückgänge
Angebot. Leider aber ist bis-                                                                                   zu verzeichnen. Dieser aller-
her die Chance vertan worden,                                                                                   dings für Busse und Bahnen
das Straßenbahnnetz bis zum                                                                                     gleichwohl weniger vorteil-
Campus auszudehnen. Das                                                                                         hafte Modal-Split (=Anteil der
gelegentlich vorgebrachte                                                                                       Verkehrsmittelwahl) (5) darf
Argument, wonach die univer-                                                                                    aber nicht zu einer Politik des
sitären Einrichtungen über die                                                                                 „Kopf in den Sand-Steckens“
ganze Stadt Cottbus verstreut                                                                                   führen – und erst recht nicht
und deshalb schwer mit der                                                                                      dazu, gerade das „Zugpferd“
Tram erschließbar seien, kann                                                                                   des ÖPNV zu vernachlässigen
bei näherer Betrachtung nicht                                                                                   oder gar abzuschaffen, näm-
überzeugen. Die aufkommens-                                                                                     lich die Tram. Insbesondere
starken Institute befinden sich Straßenbahn und Autoverkehr. Ohne die Straßenbahn verlöre Cottbus ei- der demographische Wan-
in direkter Nähe zueinander nen Identfikationsträger, die Luftqualität würde sinken und die Stadt un- del wird einen wesentlich
am Nordrand der Cottbuser term Strich draufzahlen.                                                              höheren Anteil älterer Men-
Innenstadt (Brunschwig). Bei                                                                                    schen hervorbringen, aber
den Außenstellen handelt es sich nur um         wie folgt beschreiben:                           auch von Familien mit kleinen Kindern. Vor
jeweils recht kleine Einrichtungen.            • MIV: Stagnation mit einer Entwicklung           allem wegen dieses wachsenden Kunden-
   An den vorhandenen Gleisen der Cottbu-          von 41% (1994) über 46% (1998) auf er- kreises werden öffentliche Verkehrsmittel
ser Tram wurde indessen beharrlich gebaut –        neut 41% (2003) der täglichen Wege im         künftig eine eher wieder zunehmende Be-
auch im letzten Jahr. Kaum befindet sich das       Gesamtverkehr (Bewohnerverkehr: 33% / deutung erfahren.
Netz jetzt in einem guten Zustand, diskutiert     39% / 34%),                                       Einige Verkehrsbetriebe reagieren bereits
die Stadt die Abschaffung der Straßenbahn – • Fahrradverkehr: Zuwachs von 18% auf diese Entwicklung – z. B. durch Einfüh-
diese Planlosigkeit wird zu Recht immer            (1994/1998) auf 22% (2003) der täglichen      rung von Seniorentickets. Somit ergeben
wieder bemängelt, so beispielsweise vom            Wege im Gesamtverkehr (Bewohnerver- sich aus der demographischen Entwicklung
VCD in der Lausitzer Rundschau (2).                kehr: 20% / 21% / 26%),                       neben einigen unbestreitbaren Schwierig-
   Auf die Problematik der teilweise gera- • ÖPNV: Zuwachs von 9% (1994/1998) auf                keiten durchaus auch Chancen, die es zu
dezu chaotisch anmutenden Stadtplanung            12% (2003) der täglichen Wege im Ge- nutzen gilt.
in Cottbus geht der veröffentlichte Teil des       samtverkehr (Bewohnerverkehr: 10% / 9%
PTV-Gutachtens leider nicht ein – womit           / 11%),                                        Stadt- und Verkehrsplanung gehören un-
eine wesentliche Ursache der jetzigen Krise • Fußgängerverkehr: Anhaltender Rück- trennbar zusammen. Werden Tram und
der Straßenbahn nicht berücksichtigt wird.         gang von 32 % (1994) über 27 % (1998) Stadtentwicklung aufeinander bezogen,
   Für Cottbus wäre es von großem Vorteil,         auf 25% (2003) der täglichen Wege im          profitieren beide Seiten durch bessere
künftig eine stärker integrierte Stadt- und        Gesamtverkehr (Bewohnerverkehr: 37% / Auslastung von Zügen und durch mehr
Verkehrsplanung zu betreiben. Einrichtun-         31% / 29%).                                    Kunden für kommerzielle und öffentliche
gen mit hohem Publikumsverkehr gehören          In Bezug auf die Verkehrsarbeit, die mit dem     Einrichtungen (Beispiel: das Freizeitbad
grundsätzlich in der Nähe einer Straßen- Verkehrsaufkommen und der mittleren Ent- Lagune).
bahnlinie errichtet. Dann würden nicht nur fernung pro Weg in engem Zusammenhang
die Züge der Cottbuser Straßenbahn wieder steht, deutet sich nach einer langjährigen Zu- 3. Luftreinhaltung – ja, aber bitte nicht
voller, sondern auch die Einrichtungen bes- nahme im MIV bis 1998 mit den Zahlen von             in Cottbus!?
ser genutzt werden, die sich mit der Elektri- 2003 ebenfalls ein leichter Rückgang (um           Die Frage der Schadstoff-Emissionen hat
schen erreichen lassen. In anderen Ländern, 10%) an. Die Zunahme der MIV-Fahrleistun- in der PTV-Untersuchung keine erkennba-
z. B. den Niederlanden, ist es sogar eine      gen scheint demnach gebremst, vor allem           re Rolle gespielt. Dabei ist dies in Cottbus
gesetzliche Verpflichtung, Gebäude mit zugunsten des Fahrradverkehrs. Der festzu- sehr wohl ein Problem: In der Bahnhofstraße
hohem Publikumsaufkommen bzw. vielen stellende Entwicklungstrend be-
Mitarbeitern hinreichend durch öffentliche     gründet die Tatsache wesentlich
Verkehrsmittel zu erschließen.                  mit, dass seit Ende der 90er Jahre
   Für die Zukunft gilt es, aus sozialen, öko- im Cottbuser Straßennetz insge-
logischen und ökonomischen Gründen Al- samt betrachtet nur noch geringe
ternativen zum Auto zu schaffen bzw. zu        Verkehrszunahmen zu registrieren
verbessern. Dabei dürfen das Fahrrad und       sind. Dies belegen die Ergebnisse
der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) von Verkehrserhebungen aus den
nicht gegeneinander ausgespielt werden. Es Jahren 1999 bis 2005, die in die
trifft sicher zu, dass in Cottbus mehr Men- Analysen zum Luftreinhalteplan
schen das Fahrrad benutzen als Busse und (Analysefall 2005, Basisfall 2006)
Bahnen (3).                                    eingeflossen sind. (…)
   Betrachtet man sich indessen die Aussa-         Die in den Zahlen sich andeu-
gen des Luftreinhalte- und Aktionsplans für tende, leichte Trendwende – vom
die Stadt Cottbus vom August 2006, ergibt MIV zum Umweltverbund – stellt
sich ein differenzierteres Bild:               eine wichtige Rahmenbedingung Die Straßenbahn in der Bahnhofstraße. Eine Umstel-
  „Die Mobilitätsentwicklung lässt sich an- für die langfristige Luftreinhal- lung auf Dieselbusse würde die Luftqualität hier noch
hand der vorliegenden Daten im Einzelnen        tungspolitik dar.“ (4)                weiter verschlechtern.

ProTramCottbus                                                                                                                               7
PROTRAMCOTTBUS ARGUMENTE FÜR DEN ERHALT UND AUSBAU DER COTTBUSER STRAßENBAHN EINE GEMEINSAME INITIATIVE VON IGEB, DBV, VCD, BUND, PROTRAMBERLIN ...
werden seit Jahren die Grenzwer-                                                              sondern muss vielmehr durch eine offensive
 te für Feinstaub und Stickstoffdi-                                                            Politik ihre Stärken zum Ausdruck bringen.
oxid (NO2) überschritten, im Jahr                                                                 Keine Bedeutung hat in diesem Zusam-
2007 lag Cottbus mit 59 Tagen                                                                  menhang die Frage, wie sich die Kosten bei
über 50 µg/m3 bundesweit auf                                                                   Elektrizität und Dieselkraftstoffen in der
 Platz 8 des Negativ-Rankings! Er-                                                             jüngsten Vergangenheit entwickelt haben.
 laubt wären maximal 35 Tage. Be-                                                              Entscheidend ist vielmehr: Wie sieht es in
 reits in den ersten acht Wochen                                                               Zukunft aus?
des Jahres 2009 wurden schon
 wieder 15 Überschreitungsta-                                                                  Wird der Dieseltreibstoff eines Tages
ge gezählt. Axel Kruschat, Lan-                                                                außerordentlich teuer, kämen auf die
desgeschäftsführer des BUND                                                                    Stadt Cottbus nicht nur hohe Kosten
 Brandenburg, bringt es auf den                                                                zu, sondern es wäre auch kein schneller
 Punkt: „Die Stilllegung des Stra-                                                             Wechsel zu elektrischen öffentlichen
 ßenbahn sorgt aus zwei Gründen Auch wenn die Stromrechnung aus Nürnberg kommt: Verkehrsmitteln möglich, da alleine die
 für schlechte Luft: Zum einen Der Strom für die Energieregion Cottbus und seine Stra- Planung eines solchen Systems mehrere
 werden Busse bei weitem nicht ßenbahn wird gleich nebenan im Kraftwerk Jänschwal- Jahre benötigt.
so gut akzeptiert, wie Straßen- de erzeugt. Die Wolken der Kühltürme erinnern daran.
 bahnen, wodurch dem Betrieb                                                                   5. 2007 = 2020?
 massiv Fahrgäste verloren gingen, die zum       wobei auch die Emissionen von Feinstaub       Die Studie stellt als „Straßenbahnoption“
großen Teil aufs Auto umstiegen. Zum ande- und Stickoxid berücksichtigt werden sollen.         das ÖPNV-Netz von Cottbus aus dem Jahr
 ren fährt die Tram in der Stadt abgasfrei.“ (1)   Mehr noch: Die EU prüft derzeit gegen- 2007 unverändert als Vergleichsgrundlage
 Die vorgesehene Schließung des Mittleren        über der Bundesrepublik Deutschland ein       für das Jahr 2020 dar. Die alternativen Bus-
Straßenrings (Stadtring) (2) dürfte indessen Verfahren wegen Vertragsverletzung, da            netze wiederum sind an der veränderten
 weniger zur Verbesserung der Luftqualität die Grenzwerte für Feinstaubpartikel wie- Stadtstruktur ausgerichtet. Damit findet ein
 beitragen. Zwar soll dann die Kapazität der derholt überschritten wurden. Wie gesagt, methodisch falscher, überdies unfairer und
 Bahnhofstraße für den motorisierten Indi- zählt Cottbus zu den Städten, in denen re- nicht realistischer Vergleich statt. Es würde
vidualverkehr zurückgebaut werden, wo- gelmäßig zu hohe Feinstaub-Konzentratio- natürlich auch mit der Straßenbahn im Jahr
durch dort auch die Schadstoff-Emissionen        nen nachgewiesen werden (5).                  2020 in Cottbus ein anderes, den veränder-
abnehmen dürften. Doch entlang des eben-                                                       ten Stadtstrukturen angepasstes Netz geben
 falls zentral gelegenen Stadtrings muss mit Vor dem Hintergrund rechtlich ver- und sicher nicht den Zustand von 2007 (1).
einer erheblichen Steigerung der Abgase          bindlicher Vorgaben zur Luftreinhal-
gerechnet werden.                                tung würden der Stadt Cottbus nach            Der methodisch falsche Vergleich des
    Feinstaub- und CO2-Emissionen aus der Abschaffung der Tram vermutlich hohe                 PTV-Gutachtens legt schon den Ver-
Cottbuser Innenstadt zurückzudrängen, ist Geldforderungen entstehen. Im Bereich                dacht nahe, dass ein echter Kostenvor-
 keineswegs nur eine Gefälligkeit gegenüber der motorisierten Verkehre ist die Stra- teil auf Seiten des Busses überhaupt
den Bürgerinnen und Bürgern, sondern eine        ßenbahn in Cottbus das beste Mittel zur       nicht besteht.
 rechtliche Verpflichtung, die ggf. auch ein- Feinstaubvermeidung.
geklagt werden kann. Wie soll diese erfüllt                                                    6. Soll der Bus auf Schienen fahren?
 werden, wenn statt der umweltfreundli- 4. Wenn der Tank einmal leer ist …                     Das in den Graphiken dargestellte Busnetz
chen Straßenbahn künftig Dieselbusse fah- Mit dem Argument des (vor Ort) abgasfreien           weist Linienführungen wie die heutige Stra-
 ren (3)?                                        Verkehrs der Straßenbahn ist noch ein ande- ßenbahn auf. Wer die Strecken der Cottbuser
    Nochmals sei erwähnt, dass es für Cott- rer bedeutsamer Aspekt verbunden:                  Straßenbahn kennt, wird schnell feststel-
 bus einen aktuellen Plan zur Luftreinhaltung      Derzeit kann niemand
gibt. Er empfiehlt die Beibehaltung der Tram     genau sagen, wie lange der
ausdrücklich. Dort heißt es:                     Dieselkraftstoff noch bezahl-
   „Der Verkehrsentwicklungsplan enthält bar sein wird. Auf diese sehr
darüber hinaus weitere Konzeptbausteine          wichtige Frage der Versor-
 mit Relevanz für das Qualitätsziel der Luft- gungs-Sicherheit geht das
 reinhaltung:                                    PTV-Gutachten leider auch
• ÖPNV-Konzept, mit dem Ziel der nach- nicht ein. Jedenfalls wäre es
    haltigen Sicherung der Straßenbahn als außerordentlich riskant, in
   „Rückgrat“ des städtischen ÖPNV-Systems, dieser unsicheren Zeit allein
• Fuß- und Radwegenetzkonzepte, mit auf den Dieselbus zu setzen.
    dem Ziel einer nachhaltigen Sicherung        Einige Experten gehen davon
    und Förderung beider nicht motorisierter aus, dass in 20 bis 25 Jahren
    und daher besonders umweltfreundlicher „Schluss“ ist mit dem Erdöl (1).
    Verkehrsarten sowie                          Und dann? Die Elektrizität für Die Strecke nach Sachsendorf führt abseits der Straßen mit-
• Lkw-Führungskonzept, mit dem Ziel einer die Straßenbahn hingegen ten durch das Siedlungsgebiet. Hier wäre die Umstellung
    Bündelung des Schwerverkehrs auf leis- wird man immer herstellen auf Bus besonders schwierig.
    tungsfähigen und zugleich wenig sensib- können. Hierbei ist es von
    len Straßen (Stichwort „Betroffene“).“ (4)   erheblichem Vorteil, dass Cottbus eine lan- len, dass eine Umstellung auf Busbetrieb
Auf die Problematik der zusätzlichen Emis- ge Tradition auf dem Gebiet der Energie- an vielen Stellen auf außerordentliche
sionen durch den verstärkten Busverkehr Umwandlung hat. Daher sollte die Stadt Schwierigkeiten stoßen würde.
 nach Abschaffung der Cottbuser Tram ist Möglichkeiten nutzen, innovative Techniken               Die Strecke nach Neu Schmellwitz weist
 inzwischen sogar das Landesumweltamt zur Erzeugung bzw. Einsparung von Elekt- noch nicht einmal eine durchgehende, di-
 Brandenburg aufmerksam geworden. Daher roenergie zu nutzen und voranzubringen. rekt parallel verlaufende Straße auf. Eine
 werden nun für die Stadt Cottbus die Varian- Vor diesem Hintergrund darf Cottbus seine        ersatzweise eingerichtete Buslinie müsste
 ten mit und ohne Straßenbahn untersucht, elektrische Straßenbahn nicht aufgeben, auf der am Rande des Ortes befindlichen

8                                                                                                                            ProTramCottbus
PROTRAMCOTTBUS ARGUMENTE FÜR DEN ERHALT UND AUSBAU DER COTTBUSER STRAßENBAHN EINE GEMEINSAME INITIATIVE VON IGEB, DBV, VCD, BUND, PROTRAMBERLIN ...
Gerhart-Hauptmann-Straße eingerichtet der öffentliche Nahverkehr unattraktiver ten im Schülerverkehr. Doch selbst im Cott-
werden. Neu Schmellwitz ließe sich so nur und im Betrieb teurer (längere Fahrwege            buser Stadtgebiet gäbe es Ausdünnungen:
noch durch Umwegfahrten erschließen – ohne zusätzliche Erschließung). Wie sich Gemäß PTV-Gutachten soll ausgerechnet
Fahrgastverluste und höhere Betriebskos- die Fahrgäste entscheiden werden, dürfte              die nachfragestarke Buslinie 16 weitge-
ten wären im Falle des Busbetriebs wohl         wiederum klar sein: Wer kann, wechselt auf   hend entfallen.
unvermeidlich. Dazu kommt noch, dass der andere Verkehrsmittel (2). Schließlich kann           Soll also das bisherige Angebot an öffent-
Linienast nach Neu Schmellwitz besonders        man es selbst als nur halbwegs geübter Rad- lichen Verkehrsmitteln beibehalten oder
aufkommensstark ist.                            fahrer leicht mit der Reisegeschwindigkeit verbessert werden, müssten zahlreiche wei-
   Probleme gäbe es mit dem Bus auch in         von Bussen aufnehmen, oder man kommt tere Busse angeschafft werden. Geld lässt
der Relation nach Ströbitz: Die Straßenbahn     sogar erheblich schneller voran. Einige der sich so natürlich nicht sparen. Daher läuft
verläuft hier auf einer leicht angehobenen      bisherigen Straßenbahn-Kunden würden         das auf Einsparungen ausgerichtete PTV-
eigenen Trasse im Straßenland. Wegen                                                              Gutachten in Wahrheit auf ein Konzept
der größeren Fahrzeugbreite könnten                                                               zur Schrumpfung des gesamten ÖPNV
sich zwei Busse nicht direkt an den Hal-                                                          in Cottbus hinaus (3): Weniger Bus und
testellen begegnen. Folge: Die Busse                                                              gar keine Straßenbahn. Es würde ja
müssten vor den Haltestellen die entge-                                                           auch der Logik widersprechen, im Cott-
genkommenden Busse abwarten – oder                                                                buser Stadtgebiet mit der Abschaffung
die Straße müsste wieder aufwändig                                                                der Tram im aufkommensstärksten Be-
umgebaut werden. Fahrzeitverlänge-                                                                reich sparen zu wollen, um damit Busli-
rungen wären unvermeidlich, zusätzli-                                                             nien im Umland zu verstärken, die aber
che Busse müssten eingesetzt werden,                                                              nur über ein vergleichsweise geringes
Kunden würden fernbleiben.                                                                        Nachfrage-Potential verfügen.
   Auf der Linie nach Sachsendorf wie-                                                              So könnte es kein Zufall sein, dass Dr.
derum könnte der Bus im Bereich des                                                               Kühne, Mitglied der SPD/Grüne-Stadt-
Gelsenkirchener Platzes mangels be-                                                               verordneten-Fraktion in der Lausitzer
fahrbarer Straße die Tram nicht direkt                                                            Rundschau vom 21.02.2009 von einem
ersetzen. Gerade hier aber befindet Die Buslinie 16 fährt als einzige im attraktiven 20-Mi- Halbstunden- oder Stundentakt bei
sich die Straßenbahn mit ihrem sehr nutentakt – unter anderem zur Uni. Teile dieser Strecke den Bussen in der Cottbuser Innen-
hohen Ausbau-Standard auf Trassen könnte die Straßenbahn übernehmen. Hier in der Gel- stadt ausgeht. War ihm da vielleicht
unabhängig vom Autoverkehr in un- senkirchener Allee.                                             etwas „herausgerutscht“, was den Bür-
mittelbarer Nähe des Stadtteilzentrums                                                            gern erst nach Abschaffung der Tram
und erschließt die gesamte Siedlungsachse. vielleicht auch gleich zu Hause bleiben, vor offenbart werden sollte?
Mit dem Bus ließe sich eine Anbindung mit allem ältere Menschen.
vergleichbarer Qualität nicht herstellen.                                                    Dass sich unter der Maßgabe drastischer
   Doch nicht nur in den genannten Bei- Busse anstelle von Straßenbahnen ein- Einsparungen bei öffentlichen Verkehrs-
spielen, auch auf den übrigen Strecken          zusetzen, würde das vorhandene Stra- mitteln ein gegenüber den heutigen An-
verfügt die Cottbuser Tram vielfach über ßennetz beträchtlich zusätzlich belasten, geboten besseres Busnetz realisieren
eigene Trassen. Will man etwa die heuti- direkte Linienführungen der Tram lie- lässt, widerspricht nicht nur der Logik,
gen eigenen, garantiert staufreien Trassen      ßen sich mittels Bus teilweise nur durch     sondern auch der Vielzahl verkehrspo-
der Straßenbahn (zum erheblichen Teil mit erhebliche Umwegfahrten durchführen. litischer Erfahrungen aus anderen Städ-
Rasengleisen) durch neue Straßen ersetzen? Zusätzliche Busse wären erforderlich, ten. Die Abschaffung der Tram geht in
Dies wäre unweigerlich mit zusätzlichen In- würden die Betriebskosten erhöhen, aller Regel in wesentlich schlechtere
vestitions- und Betriebskosten verbunden. doch die Fahrgäste dürften den Bussen              Busverbindungen über. Fahrgäste wan-
Einen Beitrag zur Verschönerung des Stadt- sicherlich zunehmend fernbleiben.                 dern ab, Defizite öffentlicher Verkehrs-
bildes (Asphalt statt Rasen) würde diese                                                     betriebe steigen.
Lösung auch nicht gerade mit sich bringen, 7. Bessere Busfahrpläne – wirklich?
ganz zu schweigen von den vielfältigen um- In der Studie wird für das Szenario „Nullfall“ 8. Wo das Sparen weh tut …
weltpolitischen Nachteilen.                     (Erhalt der Tram) und „Bus ohne Tram“ im     In den Medien wird immer wieder die
    Zu befürchten stünde bei einem Ersatz Jahr 2020 von einer nahezu identischen             schwierige finanzielle Lage der Stadt Cott-
der Rasengleise durch Asphaltpisten allemal, Zahl der gefahrenen Fahrplankilometer aus- bus betont – daher müsse man auch bei den
dass sie früher oder später hauptsächlich       gegangen (1). Mehr noch: Im Vergleich des öffentlichen Verkehrsmitteln sparen.
dem motorisierten Individualverkehr zugute      Ist-Zustandes mit dem Szenario „Bus ohne       Nichtsdestoweniger wird anscheinend
kommen. Wie berechtigt diese Befürchtung Tram“ sollen im Ergebnis 26 Bahnen durch            eine wichtige Möglichkeit zur Einsparung
ist, zeigt sich am Beispiel des inzwischen auf- nur 19 Busse ersetzt werden (2).             von Betriebskosten bei den öffentlichen Ver-
gegebenen O-Busses in Potsdam, wo in Ba-           Weder technisch noch von der Linien- kehrsmitteln nicht konsequent umgesetzt,
belsberg eine Bustrasse zu einer regulären      führung her lässt sich aber das bisherige    nämlich die Ampel-Vorrangschaltungen
öffentlichen Straße umgewidmet wurde.           Straßenbahn-Angebot mit einer gegenüber für Bus und Tram. Es ist bei einigen Fahrgäs-
   Unter den derzeitigen Gegebenheiten je- der Tram gleichen oder gar noch geringeren        ten der Eindruck entstanden, dass ein Teil
doch ist ohnehin anzunehmen, dass die Bus- Zahl von Bussen bewältigen.                       der Vorrangschaltungen „heimlich“ zurück-
se in Cottbus praktisch nur auf normalen           Wenn nun im Szenario „Bus ohne Tram“ genommen wurde (beispielsweise in der
Straßen im „gewöhnlichen“ Straßenver- auf den Straßenbahn-Ersatzlinien in einem Thiemstraße) und sich dadurch Fahrzeiten
kehr fahren sollen (1). Der für die Nachfrage   dichteren Takt gefahren werden soll als heu- verlängert haben.
und einen wirtschaftlichen Betrieb entschei- te, bedeutet das unter der Annahme einer          Die „grüne Welle“ in Cottbus führte bereits
dende Vorteil der staufreien und direkten       in etwa konstanten Kilometerleistung aller zu kritischen Äußerungen . So kam Jörg Be-
Fahrt in die Innenstadt wäre nach Abschaf- Busse zwangsläufig eine Ausdünnung bei            cker vom ADAC in der Lausitzer Rundschau
fung der Straßenbahn dahin. Der Bus würde       den übrigen Buslinien. Schlimmstenfalls vom 29.6.2007 zu folgender Erkenntnis: „Das
vielmehr an jeder Ampel und in jedem Stau       würden dann einige kleinere Orte in und bei System funktioniert nur, wenn der öffentli-
mitwarten dürfen. Die Fahrzeiten werden         Cottbus ihren Busanschluss verlieren, abge- che Nahverkehr die grüne Welle nicht stets
im Bereich des gesamten Netzes länger, sehen vielleicht von einigen wenigen Fahr- unterbricht.“ Manuel Helbig von der Cott-

ProTramCottbus                                                                                                                           9
PROTRAMCOTTBUS ARGUMENTE FÜR DEN ERHALT UND AUSBAU DER COTTBUSER STRAßENBAHN EINE GEMEINSAME INITIATIVE VON IGEB, DBV, VCD, BUND, PROTRAMBERLIN ...
busser Verkehrswacht scheint                                                                                gar nicht genug kritisiert wer-
das genauso zu sehen: „Ich                                                                                  den (2)! Soweit ein solcher Um-
habe manchmal den Eindruck,                                                                                 gang mit Fördermitteln Schule
dass in der Bahnhofstraße                                                                                   macht, steht zu befürchten,
eine grüne Welle greift – es sei                                                                            dass künftig immer restriktiver
denn, es kommt eine Straßen-                                                                                mit Bewilligungen umgegan-
bahn oder ein Bus dazwischen.“                                                                              gen wird – dies würde unwei-
(ebenda).                                                                                                   gerlich viele sinnvolle Projekte
   Ist es denn gerechtfertigt,                                                                              gefährden, freilich nicht nur im
höhere Betriebskosten bei                                                                                   Verkehrsbereich.
Bussen und Bahnen in Kauf zu
nehmen, um einen reibungs- Vor wenigen Jahren ist kräftig in die Infrastruktur der Cottbuser Stra- Eine Rückzahlung von För-
losen Autoverkehr zu gewähr- ßenbahn investiert worden, so wie hier in den neuen Betriebshof in Neu dermitteln dürfte die Stadt
leisten? Jedenfalls würden die Schmellwitz. Bei einer Abschaffung der Straßenbahn sind Fördermittel- Cottbus kaum in einer Summe
Betriebskosten für den ÖPNV rückzahlungen zu erwarten.                                                      leisten können. Den Bürgern
beträchtlich steigen, sollten                                                                               wäre auch kaum zu vermit-
Ampel-Vorrangschaltungen abgebaut oder durchaus attraktiv ist. Für einen „Bus- bzw. teln, dass die Stadt Cottbus zwar überall
nicht verstärkt eingerichtet werden (1).       O-Bus-Bonus“ jedenfalls fehlen bis heute       kräftig sparen muss und kaum Mittel für
                                               richtige Belege. Was beim Automobil längst dringend notwendige Neuinvestitionen
Eine Politik, die auf Einsparungen bei öf- als Erkenntnis anerkannt ist, gilt auch für aufbringen kann, aber gleichzeitig in
fentlichen Verkehrsmitteln hinausläuft, öffentliche Verkehrsmittel: Psychologische            der Lage ist, einen zweistelligen Mil-
müsste konsequenterweise auch solche           Faktoren spielen eine wichtige Rolle: Ist mir lionenbetrag in die Vernichtung einer
Maßnahmen durchsetzen, die bei Auto- das Fahrzeug sympathisch oder nicht? Kann                wertvollen, über viele Generationen
fahrern eventuell unpopulär sind, wie          ich mit dem Produkt oder dem Anbieter et- aufgebauten Infrastruktur auszugeben.
zum Beispiel Ampel-Vorrangschaltun- was gutes oder schlechtes assoziieren? Der
gen für Busse und Straßenbahnen.               Bus jedenfalls nutzt meist dieselben Straßen 11. Preiswerter Bus?
                                               wie der PKW – wer also im Bus sitzt, wird sich Nochmals eine kleine Analogie:
9. Keine Tram, keine zusätzlichen Busse, schnell als Verlierer gegenüber dem komfor- Wohnt man in einer komfortablen, aber recht
weniger Einwohner = mehr Fahrgäste?            tableren PKW empfinden – und selbst ge- teuren Wohnung, wird man sich eventuell
Ungeachtet aller dieser Unstimmigkeiten        genüber dem Fahrrad, mit dem man schnel- nach einer preiswerteren Unterkunft umse-
unterstellt das Gutachten, dass sich mit dem   ler sein kann als mit dem Bus. Bei Schienen- hen. Vielleicht findet man dann tatsächlich
reinen Busnetz 2020 höhere Einnahmen           verkehren entstehen solche Gefühle nicht eine Wohnung, deren Miete niedriger ist. Ein
erzielen lassen als mit der Straßenbahn- ganz so leicht (2).                                  Schnäppchen, also schnell zugreifen! Gesagt,
Option, und das trotz zurückgegangener            Dies ist auch einer der Gründe, weshalb     getan. Doch – oje! – unvermutet stellt man
Einwohnerzahlen und den Schwierigkeiten        ein O-Bussystem für Cottbus abzulehnen. nach dem Umzug fest, dass es in der neuen
des Busses, mit anderen Verkehrsmitteln zu     ist. Um nicht missverstanden zu werden: O- Wohnung irgendwie unangenehm riecht
konkurrieren.                                  Busse können durchaus sinnvoll sein. In Cott- und aus der Umgebung viel Lärm eindringt.
   Diese Logik ist nicht nachvollziehbar – je- bus aber trägt die Straßenbahn eindeutig       Naja, immerhin spart man an Miete. Bis auf
denfalls dann nicht, wenn man beide Ver- die Hauptlast der ÖPNV und verfügt durch             einmal die Heizkostenabrechnung kommt.
kehrssysteme auf das Jahr 2020 bezieht (vgl. sehr viele eigene Trassen auch über einen Schockiert stellt man fest, dass die Nachzah-
m. Abschnitt 5.). Sollen die Fahrscheine für hervorragenden technischen Standard. Für lung so hoch ist, dass man im Ergebnis mehr
den Bus dann teurer sein als bei einem ver- einen O-Bus blieben im wesentlichen nur zahlt als in der früheren Wohnung – und das
gleichbaren Straßenbahn-System? Oder sol- eher schwach ausgelastete Strecken. Eine            bei wesentlich niedrigerem Wohnkomfort.
len in den Bussen mehr Fahrgäste befördert sinnvolle Gestaltung eines O-Busnetzes lässt         Gibt Ihnen das im Hinblick auf die Thema-
werden als mit der Tram?                       sich in Cottbus nicht herstellen. Zumindest tik Tram – Bus zu denken?
   Ein solcher Fahrgast-Zuwachs bei den Bus- in den nächsten Jahren wird der O-Bus in            Es wurde bereits erwähnt, dass man zu-
sen wäre – theoretisch – überhaupt nur dann    Deutschland aller Voraussicht nach ohnehin sätzliche Busse einsetzen müsste, wollte
möglich, wenn man in das Busnetz massiv ein „exotisches System“ mit kleinen und da- man auch nur das bisherige Angebot bei-
investieren würde. Eigentrassen (Busways), mit teuren Fahrzeugserien bleiben (3).             behalten. Berücksichtigt werden muss dabei
dichtere Takte im Gesamtnetz, Großbusse                                                       aber außerdem, dass ein Bus eine wesent-
und ausgebaute Haltestellen wären uner- Es ist eine Illusion, die Leistungsfähig- lich geringere Lebensdauer hat als eine
lässlich. Aus Gründen der Nachhaltigkeit       keit der Tram durch ein alternatives Bus- Straßenbahn (1) – die Fahrzeuge müssten
müsste man die Fahrzeuge außerdem auf System erreichen zu können, ohne dabei                  also bei Busbetrieb häufiger ersetzt werden,
alternative Antriebe umstellen (O-Bus o.ä.). zusätzliche Betriebskosten aufwenden             was den Kostenvorteil des Busses weiter
Das alles würde aber bereits so viel kosten, zu müssen.                                       schmälert oder sogar gänzlich aufhebt.
dass es in jedem Falle günstiger wäre, gleich                                                    Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn
die Straßenbahn zu erhalten, die für die 10. Fördermittel im Brandenburger                    man die Kostensteigerungen und die Infla-
Fahrgäste ohnehin die bessere Qualität hat. Bermuda-Dreieck?                                  tion bei Fahrzeug-Anschaffungen berück-
Hinzuzufügen ist, dass eine Straßenbahn- Im „Null-Szenario“ – also der kompletten sichtigt. Vor diesem Hintergrund ist der im
trasse mit Rasengleis eine rund dreimal so     Einstellung des Straßenbahnverkehrs – sind Vergleich zur Tram wesentlich häufiger not-
lange Lebensdauer wie eine Bustrasse er- über 20 Millionen Euro Fördermittel zu- wendige Kauf neuer Busse finanzpolitisch
reicht und damit kostengünstiger ist.          rückzuzahlen. Woher soll Cottbus dieses        nicht zu rechtfertigen.
   Nicht zuletzt haben Erfahrungen aus Geld nehmen (1)? Der Hinweis auf mögliche                 Das PTV-Gutachten umgeht die Frage der
etlichen anderen Städten gezeigt, dass Verhandlungen mit dem Land und dem Ziel, Lebensdauer der Fahrzeuge durch den me-
Busse von den potentiellen Fahrgästen bei      diese Rückzahlungen abzuwenden, sind un- thodischen Trick, lediglich den Zeitraum
weitem nicht so gut akzeptiert werden wie      verantwortlich, unrealistisch und widerspre- bis 2020 zu untersuchen. Danach wären
Straßenbahnen (1) – in der Fachwelt wird       chen geltendem Recht. Eine solche, gegen       nämlich sogleich neue Busse zu beschaffen,
vom „Schienenbonus“ gesprochen. Dies die Interessen der Bürger/innen gerichtete               während die Straßenbahnzüge noch viele
gilt selbst dann, wenn das Busangebot Verschwendung öffentlicher Gelder kann Jahre länger eingesetzt werden können.

10                                                                                                                            ProTramCottbus
Sie können auch lesen