Forschungskonzept Land- und Ernährungswirtschaft 2021-2024

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Forschungskonzept Land- und Ernährungswirtschaft 2021-2024
Eidgenössisches Departement für
         Wirtschaft, Bildung und Forschung WBF

         Bundesamt für Landwirtschaft BLW

Forschungskonzept
Land- und
Ernährungswirtschaft
2021–2024
Forschungskonzept Land- und Ernährungswirtschaft 2021-2024
Forschungskonzept Land- und Ernährungswirtschaft 2021-2024
Forschungskonzept Land- und Ernährungswirtschaft 2021–2024

Inhaltsverzeichnis
Zusammenfassung .................................................................................................................................. 5
1      Einleitung ....................................................................................................................................... 10
       1.1        Die Ressortforschung ........................................................................................................ 10
       1.2        Forschungskonzept Land- und Ernährungswirtschaft ....................................................... 11
2      Überblick Politikbereich: Schweizer Agrar- und Ernährungsforschung ......................................... 12
       2.1        Globales und nationales Umfeld........................................................................................ 12
       2.1.1          Entwicklungen und Prognosen ...................................................................................... 12
       2.1.2          Trends entlang der Wertschöpfungskette ..................................................................... 16
       2.1.3          Herausforderungen für die Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft....................... 17
       2.1.4          Internationale Strategien und Schwerpunkte ................................................................ 18
       2.1.5          Nationale Strategien und Schwerpunkte ....................................................................... 22
       2.1.6          Erwartungen der Schweizer Bevölkerung an die Land- und Ernährungswirtschaft ...... 27
       2.2        Akteure der Schweizer Agrar- und Ernährungsforschung ................................................. 29
       2.2.1          Öffentliche Forschung.................................................................................................... 29
       2.2.2          Förderinstitutionen ......................................................................................................... 34
       2.2.3          Private Forschung.......................................................................................................... 36
       2.2.4          Vernetzung der Zusammenarbeit der Forschungsinstitutionen .................................... 37
       2.3        Digitalisierung in der Land- und Ernährungswirtschaft ...................................................... 40
3      Forschungsinvestitionen zur Erfüllung der agrarbezogenen Aufgaben des Bundes .................... 43
       3.1        Gesetzlicher Auftrag .......................................................................................................... 43
       3.2        Strategische Ausrichtung BLW .......................................................................................... 43
       3.2.1          Agrarpolitik ab 2022 (AP22+) ........................................................................................ 43
       3.2.2          Organisation der Ressortforschung im BLW ................................................................. 45
       3.2.3          Einbezug sozialer und gesellschaftlicher Entwicklungen in die Forschung .................. 46
       3.2.4          Organisation der Innovationsförderung im BLW ........................................................... 47
       3.3        Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV ..................................... 49
       3.3.1          Lebensmittelsicherheit und Ernährung .......................................................................... 49
       3.3.2          Tiergesundheit und StAR .............................................................................................. 49
       3.3.3          Tierschutz ...................................................................................................................... 50
       3.4        Agroscope .......................................................................................................................... 50
       3.4.1          Zweck und Aufgaben ..................................................................................................... 50
       3.4.2          Strategische Zielsetzung ............................................................................................... 51
       3.4.3          Alleinstellungsmerkmale ................................................................................................ 51
       3.4.4          Inhaltliche Ausrichtung .................................................................................................. 51
       3.5        Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) ......................................................... 59
       3.5.1          Zweck und Aktivitäten .................................................................................................... 59
       3.5.2          Strategische Zielsetzung ............................................................................................... 59
       3.5.3          Inhaltliche Ausrichtung .................................................................................................. 59

                                                                                                                                                          3
Forschungskonzept Land- und Ernährungswirtschaft 2021-2024
Forschungskonzept Land- und Ernährungswirtschaft 2021–2024

       3.5.4          Finanzierung .................................................................................................................. 62
       3.5.5          Akteure und Schnittstellen ............................................................................................. 62
       3.5.6          Evaluationskonzept........................................................................................................ 63
       3.6        Finanzierung (2017–2024) ................................................................................................ 63
       3.7        Akteure und Schnittstellen ................................................................................................. 64
       3.7.1          Ressortübergreifende Forschungsthemen zwischen Bundesstellen ............................ 64
       3.7.2          Nationale und internationale Vernetzung ...................................................................... 64
       3.8        Organisation ...................................................................................................................... 68
       3.9        Qualitätssicherung ............................................................................................................. 68
       3.9.1          Ziele in der Qualitätssicherung ...................................................................................... 68
       3.9.2          Forschungsmanagement im BLW ................................................................................. 68
       3.9.3          Beratende Begleitgruppen ............................................................................................. 69
       3.9.4          Evaluationskonzept Agroscope ..................................................................................... 69
Impressum ............................................................................................................................................. 71

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Forschungskonzept Land- und Ernährungswirtschaft 2021-2024
Forschungskonzept Land- und Ernährungswirtschaft 2021–2024

 Zusammenfassung
 Das Forschungskonzept

 Die Bundesverwaltung initiiert und unterstützt wissenschaftliche For-   Das   Forschungskonzept
 schung, deren Resultate sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt.      dient als Mehrjahrespro-
 Diese im öffentlichen Interesse erbrachte Forschung wird als Res-       gramm der Ressortfor-
 sortforschung bezeichnet. Die Mehrjahresprogramme der Ressort-          schung.
 forschung werden in Form von ressortübergreifenden Forschungs-
 konzepten erarbeitet. Das Bundesamt für Landwirtschaft BLW ist
 vom Bundesrat beauftragt, im Rahmen der Botschaft über die För-
 derung von Bildung, Forschung und Innovation 2021–2024 ein For-
 schungskonzept für den Politikbereich Landwirtschaft vorzulegen.

 Entwicklung des Umfelds

 Im Auftrag des BLW hat die ETH Zürich im Jahr 2015 eine umfas-          Wichtige Herausforderun-
 sende Darstellung der künftigen globalen und nationalen Entwicklun-     gen für die Schweizer Land-
 gen hinsichtlich der landwirtschaftlichen Produktion und Ernährung      und Ernährungswirtschaft:
 der Bevölkerung erarbeitet. Daraus können wichtige Herausforde-
                                                                         • Entwicklung der Bevöl-
 rungen abgeleitet werden, die für die Ressortforschung nach wie vor
                                                                           kerung und deren Erwar-
 von zentraler Bedeutung sind. Dies sind insbesondere das Wachs-
                                                                           tungen, Globalisierung
 tum der Bevölkerung, die demografischen Veränderungen und die
                                                                           der Märkte
 sich ändernden Ansprüche der Bevölkerung an Produktion und Pro-
                                                                         • Knappheit der natürli-
 dukte sowie die fortschreitende Globalisierung der Märkte und damit
                                                                           chen Ressourcen und
 verbunden die Wettbewerbsfähigkeit von heimischer Produktion und
                                                                           deren Belastung durch
 lokalen Produkten. Weitere zentrale Aspekte sind die fortschreitende
                                                                           den Menschen
 Verknappung der natürlichen Ressourcen, deren effiziente Nutzung
                                                                         • Digitalisierung in der
 und ihre anthropogene Belastung. Eine Aktualisierung im Jahr 2019
                                                                           Land- und Ernährungs-
 hat gezeigt, dass die Digitalisierung als Herausforderung dazuge-
                                                                           wirtschaft
 kommen ist. Weiter haben vier Herausforderungen in den letzten
 Jahren an Bedeutung gewonnen: «invasive Arten», «politische und
 gesellschaftliche Forderungen», «Sensibilisierung für Tierwohl und
 Tiergesundheit» sowie der Begriff der «Kreislaufwirtschaft».

 Internationale Strategien und Forschungsfelder

 Die Analyse der internationalen Strategien zeigt die Potenziale für     Die Förderung resilienter
 eine Zusammenarbeit der nationalen und internationalen For-             Wertschöpfungsketten und
 schungsakteure auf. Die Strategien von UNO (FAO), OECD und EU           nachhaltiger Ernährungs-
 im Bereich Land- und Ernährungswirtschaft betonen die Bedeutung         systeme steht in den For-
 einer nachhaltigen Entwicklung, der Ernährungssicherheit, des Res-      schungsagenden der glo-
 sourcenschutzes, der Vermeidung von Lebensmittelverschwendung           balen Akteure an erster
 (u.a. über Bioökonomie, Kreislaufwirtschaft und verändertes Kon-        Stelle.
 sumverhalten), des fortschreitenden Klimawandels sowie der Förde-
 rung resilienter Wertschöpfungsketten und nachhaltiger Ernährungs-
 systeme. Es zeigt sich, dass die internationalen und nationalen For-
 schungsschwerpunkte weitgehend deckungsgleich sind. Somit kön-
 nen einerseits die hervorragenden Kompetenzen der Schweizer For-
 schung in internationale Forschungsprogramme wie «Horizon Eu-
 rope» eingebracht werden. Andererseits erhält die Schweiz im Rah-
 men internationaler Forschungskooperationen Zugang zu aktuellen
 wissenschaftlichen Erkenntnissen und Entwicklungen – auch zur
 Vermeidung von Redundanzen und Schaffung von Synergien.

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Forschungskonzept Land- und Ernährungswirtschaft 2021-2024
Forschungskonzept Land- und Ernährungswirtschaft 2021–2024

    Nationale Strategien

    Mit den nationalen Strategien begegnet der Bundesrat frühzeitig dem        Die Umsetzung nationaler
    gesellschaftlichen, technologischen und wirtschaftlichen Wandel so-        Strategien ist auf Erkennt-
    wie neuen Herausforderungen. Die Strategien werden mit Aktions-            nisgewinn aus der For-
    und Massnahmenplänen umgesetzt und enthalten wichtige, die For-            schung angewiesen.
    schung betreffende Aspekte. Einige Strategien richten ihre Ziele in-
    nerhalb des Ernährungssystems entlang der Wertschöpfungskette
    aus, z.B. der Aktionsplan Pflanzenschutzmittel. Eine weitere Gruppe
    von Strategien setzt in einem spezifischen Bereich des Ernährungs-
    systems an und wirkt übergreifend auf andere Bereiche des nationa-
    len Umfelds. Ein Beispiel hierfür ist die Strategie Antibiotikaresisten-
    zen. Die dritte Gruppe von Strategien zielt auf umfassende, sektor-
    übergreifende Herausforderungen wie den Klimawandel, die Bereit-
    stellung von Energie, den wirtschaftlichen und effizienten Umgang
    mit Ressourcen und eine nachhaltige Entwicklung. Diese Strategien
    wirken signifikant auf die Entwicklung des Ernährungssystems ein.

    Nationale Forschungsfelder

    Die Land- und Ernährungswirtschaft zeichnet sich aus durch ihre im-        Die Land- und Ernährungs-
    mense Vielfalt an Aktivitäten und ihre sich stetig wandelnden Be-          wirtschaft ist auf ein breites
    zugssysteme rund um Mensch, Tier, Pflanze und Umwelt. Zudem                Wissen angewiesen, das
    durchläuft ein landwirtschaftliches Produkt entlang der Wertschöp-         für Veränderungen und
    fungskette mehrere Stadien mit unterschiedlichen Akteuren und An-          stets neue Herausforderun-
    sprüchen. Die Land- und Ernährungswirtschaft ist daher auf ein brei-       gen offen ist.
    tes Wissen angewiesen – ein Wissen, das offen ist für Veränderun-
    gen und stets neue Herausforderungen, etwa in Bezug auf den Kli-
    mawandel, neue Krankheiten und invasive Organismen oder bezüg-
    lich der Erwartungen der Märkte und der Konsumentinnen und Kon-
    sumenten.

    Die agrarpolitische Strategie setzt sich das übergeordnete Ziel einer      Themenübergreifende For-
    nachhaltigen Land- und Ernährungswirtschaft im Zeithorizont 2025.          schungsfelder von beson-
    Sie soll zu nachhaltigen Produktionsformen, Produkten und Leistun-         derer Relevanz:
    gen führen, die wettbewerbsfähig sind, eine hohe Qualität aufweisen
                                                                               • Wettbewerbsfähigkeit
    und deren Ausführung und Entstehung für alle transparent sind. Die
                                                                                 von Produktion und Pro-
    Land- und Ernährungswirtschaft versteht sich dabei als Nutzerin und
                                                                                 dukten
    Bewahrerin der Produktionsressourcen. Aus diesen politischen Zie-
                                                                               • Nachhaltige     Nutzung
    len ergeben sich themenübergreifende Forschungsfelder von beson-
                                                                                 und Schutz der Produk-
    derer Relevanz: Forschung für die Wettbewerbsfähigkeit von Pro-
                                                                                 tionsressourcen
    duktion und Produkten; Forschung für eine nachhaltige Nutzung und
                                                                               • Produktion,    Produkte
    den Schutz der Produktionsressourcen; und Forschung für eine Pro-
                                                                                 und Leistungen von ho-
    duktion, Produkte und Leistungen mit hoher Qualität und Transpa-
                                                                                 her Qualität und Trans-
    renz. Diese wissenschaftlichen Erkenntnisse dienen wiederum dazu,
                                                                                 parenz
    dass die politischen Ziele erreicht werden können.

    Forschungsakteure und ihre Vernetzung

    Die Themenvielfalt rund um die Land- und Ernährungswirtschaft              Die Schweizer Forschungs-
    spiegelt sich in der Anzahl und Ausrichtung der Schweizer For-             akteure sind gut vernetzt.
    schungsakteure. Departemente an der ETH Zürich, die Hochschule
                                                                               Die Forschung der ver-
    für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften der Berner Fach-
                                                                               schiedenen  Institutionen
    hochschule (BFH-HAFL), die Forschungsanstalt Agroscope und das
                                                                               kann sich aufgrund ihrer
    Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) zählen zu den

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Forschungskonzept Land- und Ernährungswirtschaft 2021-2024
Forschungskonzept Land- und Ernährungswirtschaft 2021–2024

 zentralen nationalen Kompetenzzentren der Agrar- und Ernährungs-       unterschiedlichen Ausrich-
 forschung. Weitere Institutionen fokussieren auf thematische           tung in den Bereichen
 Schwerpunkte. Die Forschungsaktivitäten zeigen dabei ein weitrei-      Grundlagenforschung, an-
 chendes Potenzial von Synergien. Die Forschung der verschiedenen       wendungsorientierte
 Institutionen kann sich aufgrund ihrer unterschiedlichen Ausrichtung   Grundlagenforschung und
 in den Bereichen Grundlagenforschung, anwendungsorientierte            angewandte      Forschung
 Grundlagenforschung und angewandte Forschung sinnvoll ergän-           sinnvoll ergänzen.
 zen.

 Die Schweizer Forschungslandschaft bietet zahlreiche Formen der        Die Schweizer Forschungs-
 Vernetzung, die dazu beitragen, Synergieeffekte in der Forschung zu    landschaft bietet vielfältige
 nutzen. Die Vernetzungen unterstützen je nach Ausrichtung den wis-     Formen der Zusammenar-
 senschaftlichen Austausch der Forschungsakteure oder sie fördern       beit im Bereich der Agrar-
 die inter- und transdisziplinäre Zusammenarbeit sowie die Anwen-       und Ernährungsforschung
 dung in der Praxis (z.B. durch die AGRIDEA). Das Forschungskon-        und organisiert sich in
 zept unterscheidet fünf verschiedene Formen der Zusammenarbeit         Kompetenzzentren.
 und belegt sie mit Beispielen. Immer bedeutsamer werden hierbei
                                                                        Die AGRIDEA dient als
 gegenseitige Absichtserklärungen der Forschungsinstitutionen und
                                                                        Kompetenzzentrum für den
 die Bildung institutionenübergreifender Kompetenzzentren. Zudem
                                                                        Wissens- und Erfahrungs-
 unterstützen verschiedene Instrumente der Schweizer Förderinstitu-
                                                                        austausch.
 tionen die Zusammenarbeit. So ist die Innosuisse als Bindeglied zwi-
 schen Wissenschaft und Privatwirtschaft aktiv. Die Nationalen For-
 schungsprogramme und Forschungsschwerpunkte des Schweizeri-
 schen Nationalfonds fördern die koordinierte Forschung.

 Digitalisierung in der Land- und Ernährungswirtschaft

 Die Verwendung digitaler Technologien in der landwirtschaftlichen      Potenzial   der   Digitalisie-
 Produktion («Smart Farming») sowie den vor- und nachgelagerten         rung:
 Stufen – speziell die vernetzte Nutzung der dabei anfallenden riesi-
                                                                        • Steigerung von Wettbe-
 gen, aus unterschiedlichen Quellen stammenden Datenmengen
                                                                          werbsfähigkeit        und
 (z.B. zur Entscheidungsunterstützung) – verspricht sowohl aus Sicht
                                                                          Nachhaltigkeit
 der Wirtschaft als auch der Umwelt grossen Nutzen. Die Digitalisie-
                                                                        • Administrative Vereinfa-
 rung schafft auch gänzlich neue Möglichkeiten für den staatlichen
                                                                          chung
 Vollzug agrarpolitischer Aufgaben. Die potenziellen Vorteile der Di-
                                                                        • Effizientere Erreichung
 gitalisierung werden heute nur in geringem Umfang genutzt. Die
                                                                          agrarpolitischer Ziele
 Rolle der Wissenschaft ist, die Entwicklung und Verwendung digita-
 ler Technologien so zu unterstützen, dass erwünschte Ergebnisse
 erzielt und unliebsame Folgen vermieden werden.

 Gesetzlicher Auftrag und strategische Ausrichtung

 Als Kompetenzzentrum des Bundes im Bereich der Agrarpolitik            Die Ressortforschung des
 kommt dem BLW die zentrale Aufgabe zu, seinen Forschungsbedarf         BLW basiert auf spezifi-
 in Bezug auf die Weiterentwicklung der Agrarpolitik und die Evalua-    schen Aufträgen und Bei-
 tion der agrarpolitischen Massnahmen frühzeitig zu formulieren und     trägen für Projektforschung
 mit geeigneten Instrumenten abzudecken. Dem Amt stehen dazu a          sowie auf periodischen
 priori die periodischen Leistungsvereinbarungen mit Agrarfor-          Leistungsvereinbarungen
 schungspartnern sowie die spezifischen Forschungsaufträge und          mit Forschungsinstitutio-
 -beiträge zur Verfügung, wobei den jährlichen Leistungsvereinbarun-    nen.
 gen mit Agroscope und dem vierjährigen Finanzhilfevertrag mit dem
 FiBL eine besondere Bedeutung zukommt.

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Forschungskonzept Land- und Ernährungswirtschaft 2021-2024
Forschungskonzept Land- und Ernährungswirtschaft 2021–2024

    Im Aussprachepapier zur Weiterentwicklung der Agrarpolitik nach          Perspektivgebende      Ziele
    2017 wurden in den Bereichen Märkte, Ressourcen und Unterneh-            des BLW:
    men drei angestrebte Ziele im Sinne von perspektivgebenden Eck-
                                                                             • Unternehmerische Ent-
    werten konkretisiert und im Rahmen der Botschaft zur Agrarpolitik ab
                                                                               faltung der Betriebe
    2022 (AP22+) aktualisiert: (1) unternehmerische Entfaltung der Be-
                                                                             • Erfolg auf den Märkten
    triebe, (2) Erfolg auf den Märkten im In- und Ausland und (3) natürli-
                                                                               im In- und Ausland
    che Ressourcen nutzen und schützen. Die strategische Ausrichtung
                                                                             • Natürliche Ressourcen
    der Ressortforschung von BLW und Agroscope orientiert sich an die-
                                                                               nutzen und schützen
    sen Zielen. Die Zusammenarbeit mit dem BLV hat dabei einen be-
    sonderen Stellenwert.

    Agroscope

    Agroscope ist das Kompetenzzentrum des Bundes für die Forschung          Zweck von Agroscope:
    und Entwicklung im Agrar-, Ernährungs- und Umweltbereich. Ag-
                                                                             Forschung für ein nachhal-
    roscope leistet einen bedeutenden Beitrag für eine nachhaltige Land-
                                                                             tiges, resilientes Agrar- und
    und Ernährungswirtschaft sowie eine intakte Umwelt und trägt damit
                                                                             Ernährungssystem, für eine
    zur Verbesserung der Lebensqualität bei. Die Aufgaben von Ag-
                                                                             gesunde Ernährung mit
    roscope umfassen Forschung für die Gestaltung, Umsetzung und
                                                                             hochwertigen Lebensmit-
    Evaluation der Sektoralpolitiken der Schweizer Land- und Ernäh-
                                                                             teln und eine intakte Um-
    rungswirtschaft, für Neuorientierungen in der Landwirtschaft und für
                                                                             welt zum Nutzen von Ge-
    umwelt- und tiergerechte Produktionsformen, Forschung und Ent-
                                                                             sellschaft, Politik und Pra-
    wicklung von Produkten und Methoden für die Akteure der Schweizer
                                                                             xis.
    Land- und Ernährungswirtschaft sowie Wissensaustausch und Tech-
    nologietransfer. Des Weiteren führt Agroscope im Rahmen der ge-
    setzlichen Vorgaben Vollzugsaufgaben durch und unterstützt das
    BLW in Form von Vollzugshilfen.

    Agroscope setzt ihre Strategie mit 15 Strategischen Forschungsfel-       Beitrag der Agroscope-For-
    dern um. Drei Handlungsfelder stehen dabei im Fokus: (1) Wettbe-         schung im Rahmen von 15
    werbsfähigkeit verbessern – Agroscope leistet mit ihrer Forschung        Strategischen Forschungs-
    einen Beitrag zu nachhaltigen Produktionssystemen und hochwerti-         feldern:
    gen Produkten, die im Wettbewerb bestehen können; (2) Umgang
                                                                             • Wettbewerbsfähigkeit
    mit natürlichen Ressourcen – Eine zentrale Frage für Agroscope ist,
                                                                               verbessern
    wie die Ressourcen effizient genutzt, die Umweltwirkungen der Pro-
                                                                             • Umgang mit natürlichen
    duktion minimiert und sich die Ökosystemleistungen sichern und ver-
                                                                               Ressourcen
    bessern lassen; (3) Chancen ausbauen, Risiken minimieren – Zu-
                                                                             • Chancen ausbauen, Ri-
    nehmendes Wissen, technologischer Fortschritt und Fortschritte in
                                                                               siken minimieren
    der Züchtung bergen Chancen für eine nachhaltige Entwicklung des
    Ernährungssystems. Klimawandel, invasive Pflanzen und Tiere oder
    Krankheiten, die neu in der Schweiz auftreten, gehören zu den Risi-
    ken, mit denen sich Politik und Forschung auseinandersetzen und
    Lösungen bereitstellen müssen. Die Strategischen Forschungsfelder
    und entsprechenden Aktivitäten werden im Agroscope-Arbeitspro-
    gramm 2022–2025 konkretisiert.

    Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL)

    Das FiBL hat zum Zweck, die Methoden des Biolandbaus wissen-             Zweck des FiBL:
    schaftlich zu verbessern und Landwirtinnen und Landwirte zu bera-
                                                                             Wissenschaftliche Verbes-
    ten. Die Aufgaben umfassen Forschung für die biologisch wirtschaf-
                                                                             serung der Methoden des
    tenden Landwirtinnen und Landwirte der Schweiz sowie für die vor-
                                                                             Biolandbaus und landwirt-
    und nachgelagerte Industrie und eine nachhaltige Landnutzung; For-
                                                                             schaftliche Beratung.
    schung und Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen;

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Forschungskonzept Land- und Ernährungswirtschaft 2021-2024
Forschungskonzept Land- und Ernährungswirtschaft 2021–2024

 Forschung und Beratung für Entwicklungs- und Schwellenländer;
 Beratung und Bildung sowie Dienstleistungen für den Vollzug der
 Schweizer Bioverordnung.

 Inhaltlich hat das FiBL elf Kernmissionen definiert, u.a. in den Berei-   Das FiBL hat elf Kernmis-
 chen Pflanzenzüchtung und -schutz, Nutzung digitaler Techniken im         sionen definiert.
 Biolandbau, Tierwohl, Produktivität und Nachhaltigkeit, Klimawandel
 und Biolandbau sowie in der Bioberatung und der Aus- und Weiter-
 bildung im Biolandbau.

 Finanzierung, Schnittstellen, Organisation und Qualitätssiche-
 rung

 Für Forschungsaufträge und -beiträge liegt der Finanzierungsauf-          Finanzierungsaufwand von
 wand des BLW für die Periode 2021–2024 bei rund CHF 75 Mio.;              BLW und Agroscope für die
 davon gehen rund CHF 55 Mio. an das FiBL. Der Finanzierungsauf-           Periode 2021–2024: rund
 wand für die Agroscope-Ressortforschung liegt in der gleichen Peri-       CHF 588 Mio.
 ode bei CHF 513 Mio.

 Die Forschung von Agroscope ist stark mit der Schweizer Landwirt-         Agroscope-Foren pflegen
 schaft sowie weiteren, ihr vor- und nachgelagerten Kreisen vernetzt.      den Dialog zwischen For-
 Ein wesentliches Element dazu sind die Praxis- und die Forschungs-        schung und Praxis.
 foren, in denen die Nutzniesser der Forschung und Entwicklung ver-
                                                                           Agroscope engagiert sich
 treten sind. Die Praxisforen werden von den Nutzniessern selbst ge-
                                                                           in komplementärer Zusam-
 leitet. In den Foren findet der fachtechnische Dialog zwischen For-
                                                                           menarbeit mit anderen For-
 schung und Praxis statt. Agroscope wie auch das FiBL sind an einer
                                                                           schungsinstitutionen.
 bedeutenden Anzahl nationaler und internationaler Forschungspro-
 gramme und -projekte beteiligt, wodurch der Zugang zu neuen Er-
 kenntnissen beschleunigt und vertieft wird. Des Weiteren bauen sie
 neue Formen der komplementären Zusammenarbeit mit anderen In-
 stitutionen auf, um noch stärkere Synergien zu entwickeln.

 Im Agroscope-Rat sind seit der Erweiterung im Jahr 2019 neben dem         Der Agroscope-Rat (beste-
 BLW auch das BLV und das BAFU sowie die landwirtschaftliche Pra-          hend aus Wissenschaft,
 xis und die Agrarforschung vertreten. Er behandelt die strategische       Bundesämtern und Praxis)
 Ausrichtung der Agroscope-Forschung. Das Forschungsmanage-                und periodische Evaluatio-
 ment des BLW zielt auf eine Optimierung der Schnittstellen zwischen       nen sichern die Qualität der
 Forschungs-, Evaluations- und Innovationsplanung und eine Opti-           Agroscope-Forschung.
 mierung der entsprechenden Prozesse und Arbeitsmittel. Das Eva-
 luationskonzept Agroscope definiert das Vorgehen bei der Frage, wie
 einerseits die Tätigkeiten und andererseits die institutionellen Rah-
 menbedingungen von Agroscope einer periodischen Evaluation un-
 terzogen werden können.

                                                                                                          9
Forschungskonzept Land- und Ernährungswirtschaft 2021-2024
Forschungskonzept Land- und Ernährungswirtschaft 2021–2024

1      Einleitung
1.1 Die Ressortforschung
Die Bundesverwaltung initiiert und unterstützt               zen Verpflichtungen aus internationalen Verein-
selber wissenschaftliche Forschung, deren Re-                barungen Forschung der Bundesverwaltung vo-
sultate sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben benö-               raus, so dass diese auch eine wichtige Rolle auf
tigt. Diese Forschung der Bundesverwaltung er-               der internationalen Ebene einnimmt.
folgt im Kontext des Verwaltungshandelns im
                                                             Einerseits beteiligen sich Bundesinstitutionen
öffentlichen Interesse und wird gemeinhin als
                                                             an internationalen Gremien und Forschungs-
«Ressortforschung» bezeichnet. Dazu gehören
                                                             programmen (z.B. EU-Forschungsrahmenpro-
z.B. das Erarbeiten wissenschaftlicher Grundla-
                                                             gramme wie ERA-NET) und unterstützen so die
gen für die Politikentwicklung und -ausgestal-
                                                             internationale Einbindung von Schweizer For-
tung in den verschiedenen Politikbereichen, für
                                                             schenden in diese Programme, die Koordina-
Vollzugsarbeiten im Rahmen der gesetzlichen
                                                             tion der Schweizer Interessen auf internationa-
Vorgaben, für legislative Arbeiten oder für die
                                                             ler Ebene und den Wissenstransfer. Anderer-
Beantwortung und Umsetzung parlamentari-
                                                             seits werden Beiträge an internationale Organi-
scher Vorstösse. Die Forschung der Bundes-
                                                             sationen und (Entwicklungs-)Programme ent-
verwaltung kann praktisch alle Ausprägungen
                                                             richtet, um mittels Forschung einen Beitrag an
von wissenschaftlicher Forschung umfassen,
                                                             die Erfüllung der UNO-Nachhaltigkeitsziele
namentlich Grundlagen- und anwendungsori-
                                                             (SDGs) leisten zu können.
entierte Forschung, aber auch Entwicklung,
z.B. im Bereich des Einrichtens von Pilot- und               Die übergeordnete Koordination der Forschung
Demonstrationsanlagen. Die Forschung der                     der Bundesverwaltung wird über einen perma-
Bundesverwaltung richtet sich nach klaren ge-                nenten interdepartementalen Koordinations-
setzlichen Grundlagen. Neben der Abstützung                  ausschuss sichergestellt. Seine Hauptaufgaben
auf Art. 64 der Bundesverfassung (SR 101) ist                sind das Koordinieren des Vorgehens beim Er-
das Forschungs- und Innovationsförderungsge-                 arbeiten der Mehrjahresprogramme und die Er-
setz FIFG (SR 420.1) das Rahmengesetz für                    arbeitung von Richtlinien für die Qualitätssiche-
die Forschung der Bundesverwaltung.                          rung. Die Mehrjahresprogramme werden in
                                                             Form von ressortübergreifenden Forschungs-
Im FIFG werden die Massnahmen der For-
                                                             konzepten ausgearbeitet für jeden der elf durch
schung der Bundesverwaltung definiert (Art.
                                                             den Bundesrat bestimmten Politikbereiche.
16): (1) das Erteilen von Forschungsaufträgen,
                                                             Hauptziele sind die optimale Abstimmung der
(2) der Betrieb bundeseigener Forschungsan-
                                                             Forschungsschwerpunkte unter den Bundes-
stalten (sogenannte intramuros Forschung), (3)
                                                             stellen und die Nutzung der Schnittstellen mit
die Durchführung eigener Forschungspro-
                                                             dem Hochschulbereich und den Forschungsför-
gramme in Zusammenarbeit mit Hochschulfor-
                                                             derungsinstitutionen.
schungsstätten, den Forschungsförderungsin-
stitutionen, der Innosuisse oder weiteren För-               Mit der Qualitätssicherung soll garantiert wer-
derorganisationen sowie (4) das Gewähren von                 den, dass sich die Forschung der Bundeverwal-
Beiträgen an Hochschulforschungsstätten für                  tung an den Prinzipien der Gesetzmässigkeit,
die Durchführung von Forschungsprogrammen.                   Zweckmässigkeit, Wirksamkeit und Wirtschaft-
                                                             lichkeit orientiert. Das Qualitätssicherungskon-
Neben dieser Verankerung im FIFG ist die For-
                                                             zept der Forschung der Bundesverwaltung ba-
schung der Bundesverwaltung auf spezialge-
                                                             siert auf den drei Pfeilern Forschungsmanage-
setzliche Bestimmungen und die zugehörigen
                                                             ment, Berichterstattung und Wirksamkeitsprü-
Verordnungen abgestützt. In diesen werden
                                                             fung. Den Aspekten der strategischen Planung,
spezifische Verpflichtungen für die Durchfüh-
                                                             der transparenten Vergabeverfahren, der Pro-
rung von intramuros Forschung sowie für die
                                                             jektinformation in der Datenbank ARAMIS, der
Beitragsgewährung (Subvention) an For-
                                                             Veröffentlichung der Forschungsergebnisse
schungseinrichtungen, -programmen oder -pro-
                                                             und der Forschungsbegleitung wird dabei be-
jekten durch den Bund vorgegeben. Zudem set-
                                                             sondere Beachtung geschenkt.

10
Forschungskonzept Land- und Ernährungswirtschaft 2021–2024

1.2 Forschungskonzept Land- und Ernährungswirtschaft
Das Forschungskonzept besteht aus zwei Tei-                  ressourceneffizienten und nachhaltigen Land-
len (Abbildung 1). Der erste Teil des Konzepts               und Ernährungswirtschaft erkannt.
– Überblick Politikbereich: Schweizer Agrar-
                                                             Der zweite Teil des Konzepts – Forschungsin-
und Ernährungsforschung – zeigt wichtige glo-
                                                             vestitionen zur Erfüllung der agrarbezogenen
bale und nationale Aktivitäten, Entwicklungen
                                                             Aufgaben des Bundes – zeigt die Ressortfor-
und Prognosen auf. Die Erkenntnisse basieren
                                                             schung des BLW auf. Er wurde vom BLW, Ag-
grösstenteils auf einer im Auftrag des BLW er-
                                                             roscope und dem Forschungsinstitut für biologi-
arbeiteten Foresight-Studie der ETH Zürich so-
                                                             schen Landbau (FiBL) erarbeitet und aufgrund
wie auf einem Experten-Workshop. Auf Basis
                                                             der vielfältigen Zusammenarbeit mit einem Bei-
dieser Ergebnisse und weiterer Trendstudien,
                                                             trag vom BLV ergänzt. Ausgehend vom gesetz-
internationaler Strategien, nationaler Strategien
                                                             lichen Auftrag an die Forschungsanstalten und
im Umfeld des Schweizer Ernährungssystems
                                                             der strategischen Ausrichtung der Agrarpolitik
sowie der Erwartungen der Schweizer Bevölke-
                                                             wurden – unter Berücksichtigung der im ersten
rung an die Land- und Ernährungswirtschaft
                                                             Teil beschriebenen internationalen und nationa-
legt das Konzept unter Einbezug externer Ex-
                                                             len Herausforderungen und des Schweizer For-
pertise eine Übersicht wichtiger Herausforde-
                                                             schungsumfelds – das Aufgabenverständnis,
rungen (inkl. soziale und gesellschaftliche Ent-
                                                             die strategische Zielsetzung, die Alleinstel-
wicklungen) und daraus resultierende For-
                                                             lungsmerkmale und die inhaltliche Ausrichtung
schungsgebiete, ihrer Akteure und deren Ver-
                                                             mitsamt den strategischen Forschungsfeldern
netzung vor. Diese Auslegung bildet die Grund-
                                                             von Agroscope sowie die Strategie des FiBL
lage für die Priorisierung der Ausrichtung der
                                                             formuliert. Die Darlegung der Finanzierung und
Ressortforschung, die im zweiten Teil des Kon-
                                                             Schnittstellen mit anderen Akteuren sowie or-
zepts dargelegt wird. Dabei wird die Digitalisie-
                                                             ganisatorische und qualitätssichernde Aspekte
rung zunehmend als ein Schlüsselthema für die
                                                             runden den zweiten Teil ab.
Weiterentwicklung einer wettbewerbsfähigen,

Abbildung 1. Schematische Darstellung der Gliederung des vorliegenden Forschungskonzepts für den
Politikbereich Landwirtschaft.

                                                                                                          11
Forschungskonzept Land- und Ernährungswirtschaft 2021–2024

2       Überblick Politikbereich: Schweizer Agrar- und Ernäh-
        rungsforschung
2.1 Globales und nationales Umfeld
2.1.1 Entwicklungen und Prognosen                                  Lebensstil und die täglichen Routinen, die we-
                                                                   niger körperliche Aktivität benötigen. Es werden
In diesem Kapitel werden globale und nationale                     negative gesundheitliche Folgen vorausgesagt
Trends und Rahmenbedingungen der Wirt-                             und ein verstärktes Vorkommen von nichtüber-
schaft, Umwelt und Politik, wie sie in einer vom                   tragbaren Krankheiten wie Fettleibigkeit, Herz-
BLW in Auftrag gegebenen Foresight-Studie                          Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes Typ 2
der ETH Zürich 1 dargelegt wurden, punktuell                       prognostiziert.
skizziert – ergänzt mit einer vom Europäischen
Parlament angeforderten Megatrend-Studie 2                         Nachfrage nach Nahrungsmitteln
aus dem Jahr 2019. Werden keine anderen                            Als Konsequenz der weltweit wachsenden Be-
Verweise angegeben, stützen sich die Angaben                       völkerung sowie des steigenden Pro-Kopf-Ein-
auf die in den beiden Studien konsultierten                        kommens und Kalorienkonsums wird die glo-
Quellen. In den folgenden Unterkapiteln werden                     bale Nachfrage nach Nahrungsmitteln voraus-
jeweils zuerst die internationalen und dann die                    sichtlich mit einer jährlichen Zuwachsrate von
nationalen Entwicklungen und Prognosen vor-                        1,1% (bis 2050) weiter zunehmen. Dabei wird
gestellt.                                                          prognostiziert, dass der durchschnittliche Pro-
Bevölkerungswachstum                  und       demografi-         Kopf-Konsum von heute 2772 kcal bis zum Jahr
scher Wandel                                                       2050 auf über 3000 kcal pro Kopf und Tag stei-
                                                                   gen wird. Gleichzeitig wird die Bedeutung von
Projektionen der UNO weisen darauf hin, dass                       tierischem Protein in der Ernährung zunehmen,
die Weltbevölkerung weiter zunehmen und im                         was in Kombination mit der Bevölkerungszu-
Jahr 2050 zwischen 8,3 und 11,1 Mrd. Einwoh-                       nahme zu einer Steigerung der Nachfrage nach
ner zählen wird. Eine steigende Lebenserwar-                       Milch- und Fleischprodukten um ca. 0,8% pro
tung und sinkende Geburtenraten führen zu-                         Jahr führen wird.
dem zu einem immer grösseren Anteil der Be-
völkerung, die über 65-jährig ist. Während das                     Obwohl der Fleischkonsum in Entwicklungslän-
Ausmass der Migrationstrends schwierig abzu-                       dern schneller steigen wird, wird ihr Pro-Kopf-
schätzen ist, kann davon ausgegangen werden,                       Konsum bis 2028 immer noch weniger als 50%
dass die Urbanisierung sowohl in Entwicklungs-                     des Pro-Kopf-Konsums der Industrieländer be-
ländern als auch in entwickelten Nationen wei-                     tragen. 4 Der Bedarf an Tierfutter dürfte daher
ter zunimmt. Bis zum Jahr 2050 werden ge-                          insbesondere in Entwicklungsländern steigen.
mäss Erwartungen fast 70% in Städten woh-                          In den Industrieländern wird die Bedeutung von
nen.                                                               Getreide als Futtermittel tendenziell ab-, für die
                                                                   Biotreibstoffproduktion jedoch zunehmen, wo-
Die Zahl der Personen mit ständigem Aufenthalt                     bei dies stark von nationalen Strategien ab-
in der Schweiz wird bis ins Jahr 2045 je nach                      hängt.
Szenario auf 9,4 bis 11,0 Mio. Einwohner zu-
nehmen. 3 Die Überalterung der Bevölkerung                         Während in der Schweiz das Bruttoinlandpro-
wird voraussichtlich mit 1,0% pro Jahr bis 2050                    dukt pro Kopf über die letzten Jahre ständig an-
und einer darauffolgenden Verlangsamung fort-                      gestiegen ist, wurde ein immer kleinerer Anteil
schreiten. Bereits heute leben ungefähr 75%                        des Haushalteinkommens für Nahrung ausge-
der Schweizer Bevölkerung im urbanen Raum.                         geben. Eine Zunahme der Nachfrage nach
Die zunehmende Urbanisierung verändert den                         Nahrungsmitteln in der Schweiz ist in erster Li-

1
  Last, L., Buchmann, N., Gilgen, A. K., Grant, M. & Shreck,           Sector: Global Overview and Possible Policy Response
  A. (2015) Foresight Study: Research for a Sustainable                from an EU Perspective. Brüssel: EU.
  Swiss Food System. Zürich: ETH Zürich.                           3
                                                                       BFS (2015) Szenarien zur Bevölkerungsentwicklung der
2
  Ferreira, I., Kirova, M., Montanari, F., Montfort, C., Moroni,       Schweiz 2015–2045. Neuenburg: BFS.
  J., Neirynck, R., Pesce, M., Arcos Pujades, A., Lopez            4
                                                                        OECD/FAO (2019) OECD-FAO Agricultural Outlook
  Montesinos, E., Pelayo, E., Diogo Albuquerque, J., El-               2019–2028. Paris: OECD/Rom: FAO.
  dridge, J. & Traon, D. (2019) Megatrends in the Agri-Food

12
Forschungskonzept Land- und Ernährungswirtschaft 2021–2024

nie auf das Bevölkerungswachstum zurückzu-                   teren steigt die Nachfrage nach neuen, hoch-
führen, denn das Wirtschaftswachstum korre-                  wertigen und spezialisierten Lebensmitteln (wie
liert kaum mehr mit dem Pro-Kopf-Kalorienkon-                vegetarischen, veganen oder biologischen Pro-
sum. Vielmehr führen Veränderungen im Le-                    dukten) und nach Produkten, die dem urbanen
bensstil und in demografischen Strukturen zu                 Lebensstil angepasst sind oder besonderen
veränderten Konsummengen einzelner Pro-                      Gesundheitsansprüchen wie Allergien entge-
duktgruppen. Auch die starke Reisetätigkeit der              genkommen. Dies führt zur Entstehung neuer
Schweizer Bevölkerung und die dabei gemach-                  Nischenmärkte und neuer, innovativer Lebens-
ten kulinarischen Erfahrungen haben einen Ein-               mittel.
fluss auf die Erwartungen an das inländische
                                                             Angebot an Nahrungsmitteln
Lebensmittelangebot.
                                                             Bleiben die Verhältnisse zwischen Produktion,
Der Pro-Kopf-Bedarf an Getreide bleibt voraus-
                                                             Konsum, Verlusten und Abfällen konstant, wird
sichtlich in etwa stabil, die Nachfrage wird je-
                                                             der globale Bedarf an Lebensmitteln im Jahr
doch wegen des Bevölkerungswachstums stei-
                                                             2050 rund 50% höher sein als heute und die
gen, wodurch die Abhängigkeit von Importen
                                                             landwirtschaftliche Produktion müsste entspre-
zunehmen wird. Der Fleischkonsum pro Kopf
                                                             chend bis zu diesem Zeitpunkt jährlich um 0,8%
wird in der Schweiz laut Voraussagen bis 2050
                                                             wachsen. Um den erwarteten Nahrungs- und
um 10% zurückgehen, wobei die Gesamtkon-
                                                             Futtermittelbedarf im Jahr 2050 zu decken,
summenge vermutlich aufgrund der wachsen-
                                                             müssten global ca. 1 Mrd. Tonnen Getreide zu-
den Einwohnerzahl zunehmen wird. Daher
                                                             sätzlich produziert werden. Auch müssten bei
stieg auch der Konsum von Milchprodukten –
                                                             den heutigen Konsummustern und einem mitt-
sowie von Produkten aus der Fischerei und
                                                             leren Bevölkerungswachstum im Jahr 2050 glo-
Fischzucht – in der Schweiz bisher konstant,
                                                             bal ungefähr 200 Mio. Tonnen mehr Fleisch
trotz einer Abnahme des Pro-Kopf-Konsums
                                                             produziert werden.
von Milchprodukten.
                                                             Im Jahr 2017 stammten 59% der in der Schweiz
Ernährungsweisen
                                                             konsumierten Lebensmittel und landwirtschaft-
Lebensmittel und Ernährungsweisen werden in-                 lichen Produkte aus der schweizerischen Land-
folge zunehmender globaler Handelsaktivitä-                  wirtschaft. Abzüglich des Anteils, der mit impor-
ten, des sozialen und demografischen Wandels                 tiertem Futter produziert wurde, belief sich der
sowie technischer Entwicklungen immer vielfäl-               Selbstversorgungsgrad auf 52%. 5 Die Anbau-
tiger, während regionale Unterschiede im Ein-                fläche für Getreide, Wurzel- und Knollenfrüchte
kauf und in der Zubereitung innerhalb Europas                wird voraussichtlich bis 2025 weiter abnehmen,
abnehmen. Die Ernährung wird mit einem im-                   während die Fläche für die Futterproduktion und
mer grösseren Anteil an Convenience-Lebens-                  permanente Kulturen unverändert bleibt und für
mitteln gedeckt. Verursacht wird dies durch Ver-             Ölsaaten und andere Kulturen zunehmen wird.
änderungen des Lebensstils, sich wandelnde
                                                             Der Bedarf an Fleisch- und Milchprodukten wird
Geschlechterrollen und Veränderungen in den
                                                             heute mehrheitlich durch die einheimische Pro-
Haushaltsstrukturen und im Einkommen.
                                                             duktion gedeckt, wobei diese stark abhängig
Der Diversifizierungstrend lässt sich auch in der            von importierten Futtermitteln ist. Bis 2024 ist
Schweiz beobachten und wird einen Einfluss                   bei der Milcherzeugung mengenmässig nicht
auf die Entwicklung neuer Produktionszweige                  von einer Abnahme auszugehen. Die zukünftig
und Absatzwege haben. Die Nachfrage nach in-                 aufgrund der Bevölkerungszunahme wach-
dustriell verarbeiteten Lebensmitteln, Conve-                sende Nachfrage nach Rindfleisch wird vermut-
nience und Functional Food ist in der Schweiz                lich mit steigenden Importmengen ausgegli-
ebenfalls schon längere Zeit steigend. Die Aus-              chen. Bei den Mastschweinen hingegen zeigen
gaben für den Ausser-Haus-Konsum in Restau-                  Prognosemodelle eine Zunahme der Tierbe-
rants, Cafés und Bars haben in der Schweiz                   stände von 2014 bis 2024 um 7%, beim Mast-
zwar ab-, in Selbstbedienungsrestaurants und                 geflügel um rund 4%. 6 Die Entwicklung der
«Take-Aways» jedoch zugenommen. Des Wei-                     Nachfrage nach tierischen Produkten ist jedoch

5
    BLW (2019) Agrarbericht 2019. Bern: BLW.                 6
                                                                 Möhring, A., Mack, G., Ferjani, A., Kohler, A. & Mann, S.
                                                                 (2015) Swiss Agricultural Outlook 2014–2024. Tänikon:
                                                                 Agroscope.

                                                                                                                       13
Forschungskonzept Land- und Ernährungswirtschaft 2021–2024

schwierig abzuschätzen, da einerseits die Be-                Informationstechnologien für das individuelle
völkerung weiter wächst und anderseits für eine              Marketing.
gesunde und klimabewusste Ernährung ein im
                                                             Rahmenbedingungen – Wirtschaft
Vergleich zu heute geringerer Fleischkonsum
empfohlen wird.                                              Der globale Handel mit Landwirtschaftsgütern
                                                             und Lebensmitteln wird wachsen. Das Wachs-
Verarbeitung, Verteilung und Handel
                                                             tum landwirtschaftlicher Produktivität wird ins-
Die Nachfrage nach verarbeiteten Lebensmit-                  besondere von Entwicklungsländern vorange-
teln wird global wie auch in der Schweiz in den              trieben. Deshalb wächst der Handel mit Ent-
nächsten Jahrzehnten weiter zunehmen. Der                    wicklungsländern kontinuierlich, wenngleich die
Markt konzentriert sich entlang der Wertschöp-               meisten von ihnen Nettoimporteure bleiben.
fungskette weiter auf einzelne grosse Lebens-                Schwellenländer vergrössern ihren Anteil am
mittel- und Getränkekonzerne, Verteiler und                  globalen Markt und werden zunehmend wettbe-
Händler. In westlichen Gesellschaften wird der               werbsfähigere Akteure. Landwirtschaftliche
Grossteil der Lebensmittel im industriellen                  Rohstoffpreise haben sich auf dem Weltmarkt
Massstab verarbeitet. Nachhaltigkeit, Nährstoff-             auf einem hohen Niveau stabilisiert, wo sie vo-
gehalte und Lebensmittelsicherheitsaspekte                   raussichtlich bleiben werden.
werden zentrale Themen für die Verarbeitung
                                                             Der Einsatz von Düngemitteln wird mit der stei-
darstellen. Ferner wird der Fokus auf der Ent-
                                                             genden Nachfrage an Nahrungsmitteln weltweit
wicklung von gesunden und ausgewogenen Le-
                                                             weiter intensiviert werden. Die Produktion mine-
bensmitteln bei gleichzeitiger Steigerung der
                                                             ralischen Düngers ist aber auf wenige Länder
Haltbarkeit, auf der Vermeidung von Abfall, der
                                                             mit endlichen natürlichen Ressourcen be-
Weiterverwertung von Abfallprodukten sowie
                                                             schränkt. Die eingesetzte Menge wie auch die
auf verbessertem Produktscreening liegen.
                                                             Preise der Kunstdünger sind in den letzten
Für die Entwicklungen in der Verpackungsin-                  Jahrzehnten enorm angestiegen. Importpreise
dustrie ist der Bedarf an Qualitätssteigerung,               für Phosphor in mineralischen Düngern werden
Lebensmittelsicherheitsstandards, der Verlän-                sich bis 2023 global verdreifachen.
gerung der Haltbarkeit sowie an Produkteinfor-
                                                             Auch die Nachfrage nach Energie wird steigen.
mationen verantwortlich. Grosse Anforderun-
                                                             Energiepreisvorhersagen sind unsicher und va-
gen werden an die Abfall-, Material- und Ge-
                                                             riieren zwischen USD 75 und 204 pro Fass
wichtsreduktion und das Recycling gestellt.
                                                             Rohöl im Jahr 2040. Horizontale Konzentration
Beim Handel liegen die Herausforderungen ne-
                                                             (wenige Firmen decken einzelne Hauptaufga-
ben dem Beitrag zu einer nachhaltigen Entwick-
                                                             ben im Ernährungssystem ab) und vertikale In-
lung insbesondere in den zunehmenden Forde-
                                                             tegration (einzelne Firmen kontrollieren meh-
rungen nach Transparenz betreffend Produkti-
                                                             rere Stufen der Nahrungsmittel-Wertschöp-
onsbedingungen sowie nach der Rückverfolg-
                                                             fungskette) sind zunehmende Tendenzen. Glo-
barkeit von Rohmaterialien und Lebensmitteln.
                                                             bal sind finanzielle Investitionen in landwirt-
Der Handel verändert sich zudem durch Online-
                                                             schaftliche Rohstoffderivate sowie in Land- und
shopping, den Einfluss von sozialen Medien
                                                             Wasserrechte ein wachsender Trend.
und den Gebrauch von Mobilgeräten, die fort-
laufend Informationen liefern.                               Der globale Markt ist für den Export von
                                                             Schweizer Produkten und damit für das natio-
Auch in der Schweiz gelten für die Verarbei-
                                                             nale Wirtschaftswachstum von grosser Bedeu-
tung, Verteilung und Verpackung sowie den
                                                             tung. Gleichzeitig liefert er mehr als 50% der
Handel die globalen Trends. Für die Schweizer
                                                             Güter, die für die Schweizer Nahrungsmittelver-
Lebensmittelindustrie sind Fortschritte in den
                                                             sorgung benötigt werden. Bilaterale Handelsab-
Verarbeitungstechnologien und die Entwicklung
                                                             kommen spielen daher eine bedeutende Rolle.
von Produkten, die den Konsumentenbedürf-
                                                             Die EU bleibt der wichtigste Handelspartner der
nissen entsprechen, zur erfolgreichen Positio-
                                                             Schweiz. Falls weiterhin Handelsbarrieren be-
nierung auf dem globalen Markt zentral. Da die
                                                             stehen, bleiben die Preise für landwirtschaftli-
Lebensmittelpreise in der Schweiz voraussicht-
                                                             che Produkte und Lebensmittel in der EU und
lich hoch bleiben, ist zu erwarten, dass der Ein-
                                                             der Schweiz unterschiedlich hoch. Die verän-
kaufstourismus anhält. Schweizer Händler wer-
                                                             derbaren Zollsätze erlauben die Absorption der
den daher die Effizienz in Betriebsabläufen stei-
                                                             Effekte globaler Preisschwankungen, was ge-
gern müssen, z.B. durch den Gebrauch neuer

14
Forschungskonzept Land- und Ernährungswirtschaft 2021–2024

genwärtig bis mittelfristig zur lokalen Preisstabi-          des Landwirtschaftslandes (ca. 40% der was-
lität führt. Die Produktionskosten bleiben ver-              ser- und eisfreien Fläche) nimmt kontinuierlich
gleichsweise hoch.                                           ab. Mobilität, globaler Handel und sich verän-
                                                             dernde klimatische Bedingungen erleichtern die
Die Beträge für die Abgeltungen der nicht
                                                             Verbreitung von landwirtschaftlichen Schädlin-
marktfähigen Leistungen der Landwirtschaft
                                                             gen, Krankheiten und invasiven Arten. Ohne
sind konstant geblieben, während die Stützung
                                                             Gegenmassnahmen werden Antibiotikaresis-
der Produktion mittels Grenzschutz tendenziell
                                                             tenzen weiter zunehmen, während Biodiversität
abgenommen hat. Dennoch stellt die aktuelle
                                                             und Ökosystemleistungen verloren gehen. 10
Agrarpolitik laut einer OECD-Studie 7 immer
noch eine grosse Barriere für einen wettbe-                  Prognosemodelle weisen darauf hin, dass die
werbsfähigen Landwirtschafts- und Lebensmit-                 Durchschnittstemperaturen in der Schweiz wei-
telsektor in der Schweiz dar.                                ter steigen werden; der Sommerniederschlag
                                                             wird ab- und der Winterniederschlag zunehmen
Die Schweiz ist ein Nettoimporteur von Düngern
                                                             und stärker variieren. Dies führt einerseits zu ei-
wie Phosphat und wird stark von ausländischen
                                                             ner Verschiebung der produktiven Flächen,
Ressourcen abhängig bleiben, obwohl die
                                                             dem Anbau anderer Kulturen und zu einer ins-
Nachfrage nach Phosphat und Stickstoff relativ
                                                             gesamt steigenden Produktivität. Andererseits
stabil bleiben wird. Grosses Potenzial birgt das
                                                             nehmen aber auch in der Schweiz Probleme mit
Recycling von Phosphor aus Mist, Gülle, Klär-
                                                             Schädlingen und invasiven Arten zu und es
schlamm und tierischen Abfällen. Auch können
                                                             kommt vermehrt zu Krankheiten in der Tierhal-
politische und technische Fortschritte hin zu
                                                             tung und Hitzestress. Des Weiteren werden
mehr Ressourceneffizienz die Auswirkungen
                                                             Schäden durch Hagel und späten Frost häufi-
steigender Preise mittel- bis langfristig reduzie-
                                                             ger. Bodenerosion, Nährstoffauswaschung und
ren.
                                                             -verlagerung sowie Verschlechterung der Was-
Im Jahr 2018 betrug der Schweizer Endenergie-                ser- und Bodenqualität als Folge von Hochwas-
verbrauch rund 830’000 TJ. 8 Um den Bedarf                   ser, Erdrutschen und Schlammlawinen stellen
trotz Bevölkerungswachstum konstant zu hal-                  weitere Konsequenzen des Klimawandels dar.
ten, strebt die Energiestrategie 2050 eine Re-               Ein steigender Bewässerungsbedarf und ab-
duktion des Pro-Kopf-Konsums an. Obwohl die                  nehmende Reserven werden den Wassernut-
Energieproduktion von Primärressourcen wie                   zungskonflikt zwischen verschiedenen Ver-
Holz, Wasser und Abfällen stark zunahm, steigt               brauchern und Sektoren verschärfen.
die Abhängigkeit von ausländischer Energie.
                                                             Das betriebliche Stickstoffmanagement hat sich
Rahmenbedingungen – Umwelt                                   zwar verbessert, doch fielen im Jahr 2017 auf
                                                             Schweizer Landwirtschaftsbetrieben insgesamt
Der Klimawandel zeigt sich an steigenden glo-
balen Oberflächen- und Ozeantemperaturen,                    immer noch fast 115’000 t Stickstoffüberschuss
                                                             an. 11 Die negativen Auswirkungen für die Um-
der Reduktion der Schnee- und Eismassen,
                                                             welt und die menschliche Gesundheit durch die
dem steigenden Meeresspiegel und häufigeren
extremen Wetterereignissen. 9 Weltweit sind                  Freisetzung von Stickoxiden und Ammoniak so-
                                                             wie Nitrat sind demzufolge anhaltend. Ver-
Nährstoffe ein limitierender Faktor für die land-
                                                             gleichsweise hat sich die Phosphat-Nutzungs-
wirtschaftliche Produktion, während in man-
chen Regionen die hohen Nährstofffrachten in-                effizienz gesteigert, wobei auch die Phospha-
                                                             teinträge in Gewässer aus der Landwirtschaft
folge übermässiger Düngung die Ökosystem-
                                                             vielerorts noch zu hoch sind.
qualität und -stabilität gefährden. Global ver-
braucht die Landwirtschaft rund 70% des jährli-              Fruchtbares Landwirtschaftsland geht an Sied-
chen Süsswassers. Die steigende Nachfrage,                   lungs- oder Infrastrukturflächen verloren. Der
die Verschmutzung und der Klimawandel wer-                   Anteil der Landwirtschaftsflächen an der Ge-
den die Wasserverfügbarkeit und -qualität zu-                samtfläche sank seit 1982 von 44% auf 41% im
künftig global limitieren. Die Fläche und Qualität           Jahr 2015, während rund 90% der neuen Sied-

7
  OECD (2015) OECD-Studie zur Agrarpolitik: Schweiz          9
                                                               IPCC (2019) Special Report on Climate Change and Land.
  2015. Paris: OECD.                                            Genf: IPCC.
8
  BFE (2019) Schweizerische Gesamtenergiestatistik 2018.     10
                                                                IPBES (2019) The Global Assessment Report on Biodi-
  Bern: BFE.                                                    versity and Ecosystem Services. Bonn: IPBES.
                                                             11
                                                                BLW (2019) Agrarbericht 2019. Bern: BLW.

                                                                                                                  15
Forschungskonzept Land- und Ernährungswirtschaft 2021–2024

lungsfläche auf vormaligen Landwirtschaftsflä-               Strategien, zu Themen wie nachhaltige Ent-
chen entstand. 12 Ausserdem konkurriert die                  wicklung, Energie oder Lebensmittel, werden
landwirtschaftliche Produktion auch mit dem                  im Kapitel 2.1.5 vorgestellt. Die Schweiz über-
Natur- und Gewässerschutz. Der drastische                    nimmt des Weiteren Verantwortung in der Ent-
Verlust an Biodiversität konnte verlangsamt, je-             wicklung und Umsetzung internationaler Strate-
doch nicht angehalten werden. Zur Erreichung                 gien (vgl. Kapitel 2.1.4).
der Umweltziele Landwirtschaft (UZL) (vgl. Ka-
                                                             2.1.2 Trends entlang der Wertschöpfungs-
pitel 2.1.5) kann von einer flächendeckenden
                                                                   kette
Verbesserung der Ressourceneffizienz zwar
ein namhafter Beitrag erwartet werden, aller-                Die Food-Welt steht Kopf – auf allen Stufen der
dings ist auch eine Anpassung der Intensität der             Wertschöpfung. Dies führt zu grossen Unsi-
landwirtschaftlichen Produktion an standörtli-               cherheiten und wirft Fragen auf. Unsere Essge-
che Voraussetzungen angezeigt. 13                            wohnheiten sind nicht nur ressourcenintensiv,
Rahmenbedingungen – Politik                                  ungesund, widersprüchlich und inkonsistent.
                                                             Sie unterstehen auch einem konstanten Wan-
Die UNO-Klimarahmenkonvention (UNFCCC)                       del. Das GDI Gottlieb Duttweiler Institut publi-
bildet den grundlegenden politischen Rahmen,                 zierte 2019 einen neuen «European Food
um gegen die Verursacher von Treibhaus-                      Trends Report». 15 Diese Studie identifiziert und
gasemissionen vorzugehen und Auswirkungen                    untersucht Trends und Entwicklungen, die un-
des Klimawandels zu mindern. Die globale                     sere Ernährung in den nächsten 30 Jahren be-
Durchschnittstemperatur soll im Vergleich zur                einflussen werden. Gemäss dieser Studie ste-
vorindustriellen Zeit um nicht mehr als 2 °C,                hen drei wesentliche Treiber hinter dem Wan-
wenn möglich um nicht mehr als 1,5 °C steigen.               del:
Die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung
und ihre 17 Nachhaltigkeitsziele befassen sich               1. Bei vielen Menschen wächst das Bewusst-
mit dem Resilienz-Konzept und mit den Ursa-                     sein für den Einfluss unseres Konsum- und
chen von Armut und Ernährungsunsicherheit                       Essverhaltens auf Umwelt, Klima und Tier-
sowie möglichen Lösungsansätzen für diese                       wohl. Die Klimakrise beeinflusst die Produk-
Probleme (vgl. Kapitel 2.1.4). Der erste Welt-                  tion von Nahrungsmitteln, umgekehrt befeu-
nachhaltigkeitsbericht 14 von 2019 verknüpft die                ert unsere Ernährung diese Krise. Nachhal-
einzelnen Herausforderungen von Armutsbe-                       tigkeit bedeutet aber auch weniger Lebens-
kämpfung über Klima bis zur Wirtschaftsent-                     mittelverschwendung, ökologischere Verpa-
wicklung. Die Bioökonomie-Strategie für ein                     ckungslösungen und mehr Kreislaufwirt-
nachhaltiges Europa aus dem Jahr 2018 zielt                     schaft.
auf ein verbessertes Management der erneuer-                 2. Körperliche und geistige Gesundheit sind
baren biologischen Ressourcen ab.                               zum Lifestyle geworden, die richtige Ernäh-
                                                                rung ist wichtiger denn je. Mit einer optimier-
Die Schweiz hat sich im Rahmen des Klima-                       ten Nährstoffkombination und mit Bio-Ha-
übereinkommens von Paris verpflichtet, bis                      cking wollen die Konsumenten Unwohlsein,
2030 ihren Treibhausgasausstoss gegenüber                       Verdauungsprobleme, Müdigkeit und man-
dem Stand von 1990 zu halbieren. Im Jahr 2019                   gelnde Fitness vertreiben und die geistige
entschied der Bundesrat, dieses Ziel zu ver-                    Leistungsfähigkeit optimieren.
schärfen: Ab dem Jahr 2050 soll die Schweiz                  3. Die Konsumenten wünschen sich eine effizi-
unter dem Strich keine Treibhausgase mehr                       ente Verpflegung im Alltagsstress und der
ausstossen («Netto-Null-Emissionen»). Dazu                      Food-Markt reagiert. Die gesamte Gastrono-
wird vom BAFU eine langfristige Klimastrategie                  mie ist im Lieferrausch. Längst stehen hinter
ausgearbeitet. Diese soll 2020 vorgelegt wer-                   den Delivery-Menüs nicht nur klassische
den. Weitere für ein nachhaltiges Schweizer Er-                 Restaurants, sondern auch Hochleistungs-
nährungssystem ausschlaggebende nationale

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   BFS (2019) Arealstatistik Schweiz. Erhebung der Boden-    14
                                                                 UNO (2019) Global Sustainable Development Report.
   nutzung und der Bodenbedeckung. Neuenburg: BFS.              New York: UNO.
13
   Bundesrat (2016) Natürliche Lebensgrundlagen und res-     15
                                                                Schäfer, C., Bosshart, D., Frick, K. & Muller, C. (2019)
   sourceneffiziente Produktion. Aktualisierung der Ziele.      European Food Trends Report. Hacking Food: Die Neu-
   Bericht in Erfüllung des Postulats 13.4284 Bertschy vom      erfindung unseres Essens. Rüschlikon: GDI Gottlieb Dutt-
   13. Dezember 2013. Bern: Bundesrat.                          weiler Institut.

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