Stern UNTER KEINEM GUTEN - Magazinos.com
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BEDEUTUNGSVOLL LEBEN 12/2020 I 37. Jahrgang I www.ethos.ch I Z 5.70, CHF 6.60 UNTER KEINEM GUTEN Stern GEBOREN? Obwohl er bereits als Kind seine Eltern verliert, glaubt Thomas Castelberg: Da ist ein Gott, der über mir wacht. Im Interview erzählt der Hobby-Astronom, wie der Schöpfer des Weltalls in sein Leben sprach. EIN UNERWARTETES AUSGEBRANNT – ZWEIFEL Weihnachtsfest Die Batterie ist leer an der Bibel?
INPUT Zwei Menschen gehen am Strand entlang und betrachten den ster- nenübersäten Himmel. Plötzlich sehen die beiden auf dem Meer ein Licht aufblitzen. Aufgeregt rennt der pensionierte Physikprofessor zu seinem Auto, baut Geräte auf und misst mit einer Stoppuhr die Länge der Lichtblitze, ermittelt mit einem Photometer ihre Helligkeit LIEBE LESERIN, und mit einem Spektrometer ihr Spektrum. Er notiert die Position des Lichtes gegen die Sterne im Hintergrund. LIEBER LESER Zu Hause fragt ihn seine Frau: «Du siehst so aufgeregt aus, hast du heute Abend etwas Auffälliges gesehen?» «Ja», antwortet er, «ich beobachtete etwas, das ich als einen erhitzten Wolframdraht in einer Silikathülle identifizierte, der ein re- gelmässiges Muster von Blitzen sichtbarer Strahlung einer Intensität D ie kleine Geschichte des Physikpro- fessors und des Pfadfinders nebenan entlockt uns ein Schmunzeln, soll aber von 2500 Lumen aus einer Entfernung von etwa 850 Metern vor der die Wichtigkeit von Forschung und Wis- Küste aussandte.» senschaft keineswegs schmälern. Sie ver- Als die andere Person, ein junger Pfadfinder, nach Hause kommt, deutlicht lediglich, dass das Vermessen, will seine Mutter wissen: «Du siehst so aufgeregt aus, hast du heute Beschreiben und Erforschen eines Phäno- Abend etwas Auffälliges gesehen?» mens niemals die ursächlichen Fragen nach «Ja», antwortet er, «ich sah ein Boot auf dem Meer, das SOS- dem «Woher», «Warum» und «Wozu» er- Signale aussandte. Da habe ich die Küstenwache alarmiert, und klären kann. Staunen löst Dankbarkeit aus die hat sofort ein Rettungsboot ausgesandt. So konnten die Schiff- und ist oft der erste Schritt zur Gottes- brüchigen gerettet werden.» überliefert erkenntnis. Wozu gibt es die Sterne und das riesige Universum? Wer ist ihr Urhe- ber? Zufall und Zeit oder ein genialer Pla- ner? Kann man diesen unvergleichlichen Schöpfer persönlich kennenlernen? WENN ZWEI Diese Fragen kann weder die Astrono- mie noch ein anderer Wissenschaftszweig beantworten. Einzig der Urheber allen DAS Seins, Gott. Das Wunderbare ist: Er lässt Gleiche uns darüber nicht im Unklaren. In der Bi- bel, seinem Wort, offenbart er sich den Menschen. Bereits diese Tatsache zeigt, wie wichtig wir ihm sind! Ohne uns käme er gut aus, aber wir Menschen brauchen die Anbindung an ihn. Fehlt ein echter Sinn im Leben – der sich mit dem leiblichen Tod nicht auflöst –, ist unsere Existenz von Tra- gik geprägt. Viele Menschen fühlen sich klein und unbedeutend angesichts der Grösse, Herr- lichkeit und Kraft Gottes. Ihnen fehlt der SEHEN ... Glaube, dass er sich um ihre Nöte küm- mert. So versagt beispielsweise bei der Energiemenge des Alls jeder anschauli-
EDITORIAL «Der Schöpfer bediente sich der unübersehbaren Werbefläche am Himmel, um auf seine Liebesbezeugung hinzuweisen.» che Vergleich, weil diese Zahl unermess- darf in Beziehung mit Ihm leben. Das hat lich ist. Da liegt der Gedanke nahe: «Was auch der Jurist und Astronom, Thomas Cas- ist der Mensch, dass du seiner gedenkst, und telberg erlebt. Im Interview ab Seite 24 fin- des Menschen Kind, dass du dich seiner an- den Sie mehr zu seinem spannenden Weg. nimmst?» (Ps. 8,5). Die Zeit, in der wir leben, ist notvoll: Doch Gottes Sohn verliess die Herrlich- Unsicherheit, Krankheit, Arbeitslosig- keit beim Vater, um uns vor dem Gericht keit, immer umfassendere Überwachung und der Verlorenheit zu retten. Der Schöp- und vieles mehr, was uns Sorgen macht. fer bediente sich der unübersehbaren Wer- Dank der gewissen Hoffnung in Jesus kön- befläche am Himmel, um auf seine Lie- nen wir trotz allem gelassen leben. Bei Ihm besbezeugung hinzuweisen. Als der Stern kommt unser Herz zur Ruhe. Unsere Zu- über Bethlehem auftauchte, setzte er Wis- kunft liegt in Seinen Händen. Diese frohe senschaftler von weit her in Bewegung. Ihre Botschaft gilt bis heute. Gott hat nicht auf- Neugierde war geweckt. Sie folgten diesem gehört, zu den Menschen zu reden, wenn Signal und fanden Jesus, den Sohn Gottes, auch ohne Spezialstern am Himmel. Wir den prophetisch verheissenen «aufgehen- haben sein Wort, die Bibel, in der er sich den Stern» (4. Mose 24,17). Oder wie der uns Menschen offenbart. Und er spricht zu Engel Josef voraussagte: «Sie (Maria) wird uns durch die Schöpfung und durch un- einen Sohn gebären, und du sollst ihm den ser Gewissen. Namen Jesus geben, denn er wird sein Volk Es gilt, auf seine Liebe zu reagieren, in- erretten von ihren Sünden» (Matth. 1,21). dem wir seinem Wort glauben und er- So sehr liebt uns Gott! Wir sind ihm al- fahren: Er ist das Brot des Lebens; das le- les andere als gleichgültig. Er starb für uns. bendige Wasser; das Licht der Welt; der Ein Gedanke, der unsere Vorstellung ge- Friedefürst; der gute Hirte; der Weg, die nauso sprengt wie die Dimensionen des Wahrheit – das Leben selbst! Universums. Unfassbar und doch wahr! Das Weltall in seiner Ordnung und Ma- In diesem Sinne wünsche ich Ihnen von jestät, jeder Stern wie auch jeder einzelne Herzen frohe Weihnachten. Mensch, ist nach dem Zeugnis der Heili- gen Schrift durch ihn, Jesus Christus, ge- macht (Hebr. 1,2). Ihre Ja, Gottes Herabneigung macht uns gross (Ps. 18,36). Durch den Glauben an Jesus bekommt unser Dasein einen uner- messlichen Wert. Wer ein Kind Gottes ist, Daniela Wagner-Schwengeler ETHOS 12 | 2020 3
INHALT Abo-Bestellkarten finden Sie auf der letzten Umschlagseite. 2 12 INPUT Wenn zwei das Gleiche sehen ... 3 EDITORIAL WEIHNACHTLICHE ERZÄHLUNG Ein unerwartetes Weihnachtsfest 24 6 INTERVIEW Leidenschaft fürs Weltall EINGELADEN Komm und sieh! 31 ALLTAGSTAUGLICH Die Geschichte, 17 FOKUS die nie alt wird 10 WEIHNACHTSBEGINN 18 REPORTAGE 32 KREATIV Der erste Schritt USA im Winter Holzperlenkranz DEZEMBER 20
36 34 POSTER 36 LESERBRIEFE/ 51 KREUZWORTRÄTSEL 44 38 54 55 REZEPT Kalbsschnitzel an Tomatenrahm ZEITZEICHEN 44 SCHÖPFUNG 56 WITZ & WISSEN Rentiere zum Staunen LEBENSHILFE 58 ETHOS OPEN HANDS Ausgebrannt – 46 KIDS Ein dankbarer Die beste Botschaft Blick zurück wenn die Batterie leer ist 49 PERSÖNLICH 60 GESUNDHEIT Hauptsache gesund?! Anis 50 JUGEND 61 BÜCHER & CO. 52 MIT WERTEN ERZIEHEN Krisensituationen – das Ziel im Blick 020 32
EINGELADEN KOMM UND SIEH! Zweifeln Sie daran, dass Gottes Wort wahr ist? Ob Jesus Christus tatsächlich für Sie gestorben und auferstanden ist? Dann rate ich Ihnen: «Überzeugen Sie sich selbst!» JOHANNES VOGEL D ie Gerüchteküche mit Ihren Fake News ist 24 Stunden am Tag geöffnet. Doch Klatsch und Tratsch hindern einen daran, sich mit den wirklich wichtigen Fra- gen des Lebens auseinanderzusetzen. Be- sonders über Jesus Christus und die Bibel kursieren so viele Fehlinformationen und Halbwahrheiten, dass Millionen Menschen mehr Fragen als Antworten haben. Gehören Sie auch zu denen, die sich nach praktischen Antworten auf die Frage nach Gott sehnen? Dann lesen Sie weiter, denn wenn es um den Glauben an Jesus Chris- tus geht, rede ich nicht um den heissen Brei herum. Zum einen, weil wir uns das in un- serer chaotischen Zeit gar nicht leisten kön- nen. Und weil ich Ihnen nur das Allerbeste wünsche – eine intakte Beziehung mit Je- sus Christus. Der beste Rat Sind Sie skeptisch, dass Jesus wirklich für Sie gestorben und auferstanden ist (1. Kor. 15,3–4)? Auch die Personen in der Bibel 6 ETHOS 12 | 2020
haben ganz schön gezweifelt (Matth. 28,17)! Vor über «Jesus Christus, ich komme jetzt zu Dir, 2000 Jahren lebte ein Mann namens Nathanael im Land so wie ich bin. Ich habe realisiert, dass ich ohne Dich Israel. Eines Tages traf er Philippus, der ihm erzählte: «Wir gelebt habe – und das tut mir leid. Ich bereue alle haben den gefunden, von welchem Mose im Gesetz und die meine Sünden, mit denen ich mich gegen Dich ver- Propheten geschrieben haben, Jesus, den Sohn Josephs, von schuldet habe. Ich komme mit all meinen Schwächen Nazareth» (Joh. 1,45). Wie reagierte Nathanael auf diese und Fehlern. Ich glaube, dass Du mich liebst, und des- Nachricht? Voller Zweifel und Skepsis. Vielleicht dachte halb möchte ich mich für eine persönliche Beziehung er: «Philippus kann mir viel erzählen, wenn der Tag lang mit Dir entscheiden. Herr Jesus Christus, komm bit- ist, aber ich glaube nur, was ich mit eigenen Augen sehe.» te in mein Leben und vergib mir alle meine Sünden. Er antwortet Philippus: «Kann aus Nazareth etwas Gu- Mach Du mich rein mit Deinem Blut. Ich öffne die Tür tes kommen?» (Joh. 1,46). Nathanael war voller Vorur- meines Herzens und nehme Dich als meinen Erlöser teile, weil er mit dem Ort Nazareth so gar nichts Positi- und Herrn an. Ich glaube, dass Du für meine Sünden ves verband. Daraufhin gab Philippus dem Nathanael den am Kreuz von Golgatha gestorben bist und mit Dei- besten Rat überhaupt! Er sagt ihm ganz simpel: «Komm nem Blut für mich bezahlt hast. Ich vertraue Dir mein und sieh!» Überzeuge dich selber, um deine Zweifel zum Leben an und werde Dir nachfolgen, wohin Du mich Schweigen zu bringen (Jak. 1,6 b). Dieser Rat gilt für Sie auch führst. Danke, dass Du mich errettet hast und ich und mich heute noch genauso! jetzt für immer Dein Kind bin. Amen!» (= so sei es) Das beste Mittel Leider können wir Jesus nicht mehr live in Nazareth oder Jerusalem besuchen. Trotzdem haben wir die Möglich- Oder haben Sie so ein Gebet schon einmal vor längerer keit, ihm zu begegnen: in der Bibel. Heutzutage hat sie Zeit gesprochen und dann doch wieder Ihr eigenes Ding jedoch das gleiche Stigma wie der Ort Nazareth damals. gemacht? Dann besteht auch für Sie heute die Chance auf Menschen, die das Wort Gottes nie richtig gelesen haben, einen Neubeginn (Luk.15,10; Jona 3,8)! Sagen Sie Jesus, sagen: «Kann aus der Bibel irgendetwas Gutes für mich dass es Ihnen leid tut und Sie ab jetzt mit Seiner Hilfe so kommen?» leben möchten, wie Er es für richtig hält (1. Joh. 1,9). Denken Sie auch so? Dann finden Sie heraus, wie und wer Gott ist, was Jesus getan hat und was das mit Ihnen Himmel auf Erden? persönlich zu tun hat. Das beste Mittel gegen Glaubens- Bald steht das Weihnachtsfest vor der Tür. Ganz gleich, zweifel ist Bibellesen (Joh. 17,17)! Lassen Sie die Neugier in welchen Umständen Sie gerade stecken: Durch die über die Lesefaulheit siegen! Durch das Lesen in der Bibel Lebensübergabe an Jesus Christus und die persönliche werden Ihre Zweifel weichen und die Gewissheit nimmt Beziehung zu Ihm kann dieses Erinnerungsfest an seine immer mehr zu. Geburt den entscheidenden Unterschied machen (Matth. Ebenso werden Sie feststellen, dass die Menschen in 1,21; Luk. 2,14). Das grösste Geschenk, das Jesus Chris- der Bibel Gott Ihre Probleme ohne Scheu eingestan- tus jedem Menschen anbietet, ist die Vergebung der Sün- den. Offen und ehrlich sprachen sie ihre grössten Nöte den und das felsenfeste Versprechen auf das ewige Leben vor dem allmächtigen Gott aus, selbst der berühmte Kö- (Matth. 1,21; Joh. 10,28). nig David! In einem seiner Lieder, den sogenannten Psal- Seien Sie sich aber im Klaren: Auch als Christ bleiben men, bat er Gott: «Obwohl ich schuldlos bin, kommen sie uns Probleme, Krisen, Nöte, Versuchungen (Matth. 26,41; angelaufen und gehen gegen mich in Stellung. Herr, wach Joh. 15,20) und die Konsequenzen unseres Handelns auf, komm mir zu Hilfe und sieh, was hier geschieht!» (Ps. nicht einfach erspart. Die Bibel verspricht den Nachfol- 59,5; NGÜ). Diesen Mut, nach dem Bibellesen zu beten, gern Jesu nicht grundsätzlich, dass sie reich, gesund, per- wünsche ich auch Ihnen! Jederzeit dürfen Sie vor Gott fekt, beliebt und erfolgreich sein werden. Harte Zeiten Ihr Herz ausschütten (Ps. 62,9). Beten Sie doch ganz frei sollen uns Christen weder wundern noch verwirren (2. heraus: «Komm und sieh, Jesus, wie es um mich steht!» Tim. 1,7–8). Erinnern Sie sich daran, was Jesus selbst und auch die Apostel erleiden mussten: Spott, Skepsis, Kon- Einen (Neu)anfang wagen! frontationen, Ausgrenzung, Vorwürfe, Verachtung, Ver- Für eine gesunde Beziehung zwischen uns und Jesus rat, Armut, Gefängnis, Gewalt, Schläge und sogar den Tod Christus ist eines immer sehr wichtig: Ehrlichkeit und (Jak. 1,12; Apg. 16,37; 2. Kor. 6,4–5). Wahrhaftigkeit (Ps. 50,15; 86,7; 102,3). Vielleicht fehlen Aber trotz unserer Umstände feuert die Bibel immer Ihnen die Worte, um in eine Beziehung mit Jesus Chris- wieder unsere Vorfreude an (Phil. 4,4; 1. Petr. 1,8; Jud. tus, Ihrem Retter, zu starten? Dann nutzen Sie gerne das 1,24). Wer sich für Jesus Christus entscheidet, wird schon folgende Gebet: hier auf der Erde wunderbare Veränderungen erleben, ETHOS 12 | 2020 7
zum Beispiel endlich von kräftezehrenden Selbstvorwür- Nehmt sie an und entdeckt, dass es ein grosses Privileg fen oder Hass loszukommen und keine Angst vor dem ist, im Schatten des Kreuzes von Golgatha Jesus Christus Tod zu haben (Ps. 139,14; Matth. 6,12; 1. Kor.15,55). nachzufolgen!» Wenn Ihre Vergangenheit Sie auch dieses Weihnach- Eine herrliche Zukunft! ten wieder einholen möchte, erheben Sie den Kopf und Jeder, der von ganzem Herzen eine persönliche Entschei- danken Sie Gott, dass Er Ihnen durch Jesus Christus alle dung für Jesus Christus getroffen hat, wird Ihn einmal in Schuld vergeben hat und Sie Sein Kind sein dürfen (Gal. all Seiner Herrlichkeit und Majestät sehen und anbeten 4,6–7). (Joh. 14,2–3; Off. 4,8). Darauf freue ich mich schon jetzt Zum Schluss noch ein Tipp: Damit Sie sich sicher sein riesig. Gott hat für seine Kinder eine Zukunft zum «An- können, dass das, was Sie in diesem Artikel gelesen ha- fassen und Anschauen» geplant! ben, der Wahrheit entspricht, empfehle ich Ihnen, sich Im letzten Buch der Bibel, der Offenbarung, wurde gleich heute Ihre Bibel zur Hand zu nehmen. Schlagen dem Apostel Johannes ein Einblick in den Himmel und Sie die Bibelstellen zu den Ausführungen auf, lesen Sie sie somit auch in unsere Zukunft gewährt. Er sollte all das, und überzeugen Sie sich selber! Denn die Aufforderung was er gesehen hatte, aufschreiben. Diese Eindrücke ha- «Komm und sieh!» gilt Ihnen ganz persönlich! v ben ihn völlig überwältigt (Off. 1,17–19). Auch in diesem Johannes Vogel, Schulleiter Bibel-Center Breckerfeld Buch findet sich die Aufforderung: «Komm und sieh!» «Und ich sah, wie das Lamm eines von den Siegeln öffnete, und ich hörte eines von den vier lebendigen Wesen wie mit Donnerstimme sagen: ‹Komm und sieh!›» (Off. 6,1). VIER SCHRITTE ZU EINER Botschafter Christi sein PERSÖNLICHEN BEZIEHUNG Bis wir Jesus Christus von Angesicht zu Angesicht gegen- MIT JESUS CHRISTUS überstehen, haben alle, die Jesus nachfolgen, eine (über- . lebensnotwendige) Aufgabe. Seit über 2000 Jahren gilt für 1. ERKENNEN & VERSTEHEN: Grundsätzlich bin ich sie der klare Auftrag: «Darum gehet hin und lehret alle Völ- kein «guter Mensch», sondern meine Sünde (dass ich ker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes bisher ohne Gott gelebt habe und alle meine Taten, und des Heiligen Geistes und lehret sie halten alles, was ich die ihm nicht gefallen) trennt mich von einer Bezie- euch befohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis hung zu Jesus Christus. Niemand ausser Jesus kann an der Welt Ende» (Matth. 28,19–20). mich von dieser Schuld befreien. Jeder Mensch ist Jesus Christus fordert uns auf, unserer Familie, unse- aufgerufen, noch vor seinem Tod eine Entscheidung ren Freunden, Nachbarn und Kollegen zu sagen: «Komm für ihn zu treffen. Die Hölle ist ein realer und schreck- und sieh! Überzeuge dich selber!» In aller Klarheit das licher Ort, an dem jeder leben muss, der keine Ver- schlichte und vollständige Evangelium zu verkünden, ist gebung durch Jesus Christus hat (Röm. 3,12.22–23; leider altmodisch geworden. Aber die Wahrheit bleibt un- 6,23; Joh. 5,29; Off. 20,15). veränderlich! Die Bibel ist und bleibt Gottes unfehlbares und irrtumsloses Wort, das sich nicht dem aktuellen Zeit- 2. GLAUBEN: Dass Gott seinen Sohn Jesus Christus geist anpasst, mögen sich Menschen auch noch so sehr auf die Erde geschickt hat, um meine Sünden zu ver- dagegen sträuben. Ganz gleich, ob wir Jesus erst ganz kurz geben, indem er am Kreuz für mich starb und sein Blut oder schon viele Jahrzehnte nachfolgen: Wir müssen den vergoss (Joh. 3,16; Eph. 1,7; 1. Petr. 2,24). Menschen sagen: «Kommt und seht, dass ihr mit eurem Egoismus nicht 3. ANNEHMEN: Vor Jesus eingestehen, dass ich ein weiterkommt und euch alle eure Sünden von Gott tren- Sünder bin, ihn in mein Leben bitten und das wun- nen!» derbare, gnädige Geschenk seiner Vergebung anneh- «Kommt und seht, dass Jesus Christus am Kreuz die men. Von da an bin ich ein Kind Gottes und habe das Lösung geschaffen hat!» Versprechen, nach meinem Tod bei ihm im Himmel zu «Kommt und seht, wie Busse (echtes Bereuen) und sein (Joh. 11,25–27; Röm. 10,9–11; 2. Kor. 5,17). Umkehr mit Gottes Hilfe möglich ist und das Leben ver- ändert!» 4. NACHFOLGEN: Mein altes Leben lassen und mit Je- «Kommt und seht, dass er euch durch das tägliche Ge- sus in Beziehung sein, indem ich ihn zum Mittelpunkt bet und Bibellesen im Alltag immer neue Kraft gibt und in meinem Alltag mache durch Gebet, Bibellesen eure Beziehung zum Herrn wächst.» und Gemeinschaft mit anderen Christen «Kommt und seht die Aufgaben, die Gott euch gibt! (Luk. 9,23; Phil. 4,6–7; Gal. 5,22). 8 ETHOS 12 | 2020 4
ETHOS & FACTUM VERTEILEN Coronabedingt können viele Veranstaltungen nicht durchgeführt werden, weshalb sich für uns momentan leider kaum Möglichkeiten bieten, ethos und factum vorzustellen und unter die Leute zu bringen. Aus Erfahrung wissen wir, dass die meisten Menschen durch persönliche Weitergabe und Empfehlung für die Hefte gewonnen werden – dabei sind wir auf Ihre wertvolle Hilfe angewiesen! Möchten Sie unsere Arbeit ganz praktisch fördern und uns dabei unterstützen, die Frohe Botschaft weiterzutragen? Verteilen Sie ethos und factum in der Nachbarschaft, im Freundeskreis, an Verwandte, bei Gemeindeanlässen ... bestimmt haben Sie noch mehr kreative Ideen! ... dankeschön ! Wir stellen Ihnen jegliche gewünschte Anzahl der Zeitschriften zur Verfügung (ein freiwilliger Unkostenbeitrag kann überwiesen werden) – bitte teilen Sie uns möglichst früh ihre Bestellung mit. Danke für Ihr Engagement! Bestellung an: info@schwengeler.ch oder Tel. 0041 (0)71 727 21 20.
RUBRIK Beziehungen im Allgemeinen nicht ganz problemlos uns erscheinen. Nicht nur in Freundschaft oder Ehe ein grosses Potential ich sehe an Schwierigkeiten aller Art – auch andern bleibt das nicht erspart. Selbst zwischen Kumpeln und Kollegen sich menschliche Gefühle regen, die, für das Wohl in diesen Kreisen, sich wenig förderlich erweisen. Beziehungen, so denkt man nun, die lässt man wohl am besten ruh’n. Man liebäugelt, es wär‘ doch fein, auf dieser Welt allein zu sein, denn dieser Zustand – garantiert – die Möglichkeit eliminiert, je wieder Mitmenschen zu sehen, die einem auf die Nerven gehen. Und auch mit Streit und Reiberei wär’s ein für alle Mal vorbei. Verlockend scheint der Zustand schon – Für uns, zur Höflichkeit erzogen doch ist und bleibt das Illusion. von Eltern und auch Pädagogen, Da hilft nur eins, wir müssen eben scheint es berechtigt, hier zu passen mit den Gegebenheiten leben. und ganz charmant den Vortritt lassen Wir müssen lernen und verstehen, dem anderen, der mit mir stritt – mit der Thematik umzugehen. stets wartend auf den ersten Schritt. Die Wissenschaft bestätigt klar, Auch viele biblische Geschichten was längst der Bibel Botschaft war. uns von Beziehungen berichten, Nach Streitigkeit und Reibereien, doch eine ist es, ganz konkret, ist es vonnöten, zu verzeihen. um die es immer wieder geht. Und das geht nur – wer hätt’s gedacht – Fast jeder macht damit Erfahrung wenn einer mal den Anfang macht. von Mose bis zur Offenbarung. Ein kleiner Schritt schon würde reichen, die harten Fronten aufzuweichen. Ausführlich ist dort dargestellt, wie Gott, der Schöpfer dieser Welt, nicht müde wird in all den Jahren, den Bund mit Menschen zu bewahren. Denn Gott, das ist und bleibt sein Sinnen, will uns zu sich zurückgewinnen. Hier zeigt sich deutlich, Gott hat Ahnung von gut durchdachter Langzeitplanung. Drum kann ich sorglos auf ihn bauen – ihm meine Zukunft anvertrauen. 10 ETHOS 12 | 2020
Als Gott uns Menschen einst gemacht, hat er bewusst dabei bedacht, dass wir ganz freien Willen hätten – nicht handeln wie Marionetten. Doch in Rekordzeit, meisterhaft, hat es der Mensch dann gleich geschafft, dass er auf ihn, den Herrn, nicht hörte und die Beziehung so zerstörte. erste Um diese dann zu reparieren, war Gott bereit, zu investieren. Er sandte Priester und Propheten, DER die uns bei Gott, dem Herrn, vertreten. Er wirkte auch durch Not und Krieg, durch Aufschwung, Überfluss und Sieg, stets konzentriert auf das Gelingen, sein Volk zu sich zurückzubringen. Als Gipfel der Investition gab Gott letztendlich seinen Sohn. Er kam zu uns auf unsre Erde; er wurde Mensch, dass Friede werde, was uns vor Freude jubeln lässt – drum feiern wir das Weihnachtsfest. SCHRITT Der Friede Gottes ist die Krönung, er bietet bleibende Versöhnung mit Gott, der Freispruch uns erteilt und die Beziehung wieder heilt. Das gilt für Völker, Sippen, Rassen und sämtliche Gesellschaftsklassen. Jedoch primär bezieht es sich mit aller Konsequenz auf mich. Gott will, um es banal zu sagen, weit mehr, als sich mit uns vertragen. Sein Herzenswunsch ist, uns zu segnen und als ein Freund uns zu begegnen. Den ersten Schritt hat ER getan – jetzt liegt’s an mir, denn ICH bin dran, auf diesen Akt zu reagieren und IHN als Retter akzeptieren. So wünsche ich, in diesem Sinne, dass Weihnachten für uns beginne. © Hans Elwert ETHOS 12 | 2020 11
RUBRIK W illy zog den Mantel enger um sich und steckte die Hände tief in die Ta- schen. In den letzten Tagen war es klirrend kalt geworden, und eigentlich hätte er schon längst daheim in der behaglichen Wärme sein können – aber es zog ihn nicht nach Hause. Nicht, seitdem Lilli nicht mehr da war. Acht Monate war es nun schon her, seit sie gegangen war. Noch immer vermisste er sie schmerzlich, jeden Tag aufs Neue. Er war sich nicht sicher, ob sich dieser Zu- stand jemals ändern würde. Der Schmerz sass tief, und nach über fünfzig Jahren Ehe war das Leben ohne Lilli schwer für ihn. Die ersten Wochen hatte ihre Tochter Lea bei ihm verbracht, aber dann musste sie wieder zurück in das Krankenhaus, in dem sie als Hebamme arbeitete. Willy war im- mer mächtig stolz auf seine Tochter gewe- Gemeinde ihn mit zu sich nehmen würde. sen, und er hatte sich von Herzen gefreut, Oft war er irgendwo zum Mittagessen ein- als sie ihnen erzählt hatte, dass sie in einem geladen und verbrachte selten einen Sonn- Missionskrankenhaus in Tansania arbeiten tag ganz allein, wieso sollte es an einem sol- würde. Aber jetzt wo Lilli nicht mehr lebte, chen Tag wie heute anders sein? wäre es ihm doch viel lieber gewesen, Lea in Doch er hatte sich getäuscht. Fünf kleine seiner Nähe zu wissen. Heute Morgen hatte Cellophantütchen mit selbstgebackenen sie ihn angerufen. Plätzchen hatte er bekommen, aber keine «Mit wem wirst du heute Weihnachten Einladung, den Weihnachtsabend in einer feiern, Paps? Bist du bei einer Familie aus Familie zu verbringen. Gleich anschlies- der Gemeinde eingeladen?» send war er zum Friedhof gegangen und «Nein, noch nicht», hatte er ihr lachend eine Zeit lang vor Lillis Grab gestanden, geantwortet, «aber das wird sicher noch aber davon wurde es auch nicht besser. kommen. Heute ist ja die Weihnachtsfeier Vom Gefühl der Einsamkeit durchdrungen in der Gemeinde und die Kinder haben ein war er dagestanden und hatte versucht, die Krippenspiel eingeübt, da werde ich alle Tränen zurückzuhalten. Schliesslich hatte treffen und mich wahrscheinlich vor Ein- er sich energisch umgewandt und war ladungen nicht retten können. Mach dir durch den Park gestapft; er wusste da eine um mich mal keine Gedanken. Und über- Stelle, an der sich die Obdachlosen hin und haupt – Weihnachten ist doch ein Tag wie wieder trafen. Wenn er selbst nicht eingela- jeder andere, man weiss ja gar nicht genau, den war, dann könnte er vielleicht jeman- an welchem Tag Jesus geboren wurde. Wir den zu sich nach Hause einladen und selbst machen immer so viel Aufhebens darum, Gastgeber sein? Der Gedanke gefiel ihm, er aber ist das wirklich nötig? Vielleicht ver- schritt zügig voran. bringe ich den Abend auch allein mit ei- Tatsächlich sah er schon von weitem nem guten Buch oder so ...» eine Person auf der Parkbank liegen. Sein «Nichts da», hatte Lea energisch geant- Puls beschleunigte sich. Eigentlich war er wortet, «nimm eine der Einladungen an, kein Freund von spontanen Aktionen, aber ich will nicht, dass du an so einem beson- das hier fühlte sich trotz allem richtig an. deren Abend allein daheimsitzt und Trüb- Vorsichtig trat er an die Bank heran, die sal bläst.» Person schien zu schlafen. Ja, sie hatte recht. Insgeheim hatte er sich «Hallo?» Keine Reaktion. auch vorgenommen, Heiligabend nicht zu «Hallo!» Willy trat noch näher heran. Hause zu verbringen. Er war sich eigent- Der Mann regte sich, setzte sich auf und lich sicher, dass eine der Familien aus der schaute ihn aus glasigen Augen an. 12 ETHOS 12 | 2020
WEIHNACHTLICHE ERZÄHLUNG SABINE KÄHLER unerwartetes EIN WEIHNACHTSFEST Wenn Gott in unsere Not kommt. ETHOS 12 | 2020 13
«Entschuldigung», Willy lächelte den früher die Wellen am Strand, wenn sie an Gedanken und drängten die Traurigkeit noch jungen Mann unsicher an, «ich wollte der Nordsee Urlaub gemacht hatten. zurück. Wie Lichter an einem dunklen Ort Sie fragen, wo Sie heute Abend sein werden. Willy kochte sich einen Tee, räumte ein leuchteten die Worte, die Gott hier zu ihm Also ich meine», er stotterte, «ich meine, Sie bisschen auf, richtete einen Teller mit dem sprach. Erneut schloss er die Augen, tiefe könnten zu mir nach Hause kommen und Weihnachtsgebäck und versuchte sich mit Dankbarkeit erfüllte sein Herz. wir könnten gemeinsam Weihnachten ...» der Tageszeitung abzulenken. Aber inner- «Danke Herr, dass ich dein Kind sein «Verpiss dich, Alter», knurrte der junge lich war er unruhig, seine Gedanken kreis- darf. Gibt es etwas Wichtigeres auf dieser Mann unfreundlich. ten ständig um die Tatsache, dass er nun Erde, als ein Kind Gottes zu sein? Danke, Willy wich zurück. «Oh, ich ... ich wollte wohl das erste Mal in seinem Leben den dass du mir meine Schuld vergeben hast, doch nur ...», er stotterte wieder. Weihnachtsabend allein verbringen würde. ich bin so dankbar für deine Gnade. Danke, «Was denn? Meinst du, ich habe keine Schliesslich liess Willy sich auf seinen dass du als Mensch auf diese Erde kamst. Freunde, bei denen ich heute Abend sein Sessel sinken und schloss die Augen. Herr, was wäre ich ohne dich?» Wie Perlen werde?» Ärgerlich wedelte der Mann mit «Herr Jesus», betete er, «ich weiss, dass auf eine Kette reihte er einen Dank an den der Hand, als wolle er eine lästige Fliege dieses Datum deiner Geburt willkürlich anderen. Immer wieder Neues fiel ihm ein, verscheuchen, seine Stimme war laut und festgelegt wurde und dies eigentlich ein und sein Herz wurde nach und nach von barsch. «Hau ab, ja? Lass mich in Ruhe, normaler Tag ist – aber ich fühle mich so einem tiefen Frieden erfüllt. Wieder ka- Spiesser.» einsam. Alle feiern in Gemeinschaft, und men ihm die Tränen, dieses Mal aus Dank- Entsetzt machte Willy einige Schritte ich sitze hier allein, ohne Lilli. Und Lea barkeit. Er konnte sich an seinem Heiland rückwärts, wendete sich dann ab und ging ist so weit weg. Herr, hast du nicht gesagt, freuen, auch wenn er ganz allein hier in sei- mit schnellem Schritt davon. Er atmete ein du wirst meinen Mangel ausfüllen? Hast nem Sessel sass, und er fühlte, dass in sei- paar Mal tief durch. Sowas war ihm ja noch du nicht gesagt, dass du jeden Tag bei mir nem Herzen einmal mehr Weihnachten ge- nie passiert. Was für eine Unverschämtheit, bist? Gerade jetzt merke ich nichts von worden war. Er war nicht allein; zu keinem wo er doch einfach nur freundlich sein deiner Gegenwart, mein Herz ist schwer.» Zeitpunkt seines Lebens, auch nicht heute wollte! Nun also doch alleine nach Hause; Jetzt kamen ihm doch die Tränen, ärger- Abend. Die Geborgenheit Gottes umhüllte er würde keinen neuen Versuch mehr wa- lich wischte er sie weg. «Herr, ich brauche ihn wie ein warmer Mantel, und sein In- gen, einen Menschen zu sich einzuladen. deinen Trost, bitte berühre du mein Herz.» nerstes kam zur Ruhe. Nicht heute. Ganz still und gedankenversunken sass Die Türglocke riss ihn aus seinen Ge- Willy betrat den Hausflur und hängte Willy da, dann griff er nach seiner Bibel, die danken. Willy schrak zusammen. Wer seinen Mantel an die Garderobe. Er war gleich neben dem Sessel auf dem kleinen konnte das sein? Schwerfällig stand er auf aufgewühlt und immer noch ein bisschen Tischchen lag. Er schlug das Buch auf und und ging zur Tür. ärgerlich wegen dem Mann im Park. Vor al- las die Worte, die er schon so gut kannte: «Herr Bauer, ich habe Sie doch hof- lem aber fühlte er eine grosse Traurigkeit von der Liebe Gottes zu den Menschen und fentlich nicht gestört?» In Hausschuhen in sich. «Nun reiss dich mal zusammen», von seinem Sohn Jesus, den Gott zur Erde und nur mit einer leichten Jacke bekleidet, mahnte er sich selbst, «es ist ein Tag wie je- sandte, um uns Erlösung zu bringen. Er stand eine junge Frau vor ihm. der andere, und du hast schon viele Abende las von der Vergebung, die Jesus schenken Willy kannte sie, sie wohnte in der Dach- allein verbracht. Also stell dich nicht so an.» möchte, und davon, dass es möglich war, wohnung im Haus gegenüber. Er schüttelte Es nützte nichts. Er fühlte sich schlecht, ein Kind Gottes zu sein. Langsam tropften den Kopf. «Nein, Sie haben mich nicht ge- und das Selbstmitleid überspülte ihn wie die Wahrheiten in sein Herz, füllten seine stört. Was kann ich für Sie tun?» «Sie wissen doch, ich wohne grad hier gegenüber.» Willy nickte. Die Türglocke riss ihn aus seinen «Meine Vermieter sind über die Fei- Gedanken. Willy schrak zusammen. ertage weggefahren. Ich wollte mir etwas zu essen kochen, aber der Herd funktio- niert einfach nicht. Ich glaube, er hat kei- nen Strom. Kennen Sie sich mit sowas aus? Schwerfällig stand er auf Ich wäre schon sehr froh, wenn er wieder laufen würde.» Fröstelnd zog sie die dünne und ging zur Tür. Jacke etwas enger und rieb sich über die Arme. «Natürlich, ich komme mit Ihnen. Kom- men Sie erstmal herein, ich ziehe mir nur noch kurz etwas über.» 14 ETHOS 11 | 2020
Willy bat die junge Frau herein und schlüpfte in Jacke und Schuhe. «Hatten Sie das Problem schon öf- ters?» «Nein», die Frau schüttelte den Kopf, «noch nie.» «Wir werden sehen. Ich bin nicht sicher, ob ich Ihnen helfen kann.» Kurze Zeit später stand er vor dem ge- öffneten Sicherungskasten und kratzte schaute Willy fragend an. sich ratlos am Kopf. «Möglicherweise hat Dieser grinste und zuckte mit es einen Kurzschluss am Herd gegeben und den Schultern. «Nein, tatsächlich hatte die Sicherung ist deshalb ausgefallen. Se- ich noch kein Abendessen. Hat sich irgend- hen Sie, sie lässt sich auch nicht wieder wie noch nicht ergeben.» hoffe, die Ärzte können ihr einschalten. Ich glaube, Sie werden einen «Würde es Ihnen etwas ausmachen, helfen, dass das Baby noch nicht kommt.» Handwerker brauchen.» wenn wir gemeinsam hier essen würden? «Natürlich», nickte Willy. Kopfschüt- «Heute wird das ja wohl nicht mehr Das wäre doch viel schöner, als wenn ich al- telnd sah er Benni hinterher, der nach ei- möglich sein», jammerte die junge Frau lein in meiner Wohnung sitze. Und Sie se- nem kurzen Abschied von seinen Kindern und verzog das Gesicht, «und morgen hen ja, wie viel Sauce ich habe, da könnte wieder zum Auto eilte. und übermorgen ist Feiertag, da werde eine ganze Armee davon satt werden.» «Es gibt Spaghetti mit Sauce, habt ihr ich wohl auch keinen bekommen. Dabei Willy nickte. «Ich glaube, das wäre nett. Hunger?» Willy half der kleinen Elsa aus hat mir meine Mutter einen extragrossen Sehr gern, wenn Sie mit mir teilen möch- der Jacke. Sie war vier Jahre alt und er Topf mit Bolognese-Sauce gekocht, da- ten ...» kannte sie gut durch seine Mitarbeit in der mit ich über die Feiertage genug zu essen Ina lachte. «Ist ja genug von allem da.» Kinderstunde am Sonntagmorgen. Luis habe.» Sie grinste schief. «Ich bin Kran- Sie liess die Nudeln ins kochende Wasser war gerade sechs geworden. kenschwester im Vincentius-Krankenhaus gleiten und rührte im Topf herum. «Na dann kommt mal rein in die gute und habe über Weihnachten Dienst. Da Währenddessen zündete Willy alle vier Stube und lernt meinen Besuch kennen. dachte meine Mama, sie müsse mir etwas Kerzen am Adventskranz an und holte Tel- Ina, haben wir genug Spaghetti, dass es Gutes tun, und hat mich bekocht.» Sie zog ler und Besteck aus dem Schrank. auch für diese zwei reicht?» die Schultern hoch. «Das wird wohl nichts «Na, dann wollen wir es uns mal gemüt- Sie hatten eine schöne gemeinsame werden mit einem warmen Essen.» lich machen», sagte er gerade, als es wieder Mahlzeit. Ina verstand es, die beiden Kin- «Nun», wandte Willy ein, «Sie können an der Tür klingelte. «Nanu, wer könnte der aus der Reserve zu locken, und Willy sehr gerne meinen Herd benutzen, das das denn sein?» Willy öffnete die Tür. war froh darüber. Nach dem Essen holte macht mir nichts aus.» Draussen stand Benni, ein junger Fa- er den Teller mit den Weihnachtsplätzchen «Wirklich?» Die junge Frau schaute ihn milienvater aus der Gemeinde, mit seinen und sie machten sich einen Spass daraus, hoffnungsvoll an. «Das wäre für Sie in Ord- zwei Kindern Luis und Elsa. Die Familie die unterschiedlichen Sorten zu probieren nung?» wohnte nur eine Strasse weiter. und herauszufinden, welches denn nun das «Ja», nickte Willy bekräftigend, «Sie «Wie gut, Willy, dass du zu Hause bist, beste Plätzchen war. können gleich mitkommen. Soll ich den ich habe gesehen, dass Licht brennt.» Benni Plötzlich fragte Elsa mit gerunzelter grossen Topf tragen?» schob die beiden Kinder in den warmen Stirn: «Wo sind denn die Geschenke?» «Oh ja, sehr gern», sagte sie erfreut, «Sie Hausflur, hektisch sagte er: «Anna hat vor- «Hmm», Willy überlegte kurz, «ich habe nehmen den Topf, ich nehme noch die Spa- zeitige Wehen, wir müssen ins Kranken- keine.» ghetti mit.» Sie öffnete den Küchenschrank haus, es ist noch sechs Wochen zu früh. «Aber an Weihnachten gibt es immer und zog eine Packung der langen Nudeln Kann ich die beiden bei dir lassen? Anna Geschenke», Elsa war entrüstet, «immer!» heraus. «Es kann losgehen.» Sie zögerte, hatte die Idee, hier bei dir kurz zu halten Willy nickte. «Ich bin sicher, dass du dann streckte sie Willy ihre Hand entge- und dich um Hilfe zu bitten. Sie wartet im auch dieses Jahr Geschenke bekommen gen. «Ich bin Ina. Danke, Herr Bauer, dass Auto auf mich. Eigentlich wollten meine wirst, aber vielleicht kannst du sie erst ich Ihre Küche benützen darf.» Eltern nach den Kindern sehen, wenn das morgen auspacken. Ich habe hier nur Ge- Er ergriff ihre Hand. «Willy, sagen Sie Baby kommt, aber sie wohnen eine Stunde schenke, die man nicht auspacken kann.» Willy zu mir, Ina.» von hier entfernt, und wir wollten nicht so «Was für welche?», fragte Luis interes- Das Wasser für die Nudeln kochte, die lange warten.» siert und schaute sich um. Sauce blubberte leise vor sich hin. «Hat- Hastig fuhr sich der junge Mann durch «Nun, mein Geschenk kann man nicht ten Sie heute schon ein Abendessen?» Ina die Haare. «Ich muss sofort wieder los. Ich sehen und nicht auspacken, aber ich finde ETHOS 12 | 2020 15
es trotzdem schön. Ich schenke euch ‹Weih- Schwarzer Peter.» Er ging zum Schrank über Ihren besten Freund erzählen.» Sie nachten mit Willy›», schmunzelte er, «und und holte das Kartenspiel heraus. «Es ist winkte den Kindern zum Abschied zu. dazu gehört eine Geschichte und auch eine ein Quartett», erklärte er, «und das hier ist Diese hatten ihre Gesichter gewaschen Runde Schwarzer Peter.» der schwarze Peter.» und sich wieder auf das Sofa gekuschelt. «Was ist das, Schwarzer Peter?» Interessiert betrachteten die Kinder die Elsa rieb sich die Augen. Willy holte ein «Das ist ein Spiel. Ich bin mir sicher, es Karte mit dem kleinen Schornsteinfeger. paar Decken, die Kinder machten es sich wird dir gefallen.» «Wieso heisst er schwarzer Peter?», fragte gemütlich und waren schon bald einge- Die Kinder kuschelten sich auf das Sofa, Elsa und zog die Karte zu sich herüber. schlafen. Ina setzte sich neben sie und Willy begann «Na, ein Schornsteinfeger hat immer Willy sass in seinem Sessel und liess die Weihnachtsgeschichte zu erzählen – schwarze Kleider an und wird bei seiner seine Gedanken schweifen. Wie traurig war angefangen von dem Besuch des Engels bei Arbeit schmutzig, oft hat er dunkle Russ- er noch heute Nachmittag gewesen, und Maria, bis hin zu den Weisen, die aus dem flecken an den Händen oder im Gesicht. wie fröhlich hatte dieser Abend geendet. Morgenland kamen und den neugebore- Wer verliert, bekommt auch einen schwar- «Ich danke dir, Vater im Himmel, dass du nen König suchten. zen Punkt ins Gesicht. Dann seht ihr auch mir Frieden ins Herz geschenkt hast und Als er endete, lächelte Ina. «Ich habe die bald aus wie kleine Schornsteinfeger.» Er dann auch noch liebe Menschen, mit de- Weihnachtsgeschichte noch nie so span- nahm einen Korken und schwärzte ihn nen ich Weihnachten feiern konnte. Mein nend und ausführlich erzählt bekommen, über den Kerzen des Adventskranzes. «So, Herz ist voller Dankbarkeit.» danke.» es kann losgehen.» Willy betete für Anna und ihr Baby, für «Oh, sehr gern geschehen.» Willy erklärte den Kindern die Spielre- Ina, für die Kinder auf seinem Sofa und für «Es ist so eine alte Geschichte, und Sie geln, und bald war das Zimmer von Ge- Lea in Tansania, und schliesslich nickte er haben sie erzählt, als sei sie noch immer ak- lächter erfüllt. Elsa freute sich diebisch, als in seinem Sessel ein. tuell.» sie Willy den dritten schwarzen Punkt auf Eine Stunde später wurde er von lei- Willy nickte. «Sie ist noch immer aktu- die Wange drücken konnte, und Luis hielt sem Klopfen an seiner Haustüre geweckt, ell. Jesus lebt, und er möchte jeden Tag bei sich den Bauch vor Lachen, als Ina einen Benni war zurück. «Anna geht es gut, die uns sein. Er ist nicht nur das Kind in der Punkt direkt auf die Nase bekam, aber auch Wehen haben aufgehört. Die Ärzte sind zu- Krippe, er ist auch mein Erlöser und mein die beiden Kinder bekamen einige ab. Es versichtlich, dass alles gut verlaufen wird», bester Freund.» Willy schwieg einen Mo- wurde ein ausgelassener, fröhlicher Abend. berichtete er erleichtert. «Wie war es mit ment, dann sagte er leise: «Er möchte auch Schliesslich wollte Ina aufbrechen. «Ich den Kindern?» Ihr Erlöser und bester Freund sein, Ina.» muss doch morgen früh aufstehen zum Bevor Willy antworten konnte, setzte Luis rutschte vom Sofa und zupfte an Frühdienst», meinte sie und verabschie- sich Elsa, aufgeweckt durch die Stimmen, Willys Knie. «Können wir jetzt den Schwar- dete sich von den Kindern und von Willy. auf. zen Peter machen?» «Vielen herzlichen Dank für den schönen «Du bist wieder da, Papa.» Willy stemmte sich vom Sessel hoch. Abend, Willy!» Ina stockte. «Und für die Sie streckte die Arme nach ihm aus und «Natürlich. Jetzt gibt es eine Runde Geschichte», lächelte sie. Benni nahm sie zu sich. «Vielen Dank Ina für das leckere Essen «Na, meine Kleine, hattet ihr einen und Ihre Gesellschaft, es war sehr nett.» schönen Abend zusammen?» Willy brachte sie zur Tür. «Sie können «Wir hatten keine Geschenke zum gerne morgen wieder zum Kochen kom- Auspacken», erzählte Elsa mit schläfriger men», schmunzelte er, «ich bin zu Hause.» Stimme und lehnte ihren Kopf an seine Ina lachte. «Ich denke, das Angebot Schulter, «aber das war nicht so schlimm, werde ich annehmen. Und vielleicht kön- wir hatten Weihnachten mit Willy!» ❖ nen Sie mir dann noch ein bisschen mehr «Wir hatten keine Geschenke zum Auspacken, aber das war nicht so schlimm ...» «... wir hatten Sabine Kähler, Jg. 1967, verheiratet, fünf Kinder. Weihnachten mit Willy!» Unterrichtet Gitarre, Auto- rin, Frauenfrühstücksarbeit und Stiftung Contactions. 16 ETHOS 11 | 2020
FOKUS GENFER KONSENSERKLÄRUNG: DANK AUSGEKLÜGELTER STRUKTUR: 32 LÄNDER GEGEN «MENSCHENRECHT TEURE ANTI-FROSTMITTEL ÜBERFLÜSSIG AUF ABTREIBUNG» (pressetext.com) Wissenschaftler haben einen Weg ge- (livenet) Die USA haben am 22. Oktober die «Geneva Consensus funden, die Bildung von Frost auf beliebigen Oberflächen Declaration» unterzeichnet. Die Initiative wurde u. a. von den drastisch zu reduzieren. Hierfür greifen sie USA, Brasilien, Ägypten, Ungarn, Indonesien und Uganda mit- auf ein spezielles Design der Oberflä- initiiert. In der Erklärung verpflichten sich bisher 32 Länder, die chenstruktur zurück, wie es etwa auch rund 1,6 Milliarden Menschen repräsentieren, den «vollen Genuss in der Natur bei Blättern vorkommt. aller Menschenrechte und die Chancengleichheit für Frauen auf Diese weisen unzählige winzige Hügel allen Ebenen des politischen, wirtschaftlichen und öffentlichen und Täler auf, was ein Ansetzen von Lebens zu gewährleisten». Sie fordern «gleiche Möglichkeiten mit Frost erschwert. Wird eine solche Struk- Männern und Jungen für Arbeit, Führung und Entscheidungsfin- tur auf verschiedene Materialien übertra- dung auf allen Ebenen». Des Weiteren verpflichten sie sich, «den gen, lässt sich die Frostbildung um bis zu 80 Zugang zu Gesundheits- und Entwicklungsgewinnen für Frauen Prozent verringern, so die Forscher. zu verbessern und zu sichern, einschliesslich der sexuellen und re- Frostbildung ist bei Blättern auf den Wölbungen zu produktiven Gesundheit, die stets eine optimale Gesundheit und beobachten, auf den tiefer liegenden Regionen kaum. Es den höchsten erreichbaren Standard fördern muss, ohne Abtrei- liegt also an der Oberflächenstruktur und nicht an dem bung einzubeziehen». Die unterzeichnenden Länder «bekräftigen, Material. Auf einem Flugzeugflügel kann Frost zu einer dass es weder ein internationales Recht auf Abtreibung noch eine ernsten Gefahr werden und dafür sorgen, dass Flüge ge- internationale Verpflichtung der Staaten gibt, Abtreibung zu fi- strichen werden müssen; bei Kühlschränken und Gefrier- nanzieren oder zu erleichtern, im Einklang mit dem seit Langem truhen führt er dazu, dass die entsprechenden Energie- bestehenden internationalen Konsens, dass jede Nation das souve- kosten deutlich ansteigen. räne Recht hat, Programme und Aktivitäten im Einklang mit Eine optimale Oberfläche gegen Frostbildung setzt ihren Gesetzen und ihrer Politik durchzuführen». sich aus millimeterdicken Erhebungen und Tälern zu- Gegen die Praxis der UN und grosser humanitärer sammen, die in einem Winkel von 40 bis 60 Grad anei- Stiftungen halten die Länder daran fest, dass Ent- nandergereiht werden. Auch wenn sich immer noch eine scheidungen betreffend Abtreibung auf nationaler dünne Frostschicht auf den Erhebungen dieser Struktur oder lokaler Ebene getroffen werden, und dass sie bildet, lässt sie sich ganz leicht entfernen. Die Verwen- keinesfalls von aussen als Mittel der Empfängnis- dung von teuren Spezialmaterialien und Anti-Frost-Flüs- verhütung aufgezwungen werden dürfen. Gleichzei- sigkeiten kann man so umgehen. tig fordern sie die Krankenversicherung als weltweiten Standard, besonders auch für Frauen und Mädchen – wiede- rum als Aufgabe der jeweiligen nationalen Regierung. Die Familie und speziell die Rolle der Frau darin wird beson- AMEISEN SCHLUCKEN IHRE ders geschützt: «Frauen spielen eine entscheidende Rolle in der SÄURE ALS «MEDIZIN» Familie, die die natürliche und grundlegende Einheit der Gesell- schaft darstellt. Sie hat das Recht, durch Gesellschaft und Staat ge- (wissenschaft.de) Die brennende Säure vom Hinterteil schützt zu werden.» Schliesslich hält die Initiative fest, dass jedes der Ameisen dient nicht nur als Waffe gegen Störenfriede, menschliche Wesen das «inhärente Recht auf Leben» hat. Vor al- sondern auch gegen Bakterien in ihrer Nahrung: Amei- lem Kinder «brauchen besonderen Schutz und Fürsorge, vor und sen schlucken ihre eigene Säure und desinfizieren sich nach der Geburt», darum müssten «besondere Massnahmen von dadurch ihren Magen – dies geht aus einer Studie her- Schutz und Hilfe für alle Kinder» getroffen werden. vor. So können sie die Ausbreitung von Krankheitserre- US-Aussenminister Mike Pompeo sagte, die Erklärung «schützt gern in ihren Kolonien unterdrücken. Für Ameisenvölker die Gesundheit von Frauen, verteidigt das Ungeborene und be- ist es wichtig, dass Erreger nicht weitergegeben werden, kräftigt die entscheidende Bedeutung der Familie als Grundlage denn die Tiere übertragen Futter an ihre Nestgenossen der Gesellschaft». «Es gibt einfach kein internationales Recht auf von Mund zu Mund. Das ist eine grosse potenzielle Anste- Abtreibung», erklärte er. «Es ist das erste Mal, dass eine multinati- ckungsquelle. Wenn die Ameise, die Futter weitergibt, zu- onale Koalition zum Thema Lebensschutz gebildet wird.» vor Säure zu sich genommen hat, so hat die zweite ein ge- Die Vernehmlassung ist eine unverbindliche Absichtserklä- ringeres Risiko, zu erkranken. Auf diese Weise verringert rung und steht weiteren Ländern zur Unterzeichnung offen. Sie das die Ausbreitung von Infektionen. Ausserdem hat die stellt sich in offenen Gegensatz zu der Ansicht des UN-Menschen- saure «Medizin» einen positiven Einfluss auf die Darm- rechtsrates (UNHRC), der seit 2018 den Zugang zur Abtreibung flora der Ameisen, berichten die Wissenschaftler. als universelles Recht verankern will. ETHOS 12 | 2020 17
REPORTAGE EINE ENTDECKUNGSREISE DURCH DIE EINDRUCKSVOLLEN NATIONALPARKS DES SÜDWESTENS. USA Sierra Nevada. 18 ETHOS 12 | 2020
IM WINTER ROLAND GERTH S chon lange hegten meine Frau und ich den Wunsch, einmal im Winter mit einem Camper den Südwes- ten der USA zu bereisen. Im Januar 2016 ist es dann soweit: Wir fliegen nach San Francisco und beginnen dort die einmonatige Rundreise. Die Fahrzeugübergabe ist etwas ernüch- ternd: Das Personal hat keine grosse Ahnung vom Camper und der Ausrüstung, ausserdem ist das Auto mit Sommerreifen bestückt. Mit gemischten Gefühlen fahren wir nach Reno. Hier kaufen wir Vorräte ein und bereiten uns auf die Reise vor. Geheimnisvoller Salzsee Von Reno aus geht es los in Richtung Süden, zuerst zum Lake Tahoe. Trotz seiner Lage auf 1900 Meter Höhe ist er nie zugefroren, denn das aus der Tiefe auf- steigende Wasser ist immer acht Grad warm. Auf das nächste Ziel, den Salzsee Mono Lake, freuen wir uns besonders. Die Kalksteintürmchen an seinem Südufer kamen ab 1940 zum Vorschein, als der Grossraum Los Angeles begann, die Zuflüsse des Mono Lakes für die eigene Wasserversorgung abzu- zapfen. Innerhalb von vier Jahrzehnten sank der Was- serpegel um 14 Meter. Die zum Teil mehrere Meter ho- hen und bis zu 900 Jahre alten Skulpturen ragen wie bleiche Termitenhügel in den Himmel und ergeben eine höchst surreale Landschaft. Zusammen mit der schneebedeckten Sierra Nevada im Hintergrund finde ich unzählige Fotomotive und komme erst nach Son- nenuntergang zum Camper zurück. Eigentlich wollen wir auf dem Parkplatz am Südufer übernachten, aber die Temperatur ist schon auf minus sechs Grad gefal- len und so ziehen wir es vor, weiter südwärts zu fahren. Am nächsten Tag machen wir einen Abstecher zu den Alabama Hills. Diese Landschaft am Fuss der Sierra Nevada ist berühmt für ihre zahlreichen Gra- nitfelsbögen und dient als Drehort für etliche Wes- ternfilme. Kakteen und versteinerte Bäume Weiter südlich befindet sich der Joshua-Tree-National- park. Er bekam seinen Namen von den Joshua-Bäu- men, einem bis zu zehn Meter hohen Agavengewächs. Im Park gefallen mir aber auch die abgerundeten und übereinandergeschichteten Granitblöcke. Sie bilden verstreute Inselberge, die sich aus den Ebenen aus
trockenem Gras erheben. Im Licht der aufgehenden Sonne beginnen sie orangerot zu leuchten. Vom Joshua-Tree-Nationalpark geht es weiter ost- wärts nach Arizona zum Petrified-Forest-National- park. In dieser Gegend wurden in der Vergangenheit umgestürzte Bäume von Sand und Erde so luftdicht zugeschüttet, dass die Stämme nicht verrotteten, son- dern während längerer Zeiträume durch Einlagerun- gen von Mineralien versteinerten. Im Nationalpark sind ganze Stämme, zerbrochene Blöcke und kleinste Stücke verteilt, die auf einer Strasse mit zahlreichen Parkplätzen besichtigt werden können. Die Ranger achten peinlichst genau darauf, dass kein versteiner- tes Holz mitgenommen wird. Das ist auch der Grund, warum der Park bereits um 17 Uhr geschlossen wird. In der folgenden Nacht wird es empfindlich kalt, minus elf Grad. Obwohl wir die ganze Zeit den Cam- per heizen, sind am Morgen der Wassertank sowie die Leitungen zum Abwassertank eingefroren. Wir be- schliessen, in wärmere Gegenden zu fahren. Als loh- nendes Ziel bietet sich das White-Sands-National-Mo- nument an. Kasha-Katuwe-Tent-Rocks-National-Monument. Weiss wie Schnee Obwohl es Winter ist, haben wir bisher noch nicht viel Mono Lake. Schnee gesehen. So ist die grösste Gipswüste der Welt, die aus schneeweissen Dünen besteht, ein guter Ersatz. Wir fahren die zehn Kilometer lange Stichstrasse hi- nein, und ich begebe mich am späten Nachmittag zu Fuss in diese fantastische Landschaft. Die vereinzel- ten Yucca-Palmen werfen bereits lange Schatten. Aber richtig schön wird es nach Sonnenuntergang, wenn sich der Himmel purpurrot verfärbt. Ich entdecke im- mer neue Motive und kehre erst spät zum Camper zu- rück. Dort gibt es eine Überraschung: Weil man auch diesen Park am Abend verlassen muss, ist schon vor einer Stunde eine Rangerin bei meiner Frau vorbeige- kommen und hat sich nach mir erkundigt. Sie ist be- reits dabei, eine Beschreibung von mir anzufertigen und einen Suchtrupp zusammenzustellen. Zum Glück tauche ich gerade noch rechtzeitig auf. Indianerlandschaften Zurück in der Hauptstadt Santa Fe planen wir die Rückreise an die Westküste. Zuerst steht aber eine eher unbekannte Landschaft auf dem Programm, das Kasha-Katuwe Tent Rocks National Monument. Der indianische Name bedeutet «Weisse Klippen» und be- zieht sich auf die bizarren Felsformen aus vulkani- schem Gestein, die uns an Kappadokien in der Tür- kei erinnern.
White-Sands-National-Monument. Lake Tahoe. White-Sands-National-Monument. ETHOS 12 | 2020 21
Monument Valley. Joshua-Tree-Nationalpark. 22 ETHOS 12 | 2020
Joshua-Tree-Nationalpark. Weiter geht es zum Monument Valley. Diese gran- diose Landschaft mit ihren Tafelbergen ist kein Nati- onalpark, sondern steht unter der Verwaltung der Na- vajo-Indianer. Leider ist die Rundtour zwischen den Felstürmen für Wohnmobile nicht gestattet. Es ist be- deckt und wir warten auf dem Parkplatz des Visitor Centers auf eine spezielle Lichtstimmung. Um 17 Uhr packen wir zusammen und machen uns auf die Rück- fahrt zum Campingplatz. Da öffnet sich im Westen eine kleine Lücke in der Wolkendecke und die roten Strahlen der tief stehenden Sonne beleuchten wie ein Spot einen der Felstürme. Ich packe Stativ und Aus- rüstung, renne zurück zum Aussichtspunkt und es ge- lingen noch drei Aufnahmen, bevor die Sonne wieder Bryce-Canyon-Nationalpark. verschwindet. Früh am nächsten Morgen besuchen wir in Page am Lake Powell den Horseshoe Bend. Der Blick auf die Schlaufe des Colorado Rivers ist deshalb so spek- takulär, weil das Flusswasser kurz nach dem Lake Po- well Damm schön blau ist und noch nicht durch Se- dimentgestein getrübt wurde. Unglaubliche Farbkontraste Wieder in Utah fahren wir Richtung Bryce-Ca- nyon-Nationalpark. Zuvor zweigen wir aber noch ab zum Coral Pink Sand Dunes State Park. Hier treffen wir endlich auf vereinzelte Schneefelder. Dort, wo der Piano Rock im Valley of Fire. Schnee bereits geschmolzen ist und der orangefar- bene Sand wieder zum Vorschein kommt, entstehen sehr fotogene Muster. Der Bryce-Canyon-Nationalpark liegt auf 2500 Meter Höhe und ist schneebedeckt. Trotz Sommer- pneus kommen wir ohne Probleme hinauf. Ich steige den Queen’s Garden Trail hinab und suche die Brist- lecone Pines auf, jene Bäume, die 1500 Jahre alt sind. Immer wieder bleibe ich stehen und staune über den Farbkontrast zwischen Schnee und Gestein. Die letzte Station vor der Rückgabe des Campers ist der Valley of Fires State Park in der Nähe von Las Vegas. Wir sind überrascht über die Vielzahl an Stein- bögen (fast 450) und anderen bizarren Felsformen, die in diesem Tal anzutreffen sind. Eine fantastische Abendstimmung inklusive Regenbogen macht dem Namen des Parks alle Ehre und ist ein toller Abschluss dieser erlebnisreichen Reise. ❖ Roland Gerth, Jg. 1955; Beruf: Naturfotograf; Wohnort: Thal, Schweiz; Hobbys: Reisen und Fotografieren.
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