TOUR DES GEDENKENS NS-ERINNERUNGS ORTE KÖLN - Stadtführung mit dem Fahrrad zu Erinnerungsorten - LAG Fanprojekte NRW
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TOUR DES GEDENKENS NS-ERINNERUNGSORTE KÖLN Stadtführung mit dem Fahrrad zu Erinnerungsorten des Nationalsozialismus in Köln
IMPRESSUM Version 01-2021 Erscheinungsjahr: Frühjahr 2021 Auflage: 350 TOUR DES Konzept & Redaktion: Hendrik Hübel (V.i.S.d.P) Mitwirkende an dieser Broschüre: Jörg Stenzel, Thomas Lükewille, Peter Hacke, Felix Tamsut, Yuval Rubovitch, Kurt Schlechtriemen, R oland Schüler, Dirk Unschuld, Anne Beringer, Ulf Martin, Carsten Blecher, Torben Faubel, Kathrin Mühlhausen, Hendrik Hübel GEDENKENS Coloniacs Ultras (CNS), Definitionsmacht Colonia (DMC), NS-Dokumentationszentrum, Initiative Keupstraße, Bürgerverein Müngersdorf, BiBeriS – Bildung & Beratung im Sport Fotonachweise: Seite 117 Druck: WIRmachenDRUCK GmbH Mühlbachstraße 7, 71522 Backnang NS-ERINNERUNGSORTE KÖLN Gestaltung: Ingo Thiel Herausgeber: Kölner Fanprojekt Gereonswall 112 · 50670 Köln www.koelnerfanprojekt.de info@fanprojekt.jugz.de Träger: Jugendzentren Köln gGmbH Christianstraße 82 · 50825 Köln www.jugz.eu, info@jugz.de Registergericht: Amtsgericht Köln Registernummer: HRB 29553 Aufsichtsratsvorsitzender: Dr. Ralf Heinen Geschäftsführerin: Almut Gross In Kooperation mit: LAG-Fanprojekte-NRW e.V. Universitätsstr. 83 · 44789 Bochum www.lag-fanprojekte-nrw.de NS-Dokumentationszentrum Köln Appellhofplatz 23-25 · 50667 Köln www.museenkoeln.de/ns-dokumentationszentrum Gefördert von: Stadtführung mit dem Fahrrad zu Erinnerungsorten des Nationalsozialismus in Köln
INHALT NS-Dokumentationszentrum 26 Vorwort – Patrick Arnold (LAG) 6 Kölner Dom 30 Grußwort der Kölnischen Gesellschaft für Politik im Kölner Karneval 32 Christlich-Jüdische Zusammenarbeit e.V. 8 Einleitung 10 Ma’alot-Denkmal 34 Route 1 12 Rosa-Winkel-Mahnmal 38 Route 2 14 Zielgruppen 16 Hohenzollernbrücke 38 Organisatorisches 17 Antisemitism and fan culture in Germany 18 Messehallen Deutz 42 Antisemitismus und Fankultur in Deutschland 19 Edelweißpiraten 46 Stolpersteine 22 Zwangsarbeiter Gedenktafel Mülheim 50 ERINNERUNGSORTE // TOURSTOPPS Keupstraße 52 Sportpark Müngersdorf Ein Gastbeitrag von Jörg Stenzel BiBeriS – Bildung & Beratung im Sport 86 Probsteigasse Köln 56 Jüdischer Sport in Köln „Zigeunerlager“ 58 Ein Beitrag von Yuval Rubovitch 96 Das Schicksal der Brüder Levy Schwarz-Weiß-Platz Bickendorf 58 Aus ‚Im Zeichen des Geißbocks‘ 100 Ehemaliges Fort V 62 „Et kölsche Jeföhl“ Ein Bericht von Felix Tamsut 103 Villa des Bankiers Freiherr von Schröder 68 Interview: COLONIACS Ultras 107 Jüdisches Leben und Synagogen in Köln 72 FC Stadionakademie 113 Danksagung 114 Deutsches Sport & Olympia Museum 76 Literaturergänzungen 116 Radstadion – Albert-Richter-Bahn 80 Fotonachweise 117 Übersichtskarte 118 4 Erinnerungsbroschüre Kölner Fanprojekt Erinnerungsbroschüre Kölner Fanprojekt 5
VORWORT – PATRICK ARNOLD (LAG) Das Besondere am Standort Köln: Alle Ziel orte werden mit dem Rad angesteuert. Die Kolleg*innen des Fanprojektes haben es Historisch-politische Bildung dank einer tollen Kooperation mit der Rad- per Rad mit dem Kölner Fanprojekt werkstadt geschafft, ein besonderes Format Das Kölner Fanprojekt setzt mit der Neuauflage der der Erinnerungsarbeit zu entwickeln. Kos- Broschüre „NS-Erinnerungsorte Köln – Stadtführungen tenlos und an der frischen Luft hat man die mit dem Fahrrad zu Erinnerungsorten des Nationalsozi- Möglichkeit, im Rahmen von zwei verschie- alismus in Köln“ erneut Maßstäbe weit über das lokale denen Touren vergessene und weniger ver- Netzwerk von Jugendhilfe und Fußball hinaus. Die Stadt gessene Erinnerungsorte an die Verbrechen Köln bietet auf Grund seiner Größe, aber auch wegen der NS-Zeit zu erkunden. seiner Bedeutung im Nationalsozialismus bereits viele örtliche Ankerpunkte im Rahmen der Erinnerungsar- Das Konzept der Erinnerungsorte ist knapp beit. Allen voran muss man die wichtige Vorarbeit des EL-DE-Hauses sowie anderer 25 Jahre alt, hat aber im Fall der Recherche- zivilgesellschaftlicher Initiativen lobend erwähnen. arbeiten der sozialpädagogischen Fanpro- jekte in NRW nicht an Attraktivität verloren. Das bestehende lokale Angebot wird nun durch ein Projekt des sozialpädagogischen Das liegt vor allem daran, dass die Idee um Kölner Fanprojektes erweitert. (Nicht nur) Fußballfans können sich auf Spurensuche zwei interessante Faktoren erweitert worden ist. Über die Sozialraumorientierung begeben, in ihrer eigenen Stadt. Aktuell arbeiten landesweit an sieben Standorten und das Medium Fußball sind sinnvolle Verbindungen zur lokalen Jugendarbeit und (Bochum, Duisburg, Gelsenkirchen, Mönchengladbach, Köln, Dortmund und Wup- somit auch zum Bildungsauftrag der Fanprojekte hergestellt worden. Im Projekt Erin- pertal) Gruppen in verschiedenen Zusammensetzungen an vergleichbaren Projekten, nerungsorte geht es um viel mehr als nur reine Örtlichkeiten, im Vordergrund stehen die Ergebnisse sind ebenso divers wie beachtlich. kollektive Erinnerungen – wahrnehmbar an Orten, durch Persönlichkeiten oder be- sondere Geschehnisse. All das sind auch die Zutaten, die den Fußball gesellschaftlich anschlussfähig machen und für eine breite Fanbasis sorgen. DIE LAG Erinnerungsorte sind identitätsstiftend, daher erscheint das Engagement, lokale Orte mit Realitäten von Jugendlichen und jungen Erwachsenen Fußballfans zu verknüp- Die Landesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte NRW e.V. ist eine unab- fen, um so intelligenter wie nachhaltiger. hängige Fachorganisation zur Förderung von Sozialarbeit mit Jugendli- chen und jungen Erwachsenen Fußballfans auf nordrhein-westfälischer Bitte lesen Sie die Broschüre aufmerksam, verknüpfen Sie den Stadionbesuch beim Landesebene und stellt ein Forum für die Zusammenarbeit, den Informa- 1. FC Köln mit einer der angebotenen Touren, geben Sie Feedback und tragen die Idee tionsaustausch und die fachliche Meinungsbildung ihrer Mitglieder dar. weiter. Gegen das Vergessen, Erinnern heißt handeln. Patrick Arnold, Geschäftsführer LAG Fanprojekte NRW 6 Erinnerungsbroschüre Kölner Fanprojekt Erinnerungsbroschüre Kölner Fanprojekt 7
GRUßWORT te. Orte wie eine Bahnstation, ein Wohnhaus oder ein Fußballstadion, die für viele Menschen ein selbstverständlicher Teil ihrer Stadt und ihres Alltags sind, erlauben es, in der Vergangenheit mehr zu sehen als nur ein abgeschlossenes Kapitel der Ge- DER KÖLNISCHEN GESELLSCHAFT FÜR schichtswissenschaft. CHRISTLICH-JÜDISCHE ZUSAMMENARBEIT E.V. Die Notwendigkeit von Projekten wie diesem wird umso deutlicher, je mehr extrem rechte Akteure und Akteurinnen in Deutschland und Europa an Einfluss gewinnen. So hat sich auch hierzulande in den vergangenen Jahren eine besorgniserregende Liebe Leser*innen, Entwicklung vollzogen, im Zuge derer neben Rassismus und Antisemitismus auch ge- woran und in welcher Form in einer Gesellschaft erinnert wird, ist stets umkämpft. schichtsrevisionistische Einstellungen immer offener geäußert werden können und Dabei sind die Auseinandersetzungen um die Vergangenheit und ihre Deutung immer vermehrt auf gesellschaftliche Akzeptanz stoßen. Dabei verfolgen völkisch-nationa- auch Ausdruck gegenwärtiger Konflikte. Woran sich eine Gesellschaft (nicht) erinnert, listische Akteure und Akteurinnen eine Erinnerungspolitik, in der sie das Gedenken sagt viel darüber aus, welche Werte sie vertritt und wer als Mitglied der Gemeinschaft an die nationalsozialistischen Verbrechen lieber heute als morgen durch eine unge- anerkannt wird. mindert positive Bezugnahme auf die deutsche Geschichte ersetzen würden. Die in der vorliegenden Broschüre des Kölner Fanprojekts vorgestellten Orte sind Indem das Kölner Fanprojekt an die Verbrechen des Nationalsozialismus, aber auch ein wichtiger Teil der Kölner Erinnerungskultur. Sie erinnern an die nationalsozia- an den rechten Terror in der jüngeren Geschichte Kölns erinnert, der ebenfalls in zwei listischen Verbrechen und deren Opfer und sollten nicht in Vergessenheit geraten. Beiträgen thematisiert wird, macht es deutlich, welchen gesellschaftlichen Werten Dabei zeugen die Geschichten dieser Orte davon, dass das kollektive Erinnern an die es sich verpflichtet fühlt. Es sieht in der Auseinandersetzung mit dem Nationalsozia- Verbrechen der nationalsozialistischen Diktatur und ihre Opfer keineswegs selbstver- lismus einen wichtigen Bestandteil der Präventionsarbeit gegen rechtsextremes Ge- ständlich ist. Wo ein solches Erinnern einigermaßen etabliert werden konnte, ist es in dankengut. Dabei geht es darum, jungen Menschen mit Hilfe der Vergangenheit ihre der Regel das Ergebnis oft jahrelanger gesellschaftlicher Entwicklungen und Ausein- Verantwortung für die Gegenwart und die Zukunft der Gesellschaft, in der sie leben, andersetzungen, in vielen Fällen vorangetrieben von zivilgesellschaftlichen Gruppen bewusst zu machen und sie in diesem Sinne auch zu demokratischer Teilhabe anzu- und Einzelpersonen. Die vorhandenen Gedenktafeln, Denkmäler und Stolpersteine regen. gibt es, weil es Menschen gab, die sich dafür eingesetzt haben. Um die Erinnerung an diesen Orten weiter lebendig zu halten, sind Projekte wie die Stadtführungen zu Auch wir vom Projekt „Rote Karte gegen Diskriminierung, Rassismus und Antisemitis- NS-Erinnerungsorten des Kölner Fanprojekts von großer Bedeutung. Sie richten sich mus“ der Kölnischen Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit arbeiten vor allem an junge Menschen, die ihr Wissen zum Nationalsozialismus oft aus dem seit vielen Jahren in der historisch-politischen Bildungsarbeit, veranstalten Tagun- Schulunterricht und über Medien beziehen. Die Stadtführungen des Kölner Fanpro- gen und Vorträge, organisieren Workshops für Jugendliche und Erwachsene. Daher jekts ermöglichen einen anderen und sehr lebensnahen Zugang zur NS-Geschich- wissen wir, wie überaus wichtig es ist, dass in allen gesellschaftlichen Bereichen en- gagierte Initiativen wie die Fanprojekte in Nordrhein-Westfalen sich für eine Gesell- schaft einsetzen, in der alle Menschen frei von Angst leben können. Der vorliegenden Broschüre sowie der dazugehörigen Stadtführung wünschen wir in diesem Sinne ein breites und interessiertes Publikum! 8 Erinnerungsbroschüre Kölner Fanprojekt Erinnerungsbroschüre Kölner Fanprojekt 9
Das Kölner Fanprojekt arbeitet sozialpäda- EINLEITUNG gogisch mit jungen und jungerwachsenen Fußballfans. Neben der Begleitung der Fan- gruppen an Spieltagen, der Vermittlung zwi- schen ihnen und dem Verein, der Polizei und weiteren Akteuren, initiieren wir Projekte, interkulturelle Fanbegegnungen, Lesungen und Vorträge rund um den Fußball. Wir ste- hen bei Problemen im Fußballzusammen- hang, aber auch in allen anderen Lebensla- gen zur Verfügung. Ein Schwerpunkt unserer Aufgaben ist die Antidiskriminierungsarbeit. Wir sensibilisieren für alle Formen von Diskri- minierung, die in Fußball und Gesellschaft vorkommen. In verschiedenen Projekten unterstützen wir Fans und setzen uns gemeinsam mit ihnen gegen Diskriminierung ein. Insbesondere Ultra-Gruppen engagieren sich auf vielfältige Weise beispielsweise gegen Rassismus oder erinnern an Unrecht und Menschenfeindlichkeit während der NS-Zeit in ihrer Stadt. In jeder Stadt befinden sich unzählige Erinnerungsorte zum Nationalsozialismus. Viele dieser Orte sind den Bürger*innen jedoch nicht bekannt. Die Idee zu dem Projekt Erinnerungsorte des Nationalsozialismus entstand bei der Landesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekt NRW e.V. Um die Geschichten der Erin- nerungsorte in Köln an Jugendliche weiterzutragen, hat das Kölner Fanprojekt eine abwechslungsreiche Tour durch die Stadt entwickelt. Den Jugendlichen bietet sich die Chance, ihren Sozialraum zu erweitern und mit anderen Augen wahrzunehmen. Unterstützt wurde das Fanprojekt dabei vom NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln. Das NS-Dokumentationszentrum ist eine der größten lokalen Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus in der BRD und wird auch bei jeder unserer Tou- ren besucht. Die Broschüre enthält auch Orte, die nicht in unsere Routenvorschläge eingebunden sind, welche wir euch trotzdem unbedingt vorstellen möchten, damit ihr sie eigenständig besuchen könnt. Bei individuellen Tourgestaltungen können wir diese auf Wunsch miteinbinden. Um eine möglichst vielfältige Tour anbieten zu können, werden die Orte mit dem Fahrrad angefahren. Hierzu haben wir zwei mögliche Routen entworfen, die im Folgenden beschrieben werden. 10 Erinnerungsbroschüre Kölner Fanprojekt Erinnerungsbroschüre Kölner Fanprojekt 11
ROUTE 1 VON DER ALTSTADT NACH MÜLHEIM TREFFPUNKT: Radstation am Kölner Hauptbahnhof Die Route 1 führt von der Innenstadt entlang des Rheins bis nach Mülheim und ver- Breslauer Platz, 50667 Köln knüpft Erinnerungsorte mit aktuellen Themen des Rechtsextremismus. Wir starten dabei an Erinnerungsorten in der Altstadt und werden uns danach auf der anderen Rheinseite mit einem zentralen Ort des nationalsozialistischen Kölns, den Messehal- len in Deutz, widmen bevor wir den Rhein entlang zur Keupstraße fahren und dort Stationen der Route 1 Thematischer Schwerpunkt einen Ort aktuellen rechtsmotivierten Terrors kennenlernen. Die Tour endet dort. 1.1. NS-Dokumentationszentrum Kennenlernen des NS Dokumentati- onszentrums: Einstieg in das Thema Erinnerungsorte INFOS: 1.2. Früh Brauhaus Karneval im Nationalsozialismus 1.3. Kölner Dom Die Stadt Köln im Nationalsozialismus Strecke 8 km, überwiegend flach und mit einem schönen Panoramablick und danach den Rhein entlang 1.4. Ma’alot – Skulpturen Erinnerungsmahnmal zum Holocaust Dauer ca. 2 ½ Std. (inklusive Stopps und Erklärungen) und der Kölner Hintergrund im Natio- Geeignet für eher größere Gruppen (wenig Stadtverkehr/Ampeln!) nalsozialismus 1.5. Rosa-Winkel-Mahnmal Gedenktafel für verfolgte Homosexuelle Hohenzollernbrücke im Nationalsozialismus 1.6. Messehallen Deportations- und Sammelstelle von Juden und Sinti und Roma 1.7. Jugendpark Widerstand im Nationalsozialismus: Die Rolle der Edelweißpiraten 1.8. Rhein Mülheim Zwangsarbeit im Nationalsozialismus 1.9. Keupstraße NSU Bombenanschlag; Aktualität von Rechter Gewalt, anschließend Zeit für eine Pause und Essen in der Keupstraße 12 Erinnerungsbroschüre Kölner Fanprojekt Erinnerungsbroschüre Kölner Fanprojekt 13
ROUTE 2 TREFFPUNKT: VOM RHEIN ZUM STADION Radstation am Kölner Hauptbahnhof Breslauer Platz, 50667 Köln Die Route 2 führt uns von Erinnerungsorten in der Altstadt über ehemalige Orte des Geschehens wie dem EL-DE-Haus und der Synagoge in der Roonstraße zu weiteren Er- Stationen der Route 2 Thematischer Schwerpunkt innerungsorten in Ehrenfeld und Bickendorf und endet schließlich, nach einem Stop am Gedenkort am ehemaligen Fort V in Müngersdorf, am Sportpark Müngersdorf. 2.1. Rosa-Winkel-Mahnmal Gedenktafel für verfolgte Homosexuelle Hohenzollernbrücke im Nationalsozialismus So lässt sich die Tour noch hervorragend mit einem Stadionbesuch oder einem Work- 2.2. Ma’alot – Skulpturen Erinnerungsmahnmal zum Holocaust shop in der Stadionakademie abrunden. und der Kölner Hintergrund im Natio- nalsozialismus INFOS: 2.3. Kölner Dom Die Stadt Köln im Nationalsozialismus und danach Strecke ca. 13 km, zum Stadion hin mit leichter Steigung 2.4. Früh Brauhaus Karneval im Nationalsozialismus Dauer ca. 3 1/2 Std. (inklusive Stopps und Erklärungen) 2.5. NS-Dokumentationszentrum Kennenlernen des NS-Dokumentations zentrum: Einstieg ins Thema Erinne- Geeignet für Gruppen, die im Anschluss ein FC-Heimspiel oder das Stadion rungsorte besuchen sowie kleinere Gruppen 2.6. Synagoge Roonstraße Jüdisches Leben in Köln 2.7. Bahnhof Ehrenfeld Widerstand im Nationalsozialismus: (Bartholomäus-Schink-Straße) Die Rolle der Edelweißpiraten; Hinrich- tungsort 2.8. Schwarz-Weiß-Platz, Bickendorf „Zigeunerlager“, Diskriminierung von und Gewalt gegen Sinti und Roma 2.9. Ehemaliges Fort V, Juden-, Arbeitserziehungs- und Depor- Sammellager Müngersdorf tationslager Müngersdorf 2.10. Albert-Richter-Radrennbahn Das Schicksal von Albert Richter und Ernst Berliner 2.11. Müngersdorfer Stadion Fußball im Nationalsozialismus und das Müngersdorfer Stadion in Zeiten der NS-Herrschaft 14 Erinnerungsbroschüre Kölner Fanprojekt Erinnerungsbroschüre Kölner Fanprojekt 15
ZIELGRUPPEN ORGANISATORISCHES Das Projekt richtet sich an folgende Zielgruppen: Die Fahrräder können günstig bei dem Kooperationspartner „Radstation“ geliehen werden. Die Radstation ist ein soziales Projekt im Rahmen der Beschäftigungsent- Kölner Schulklassen wicklung und -förderung. Erwerbslosen Erwachsenen und Jugendlichen wird dort eine Chance auf Berufseinstieg und Reintegration gegeben. Jugendgruppen & -einrichtungen FC Fans & U18 Touren von Auswärtsfans bzw. anderen Fanprojekten Im Folgenden werden die einzelnen Erinnerungsorte beider Touren mit entsprechen- den Erklärungen aufgeführt. Im Informationskasten zu Beginn eines jeden Erinne- als Bildungsmodul für das Projekt „Nachspielzeit“, bzw. Lernort Stadion rungsortes findet sich der Hinweis, um welche Station welcher Tour es sich handelt, … und alle anderen Interessierten! zusätzlich sind dort auch die GPS-Koordinaten des Orts angegeben. So lassen sich auch individuelle Routen zusammenstellen, auf Wunsch zusätzliche Stopps integrie- ren oder Touren gegebenenfalls auch kürzen. Alle Touren werden von einem Guide durchgeführt, der viele Hintergrundinformatio- nen gibt, Wissenswertes und Spannendes zu berichten hat und zusätzlich historische Bildaufnahmen bereithält. Das Kölner Fanprojekt steht Euch jederzeit für Rückfragen zur Verfügung! Wendet euch bei Fragen aller Art gerne an: erinnerungsorte@fanprojekt.jugz.de (Auch Buchungsanfragen werden hierüber entgegengenommen!) Wir empfehlen, bei allen Fahrradtouren einen Helm zu tragen, sowie an witterungs- bedingte Kleidung, mind. 1 Liter Wasser und einen kleinen Snack zu denken! 16 Erinnerungsbroschüre Kölner Fanprojekt Erinnerungsbroschüre Kölner Fanprojekt 17
ANTISEMITISM AND FAN CULTURE IN ANTISEMITISMUS UND FANKULTUR IN DEUTSCH- GERMANY: LONG WAY GONE, LONG WAY TO GO LAND: SCHON VIEL ERREICHT ABER IMMER NOCH EIN WEITER WEG Eine Bestandsaufnahme von Felix Tamsut, Journalist im Bereich Fußball und aus dem Englischen übersetzt von Anne Beringer Fankultur bei der Deutschen Welle Der deutsche Fußball und seine Fans ha- Juden, Babelsberg 03“ ist der Text eines German football and its fans have come a songs. Similar antisemitic chants are ben in den letzten 30 Jahren viele Fort- der Lieder. Ähnlich antisemitische Ge- long way over the past thirty years when known to have been heard among sup- schritte gemacht, wenn es darum geht, sänge gibt es auch bei anderen Vereinen it comes to dealing with racist and antise- porters of other clubs. Many Lok Leipzig mit antisemitischen und rassistischen zu hören. Zum Beispiel wurden Fans von mitic tendencies at stadiums. Thanks to fans were documented singing similar Tendenzen im Stadion aufzuräumen. Lok Leipzig dabei gefilmt, bei Spielen both the engagement brought to the sta- chants towards local rivals Chemie Leip- Viele diskriminierende und hasserfüllte gegen den Lokalrivalen Chemie Leipzig diums by many left-leaning ultra groups zig’s ultras. The chants have been caught Fangesänge sind in der Regel nicht mehr ähnliche Gesänge an die gegnerischen in the nineties, and the educational work on camera during the game’s live broad- im Stadion zu hören – auch dank der lan- Ultras zu richten. Obwohl diese Gesänge done by Fanprojekte across the country, cast of MDR, but without any comments desweiten Arbeit der Fanprojekte und vom MDR gefilmt und auch übertragen many of the rather common discrimina- from the commentators. „Juden Jena“ des unermüdlichen Engagements vieler wurden, haben die Kommentatoren sich tory chants are no longer being heard on is a sticker that keeps on popping up linker Ultragruppen seit den Neunzigern. „On Air“ nicht dazu geäußert. „Juden a regular basis. One such example would against FC Carl Zeiss Jena’s ultra scene, Ein Beispiel dafür ist das sogenannte Jena“ steht auf einem Aufkleber, der be the U-Bahn Lied, a song which refers known to be on the left side of the poli- U-Bahn-Lied, das sich darauf bezieht, immer wieder auftaucht und sich gegen to sending rival fans to Auschwitz, which tical divide. A sticker which shows Anne gegnerische Fans nach Auschwitz zu die linken Ultras des FC Carl Zeiss Jena has all but disappeared from Germany’s Frank wearing a Schalke shirt has been schicken. Dieses Lied ist glücklicherwei- richtet. Ein Aufkleber, der Anne Frank mit footballing landscape. doing the rounds, to name but a few ex- se fast komplett aus den deutschen Fuß- einem Schalke-Trikot zeigt, hat ebenfalls amples. ballstadien verschwunden. die Runde gemacht, um nur ein paar Bei- Despite the progress made, recent ye- spiele zu nennen. ars have shown there’s no reason to get Looking to the future, experts warn that Trotz des Fortschritts der letzten Jahre complacent. A number of high-profile the far right’s rise could pose challenges gibt es keinen Anlass, sich zurückzuleh- Dank Parteien wie der AfD verschiebt cases involving fans from various levels as the time goes by, due to the fact par- nen, wie eine Menge prominenter Fälle sich in Deutschland die Grenze dessen, of German football brought the discussi- ties such as the AfD push the boundaries zeigen, bei denen Fans aller Ligen invol- was „gesagt werden darf“. Experten war- on of antisemitic tendencies in stadiums of what can be said. Many ultra groups viert waren und die die Diskussion über nen, dass dieses Erstarken der Rechten back to the front. have positioned themselves against the antisemitische Tendenzen in den Stadi- eine große Herausforderung darstellen party and its discriminatory tendencies. en wieder angeheizt haben. wird. A documentation by a local NGO sho- 1. FC Köln ultra groups Wilde Horde and wed Nazi salutes and antisemitic chants Coloniacs are among the fiercest critics Eine deutsche Dokumentation zeigt Viele Ultragruppen haben sich bereits being made during a Regionalliga Nor- of the party in Germany’s ultra scene, Hitlergrüße und antisemitische Fange- deutlich gegen die AFD und ihre diskri- dost game between SV Babelsberg and and have protested against it on seve- sänge bei einem Regionalliga Nordost minierenden Tendenzen positioniert. Zu Energie Cottbus. „Zecken, Zigeuner und ral occasions. „Today for FC, tomorrow Spiel zwischen dem SV Babelsberg und den schärfsten Kritikern der Partei gehö- Juden, Babelsberg 03“ said one of the against the AfD!“ read a banner presen- Energie Cottbus. „Zecken, Zigeuner und ren die Kölner Ultragruppen Wilde Horde 18 Erinnerungsbroschüre Kölner Fanprojekt Erinnerungsbroschüre Kölner Fanprojekt 19
ted by Coloniacs as the party had hosted Football fans in Germany, and ultras in und Coloniacs. Beide haben ihrem Pro- wird, wird entscheidend dafür sein, ob its national conference in Cologne in particular, take pride in the fact that foot- test bereits häufig Ausdruck verliehen. diskriminierende und antisemitische 2017. ball is the people’s sport, a Volkssport. Tendenzen wieder als Teil der deutschen Encountering discriminatory tendencies Als die AfD zum Beispiel ihren Parteitag Fußballfankultur akzeptiert werden. The way society’s shift to the right would is vital to keeping it open to everyone, 2017 in Köln abhielt, haben die Colo- be reflected, or indeed, not reflected, in Jews included. niacs einen Banner mit dem Schriftzug Die deutschen Fußballfans – insbeson- German stadiums, and the way Germa- „Heute für den FC, morgen gegen die dere die Ultragruppen – sind sehr stolz ny’s ultra scene and the groups making it AfD!“ hochgehalten. darauf, dass Fußball ein echter Volks- would act and react, would both be key sport ist. Sich rechten und diskriminie- to determining whether discriminatory Die Art und Weise, wie der gesamtge- renden Tendenzen entgegenzustellen and antisemitic tendencies would make sellschaftliche Rechtsruck auch in den ist für diese Offenheit für alle – auch jü- their return to being tolerated as part of deutschen Stadien, bei den Fans und dische Fans und Spieler – unabdingbar. Germany’s fan culture. ■ auch den Ultragruppen aufgegriffen 20 Erinnerungsbroschüre Kölner Fanprojekt Erinnerungsbroschüre Kölner Fanprojekt 21
STOLPERSTEINE gung verlegt wurde, entwickelte sich hang mit Stolperstein-Projekten kann es aus Diskussionen mit Anwohner*innen daher Konfrontationen geben, wenn der während eines Kunstprojektes von Gun- Umgang mit der nationalsozialistischen ter Demnig. Demnig hatte 1990 den Weg, Vergangenheit öffentlich wird und bis- den 1000 Roma und Sinti in Köln vor ih- herige Geschichtsbilder hinterfragt oder Ein Gastbeitrag von Peter Hacke ter, jeder Stadt und jedem Dorf statt. Und rer Deportation nach Auschwitz durch korrigiert werden müssen. Dabei hängt damit auch in Köln. (Jakobs 2015: 194) Köln gehen mussten, um zum Bahnhof eine Verlegung der Stolpersteine auch Im Gedenken an die Shoa und in der Er- Jüdische Menschen wurden hier milli- Deutz zu gelangen, mit einer Farbwalze vom Konsens mit den politischen Vertre- innerung an den Nationalsozialismus onenfach gedemütigt, verhöhnt, ver- nachgezogen. Eine Anwohnerin stritt ter*innen der jeweiligen Stadt ab. (Jakob werden häufig symbolträchtige Orte achtet und zu Zahlen entwertet. (Marks dabei ab, dass es in der Nachbarschaft 2012: 13 – 14) In Köln dürfen allerdings und Gebäude erwähnt. Es wird versucht, 2007: 39) Durch die Stolpersteine wird jemals Roma oder Sinti gegeben hätte. überall im öffentlichen Raum Stolper- den eigentlich weder verstehbaren noch das abstrakte Wissen um die Geschichte (NS-Dok 2007: 12) steine verlegt werden. fassbaren Schrecken an einzelnen Or- der Shoah mit konkreten Begebenheiten ten wie NS-Dokumentationszentren, konfrontiert. Die Geschichte wird in der Demnig beschreibt seine Arbeit an den Es gibt auch Kritik an den Stolperstei- Konzentrations- und Vernichtungslager unmittelbaren Nachbarschaft verortet Stolpersteinen selbst als erschütternd. nen. So ist die Tatsache, dass die Namen oder anderen im Nationalsozialismus und somit ins Bewusstsein geholt. (NS- Er betont, dass es ihm wichtig ist, dass der Opfer im Straßenschmutz liegen und bedeutsamen Stätten wenn schon nicht Dok 2007: 41) Die Steine sollen Spuren es sich um die Erinnerung an einen ein- mit Füßen getreten werden können, un- verstehbar, so zumindest greifbar zu ma- sichtbar machen und den Menschen zelnen Menschen handelt. Auch sei es ter Überlebenden und Nachfahren von chen. Dazu können auch Orte des Alltags wenigstens ihre in Vergessenheit gera- schmerzhaft zu den Orten zu gehen, von Opfern als Form eines angemessenen gehören, wie Bahnhöfe, Krankenhäuser tenen Namen wiedergeben. (Serup-Bil- denen diese Menschen vertrieben wor- und würdigen Erinnerns umstritten. Al- oder psychiatrische Anstalten, die auch feldt 2003: 155 – 156) den waren. Allerdings kehre durch die lerdings finden jährlich ehrenamtliche im Nationalsozialismus zivile Orte wa- Stolpersteine immerhin die Erinnerung Putzaktionen in vielen Städten statt, bei ren. Gerade dadurch aber wurden sie Das Stolperstein-Projekt, bei dem der an den Menschen zurück. (NS-Dok 2007: denen die Stolpersteine gereinigt wer- Orte der Ausgrenzung, der Deportation, erste Stolperstein noch ohne Genehmi- 37) Das Setzen eines Stolpersteines mar- den und somit ihr Stellenwert hervorge- der Untersagung von Hilfe und der Ver- kiert für die Angehörigen und Nachfah- hoben werden soll. Auch steht der Kritik nichtung. Orte, die heute immer noch ren von Opfern häufig einen Ort der Erin- die Erleichterung vieler Angehöriger Bahnhöfe und Krankenhäuser sind. nerung an die verlorenen Menschen, der gegenüber, wenn ihren ermordeten Fa- vorher nicht definiert war – häufig kaum milienangehörigen ein kleines Denkmal Im Gegensatz zu Konzentrationslagern, definiert sein konnte. (Jakobs 2012: gesetzt wird. (NS-Dok 2007: 58) Dennoch die in ihrer Art schon außerhalb der Ge- 13) Demnigs Kunstaktionen können als bleibt die Tatsache bestehen, dass viele sellschaft verortet waren, waren diese Intervention im öffentlichen Raum be- Passanten im Wortsinne über die Stol- Orte Teil des alltäglichen Lebens und er- griffen werden. (NS-Dok 2007: 28) Die persteine hinweg gehen können, ohne lauben somit die Frage, was war normal. Stolpersteine besitzen dabei für die Tä- ihre Bedeutung zu erkennen. Auch die (Hilmar 2013: 65) Denn bevor die Men- ter*innengesellschaft beunruhigendes unterschiedlichen ethischen Vorstellun- schen in Dachau, in Auschwitz, Madjanek Potential, da sie den Ausgangspunkt der gen der verschiedenen Opfergruppen und allen anderen zentralen Orte des Verbrechen aufzeigen und somit die To- des Nationalsozialismus müssen bei Terrors und des Mordens eintrafen, fand pographie der Vernichtung neu beschrei- einem Projekt wie den Stolpersteinen Stolperstein von Bartholomäus Schink in der Keplerstr. 33 ihr Leben in Frankfurt, Wuppertal, Müns- (Siehe Kapitel zu Edelweißpiraten) ben. (NS-Dok 2007: 57) Im Zusammen- berücksichtigt werden. So möchten 22 Erinnerungsbroschüre Kölner Fanprojekt Erinnerungsbroschüre Kölner Fanprojekt 23
Sinti und Roma keine namentliche Erin- nerung an ihre Toten. (Jakob 2012: 15). Bei Touren und Spaziergängen ist es also ratsam immer mal wieder den Blick zu SPUR DER ERINNERUNG: Allerdings ist das den Initiatoren des Pro- senken und auch nach Stolpersteinen Gunter Demnig zeichnete 1990 vom Schwarz-Weiß-Platz (siehe Kapitel in dieser Bro- jekts durchaus bewusst und wird nicht Ausschau zu halten, denn sie erinnern schüre) zum Deutzer Bahnhof (siehe Kapitel Messelager Deutz) eine 16 Kilometer lan- als Nachteil wahrgenommen, da es sich uns auf eindringliche Weise an ein dunk- ge „Spur der Erinnerung“, um an die Verschleppung der Kölner Sinti und Roma zu er- nicht aufdrängt, sondern lediglich im les Kapitel der deutschen Geschichte. innern. Die Spur enthielt den durchgehenden Schriftzug „Mai 1940 – 1000 Roma und Alltag präsent ist. Der Text, die Namen, Sinti“. Die Spur des Erinnerns ist heute nicht mehr erkennbar, an 22 auserwählten Geburtsjahre, Todesjahre und Todesort Stellen im Kölner Stadtraum wurde die Spur jedoch durch Bronzeeinlassungen des sind unverrückbar da. Was der*die Pas- Schriftzugs konserviert, diese finden sich beispielsweise an der Hohenzollenbrücke sant*in damit anfängt, ist jedoch nicht und an der Ecke Venloer Straße/Herbrandstraße vor dem vorherbestimmt. (NS-Dok 2007: 51) ■ Ehrenfelder Bezirksrathaus. Unter dem Motto „Glanz gegen Rechts“ wird immer wieder zum Reinigen der Stolpersteine, auch in Köln, aufgerufen. Ihr wollt auch aktiv werden. Macht mit und pflegt die Erin- nerungskultur mit Bürste und Putzlappen, hier erfahrt ihr, LITERATUR: wie es geht: HILMAR, TILL: Ausgehend vom historischen Ort, wohin? »Diskursive« Orte der Vermittlungsarbeit zum Nationalsozi- alismus auf Studienfahrten. In: ERKER, LINDA/KIENESBERGER, KLAUS/VOGL, ERICH/HAUSJELL, FIRTZ (Hrsg.): Ge- dächtnis-Verlust? Geschichtsvermittlung und -didaktik in der Mediengesellschaft. Herbert von Halem Verlag, Köln 2013. S. 61 – 76. JAKOBS, HILDEGARD: Die regionalen Gedenkstätten – Vielfältige Bildungsarbeit in der Nachbarschaft. In: GRYGLEWS- BUCHEMPFEHLUNG: KI, ELKE/HAUG,VERENA, et. al. (Hrsg.): Gedenkstättenpädagogik. Kontext, Theorie und Praxis der Bildungsarbeit zu NS-Verbrechen. Metropol Verlag, Berlin 2015. S. 193 – 204. Stolpersteine JAKOBS, HILDEGARD: Die Stolpersteine im Kontext der Erinnerungskultur. In: JAKOBS, HILDEGARD/GENGER, ANGE- LA/KRAMP, ANDREA: Stolpersteine. Erinnerung an Menschen aus Düsseldorf, Erkrath, Langenfeld, Mettmann, Mon- heim und Ratingen. Droste Verlag, Düsseldorf 2012. S. 11 – 17. Vergessene Namen, verwehte Spuren. Wegweiser zu jüdischem Schicksal in Köln KAISER, WOLF: Gedenkstättenpädagogik heute. Qualifizierung von Fachkräften in der historisch-politischen Bildung von Kirsten Serup-Bilfeldt an Gedenkstätten und anderen Orten der Geschichte des Nationalsozialismus. In: THIMM, BARBARA/KÖSSLER, GOTT- FRIED/ULRICH, SUSANNE (Hrsg.): Verunsichernde Orte. Selbstverständnis und Weiterbildung in der Gedenkstätten- pädagogik. Brandes & Apsel, Frankfurt am Main 2010. S. 19 – 24. Klappentext: „Mit einem Beitrag von Elke Heidenrerich. Der Band gibt einen Einblick MARKS, STEPHAN: „Jemanden öffentlich beschämen ist wie Blutvergießen“ (Talmud). Zur Bedeutung von Scham und hinter die „Stolpersteine“, die zur Erinnerung an die in der Nazizeit deportierten Ju- Scham-Abwehr im Nationalsozialismus und in der Bundesrepublik. In: MARKS, STEPHAN (Hrsg.): Scham – Beschä- den, Kommunisten, Sinti und so weiter im gesamten Stadtbild mehr und mehr gesetzt mung – Anerkennung. Lit Verlag, Berlin 2007. S. 33 – 46. werden. Anhand ausgewählter Menschen werden die jeweiligen Biographien erzählt, MÜLLER, FABIAN/RUPPERT-KELLY, MARTINA: Gelände erkungen. Virtuelle Medien bei der Vermittlung an Gedenkor- ten. In: GRYGLEWSKI, ELKE/HAUG,VERENA, et. al. (Hrsg.): Gedenkstättenpädagogik. Kontext, Theorie und Praxis der so „das Erinnern lebendig gemacht“. Eine detaillierte Karte samt Legende gibt den Bildungsarbeit zu NS-Verbrechen. Metropol Verlag, Berlin 2015. S. 251 – 262. Lesern die Möglichkeit, die einzelnen „Stolpersteine“ zu erwandern. Elke Heidenreich NS-DOKUMENTATIONSZENTRUM DER STADT KÖLN (Hrsg.): Stolpersteine. Gunter Demnig und sein Projekt. Her- erzählt in einer Geschichte ihre persönlichen Begegnungen mit den „Stolpersteinen“ man-Josef Emons Verlag, Köln 2007. und darüber, welche Reaktionen diese bei ihr und bei Kölner Bürgern auslösen.“ SERUP-BILFELDT, KIRSTEN: Stolpersteine. Vergessene Namen, verwehte Spuren, Wegweiser zu Kölner Schicksalen in der NS-Zeit. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2003. 24 Erinnerungsbroschüre Kölner Fanprojekt Erinnerungsbroschüre Kölner Fanprojekt 25
NS- GRÖSSTE LOKALE GEDENKSTÄTTE DOKUMENTATIONS Das NS-Dokumentationszentrum der und Forschungsort in einem. Das viel- Stadt Köln ist die größte lokale Gedenk- fach ausgezeichnete NS-Dokumentati- stätte für die Opfer des Nationalsozialis- onszentrum ist heute die größte lokale ZENTRUM mus in der Bundesrepublik Deutschland. Gedenkstätte in der Bundesrepublik. Am 13. Dezember 1979 per Ratsbe- schluss eingerichtet, entwickelte sich die Einrichtung zunächst mühsam, später in EL-DE-Haus großen Schritten zur heutigen Form. Die NS-Dokumentationszentrum bislang letzten Etappen waren die große Das EL-DE-Haus am Appellhofplatz 23- Appellhofplatz 23 – 25, 50667 Köln Erweiterung im Jahr 2012 und die Ein- 25 war von 1935 bis 1945 Sitz der Kölner GPS: 50.940572, 6.950153 weihung des Denkmals im Innenhof am Gestapo. Sein Name wurde zum Inbegriff Station: 1.1. oder 2.5. 8. Dezember 2013. der NS-Schreckensherrschaft in Köln, aber auch für den Umgang und die spä- tere Auseinandersetzung mit der NS-Ge- Gründung schichte der Stadt nach 1945. Das NS-Dokumentationszentrum ist eine Einrichtung der Stadt Köln. Seine Grün- Gedenkstätte dungsphase beginnt mit einem Rats- beschluss vom 13. Dezember 1979. Die Das ehemalige Hausgefängnis der Ge- Arbeit des NS-Dokumentationszentrums stapo mit den erhalten gebliebenen widmet sich in gleichem Maße dem Ge- Häftlingszellen und den Inschriften der 1.1 denken, Vermitteln und Erforschen der Gefangenen erinnert am unmittelbars- 2.5 NS-Zeit in Köln: Es ist Gedenkort, Lernort ten und eindringlichsten an die mit dem EL-DE-Haus Es bietet sich immer auch an die Erinne- rungstour mit einem Besuch oder einer Führung im NS-Dokumentationszentrum zu verknüpfen. Virtueller 360-Grad-Rundgang: 26 Erinnerungsbroschüre Kölner Fanprojekt Erinnerungsbroschüre Kölner Fanprojekt 27
EL-DE-Haus verbundenen Schrecken der NS-Zeit. Das ehemalige Gestapogefäng- 2019 übernahm das NS-Dok zu- nis bildet als Gedenkstätte den Mittel- dem das 3. und 4. Obergeschoss punkt des NS-Dokumentationszentrums des Gebäudes und beherbergt da- und ist ein Kulturgut von nationalem mit nun das gesamte EL-DE-Haus und europäischem Rang. und wurde entsprechend um den Titel „Haus für Erinnern und De- mokratie“ erweitert. Dauerausstellung Zudem befinden sich in dem Haus auch die Info- und Bildungsstelle Die Dauerausstellung im EL-DE-Haus be- gegen Rechtsextremismus (ibs), handelt die Geschichte Kölns in der Zeit die Mobile Beratung gegen Rechts- des Nationalsozialismus. Sie macht die extremismus im Regierungsbezirk Grundzüge des NS-Systems in der kon- Köln, sowie die Fachstelle „[m²]: kreten lokalen Ausprägung sichtbar. Die miteinander mittendrin“. Dauerausstellung wurde 1997 eröffnet und 2009/10 in wesentlichen Teilen um- Alle Infos dazu findet ihr unter gestaltet und durch eine Reihe von Me- www.nsdok.de dienstationen ergänzt. 28 Erinnerungsbroschüre Kölner Fanprojekt
KÖLN IN DER NS ZEIT KÖLNER DOM Köln war 1933, so wie heute, die viert- größte Stadt Deutschlands und hatte insgesamt 757 200 Einwohner. Seit 1917 regierte der Oberbürgermeister Konrad Adenauer von der Zentrumspartei. Drei Kölner Dom Viertel der Einwohner*innen war katho- Domkloster 4, 50667 Köln lisch und es hatte sich ein starkes ka- GPS: 50.941304, 6.958387 tholisches Milieu ausgeprägt. Nach der Die Kölner Hohenzollernbrücke nach Sprengung durch die Wehrmacht 1945 Station: 1.3. oder 2.3. Machtergreifung der Nazis im Januar 1933 kam es im März desselben Jahres Der weitverbreitete Glaube, in Köln hätte zur Reichstagswahl. Durch massive Pro- es nach 1933 mehr Widerstand als in an- paganda und starken Druck auf Politiker deren Städten gegeben, erwies sich als versuchten die Nationalsozialisten die Legende. Soweit es Widerstand im ka- Wahl klar für sich zu entscheiden. Das tholischen Milieu gab, hatte sich dieser Wahlergebnis in Köln lag mit 33,1 deut- durch das 1933 geschlossene Konkordat lich unter dem Gesamtergebnis der NSD- mit dem Vatikan erledigt. Ansonsten un- AP von 43,9. Adenauer wurde direkt nach terschieden sich die Begleitumstände der Wahl abgesetzt und es kam zu Verhaf- der Machtergreifung (Einschüchterung tungswellen gegenüber der Opposition. und Terror) nicht von denen in anderen Städten. Köln war ein zentraler und bedeutender 1.3 2.3 Ort für Verfolgung und Deportation. Ho- mosexuelle hatten schon ab 1933 unter einer besonders starken Repressionen zu leiden. In Köln begannen die ersten Zwangsumsiedlungen von Sinti und Roma und das Lager in Bickendorf galt als „Vorbild“ für viele Städte. 1940 star- teten die ersten Deportationen von Sinti und Roma aus Westgebieten in Köln. Aus keiner anderen Weststadt gab es so viele Züge in die Vernichtungslager: Mehr als 11. 000 Personen wurde aus Köln depor- tiert. 30 Erinnerungsbroschüre Kölner Fanprojekt Erinnerungsbroschüre Kölner Fanprojekt 31
POLITIK IM KÖLNER Köln liebt das Feiern und es liebt den männliche Jungfrau verboten. Männer in Karneval! Auch im Nationalsozialismus Frauenkleidern passten nicht ins damali- wurde begeistert Karneval gefeiert. Bis ge Weltbild. KARNEVAL in die 90er Jahre wurde das Thema ver- drängt und eine Legendenbildung vom Nur wenige Karnevalisten gingen auf Kampf gegen die Einflussnahme NS Re- Distanz zu den Nationalsozialisten. Karl gime erschaffen. Küpper parodierte in einer Büttenrede den Hitlergruß und bekam daher wegen In den ersten Jahren nach der Mach- „Verächtlichmachung des deutschen FRÜH am Dom tübernahme Hitlers sollte der Karne- Grußes“ Redeverbot. Am Hof 12 – 18, 50667 Köln valszug noch frei von politischer Propa- GPS: 50.939880, 6.956971 ganda sein, um den Kölner Karneval als Nach dem Krieg wurde die Rolle des Station: 1.2. oder 2.4. Tourismuswerbung in den westlichen Karnevals im Nationalsozialismus jahr- Nachbarländern zu nutzten. Doch schon zehntelang verdrängt und eine Legen- 1933 waren offen antisemitische Wagen denbildung zur sogenannten „Narren- im Zug zu sehen. So zeigten sie einen revolte“ setzte ein. Dabei wurde lange Wagen in dem Kostümierte mit Bart und überliefert, dass sich bei der Revolte Kaftan zu sehen waren, die unter dem Karnevalist*innen gegen „NS Bonzen“ Motto „die letzten ziehen ab“ in „Rich- aufgelehnt hätten. Erst Jahrzehnte spä- tung Jaffa“ zogen. ter wurde festgestellt, dass es bei der Narrenrevolte nicht um Inhalte, sondern Zwei Jahr später feierten und schunkel- die Organisationsform ging. ten die Kölner*innen zu einem beliebten Karnevalslied mit dem Refrain: 1.2 „Hurra, wir werden die Juden los, 2.4 Aktuell: Der Karneval allgemein die ganze koschere Bande zieht steht, trotz seiner auch kulturell ins gelobte Land, wir lachen uns wertvollen Elemente und teils vor Freude kaputt, der Itzig und die politisch progressiven, sowie teil- Sara ziehen weg!“ weise emanzipatorischen Aus- richtung, immer wieder in der In den folgenden Jahren konnte auf Kar- Kritik, da es u.a. zu rassistischen nevalssitzungen die Judenfeindlichkeit Verkleidungen und Wagenpräsen- offen ausgelebt werden. tationen kommt und nicht selten eine Plattform für diskriminieren- Auch machte die Homophobie der Na- de Übergriffe geboten wird. zis nicht halt vor Karneval. So wurden männliche Tanzmariechen und eine 32 Erinnerungsbroschüre Kölner Fanprojekt Erinnerungsbroschüre Kölner Fanprojekt 33
„Ma’alot“ ist im biblischen Hebräisch die MA’ALOT-DENKMAL Bezeichnung für die Stufe, Sprosse oder Terrasse. Im neueren Sprachgebrauch ist dies auch der Ausdruck für Steigung, Winkel, Grad. Der israelische Künstler Dani Karavan hat die Platzgestaltung auf dem Areal MA‘ALOT östlich des Doms, zwischen Domchor, Heinrich-Böll-Platz, 50667 Köln Ludwig-Museum, Hauptbahnhof und GPS: 50.941274, 6.961199 Rheingarten ebenfalls „Ma’alot“ genannt Station: 1.4. oder 2.2. und beschreibt es als „Environment aus Granit, Gußeisen, Ziegelsteinen, Eisen und Schienen, Gras und Bäumen“. Das 1986 eingeweihte Areal auf dem Heinrich-Böll-Platz ist geprägt durch eben diese verschiedenen baulichen Elemente, die das insgesamt 5.000 m² große Kunstwerk umfasst. Am markan- testen sticht dabei sicherlich der Turm an der nordöstlichen Ecke der Fläche he- raus. Über sechs große Stufen, abwech- selnd aus Granit und Gusseisen eine be- gehbare Treppenskulptur. Die Skulptur 1.4 2.2 ist zudem mit Schlitzen und Durchbrü- che versehen, die wahlweise den Blick auf Dom oder die Rheinbrücke/Deutz ermöglichen und die Stufen gewisser- maßen brechen. Auch die weitere Umge- bung aus „Granitteppich, Kreisstruktur, gepflanzten Akazien- und Ahornbäum und den Ziegeln sind geplante Elemente des Gesamtkonzepts von Karavan. Ein meist doch erst auf den zweiten Blick be- merkter Bestandteil der Gestaltung, sind die in den Boden eingelassenen Eisen- bahnschienen, welche auf den g roßen 34 Erinnerungsbroschüre Kölner Fanprojekt Erinnerungsbroschüre Kölner Fanprojekt 35
Spalt in der Treppenskulptur – je nach stellungen bei den Menschen aus- Die stufenähnliche Betrachtet man den Kölner Dom durch den Schlitz in Betrachtung – wahlweise zulaufen oder zulösen, auch Vorstellungen, die Skulptur könnte der Skulptur, so erscheint der Turm des Kölner Doms diesen verlassen. ich selbst nicht hatte, die ich nicht möglicherweise in Verbindung mit der Schiene manchen Menschen wie sehe, Bilder, die ich nicht kontrol- auch als Schornstein ein deutscher Wachturm aus einem Konzentrationsla- Dani Karavan hält sich bezüglich mögli- lieren kann und für die ich nicht wahrgenommen wer- ger. In dieser Lesart wäre die Deutung eine drastische cher Interpretationen und Intentionen, verantwortlich bin.“ den, auf welchen die Anklage gegen die christliche Kirche und ihr Schwei- die sein Enviroment durchaus hervor- Schiene hinzuläuft. gen während der Shoa. rufen kann und möglichere Weise auch soll, geschickt zurück und gibt lediglich Hintergrund: bekannt. MÖGLICHE Shirei ha Ma’alot ( )תֹולֲעַמה יֵריִׁשsind die INTERPRETATIONEN & „Ma’alot erinnert somit an die schönste „Das Kunstwerk (…) hat nicht die Aufgabe, eine bestimmte Geschich- als „Stufenlieder“ bekannten Psalmen 120 bis 134, die zum überwiegenden Teil ETWAIGE DEUTUNGEN und an die schlimms- te zu erzählen oder bestimmte den Königen David und Salomon zuge- te Zeit des Juden- Zusammenhänge zu bebildern. Es schrieben werden. Die Psalmen wurden tums. Von einer kann nur Widerhall hervorrufen in Jerusalem gesungen um, die Priester Die Zahl 6 findet sich in dem Gesamtkunstwerk in Position erinnert der und Assoziationen (…) evozieren. zu begleiten während sie die Stufen zum vielen Bereichen wieder – 6 Stufen; 6 Akazien; 6 Kreise Dom an den Tempel Aber in der Hervorrufung dieses Tempel hinaufstiegen. – und wird teilweise als Hinweis auf die Anzahl der in Jerusalem und Echos ist das Kunstwerk frei, es mehr als 6 Millionen ermordeten Juden und Jüdinnen somit an die schönste hat alle Rechte und jede Freiheit, verstanden. Zeit im Judentum, Assoziationen in jede beliebige von einer anderen Richtung anzustoßen und die ver- Position jedoch schiedensten Phantasien und Vor- Die Eisenbahnschiene verläuft parallel zu den Schie- erinnert der Dom an nen der Hohenzollernbrücke und deutet gen Osten Auschwitz, an die nach Deutz, von wo aus am 21. Oktober 1941 die De- schlimmste Zeit im Kulturraumverdichtung.de zum Künstler: portationszüge der noch verbliebenen 6377 Juden von Judentum.“ (Gerd Dani Karavan, geboren 1930 in Tel Aviv, studiert Kunst in seiner Geburtsstadt, Köln in die Vernichtungslager des Ostens rollten. Buurmann, tapferim- in Jerusalem, Florenz und Paris. Seit Ende der 1950er Jahre entwirft er Büh- nirgendwo.com) nenbilder, malt und beginnt mit architekturbezogenen Arbeiten, Wandreliefs, Environments. 1976 bespielt er den Israelischen Pavillon der 38. Biennale Die Wahl der gepflanzten Bäume scheint nicht zufällig Venedig mit einem Environment für den Frieden, ist 1977 und 1987 auf der erfolgt zu sein, Ahorn- und Akazienbäume kommen Die Eisenbahnschie- documenta in Kassel vertreten. 1998 wird er mit dem Praemium Imperiale im Judentum eine besondere Bedeutung zu. So nen können Assozi- ausgezeichnet. Für Düsseldorf gestaltet er den Vorplatz des Landtages (1990), verwendete König Salomon für den Bau des Tempels ationen zur Logistik für Duisburg den Garten der Erinnerung (1999), 2012 wird in Berlin das von Ahornholz und in Jesaja (41, 19) steht geschrieben, der nationalsozialis- Karavan entworfene Mahnmal für die von den Nationalsozialisten ermordeten dass Akazien die Straße der aus dem Exil Heimkehren- tischen Völkermorde Roma und Sinti eingeweiht. den säumen werden. wecken. 36 Erinnerungsbroschüre Kölner Fanprojekt Erinnerungsbroschüre Kölner Fanprojekt 37
ROSA-WINKEL-MAHNMAL An der Hohenzollernbrücke erinnert seit Heinrich Himmler (Reichsführer SS), 1995 ein Mahnmal an die Verfolgung deutlich. Er ordnete an, „die widernatür- von Homosexuellen und an die schwu- liche Unzucht strategisch zu bekämpfen“. HOHENZOLLERNBRÜCKE len und lesbischen Opfer des National- sozialismus in Köln. Als Standort des Mahnmals wurde eine von Touristen und Auf Reichsebene und in Köln lassen sich drei Phasen der Homosexuellenverfol- Kölner*innen sehr stark besuchte Stel- gung feststellen. Die erste Phase war le neben der Hohenzollernbrücke am durch die Verschärfung der Gesetze, also Mahnmal für die schwulen und lesbischen Opfer Rhein gewählt. Ferner gibt es zu diesem der Schaffung von Rahmenbedingun- des Nationalsozialismus in Köln Standort auch einen historischen Bezug, gen, gekennzeichnet und dauerte bis 50667 Köln da sich seit der Jahrhundertwende in der 1936. Mit der Grundlage der neuen und GPS: 50.94092,6.962619 Nähe an einem öffentlichen Pissoir ein verschärften Gesetze waren Homose- Treffpunkt Homosexueller befand. Der xuelle besonders starken Repressionen Station: 1.5. oder 2.1. Ort bot anonyme Kontaktmöglichkeiten, durch Polizei und Justiz ausgesetzt. So ohne die Gefahr, in der Gesellschaft als gab es in der zweiten Phase die höchsten homosexuell erkannt zu werden. Auch in Verurteilungszahlen vor Gericht. In Köln den Nachkriegsjahren war die zerstörte wurden 1938 in nur drei Monaten über Brücke ein unauffälliger Treffpunkt. 300 vermeintlich Homosexuelle festge- nommen. Die Inschrift auf dem Mahnmal „Totge- schlagen – Totgeschwiegen“ soll zum ei- Der Erlass, des Reichssicherheitshaupt nem auf die Verfolgung, Deportation und amtes von 1940 kennzeichnet die dritte Ermordung Homosexueller während des Phase der Verfolgung. Der Erlass welcher Nationalsozialismus hinweisen. Zum bestimmte, dass alle Homosexuellen anderen soll es an die Situation in den 1.5 2.1 Nachkriegsjahren und die bis heute an- dauernde Diskriminierung von Schwu- len und Lesben hinweisen. Historischer Hintergrund des Mahn- mals Homosexualität passt nicht in das Welt- bild der Rassen- und Bevölkerungsideo- logie der Nationalsozialisten. Das Ziel, die Homosexuellen-Kultur aufzulösen wurde schon früh in Ausführungen von 38 Erinnerungsbroschüre Kölner Fanprojekt Erinnerungsbroschüre Kölner Fanprojekt 39
die mehr als einen Partner verführt hat- lagern. Seine Verwendung und Inten- ten, in ein KZ überstellt werden sollten, tion ist dem „Judenstern“ äquivalent, wurde in Köln besonders strikt durch- KZ-Häftlingen mussten einen Stoffauf- geführt. Wiederholungstäter wurden näher in Form eines Rosa Winkel an ihrer zudem zur „freiwilligen“ Entmannung Häftlingskleidung auf der linken Brust gedrängt. Insgesamt verurteilte die NS tragen. Der Künstler Achim Zinkann Justiz von 1935 bis 1945 über 50.000 greift dieses Symbol in seinem Mahn- Menschen wegen homosexueller Hand- mal auf. Zudem hantiert Zinkann dabei lungen. Zwischen 10.000 und 15.000 mit Blöcken, Keilen, Schnitten, Reibung Homo sexuelle wurden in Konzentrati- und Druck, wodurch die Einzelteile zu- onslager verschleppt und viele dort von sammengefügt „das Ganze“ ergeben ihnen ermordet. und erklärt, dass eine Vielzahl an Inter- pretationsmöglichkeiten gegeben wird. Ein wichtiger Bestandteil seiner persön- Rosa-Winkel lichen Intention war, dass der Gesamt- zusammenhalt durch die Entfernung ei- Der Rosa Winkel diente im deutschen nes einzelnen Keils so sehr gefährdet ist, Nationalsozialismus der Kennzeichnung dass das Gesamtkonstrukt einbrechen Homosexueller in den Konzentrations- würde. „Zwei Blöcke, zwei Farben, zwei Schnitte, zu einem Ganzen zusammengefügt. Ein grauer, ein rosa Block. Teile einer Gesellschaft. Männer, Frauen. Lesben, Schwule, einander bedrückend, sich aneinander reibend, ineinander aufgeho- ben, sich bedingend.“ (Achim Zinkann) Info: Zu aktueller gesellschaftlicher Homo- und Transpho- bie, u.a. im Fußballkontext bietet die Kölner Stadionakademie Workshops für Ju- gendgruppen und Schul- klassen an! Kennzeichen für „Schutzhäftlinge“ in den Konzentrationslagern, u.a. auch der „Rosa Winkel“ 40 Erinnerungsbroschüre Kölner Fanprojekt Erinnerungsbroschüre Kölner Fanprojekt 41
MESSEHALLEN Der Gedenkstein an den Messehallen er- draht umzäunt. Teilweise lebten über innert daran, dass hier ein zentraler Ort 500 Personen an diesem Ort. der nationalistischen Gewaltherrschaft DEUTZ war. Zum einen war die Messehalle ein KZ Außenlager (1942 – 1945), zum ande- Erste Deportationen im Mai 1940 rem diente sie als zentrale Sammelstelle für Deportationen. Von hier aus fanden Die Nazianalsozialisten planten mit die ersten Deportationen von Rom*nja Beginn des 2. Weltkrieges die syste- und Sinti*ze (1940) und Juden und Jü- matische Deportation aller Juden und Sinti und Roma Mahnmal – Messegelände Deutz dinnen zwischen 1942 und 1945 statt. Jüdinnen und Rom*nja und Sinti*ze in Kennedy Ufer vor dem Messeturm das besetzte Polen. Im Mai 1940 wur- 50679 Köln-Deutz Rom*nja und Sinti*ze wurden als „art- den im gesamten Deutschen Reich 2.500 GPS: 50.9441035652442, 6.96944017602598 fremde und minderwertige Rasse“ sys- Rom*nja und Sinti*ze deportiert. In Köln Station: 1.6. tematisch diskriminiert und verfolgt. Ab begannen die Verhaftungen und die In- Mai 1935 wurde die Verfolgung durch die ternierung am 15.05.1940. 600 Rom*nja Optional: Startpunkt der Route 2 Errichtung des „Zigeunerlagers“ erheb- und Sinti*ze aus dem Stadtgebiet und lich verschärft. Das Lager entstand an Regierungsbezirk, sowie weitere 330 der Venloer Straße auf dem Sportgelän- Personen aus dem Rheinland wurden in de von Schwarz – Weiss Köln und wurde das Lager in Deutz gebracht. Fünf Tage mit einem zwei Meter hohen Stachel- später wurden sie vom Bahnhof Deutz in 2.6 Historische Luftaufnahme des Kölner Messegeländes von 1939 42 Erinnerungsbroschüre Kölner Fanprojekt Erinnerungsbroschüre Kölner Fanprojekt 43
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