D SZeitschrift TV-L 2019 - Smarte Digitalisierung analoge Probleme - GEW Bayern
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Smarte Digitalisierung analoge Probleme TV-L 2019 Zeitschrift DDS der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Landesverband Bayern April 2019
2 DDS April 2019 Smarte Digitalisierung – analoge Probleme 3 Weiterbildung in der digitalisierten Welt von Fred Schell 5 Smarte Lehrkräfte Was es heißt, Lehrkraft im digitalen Zeitalter zu sein von Joscha Falck 7 Digitalisierungswelle ... ... rollt derzeit über die Schulen in Bayern von Johannes Schiller 9 Digitale Medien in der Kindertageseinrichtung von Petra Nalenz 11 Edle Spender oder subtile Manipulatoren? Beispiel: Der Computer »Calliope Mini« von Fabian Kaske 13 Technikpolitik im Zeitalter der Digitalisierung – aber wie? von Klara-Aylin Wenten und Luca Nitschke TV-L 2019 in Bayern 15 Die TV-L-Tarifrunde 2019 aus bayerischer Sicht von Anton Salzbrunn und Angelika Altenthan - Warnstreik in Regensburg - Auch in Aschaffenburg streiken Kolleg*innen - 14. Februar: Ganztägiger Warnstreik in München - Beschäftigte der Uni Erlangen folgen Warnstreik - ver.di-Kundgebung in Straubing mit GEW-Beteiligung - Warnstreik in Würzburg: »Mehr Mittel für den Mittelbau« - 26. Februar: GEW-Streikaktion vor dem Finanzministerium in München Was es sonst noch gibt 20 Rechtliches: Krankenkassenbeiträge für Selbstständige von Erwin Denzler 21 Mach's gut, Günter von Caroline Kanis Tariferhöhung – Beitragsanpassung 21 Michael Mende, der »Neue« in der GEW-Landes- Durch die Beteiligung der Landesangestellten an den Warn- geschäftsstelle streiks konnte die GEW gemeinsam mit anderen Gewerk- Michael Mende stellt sich vor schaften eine Tariferhöhung erreichen. Rückwirkend zum 22 Grußwort der GEW Bayern an die Teilnehmer*innen der 1.1.2019 werden die Gehälter mindestens um 3,01 Prozent Fridays-For-Future-Demos erhöht. Satzungsgemäß passen wir den Gewerkschaftsbeitrag Rubriken entsprechend der Gehaltsentwicklung an. Erwin Saint Paul 23 Berichte Schatzmeister der GEW Bayern - GEW-Kollegen schulen 14 neu gewählte Personalrät*innen - GEW München informiert Tarifbeschäftigte über Verhandlungsstand - Arbeits- und Gesundheitsschutz – wichtiges Thema für alle Beschäftigten Telefonische Sprechzeiten der GEW-Rechtsstelle 25 Die GEW trauert um Jonas Lanig mit Beratung für GEW-Mitglieder: 26 Veranstaltungen Mo und Do von 13.00 - 16.00 Uhr • Tel.: 089 54379959 Bitte Mitgliedsnummer bereithalten! 27 Geburtstage und Jubiläen 28 Kontakte Impressum: DDS • Herausgeber: Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) im DGB, Landesverband Bayern Geschäftsstelle: Schwanthalerstr. 64, 80336 München, 089 5440810 E-Mail: info@gew-bayern.de • gew-bayern.de • facebook.com/GEWBayern/ Redaktionsleiterin: Dorothea Weniger, Schwanthalerstr. 64, 80336 München 089 69393206 Ab __________ gilt folgende Änderung (meiner Adresse, Bankverbindung, E-Mail: dorothea.weniger@gew-bayern.de Eingruppierung, Beschäftigungsart, Teilzeit, Erziehungsurlaub, Arbeitsstel- Redaktionelle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: Verena Escherich, Wolfgang Häberle, Hannes le, GEW-Funktion ...) Henjes, Karin Just, Petra Nalenz, Gele Neubäcker, Ute Schmitt, Magnus Treiber, Chrissi Wagner, Wolfram Witte Name: Gestaltung: Karin Just Bildnachweis: (soweit nicht beim Foto berücksichtigt): Titel imago/Future image Mitgliedsnummer: Druck: Druckwerk GmbH, Schwanthalerstr. 139, 80339 München 089 5029994 Anzeigenannahme: nur über die Redaktionsleitung Änderung: Anzeigenverwaltung: Druckwerk GmbH, Schwanthalerstr. 139, 80339 München 089 5029994, E-Mail: team@druckwerk-muenchen.de Zur Zeit ist die Anzeigenpreisliste Nr. 14 vom 1.1.2017 gültig. Mit Namen oder Namenskennzeichen gekennzeichnete Beiträge stellen die Meinung der betref- fenden Verfasser*innen dar und bedeuten nicht ohne Weiteres eine Stellungnahme der GEW Bayern oder der Redaktion. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Druckschriften wird keine Gewähr übernommen. Bei allen Veröffentlichungen behält sich die Redaktion Kürzungen vor. Der Bezugspreis ist für GEW-Mitglieder des Landesverbandes Bayern im Mitgliedsbeitrag inbegriffen. Der Bitte zurück an GEW Bayern, Schwanthalerstr. 64, 80336 München. Auch Bezugspreis für Nichtmitglieder beträgt jährlich 21 EUR zuzüglich Porto, der Preis der Einzelnummer online möglich unter gew.de/Aenderungsmeldung.html 2,50 EUR zuzüglich Porto. Grundsatz aller Gewerkschaften: Wer weniger verdient, zahlt weniger Die DDS erscheint monatlich mit Ausnahme der Monate Januar und August. Beitrag (wenn es uns mitgeteilt wird!). Wer unter dem satzungsgemäßen Adressenänderung: Ummeldungen bitte an die Landesgeschäftsstelle der GEW. Redaktions- und Anzeigenschluss: jeweils am 6. des Vormonats. Beitrag liegt, verliert seinen gewerkschaftlichen Rechtsschutz!
DDS April 2019 3 Foto: imago/Christian Ohde Weiterbildung in der digitalisierten Welt Wie jede technische Entwicklung ist Die Rolle der Bildung Medienkompetenz auch die digitale Technik janusköpfig. Sie kann das Leben der Menschen erleich- Im Vordergrund der aktuellen Bil- Nach diesem Bildungsverständnis gilt tern und bereichern: »Intelligent ver- dungsdiskussionen steht das Erlernen des es im Hinblick auf die Digitalisierung ins- netzt, ermöglichen datenbasierte Öko- Umgangs mit digitalen Medien im Hin- besondere Medienkompetenz zu entwi- systeme mehr Austausch und Synergi- blick auf die digitalisierte Arbeitswelt. In ckeln, die sich als Bestandteil kommuni- en, Beschäftigung, Teilhabe und Enga- der schulischen Bildung ist darüber hin- kativer Kompetenz versteht. Kommuni- gement. Aus technischen können so- aus noch der kritische Umgang mit Me- kative Kompetenz ist im Sinne der gleich- ziale Innovationen werden. Digitalisie- dien, v. a. mit sozialen Medien, Thema. namigen Theorie von Jürgen Habermas rung passt zur Vision einer Gesellschaft Dies allein ist zu kurz gegriffen, da die Di- die zentrale, auf Mündigkeit und gesell- des Zugangs und der Chancen als Gegen- gitalisierung alle Lebensbereiche betrifft. schaftliche Handlungsfähigkeit zielende entwurf zu einer autoritären und sozial Burkhard Jungkamp, Moderator des Netz- Kategorie und bildet die Grundlage für normierten Gesellschaft.«1 Dieser positi- werks Bildung der Friedrich-Ebert-Stif- die Aneignung von Realität sowie für das ven Utopie steht die Realität des Kapita- tung, bei einer Tagung: »Unsere Gesell- aktive Einwirken auf Realität. Mediale lismus entgegen, in dem wirtschaftliche schaft wird sich ändern. Ob es eine besse- Kommunikation ist darin eingeschlossen, Verwertungsinteressen Vorrang haben. re Gesellschaft wird, ist wesentlich davon denn Medien sind fester Bestandteil der Es ist zu befürchten, dass sich die digita- abhängig, inwieweit uns Bildung gelingt. Realität. Für diese mediale Kommunika- le Ökonomie zum digitalen Kapitalismus Menschen zu stärken in einer Welt, wie tion steht der Begriff der Medienkompe- und letztendlich zum Datenkapitalismus sie ist, sie vorzubereiten auf eine Welt, tenz. Sie umfasst instrumentelles, analy- entwickeln wird2, der mit seinen negati- wie sie voraussichtlich einmal werden tisches und strukturelles Wissen und die ven Erscheinungen alle Lebensbereiche wird, und sie mitarbeiten zu lassen an ei- Fähigkeit zu selbst-, medien- und gesell- zu prägen droht. ner Welt, wie sie einmal werden soll, dar- schaftsbezogener Reflexion sowie zum um geht es gerade in Zeiten rasanter Ver- kommunikativen, kreativen und partizi- änderung. Das ist Aufgabe von Bildung.« pativen Handeln. Fähigkeiten, die in der 1 Daniel Dettling: An die Arbeit, Berlin. In: SZ Nr. 194 Hier ist von einer umfassenden Bildung Wissens-, Reflexions- und Handlungsdi- vom 24.8.2018, S. 2. Dettling ist Leiter des Berliner Büros des Zukunftsinstituts. die Rede, deren Ziel es ist, Wissen und kri- mension von Medienkompetenz erwor- 2 Vgl. Kerstin Jürgens, Professorin an der Universität tische Reflexion über digitale Entwicklun- ben werden, fundieren dann die Orien- Kassel und Leiterin der von der Hans-Böckler-Stiftung eingerichteten Kommission »Zukunft der Arbeit«, in: gen ebenso zu fördern wie die Fähigkeit, tierung und die Positionierung in Bezug GEW (Hg.) (2018): Die digitale R*Evolution. Frankfurt a. M., S. 18 ff. auf diese Einfluss zu nehmen. auf die Medienwelt. Medienkompetenz
4 DDS April 2019 zu fördern ist Aufgabe aller Bildungsbe- die KMK Infrastrukturmaßnahmen: Netz- form macht nur Sinn, wenn sie von unten reiche. werke und Endgeräte (u. a. den Ausbau her, also von Lehrenden und Lernenden der Breitbandversorgung in ländlichen aus ihren Erfahrungen heraus aufgebaut, Die Rolle der Weiterbildung Gebieten), Lernplattformen und Clouds professionell betreut und gesteuert sowie sowie digitale Marktplätze als Umschlags- als lehr- und lernunterstützendes Element In fast allen einschlägigen Verlautba- ort für Inhalte und Materialien. des Bildungsprozesses verstanden wird. rungen aus Wirtschaft, Politik und Ge- Statt sich auf zentralistische und tech- sellschaft wird der Weiterbildung eine Lernplattform MILLA – nische Lösungen für digitale Herausfor- Schlüsselrolle bei der Bewältigung der di- eine Lösung? derungen zu fokussieren, müssen vor- gitalen Herausforderungen zugeschrie- rangig die seit Jahrzehnten existierenden ben. Die Kultusministerkonferenz (KMK) Der marktorientierte und fast aus- Probleme der Weiterbildung angegan- hat im Dezember 2016 mit dem Konzept schließlich auf berufliche Anpassungsqua- gen werden: diffuse Strukturen der Trä- »Bildung in der digitalen Welt. Strategie lifizierung beschränkte Stellenwert der gerlandschaft, erhebliche Unterfinanzie- der Kultusministerkonferenz« Ziele und Weiterbildung im KMK-Strategiepapier rung, prekäre Beschäftigungsverhältnis- Aufgaben der allgemeinbildenden und setzt sich fort in dem vom 31. CDU-Par- se der weit überwiegenden Mehrzahl der beruflichen Schulen sowie der Hochschu- teitag im Dezember 2018 beschlossenen Lehrenden, fehlende staatliche Regelun- len formuliert.3 Weiterbildung kam darin Konzept »MILLA« (Modulares Interakti- gen für ein kohärentes inklusives Weiter- nicht vor und wurde erst Ende 2017 er- ves Lebensbegleitendes Lernen für Alle)4, bildungssystem, mangelnde Chancen auf gänzt. Ihr sind in dem 53 Seiten umfassen- das Teil der geplanten nationalen Weiter- Teilhabe an Weiterbildungsmaßnahmen – den Papier lediglich vier Seiten gewidmet. bildungsstrategie der Großen Koalition die soziale Spaltung der Gesellschaft spie- Aber nicht nur quantitativ drückt sich die werden soll. In der Zusammenfassung des gelt sich in der Weiterbildung wider –, erhebliche Diskrepanz zwischen der öf- Konzeptentwurfs werden unter der Über- Privatisierung und Kommerzialisierung, fentlich und politisch postulierten Bedeu- schrift »Deutschland braucht eine zentra- kurzfristige Projektförderungen statt Re- tung der Weiterbildung und ihrer realen le Weiterbildungsplattform« in vier Punk- gelförderung, fehlendes Berufsbild der Situation als absolut vernachlässigter Bil- ten Ausgangslage, Sinn und Zweck wie Weiterbildner*innen, fehlende subjekt- dungsbereich aus. Es wird einerseits kon- folgt beschrieben: orientierte Beratungsstrukturen etc. Das statiert: »Die Digitalisierung verändert »1. Das bestehende Weiterbildungs- bei MILLA vorgesehene Vermessen der den Alltag und das Arbeitsleben unse- system Deutschland ist nicht in der Lage, Lernenden über Punktvergabe ist darüber rer Gesellschaft (...) Lebenslanges Ler- die Weiterbildungslücken zu schließen. hinaus eher ein weiteres Ausgrenzungs- nen gewinnt in der Bildungsbiografie Er- 2. MILLA fördert eine Weiterbildungskul- verfahren für die Mehrheit derjenigen, die wachsener als längster Baustein in der Bil- tur. 3. Eine vom Staat initiierte digitale schon heute nicht an Weiterbildungsmaß- dungskette weiter an Bedeutung und der zentrale Weiterbildungsplattform schafft nahmen teilhaben (können), und steigert Weiterbildungsbedarf wird zunehmen.« eine effiziente Infrastruktur und durch allenfalls die Motivation der Bildungsbe- (ebd., S. 46 f.) Andererseits ist keine Rede Kompetenzpunkte eine Währung für vorzugten. MILLA wird durch die zentrale davon, dass auch dieser Bildungsbereich den Weiterbildungsmarkt. 4. Kursanbie- Erfassung der Kompetenzprofile aller Teil- staatlicher Regulierung und Förderung ter werden durch erfolgsabhängige Ver- nehmenden außerdem ein Instrument, bedarf und von gut ausgebildeten, er- gütung, Bürger durch ein Prämienmodell das gläserne Arbeitnehmer*innen prä- wachsenenpädagogisch geschulten Lehr- zur Teilnahme incentiviert5.« sentiert und den Arbeitgebern zur Aus- kräften gewährleistet werden muss. Im In Punkt 1 werden zwar einige der be- wahl offeriert. Es wäre angebracht, die für Gegenteil: »Digital gestützte Weiterbil- kannten Probleme in der Weiterbildung MILLA vorgesehenen staatlichen Mittel in dungsmaßnahmen erfolgen zeit- und benannt, dass diese aber durch eine zen- Höhe von jährlich drei Milliarden Euro in ortsunabhängig und Erwachsene lernen trale Weiterbildungsplattform zu bewälti- den Ausbau der Weiterbildung zu inves- darüber hinaus unabhängig von Lebens- gen sind, wie in den weiteren Ausführun- tieren, um die o. a. Probleme zu lösen. alter oder Bildungsvoraussetzungen indi- gen unterstellt wird, ist fragwürdig und ab- Weiterbildung wäre dann auch in der viduell und selbstgesteuert lebensbeglei- sehbar ein leeres Versprechen. Das Kon- Lage, Konzepte zur Förderung von Medi- tend weiter.« (ebd., S. 47) zept gleicht eher dem Werbetext eines enkompetenz zu entwickeln und die not- Das Primat der Pädagogik wird zwar Start-ups und lässt vermuten, dass an der wendige Teilhabe an der Gestaltung einer betont, gleichzeitig wird jedoch die zu- Entwicklung keine Bildungsexpert*innen humanen digitalen Gesellschaft zu för- nehmende Bedeutung digitaler Lernset- beteiligt waren. Bisherige Versuche, Ler- dern. MILLA sieht das nicht einmal an- tings für das selbsttätige Lernen hervor- nen mit digitalen Systemen zu steuern, satzweise vor. gehoben, in dem die Lernenden vor »der sind in ihrer Reinform gescheitert. Lern- Chance stehen, ihre Weiterbildung selbst programme, Lehr- und Lernplattformen auszuwählen, zu organisieren und zu etc. können, so die Erfahrungen, Lehren von Fred Schell steuern.« (ebd., S. 48). Die Dozent*innen und Lernen unterstützen, aber das ge- Vertreter der Bundesfach- gruppe Erwachsenenbildung finden nur als »größtenteils nebenberuf- meinsame Lernen in Gruppen mit realen im »Forum Bildung in der digi- lich« Tätige Erwähnung und fungieren als Lehrpersonen nicht steuern oder gar er- talen Gesellschaft« der GEW »Moderatoren« und »Lernbegleiter«. Als setzen. Eine zentrale Weiterbildungsplatt- Voraussetzung für die Einbindung digita- Dieser Artikel wurde stark gekürzt. Die Langfassung ler Formate in der Weiterbildung fordert 4 stab-zukunftderarbeit.de/wp-content/uploads/ mit dem Titel »Bildung in der digitalisierten Gesell- 2018/11/MILLA_Pr%C3%A4sentation.pdf schaft – Grundlagen und Anregungen für GEWerk- 3 Bildung in der digitalen Welt. Strategie der Kultusmi- 5 Aus der Ökonomie stammender Begriff für »Anreize schaftliches Handeln« gibt es hier als Download: nisterkonferenz; Download: kmk.org schaffen« gew-bayern.de
DDS April 2019 5 Foto: imago/Westend Smarte Lehrkräfte Was es heißt, Lehrkraft im digitalen Zeitalter zu sein Digitalisierung hat Konjunktur. Das wurde hingegen die Notwendigkeit, Schu- nicht zuletzt auch wirtschaftlich motiviert Megathema beflügelt Zukunftsforsche- len mit digitalen Geräten auszustatten. ist. Sie sitzen dabei zwischen allen Stühlen, r*innen, Konzerne, Journalist*innen, Phi- Deutschland hinke bei der Digitalisierung sind mit großen Erwartungen konfrontiert losoph*innen, Bürger*innen und Politi- insgesamt und vor allem im Bildungswe- und sehen sich gleichzeitig Gegner*innen, ker*innen. Gleichzeitig verunsichert es: sen hinterher, heißt es über alle Partei- Zweifler*innen und Skeptiker*innen ge- Wohin sich die digitale Gesellschaft ent- grenzen hinweg. genüber, die auch mitgenommen werden wickeln wird, vermag niemand zu sa- Auch wenn Schulen auf Finanzmittel wollen. Schulleiter*innen müssen heute gen. Der Diskurs reicht von Schreckensbil- des Bundes weiter warten, werden mehr in noch nie dagewesenem Ausmaß Stand- dern einer digitalen Diktatur (siehe China) und mehr Schulen mit digitalen Klassen- ortmanagement betreiben. Keine Schu- über die neue große Arbeitslosigkeit (Ri- zimmern ausgestattet und Tablets halten le möchte abgehängt werden und der chard David Precht) bis hin zu einer neuen Einzug in den Schulalltag. WLAN fehlt Kampf um Schüler*innen wird letzt- Schicht der Nutzlosen, die, von ihrer Kauf- zwar vielerorts noch, gilt aber in der De- lich auch über die zügig eingerichteten kraft abgesehen, überflüssig ist (Yuval Ha- batte um zukünftige Formen der Bildung I-Pad-Klassen geführt. rari). als obligatorisch. Die Dauerpräsenz des Demgegenüber wissen die Lehrkräfte Utopien gibt es freilich auch. Nicht zu- Themas führt verstärkt zu Fortbildungen. um die Erwartungshaltung, ihren Unter- letzt im Bildungswesen erhofft man sich Es gibt wohl keine Schule, die im letzten richt um Aspekte der Medienbildung zu durch bessere Ausstattung mit digitalen Schuljahr nicht auf mindestens einer erweitern. Dass Medienbildung als Quer- Geräten moderneren und besseren Un- Konferenz über Medienkonzepte und Di- schnittsaufgabe über alle Fächer hin- terricht. Die Politik will Schulen, Städte gitalisierung sprechen musste. Schullei- weg verstanden wird, zeigt sich letztlich und Kommunen bei dieser Aufgabe unter- tungen kommen erst recht nicht daran auch in der Medienkonzept-Initiative, stützen. Zuletzt gelang es dem Bund mit- vorbei. All das verändert uns Lehrkräfte bei der alle Schulen aufgefordert sind, hilfe einer Grundgesetzänderung zum Di- und unsere Schulen. Welche Trends las- Medienkompetenz-Curricula zu erstel- gitalpakt, Finanzhilfen zur Digitalisierung sen sich hier schon heute ablesen, erah- len und einzuhalten. Das bedeutet aber der Bildung freizugeben. Bedenken gab es nen und auch befürchten? Was bedeu- auch, dass Lehrkräfte selbst medienkom- zuvor aus einzelnen Ländern: gegen eine tet es, Lehrkraft im digitalen Zeitalter zu petent sein müssen oder diese Kompe- Aushöhlung des föderalen Systems und sein? tenz schleunigst erwerben sollten. Die letztlich gegenüber den Kosten, an denen Die Schulleitungen stehen unter enor- Bandbreite an Themen ist riesig. Für vie- man sich nun in nicht unerheblichem Aus- mem Druck, Digitalisierung als ein Thema le Lehrkräfte sind Bereiche wie Informa- maß beteiligen muss. Nicht angezweifelt schulisch umzusetzen, das politisch und tik und Programmieren jedoch schlicht
6 DDS April 2019 fremd. Sie sind Expert*innen auf den Ge- Die Lehrkraft von morgen fußt. Bevorteilt sind wie immer diejeni- bieten der Pädagogik und der Didaktik. gen, die Medien- und Gerätekompetenz Doch jetzt kommt eine technische Ebe- Was heißt all das für die Lehrkraft schon von zu Hause mitbekommen. An- ne hinzu, die sich sowohl mit der einen im digitalen Zeitalter? Überspitzt ausge- dere werden noch schneller als bislang als auch mit der anderen Ebene verzah- drückt behält sie den Überblick und ver- abgehängt – inhaltlich und, weil sie viel- nen wird. mag, Hype und Trends von sinnvollen di- leicht nicht mit leistungsstarken Gerä- daktischen Erweiterungen zu unterschei- ten mit großen Displays mithalten kön- Welche Skills braucht es für den. Sie erkennt den Mehrwert für ihre nen, wenn ihre Schule auf das »Bring your das 21. Jahrhundert? Schüler*innen und weiß die Kultur der own device«-Modell setzt. Das Thema Digitalität mitsamt einem weit über die Bildungsgerechtigkeit, ohnehin Deutsch- Viele Kolleginnen und Kollegen fragen Schule hinausreichenden Leitmedien- lands Schwachstelle, müsste also mehr in sich, wie und wann das alles neben den wechsel im Unterricht abzubilden. Ihr ge- den Fokus rücken. anderen Herausforderungen zu bewälti- lingt das, weil sie kein*e Einzelkämpfer*in, gen sei. Die digitale Avantgarde der Bil- sondern lokal, regional, national und viel- Beziehung und Miteinander dungslandschaft beantwortet diese Fra- leicht sogar international vernetzt ist. Zu- stehen vor Technik ge auf gut gemeinte, aber dennoch zyni- nehmende Innovationsdynamik ängs- sche Art: Lehrkräfte im 21. Jahrhundert tigt sie nicht. Im Gegenteil, es spornt sie Außer Frage steht, dass die Kul- brauchen ein bestimmtes Mindset: eine an und sie ist trotz des hohen Tempos tur der Digitalität im 21. Jahrhundert in offene, neugierige und zugleich kritische gleichzeitig am Puls der Zeit und dabei Schule und Unterricht gehört. Unstrit- Grundhaltung gegenüber der Notwendig- psychisch gesund und ausgeglichen. Die tig ist ebenso, dass diese Notwendigkeit keit des lebenslangen Lernens. Darüber Lehrkraft von morgen absorbiert und pro- neue Ansprüche an die Professionalisie- hinaus sei Vernetzung angesagt. Und man duziert eine Menge an Daten und kann rung mit sich bringt. Und trotzdem soll- müsse sich mit der Frage auseinanderset- Software zur eigenen Effizienzsteigerung ten wir hinterfragen, welche Entwicklun- zen, wie Bildung im 21. Jahrhundert aus- mühelos einsetzen. Sie lässt sich beina- gen und Technologien echten Fortschritt zusehen habe. Konsens ist derzeit das he gläsern in die Karten schauen und lebt bringen und welche nicht. Bremsende, Modell der 4 Ks: Es komme auf Kommuni- den Geist des Sharings. Sie ist davon über- kritische und nachdenkliche Reaktionen kation, Kooperation, Kreativität und kriti- zeugt, ihren Schüler*innen Zugang zur Bil- können nützlich sein und müssen weiter- sches Denken an. Rechtschreibung, Lesen dung des 21. Jahrhunderts ermöglichen hin ihren Platz haben. Dazu gehört auch und Schreiben fehlen. Das mag auf den zu müssen. Und sie weiß, dass es dabei die schultypische kritische Trägheit bis zu ersten Blick überraschen. Dennoch wis- hauptsächlich auf sie ankommt und die dem Zeitpunkt, an dem der erste Hype sen wir nicht, ob die Digitalisierung die- Technik allein noch keinen besseren Un- abgeflacht ist. Schulentwicklungsprozesse se »alten« Fähigkeiten noch als Voraus- terricht macht. müssen genau an dieser Stelle ansetzen. setzung für ein erfolgreiches Leben be- Und auch wenn kaum ein*e Vorgesetz- Letztlich dürfen Lernumgebungen nicht stehen lassen wird. Wichtiger erscheint te*r diese Ansprüche so direkt an Lehr- verarmen, weil alle Schüler*innen bunte eine andere Frage: Verfügen wir Lehrkräf- kräfte stellen würde, schweben sie doch und individualisierte Endgeräte vor sich te selbst über diese Skills? Junge Lehrkräf- spürbar durch die Konferenzen und Fort- haben. Beziehung und Miteinander müs- te vielleicht, ältere vielleicht eher nicht? bildungen. Das macht etwas mit Kollegi- sen auch weiterhin vor Technik und Soft- Oder gerade doch, weil sie älter sind? Wie en und mit dem Berufsstand: Von Verwei- ware stehen. haben wir diese Skills erlernt und wie las- gerung bis hin zu unkritischem Enthusias- Schlussendlich lautet die Herausfor- sen sie sich unterrichten? Und wenn wir mus erleben wir die unterschiedlichsten derung, lernwirksamen Unterricht zu ge- sie erst lernen müssen, wo und mit wem Reaktionsweisen. Die persönliche Verän- stalten und Ausstattung zum Vorteil der gelingt dies? derung wird dabei zu wenig diskutiert, Er- Lernenden einzusetzen. Auf diesem Weg Digitalisierungsfans versprechen sich wartungshaltungen kaum reflektiert und sollten wir niemand zurücklassen – we- vom Einsatz von Tablets u. Ä. kreative Ar- Ängste schon gleich gar nicht zugegeben. der Schüler*innen noch Lehrkräfte. Schul- beitsformen, technisch effizient gestalte- leitungen sind gefragt, ein gangbares Ent- te Zusammenarbeit, Austausch über pro- Die digitale Spaltung wicklungstempo für die eigene Schule zu zessorientierte Aufgabenstellungen und finden, das solidarisch und individuell an- kritische Reflexion der Mediennutzung, Sicher ist, dass bei dieser Entwicklung spornend zugleich ist. Zudem sollten Lehr- die auch ins Private wirken soll. Sie ar- nicht alle mitkommen werden. Kollegien kräfte, die ihre Unzufriedenheit gegen- gumentieren mit einer Vielzahl passen- drohen im Sog der Digitalisierung in Lager über all diesen Entwicklungen verspüren, der Apps, die Eingang in den Unterricht zu verfallen, wobei die Gräben größer als ihre Zweifel anbringen. Nachhaltige Ent- finden sollen. Diese Apps sind in großer früher sind. Es würde mich nicht wundern, wicklungen brauchen Zeit. Je schneller Zahl auf dem Markt und für alle Betriebs- wenn diese Gräben Konflikte und Spal- sich die Welt um die Schule dreht, desto systeme und Geräte zu finden. Die Band- tung nach sich zögen. Eine Spaltung, die wichtiger erscheint es mir, diesen Entwick- breite ist unübersichtlich, die Herkunft die nächsten Jahre mit Schul- und Team- lungen Zeit einzuräumen. der dahinterstehenden Firmen oft unklar entwicklung bearbeitet werden müsste. und deren Geschäftsmodelle basieren in Die digitale Spaltung droht sich auch von Joscha Falck der Regel auf dem Rohstoff des 21. Jahr- auf die Schüler*innen zu übertragen. Zu- Mittelschullehrer und hunderts: unseren Daten. »Appification« nehmend digitaler Unterricht kommt vor Schulentwickler Koordinator und Fortbildner für und »Gamification« kommen trotzdem allem starken Schüler*innen zugute, weil digitale Bildung an Grund- und in unseren Klassenzimmern an. er auf Selbstständigkeit und Kreativität Mittelschulen
DDS April 2019 7 Digitalisierungswelle ... ... rollt derzeit über die Schulen in Bayern »Digitalisierung« ist ein schwieriges, komplexes Thema, das auch aus Ge- werkschaftssicht mehr Fragen als Ant- worten aufwirft. Fakt ist: Eine regel- rechte Digitalisierungswelle überrollt derzeit die Schulen in Bayern: Digitali- sierungsoffensive, Digitalpakt I und II und was es nicht sonst alles für Schlag- worte gibt, die uns aus der Richtung un- serer obersten Dienstbehörden um die Ohren schwirren. Selbst die dienstliche Beurteilung wird über ein eigenes Por- tal online abgewickelt. Ist das wirklich erst jetzt ein The- ma? Ich meine: nein. Der Prozess der Digitalisierung weiter Bereiche unse- res Lebens begann für die meisten von uns sichtbar Anfang der Achtzigerjah- re des letzten Jahrhunderts. Dieser Pro- zess verläuft seither jedoch exponenti- ell, wobei wir nicht wissen, an welcher Stelle der Kurve wir uns gerade befin- den. Letztlich haben wir keine Ahnung, wohin die Digitalisierung führt. Die Ent- wicklung von Schule verläuft dagegen li- near, je nach Betrachtungsweise flacher oder steiler. Foto: imago/Westend Warum jetzt dieser Hype? Ist es die Erkenntnis der zunehmenden Spannung zwischen diesen beiden Entwicklungs- Medienkonzepte seit Beginn ihrer Arbeit im Jahre 2002. kurven? Haben die Verantwortlichen Hier kann es ganz viel auch um Kreativi- gemerkt, dass hier Welten auseinan- Milliarden werden momentan in die tät gehen: um Programmieren, um Apps derdriften? Ist es Wahlkampf? Ist es ein Schulen für die Ausstattung sogenann- selbst gestalten, um das Erstellen einer Konjunkturprogramm für IT-Konzerne? ter digitaler Klassenzimmer gepumpt. Schüler*innenzeitung etc. und um kriti- Diese Ausstattung ist z. T. auch bitter nö- sches Denken bezüglich Fake News, In- Digitales Lernen tig. Sie muss durch ein Medienkonzept formationsblasen, Cybermobbing, recht- (= »Plan«) der Schule begründet sein. liche Aspekte. Der Begriff vom »digitalen Lernen« Diesen – fachlich an sich richtigen – Weg ist in aller Munde. Gibt es das über- geht das Kultusministerium (KM) im Mo- Datenschutz haupt? Ich meine: nein! Lernen kann ment. Aus einem Mediencurriculum soll nicht digital sein. Hilfsmittel zum Ler- das Ausstattungskonzept der Schule fol- In Schulen wird mit dem Thema »Da- nen können digital sein. Wir lernen, mit gen und daraus das Fortbildungskonzept tenschutz« derart dilettantisch umge- diesen Hilfsmitteln umzugehen. Digita- für das Kollegium. gangen, dass man sich immer wieder die le Lernmittel sind jedoch in der Tat ein Nicht jede Schule muss hier jedoch Haare raufen müsste. Es ist klar, dass per- »Quantensprung« im Vergleich zu Pa- das Rad neu erfinden. Es gibt viel Unter- sonenbezogene Daten von Schüler*innen pier, Büchern, Stift und Tafel. Das Ler- stützungsmaterial: beim ISB (Institut für auf privaten Rechnern, die keinerlei Si- nen bzw. der Unterricht können sich Schulpädagogik und Bildungsforschung), cherheitsstandards aufweisen, nichts zu durch diese Hilfsmittel grundlegend än- auf der Plattform Mebis (Onlineplattform suchen haben. Jetzt aber der entschei- dern. Der Umgang mit digitalen Lern- des KM) oder auch durch MiBs (medien- dende Punkt: Hier wäre der Dienstherr mitteln: eine Kulturtechnik! pädagogisch-informationstechnische in der Pflicht. Entweder er stellt allen Aber es bleibt dabei: Digitale Lern- Berater*innen). Kolleg*innen an den Schulen Arbeitszim- mittel sind nur Hilfsmittel! Zentrale Bil- Im Mittelpunkt der Medienkonzep- mer, die der Arbeitsstättenverordnung dungsziele bleiben Lebendigkeit, kriti- te sollte ein »Mediencurriculum« ste- entsprechen und mit einschlägiger Hard- sches Denken, Kreativität etc. und – ei- hen. Darin geht es um nichts anderes ware ausgestattet sind, zur Verfügung gentlich vollkommen banal – unser Le- als um die Entwicklung von Medienkom- oder er beschafft jedem*r Kollegen*in ben ist und bleibt analog. petenz. Das predigen die MiBs schon einen dienstlichen Laptop, der profes-
8 DDS April 2019 sionell gewartet wird und daher immer sich die Strahlenstärke herunterre- res Betriebssystem (z. B. Ubuntu) höchste Sicherheitsstandards aufweist. geln lässt; die meisten Geräte strah- n andere Open-Source-Produkte und Es genügt eben nicht, jetzt einmalig ein len weitaus mehr als notwendig. auch OER (Open Educational Res- paar Milliarden an die Schulen für die Di- sources), offene und frei verfügbare gitalisierung auszuschütten. Systembetreuung Lehr- und Lernmittel Deshalb forderte die GEW in einem Be- Digitale Arbeit Bezüglich der Systembetreuung herr- schluss auf dem Gewerkschaftstag 2017 schen an Schulen weiterhin Zustände, die in Freiburg auch »Richtlinien für Public Wie verändert sich (unsere) Arbeit im in jedem Betrieb nur Kopfschütteln her- Private Partnerships und Lernpartner- Zeitalter der Digitalisierung? Innerschuli- vorrufen würden. Die Hardware wird schaften, die die Bildungseinrichtungen sche Kommunikation bedient sich zuneh- vielfach von Lehrkräften administriert, vor Einflussnahme durch Großkonzerne mend digitaler Hilfsmittel: E-Mail, Mebis, die dafür höchstens zwei Anrechnungs- schützen und sowohl die pädagogische geschützte Bereiche von Schul-Home- stunden bekommen. Systembetreuung Autonomie von Bildungseinrichtungen pages … muss durch IT-Fachkräfte erfolgen, nicht und Lehrenden, den Bildungsauftrag wie Lehrkräfte stehen hier immer mehr durch Lehrer*innen! Lehrkräfte sollten auch das Neutralitätsgebot von Schulen vor der Problematik der Entgrenzung von nur medienpädagogisch gefragt sein! Da- schützen.« Arbeitszeit, d. h. die Trennung zwischen bei arbeiten die »Lehrer*innen-System- privater und dienstlicher Sphäre wird im- betreuer*innen« natürlich vielfach her- Fazit mer schwieriger. vorragend, aber in der Regel nur, weil sie Was wir deshalb brauchen: IT zu ihrem Hobby machten. Das System Schule muss sich weiter- n dienstliche E-Mail-Adressen Der jüngste »Innovationsschub«, mit entwickeln, insbesondere hinsichtlich des n Begrenzung von E-Mail-Sende- und dem uns die bayerische Staatsregierung Themas »Digitalisierung«. Gegenwärtig -Lesezeit; diesbezügliche Vereinba- beglückt, ist die Einführung des Faches haben jedoch viele Kolleg*innen den Ein- rungen zwischen Schulleitung und Informatik in den Mittel- und Förder- druck, dass das Tempo, in dem immer Kollegium schulen ab dem kommenden Schuljahr. wieder neue Initiativen angestoßen wer- n keinen Zwang, private Computer zu Durch dieses Fach, das zugegebenerma- den, viel zu hoch ist. Neue Konzepte brau- nutzen: Dienst-Notebooks für alle ßen sehr abwechslungsreiche und inter- chen Zeit sich zu entfalten. Die Medien- Lehrkräfte in Bayern! essante Inhalte aufweist, wird in Zeiten konzepte sollten bis zum Ende des Schul- dramatischen Lehrer*innenmangels die jahres 2018/19 fertiggestellt werden. Ich Gesundheit Stundentafel ab Jahrgangsstufe 5 noch- denke, sie müssten dann erst einmal in mal um eine Stunde erweitert. der Praxis erprobt werden. Warum paral- Noch im Jahr 2007 empfahl der bay- Die Fachberater*innen Informatik lel zu diesem Prozess das neue Fach Infor- erische Landtag, dass Schulen auf kabel- müssen in den nächsten Monaten in matik eingeführt werden muss, kann ich gebundene Netzwerke zurückgreifen sol- mehrtägigen Schulungen die zukünftigen nicht nachvollziehen. len. Davon spricht heute niemand mehr. Informatiklehrer*innen mit dem Lehrplan Wie alle Neuerungen im Schulbereich Die hochfrequente elektromagnetische Informatik vertraut machen. Die Fachbe- sollen die Erstellung der Medienkonzepte Strahlung, die von Handys oder WLAN- rater*innen sind meistens auch System- und die Einführung des Faches Informatik Hotspots ausgeht, ist in jedem Fall weit betreuer*innen an ihren Schulen. Nun wieder »on top« erledigt werden, zusätz- unterhalb der erlaubten Grenzwerte. sollen sie selbst auf Fortbildungen lich zu allen sonstigen Aufgaben. Das kann Nur: Wer legt diese Grenzwerte fest? Ins- gehen, sich gleichzeitig um die neue Hard- nicht sein, denn es lastet die Bürden den gesamt ist die Faktenlage sehr unüber- ware kümmern und anschließend ihre Kolleg*innen auf. Arbeitszeit muss zur sichtlich. Es fehlen in jedem Fall Langzeit- Kolleg*innen schulen. Rätselhaft, wie das Verfügung gestellt werden, um neue Kon- studien über die Auswirkungen elektro- alles gleichzeitig erfolgreich bewältigt zepte erarbeiten zu können! Andere Din- magnetischer Strahlung, speziell bei Kin- werden kann. ge müssen dann eben zurückstehen! Hier dern. sollten Kultusministerium und/oder ISB Klar ist: Wenn man auf WLAN in der Lobbyismus konkrete Vorschläge zur Entlastung zeit- Schule verzichtet, muss man auch auf die nah erarbeiten. gesamte Tablettechnologie verzichten so- Wie oben bereits erwähnt, kommt Schließlich zeigt das Thema »Digi- wie auf das »Bring your own Device«- mir der Digitalisierungshype wie ein gi- talisierung und Schule« wieder einmal Konzept. gantisches Konjunkturprogramm für IT- deutlich, wie sehr der Bildungsbereich Mögliche Konsequenzen daraus könn- Konzerne vor. In den zuständigen Kom- in Deutschland unterfinanziert ist. Es ge- ten sein: missionen auf Bundesebene sitzen zu nügt eben nicht, einmalig ein paar Milliar- n kein WLAN im Bereich schulvorberei- wenige Pädagog*innen und zu viele den für Hardware auszuschütten, weil für tender Einrichtungen (SVE) Vertreter*innen der IT-Industrie. die Pflege der digitalen Ausstattung per- n abschaltbare Hotspots oder Router, Wichtig ist es, im schulischen Kontext manent IT-Fachleute gebraucht und finan- die nur eingeschaltet werden, wenn den Alternativen zu den Produkten der ziert werden müssen. damit gearbeitet wird großen IT-Konzerne den Boden zu berei- n Visible Light Communication (VLC): ten: von Johannes Schiller Datenübertragung über LED-Licht n Libre Office als kostenloses Office- Mitglied im Hauptpersonalrat (noch in der Erforschung) Paket Gruppe der Lehrer*innen an Förderschulen und Schulen für n Verwendung von Geräten, bei denen n Linux als alternatives, frei verfügba- Kranke
DDS April 2019 9 Foto: imago/Pixsell Digitale Medien in der Kindertageseinrichtung Für Kinder sind heute digitale Medi-wortlichen Umgang mit Medien.«1 le waren, irritierte einige Kinder anfangs. en von klein auf selbstverständlich. Sie Die Erzieherinnen und die Leitung un- Sie machten sich jedoch schnell mit den wachsen in einer Welt auf, in der sie von seres Hortes machten sich vor zwei Jah- vorhandenen Apps vertraut und erstell- digitalen Medien umgeben sind. Zu Hau- ren auf den Weg, digitale Medien zu nut- ten beispielsweise Bücher mit eigenen se, auf der Straße, in öffentlichen Ver-zen, und so nahmen wir an dem Münch- Geschichten, Zeichnungen, Fotos und Vi- kehrsmitteln – überall treffen sie auf ner Pilotprojekt KoMMBi (Konzept deosequenzen. Erwachsene und ältere Kinder, die in Münchner Medienbildung) teil. Zwei Kol- Zuvor schlossen wir Erzieherinnen Smartphones schauen, dort lesen, spie- leginnen wurden an insgesamt zehn Ta- mit jedem Hortkind einen Mediennut- len und über den Bildschirm wischen. So gen zu Medienpädagogik-Beauftragten zungsvertrag ab. Dafür besprachen wir ist es illusorisch, in der Kita einen medi- geschult. Fortan wirkten sie als Multipli- vorab allgemeine Regeln, die wir dann enfreien Raum für die Kinder schaffen zukatorinnen. Darüber hinaus erhielt die schriftlich festhielten. Wir vereinbarten wollen. gesamte Einrichtung eine Basisschulung einen sorgsamen Umgang mit den Ge- und während der gesamten Projektpha- räten, zeitliche Regelungen sowie einen Den Umgang mit Medien se wurden wir kontinuierlich begleitet bedachten Umgang mit Fotos und Fil- von klein auf lernen und unterstützt. So erhielten wir für un- men. Denn obwohl einige Kinder bereits sere Einrichtung auch vier I-Pads, die un- einen eigenen Youtube-Channel betrie- Durch altersgerechten Umgang mit ter anderem mit Apps wie z. B. »stopmo- ben, war ihnen nicht bewusst, dass man digitalen Medien in den Einrichtun- tion« und »iMovie« sowie anderen krea- nicht einfach Filme ins Internet stellen gen können die Kinder den verantwor- tiven App-Versionen bestückt waren. darf, sondern das Recht auf das eigene tungsbewussten, kritischen und sinn- Bild beachten muss. vollen Umgang damit spielerisch erler- Praktische Erfahrungen mit nen. Laut Bayerischem Bildungs- und Medien im Hort Bedenken können entkräftet Erziehungsplan ist »Medienkompetenz werden heute unabdingbar, um am politischen, Die Kinder kannten Tablets von zu kulturellen und sozialen Leben in der Hause vor allem als Geräte, auf denen Zu Beginn unserer Teilnahme am Pi- Informationsgesellschaft zu partizipie- gezockt werden kann. Dass auf unseren lotprojekt luden wir die Eltern zu einem ren und es souverän und aktiv mitzu- Geräten nun gar keine »richtigen« Spie- Elternabend ein, an dem wir sie über das gestalten. Medienkompetenz bedeutet Projekt informierten. Einige Eltern be- bewussten, kritisch-reflexiven, sachge- 1 Bayerischer Bildungs- und Erziehungsplan, 5. erwei- fürchteten, dass sich die Kinder zu viel rechten, selbstbestimmten und verant- terte Auflage 2012, S. 219 mit Tablets beschäftigen würden und
10 DDS April 2019 dass sie als Eltern zu wenig Einfluss auf Projekt einen Film mit dem Titel »Der gen anderer gelten zu lassen und Kom- die Inhalte nehmen könnten. Diese Be- Tagesablauf in unserem Hort« zu er- promisse zu schließen. Sie merkten: Der fürchtungen konnten wir jedoch wäh- stellen, der auch auf dem Einführungs- Einsatz von Tablets bedeutet nicht nur rend der Projektzeit entkräften. elternabend zum neuen Schuljahr ge- das Konsumieren von vorgefertigten Ebenso äußerten auch manche Kolle- zeigt wurde. Die Kinder waren dabei die Spielen, sondern schafft auch Raum für ginnen Bedenken, dass die digitalen Me- Hauptakteur*innen, die von uns unter- Fantasie und Kreativität. dien zu viel Raum in der Einrichtung ein- stützt wurden. Es gab eine Projektgruppe, Wir, die Erzieherinnen, unterstütz- nehmen könnten und zu wenig Zeit für deren Mitglieder als Multiplikator*innen ten die Kinder dabei, wir bildeten uns für andere Angebote bliebe. Doch es stellte wirkten, sodass auch andere Kinder sich diese Aufgabe fort und erfüllen nun auch sich heraus, dass vieles miteinander kom- für das Projekt verantwortlich fühlten. einen Anspruch, den der Medienpäda- biniert werden kann. So bot z. B. eine Kol- Die Kinder lernten, selbstständig mit goge Hans-Jürgen Palme bereits vor sie- legin bei unseren regelmäßigen Waldta- dem Tablet zu fotografieren und zu fil- ben Jahren aufstellte: »Die Kinder einer gen immer gerne sogenannte Land-Art- men, sie sammelten Bild- und Filmmate- Wissensgesellschaft haben ein Anrecht Projekte an. Dabei werden in der freien rial von den unterschiedlichsten Aktivi- darauf, mit zeitgemäßen Spiel- und Lern- Natur Kunstwerke gestaltet, die nur eine täten im Hort und erstellten Interviews. mitteln umgehen zu dürfen. Den Kinder- begrenze Lebensdauer haben, also ver- Gemeinsam wählten wir das Bild- und tageseinrichtungen obliegt die besonde- gänglich sind. Die Kinder nehmen jetzt Tonmaterial aus und suchten nach Ideen re Möglichkeit, erste Schritte zur kreati- auch zu den Waldtagen ein Tablet mit für den Aufbau des Films. ven und vielfältigen Nutzung der Medien und halten damit ihre Kunstwerke auch Nachdem die Kinder viele unter- frühzeitig zu vermitteln und erlebbar zu für die Zukunft fest. Außerdem sind die schiedliche Situationen und Projekte ge- machen.«2 Kinder auf die Idee gekommen, Tierspu- filmt hatten, stellten sie fest, dass das ren, unbekannte Früchte oder Pilze auf- Material für einen mehrstündigen Film zunehmen und im Hort dann über eine reichen würde. So mussten sie sich eini- Kindersuchmaschine die entsprechenden gen, welche Sequenzen verwendet wer- von Petra Nalenz Bezeichnungen herauszufinden. den. Den Film erstellten sie dann mit der Erzieherin App »iMovie«. Mitglied der DDS-Redaktion Ein Film dokumentiert das Projekt Pädagogisches Resümee Um unser Projekt zu dokumentie- Die Kinder lernten im Rahmen des 2 Hans-Jürgen Palme (2013/2012): Medien in der Kita. In: KULTURELLE BILDUNG ONLINE; Download: kubi- ren, beschlossen wir, als längerfristiges Projektes, in Teams zu arbeiten, Meinun- online.de Internet-ABC aktualisiert und Neues zu Kleines Einmaleins OER und Recht der digitalen Selbstverteidigung Darf ich Bilder aus dem Netz in meinen Arbeitsblättern Wie man sich vor Datensammler*innen im Internet schüt- verwenden? Wie zitiere ich die Quelle richtig, wenn ich Inhal- zen kann, zeigt eine Sammlung mit Tipps von Alexander Fan- te aus dem Internet verwende? Im Unterrichtsalltag ist es für ta, Ingo Dachwitz und Tomas Rudl auf netzpolitik.org. Gleich- Lehrkräfte oft schwer zu entscheiden, welche Medien gezeigt, zeitig verweisen die Autoren auf Alternativen zu den Diensten kopiert und an die Schülerinnen und Schüler verteilt werden der großen Konzerne wie Facebook u. a. dürfen. Das Internet-ABC1 von iRights.Law-Anwalt Paul Klim- Mit ihren Sicherheitsratschlägen wollen Fanta, Dachwitz pel und Tom Hirche hat daher praxisbezogene Fragen und Ant- und Rudl sowohl der alltäglichen Sorglosigkeit mit der eige- worten zusammengestellt, die helfen sollen, sich in konkre- nen digitalen Kommunikation als auch den staatlichen Kont- ten Situationen richtig zu verhalten. Außerdem informiert die rollmechanismen und den Konzernen, die mit den Daten der Plattform über das Urheberrecht allgemein und das Urheber- Bürger*innen ihre Gewinne maximieren möchten, entgegen- recht in der Schule. wirken. Zuletzt liegt ihr Fokus aber auch auf dem Schutz vor Auch in der Reihe »OER und Recht« sind zwei neue Kriminellen, die im Internet Betrug, Erpressung und Mobbing »Jointly«-Broschüren erschienen.2 In »Nach der Reform des betreiben. Urheberrechts für Bildung und Wissenschaft – OER bleiben Da die Autoren sich der Grenzen ihrer Tipps bewusst sind, notwendig« erläutert Klimpel, welche Ausnahmen seit März verweisen sie am Ende ihrer Sammlung noch auf zwei eng- 2018 für Bildungseinrichtungen und Lehrkräfte gelten, wenn lischsprachige Leitfäden: »Surveillance Self-Defense« von der sie urheberrechtlich geschützte Werke im Unterricht verwen- Electronic Frontier Foundation (ssd.eff.org/en) und »Security den wollen. In »Loslassen als OER-Prinzip. Kontrollverzicht und in a Box« von Tactical Tech und Front Line Defenders (securi- Bedeutungsgewinn« thematisiert iRights.info-Redakteur Hen- tyinabox.org/en/). ry Steinhau mögliche Vorbehalte gegenüber der Freigabe ei- Und auch das gibt es: sogenannte Cryptoparties, die über- gener Materialien. Das OER-Projekt »Jointly« ist ein Koopera- all im Land zu analogen Zusammenkünften einladen (Beispiel: tionsprojekt von iRights.info. cryptoparty.ln/muenchen). Dazu ein letzter Tipp: Wenn man Meldung der GEW Bund vom 22.1.2019 die dort vorgestellten Programme und Apps gleich vor Ort aus- probieren möchte, sollte man sein Laptop oder Smartphone 1 Vgl.internet-abc.de/lehrkraefte/praxishilfen/urheberrecht-in-der-schule/ mitnehmen. 2 Vgl.irights.info/2018/11/19/zwei-neue-jointly-broschueren-zu-oer-und- recht/29281 von Dorothea Weniger
DDS April 2019 11 Edle Spender oder subtile Manipulatoren? Beispiel: Der Computer »Calliope Mini« An Deutschlands Schulen fehlt das Bild rechts: Der Geld. Immer mehr Unternehmen sehen Minicomputer »Calliope«. darin eine Chance. Sie bieten Unterstüt- zung in Form von kostenfreien Unter- Das Foto unten richtsmaterialien, Kooperationsverträ- entstand auf dem zehnten nationa- gen oder Schulsponsoring an. Doch das len IT-Gipfel am Engagement geschieht nicht selten mit 17.11.2016 in der Foto: Imago/IPON Hintergedanken. Aktuelles Beispiel: Der Saarbrücker Con- gresshalle. Vor der Minirechner »Calliope«. Hinter dem ste- Eröffnung gab es hen ausgerechnet Firmen wie der Inter- einen Rundgang netgigant Google. Der macht zwar Milli- durch das Gipfel- Camp mit Google- ardengewinne, zahlt in Deutschland aber Chef Sundar Pichai. so gut wie keine Steuern. Die Finanznot Im Bild (v. l.): Gesche Joost, Designforscherin, Internetbotschafterin der Bundesregierung, die den Mini- an Deutschlands Schulen, die Google computer »Calliope« vorstellt, Sundar Pichai, geschäftsführendes Vorstandsmitglied von Google Inc, Saarlands Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer, Annette Kroeber-Riel, Leiterin Politik vorgibt, durch seine Schenkung zu mil- DACH und Benelux der Google Germany GmbH und Saarlandbotschafterin sowie Dr. Wieland Holfelder dern, hat der Konzern also selbst mit be- von Google. Fotos: imago/Becker fördert. Hinzu kommt: Mit der Schen- kung nehmen Firmen wie Google subtil Einfluss. In diesem Fall ist es der direk- te Eingriff in den Lehrplan. Der demokra- tische Entscheidungsprozess wird damit ausgehebelt. Der Calliope Mini in Bayern Der Calliope Mini ist ein Minicom- puter, mit dem Grundschüler*innen ein Grundverständnis des Programmierens erwerben sollen. Durch die Verwendung einer Creative-Commons-Lizenz1 für alle Materialien, Software und Hardware wird prinzipiell ein herstellerunabhängi- ger Betrieb ermöglicht. Nur: Wer hat die Ressourcen, solche Hardware oder An- wendungssoftware zu entwickeln und dann kostenlos weiterzugeben? ope Mini innerhalb kürzester Zeit nach Spender*innen produziert. Mit diesem In Bayern kommt der Calliope Mini Erscheinen Eingang in viele Klassenzim- Geld lässt sich eine flächendeckende Ein- im Rahmen des Modellversuchs »Digita- mer. Bekannt wurde der Calliope Mini in führung für alle Drittklässler*innen, wie le Schule 2020« zum Einsatz.2 Gefördert der Netzwelt durch ein Crowdfunding3. sie angestrebt wurde, natürlich nicht werden diese Aktivitäten dabei von der Um den Jahreswechsel 2016/17 wurden umsetzen. Auch die Schulen haben nicht Google-Zukunftswerkstatt in München. knapp über 100.000 Euro Spenden ge- das Geld, um Minicomputer für ihre Nicht nur in Bayern, sondern auch in an- sammelt und dafür insgesamt 38 Klas- Schüler*innen zu finanzieren. deren Bundesländern wie Saarland, Bre- sensätze Calliope Mini für Schulen so- men und Niedersachsen fand der Calli- wie knapp 2.000 private Calliope für die Woher also kommt das Geld? 1 Eine Creative-Commons-Lizenz ist »eine von mehre- ren öffentlichen Urheberrechtslizenzen, die die kos- Aus eigenen Mitteln könnte die Cal- 3 Bei Crowdfunding handelt es sich um eine alternative tenlose Verteilung eines ansonsten urheberrechtlich geschützten Werks ermöglichen.« (Vgl. wikipedia.de) Finanzierungsform, bei der eine Crowd, also eine liope gGmbH eine Einführung von Cal- möglichst große Menschengruppe bereit ist, ein Pro- 2 calliope.cc/schulen/pilotphase jekt finanziell zu unterstützen. liope an den Schulen nicht stemmen.
12 DDS April 2019 Gegründet wurde die Calliope gGmbh neue, bislang im Lehrplan nicht vorgese- Deutschlands Schulen Fuß zu fassen. von sechs Gesellschafter*innen mit ei- hene Unterrichtsinhalte. Das gibt Anlass So hat der Internetgigant mit der »Zu- nem Kapital von 25.002 Euro. Aber allein zur Sorge. Wenn Internetfirmen Schulen kunftswerkstatt« im Jahr 2017 ein Pro- die Schenkung von 2.500 Calliope Mi- mit Computern und ihrer Software aus- gramm gestartet, das Google-VR-Bril- nis in Mecklenburg-Vorpommern koste- statten dürfen, um Lehrpläne zu umge- len (VR: Virtual Realitiy) an Schulen brin- te laut Calliope gGmbH in der Produkti- hen, sollen dann in Zukunft auch Fast- gen soll und Lehrer*innenfortbildungen on 75.000 Euro. Die Calliope gGmbh prä- foodketten Lebensmittel für den Ernäh- anbietet. In den USA spricht man be- sentiert aber auf ihrer Webseite eine Lö- rungsunterricht beisteuern oder Banken- reits von der »Googleifizierung« der Bil- sung für die Finanzlücke: Unter dem But- verbände Gratismaterialien für das Fach dung. Schließlich hat der Konzern dort ton »Partner, die uns unterstützen« fin- Wirtschaft liefern, um damit Themen in- den Markt für digitale Technik an Schu- den sich Stifter von einzelnen Kompo- nerhalb des Unterrichts zu setzen, die len bereits in fester Hand. Dank groß- nenten des Minicomputers sowie Her- der Lehrplan nicht vorsieht? zügiger Rabatte für Chromebooks und steller passender Software, Lernsoft- der kostenlosen Abgabe der Office-Lö- ware, Unterrichtsmaterialien und On- Digitalisierung first, sung »G-Suite« konnte Google seinen linekursen. Als Partner sticht Google her- Bedenken second? Marktanteil bei Computerneukäufen in vor. Der US-Konzern wird laut Webseite Schulen von einem Prozent auf 58 Pro- auch den »Einsatz des minis in weiteren Keine Frage: Die Digitalisierung führt zent seit 2012 steigern. Ein weiterer Ak- Bundesländern unterstützen«. Genaue zu einer rasanten Umgestaltung der Ge- teur ist die Telekom-Stiftung, die derzeit Zahlen sind nicht zu erfahren. Google fi- sellschaft, der Kommunikation und auch in die Lehrer*innenbildung eingreift und nanziert darüber hinaus auch die Lern- der Wirtschaft. Wie Schule und Bil- dort Projekte finanziert. Knapp 20 Milli- plattform OpenRoberta, in die der Calli- dung darauf reagieren sollen, könnte onen Euro hat die Stiftung dafür bereits ope Mini integriert ist. zum Beispiel in wissenschaftlich beglei- seit ihrer Gründung 2003 ausgegeben, teten Modellprojekten ausgelotet wer- neue Investitionen sind angekündigt. Programmieren in die den. Doch Calliope geht in eine ande- Besorgniserregend ist für uns auch Grundschulen bringen re Richtung. Konzerne schaffen Fakten die Äußerung der mecklenburg-vor- in Form von Geschenken, die Politik he- pommerischen Bildungsministerin Hes- Programmieren ist in der Grundschu- chelt dankbar hinterher. Kritische Nach- se, Schulsponsoring und die stärkere le bisher nicht vorgesehen. Die Callio- fragen oder politischer Gestaltungswille Zusammenarbeit von Schule und Wirt- pe gGmbh gibt ihr Ziel für das Schulsys- sind unerwünscht. Das erinnert an den schaft seien ein »Modell der Zukunft«. tem aber offen zu: »Unser Wunsch ist es, FDP-Slogan »Digital first, Bedenken se- Grundsätzliche Überlegungen zur Digi- dass digitale Bildung ab der Grundschule cond«. Dabei müsste gerade in der Bil- talisierung, auch in der Bildung, müssen als ein fester Baustein im Curriculum ver- dung das Primat der Politik wiederher- gesellschaftlich diskutiert und politisch ankert und von den Ländern angemes- gestellt werden. In die Debatte um die entschieden werden. Digitalisierung und sen budgetiert wird.«4 Und nennt fünf Digitalisierung der Bildung hat sich eine deren Ausgestaltung, eines der zentralen Gründe, »warum Kinder programmieren Verselbstständigung eingeschlichen. Da- Zukunftsthemen, darf nicht den Konzer- lernen sollten«.5 Anstatt aber ihre Vor- bei sagt selbst die Informatikprofesso- nen überlassen werden. schläge in den demokratischen Prozess rin Martens: »Es gibt keine Zwangsläufig- der Lehrplanentwicklung der Bundeslän- keit, jedem Trend und jeder technischen der einzubringen, entschied sich Calliope Errungenschaft hinterherzulaufen.«6 Am von Fabian Kaske anscheinend für einen anderen Weg der Anfang der Überlegungen muss stehen, Lehramtstudium Sonderpäd- Einflussnahme: für die Schenkung. was Schüler*innen eigentlich lernen agogik in Köln (Sozialwissen- schaften und Deutsch) Das normale Prozedere wäre Fol- müssen, um aktuellen und künftigen He- Referendariat an einer inklusi- gendes gewesen: Die Politik nimmt Vor- rausforderungen wie der Digitalisierung ven Grundschule in Bonn schläge aus der Gesellschaft und Wis- zu begegnen. Von Juni 2017 bis Februar 2019 betreute er bei LobbyControl e. V. senschaft zur Veränderung des Curricu- das Thema Lobbyismus an Schulen. lums (Lehrplans) auf und diskutiert die- Digitalisierung als Einfallstor se in Anhörungen des Landesparlaments für Einfluss an Schulen mit Expert*innen. Dann entscheidet der Landtag über diese Änderungen und Digitalkonzerne haben die Bildung Dieser Artikel erschien in ähnlicher Form am 3. No- es erfolgt eine Implementierung in den längst als wichtiges Spielfeld entdeckt. vember 2017 auf der Webseite des Vereins Lobby- Schulen des Landes. Und der Markt wird immer lukrativer. Control e. V.: »Edle Spender oder subtile Manipu- latoren? Lobbyismus an Schulen und der Fall des Demgegenüber versucht Calliope So will allein der Bund über den Digital- Kleincomputers Calliope Mini«; vgl. lobbycontrol.de über die Schenkung Fakten zu schaffen pakt fünf Milliarden Euro in die techni- Zum Thema des Artikels veröffentlichte LobbyCon- – mit Erfolg. In einigen Bundesländern sche Infrastruktur der Schulen investie- trol auch die umfassende Broschüre »Lobbyismus sind die Minicomputer schon im Einsatz. ren. Das bringt die großen Akteure mit- an Schulen«; kostenloser Download: lobbycontrol.de Weitere sollen folgen. Damit hebeln die samt ihren Stiftungen auf den Plan. Ins- LobbyControl ist ein gemeinnütziger Verein, der über Lobbyismus und Machtstrukturen in Deutsch- »Stifter*innen« die politischen Entschei- besondere Google versucht mit einer land und der EU aufklärt. Er setzt sich ein für Trans- dungen des Landtags aus und platzieren groß angelegten Lobbykampagne an parenz, demokratische Kontrolle und klare Schran- ken der Einflussnahme auf Politik und Öffentlich- keit. LobbyControl finanziert sich ausschließlich 4 calliope.cc/neuigkeiten 6 Vgl. »Informatikerin: Digitalisierung muss Grund- über Spenden: lobbycontrol.de/initiative/unsere- 5 calliope.cc/idee/mission schulstoff werden« v. 23.10.2017; heise.de finanzierung
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