Syngentas Gift geschäfte in Brasilien - PUBLIC EYE MAGAZIN Nr 17 April 2019
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EDITORIAL PUBLIC EYE MAGAZIN Nr. 17 April 2019 Syngentas Vorstellung einer besseren Welt «Die Zukunft nachhaltiger Landwirt- analysiert und festgestellt, dass Millio- schaft.» So heisst ein Video auf dem nen Brasilianerinnen und Brasilianer Youtube-Kanal von Syngenta. CEO Erik einem Cocktail an Pestiziden ausge- Fyrwald beschreibt darin mit blumigen setzt sind, dessen gesundheitlichen Worten ein Produktionsmodell, das Langzeitfolgen noch nicht einmal nicht nur die Welt ernährt, sondern auch absehbar sind. Sorge trägt zur Natur und zu den Men- schen. Er verspricht: «Wir werden weiter- Und wir haben uns in den brasilianischen Laurent Gaberell hin dazu beitragen, die Welt zu einem Bundesstaat Mato Grosso aufgemacht, besseren Ort zu machen. Für unsere ins Herz der pestizidintensiven Land- Kinder, unsere Enkelkinder und unzäh- wirtschaft. Wir haben mit Eltern von lige zukünftige Generationen.» erkrankten Kindern gesprochen, mit Lehrerinnen, Landarbeitern und Gesund- Das sind schöne Worte. Und nichts als heitsexpertinnen. Viele von ihnen wag- schöne Worte, wie wir in dieser Sonder- ten es kaum, offen zu reden. Andere ausgabe unseres Magazins aufzeigen. haben beschlossen, sich aufzulehnen. Während mehrerer Monate hat Public Aufzulehnen gegen die Auswüchse Eye zum undurchsichtigen Geschäft mit eines Geschäftsmodells, dessen verhee- hochgefährlichen Pestiziden recher- renden Folgen für Gesundheit und chiert. Wir haben exklusive Daten aus Umwelt sich immer deutlicher zeigen – einer Industriedatenbank mit der Liste trotz aller Bemühungen der Industrie, der 310 Pestizide abgeglichen, die das die Verhältnisse schönzureden und sich «Pesticide Action Network» als «hoch- vor Regulierungen zu drücken. gefährlich» einstuft. Die Recherche Carla Hoinkes zeigt: Kein Konzern macht mehr Geld Erik Fyrwald spricht im Werbevideo mit diesen giftigen Produkten als Syn- auch von «Verpflichtungen», die Syn- genta. Die Lieblingsmärkte des Multis: genta eingehen wolle, damit «die richti- Dank Ihnen! jene in Entwicklungs- und Schwellenlän- gen Dinge» geschehen. Der Verzicht auf dern mit Regulierungen, die lascher sind den Verkauf der giftigsten Pestizide Die Reportagen und Analysen in unserem Magazin und die Recherchen, auf denen als die in der Schweiz oder der EU. wäre ein erster, wichtiger Schritt. Bewegt diese beruhen, sind nur dank der Un- sich der Multi aus Basel nicht freiwillig, terstützung unserer Mitglieder möglich. Sie sind bereits Mitglied? Herzlichen Um herauszufinden, welche Folgen der wird ihm eine Annahme der Konzernver- Dank! Und doppelten Dank, falls Sie je- massive Einsatz dieser Substanzen hat, antwortungsinitiative einen sanften mandem eine Mitgliedschaft verschenken. haben wir unseren Fokus auf Brasilien Tritt in die richtige Richtung verpassen. Sie sind noch nicht Mitglied? Für 75 Fran- ken pro Jahr werden Sie es und erhalten gelegt – das Land, in dem weltweit am regelmässig unser Magazin. Oder lernen Sie uns erst kennen und bestellen Sie meisten Pestizide ausgebracht werden. gratis ein Testabonnement. Wir haben Daten aus dem nationalen Wir freuen uns, von Ihnen zu hören – per Programm zur Trinkwasserkontrolle Antwortkarte oder auf www.publiceye.ch/mitglieder PUBLIC EYE – MAGAZIN Nr. 17 April 2019 PRODUKTIONSLEITUNG TITELBILD Lunaé Parracho KONTAKT ISSN 2504-1266 Raphaël de Riedmatten – Public Eye, Dienerstrasse 12, – – DRUCK Vogt-Schild Druck AG Postfach, 8021 Zürich POSTKONTO 80-8885-4 REDAKTION Timo Kollbrunner Cyclus Print & Leipa, FSC – – – – Tel. +41 (0) 44 2 777 999 Das Public Eye Magazin LAYOUT opak.cc AUFLAGE D: 25 000 Ex. / F: 9200 Ex. kontakt@publiceye.ch erscheint sechs Mal pro Jahr.
Ein gängiges Sujet in Sinop, Mato Grosso, Brasilien: Pestizidfahrzeug auf Lastwagen. Reportage Fallstudie Leben zwischen Monokulturen Atrazin: hier verboten, dort vermarktet Im brasilianischen Bundesstaat Mato Grosso werden In der Schweiz ist Atrazin verboten. In Brasilien auf riesigen Soja- und Maisfeldern Unmengen an macht Syngenta nach wie vor Millionen mit dem hochgiftigen Pestiziden versprüht. Mit welchen gesundheitsschädigenden Herbizid. Millionen. Folgen für die Menschen? Eine Reise auf der Suche Es findet sich in kritischen Konzentrationen im nach Antworten. S. 4 Trinkwasser. S. 28 In Zahlen Gesundheitsfolgen Der globale Pestizidm arkt Vier Fälle aus Brasilien Welche Firma macht wie viel Geld mit hochge- Die wissenschaftliche Evidenz zum Zusammenhang fährlichen Pestiziden? Und wo? Welche Produkte zwischen Pestiziden und Krebs, Missbildungen oder sind Bestseller? Und was macht sie «hochgefähr- hormonellen Störungen wächst. Vier Beispiele aus lich»? Antworten in Zahlen, basierend auf exklu- vier verschiedenen Regionen Brasiliens. S. 32 siven Daten. S. 16 Unsere Forderungen S. 34 Hintergrund Syngentas giftiges Milliardengeschäft Unsere Petition auf der Antwortkarte 2017 hat Syngenta gemäss unseren Schätzungen fast Danke, wenn auch Sie unsere P etition unterschreiben! vier Milliarden US-Dollar Umsatz mit hochgefährli- chen Pestiziden erzielt. In Brasilien sind Millionen Menschen einem gesundheitlich höchst bedenkli- chen Pestizidcocktail ausgesetzt. S. 20 ? Das Bild oben stammt wie alle Bilder der Reportage aus Mato Grosso vom brasilianischen Reuters-Fotografen Lunaé Parracho. Die Recherchereise von Timo Kollbrunner und Carla Hoinkes von Public Eye in Mato Grosso wurde in Kooperation mit der brasi- lianischen Organisation Repórter Brasil durchgeführt. Für die Vorrecherche bedanken wir uns herzlich bei deren Reporterin Luana Rocha. Ihre Geschichte findet sich auf Portugiesisch unter: reporterbrasil.org.br Diese Spezialnummer unseres Magazins basiert auf dem von Landwirtschaftsexperte Laurent Gaberell und -expertin Carla Hoinkes verfassten Bericht Highly hazardous profits. How Syngenta makes billions by selling toxic pesticides. Den Bericht finden Sie online unter www.publiceye.ch/pestizide
4 PUBLIC EYE MAGAZIN Nr. 17 April 2019 Im Reich der Agrobarone An wohl keinem Ort der Welt werden mehr giftige Pestizide versprüht als im brasilianischen Staat Mato Grosso. Was bedeutet das für die Menschen, die dort leben? Eine Reise zwischen unendlichen Soja-, Mais- und Baumwollfel- dern, auf den giftigen Spuren eines lukrativen Geschäftsmodells, das ver- heerende Folgen hat für Umwelt und Gesundheit. Doch wer darüber offen spricht, begibt sich in Gefahr. TIMO KOLLBRUNNER «Er war ein Bandit», sagt Wilson Santos, und lehnt sich war er Bürgermeister der Staatshauptstadt Cuiabá, wo in seinem Lederstuhl zurück. Der «Bandit» hiess Wagner er uns Mitte Februar in seinem heruntergekühlten Büro Florêncio Pimentel. Seit Dezember 2017 war der Agrar empfängt. Ein paar Tage zuvor hat er einen Vorstoss für unternehmer inhaftiert gewesen, angeklagt, an der Spitze die Einrichtung eines parlamentarischen Untersuchungs- eines Konstrukts gestanden zu haben, mit dem Agrar- ausschusses eingereicht. Es ist der Dritte innert weni- händler während fünf Jahren über 35 Millionen US-Dol- ger Jahre in der gleichen Sache; geschehen sei bisher gar lar an Steuern hinterzogen haben sollen. Für eine Straf- nichts, sagt er. Er wolle wissen, wie gross der Betrag der milderung wollte er mit der Justiz kooperieren. Ein Tag, Steuern sei, die den grossen Agrarbetrieben vom Staat bevor er erstmals ausgesagt hätte, wurde er in Cuiabá in erlassen wurden oder die sie an diesem vorbeigeschleust seinem Auto mit mindestens fünf Schüssen erschossen. hätten. Es gehe wohl um über 500 Millionen US-Dol- Wilson Santos seinerseits ist Abgeordneter einer Mitte- lar, sagt er. Aber dagegen werde nichts unternommen, partei im Parlament von Mato Grosso. Von 2005 bis 2010 weil der Agronegócio – Brasilianisch für «das Agro
AUF GIFTIGEN SPUREN 5 business» – schlicht zu mächtig sei. «Das System ist 2015 wurden im Bundesstaat gemäss Zahlen der Uni- festgefahren. Ein paar Wenige haben hier viel Geld und versidade Federal de Mato Grosso (UFMT) knapp 208 viel Macht. Das ändert sich nicht so rasch.» Millionen Liter Pestizide ausgebracht. Pro Einwohnerin Nur: Für die Rolle des edlen Ritters im Gefecht ge- und Einwohner sind das rund 64 Liter an Pestiziden – gen die mächtigen Agrobarone scheint der Abgeordnete bevor sie mit Wasser gemischt werden. Von den 15 Santos nicht eben überqualifiziert. Letztes Jahr wurde meistverwendeten Wirkstoffen werden elf vom inter- er zu umgerechnet drei Millionen Dollar an Rückzah- nationalen Pesticide Action Network (PAN) als «hoch- lungen und Bussen verurteilt, weil er als Bürgermeister gefährliche Pestizide» (in Englisch «Highly Hazardous von Cuiabá ohne Ausschreibung und ohne erkennbare Pesticides» oder HHPs) eingestuft. Gegenleistung öffentliche Werbeflächen an Firmen ver- Welche Folgen haben all diese giftigen Substanzen geben haben soll. In einem anderen Fall wird ihm Kor- für die Gesundheit der Menschen, die hier leben? Geht ruption und Geldwäsche vorgeworfen. Wilson Santos man dieser Frage nach, stösst man immer wieder auf versäumt es im Gespräch denn auch nicht, mehrmals zu einen Namen: Wanderlei Pignati, Professor an der UFMT erwähnen, der Staat Mato Grosso habe dem Agrobusi- in Cuiabá. Er und sein Team sind die einzigen, die sich in ness «sehr viel zu verdanken». Willkommen in Cuiabá, Mato Grosso seit Jahren wissenschaftlich mit dem The- der selbst ernannten «Hauptstadt des Agronegócio». ma befassen. Sie haben in verschiedenen Studien aufge- zeigt, dass es einen statistisch signifikanten Zusammen- Zweieinhalb Mal die Schweiz – aus Soja hang gibt zwischen Krebserkrankungen bei Kindern und Brasilien ist der zweitgrösste Exporteur von Agrarrohstof- Jugendlichen und dem Einsatz von Pestiziden in den fen nach den USA – und kein Bundesstaat produziert so jeweiligen Gemeinden Mato Grossos. Zudem besteht für viel davon wie Mato Grosso. 27 Prozent der brasilianischen Kinder, deren Eltern in Kontakt mit Pestiziden waren, Soja, 31 Prozent des Maises und 68 Prozent der Baumwolle ein deutlich höheres Risiko für Missbildungen. werden hier angebaut. An der Soja lässt sich zeigen, wie rasch sich die kultivierte Fläche in den letzten zwanzig Antonios «spezielles Mädchen» Jahren vergrössert hat: 1998 gab es in Mato Grosso 2,7 Wir wollten besser verstehen, was das bedeutet; inmitten Millionen Hektar Sojafelder. 2008 waren es 5,6 Millionen, von diesen monströsen Feldern zu leben, die fast un- 2018 bereits 9,5. Zur Veranschaulichung: Diese 9,5 Millio- entwegt mit giftigen Substanzen eingesprüht werden. nen Hektar sind exakt die richtige Grösse, damit alle rund Wir wollten erfahren, was Ärztinnen und Ärzte sagen 212 Millionen Brasilianerinnen und Brasilianer darauf zu der Verbindung zwischen Pestiziden und bestimm- gleichzeitig nebeneinander Fussball spielen könnten – re- ten Krankheiten. Und wir wollten mit den Menschen gelkonform elf gegen elf, auf Spielfeldern nach offiziellen sprechen, die von diesen negativen Auswirkungen direkt betroffen sind. Menschen wie Antonio Lemos Correa. Wir treffen den 34-Jährigen in den Räumen der As- sociação de Espinha Bífida de Mato Grosso in Cuiabá. Spina Auf den Sojafeldern Mato Grossos könnten alle Bra- Bifida ist eine angeborene Fehlbildung des Neuralrohrs im silianerinnen und Brasilianer gleichzeitig nebenein- unteren Rücken, das zu Sehbeeinträchtigungen bis hin zu ander Fussball spielen – elf gegen elf, auf Spielfeldern Querschnittlähmungen und zu einem Verlust der Kontrolle nach offiziellen FIFA-Massen. von Darm und Blase führen kann. Studien weisen auf ei- nen Zusammenhang hin zwischen dem Kontakt der Eltern mit Pestiziden und der Wahrscheinlichkeit einer Spina-Bi- fida-Erkrankung des Kindes. Von all dem wusste Antonio FIFA-Maximalmassen. Hinzu kommen knapp fünf Millio- nichts – bis seine Tochter Emanuelly geboren wurde. Schon nen Hektar Mais und über 600 000 Hektar Baumwolle. In die Schwangerschaft sei kompliziert gewesen, erzählt der den letzten zwanzig Jahren wurden alleine in Mato Grosso Vater, und als das Mädchen schliesslich zur Welt kam, habe 14,5 Millionen Hektar Amazonaswälder gerodet – eine es am Rücken eine Zyste gehabt, «so gross wie eine Melone». Fläche, dreieinhalb mal so gross wie die Schweiz. Stolz zeigt der Vater Bilder seiner Tochter auf dem Display seines Smartphones. Emanuelly in Ballettkleidern, 64 Liter Pestizid pro Person mit Schienen an den Beinen, damit sie sich die Knöchel nicht Die zum allergrössten Teil genmodifizierten Soja-, bricht, die sie nicht spürt. «Die Ärzte sagten, sie werde nie Mais- und Baumwollsorten gedeihen nur dank des laufen können. Und sie tanzt Ballett. Ich danke Gott, dass intensiven, flächendeckenden Einsatzes von Insekti- ziden, Herbiziden und Fungiziden. In keinem Land der Zum Pestizideinsatz in Brasilien: S. 18 Welt werden mehr Pestizide versprüht als in Brasilien – Zu den gesundheitlichen Folgen hochgiftiger knapp ein Fünftel davon in Mato Grosso. Pestizide: S. 32
6 er mir dieses spezielle Mädchen geschenkt hat», sagt er. Die Ärztinnen und Ärzte hätten ihn gefragt, ob er in der Nähe von Feldern lebe. «Ja», sagte er. Ob er selbst mit Pestiziden in Berührung gekommen sei? Wieder sagte er «ja». Antonio, der seine Familie heute mit dem Erlös aus dem Verkauf von Solarpanels zu versorgen versucht, arbeitete damals als Ta- gelöhner auf verschiedenen Farmen. Immer wieder auch als «Ein paar Wenige haben hier viel Geld und Macht» «Bandeira». Das sind jene Männer, die vor dem Durchbruch – Abgeordneter Wilson Santos. des GPS den Piloten der Agrarflugzeuge vom Boden aus mit Flaggen anzeigten, wo sie durchzufliegen hatten. Er habe jeweils eine Haube auf dem Kopf getragen und ein Hemd mit langen Ärmeln, sonst sei er nicht geschützt gewesen. Am Abend habe ihm oft der Kopf geschmerzt, und schwindlig sei ihm gewesen. Er habe keine Ahnung, welche Substanzen dort versprüht worden seien. Die Depots seien jeweils von bewaffneten Männern bewacht worden. «Wie Ameisen gegen Löwen» Die Fälle von Spina Bifida haben gemäss Antonio in den letzten Jahren massiv zugenommen. Und die meisten Kin- der, die in Cuiabá behandelt würden, kämen aus den länd- lichen Regionen mit intensiver Landwirtschaft. Alleine in seinem früheren Wohnort wisse er von über zehn Betrof- fenen. Jede Erkrankung sei individuell, sagt Antonio, «aber «Wir müssen tun, was wir tun»: wenn es fast immer einen Link zu Pestiziden gibt, heisst Antonio, Vater der fünfjährigen Emanuelly. das schon was, oder?», fragt er. Die Organisation, für die er sich heute voller Elan einsetzt, kämpft für grössere Unter- stützung der Betroffenen und für bessere Schutzmassnah- men, inklusive des Verbots besonders gefährlicher Pestizi- de. Und sie weibelt dafür, dass die Erkrankungen endlich Criança com Câncer in Cuiabá, einer Organisation, die spezifisch registriert werden, statt dass die Ärztinnen und krebskranke Kinder unterstützt, mit der 36-Jährigen Ärzte schlicht «Malformação» auf die Geburtsurkunde ins Gespräch. Elisangela lebt mit ihren drei Buben und schreiben – und sie so endlich beweisen könnten, dass es ihrem Mann in einem Städtchen über 300 Kilometer eine unübliche Häufung von Spina-Bifida-Fällen gibt. nördlich, in Lucas do Rio Verde. Aber seit drei Jahren Solange das nicht möglich ist, bleiben die wissen- nimmt sie immer wieder den langen Weg auf sich, um schaftlichen Erkenntnisse genereller Natur. Eine Studie, hierhin zu kommen – zusammen mit dem mittleren die Professor Pignatis Team 2016 im Bundesstaat Mato ihrer drei Söhne, dem fünfjährigen Kalebi. Grosso durchgeführt hat, zeigt etwa, dass das Risiko Kalebi war zwei Jahre und drei Monate alt, als er für Missbildungen bei Kindern über vier Mal höher ist, plötzlich starkes Fieber kriegte in der Nacht und am Mor- wenn deren Eltern in Kontakt mit Pestiziden waren, und gen nicht mehr recht wach wurde. Er bewegte sich auch noch höher, wenn der Vater in der Landwirtschaft arbei- nicht mehr rund, zog sein Bein nach, war bleich im Ge- tete. «Aber die Barone des Agrobusiness kontrollieren sicht. Auf der Notaufnahme sagte man ihr, das sei nichts hier alles, auch die Politik. Und sie haben kein Interesse Schlimmes, ein eingeklemmter Nerv vielleicht. Doch als daran, dass diese Verbindung ans Licht kommt», sagt sie ihm am Abend einen feinen Klaps auf den Arm ge- Antonio. «Wir müssen tun, was wir tun», sagt er, «un- geben habe und sich dort gleich ein grosses Hämatom sere Kinder brauchen uns. Aber wir sind wie Ameisen, gebildet habe, «da wusste ich, da stimmt etwas ganz und die gegen einen Löwen kämpfen.» gar nicht». Im Spital in Rio Verde wurde das Blut des Jun- gen getestet – und Leukämie diagnostiziert. Kalebi kam «Da stimmt etwas ganz und gar nicht» in Cuiabá in Behandlung, erhielt eine Chemotherapie, bis Der Verdacht, dass Pestizide am Ursprung stehen der die Krebszellen weg waren. Künftig muss er noch einmal Erkrankung des eigenen Kindes. Und die Unmöglich- pro Monat zur Kontrolle kommen, acht Jahre lang. keit, sich dessen sicher zu sein, geschweige denn, es Dass bestimmte Pestizide das Risiko für Kinder- zu beweisen. Elisangela Silva dos Anjos kennt das gut. leukämie erhöhen können, ist wissenschaftlich belegt. Wir kommen im Innenhof der Associação Amigos da Eine in Spitälern von dreizehn brasilianischen Staaten
«Niemand wagt es, darüber zu reden»: Kalebi, Mutter Elisangela. durchgeführte Studie etwa zeigte für Kinder, deren Pestizideinsatz in den Feldern rund um Lucas do Rio Mütter während der Schwangerschaft mit Pestiziden Verde und diesen Fällen, sagt Elisangela. «Aber niemand in Kontakt kamen, ein erhöhtes Risiko, in den ersten bei- wagt es, darüber zu reden.» den Lebensjahren an Leukämie zu erkranken. Sie hätten damals gleich neben einer Anlage gelebt, in der Baum- Auf in die nächste «Hauptstadt des Agronegócio» wolle verarbeitet worden sei, erzählt Elisangela. «Unser Wir beschliessen, dorthin zu fahren, wo Elisangela mit Haus war immer voller Baumwollstaub.» Und ihr Mann, ihrer Familie lebt. Nach Lucas do Rio Verde. An den Ort, an dem eine Mitarbeiterin des Wissenschaftlers Pignati im Jahr 2010 die Muttermilch von 62 Frauen untersucht hat – und in allen Proben Rückstände verschiedener Pes- «Die Barone des Agrobusiness kontrollieren hier alles, tizide fand. Unter anderem wies sie in der Muttermilch auch die Politik. Und sie haben kein Interesse daran, sämtlicher Frauen Spuren von DDT nach – einer Substanz, dass die Verbindung zwischen Pestiziden und Krank- die einst von Syngentas Vorgängerfirma Ciba-Geigy erfun- heiten ans Licht kommt.» den wurde und immer noch nachweisbar ist, obwohl sie in Brasilien seit 20 Jahren nicht mehr verwendet werden darf. Je weiter wir uns von Cuiabá entfernen, desto kleiner werden die Bäume und grösser die Felder mit der als Mechaniker auf Landwirtschaftsbetrieben arbei- den in akkurate Linien gesetzten Genpflanzen. Jetzt, tete, sie unvorsichtig gewesen, habe jeweils seine Söhne im Februar, wird entweder gerade noch die letzte Soja und sie umarmt, wenn er nach Hause gekommen sei, in geerntet, oder es wird bereits für die Zwischensaison – den Arbeitskleidern, «er stank nach Chemie». Auch der die «safrinha» – Mais gepflanzt. «Mato Grosso» heisst Sohn eines Ex-Arbeitgebers ihres Mannes, welcher eine übersetzt in etwa «dichtes Buschland», aber schaut Farm betreibe, und ein Mädchen aus der Nachbarschaft man hier aus dem Autofenster, fände man einen ande- seien an Leukämie erkrankt. Es scheine ihr offensicht- ren Namen treffender, so etwas wie «Campo Infinito» lich, dass ein Zusammenhang bestehe zwischen dem vielleicht, unendliches Feld.
Maskottchen Luquinha, Preciosa (oben rechts): Wo so viel «Viele andere Jobs gibt es hier nicht»: Mais und Soja wächst, lohnt sich auch das Schlachten. städtischer Angestellter mit Syngenta-Pestizid. Wir biegen ein auf die BR 163, die «Kornader» Mato dern. In der einen Hand hält es einen Maiskolben, in Grossos, und überholen von da an zahllose unbeschrif- der anderen Sojabohnen. Das andere, «Preciosa», die tete, staubige Lastwagen, die Soja in Richtung des Kostbare, ist ein naturalistisches Huhn von zehn Me- fast 2000 Kilometer nördlich gelegenen Hafens San- tern Grösse, eine Hommage an die Geflügelindustrie, tarém transportieren. Dann passieren wir die ersten thronend auf einem Kreisel ausgangs des Städtchens. monströsen Silos, mit den Schriftzügen der grössten Folgt man dort der Strasse, passiert man den riesigen Agrarhändler der Welt, Bunge, Louis Dreyfus, Cargill, Cofco. Und schliesslich kommen wir an, in Lucas do Rio Verde, einem Städtchen mit gut 60 000 Einwoh- nern inmitten von Feldern, das Ende 2018 im Amtsblatt Auf seinen Händen und an seinen Handgelenken haben des Staates Mato Grosso offiziell als «Hauptstadt des grosse Stellen keine Pigmente mehr. Das komme vom Agronegócio» anerkannt wurde. Es riecht gerade nicht «Veneno», sagt er, dem Gift. gut hier. Nach gärendem Heu, nur unangenehmer. Der Gestank kommt von den riesigen Sojasilos her. Es rie- che hier oft so, sagt man uns. Schlachthof des brasilianischen Lebensmittelgiganten Hühner, Schweine, Soja, Mais BRF, in dem 4500 Angestellte täglich 300 000 Hüh- Wie soll man Lucas do Rio Verde beschreiben? Man ner verarbeiten. Warum der Konzern hierhin zog, liegt kann erzählen, was einem als erstes auffällt: Es ist das auf der Hand: Das Mais und die Soja zur Mästung der Städtchen mit der vielleicht weltweit höchsten Dichte Hühner wachsen gleich vor der Haustür. Die Chancen an Reifenwerkstätten – für die Tausenden von Lastwa- stehen gut, das auch Sie schon ein Hühnchen aus dieser gen, die sich hier Stunde für Stunde hindurchzwängen. Anlage auf dem Teller hatten: 2017 hat die Schweiz ge- Man kann den Ort auch anhand seiner beiden Maskott- mäss der Statistik der Eidgenössischen Zollverwaltung chen zu verstehen versuchen. Das eine heisst Luquinha gut 45 000 Tonnen Geflügelfleisch importiert. Knapp und ist ein sechs Meter grosses Schweinchen in Klei- 18 000 davon stammten aus Brasilien.
AUF GIFTIGEN SPUREN 9 Das Schweigen der Ärztinnen und Ärzte hier nicht. Dann zieht er seine Maske über und beginnt, Doch am besten lässt sich Lucas do Rio Verde wohl be- den Rasenstreifen einzusprühen. Es riecht nach Chlor, schreiben, wenn man von den Begegnungen mit den angereichert mit einem ätzenden Beigeschmack. Menschen dort erzählt. Mit Claudiomir Boff etwa, dem Präsidenten der Landarbeiter-Gewerkschaft, von dem «Unsere Natur ist verschwunden» wir mehr erfahren möchten über den Pestizideinsatz Am nächsten Tag fahren wir raus aufs Land, entlang der im- hier und dessen gesundheitlichen Folgen. Wir sollten mer gleichen Felder. Wir wollen mit den Leuten reden, die uns doch im Spital selbst ein Bild machen, schlägt er an deren Rändern leben. In der allseitig von Äckern umge- vor. Er könne das in die Wege leiten, schliesslich sei er benen Siedlung Groslândia halten wir vor einem einfachen auch der Präsident der Stiftung, die das Spital betreibt. Haus an. Auf der Veranda sitzt der 50 Jahre alte Darino da Die zuständige Kollegin werde sich melden, sagt er. Sie Silva und geniesst seinen freien Tag. Wir sprechen ihn an, meldet sich nicht, und auch Claudiomir Boff geht nie bald reicht er uns gekühltes Guaraná. Seit er zwölf ist – also mehr ans Telefon. Schliesslich machen wir uns auf eige- seit 38 Jahren – arbeitet er auf Feldern, zwanzig Jahre nun ne Faust auf zum Spital. Die Verantwortliche werde uns schon auf dem gleichen Betrieb, nicht weit von hier. Das anrufen, verspricht man uns auch dort. Wird sie nicht. Einkommen reiche gut für ihn, sagt er, der seit zehn Jahren Auch zuvor schon, im Universitätsspital von Cuiabá, verwitwet ist. Seine Frau starb an einem Nierenversagen, hatten wir umsonst versucht, mit Ärztinnen oder Ärz- eine Ursache wurde nie herausgefunden. Darino verliert ten sprechen zu können. Und, so viel sei vorweggenom- kein schlechtes Wort über seinen Arbeitgeber, über die men: Auch später im weiter nördlich gelegenen Sinop Gutsherren grundsätzlich, über die Agrarindustrie. wird es nicht klappen. Der mögliche Zusammenhang Aber er erzählt von den Bananen, die er hinter sei- zwischen Pestiziden und Erkrankungen ist offensicht- nem Haus pflanzt. Wie sie seit fünf Jahren immer kleiner lich kein Thema, zu dem sich das medizinische Fachper- würden, jetzt gerade noch so gross seien wie ein Daumen. sonal der Region gerne öffentlich äussert. Er erwähnt den Limettenbaum, den er fällen musste, weil er verfault war. Zwischen November und Februar, wenn Schädlingsgeplagte Strassenkreisel auf den Feldern erst Soja und dann Mais wachse und am Der Besuch im Spital von Lucas do Rio Verde ist trotzdem meisten Pestizide ausgebracht würden, sei der Schädlings- aufschlussreich. Denn gleich davor, auf dem Trottoir der befall auf seinen Pflanzen am schlimmsten. Und auch der Avenida Brasil, treffen wir auf einen Mann in Schutzan- Gestank in der Siedlung. «Wenn sie sprühen, schliesse ich zug und Stiefeln, der gerade damit beschäftigt ist, eine alle Fenster», sagt er. Und die Nachbarn holten dann ihre Pestizidmischung anzurühren. Er sei von der Stadt da- Kinder in die Häuser. Diese beklagten sich oft über starke für angestellt, die Grünflächen auf den Mittelstreifen der Kopfschmerzen, und immer mal wieder müsse eines von Strasse und die Kreisel mit Pestiziden einzusprühen, sagt ihnen auf den Gesundheitsposten im Ort gebracht werden. er uns. Denn manche der Schädlinge, die mittels Chemie Und Darino spricht von früher. Von den farbigen aus den Feldern vertrieben werden, flüchten in die Stadt. Aras, die ihn noch vor wenigen Jahren regelmässig hier Der Befall werde Jahr für Jahr grösser. Das städtische im Garten besucht hätten. «Hier, hier und hier», sagt er Mittel der Wahl ist heute das Insektizid Engeo Pleno des und zeigt rund um sein Haus, «war überall Wald». Dort Schweizer Konzerns Syngenta. Das Produkt enthält eine habe er jeweils Wildschweine gejagt und Nagetiere. Heute Kombination der Wirkstoffe Thiamethoxam und Lamb- sieht man nur noch Felder, bis zum Horizont, das nächste da-Cyhalothrin. Lambda-Cyhalothrin ist unter anderem beginnt exakt 20 Schritte von Darinos Hausfassade ent- hormonaktiv und kann laut Syngentas eigenen Angaben fernt. Ein Pestizidfahrzeug dreht darauf seine Runden. Es akut Atemwege, Haut und Augen irritieren. Gemäss EU hätten hier Tapire gelebt und Ameisenbären und Jaguare, kann das Einatmen des Stoffes gar tödlich sein. erzählt er, die Regenfälle seien länger und stärker gewesen Das weiss vielleicht auch der städtische Angestell- und die Temperaturen tiefer. Heute sehe man höchstens te. Aber mit den Gummihandschuhen will es ihm einfach noch vereinzelte Kolonien von Wildschweinen, die auf nicht gelingen, die Schutzfolie aus Alu von der Pesti- der Suche nach Nahrung durch die Felder zögen, hin zum zidflasche zu klauben. Also zieht er den Handschuh aus kleinen Streifen übrig gebliebener Bäume am Fluss in der und drückt seinen nackten Daumen in das Alu, bis die- Ferne. «Unsere Natur ist verschwunden», sagt Darino. ses nachgibt. Es spritzt. Auf seinen Händen und an sei- nen Handgelenken haben grosse Stellen keine Pigmente Spielerisches Lernen mit Syngenta mehr. Das komme vom «Veneno», sagt er, dem Gift. Es Auch bei einer Schule in der Nähe von Lucas do Rio jucke ziemlich dort. Auch sein böser Husten komme vom Verde halten wir an. Sie ist umgeben von Sojafeldern, Hantieren mit den Pestiziden. Klar würde er lieber etwas bis zu 50 Meter reichen sie an das Schulgelände heran. anderes machen, sagt der Mann, aber zur Schule gegan- Kann das gesund sein? Die Direktorin empfängt uns gen sei er nicht lange genug und viele andere Jobs gebe es nett, doch ihr Blick verfinstert sich sofort, als wir zum
Gleich vor der Haustür wird gesprüht, Darios Bananen gehen ein. «Hier war alles Wald.» ersten Mal das Wort «Pestizid» aussprechen. Damit gebe Mitteln die globale Ernährungssicherheit gewährleistet es hier kein Problem, sagt sie bestimmt. Klar rieche man werden kann. Und was der Konzern unter dem Begriff es, wenn diese ausgebracht würden, und nein, sie könne «Umwelt» versteht: «Steigerung der Produktion im glei- natürlich nicht sagen, dass es keinerlei Zusammenhang chen Anbaugebiet, bewusste Nutzung der natürlichen gebe zwischen Pestiziden und Gesundheitsproblemen. Ressourcen und Förderung der biologischen Vielfalt.» Aber den Kindern hier gehe es bestens. Und man müsse auch sehen, was die Landwirtschaft dem Ort gebracht Verbotenes Terrain habe. Früher habe es hier keine Strassenbeleuchtung Während uns die Direktorin das Spiel präsentiert, hört gegeben, keine Klimaanlagen, sagt sie. unser brasilianischer Kollege draussen im Schulhof eine andere Geschichte. Eine Biologielehrerin sagt ihm, sie sei besorgt. Es gebe auffällig viele Kinder an der Schule, die an Autismus litten, und sie gehe sehr davon aus, dass Es gebe hier Dinge, sagt die Biologielehrerin, über die das mit den Pestiziden zusammenhänge. Sie habe schon man nicht reden dürfe. Wir hören diesen Satz so und so an einigen Schulen gearbeitet, und eine solche Häufung ähnlich einige Male. habe sie noch nie erlebt. Sie habe das Grundwasser in der Region testen lassen wollen, schliesslich aber wegen des Widerstands einiger Väter aufgegeben. Viele von ihnen arbeiteten in der Landwirtschaft. Es gebe hier Als wir das Gespräch auf Syngenta bringen, sagt sie Dinge, sagt sie, über die man nicht reden dürfe. «wartet schnell», geht aus dem Büro und kommt gleich «Darüber spricht man hier nicht.» Wir hören die- wieder herein, in den Händen hält sie einen Papier- sen Satz so und so ähnlich einige Male. Vom Mann in bogen. «Umweltspiel» steht darauf, auf der Rückseite einer Behörde etwa, der uns von Bauern erzählt, die an prangt das Logo des Schweizer Multis. Syngenta klärt Magentumoren gestorben seien oder nach Vergiftungen die Kinder in diesem über eine Stiftung in grosser Men- an Gastritis litten. Und der sagt: Nein, er könne keinen ge in Umlauf gebrachten Würfelspiel auf, mit welchen Kontakt zu den Betroffenen herstellen, das wäre «zu ge-
Syngentas Paraquat in der Recyclingstelle: 700 Tonnen Pestizidverpackungen pro Jahr. fährlich», das sei «territorio proibido», verbotenes Terrain. zwei Männern in Schutzanzügen gepresst und danach je Oder von der Mitarbeiterin einer Krebshilfeinstitution, nach Material recycelt oder verbrannt zu werden. 2012 die erzählt, eine auffallend hohe Anzahl der Erkrankten, wurden hier über 700 Tonnen Pestizidbehältnisse ent- die sie betreuten, seien dort an Tumoren erkrankt, wo die sorgt, liest man in Zeitungen, die damals über die «Vor- Nahrung und das Wasser hindurch gingen, im Rachen, im zeigeanlage» berichteten. Auffallend viele der Container Magen, im Darm. «Warum wohl», fragt sie, und ergänzt, tragen die Aufschrift «Gramoxone» und das Logo von sie persönlich sei überzeugt, dass die Krebserkrankungen Syngenta. Der Wirkstoff des Herbizids ist Paraquat – töd- damit zusammenhängen, «dass hier so viel Gift versprüht lich, wenn eingenommen, höchst schädlich für Lungen, wird. Aber das darf man nicht offiziell sagen.» Haut und Augen, im Verdacht, Parkinson zu fördern und In verschiedenen Variationen hören wir die Klage, in der Schweiz seit mittlerweile dreissig Jahren verboten. ein paar wenige würden mit diesen riesigen Fazendas Es ist an der Zeit, der Frage nachzugehen, welche immer reicher, während der Staat kaum Einkünfte gene- Rolle der Schweizer Konzern hier in der Region spielt. Im- riere und auch noch für die Behandlung der Erkrankten merhin ist Syngenta gemäss unserer Recherche der Pesti- aufkommen müsse. Dass kaum je etwas über die gesund- zidverkäufer Nummer eins – sowohl in Brasilien wie auch heitlichen Folgen des Pestizideinsatzes berichtet würde, weltweit. Und wir wissen: Syngenta verkauft in Mato weil auch die Spitäler und die Medien in den Händen Grosso mindestens vier Pestizidwirkstoffe – A trazin, der Agrobarone oder von deren Freunden seien. Dass es Ciproconazol, Propiconazol und Lambda-Cyhalothrin –, «uma rede fechada» sei, ein geschlossenes Netz. Aber mit welche mit Fehlbildungen in Verbindung gebracht wer- diesen Worten zitieren lassen will sich niemand. den, und mit Glyphosat und Diuron mindestens zwei, die wahrscheinlich krebserregend sind. Alle sechs Wirkstoffe Giftige Bestseller stehen auf der PAN-Liste der HHPs. Am Stadtrand von Lucas do Rio Verde erhalten wir einen visuellen Eindruck von der Menge der Pestizide, die in der Region verwendet werden. Im Annahmezentrum für leere Behälter sind Tausende Kanister aufgehäuft, um von Zu Syngentas Verkäufen in Brasilien: S.19
12 PUBLIC EYE MAGAZIN Nr. 17 April 2019 «Gehen wir da rüber, es stinkt nach Gift»: «Man spürt es, klar»: Pilot Antonio Carlos da Silva. «Giftmischer» Ney. «Alle wollen Syngenta» erstes das Herbizid ZappQi. Zwischen hundert- und Also fahren wir eine Runde durch das Städtchen. Ei- hundertzwanzigtausend Liter davon verkaufe man al- nen ersten Stopp legen wir bei Araguaía ein, einem leine hier in dieser Filiale pro Sojasaison. Dann rattert der grössten Dünger- und Pestizidverkäufer in der er eine ganze Liste herunter der am besten verkauften Region. Klar, sie verkauften Syngenta-Produkte, sagt Syngenta-Pestizide: Sämtliche sechs hochgefährlichen uns ein Mitarbeiter, der eben daran ist, den Laden zu Wirkstoffe, die mit Krebs und Fehlbildungen in Verbin- schliessen. Am besten verkauften sich die Herbizide dung gebracht werden, tauchen auf. Primoleo – mit dem Wirkstoff Atrazin, der nachweis- Während Firmen wie Syngenta mit den riesi- lich den Hormonhaushalt stören, das Fortpflanzungs- gen Soja- und Maisproduzenten wie Cargill, Bunge system schädigen und das Risiko von Geburtsfehlern oder Amaggi direkt verhandelten, erklärt uns der nette erhöhen kann und in der Schweiz seit 2007 verboten Mann, laufe das Pestizidgeschäft für die nicht ganz so ist – und ZappQi (mit dem Wirkstoff Glyphosat) sowie grossen Betriebe – solche mit Feldern von im Schnitt das Fungizid Elatus und das Insektizid Engeo Pleno, etwa tausend Hektar – über eine Firma wie Agrológica. das wir bereits kennen. Diese liefert den Bauern alle nötigen Inputs im Paket – Am nächsten Morgen schauen wir bei Agro neben Pestiziden auch die Samen und den Dünger. Zu- lógica vorbei, einem von zwei offiziellen Syngenta-Ver- rückbezahlt wird Agrológica mit einem Anteil an der triebspartnern in der Region. Ein Mitarbeiter hinter Ernte. Der Mitarbeiter der Firma begleite den Bauern Stapeln von Pestizid-, Dünger- und Traktorprospek- während des ganzen Anbauzyklus, empfehle allenfalls ten erzählt uns begeistert, dass sie die Produkte von eine zusätzlich Applikation eines Fungizids oder Herbi- Syngenta seit 2016 im Angebot hätten. Man habe sich zids, wenn ein Befall konstatiert werde. Und besonders sehr gefreut über diese Partnerschaft. Denn Syngenta genau beobachte die Firma natürlich jene Landwirte, habe einen guten Namen – die Firma stehe für eher die schon bei ihr Schulden hätten. Durch diese soge- teure, dafür aber hochwertige Ware. «Alle hier wollen nannten Barterverträge profitierten alle, sagt er: Input- die Produkte von Syngenta verkaufen», sagt er. Als geber wie Syngenta, Zwischenhändler wie Agrológica wir ihn nach den Bestsellern fragen, nennt auch er als und auch die Bauern.
AUF GIFTIGEN SPUREN 13 Bauern unter Druck renem Posten. Die derzeit im Parlament diskutierte, von Zumindest dann, wenn die Ernte gut ist, möchte man anfü- Kritikern als «Giftpaket» bezeichnete Gesetzesrevision gen. Ist sie schlecht, hat der Bauer ein Problem. Dann muss möchte nämlich nicht nur die Registrierung von umstrit- er bei Agrológica oder sonst wo einen Kredit aufnehmen, tenen Pestiziden erleichtern, sondern auch den Begriff um an die Inputs für die nächste Ernte zu kommen. Gerade «Agrotóxicos» eliminieren. Stattdessen soll künftig von für kleinere Produzenten sei dieser Druck enorm, erzählt «defensivos agrícolas» die Rede sein. Doch mit wem wir uns am Abend ein unabhängiger Maishändler, den wir auf auch sprechen, alle sagen sie entweder «Agrotóxico», oder, ein Bier treffen. Er wisse von mehreren Bauern in der Regi- häufiger noch, «Veneno». on, die sich aus Verzweiflung das Leben genommen hätten. Antonio arbeitet vor allem auf dem Land seiner Wenn ein Bauer verschuldet sei, komme es vor, dass der In- Tante, manchmal wird er aber auch von Syngenta kon- putgeber die Ware konfisziere, gegen den Produzenten vor traktiert, um deren Felder, auf denen neue Sorten getes- Gericht gehe. «So was wie gestern», sagt er, «passiert nicht tet werden, zu behandeln. Was er dort jeweils versprüht, jeden Tag. Aber es passiert.» Tags zuvor hatte in einem fünf wisse er nicht, sagt er, er erhalte die Produkte jeweils in Stunden entfernten Städtchen ein verschuldeter Bauer, der unbeschrifteten Behältnissen. Sein Geschäft laufe gut, sich von den Kontrollen eines Agronomen unter Druck sagt Antonio, «es werden heute mehr Pestizide versprüht gesetzt fühlte, die Nerven verloren – und diesen in einem als früher». Fungizide etwa habe man vor 15 Jahren noch Restaurant mit mehreren Schüssen in den Nacken getötet. kaum anwenden müssen, weil es keinen Befall gegeben habe. Heute würden Soja und Mais etwa drei Mal pro Sai- Über den Wolken son mit Fungiziden behandelt, Baumwolle gar bis zu zehn Wir wollen noch an einem weiteren Ort versuchen, mehr Mal. Und es seien immer mehr Insektizide nötig, weil die zu erfahren über die gesundheitlichen Folgen des ex- Schädlinge Resistenzen entwickelten. Zum Beispiel gegen zessiven Pestizideinsatzes: in Sinop, einer Stadt knapp das Syngenta-Produkt Engeo Pleno, das hier in mehreren 150 Kilometer nördlich von Lucas do Rio Verde und ein Kanistern bereitsteht. «Dieses Jahr funktioniert es nicht weiteres Zentrum des Agrobusiness. Aber auf dem Weg mehr richtig», sagt Antonio. Jahrelang habe es formidable dorthin machen wir erst noch bei einem Hangar halt. Dienste geleistet, doch mittlerweile seien zumindest auf Der Maistrader hatte uns den Kontakt eines Mannes ver- diesen Feldern hier zu viele Schädlinge resistent. mittelt, der per Flugzeug Pestizide ausbringt. Antonio Dann steigt Antonio in seine Maschine und rollt Carlos da Silva – der gleich klarstellt, dass sein Name also von dannen, und wir nutzen die Zeit, um uns noch kurz gar nichts mit dem inhaftierten Ex-Präsidenten Lula zu mit seinem «Doseador», dem Mischer, zu unterhalten, tun habe – sieht genauso aus, wie man sich einen bra- der sich als Ney vorstellt. Seit fünf Jahren arbeitet er auf silianischen Agrarpiloten vorstellen würde, wenn man der Farm, auf der er mit seiner Frau auch wohnt, und das je täte: Karohemd, Goldkette, Jeans mit Sichtfenster, erledigt die Arbeiten, die anfallen. Von Oktober bis März penetranter Sandelholzduft und kaum allein durch den heisst das in erster Linie: «misturar veneno», wie er sagt, Flugwind gestraffte Gesichtszüge. Er wird später noch Gift mischen. Er trägt Handschuhe und Stiefel, aber keine vor uns unter den tief hängenden Stromleitungen durch- Maske, trotz des beissenden Gestanks. Klar, nach dem Mi- fliegen. Er macht das gern, wenn Besuch kommt. schen habe er schon mal etwas Husten und könne nicht Doch zuvor hält er uns vor seiner gelben Propeller- ganz frei atmen. Schlimm sei das nicht, sagt er, es gehöre maschine namens «Ipanema» einen kleinen Vortrag, wieso halt dazu, «aber man spürt es, klar». es grundsätzlich wenig Sinnvolleres gebe, als Pestizide per Flugzeug auszubringen. Er demonstriert, wie das Flugzeug Viel Geld, wenig Geschmack nach jeder Applikation gereinigt und das Wasser aufberei- Wir machen uns auf, weiter in Richtung Norden, vorbei am tet werde. «Bei einem Traktor macht das niemand», sagt Städtchen Sorriso, das genauso wie Cuiabá und Lucas do er. Nicht nur schaffe er in 20 Minuten 60 Hektar, zudem Rio Verde den Titel «Hauptstadt des Agrobusiness» für sich überfahre ein Traktor pro behandeltem Hektar im Schnitt in Anspruch nimmt, und an der davor liegenden Siedlung Pflanzen für drei Säcke Soja, er dagegen keinen Halm. namens «Costa Brava», in der sich manche der Vermögends- ten der Region hinter von Stacheldraht gesäumten Back- Immer mehr Pestizide steinmauern in protzigen Anwesen eingerichtet haben. Während Antonio spricht, sticht uns ein ätzender Gestank Sinop begrüsst einen auf einem Plakat am Stadt in die Nase: Er kommt vom grossen Bottich, in dem sein eingang mit dem Slogan «Hier ist die Gelegenheit für Mitarbeiter ein Pestizidgemisch anrührt. «Gehen wir dort gute Geschäfte». In Bezug auf Syngenta scheint er seine rüber, es stinkt nach Veneno», sagt er. Wenn sogar die- Richtigkeit zu haben. An mehreren Gebäuden erkennen ser Mann von «Veneno», Gift, spricht, dann scheint eines wir den Schriftzug des Konzerns. Ein Verkaufspartner klar: Zumindest auf semantischer Ebene stehen die Agrar hat sich sogar die Mühe gemacht, auf dem Eingangs- industrie und die ihr gewogene Politik bislang auf verlo- tor fein säuberlich die Markennamen von 20 Syngenta-
So sieht hier «urban» aus: Luxus hinter Mauern: Einfahrt ins Städtchen Sorriso. Reichensiedlung «Costa Brava» vor Sorriso. Auch Sorriso hält sich für die nationale Liebe Liebe in Zeiten in Zeiten der Monokultur: der Monokultur: Hauptstadt des Agrobusiness. vorneVorne Mais, hinten Mais, hinten Motel,Motel, dahinter dahinter Sinop.Sinop. Produkten aufzulisten, die er im Angebot hat. Nicht we- solcher beim Gesundheitsministerium in Sinop ange- niger als 15 davon enthalten Wirkstoffe, die vom Pesticide stellt. Er hat sich Notizen gemacht zur Vorbereitung, Action Network als «hochgefährlich» eingestuft werden. und nun zählt er in seinem fensterlosen Büro auf: Atem- Vor erst 45 Jahren mitten in die Amazonaswälder wegserkrankungen hätten zugenommen, immer mehr gehauen, hat Sinop heute gegen 150 000 Einwohner und Menschen erkrankten an Haut-, Magen- oder Darm- ist umgeben von Feldern. Kirchen, Restaurants, Shop- krebs, auch Missbildungen, Fehlgeburten, Nierenschä- pingcenter oder die Gebäude der Agrarkonzerne – von aussen sehen sie alle praktisch gleich aus: viereckig, gross, anonym. Auf den Strassen scheint ein Wettrüs- ten um den grössten Pick-up im Gange, manche tragen Zwei Dinge seien nötig, damit sich etwas ändere, sagt das Konterfei des Präsidenten Jair Bolsonaro auf der er. Erstens mehr wissenschaftliche Studien, zweitens Heckscheibe: «Brachial, rustikal und systematisch». Sein kritischere Konsumentinnen und Konsumenten. Slogan könnte auch für die Stadt stehen. «Sprecht mit João» Nein, Sinop ist kein Ort, der zum Verweilen einlädt. den und Depressionen gäbe es immer mehr. «Wir sehen, Doch bevor wir ihn verlassen, wollen wir noch einen dass mit der verstärkten Anwendung von Pestiziden Mann treffen. Den Tipp hatten wir von einem Mathe- die Anzahl dieser Fälle zunimmt», sagt João. Doch es matikprofessor erhalten, der sich nebenbei in einer sei kaum möglich, darüber in dieser vom Agronegócio Kooperative engagiert, die biologische Lebensmittel dominierten Region eine Debatte zu führen. Aber er produziert – auf einem der wenigen Flecken, auf denen lasse sich den Mund nicht verbieten, «auch wenn man dies hier der Boden überhaupt noch zulasse. «Sprecht hier für so etwas erschossen werden kann». mit João», hatte er uns geraten. João heisst mit vollem Zweierlei sei dringend nötig, sagt er, damit sich Namen João de Deus da Silva Filho. Er ist 59 Jahre alt, etwas ändere. Erstens: mehr wissenschaftliche Studien. Biologe und Experte für öffentliche Gesundheit und als «Bisher gibt es ja fast nur jene von Pignati.» Denn wenn
«Mehr Krebs, mehr Missbildungen, mehr Depressionen»: Anzeige eines Gesundheitsexperte João de Deus da Silva Filho. «Giftausbringers» in Sinop. man zu den Auswirkungen von Agrotoxicos forschen der Spitze der Regierung.» Jair Bolsonaro hat als eine wolle, kriege man dafür kaum je Geld. Der Staat müs- seiner ersten Amtshandlungen die Verantwortung über se die Finanzierung von Studien sicherstellen, und in die für die Zuteilung von Land an Indigene und Bauern den Schulen müsse über die Gefahren von Agrotoxicos zuständige Behörde dem Landwirtschaftsministerium unterrichtet werden, fordert er, damit ein Bewusstsein, übertragen. Als Agrarministerin setzte er die Agrono- eine Debatte entstehe. Und zweitens müssten die Kon- min Tereza Cristina ein, die sich durch ihren unbeirrten sumentinnen und Konsumenten aufwachen. «Wenn Einsatz für die Lockerung der Registrierungsanforde- jene, die unsere Soja und unseren Mais kaufen, sagen rungen für Pestizide den Spitznamen «Musa do Vene- würden: ‹Wir wollen saubere Ware›, dann würde sich no» oder Giftkönigin erarbeitet hat. Unter ihrem Vorsitz wohl etwas ändern. Solange es ihnen egal ist, kaum.» hat das Ministerium seit Anfang des Jahres bereits 86 neue Pestizidprodukte freigegeben. Die Anbaufläche für «Nur noch Wüste» die pestizidintensive Baumwolle wächst in rasantem Dann will uns der Biologe noch etwas zeigen. Er steigt Tempo. Und die brasilianische Regierung geht in ihrem in seinen Wagen und lässt uns ihm folgen, hinaus aus «Investorenführer» davon aus, dass sich die Menge an Sinop, einem geraden Weg entlang, mitten durch Baum- produzierter Soja in ganz Brasilien von heute 114 Milli- wollfelder. In der Nähe des Flusses Teles Pires steigen onen Tonnen bis 2027 auf 288 Millionen Tonnen erhö- wir aus. All das seien einst Territorien Indigener gewe- hen wird. Nein, es spricht derzeit kaum etwas für eine sen, erzählt João. Heute sieht man nur noch Felder, und Trendwende hin zu nachhaltigeren Anbauformen oder all die Pestizide, die darauf versprüht würden, landeten zu einem moderateren Einsatz von Pestiziden in abseh- hier im Fluss. Wenn nicht bald Gegensteuer gegeben barer Zeit. «Aber wenn wir einfach so weitermachen», werde, «dann werden die Lebensräume der Indigenen sagt João de Deus da Silva Filho und weist mit seinem weiter schwinden, die Felder weiter wachsen, der Ein- Blick in Richtung der unendlichen Felder, «dann ist das satz von Pestiziden weiter steigen und die Todesraten alles hier in fünfzig Jahren nur noch Wüste.» � weiter raufgehen». Aber Anlass zur Hoffnung gebe es kaum. «Denn jetzt haben wir einen Verrückten an Die Geschichte online: stories.publiceye.ch/pestizide
16 Der globale Pestizidmarkt W el tw R es ei t te de r V W er el t A te rg EU en ilu 28 ti ni ng 29 en C hi na % de U 13 % r B 3 st SA ra P % 11 % si es lie M iz 11 n ti P zi io id 18 de e % .T e 18 % on ne 1 S c 200 n hw o l y im mp Pro Jahr werden weltweit 3 Mio. Tonnen mb is Pestizide versprüht. Die Menge ec che entspricht 25 Mio. Badewannen oder ke 1200 olympischen Schwimmbecken. n 1. Wirkstoff 3. Pestizidgemisch Diese Menge beinhaltet allein die Das formulierte Pestizid wird nochmals Wirkstoffe, also jene Substanzen, mit Wasser verdünnt. Die schliesslich welche die Schädlinge bekämpfen. auf den Feldern ausgebrachte Menge an Pestizidgemisch beträgt somit ein Vielfaches. 2. Formuliertes Pestizid Zusatzstoffe Wirkstoff Pestizid Die Wirkstoffe werden mit weiteren fün S o vi f G el v Substanzen vermischt, um die iga erd nte ien n m en Wirksamkeit des Produkts zu erhöhen 66.7 . 66.77 M Mi it P die l 88.7 est und die Anwendungseigenschaften t 66..77 Miillll $$ 8..77 M M izi ark en 66..77 M M i ll $ 88.7 Miillll $ l Mil $ .7 Mi $ . Miilll $$ 666..777 M 88..7 M ll Miiilllll $$$ 999..22 M den zu verbessern. m Miilllll $$ 888..777 M M 99..22 M il . d izidilliar 6..77 M l Miillll $$ M . Miiillll $$$ 888..777 M 9..2 MMiiillllll $$$ illl $$ l Miillll $$ 999..222 M l t Miiilllll $$$ M 12% % s . M 888..777 M i l Pe M Mill $$ l l 99..22 M Miillll $$ .7 M Miiilllll $$$ 99..22 M l$ ler 4.219 M 99..22 M i l l iilll $$ 66.1 l$ . Mi . M illl $ 666..111 M a 99..222 M Millll $ 16 % Miiilllll $$$ M b 5 r . M 666..111 M Miillll $$ Glo 017: D olla M illl $$ 66..11 M Miiilllll $$$ l 17 % 6..11 M Miiilllll $$$ 33.7 2 S- M illl $$ 3..7 Mil 333..777 M U l Miiilllll $$$ M 11 % 3..77 M l Miiilllll $$$ M l$ Quelle 7 Sämtliche hier dargestellten Zahlen sind Schätzungen von Public Eye auf der Grundlage von Daten des priva- ten Marktforschungsunternehmens Phillips McDougall.
Die besonders Giftigen Highly Hazardous Pesticides (HHPs) Von den ca. 1000 Wirkstoffen auf dem Markt stehen 310 auf der Liste der «Highly Hazardous Pesticides» des Pesticide Action Network (PAN). Das heisst: Jedes dritte Pestizid ist ein HHP. Von diesen 310 HHPs sind Anteil der HHPs HHP HHP HHP HHP HHP HHP am gesamten Pestizidmarkt 77 50 78 4 30 55 ak l kre m r e we e b e n (er uta (sc epro (sc ndo 60% ut bs se hr nn sg err bg ge hä du hä krin ein efä eg utv n dli kti dli gif ge hrl en erä c o h f ns ch e Di tig atm ich d nd ür to für sru et , ern Fo x i s Ho pto d) r t p fl c h rm ren an on sys zun g) tem des weltweit ausgebrachten ) Pestizidvolumens sind HHPs. Wo wie viele HHPs eingesetzt werden 70 Prozent aller HHPs werden in Entwicklungs- und Schwellenländern ausgebracht. K P ol T B U ar ha ra um ru ag C si ila gu hi bi Paraguay Brasilien Uruguay China Kolumbien Thailand EU ua lie EU nd na ay en n y 100% 50% 40% 93% 90% 85 % 75% 60% 60% 23% des globalen Pestizid- Anteil der HHPs an allen ausgebrachten Pestiziden umsatzes wird mit HHPs erzielt. 10 Paraguay Brasilien Uruguay China Kolumbien Thailand EU 0 7.2 5.7 8 2.25 6.4 2.2 0.8 7.2 5.7 8 2.3 6.4 2.2 0.8 Menge an ausgebrachten HHPs in Kilogramm pro Hektare
18 Brasilien – der grösste Pestizidmarkt der Welt 0 00 3 70 2 2 2 2 2 0 0 0 0 0 0 0 10 15 17 0 5 550 110 P Wert der landwirt- H H schaftlichen Produktion 413 83 (in Milliarden $) 275 55 Pestizidverbrauch Ve oba des (in 1000 Tonnen) 138 28 ra n hs rb le gl % uc 20 0 0 370 000 Tonnen HHPs wurden im Jahr 2017 in Immer weiter nach oben: Entwicklung der landwirt- Brasilien versprüht. So viele wie in keinem Land schaftlichen Produktion und der Menge an ausgebrach- sonst. Das sind 20% des globalen Verbrauchs. ten Pestiziden in Brasilien, von 2000 bis 2017. Vier Fünftel der in Brasilien verkauften Pestizide werden auf fünf Nutzpflanzen ausgebracht Anbaugebiete und Produktionsmenge 2017 in Tonnen Soja Zuckerrohr Mais Baumwolle Kaffee 114 599 168 t 758 548 292 t 97 721 860 t 3 842 872 t 2 680 515 t Anteil pro Pflanze am Gesamtwert der verkauften Pestizide
19 Syngenta – die Nummer eins im Geschäft HHPs als Kerngeschäft für Syngenta 42 42 % von 120 Syngenta-Pestiziden des weltweiten Umsatzes von sind auf der HHP-Liste. Syngenta wird mit HHPs erzielt. 51 Syn 16 % Pe s g e n t a beträgt Syngentas Marktanteil am H % von 120 Syngenta-Pestiziden 42 P por tizid- s H sind in der Schweiz nicht globalen HHP-Business. zugelassen. tfo lio P H H P H H P H H P H H Syngenta in Brasilien Allein in Brasilien hat Syngenta 2017 Pestizide im Wert von 1,6 Milliarden US-Dollar verkauft, was einen Marktanteil von 18 % ergibt. 60 % dieser Pestizide waren HHPs. - rkt n Die Hauptmärkte Ma teil i lien % für Syngentas HHPs 18 an rasi B d$ $ $ $ $ $ $ .3 .3 .3 .3 .3 .3 777777 r Land Anteil an MMMMMM lli lli lli lli lli lli 6M $$$$$$ 333333 7. 7. 7. 7. 7. 7. MMMMMM Verkäufen lli lli lli lli lli lli 1. Brasilien 32 % USA 19 % Argentinien 6% China 4% Frankreich 2% Japan 1% Deutschland 1% Australien 1% Paraguay 1% H % 60 Ukraine 1% P H Mexico 1% HH P Russland 1% P HH Indien 1% Vietnam 1% Ungarn 1%
20 PUBLIC EYE MAGAZIN Nr. 17 April 2019 Syngentas Milliardengeschäft mit hochgiftigen Pestiziden Fast ein Drittel aller Pestizide auf dem Weltmarkt sind laut der Liste des Pesticide Action Network «hochgefährlich». Public Eye hat das lukrative Geschäft mit diesen Produkten unter die Lupe genommen. Auf der Grund- lage exklusiver Daten können wir zeigen, welch zentrale Rolle Syngenta darin spielt – insbesondere in Entwicklungs- und Schwellenländern. Unsere Recherche zeigt: In Brasilien, dem wichtigsten Markt Syngentas, sind Millio- nen Menschen einem gefährlichen Pestizidcocktail ausgesetzt. © GFábio Erdos/Panos Pictures GÉRALDINE VIRET
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