REGIERUNGSBILANZ FÜNF JAHRE SCHWARZ-ROT FÜNF JAHRE STILLSTAND IN THÜRINGEN - hinterGRÜNde - Grüne Fraktion Thüringen
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2/2014 hinterGRÜNde Grüne Infos aus dem Thüringer Landtag REGIERUNGSBILANZ FÜNF JAHRE SCHWARZ-ROT FÜNF JAHRE STILLSTAND IN THÜRINGEN Bitte wenden.
EDITORIAL INHALT Liebe Leserin und lieber Leser, fünf Jahre große Koalition aus CDU und SPD neigen sich mit dem Eine Affäre kommt selten allein . . . 3 Ablauf der 5. Legislaturperiode des Wirtschaftspolitik . . . . . . . . . . . . . . 4 Thüringer Landtages dem Ende. Das ist gut so, denn außer Selbst- Sozialpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 blockaden und Zukunftsverwei- gerung hat die Landesregierung Energie und Klima . . . . . . . . . . . . . 6 nichts für die Menschen in Thürin- Innenpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 gen erreicht. Zwar kann die Regie- rung Lieberknecht in der Wirt- Umwelt und Landwirtschaft . . . . . . 10 schafts- und Haushaltspolitik mit der Welle der guten Konjunkturlage schwimmen. Bei genauerem Hinsehen Bildung, Wissenschaft und Kultur . 12 sind jedoch viele politische Baustellen und Vorhaben Bau, Landesentwicklung des gemeinsamen Koalitionsvertrages offen geblieben und Verkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 oder wurden nur unzureichend abgearbeitet. Haushalt und Finanzen . . . . . . . . . 16 Von dem angestrebten „grünen Motor Thüringen“ aus dem Koalitionsvertrag von CDU und SPD kann jedenfalls nicht die Rede sein. Stattdessen mangelt es den Ministerinnen und Ministern, allen voran der CDU, an Anstand und politischer Kultur. Angesichts der zahlreichen Affären und Skandale in der Staats- kanzlei war es nur folgerichtig, mit der Entlassung Koalitionsaussagenbarometer von Jürgen Gnauck (CDU) die Notbremse zu ziehen. Ein später Schritt, hinter dem wie schon in der Causa In dieser Bilanz nehmen wir den 2009 zwischen CDU Zimmermann wohl eher die Angst vor dem Macht- und SPD geschlossenen Koalitionsvertrag unter die verlust im September als wirkliche Einsicht steckt. Lupe. Welche Vorhaben erfüllt wurden, welche nur unzureichend umgesetzt oder überhaupt nicht bear- Als Opposition haben wir die politischen Vorhaben beitet worden sind, zeigt Ihnen auf den folgenden Sei- der Landesregierung und der Koalitionsfraktionen im ten anschaulich unser „Koalitionsaussagenbarometer“. Parlament und seinen Ausschüssen konstruktiv beglei- tet und zahlreiche Änderungsvorschläge unterbreitet, die Thüringen zukunftsfest gestalten würden. Dabei haben wir uns oft kompromissbereit gezeigt und über Von zwei Seiten betrachten… Fraktionsgrenzen hinweg gearbeitet. Denn unsere … kann man die Ausgabe unserer Fraktionszeitung Arbeit bestimmen Inhalte, nicht Parteiengezänk! „hinterGRÜNde“. Wir wollen die Bilanz der Thüringer Regierung kritisch betrachten und unsere grüne Arbeit In dieser Ausgabe zur Regierungsbilanz lesen Sie, im Parlament gleich mit. wo in Thüringen auch weiterhin der Schuh drückt und grüne Politik gebraucht wird. Und wir nehmen die Aussagen des Koalitionsvertrages in den Blick, um zu zeigen, welchen Wert die Vereinbarungen Noch mehr Infos gibt es, wenn man den Grünlinks (gruenlink.de/7di) folgt oder die fünf Jahre nach seiner Vereinbarung haben. QR-Codes mit einem Smartphone Eine gute Lektüre wünscht scannt. Im Netz bieten wir unse- re Fraktionszeitung auch in digi- taler Form an. Ihre Anja Siegesmund Fraktionsvorsitzende
3 2013 Zimmermann-Affäre Eine Affäre kommt selten allein Die Affären und Skandale der Landesregierung zeigen: Eine andere politische Kultur ist nötig und möglich. Mai 2013 – September 2013 Zimmermann-Affäre Mai 2013 – September 2013 Trotz eines direkten Anschlussjobs in der Privatwirtschaft entlässt Lieberknecht ihren damals 37-jäh- rigen Regierungssprecher und sichert ihm so sofortige Pensionszahlungen aus dem Landeshaushalt Machnig-Affäre zu. Die grüne Partei erstattet Anzeige gegen Lieberknecht wegen des Verdachts der Untreue. Die Staatsanwaltschaft ermittelt daraufhin mehrere Monate. Machnig-Affäre September 2013 – November 2013 Gnauck-Affäre I: Gesundheitsversorgung Schöning-Affäre Minister Machnig (SPD) soll 150.000 Euro unberechtigt als Ruhestandsgehälter erhalten haben. Die FDP erstattet Anzeige. Machnig tritt als Wirtschaftsminister zurück und widmet sich dem Europawahl- September 2013 – November 2013 kampf der SPD. Gnauck-Affäre II: Symbion AG November 2013 – Dezember 2013 Schöning-Affäre Oktober 2013 – Mai 2014 Gegen Ex-Minister Jürgen Schöning (CDU) wird wegen Betrugs ermittelt. Auch er hat wie Minister Machnig doppelt kassiert. Gnauck-Affäre I: Gesundheitsversorgung Oktober 2013 – Mai 2014 Als Nachfolger von Jürgen Schöning stellt Lieberknecht Jürgen Gnauck ein, obgleich dieser gegen die Staatskanzlei wegen gestoppter Zahlungen zur Gesundheitsversorgung klagt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt erneut wegen Untreue. Gnauck-Affäre II: Symbion AG November 2013 – Dezember 2013 Gnauck hat der Landesregierung seinen Aufsichtsratsposten bei der Beraterfirma Symbion AG nicht mitgeteilt. Erst auf öffentlichen Druck legt er den Posten nieder. Elefanten-Affäre Januar 2014 Elefanten-Affäre Januar 2014 Der Zentralabteilungsleiter im Umweltministerium Udo W. macht in Botswana einen Jagdausflug und brüstet sich vor seinen Kolleginnen und Kollegen mit dem Foto eines von ihm erlegten Elefanten. Minister Reinholz wiegelt ab, eine bundes- Gnauck-Affäre III: Sekretariat weite Welle der Empörung nimmt ihren Lauf. Erst dann wird der Zentralabteilungsleiter in den Ruhestand versetzt. Mitarbeiter Gnauck-Affäre III: Sekretariat des Umweltm inisterium auf Elefant s April 2014 – Juli 2014 enjagd 2014 Schwarzbau-Affäre Minister Gnauck beschäftigt seine Sekretärin von seinem ehe- maligen Arbeitgeber E.ON in der Staatskanzlei als Leiharbeite- rin weiter. Sie wird ebenfalls über den Haushaltstitel „Vermischter Sachaufwand“ und weit über Tarif bezahlt. Anfang Juli nimmt Ministerpräsidentin Lieberknecht schließlich sein Rücktrittsange- bot an. Die Stelle des Staatskanzleiministers bleibt bis zur Landtagswahl unbesetzt. Durch seine Oktober 2013 – Mai 2014 Oktober 2013 – Mai 2014 zweite Amtszeit als Minister erhält Gnauck Anspruch auf Ruhestandsbezüge von monatlich mehr als 4.000 Euro. April 2014 – Juli 2014 Mai 2014 – Juni 2014 Schwarzbau-Affäre und die Freundschaftsdienste des Roland Richwien Mai 2014 – Juni 2014 Umweltstaatssekretär Roland Richwien (CDU) steht im Verdacht, Insider-Informationen aus dem Ministerium zum eigenen Vorteil genutzt zu haben. Zudem hat er auf seinem Privatgrundstück einen Schwarzbau errichtet. HINTERGRÜNDE – GRÜNE INFOS AUS DEM THÜRINGER LANDTAG
44 WIRTSCHAFTSPOLITIK KURZE IMPULSE STATT KLARER ZIELE Kreative Unternehmen und engagierte Arbeit- Wirtschaftswachstum ist nicht alles nehmer/innen machen Thüringens Wirtschaft erfolgreich. Die Landesregierung hat ihr eigenes Hinter all dem zeigt sich, dass die Landesregierung Ziel, diese zu fördern und Thüringen zu einem stets allein auf kurzfristiges Wirtschaftswachstum der attraktivsten und besten Green-Tech-Stand- setzte und die sozialen und ökologischen Fakto- orte zu machen, nicht erreicht. ren der Entwicklung von Lebensqualität kaum wahrnahm. Gleiches gilt auch für das nach wie Ohne den politischen Willen und die notwendi- vor feststellbare mangelnde Engagement hin- ge Unterstützung für erneuerbare Energien kann sichtlich einer Gleichstellung und Frauenförde- Thüringen nicht zu einem der attraktivsten und rung sowie im Management der Vergabe öffent- besten Green-Tech-Standorte, zum „Grünen Mo- licher Aufträge. Anja Siegesmund tor“ werden. Den eingeforderten, länderübergrei- fenden industriepolitischen Dialog zur Zukunft Auch an weiteren Stellen hat die Landesregie- Fraktionsvorsitzende, Sprecherin der Solarbranche hat die schwarz-rote Regie- rung versagt: Das Problem der Langzeitarbeits- für Soziales, Arbeit, Familie, Gesundheit und Wirtschaft rung nicht auf den Weg gebracht. Die Minister- losigkeit hat sie zu lange ausgeblendet. Und der präsidentin persönlich unterstützt dagegen den drohenden Fachkräfteentwicklung hat sie zu spät schmutzigsten Energieträger Braunkohle und ver- und zu zaghaft Programme zum Ausbau von weigert der Windkraft eine Zukunft in Thüringen. Qualifizierungsangeboten, für bessere Arbeits- Die Förderung des naturnahen Tourismus und der bedingungen sowie zur Fachkräfteanwerbung ökologischen Landwirtschaft blieb aus, gleichzei- entgegengesetzt. tig geht die Asphaltierung und Betonierung der Thüringer Landschaften ungebremst weiter. Der Austausch zwischen Unternehmen und Hochschulen und die Förderung der Innovations- kraft von Thüringens kleinen und mittelständi- schen Unternehmen blieben auf der Strecke. ... und was stand im Koalitionsvetrag? „Es soll eine ‚Konzertierte Aktion Wachstum, Beschäftigung, Innovationen für Thüringen‘ auf den Weg gebracht werden, in der mit Wirtschafts- und Gewerkschaftsverbänden etc. alle Mög- lichkeiten und Instrumente zur Sicherung von Wachstum, Beschäftigung und Investitionen erör- tert und vereinbart werden.“ Sogar die Gewerkschaften loben das Engagement von Ex-Minister Machnig. Höhn hin- gegen sehen sie vor allem auf „Kuschelkurs mit den Arbeitgebern“ – damit herrscht Demonstration für den trotz einst positivem Engagement Stillstand. Erhalt des Solarstandortes am Erfurter Kreuz und „CDU und SPD wollen die Innovationskraft und somit die Technologieintensität unserer Wirt- die Rettung von Bosch Solar. schaft weiter steigern. Eine wichtige Aufgabe ist es, den Zugang der kleinen und mittleren Un- ternehmen zu Wissen und Technologie zu erhöhen.“ Das ist bisher nur eingeschränkt gelungen, weil die dafür wichtige Kooperation von Wirtschafts- und Bildungsministerium misslang. Die Innovationfähigkeit der kleinen und mittelständischen Unternehmen wird durch die mangelnde Klarheit ihrer Förder- möglichkeiten sowie den unzureichenden Wissenstransfer aus Forschung und Entwick- lung gebremst. „Grüne Technologien wollen die Koalitionspartner ausbauen. Thüringen soll führender Standort einer der wichtigsten Leitmärkte zu Beginn des 21. Jahrhunderts werden.“ Der Anspruch ist hoch. Allerdings ist nicht ganz offensichtlich, inwiefern die Landesre- gierung grüne Technologien in besonderer Weise gefördert hat. Die Thüringer Solar- branche ist größtenteils insolvent, einen industriepolitischen Dialog zu ihrem Schutz gibt es nicht. Die Ministerpräsidentin hat sich vielmehr für die umweltschädliche Braunkoh- lewirtschaft in Ostdeutschland stark gemacht. HINTERGRÜNDE – GRÜNE INFOS AUS DEM THÜRINGER LANDTAG
5 SOZIALPOLITIK DRÄNGENDE PROBLEME NICHT ANGEGANGEN Die schwarz-rote Landesregierung hat in fünf In Kommunen wie Gera ist jedes dritte Kind nach Jahren viele drängende sozialpolitische Fragen wie vor von Kinderarmut betroffen. Zwar hat die schlichtweg ignoriert oder nur halbherzig angegan- Landesregierung endlich erkannt, dass benachtei- gen. Sie hat es nicht geschafft, die versprochene ligte Väter und Mütter nur schwer auf dem ersten Novellierung des Gesetzes zur Gleichstellung von Arbeitsmarkt Fuß fassen können, jedoch sind ge- Menschen mit Behinderungen und die Umsetzung zielte Beschäftigungsprogramme jenseits der „Pro- der UN-Behindertenrechtskonvention zu erreichen. jektitis“ nicht in Sicht. Das gilt auch für ältere Lang- Hier werden 370.000 Menschen in Thüringen seit zeitarbeitslose und Menschen ohne Schulabschluss, Jahren im Regen stehen gelassen. Familien werden die scheinbar überhaupt nicht in den Fokus von in Thüringen weiterhin mit Almosen abgespeist, Maßnahmen gerückt sind. statt ihnen wirklich zu helfen. Verlässliche Angebote für Kinder und Jugendliche in Thüringen fehlen nach wie vor, obschon die Hebammenversorgung und Landesregierung diese im Koalitionsvertrag ver- sprochen hatte. Die Richtlinie „Örtliche Jugendför- Kinderarmut ungelöst derung“ wurde nicht, wie versprochen, in einem Mit Blick auf politische Maßnahmen für einen gu- gesetzlichen Rahmen verankert. ten Start ins Leben legt die Landesregierung eine Die für die professionelle Beratung unentbehrlichen besonders schlechte Bilanz vor. Die Haftpflichtpro- Pflegestützpunkte finden sich auch weiterhin nur blematik für die Hebammen in der freien Geburts- in Jena und Nordhausen. Dabei ist der Bedarf im hilfe wird konsequent vernachlässigt und ignoriert. Pflegebereich enorm. Hier verpasste die Koalition Damit gefährdet die Landesregierung nicht nur das eine zukunftsfähige Pflegestrategie für Thüringen Frühwarnsystem der Familienhebammen, sondern auf den Weg zu bringen. riskiert eine Unterversorgung bei der Betreuung von werdenden Eltern. Gleichzeitig wurde der Kin- derschutz in Thüringen nicht verbessert, sondern allenfalls verwässert. ... und was stand im Koalitionsvetrag? „Um bürgerschaftliches Engagement zu befördern, soll die Ehrenamtlichkeit aufgewertet wer- den, die ehrenamtlich Tätigen sollen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben unterstützt werden. CDU und SPD unterstützen die Arbeit der Thüringer Ehrenamtsstiftung und sichern deren angemes- sene Ausstattung.“ Anja Siegesmund unterstützte Die Ehrenamtsstiftung wird finanziell unterstützt, ist aber bei weitem nicht ausreichend die mehrfachen Hebammen- zur Förderung von freiwilligem Engagement in Thüringen. Ein Bildungsfreistellungsge- proteste in Thüringen, hier bei setz wäre ein wirkliches Zeichen gewesen. einer Demonstration in Erfurt. „Die Koalitionspartner stimmen überein, den Kinder- und Jugendschutz weiter zu optimieren. CDU und SPD werden sich dafür einsetzen, dass die Beteiligten noch besser zusammenarbeiten. Die Koalitionspartner werden hierfür die bestehenden Netzwerke ausbauen.“ Interessant, denn bei der Novellierung des Früherkennungsgesetzes wollte die Landes- regierung die Zusammenarbeit aller Beteiligten erst verschlechtern. Eine Lösung für die Schnittstellenproblematik und eine durchdachte Präventionskette fehlen. „Im Bewusstsein der demographischen Entwicklung stimmen die Verhandlungsparteien überein, dass die Wertschätzung der Altenpflegeberufe und ihr Ansehen verbessert werden müssen. Dazu gehört der Einsatz für eine adäquate, tariflich gesicherte Entlohnung.“ Die Wertschätzung der Altenpflegeberufe und ihr Ansehen sind nicht merklich ver- bessert worden. Der Einsatz für eine adäquate, tariflich gesicherte Entlohnung ist nicht spürbar, was ein Hauptgrund für die weitere Abwanderung der Thüringer Pflegekräfte in andere Bundesländer ist. HINTERGRÜNDE – GRÜNE INFOS AUS DEM THÜRINGER LANDTAG
6 ENERGIE UND KLIMA – VIEL RAUCH UM NICHTS Es ist viel Zeit vergangen, zu viel Zeit unter an einer konzentrierten und flächendeckenden Schwarz-Rot mit Christine Lieberknecht an der Unterstützung zur Umsetzung von Konzepten Spitze. Nüchterne, energiepolitische Bilanz nach und Maßnahmen in den Thüringer Landkreisen fünf Jahren Regierungstätigkeit: Wir sind in Thü- und Kommunen. Stattdessen ist das fruchtlo- ringen weit entfernt von einem wirksamen Kli- se Warten auf Entscheidungen aus Brüssel und maschutz. Wir haben einen überdurchschnittlich Berlin gängige Thüringer Energiepolitik. Bei an- hohen Ausstoß von Kohlendioxid im Verkehr stehenden Entscheidungen zum Erneuerbare- und der Ausbau erneuerbarer Energien hat sich Energien-Gesetz (EEG), das den Rahmen auch für deutlich verlangsamt. Die Photovoltaikindustrie Thüringen bestimmt, hat sich Thüringen weder als eine der Zukunftstechnologien des 21. Jahr- Bündnispartner/innen gesucht noch hat man sich Dirk Adams hunderts verabschiedet sich aus Thüringen und für die Thüringer Unternehmen der Erneuerbare- Sprecher für Innenpolitik, Ener- die Landesregierung sieht dem tatenlos zu. Wo Energie-Branchen wirkungsvoll eingesetzt. Statt gie, Technologie und Tourismus, Aufbruch mit einer stabilen Parlamentsmehrheit Thüringen wie im Koalitionsvertrag beschrieben Mitglied im Untersuchungsaus- hätte stehen sollen, findet sich nur Stagnation zum Modellstandort zu entwickeln, ist es in fünf schuss 5/1, Stv. Vorsitzender des ohne Impulse und das Weitergehen auf ausge- Jahren nicht gelungen, eine eigenständige Kli- Untersuchungsausschusses 5/2 tretenen Pfaden. ma- und Energiepolitik zu entwickeln und diese umzusetzen. Orientierungslose Energie- und Klimapolitik Thüringens Potenziale bleiben ungenutzt Will man dieses Scheitern beschreiben fällt auf, wie die Politik der Landesregierung in völlig un- Da, wo sich Diskussionen um die Energiewende terschiedliche Richtungen gelaufen ist. Die Lan- und mögliche Projekte seit 2011 entwickelt ha- desregierung hat es nicht vermocht einen res- ben, begab sich Schwarz-Rot auf Tauchstation. sortübergreifenden Prozess für Klimaschutz mit Der Runde Tisch zum geplanten Pumpspeicher- der Energiewende als wichtigstem Instrument werk Schmalwasser ist ein Bild für den Bedarf, zu installieren. In Erinnerung bleiben die Blocka- den die Bürgerinnen und Bürger zur Umsetzung deminister Carius und Reinholz (beide CDU) mit der Energiewende haben. Diesen fachlichen einem unzureichenden Landesentwicklungsplan, Meinungsaustausch auch zu anderen Projekten einer autofixierten Verkehrspolitik und Stim- jenseits offizieller Planungsverfahren auf den mungsmache gegen die Windkraft. In der stän- Weg zu bringen, hat diese Landesregierung ver- digen Spannung mit dem SPD-geführten Wirt- schlafen. Prozentziele zum Ausbau erneuerbarer schaftsministerium ist nicht mehr übrig geblieben Energien in die Welt zu setzen ist leicht, aber die als zerstreute Aktivitäten, wie die Gründung der Diskussionsaufgabe mit den Bürgerinnen und Thüringer Energie- und GreenTech-Agentur, die Bürgern zu bewältigen, dazu war Schwarz-Rot ihre Strahlkraft für den Freistaat bisher noch nicht nicht in der Lage. entfalten konnte. Was bleibt, ist das Bild einer erstarrten Landes- Ganz besonders wurde es versäumt, die lokale regierung, die viel versprochen hat, aber nicht in Ebene bei Klimaschutz und Energiewende in den der Lage war Thüringens Potenziale in der Ener- Vordergrund zu rücken. Hier fehlt es nach wie vor giewende zu nutzen. Protestaktion mit CAMPACT gegen die Einführung einer „Sonnensteuer“ und für ein Thüringer Klimaschutzgesetz. Unser Eisbär war immer mit dabei. HINTERGRÜNDE – GRÜNE INFOS AUS DEM THÜRINGER LANDTAG
7 ... und was stand im Koalitionsvetrag? „Die Nutzung der erneuerbaren Energien soll in Thüringen auch in Zukunft signifikant über dem Bundesdurchschnitt liegen. CDU und SPD streben in Thüringen einen Anteil von 35 Prozent erneuerbarer Energie an der Stromproduktion und -nutzung bis 2020 an.“ Thüringen hat im Ranking der Bundesländer erheblich eingebüßt. Zwar wurden nach Fukushima die Ausbauziele medienwirksam auf 45 Prozent Erneuerbare an der Strom- produktion angehoben. Aber nachdem Thüringen die wiederholten Änderungen am EEG klaglos mitträgt, rücken die eigenen Ziele in unerreichbare Ferne. Hinzu kommt, dass Kabinettsentscheidungen nicht durch eine ressortübergreifende Arbeit unterstützt werden. „Der Freistaat errichtet eine Thüringer Energie-, Klima-, und Green-Tech-Agentur als ein zentrales Informations- und Demonstrationszentrum für erneuerbare Energien und grüne Technologien.“ Die Einrichtung der ThEGA war ein wichtiger Schritt, den andere Bundesländer (unter anderem Sachsen, Hessen, Nordrhein-Westfalen) schon lange vor uns gemacht haben. Allein ihre Schlagkraft ist mit neun Mitarbeiter/innen sehr beschränkt und nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. Im Rahmen einer grünen Klima- und Energiepolitik wäre die ThEGA die wichtigste Schaltstelle zwischen Freistaat und Kommunen, Unter- nehmen sowie Bürger/innen. „Es wird ein Energieeffizienzprogramm für Thüringen erarbeitet, das Effizienzpotenziale bei Ge- bäuden, in der Industrie und anderen Bereichen identifizieren und durch gezielte Maßnahmen ausschöpfen soll.“ Das Programm wurde viel zu spät aufgelegt und fördert lediglich die Energieberatung. Investitionen in Effizienzmaßnahmen wurden damit kaum ausgelöst. „CDU und SPD werden die für die Integration von erneuerbaren Energien notwendige Infrastruk- tur bedarfsgerecht voranbringen.“ Beim Thema Netzausbau ging die CDU jahrelang in Deckung, entdeckt das Thema aber im Wahlkampf für sich. So wird seit Anfang 2014 gegen eine im Bundesbedarfsplan fest- gestellte HGÜ-Trasse opponiert. Auch das Projekt für ein Pumpspeicherwerk Schmal- wasser gerät jetzt in den Wahlkampf und wird von der CDU bekämpft, obwohl deren Vertreter/innen nicht an einem der bisher zwölf Runden Tische teilgenommen haben. Fraktion und Partei kämpfen gemeinsam für 100 Prozent erneuerbare Energien im Freistaat. HINTERGRÜNDE – GRÜNE INFOS AUS DEM THÜRINGER LANDTAG
8 INNENPOLITIK – NICHT EINMAL „REFÖRMCHEN“ Auf der Basis der „Erklärung für ein demokrati- Ähnlich nachlässig ist die Landesregierung mit sches, tolerantes und weltoffenes Thüringen“ den Freiheitsrechten bei der Neuerung des Ord- hat die Landesregierung tatsächlich das „Thürin- nungsbehördengesetzes umgegangen. Kom- ger Landesprogramm für Demokratie, Toleranz munale Ordnungsbehörden können auf dieser und Weltoffenheit“ aufgelegt, durch das das Grundlage ein Alkoholverbot auf öffentlichen bürgerschaftliche Engagement gestärkt werden Plätzen erlassen. Diese Regelung ist unverhältnis- und die Struktursicherung der bisherigen Projek- mäßig und wurde in unserem Änderungsantrag te gewährleistet werden sollte. Dieses Programm gestrichen. wurde leider nicht als Programm gegen Rechts- Es besteht ein dringender Bedarf für eine Neu- extremismus und gruppenbezogene Menschen- regelung der Kommunalabgaben. Unsere Frakti- Dirk Adams feindlichkeit erarbeitet, obwohl zum damaligen on sah bereits 2010 die Notwendigkeit. In die- Sprecher für Innenpolitik, Ener- Zeitpunkt erhebliche Kritik am Festhalten an den sem Jahr haben wir zusammen mit der Fraktion gie, Technologie und Tourismus, Grundsätzen der unsäglichen Extremismustheo- DIE LINKE einen Gesetzesentwurf zur Abschaf- Mitglied im Untersuchungsaus- rie von unserer Seite geübt wurde. Das Festhal- fung der Straßenausbau- und Abwasserbeiträge schuss 5/1, Stv. Vorsitzender des ten daran hat sich im Freistaat trotz stetiger Kritik eingebracht. Dieser hatte das Ziel, die Abgaben Untersuchungsausschusses 5/2 bislang nicht geändert. gerechter und einfacher für Bürger/-innen und Groß ankündigt wurde von der Landesregie- Kommunen zu gestalten. Selbst bei der Novel- rung eine Polizeistrukturreform. Wirklich neu ist lierung im Jahr 2013 hat es die Landesregie- an der Struktur, dass eine Landeseinsatzzentrale rung verpasst, endlich Belastungsklarheit und geschaffen wurde, die sich erst bewähren muss. Vorhersehbarkeit der Gebühren für die Bürger/ Ansonsten wurden die bisherigen Landespolizei- -innen herzustellen. direktionen als Inspektionen umetikettiert und das LKA sowie die Bildungseinrichtungen von ei- Vorschläge für mehr Demokratie ner Reform ausgeklammert. abgelehnt Freiheitsrechte brauchen Schutz Die Landesregierung beabsichtigte in dieser Le- gislatur Klarheit über die bestehenden Mitwir- Mit der Novellierung des Polizeiaufgabengeset- kungsmöglichkeiten zu schaffen. Klar ist nun, zes hat die Landesregierung erneut nachrichten- dass die Landesregierung nichts für eine Stärkung dienstliche Mittel in die Hände der Polizei gege- der direkten Demokratie getan hat. Entgegen ben. Von Experten ist es als verfassungswidrig unserer Bestrebungen besteht nach wie vor ein eingestuft worden, Kirchenvertreter/innen und Finanztabu für Volksbegehren sowie die Kosten- Anwältinnen und Anwälten sehen den Schutz pflicht von Bürgerbegehren in freier Sammlung Im Einsatz gegen Rechtsextre- des Berufsgeheimnisses bedroht und der umstrit- und auch gegen eine Einführung von Ratsbegeh- mismus bei Plakataktionen zu tene Staatstrojaner wurde legitimiert. Der grüne ren weigert sich die Landesregierung. Thüringen „Dresden nazifrei“ (links) und Änderungsantrag weicht hingegen ab von ei- im NSU-Untersuchungsaus- bildet nach wie vor das bundesweite Schluss- nem Generalverdacht und setzt Eingriffen in die licht bei der Anwendung von Bürgerbegehren schuss (Mitte). Im Dialog über die Polizeireform mit Vertre- Grundrechte enge Grenzen. (Drs. 7192). terinnen und Vertretern der Thüringer Polizei (rechts). HINTERGRÜNDE – GRÜNE INFOS AUS DEM THÜRINGER LANDTAG
9 Nachsitzen bei Tourismusförderung Potenzial, das bisher nicht ausgeschöpft wurde – denn dazu brauchen wir ein umfangreiches Rad- Die Landesregierung hatte sich vorgenommen, wegenetz und eine angepasste Verknüpfung zum die touristische Infrastruktur gezielt auszubauen. ÖPNV. Auch der Barrierefreiheit der touristischen Doch es besteht noch erheblicher Nachholbedarf. Infrastruktur hat sich die Landesregierung bisher Der Thüringer Radtourismus besitzt ein großes nur ungenügend angenommen. ... und was stand im Koalitionsvetrag? „Es besteht Einigkeit, dass das Thüringer Innenministerium bis Ende 2010 eine Strukturreform erarbeitet, um etwaige Optimierungspotenziale freizusetzen.“ Obwohl das LKA ca. 670 Beschäftigte umfasst, wurde es von der Strukturreform aus- genommen. Das Problem, dass die Thüringer Polizei über zu wenig qualifizierte Nach- wuchskräfte verfügt, konnte nicht gelöst werden. „Das Polizeiaufgabengesetz wird novelliert, dabei wird insbesondere auf den unantastbaren Schutz des Kernbereichs geachtet.“ Das Gesetz wurde zwar novelliert, die Landesregierung hat damit aber der Vernach- richtendienstlichung Vorschub geleistet. Expertinnen und Experten schätzen das neue Gesetz als verfassungswidrig ein. „Beide Seiten stimmen überein, die Regelungen des bestehenden Informationsfreiheitsgesetzes in dieser Legislatur zu evaluieren und zu novellieren sowie die Informationsfreiheitsrechte zu stärken.“ Die Novelle des Informationsfreiheitsgesetzes wird dem Anspruch auf Informationsfrei- heit nicht gerecht und enthält keine benutzerfreundlichen Regelungen für ein zentrales Informationsregister. HINTERGRÜNDE – GRÜNE INFOS AUS DEM THÜRINGER LANDTAG
10 UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT – AUSSITZEN, VERSCHLAFEN UND VERTAGEN Der Umwelt- und Naturschutz blieb im CDU ge- Sanierung weiterer Altlasten wird zum unkalku- führten Umwelt- und Landwirtschaftsministerium lierbaren Risiko und kann zukünftige Haushalte in dieser Legislatur wieder einmal auf der Strecke. sprengen. Nachverhandlungen werden von Sei- Wichtige Gesetzesinitiativen wie die Novellierung ten des Bundes abgelehnt. Thüringen muss mit des Thüringer Naturschutzgesetzes und des Thü- dem Bund in Verhandlungen eintreten und eine ringer Wassergesetzes wurden auf unbestimmte Beteiligung an den weiteren Kosten für die Sanie- Zeit vertagt. Auch bei der Umsetzung von EU- rung der Kali-Altlasten einfordern. Umwelt- und Naturschutzvorgaben hinkt Thü- ringen gewaltig hinterher. Mit einem „Weiter so“ werden wir die Ziele der Thüringer Nachhaltig- CDU lehnt weiteres Biosphären- Dr. Frank Augsten keits- und Biodiversitätsstrategie nicht erreichen. reservat im Südharz ab Stv. Fraktionsvorsitzender, Sprecher für Landwirtschaft, CDU und SPD vereinbarten 2009 in ihrem Koaliti- Hochwasserschutz verschlafen onsvertrag, dass die Landesregierung bis 2012 die Umwelt, Verbraucherschutz und Gentechnik sowie Die Landesregierung hat den natürlichen Hoch- Einrichtung eines Biosphärenreservats im Südharz Gleichstellung prüft. In einen moderierten Diskussionsprozess wasserschutz jahrzehntelang verschlafen oder gänzlich ignoriert. Erst eine erneute Jahrhundert- sollten die Bürgerinnen und Bürger der Region flut hat 2013 zu einem scheinbaren Umdenken ebenso wie Wissenschaft, Wirtschaft und Touris- geführt. Wir brauchen einen Mix aus technischen mus einbezogen werden. Die Forderung, die ein- und ökologischen Hochwasserschutzmaßnah- zigartige Gipskarstlandschaft in Nordthüringen hin men. Dabei ist dem vorbeugenden Hochwas- zu einem Biosphärenreservat zu entwickeln, wur- serschutz eine stärkere Priorität einzuräumen de von der Landesregierung ignoriert. Anstatt wie als bisher. Um unsere langjährige Forderung im Koalitionsvertrag vereinbart in einen Diskussi- durchzusetzen, den Flüssen mehr Raum zu ge- onsprozess einzusteigen und Aufklärungsarbeit zu ben, brauchen wir neben dem Umdenken in der leisten, wurde das Thema einfach unter den Tisch Politik auch die Kompromissbereitschaft der Ge- gekehrt. Die CDU-Fraktion hat sich immer wieder sellschaft. Insbesondere die Landwirtschaft spielt klar gegen das Biosphärenreservat ausgesprochen. hier eine wichtige Rolle. Verteidigung der industriellen Kali-Altlasten werden zum Intensivtierhaltung Haushaltsrisiko Anstatt die Ansiedlung von industriellen Intensiv- Die Landesregierung hat beim Abschluss des tierhaltungsanlagen zu unterstützen, brauchen Generalvertrages zur Altlastensanierung in wir eine Landwirtschaftspolitik, die das Tierwohl Thüringen 1999 mit dem Bund kein greifbares und den Schutz der natürlichen Ressourcen stär- Worst-Case-Szenario für die damals noch nicht ker in den Mittelpunkt stellt. Mit seinem Unver- „Ernährung ist eine Frage der abschätzbaren Kosten vereinbart. Die jetzige Si- ständnis für die Gründung von Bürgerinitiativen Haltung“ – Dr. Frank Augsten tuation, dass sich der Bund für die weitere Sa- gegen den Bau von überdimensionierten Tierhal- und Anja Siegesmund im Ein- nierung der ökologischen Altlasten nicht mehr tungsanlagen hat sich Landwirtschaftsminister satz gegen industrielle Tierhal- tung in Thüringen. verantwortlich sieht, ist für Thüringen fatal. Die Reinholz in aller Öffentlichkeit disqualifiziert. HINTERGRÜNDE – GRÜNE INFOS AUS DEM THÜRINGER LANDTAG
11 Durch das Fehlen verlässlicher Rahmenbedingun- Landbaus seit 2013 in Thüringen gesunken. Das gen hat die Landesregierung positive Entwicklun- Aussetzen der Umstellungsförderung 2013 war gen im Wachstumsfeld des ökologischen Land- ein fatales Signal. baus verspielt. So ist die Fläche des ökologischen ... und was stand im Koalitionsvetrag? „Die Koalitionspartner vereinbaren, dass die Landesregierung bis 2012 die Einrichtung eines Biosphärenreservats Südharz prüft.“ Ein Diskussionsprozess wurde vor allem aufgrund der Blockadehaltung der CDU-Frak- tion nicht durchgeführt. Dem Ziel eines länderübergreifenden Biosphärenreservates ist die Landesregierung kein Stück nähergekommen. „Das Thüringer Hochwasserschutzprogramm fortzuschreiben und finanziell angemessen auszustatten. Insbesondere soll die Rückhaltefunktion der Flussauen verstärkt werden.“ Ein beschlossenes Thüringer Hochwasserschutzprogramm gibt es nicht. Der natürliche Hochwasserschutz wurde vernachlässigt. Die Mittel für den Hochwasserschutz sollen erst mit dem Haushalt 2015 aufgestockt werden. „Auf Bundes- und Europaebene widersetzen sich CDU und SPD jeder Benachteiligung der Land- wirte in Thüringen.“ Die Landesregierung hat sich zwar gegen Benachteiligungen ostdeutscher Großbe- triebe eingesetzt. Eine stärkere Umverteilung der EU-Mittel von Direktmaßnahmen (Säule I) zu Agrar- und Umweltmaßnahmen (Säule II) erfolgte dagegen nicht. „Der ökologische Landbau steht gleichberechtigt neben der traditionellen Landwirtschaft; beide Bereiche dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden.“ Der Ökolandbau wurde sträflich vernachlässigt. Die Anbaufläche ist sogar zurückge- gangen. 2013 wurde zudem die Umstellungsförderung ausgesetzt. „Die gegenwärtig laufenden Nachverhandlungen mit dem Bund haben zum Ziel, die Bundesbe- teiligung an den im Generalvertrag vereinbarten Sanierungsprojekten dem bei der Umsetzung gemeinsam ermittelten gestiegenen Kostenrahmen anzupassen.“ Die Landesregierung hat beim Abschluss des Generalvertrages zur Altlastensanierung in Thüringen mit dem Bund kein greifbares Worst-Case-Szenario für die damals noch nicht abschätzbaren Kosten vereinbart. Die Sanierung weiterer Altlasten, ausgenommen Wis- mut, wird zum unkalkulierbaren Risiko und kann zukünftige Haushalte sprengen. Grotesk: Umweltminister Jürgen Reinholz feiert auf der Grünen Woche Thüringens Lebensmittelindustrie, rät Gegner/innen der Schweine- mastanlage Immenrode aber gleichzeitig, in die Karibik auszuwandern. HINTERGRÜNDE – GRÜNE INFOS AUS DEM THÜRINGER LANDTAG
12 BILDUNG, WISSENSCHAFT UND KULTUR – KLEINSTER GEMEINSAMER NENNER BREMST ÜBERFÄLLIGE REFORMVORHABEN Thüringen solle „Bildungsland Nummer eins“ keit einher. Und uns ist sie das auch wert. Die werden. Dieses Motto rief Bildungsminister Koalition hingegen hält lieber an dem unsinnigen Christoph Matschie zu Beginn der Legislatur aus und teuren Landeserziehungsgeld fest. Astrid Rothe-Beinlich – scheinbar wenig bescheiden und ambitioniert. kulturpolitische Sprecherin Doch wie viel ist davon nach fünf Jahren Koali- Chronischer Mangel an Lehrkräften tionshickhack übrig geblieben? Wir Bündnisgrü- nen ziehen Bilanz: Auch im Schulbereich wurde gleich zu Beginn der Astrid Rothe-Beinlich Nach etwas Anlaufzeit wurde im Jahr 2010 das Legislatur deutlich, dass die CDU die Einführung Vizepräsidentin des Thüringer vom Volksbegehren und der Thüringer Landes- der Gemeinschaftsschule und damit die Abkehr Landtags, Parlamentarische elternvertretung Kindertagesstätten (TLEVK) ini- von der frühen Trennung nach der vierten Klasse Geschäftsführerin, Sprecherin tiierte und von uns unterstützte Kitagesetz durch nicht wirklich unterstützt. Die Gemeinschaftsschule für Bildung, Wissenschaft und alle Fraktionen im Landtag verabschiedet und wurde als neue Schulform zwar eingeführt, leider Kultur sowie Migrations- und damit der Rechtsanspruch auf einen ganztägigen jedoch mit einer Reihe von handwerklichen Feh- Flüchtlingspolitik lern. Das Ergebnis ist dementsprechend mager. Im Kitaplatz ab dem 1. Geburtstag geschaffen. 2400 zusätzliche Erzieherinnen wurden eingestellt. aktuellen Schuljahr sind von den 1019 Schulen im Doch schnell wurde klar, dass die Mehrkosten für Freistaat gerade einmal 33 Gemeinschaftsschulen. die Kommunen keineswegs transparent und nach- Und das Ziel, 2.500 neue Lehrkräfte einzustellen, vollziehbar gegenfinanziert wurden. Stattdessen hielt der Realität kein ganzes Jahr stand. Die Folge verschwand das Geld im kommunalen Finanzaus- ist ein kontinuierlich steigender Altersdurchschnitt. gleich. Viele Kommunen sahen sich gezwungen, Auch der Unterrichtsausfall blieb konstant auf ei- ihre Kitagebühren zu erhöhen und die Landesre- nem hohen Niveau. Immerhin wurde ein Personal- gierung gab sich ahnungs- und schuldlos. entwicklungskonzept vorgestellt. Von einer Um- setzung ist aber auch hier nichts zu spüren. Eine Anstatt jedoch die vielen übrigen Herausfor- umfassende Gesundheitsvorsorge für die Lehrkräf- derungen in der frühkindlichen Bildung anzu- te steht weiterhin aus, ebenso wie der Vertretungs- packen, wie zum Beispiel die Verbesserung der pool für flexible Krankheitsvertretungen. Betreuungsschlüssel, den Ausbau der Fachbera- tung oder die Erhöhung des Männeranteils bei den Erziehern, konzentrierte sich vor allem die Bildungsvielfalt aufs Spiel gesetzt CDU aus Kostengründen darauf, die Standards im frühkindlichen Bereich möglichst schnell wie- Dramatisch verschlechtert hat sich zudem die Si- der aufzuweichen. Ein Drittel der Erzieherinnen tuation der freien Schulen. Diese stehen finanzi- und Erzieher sollten durch Sozialassistent/innen ell de facto vor dem Aus. Das 2010 neugefasste Aufgrund der Unterfinanzierung Gesetz für Schulen in freier Trägerschaft ist vom an Thüringens Hochschulen ersetzt werden, so Pläne aus dem Hause Voß, schließlich könnten damit ca. 20 Millionen Euro Verfassungsgericht zwar dank unserer Normen- gabe es in dieser Legislatur jährlich gespart werden. Dieses Vorhaben halten kontrollklage im Mai 2014 für verfassungswidrig zahlreiche Studierendenpro- teste, hier vor dem Landtag in wir für grundfalsch. Eine hohe Qualität in unse- erklärt worden, denn die Finanzhilfe des Landes Erfurt (2013). ren Kitas geht nun mal mit einer hohen Fachlich- entspricht nicht den Grundsätzen der Existenzsi- cherung, Transparenz und Bedarfsorientierung. Nun gilt es jedoch, parlamentarische Mehrheiten für eine auskömmliche, transparente Finanzie- rung zu gewinnen. Damit es in der Diskussion um Inklusion in der Bildung überhaupt voranging, musste die Lan- desregierung erst aufgefordert werden, ein Konzept vorzulegen, wie notwendige sächliche, räumliche und personelle Voraussetzungen über- haupt aussehen sollen. Nach langem Warten wurde der „Entwicklungsplan Inklusion“ vor- gelegt, aber auch hier ist von einer Umsetzung leider wenig zu sehen. Hinzu kommt: Wichtige Entscheidungen wie über die Strukturen der Leh- rer/innenbildung wurden zurückgestellt, an der HINTERGRÜNDE – GRÜNE INFOS AUS DEM THÜRINGER LANDTAG
13 zersplitterten Schulgesetzgebung in Thüringen Hochschulen brauchen Sicherheit wurde weiterhin festgehalten und vermeintliche kostenintensive Maßnahmen wie der inklusive Und im Hochschulbereich? Hier erleben wir der- Schulumbau wurden gar nicht erst angepackt. zeit die Streichung von Studiengängen, zuneh- Ganz zu schweigen davon, dass dringend benö- menden Personalabbau, den Anstieg prekärer tigtes sonderpädagogisches Personal nicht einge- Beschäftigung und die zunehmende Raumknapp- stellt wird. heit an den Hochschulen. Von einer auskömmli- chen Grundfinanzierung sind unsere Hochschu- Auch im Erwachsenenbildungsbereich klaffen len meilenweit entfernt. Anspruch und Wirklichkeit stark auseinander. An- statt lebenslanges Lernen auszubauen, kürzte die Summa summarum lässt sich feststellen: Die Landesregierung bei den Zuschüssen. CDU und schwarz-rote Landesregierung ist ihren bildungs- SPD verweigern den Menschen in Thüringen seit politischen Aufgabenstellungen nicht im Gerings- Jahren das Recht auf Bildungsurlaub. So haben ten nachgekommen. Wenn wir Bildung, Wissen- sie es trotz Koalitionsvertrag – wie schon 1994 – schaft und Kultur in Thüringen in ihrer Vielfalt bis heute nicht geschafft, für die Menschen in und Qualität dagegen wieder stärken wollen, Thüringen das Recht auf Bildungsurlaub in ein braucht es eine andere Politik und ein Miteinan- Gesetz zu kleiden. Damit ist Thüringen eines der der auf Augenhöhe. Dafür stehen wir. wenigen Bundesländer in Deutschland, die über keinen solchen Anspruch verfügen. Wir hatten dazu einen Gesetzentwurf vorgelegt. ... und was stand im Koalitionsvetrag? „Die Thüringer Gemeinschaftsschule soll durch gesetzliche Festschreibung als vollwertiges und gleichberechtigtes Angebot in der Thüringer Schullandschaft etabliert werden.“ Die verbindliche und flächendeckende Einführung der Gemeinschaftsschule wurde ver- passt. Die Gemeinschaftsschule wurde zudem mit handwerklichen Fehlern als eine wei- tere Schulart neben vielen anderen eingeführt. „Die Koalition sorgt dafür, dass die freien Schulträger weiterhin angemessen gefördert werden.“ Die freien Schulen stehen nach wenigen Jahren schwarz-roter Landesregierung finanzi- ell vor dem Aus. Das 2010 neugefasste Gesetz für Schulen in freier Trägerschaft halten wir für verfassungswidrig und haben dieses mit Erfolg vor das Verfassungsgericht ge- Unsere Klage vor dem Thüringer bracht. Die Finanzhilfe des Landes entspricht nicht den Grundsätzen der Existenzsiche- Verfassungsgericht in Weimar rung, Transparenz und Bedarfsorientierung. hat gezeigt: Die Finanzierung freier Schulen ist nicht verfas- sungskonform und muss wie „Die Koalition setzt sich im Zusammenhang mit einer Stärkung des Ehrenamtes dafür ein, die von unserer Fraktion gefordert Bildungsfreistellung im Einvernehmen mit den Unternehmen und unter Berücksichtigung be- nachgebessert werden. trieblicher Erfordernisse gesetzlich zu regeln.“ CDU und SPD haben es trotz jahrelanger Ankündigungen nicht vermocht, für die Men- schen in Thüringen das Recht auf Bildungsurlaub zu schaffen. Damit ist Thüringen eines der wenigen Bundesländer in Deutschland, die über keinen solchen Anspruch verfügen. Unser Gesetzentwurf hätte dies geändert. „Die Koalitionspartner sind sich einig, dass bis 2015 ein Ersatzbedarf im Umfang von 2.500 Vollzeitbeschäftigteneinheiten (VBE) besteht.“ Von dieser vollmundigen Ankündigung ist die Landesregierung in der Realität leider weit entfernt. Schon jetzt ist klar, dass die 400 für 2014 beschlossenen Lehrerneuein- stellungen bei weitem nicht ausreichen werden. HINTERGRÜNDE – GRÜNE INFOS AUS DEM THÜRINGER LANDTAG
14 BAU, LANDESENTWICKLUNG UND VERKEHR – EHRLICHE PRIORITÄTEN IN DER VERKEHRSPOLITIK? FEHLANZEIGE! Nach langen Jahren als Verschiebebahnhof und ben die Menschen vor Ort, die vergeblich auf Restekiste hofften viele, dass das Bau- und Ver- Ortsumgehungen warten, weil stattdessen doch kehrsministerium mit dem unverbrauchten Chris- wieder heimlich Streckenbegradigungen im Na- tian Carius (CDU) eine Renaissance erlebt. Doch men der Verkehrsbeschleunigung vorangetrieben schnell war klar: Der Minister investiert zu viel werden. seiner Kraft in innerparteiliche und innerministe- Auch bei den Landesstraßen gibt es keine ehr- rielle Ränke und zu wenig in wichtige Reformen, lichen Prioritäten. Der im Koalitionsvertrag ver- sei es im Straßenbau oder bei der Landesplanung. einbarte Landesstraßenbedarfsplan wurde nicht Allerdings: Die große Koalition lässt ihn gewäh- erstellt. Ganz zu schweigen von einem Mobili- Jennifer Schubert ren. Ihr Interesse für die Weiterentwicklung des tätsplan, der alle Verkehrsmittel berücksichtigt. Stv. Parlamentarische Geschäfts- öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) hält Auf unsere Nachfrage wurde der komplizierte Er- führerin, Sprecherin für Bau, Lan- sich – vorsichtig ausgedrückt – in Grenzen. Dabei stellungsprozess als Grund genannt. Ein Armuts- desentwicklung, Verkehr und gibt das Verkehrsministerium jedes Jahr 300 Mil- zeugnis. Demografie sowie Petitionen lionen Euro dafür aus. Die im Thüringer ÖPNV Die Landesentwicklung bleibt im Ungefähren. engagierten Unternehmen bleiben im Unklaren Der Flächenverbrauch wurde nicht gestoppt, die über ihre zukünftige Finanzierung. Darüber hin- Verkehrsplanung genießt weiter Sonderrechte aus verbietet Minister Carius den Thüringer Ge- und der Biotopverbund bleibt vage. meinden selbst zu entscheiden, ob sie in ihrem Wirtschaftswald Windkraft nutzen wollen und Die Demografiestrategie beschränkt sich auf das ob sie als Regelgeschwindigkeit Tempo 30 ein- Feststellen des Status quo und ein paar werbe- führen. Auch dürfen kleine Gemeinden nicht ent- wirksame Veranstaltungen. Als Querschnitts- scheiden, ob sie an ihren Straßen die Einhaltung aufgabe wurde sie nicht in die Regierungspolitik der Geschwindigkeit kontrollieren. integriert. Verkehrspolitik ohne Plan Koalitionsfraktionen verweigern sich Schlimmer noch sieht es beim Bau von Bundes- inhaltlicher Debatte straßen aus, die vom Land in Aufgabenträger- schaft umgesetzt, aber vom Bund finanziert wer- Im Umgang mit der Opposition blieben Koaliti- den. Statt die Fachkompetenz im Ministerium zu on und Regierung unsouverän. So verhinderten nutzen, um zusammen mit den Anwohnerinnen die Koalitionsfraktionen inhaltliche Diskussionen und Anwohnern Prioritäten zu setzen, meldet der zur Verkehrsfinanzierung für Kommunen durch Minister stur alle Wunschtrassen, die schon seit Winkelzüge und lehnten die meisten Anträge mit Während unsinnige Verkehrs- projekte wie die Rhöntrasse Jahrzehnten auf der Liste stehen, wieder nach mehr als fadenscheinigen Gründen ab. Selbst bei weiter vorangetrieben werden, Berlin und verkündet, dass die über 80 Projekte einer Verweisung blieb eine im Plenum angekün- fehlt das Geld für dringend alle gleich wichtig seien. „Die da oben“ müssen digte inhaltliche Diskussion im Ausschuss meist benötigte Ortsumgehungen. halt nur mehr Geld locker machen. Zurück blei- aus. Man habe ja im Koalitionsausschuss schon HINTERGRÜNDE – GRÜNE INFOS AUS DEM THÜRINGER LANDTAG
15 genug Arbeit mit dem Koalitionspartner, hieß es Eigenständiges Ministerium dann hinter vorgehaltener Hand. verzichtbar Im Baubereich versagt die Koalition auf ganzer Linie. Eine Vorlage von der SPD zu einem Wär- Unser Fazit: Es wäre besser dieses Ministerium megesetz wird von der CDU rigoros abgelehnt. aufzulösen und damit viel Geld zu sparen. Die Stattdessen unterzeichnet Minister Carius frei- notwendigen Aufgaben können in anderen Mi- willige Vereinbarungen zur Energieeinsparung nisterien besser erledigt werden. So wäre der Ver- mit Energieunternehmen und Wohnungseigen- kehr gut bei der Wirtschaft und der Bau gut im tümer/innen. Finanzministerium aufgehoben. Die Landesent- wicklung und Demografie passen dagegen gut in die Staatskanzlei oder das Innenministerium. ... und was stand im Koalitionsvetrag? „Das Land nutzt alle Möglichkeiten, um den Bau von Ortsumgehungen zu beschleunigen.“ Bei der Planung und dem Ausbau der Infrastruktur herrschen weiter Konzeptlosigkeit und leere Versprechen. Wir haben den Verkehrsminister mehrfach zu ehrlichen Prioritä- tensetzungen aufgefordert. Auch gibt es keinen Landesstraßenbedarfsplan, geschweige denn wie von uns gefordert einen Landesmobilitätsplan. „In der Stadtentwicklungs- und Wohnungspolitik gilt es, die Städte und ihr Umland sowie die Ge- meinden auch bei sinkenden Einwohnerzahlen weiterhin attraktiv und lebenswert zu erhalten.“ Die Thüringer Demografiestrategie und das Landesentwicklungsprogramm sind Stück- werk – sie werden nicht als Querschnittsaufgabe gedacht. „Ziel ist es, einen attraktiven, bedarfsgerechten und bezahlbaren ÖPNV sicherzustellen.“ Noch immer gibt es kein landesweites Taktsystem und kein Landesbusnetz. Mit unse- rem Konzept eines ThüringenTakts haben wir Vorschläge hierfür geliefert. Links: Jetzt kommt ein Ballon! Rund 1,2 Tonnen CO2 werden mit der Fertigstellung der A38 jährlich in die Luft geblasen. Wir weisen Verkehrs- minister Carius (CDU) im Plenarsaal darauf hin, dass der umweltverträg- liche Bahnverkehr zeitgleich vernach- lässigt wird. Rechts: Jennifer Schubert (Mitte) diskutiert bei MDR „FAKT ist“ über die Zukunft des Flughafens Erfurt-Weimar. HINTERGRÜNDE – GRÜNE INFOS AUS DEM THÜRINGER LANDTAG
16 HAUSHALT UND FINANZEN – STRUKTURREFORMEN LASSEN AUF SICH WARTEN Es fällt nicht schwer, bei der Lektüre der Koaliti- bis 2020 einen Stellenabbau von ca. 7.400 Stellen onsvereinbarung der Regierungsfraktionen Vor- vorsieht. Damit kann weder eine Anpassung an haben zu finden, die nicht umgesetzt wurden. die anderen Flächenländer erreicht werden noch Hier werden aber nur einige aufgezählt werden, können die Personalkosten auf dem gegenwärti- die sich für die Zukunft Thüringens und nachfol- gen Niveau gehalten werden. Ein ministeriums- gender Generationen als besonders gravierend übergreifendes Personalentwicklungskonzept, darstellen. Dringend notwendige Maßnahmen das die Erfüllung der Aufgaben auch bei Perso- warten weiter auf der langen Bank und dadurch nalabbau sicherstellt, gibt es nach wie vor nicht. sind strukturelle Veränderungen im Haushalt im- Nach zähem Ringen wurde zudem eine Exper- mer noch nicht zu erkennen. tenkommission eingesetzt, die Vorschläge für eine Verwaltungs- und Funktionalreform erarbei- Carsten Meyer Das bisschen Haushalt? ten sollte. Aus einer Vielzahl von Vorschlägen für Rationalisierungs- und Umstrukturierungsmaß- Sprecher für Haushalt, Finan- Strukturelle Veränderungen im Haushalt gab es nahmen wurde lediglich eine angegangen, näm- zen, Medien, Justiz-, Bundes- in den vergangenen fünf Jahren nicht. Nach der lich die Zusammenlegung von Vermessungs-, und Europaangelegenheiten Finanzkrise 2008/2009 profitiert der Haushalt Liegenschafts- und Straßenbauverwaltung. Wei- jetzt allein von den sprudelnden Steuereinnah- tere wichtige Maßnahmen sind weder umgesetzt men aus der wirtschaftlichen Erholung und der noch beschlossen. krisenbedingten Niedrigzinsphase. Das ist zwar Die Aufgabe, „gemeinsam mit den kommuna- positiv, aber kein Grund zum Feiern. Sollte es zu len Spitzenverbänden Aufgaben, Strukturen und einem konjunkturellen Einbruch kommen oder Standards einer Aufgabenkritik zu unterziehen, die Zinsen auf durchschnittliche Werte steigen, um Einsparpotentiale zu erschließen“, wurde in sind die daraus folgenden Einnahmerückgänge keiner Weise erfüllt. Eine umfassende Aufgaben- nicht ohne neue Schulden zu kompensieren. Der kritik, die auch Voraussetzung für den geplanten Haushalt konnte zwar in den letzten Jahren ohne Personalabbau ist, scheiterte am Egoismus der neue Schulden abgeschlossen werden, aber wer Beteiligten und der mangelnden Durchsetzungs- genauer hinschaut, sieht, dass die Ursache dafür kraft der Ministerpräsidentin. in erster Linie steigende Steuereinnahmen und das niedrige Zinsniveau sind. Das zu Beginn der Legislaturperiode bestehende strukturelle Defizit wurde nicht beseitigt. Veränderungen bei diesen wesentlichen Posten führen aufgrund der Untä- tigkeit der Landesregierung zwangsläufig zu stei- gender Verschuldung. Das Ziel, bis zum Jahr 2020 das Verhältnis von Beschäftigten im öffentlichen Dienst und Bevöl- kerung an das der Flächenländer West anzupas- sen, wurde verfehlt. Die Landesregierung hat zwar ein Personalabbaukonzept beschlossen, das Der Thüringer Schuldenberg 2009 – 2014 2011 2013 16,3 Mrd. € 2012 16,3 Mrd. € 2014 2010 | 16,27 Mrd. € | 16,2 Mrd. € | | 16,1 Mrd. € | | | | | | | 2009 15,7 Mrd. € | Verschuldung | pro Kopf: | | 7.314 € Quelle: Thüringer Finanzministerium, Stand: 31.12.2012 HINTERGRÜNDE – GRÜNE INFOS AUS DEM THÜRINGER LANDTAG
17 ... und was stand im Koalitionsvetrag? „CDU und SPD sind sich einig, dass an dem gemeinsamen Ziel solider Landeshaushalte insbe- sondere mit Blick auf bereits feststehende Abschmelzungen der von außen zufließenden Finanz- mittel festgehalten wird.“ Nach einem Schuldenstart hat Schwarz-Rot dank guter Konjunktur und niedriger Zins- ausgaben auf eine weitere Neuverschuldung verzichtet. Die strukturellen Defizite wur- den jedoch nicht angefasst. „Alle Ausgaben sind im Hinblick auf ihre Wirksamkeit zu evaluieren.“ Eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Dennoch haben sich CDU und SPD nicht daran gehalten. Beispiele reichen von den verpflichtenden Kindervorsorgeuntersuchungen über das Landeserziehungsgeld bis hin zu Infrastrukturprojekten. „CDU und SPD werden die Mandate und Vorsitze in Aufsichtsräten in Landesgesellschaften und Gesellschaften, an denen das Land beteiligt ist, grundsätzlich paritätisch besetzen.“ CDU und SPD haben die Posten wie zu erwarten unter sich aufgeteilt. Übrigens fast ausschließlich durch Männer. Ob bei einer Protestaktion gegen die Bewirtschaftungsreserve oder der finanziellen Unterstützung für das Applikationszentrum Ilmenau: Wir haben dem Finanzminister genau auf die Finger geschaut und gezeigt, dass wir das Haushaltsrecht als „Königsrecht“ des Parlaments ernst nehmen. HINTERGRÜNDE – GRÜNE INFOS AUS DEM THÜRINGER LANDTAG
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