Tourismuspolitisches Konzept der Bayerischen Staatsregierung - Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie

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Tourismuspolitisches Konzept der Bayerischen Staatsregierung - Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie
Bayerisches Staatsministerium für
Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie

    Tourismuspolitisches Konzept
  der Bayerischen Staatsregierung
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Bildnachweis   Titelseite (in der Reihenfolge von links oben nach rechts unten):
               BAYERN TOURISMUS Marketing GmbH
               BAYERN TOURISMUS Marketing GmbH
               Tourismusverband Ostbayern e.V. | Touristinformation Deggendorf
               BAYERN TOURISMUS Marketing GmbH
               Allgäu Marketing GmbH
               BAYERN TOURISMUS Marketing GmbH | Günter Standl
               BAYERN TOURISMUS Marketing GmbH | Kurverwaltung Bad Füssing
               Tourismusverband Ostbayern e.V. | Stefan Gruber
               BAYERN TOURISMUS Marketing GmbH

Impressum      Herausgeber:     Bayerisches Staatsministerium für
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               Postanschrift:   80525 München
               Hausadresse:     Prinzregentenstraße 28 | 80538 München
               Telefon:         089 2162-2303 | 089 2162-0
               Fax:             089 2162-3326 | 089 2162-2760
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               Gestaltung:      Technisches Büro im StMWIVT
               Druck:           Neue Druck + Service GmbH | 86156 Augsburg

               Stand:           Oktober 2010
Tourismuspolitisches Konzept der Bayerischen Staatsregierung - Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie
Bayerisches Staatsministerium für
Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie

    Tourismuspolitisches Konzept
  der Bayerischen Staatsregierung
Tourismuspolitisches Konzept der Bayerischen Staatsregierung - Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie
2 ❙ Tourismuspolitisches Konzept der Bayerischen Staatsregierung
Tourismuspolitisches Konzept der Bayerischen Staatsregierung - Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie
Zusammenfassung

Das nachfolgende Tourismuspolitische Konzept der Bayerischen Staatsregierung gibt eine umfassende Darstellung
der mittel- bis langfristigen Grundlinien der bayerischen Tourismuspolitik. Folgende Kernbotschaften fassen diese zu-
sammen:

(1)   Der Tourismus ist eine Leitökonomie für Bayern.          (6) Die Kompetenz für den Bayerntourismus liegt
      Er ist identitätsstiftend und hat zentrale Bedeutung         beim Freistaat Bayern und seinen Landesteilen.
      als Arbeits- und Wirtschaftsfaktor, Werbeträger und          Die Tourismusmarke „Bayern“ und die Angebots-
      Querschnittsbranche mit vielfältigen kulturellen und         entwicklung vor Ort sind das zentrale Momentum,
      sozialen Verflechtungen.                                     das auf Bundes- und europäischer Ebene nur flan-
                                                                   kiert werden kann.
(2)   Bayern gehört zu den führenden Ganzjahres-
      Des tinationen in Europa und ist das Tourismus-          (7) Bayern setzt auf eine gesunde Mischung aus
      land Nr. 1 in Deutschland – diese Beliebtheit gilt           klassischem Erholungs- und Aktivurlaub, Ge-
      es zu festigen und auszubauen. Neben vielen be-              sundheitsurlaub und Kur, Natururlaub, Kultur-
      währten Grundsätzen sind gemeinsame Anstren-                 und Bildungsurlaub, Geschäftsreise-, Tagungs-
      gungen aller Tourismusakteure notwendig, um den              und Eventtourismus sowie Tagestourismus. Die
      Bayerntourismus fit für die Zukunft zu machen.               vielfältige Struktur Bayerns – der ländliche Raum,
                                                                   seine städtisch geprägten Schwerpunkte sowie die
(3) Betriebliche und kommunale Investitionen und                   (Groß-)Städte – bietet hierfür eine hervorragende
    Innovationen auf der touristischen Angebots-                   Grundlage.
    seite sind wesentliche Schlüssel zum Erfolg. Die
    Bayerische Staatsregierung unterstützt Betriebe            (8) Die Teilhabe aller Menschen am Tourismus ist
    und Kommunen durch investitions- und innovations-              wichtig. Die Bayerische Staatsregierung unterstützt
    fördernde Rahmenbedingungen. Anerkannte Klassi-                deshalb den familienorientierten und barrierefreien
    fizierungen sind wichtige Qualitätstreiber.                    Tourismus in vielfältiger Weise. Barrierefreiheit ist
                                                                   ein Qualitätsmerkmal der Zukunft.
(4)   Die Tourismuspolitik der Bayerischen Staatsre-
      gierung wird vom Grundprinzip „Qualität und              (9) Der Tourismus lebt von einer intakten Umwelt.
      Wettbewerb“ bestimmt. In Abhängigkeit von den                Die Bayerische Staatsregierung setzt deshalb ver-
      endogenen Potenzialen kann die Tourismuspolitik              stärkt auf eine umweltverträgliche Tourismusent-
      den Strukturwandel erfolgreich gestalten helfen.             wicklung und bekennt sich zur Vorreiterrolle des
                                                                   Freistaats Bayern beim sachgerechten Ausgleich
(5)   Eine breite Wertschätzung für den Tourismus in               von Ökologie und Ökonomie. Der Faktor Ökologie
      allen Teilen der Gesellschaft ist die Basis für den          ist dabei eine Trumpfkarte für die zukünftige Touris-
      Bayerntourismus. Die Bayerische Staatsregierung              musentwicklung. Der Klimawandel stellt den Tou-
      unterstützt Maßnahmen, mit denen der Bayerntou-              rismussektor vor große Herausforderungen, bietet
      rismus in den Köpfen und Herzen der Gesellschaft             aber auch Chancen.
      positive Resonanz gewinnt.

                                                             Tourismuspolitisches Konzept der Bayerischen Staatsregierung   ❙ 3
(10) Das touristische Qualitätsversprechen gibt es
       nur mit qualifiziertem Personal. Die Tourismus-
       wirtschaft trägt Verantwortung für die Gestaltung
       eines attraktiven Arbeitsumfelds und das Image der
       Tourismusberufe. Die Bayerische Staatsregierung
       bekennt sich zu einer bedarfsorientierten berufli-
       chen Erstausbildung und Weiterbildung im Touris-
       mus, wobei die Betriebe selbst für die Ausbildung
       des Fachkräftenachwuchses verantwortlich sind.

  (11) Eine leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur mit
       attraktiven Verkehrsangeboten ist die Lebens-
       ader des Tourismus. Die Bayerische Staatsre-
       gierung ist bestrebt, eine gute Erreichbarkeit aller
       Landesteile zu gewährleisten – sei es zu Lande, zu
       Wasser oder in der Luft.

  (12) Der bayerische Tourismus braucht ein schlag-
       kräftiges, professionelles und effizientes Mar-
       keting, um im nationalen und internationalen
       Wettbewerb bestehen zu können. Die Tourismus-
       marke „Bayern“ wird unter Einbindung der regiona-
       len Stärken laufend weiterentwickelt.

  (13) Ausländische Wachstumsmärkte werden zuneh-
       mend wichtigere Quellmärkte für den Bayern-
       tourismus. Nachhaltiges Wachstum wird nur über
       diese Märkte machbar sein, auch wenn Deutsch-
       land immer der Kernmarkt bleiben wird.

  (14) Aktuelle gesellschaftliche Trends sind Heraus-
       forderungen, aber auch große Chancen für die
       bayerischen Tourismusanbieter. Zu diesen ge-
       hören z.B. die Globalisierung, der demographische
       Wandel, der Klimawandel, die wachsende Bedeu-
       tung von Gestaltung und Design, der Trend zu Au-
       thentizität, die vermehrte Nachfrage nach Gesund-
       heitsurlaub sowie der Trend zu Kurzreisen.

  (15) Neue Technologien und Kommunikationsfor-
       men können dem Tourismus in Bayern weitere
       Schubkraft verleihen. Es gilt, diese entsprechend
       der Marktgegebenheiten in die touristische Ange-
       botsentwicklung aufzunehmen.

4 ❙ Tourismuspolitisches Konzept der Bayerischen Staatsregierung
Inhalt

1 Einführung                                                                                                       7

2 Situation des Tourismus in Bayern                                                                                9

  2.1   Bedeutung des bayerischen Tourismus                                                                        9

  2.2   Angebotsstruktur des bayerischen Tourismus                                                                10

  2.3   Nachfragestruktur des bayerischen Tourismus                                                               11

  2.4   Wettbewerbssituation                                                                                      12

  2.5   Stärken des bayerischen Tourismus                                                                         13

  2.6   Erfolgsfaktoren des bayerischen Tourismus                                                                 14
        2.6.1   Ausbau der privaten Investitionen und Verbesserung der Rahmenbedingungen                          14
        2.6.2   Attraktivitätssteigerung und Qualitätsverbesserung der öffentlichen Tourismusinfrastruktur        15
        2.6.3   Effizientes Tourismusmarketing                                                                    16
        2.6.4   Steigerung der Wertschätzung für den Tourismus                                                    18
        2.6.5   Erhalt der inländischen Kaufkraft                                                                 18
  2.7   Trends und Entwicklungspotenziale                                                                         18

3 Tourismuspolitische Aufgabenverteilung                                                                         21

  3.1   Europäische Ebene                                                                                        21

  3.2   Bundesebene                                                                                              22

  3.3   Länder- und kommunale Ebene                                                                              23

4 Tourismuspolitisches Leitbild                                                                                  25

  4.1   Tourismuspolitische Leitlinien der Bundesregierung                                                       25

  4.2   Leitbild für den Bayerntourismus                                                                         29
        4.2.1 Qualitatives Wachstum                                                                              29
        4.2.2 Umweltverträglichkeit                                                                              30
        4.2.3 Konkurrenzfähigkeit und wirtschaftlicher Erfolg durch Innovation,
              zielgruppengerechte Angebote und professionelle Vermarktung                                        30
        4.2.4 Profilierung der vielfältigen Angebotsstruktur                                                     31
        4.2.5 Ausgewogene Tourismusstruktur                                                                      32

                                                        Tourismuspolitisches Konzept der Bayerischen Staatsregierung   ❙ 5
5 Tourismuspolitische Schwerpunkte                                                       33

       5.1   Professionalisierung und wirtschaftliche Orientierung des Tourismusmarketings   33
             5.1.1   Bayerns Tourismusmarketing-Strategie                                    33
             5.1.2   Aufgabenteilung und Kooperation im Marketing                            34
             5.1.3   Markenkonzepte und Produktlinien                                        34
             5.1.4   Vertriebskooperationen und Cross-Marketing                              36
             5.1.5   Auslandsmarketing                                                       36
             5.1.6   Marktforschung, Innovation und Monitoring                               37
             5.1.7   Online-Marketing                                                        37
       5.2   Förderung des Tourismusgewerbes                                                 38

       5.3   Förderung der kommunalen touris tischen Infrastruktur                           40

       5.4   Förderung der Aus-, Fort- und Weiterbildung im Tourismus                        41

       5.5   Unterstützung einer umweltverträglichen Tourismusentwicklung                    44

       5.6   Unterstützung des Tourismus für Jugendliche, Familien,
             Senioren und Menschen mit Behinderung                                           47

       5.7   Zukunftsmarkt Gesundheitstourismus                                              48

       5.8   Tourismus in Stadt und Land                                                     49
             5.8.1 Boomender Städtetourismus                                                 49
             5.8.2 Touristische Erfolgsmodelle im ländlichen Raum stärken                    50
       5.9   Tourismusorientierung in anderen Politikbereichen                               52

    6 Schlusswort                                                                            53

6 ❙ Tourismuspolitisches Konzept der Bayerischen Staatsregierung
1
                                         Einführung

Der Tourismus ist für Bayern eine Leitökonomie, deren                                  Bayern bietet seinen Gästen ein umfassendes Portfolio
Bedeutung weiter zunehmen wird. Mit weltweit hohen                                     an Übernachtungsmöglichkeiten sämtlicher Kategorien –
Wachstumsraten ist der Tourismus trotz konjunktureller                                 vom Bauernhof bis zum Designhotel. Beherbergungsbe-
Schwankungen langfristig einer der dynamischsten Wirt-                                 triebe, Anbieter von „Urlaub auf dem Bauernhof“, Cam-
schaftsbereiche. Bayern konnte sich mit über 26 Millio-                                pingplätze und Privatvermieter stehen für die Touristen
nen Gästeankünften und über 75 Millionen Gästeüber-                                    in Bayern bereit.
nachtungen trotz hoher Zuwachsraten in anderen Bun-
desländern in den letzten Jahren unangefochten als das                                 Bayern ist ein Ganzjahres-Reiseland (Abbildung 2). Die
Tourismusland Nr. 1 in Deutschland behaupten (Abbil-                                   Schönheit des Landes sowie sein natürlicher und kultu-
dung 1).                                                                               reller Reichtum einschließlich der prägenden Kulturdenk-
                                                                                       mäler sind eine hervorragende Basis für den Tourismus
 Abbildung 1: Gästeübernachtungen nach Bundesland
                                                                                       in Stadt und Land. Die Weltoffenheit und Gastfreund-
 (in Mio.)                                                                             schaft der Bevölkerung, das hohe Maß an innerer Sicher-
                                                                                       heit sowie die moderne Infrastruktur haben dazu beige-
 Bayern
                                                                                       tragen, dass sich der Tourismus in Bayern zu einem zen-
 Baden-Württemberg
                                                                                       tralen Wirtschaftszweig entwickeln konnte.
 Nordrhein-Westfalen
 Niedersachsen
 Mecklenburg-Vorp.                                                                      Abbildung 2: Bayern als Ganzjahres-Reiseland
 Hessen                                                                                 (Anzahl Übernachtungen)
 Schleswig-Holstein
                                                                                        Winterhalbjahr 38 %
 Rheinland-Pfalz
                                                                                        (November bis April)
 Berlin
 Sachsen
 Brandenburg
 Thüringen
 Hamburg
 Sachsen-Anhalt
 Saarland
 Bremen                                                                                                                                       Sommerhalbjahr 62 %
                       0     10     20     30     40     50     60     70       80                                                            (Mai bis Oktober)

 Quelle: Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr           Quelle: Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr
 und Technologie nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes, 2009                        und Technologie nach Zahlen des Bayerischen Landesamtes für Statistik und
 (Betriebe mit neun und mehr Gästebetten sowie Campingplätze)                           Datenverarbeitung, 2008/09

Die Ausgaben von Touristen in Bayern belaufen sich auf                                 Der Tourismus hat als Querschnittsbranche mit vielfäl-
rund 25 Milliarden Euro p.a. Damit sichert der Tourismus                               tigen wirtschaftlichen und sozialen Verflechtungen eine
rechnerisch mehr als 560.000 Einwohnern in Bayern ein                                  herausragende Bedeutung für Arbeit und Wertschöpfung
Einkommen in Höhe des landesweiten Durchschnitts.                                      in Bayern. Gerade im Zeitalter der Globalisierung trägt
Rund 310.000 Beschäftigte entfallen allein auf das Ho-                                 der Tourismus aufgrund seiner örtlichen Gebundenheit
tel- und Gaststättengewerbe. Dies sind mehr als z.B. in                                zu deren Erhalt und Ausbau bei. Vor allem im ländlichen
der Automobilindustrie oder im Maschinenbau in Bayern                                  Raum ist der Tourismus eine wichtige Arbeits- und Aus-
beschäftigt sind.                                                                      bildungsplatzalternative sowie Wertschöpfungsquelle.

                                                                                     Tourismuspolitisches Konzept der Bayerischen Staatsregierung                      ❙ 7
Der Tourismus ist aber auch von großer kultureller, ge-          Das Tourismuspolitische Konzept ist kein Marketingkon-
  sundheits- und gesellschaftspolitischer Bedeutung. Er            zept. Es ist in erster Linie eine Grundlage für die Tou-
  trägt zum Erhalt der Kulturlandschaft bei und ist darüber        rismuspolitik der Bayerischen Staatsregierung und stellt
  hinaus ein positiver Imageträger für das Land Bayern. So         zugleich eine Orientierungshilfe für die Tourismuswirt-
  profitiert auch der Wirtschaftsstandort Bayern im Gan-           schaft, die Tourismuskommunen und die Tourismusor-
  zen von der touristischen Attraktivität Bayerns und dem          ganisationen in Bayern dar. Gemeinsames Ziel muss da-
  bayerischen Tourismusmarketing.                                  bei sein, den Tourismus in Bayern auch in Zukunft erfolg-
                                                                   reich zu gestalten – im Einklang mit Natur, Kultur und den
  Doch die Spitzenstellung Bayerns im Tourismus ist kein           Menschen, die den Tourismus prägen. Es wäre daher
  Naturgesetz. Angesichts der großen Bedeutung des Tou-            wünschenswert, wenn die zentralen Aussagen des Tou-
  rismus für Bayern dürfen wir uns nicht auf den Erfolgen          rismuspolitischen Konzepts nicht nur auf breite Resonanz
  der Vergangenheit ausruhen. Es sind weiterhin Anstren-           stießen, sondern auch bei der Weiterentwicklung regio-
  gungen notwendig, um Bayerns Marktpotenzial im glo-              naler Tourismuskonzepte berücksichtigt, vor Ort mit Le-
  balen Wettbewerb auszuschöpfen und auf neue Heraus-              ben gefüllt und – auf Basis des kommunalen Selbstver-
  forderungen erfolgreich zu reagieren. Diese Aufgaben             waltungsrechts – regionsspezifisch umgesetzt würden.
  muss die Tourismuswirtschaft in erster Linie selbst be-
  wältigen. Die Fortentwicklung des touristischen Ange-            Das Tourismuspolitische Konzept der Bayerischen Staats-
  bots ist primär Aufgabe der Betriebe und Destinationen.          regierung wurde am 19. Oktober 2010 vom Ministerrat
                                                                   beschlossen und löst das bisherige Tourismuspolitische
  Die Bayerische Staatsregierung unterstützt die Touris-           Konzept vom 28. Juni 1994 ab.
  muswirtschaft auch in Zukunft bei der Gestaltung der
  Rahmenbedingungen. Sie bekennt sich insoweit aus-
  drücklich zu den am 17. Dezember 2008 vom Bundes-
  kabinett beschlossenen „Tourismuspolitischen Leitlinien
  der Bundesregierung“, greift sie im vorliegenden Touris-
  muspolitischen Konzept der Bayerischen Staatsregierung
  auf und kommuniziert sie an die betreffenden Multiplika-
  toren weiter.

  Die Tourismuspolitik der Bayerischen Staatsregierung
  setzt konsequent auf kontinuierliche Qualitätssteigerung
  und professionelle Vermarktung der bayerischen Touris-
  musangebote. Das Instrument der Förderpolitik wird ge-
  zielt für die Schaffung moderner touristischer Angebote
  in Kommunen und Betrieben eingesetzt. Ebenso wird die
  Vermarktung der Angebote im In- und Ausland auf Lan-
  desebene gefördert. Das Zielgruppenmarketing und das
  Produktlinienmanagement der BAYERN TOURISMUS
  Marketing GmbH haben sich als richtig und wegweisend
  bewährt. Alle Maßnahmen sind darauf angelegt, den
  Tourismusstandort Bayern nachhaltig im nationalen und
  internationalen Wettbewerb zu stärken.

  Die Bayerische Staatsregierung stellt mit dem vorliegen-
  den Tourismuspolitischen Konzept ihre Tourismuspolitik
  auf eine zukunftsweisende Grundlage. Das Konzept ana-
  lysiert die gegenwärtige Situation des Tourismus in Bay-
  ern, entwirft ein Leitbild für die Entwicklung und zeigt
  Handlungsfelder sowie Ansatzpunkte zur Lösung der
  zentralen Zukunftsaufgaben auf.

8 ❙ Tourismuspolitisches Konzept der Bayerischen Staatsregierung
2
                             Situation des Tourismus in Bayern

                                                              Einzelhandel). Ebenso generiert der Tourismus zusätzli-
 2.1 Bedeutung des bayerischen Tourismus
                                                              che Nachfrage nach Mobilitätsangeboten (im Individu-
                                                              alverkehr wie auch im öffentlichen Verkehr). Die Touris-
Der Tourismus ist eine Querschnittsbranche, die eine          musbranche ist zudem von enormer Bedeutung für den
vielfältige Wertschöpfungskette in Gang hält. Die Ver-        bayerischen Arbeits- und Ausbildungsmarkt. So ist z.B.
flechtungen des Tourismus mit vielen Lebens- und Wirt-        allein das bayerische Hotel- und Gastgewerbe mit über
schaftsbereichen sind äußerst vielschichtig und von           310.000 Beschäftigten und über 16.000 Auszubildenden
großer wirtschaftlicher und gesellschaftspolitischer          ein wichtiger Arbeitgeber. Eine immer größere Bedeu-
Bedeutung. Tourismuspolitik berührt unter anderem             tung erlangen Events im Bereich von Sport, Kunst, Kul-
Steuerpolitik, Verkehrspolitik, Gesundheitspolitik, Land-     tur, Brauchtum sowie traditionellen Märkten. Messen,
wirtschaftspolitik, Arbeitsmarktpolitik, Bildungspolitik,     Kongresse und Ausstellungen geben ihrerseits wichtige
Kulturpolitik, Handelspolitik, Handwerkspolitik, Umwelt-      Impulse für den Tourismus. Nicht zuletzt profitiert vom
politik, Sicherheitspolitik und außenpolitische Anliegen      Tourismusmarketing auch die Veranstaltungs- und Wer-
wie beispielsweise Völkerverständigung.                       bewirtschaft; dies in der gesamten Breite von der klassi-
                                                              schen Werbeagentur über den IT-Dienstleister bis hin zu
Reisen hat einen großen Stellenwert in der Gesellschaft.      den Printmedien.
Für den einzelnen bedeutet es Freizeitgestaltung und Er-
holung, das Kennenlernen fremder Länder und Kulturen          Der Tourismus hat auch große regionalwirtschaftliche
sowie die Erweiterung des Erfahrungshorizonts. Die de-        Bedeutung für Bayern. Er lenkt kaufkräftige Nachfrage in
mographische Entwicklung sowie der Megatrend eines            den ländlichen Raum und führt so zu einer Stärkung der
steigenden Gesundheitsbewusstseins lassen den Touris-         Wirtschaftskraft gerade strukturschwacher, mit Anpas-
mus zudem wichtige Funktionen im Gesundheitssektor            sungsproblemen kämpfender Regionen. Die wichtigsten
übernehmen. Der Tourismus hat außerdem eine große             Stützen des Tourismus im ländlichen Raum sind die bay-
kulturelle und gesellschaftspolitische Bedeutung. Der In-     erischen Heilbäder und Kurorte, die rund 30% aller Über-
coming-Tourismus fördert durch den Kontakt von Gast-          nachtungen im Freistaat generieren. Neben dem klas-
und Gastgebernation den interkulturellen Austausch            sischen Gastgewerbe werten bäuerliche Betriebe den
sowie das Verständnis für andere Kulturen und Men-            ländlichen Raum mit vielfältigsten Angeboten für „Ur-
talitäten. Er leistet somit vor dem Hintergrund der fort-     laub auf dem Bauernhof“ zusätzlich auf. Campingplätze
schreitenden Integration der Länder Europas und der zu-       und sogenannte Reisemobilhäfen tragen ihrerseits zur
nehmenden Globalisierung einen wichtigen Beitrag zum          Belebung des touristischen Geschehens im ländlichen
internationalen Austausch. Der Tourismus ist auch ein         Raum bei. Im Hinblick auf wirtschaftliche Veränderungen
bedeutender Nachfragefaktor für kulturelle Angebote           in den Städten ist der Tourismus auch dort ein wichtiges
und trägt nicht unmaßgeblich zu deren Finanzierung bei.       Regulativ.

Eine zentrale Bedeutung kommt dem Tourismussektor             Schließlich trägt der Tourismus als Werbeträger auch zur
als Wirtschaftsfaktor zu. Vom Tourismus hängt der Ab-         Profilierung und zum positiven Image des Wirtschafts-
satz der Gastronomie, des Beherbergungsgewerbes,              standorts Bayern bei. Faktoren wie Schönheit der Natur,
der Freizeitgüterindustrie sowie von Handel, Handwerk,        intakte Landschaft, reichhaltiges Kulturangebot und bau-
Kreativwirtschaft und weiteren Dienstleistungsbranchen        liches Erbe, die den Erfolg des Tourismusstandorts Bay-
ab. Einer Studie zufolge entfallen ca. 63% der von Über-      ern wesentlich mit ausmachen, zählen zu den „weichen“
nachtungsgästen in gewerblichen Betrieben in Bayern           Standortfaktoren, die auch für die Ansiedlung von Wirt-
generierten Bruttoumsätze am Zielort auf das Gastge-          schaftsunternehmen und die Gewinnung von Fachkräf-
werbe, ca. 37% auf andere Branchen (insbesondere den          ten von Bedeutung sind. Gerade Großveranstaltungen

                                                            Tourismuspolitisches Konzept der Bayerischen Staatsregierung   ❙ 9
von internationaler Bedeutung können diese weichen
    Standortfaktoren über die Medien einer breiten Öffent-                     Abbildung 3: Angebotsstruktur des Bayerntourismus
                                                                               nach Gästebetten
    lichkeit bekannt machen und so das Image des Wirt-
    schafts- und Tourismusstandortes Bayern weiter stär-                                     Erholungs-, Ferien-,
    ken.                                                                                      Schulungsheime             Sonstige 8 %
                                                                               Pensionen 7 %        7%                                         Hotels 35 %

    Neben der Imagewirkung nach außen entfaltet der Tou-
    rismus in Bayern auch große Strahlkraft nach innen. Er
    hat beachtliches identitätsstiftendes Potenzial für das
    gesamte Land. Dessen ungeachtet erfährt er vielerorts
    nicht die Wertschätzung in der Bevölkerung, die seiner
    Bedeutung entsprechen sollte. Hier gilt es, den unter-
    stellten Lasten in Zukunft verstärkt die Vorteile des Tou-                 Ferienhäuser und
    rismus gegenüberzustellen, wie beispielsweise die Si-                        -wohnungen               Gasthöfe 14 %                   Hotels garni 15 %
                                                                                     14 %
    cherung von nicht ins Ausland verlagerbaren Arbeitsplät-
    zen.                                                                       Quelle: Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr
                                                                               und Technologie nach Zahlen des Bayerischen Landesamtes für Statistik und
                                                                               Datenverarbeitung, 2009

     2.2 Angebotsstruktur des bayerischen                                     Auch der Campingbereich stellt ein wichtiges Angebots-
         Tourismus                                                            segment im Bayerntourismus dar. Rund 450 Touristik-
                                                                              plätze mit rund 38.000 Stellplätzen für das Urlaubscam-
                                                                              ping sowie eine Vielzahl nicht statistisch erfasster touris-
    Die bayerische Tourismusbranche ist weitgehend mittel-
                                                                              tischer Kleincampingplätze einschließlich der Möglichkeit
    ständisch geprägt. Der Großteil der Leistungen im Be-
                                                                              des Campings auf dem Bauernhof runden das Angebot
    reich Beherbergung und Gastronomie wird von kleinen
                                                                              ab.
    und mittleren gewerblichen Betrieben erbracht. Darüber
    hinaus stellen Privatquartiere in vielen bayerischen Tou-
                                                                              Bayern bietet dem Gast eine breite Palette an Sehens-
    rismusregionen einen erheblichen Anteil des Beherber-
                                                                              würdigkeiten, Freizeit- und Kulturangeboten sowie eine
    gungsangebots.
                                                                              gut ausgebaute touristische Infrastruktur. Die 32 Schlös-
                                                                              ser und Residenzen, 13 Burgen und Festungen, 9 Sons-
    Die wichtigste Säule des bayerischen Tourismus ist das
                                                                              tige Objekte wie Markgräfliches Opernhaus Bayreuth,
    mittelständische Gastgewerbe. Rund 42.000 Betriebe
                                                                              Bavaria, Feldherrnhalle, Befreiungshalle Kelheim oder St.
    der Hotellerie und Gastronomie halten mit über 310.000
                                                                              Bartholomä am Königssee, 29 Schlossgärten oder Gar-
    Beschäftigten und über 16.000 Auszubildenden ein viel-
                                                                              tenanlagen und 22 Seen der Bayerischen Verwaltung der
    seitiges Angebot bereit. Von den rund 576.000 Gäst-
                                                                              staatlichen Schlösser, Gärten und Seen, 11 Freizeitparks
    ebetten entfallen 34,7% auf Hotels, 15,4% auf Hotels
                                                                              sowie über 100 Seilschwebebahnen und Standseilbah-
    garni, 14,5% auf Gasthöfe, 13,6% auf Ferienhäuser und
                                                                              nen und über 750 Schlepplifte tragen zu einem umfas-
    Ferienwohnungen, 6,9% auf Pensionen, 6,6% auf Erho-
                                                                              senden Angebot für Unterhaltung, Erholung und Sport
    lungs-, Ferien- und Schulungsheime und 8,3% auf Sons-
                                                                              bei. Über 1.200 Museen und Sammlungen, eine vielfäl-
    tige (Abbildung 3). Der „Urlaub auf dem Bauernhof“ als
                                                                              tige Theaterlandschaft sowie ein reichhaltiges bauliches
    touristisches Spezialangebot erfreut sich zunehmender
                                                                              Erbe einschließlich fünf Welterbestätten bereichern die
    Beliebtheit. Rund 7.000 Betriebe laden Familien zu ei-
                                                                              kulturelle Attraktivität Bayerns. Die zunehmend zertifi-
    nem Erlebnis- und Natururlaub1 in ländlicher Atmosphäre
                                                                              zierten „Touristinformationen“ sowie die „Häuser des
    ein. Etwa jede zweite bundesdeutsche Vermietung „Ur-
                                                                              Gastes“ stehen den Touristen mit Informationen und ei-
    laub auf dem Bauernhof“ entfällt auf Bayern.
                                                                              nem vielseitigen Unterhaltungsangebot zur Verfügung.

                                                                              Eine Trumpfkarte im Bayerntourismus sind die prädika-
                                                                              tisierten Fremdenverkehrsgemeinden. Besonders hohe
    1)   Im Nachfolgenden wird unter Urlaub nicht nur der Haupturlaub, eine
                                                                              Qualitätsanforderungen erfüllen 349 staatlich anerkannte
         Pauschalreise oder eine vergleichbare Angebotsbündelung verstan-
         den, sondern jedwede Art, Dauer und Motivation im Rahmen der         Kur- und Erholungsorte. 42 Heilbäder und Kurorte (da-
         persönlichen Ferien- und Urlaubsplanung.                             von 20 Heilbäder, 5 Kneippheilbäder, 1 Schrothheilbad,

10 ❙ Tourismuspolitisches Konzept der Bayerischen Staatsregierung
3 Kneippkurorte und 13 heilklimatische Kurorte) sowie
5 Staatsbäder, 82 Luftkurorte, 225 Erholungsorte und        Abbildung 4: Quellmärkte für den Bayerntourismus –
                                                            Deutschland
10 Heilquellen- und Moorkurbetriebe decken das ge-
samte Spektrum von der reinen Erholungssuche über           Thüringen          Niedersachsen
                                                               5%               und Bremen Sachsen               Sonstige
medizinisch fundierte Wellness und Prävention bis hin                                        3%
                                                                                    4%                             11 %
zur klassischen Kur und Rehabilitation ab. Der bayerische   Rheinland-Pfalz
                                                                  4%
Weg der Prädikatisierung hat sich bei der Qualitätssiche-
rung bewährt. Im Zusammenwirken des sachverständi-
gen Fachausschusses, des Bayerischen Staatsministeri-
ums des Innern und des Bayerischen Staatsministeriums
für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie
haben sich die Begriffsbestimmungen des Deutschen           Hessen                                                                  Bayern
                                                             6%                                                                      39 %
Heilbäderverbandes e.V./Deutschen Tourismusverban-                   Nordrhein-Westfalen           Baden-Württemberg
des e.V. als praxisgerecht bewährt. Die Bayerische                          12 %                         16 %
Staatsregierung spricht sich deshalb dafür aus, die Be-     Quelle: Deutscher Reisemonitor, 2009

griffsbestimmungen zur Qualitätssicherung des kom-
pletten Portfolios der prädikatisierten Fremdenverkehrs-
                                                            Abbildung 5: Quellmärkte für den Bayerntourismus –
gemeinden grundsätzlich beizubehalten und allenfalls
                                                            Ausland
punktuell nachzujustieren, um auf aktuelle Fragen reagie-
                                                                            Sonstige                         Niederlande
ren zu können.                                                               40 %                               11 %           Italien
                                                                                                                                10 %

 2.3 Nachfragestruktur des bayerischen
     Tourismus

                                                            Japan                                                                    USA
Der Inlandstourismus ist und bleibt das Rückgrat des                                                                                 10 %
                                                             3%
Bayerntourismus. Fast 84% der Übernachtungen in den                         Frankreich                   Schweiz       Österreich
gewerblichen Beherbergungsbetrieben entfallen auf                              4%                          7%             9%
Gäste aus Deutschland. Das Gros – 39% der Gäste –                                   Vereinigtes Königreich
                                                                                             6%
kommt aus Bayern. Damit bleibt Bayern der wichtigste
                                                            Quelle: Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr
Quellmarkt für die Reise nach Bayern, gefolgt von Ba-       und Technologie nach Zahlen des Bayerischen Landesamtes für Statistik und
                                                            Datenverarbeitung, 2009
den-Württemberg mit 16%, Nordrhein-Westfalen mit
12%, Hessen mit 6%, Thüringen mit 5%, Rheinland-
Pfalz mit 4%, Niedersachsen und Bremen mit 4%, Sach-        Abbildung 6: Wachstumsmärkte für den Bayern-
sen mit 3% sowie den verbleibenden Bundesländern mit        tourismus
11% (Abbildung 4).                                          16%

                                                            14%
Das vielfältige touristische Angebot spricht zunehmend
                                                            12%
ausländische Gäste an. Während deren Anteil am baye-
rischen Tourismusaufkommen 1994 noch bei rund 10%           10%

lag, sind dies mittlerweile über 16% der Übernachtun-        8%
gen. Der Incoming-Tourismus ist langfristig der Wachs-       6%
tumsmotor des Bayerntourismus. Die meisten ausländi-         4%
schen Gäste kommen aus den Niederlanden (11,2%), Ita-
                                                             2%
lien (9,6%), den USA (9,5%), Österreich (9,1%), Schweiz
                                                             0%
(7,4%), dem Vereinigten Königreich (5,8%), Frankreich
                                                                      Arabische       China         Indien       Russland     Südkorea
(4,0%) und Japan (3,5%) (Abbildung 5).                               Golfstaaten
                                                            Quelle: Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr
                                                            und Technologie nach Zahlen des Bayerischen Landesamtes für Statistik
Bemerkenswerte Zuwächse waren zuletzt aus den Ara-          und Datenverarbeitung; konstante jährliche Wachstumsrate der Übernach-
                                                            tungen 1999 –2009 (Indien: 2006 –2009); Berechnungsformel: [(Wert 2009)/
bischen Golfstaaten, China, Indien, Russland und Süd-       (Wert 1999)] (1/10)-1
korea zu verzeichnen (Abbildung 6).

                                                                                              Situation des Tourismus in Bayern              ❙ 11
Laut Marktforschung sind 42% der Reisen der Deut-                vielen Bereichen modernisiert und an den internationa-
   schen nach Bayern mit mindestens einer Übernachtung              len Standard herangeführt. Dies intensiviert den Wettbe-
   Urlaubsreisen (17,5 Millionen), 43% sonstige Privatrei-          werb mit diesen Ländern (z.B. Tschechien, Slowakei, Un-
   sen (17,9 Millionen) und 15% Geschäftsreisen (5,8 Mil-           garn). Gerade für das räumlich nahe Bayern entsteht da-
   lionen). Bei den Geschäftsreisenden ist die Wertschöp-           durch ein zunehmender Preisdruck.
   fung besonders hoch.
                                                                    Mit den Reisezielen Österreich, Südtirol und Schweiz
   Dazu kommen nach einer Studie 446 Millionen private              steht Bayern wegen der in vielen Bereichen vergleichba-
   Tagesausflüge und 84 Millionen Tagesgeschäftsreisen              ren Tourismusangebote und dem ähnlichen touristischen
   der Deutschen nach Bayern. Dies entspricht einem An-             Image in direktem Wettbewerb um den Gast. Einer mög-
   teil Bayerns an den Tagesreisen der Deutschen von 15%            lichen „Sandwichposition“ Bayerns im Angebotsbereich
   bzw. 14%. Im Hinblick auf eine Gewichtung der Markt-             zwischen preisaggressiven Angreifern einerseits und ver-
   segmente ist zu berücksichtigen, dass die Tagesausga-            stärkten Premiumanbietern andererseits gilt es weiterhin
   ben bei Geschäftsreisen am höchsten sind, gefolgt von            gezielt vorzubeugen.
   Kuraufenthalten und den Urlaubsreisen. Der Stellenwert
   des Tagestourismus darf nicht unterschätzt werden. So            Im Deutschlandtourismus sind die neuen Bundeslän-
   trägt er in weiten Teilen Bayerns mehr als die Hälfte zum        der als ernstzunehmende Wettbewerber dazugekom-
   touristischen Gesamtumsatz bei.                                  men. Ungeachtet der Marktführerschaft Bayerns bei den
                                                                    Übernachtungen mit 75,2 Mio. im Jahr 2009 hat Bay-
   Der Städtetourismus hat in den letzten Jahren einen              ern von 1994 bis 2009 einen Übernachtungsrückgang
   Nachfrageboom erlebt. Während die kreisfreien Städte             von insgesamt 3,7% hinnehmen müssen. Dem steht
   von 1999 bis 2009 24,5% mehr Übernachtungen ver-                 z.B. ein Übernachtungszuwachs um 138,3% in Meck-
   buchen konnten, verloren die Landkreise 5,5% an Über-            lenburg-Vorpommern auf 28,4 Mio. im Jahr 2009 gegen-
   nachtungen. Der „multioptionale Natururlauber“ von               über. Im Vergleich von 1994 zu 2009 ist der Marktanteil
   heute entscheidet sich häufig für einen Ausgangsort, an          Bayerns am Inlands-Übernachtungstourismus von 24,9
   dem er ein breites gastronomisches Angebot, Einkaufs-            auf 20,4% gesunken. Bayern hat damit noch vor Baden-
   möglichkeiten sowie Kunst- und Kulturangebot vorfindet.          Württemberg, Hessen und Schleswig-Holstein den größ-
   Die Herausforderung besteht darin, von der Zugkraft der          ten Rückgang beim Marktanteil zu verzeichnen. Vor allem
   Städte auch den ländlichen Raum profitieren zu lassen.           die neuen Bundesländer haben dagegen – auch aufgrund
   Von besonderer Bedeutung für den Städtetourismus ist             ihres geringen Ausgangsniveaus und hoher Fördervolu-
   darüber hinaus das Kongress- und Messewesen.                     mina – eine deutlich positivere Entwicklung zu verzeich-
                                                                    nen.
   Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer lag zuletzt bei
   2,9 Tagen (Betriebe mit neun und mehr Betten sowie               Betrachtet man die Reiseziele der Deutschen bei den
   Campingplätze), die Kapazitätsauslastung lag bei durch-          längeren Urlaubsreisen ab 5 Tagen insgesamt, werden
   schnittlich 35,5% (Betriebe mit neun und mehr Betten).           jährlich fast 70% der Urlauber von Sonne und Meer so-
                                                                    wie Ferne und Exotik ins Ausland gelockt. Insbesondere
                                                                    die durch sogenannte Billigflieger entstehende Konkur-
                                                                    renz wächst kontinuierlich. Deren Nutzung hat sich in
     2.4 Wettbewerbssituation
                                                                    den letzten fünf Jahren fast vervierfacht. Sofern die Flug-
                                                                    preise sich nicht wesentlich ändern, ist hier keine Trend-
   Im Zuge der weltweit steigenden Mobilität der Men-               änderung zu erwarten.
   schen ist der Tourismus bereits seit Jahren zunehmend
   von der Globalisierung geprägt. Der wachsende Wohl-              Bezogen auf die einzelnen Tourismussegmente hat sich
   stand in Schwellenländern und Reformstaaten gene-                die Wettbewerbssituation vor allem auf dem Tagungs-
   riert dabei einerseits zusätzliches Potenzial für den Bay-       und Seminarmarkt in den letzten Jahren deutlich ver-
   erntourismus, führt andererseits aber auch zu einer Aus-         schärft. Die Kapazitäten wachsen schneller als die Nach-
   weitung und Verbesserung des Angebots im Ausland.                frage und entsprechende Angebote insbesondere auch
   Die Konsequenz ist ein weltweit zunehmender Wettbe-              im europäischen Ausland wurden massiv ausgebaut.
   werb um den Reisenden. So haben z.B. die Länder Mit-
   tel- und Osteuropas im Zuge ihrer Umstellung auf markt-
   wirtschaftliche Strukturen auch ihr Tourismusangebot in

12 ❙ Tourismuspolitisches Konzept der Bayerischen Staatsregierung
Auch im Kur- und Heilbäderwesen fand in den letzten            Landschaft und Kultur. Auch die vielfältigen regionalen
15 Jahren durch die Gesundheitsreformen, die EU-Ost-           kulinarischen Spezialitäten zählen zum touristischen Ka-
erweiterung und die Freizügigkeit innerhalb der EU eine        pital Bayerns. Fränkischer Wein und bayerisches Bier
Verschärfung der Wettbewerbssituation statt. Neue Mit-         sind ebenso wie die bayerische Küche weltweit aner-
bewerber wie Tschechien oder Ungarn mit großer Bä-             kannte und unvergleichlich sympathische Botschafter
dertradition bieten Aufenthalte zu niedrigeren Preisen an,     unseres Landes. Sie sind insbesondere für den Inlands-
wobei der umworbene Gast als medizinischer Laie den            markt wichtige touristische Angebote, die möglichst mit
Qualitätsstandard vielfach nicht beurteilen und verglei-       Premium-Strategien positioniert werden sollten. Zugkräf-
chen kann. Durch die Einsparungen im Gesundheitswe-            tige Großveranstaltungen im Bereich des Sports und der
sen wurde die Anzahl der Kuren reduziert. Gleichzeitig         Kultur empfehlen das Gastland Bayern auch international
nutzen vermehrt deutsche Gesundheitstouristen wegen            und tragen zur Imagebildung bei. Gleiches gilt für interna-
der grundsätzlichen Verpflichtung der deutschen Sozial-        tionale Top-Kongresse, deren Teilnehmer ein modernes
versicherungsträger, Kuren auch in anderen EU-Staaten          Bayern-Bild als Multiplikatoren in alle Welt tragen.
zu unterstützen, die Möglichkeit, die Kur mit einem Aus-
landsaufenthalt zu verbinden.                                  Entscheidend für den Erfolg Bayerns als Tourismusland
                                                               sind zudem die vielfältigen Angebote der Hotellerie und
                                                               Gastronomie, die ein breites Nachfragespektrum abde-
                                                               cken und grundsätzlich ein sehr gutes Preis-Leistungs-
 2.5 Stärken des bayerischen Tourismus
                                                               Verhältnis bieten. Neben der gewerblichen Tourismus-
                                                               infrastruktur trägt darüber hinaus auch die öffentliche
Bayern ist ein äußerst vielfältiges und attraktives Urlaubs-   Tourismusinfrastruktur mit modernen touristischen In-
und Reiseland mit ganzjährigem Angebotsspektrum. Von           formationszentren, gut ausgebauten Rad- und Wander-
Deutschlands höchstem Berg, der Zugspitze, im Süden            wegen, Loipen, Bergbahnen etc. zur touristischen Stärke
bis hin zur weithin bekannten Weinregion, dem Fränki-          Bayerns bei.
schen Weinland, im Norden, von Deutschlands erstem
Nationalpark, dem Nationalpark Bayerischer Wald, im            Bayern verfügt über eine leistungsfähige Verkehrsinfra-
Osten bis hin zu Deutschlands meistbesuchtem Schloss,          struktur, die grundsätzlich eine gute Erreichbarkeit aller
Schloss Neuschwanstein, im Westen Bayerns erstreckt            Landesteile gewährleistet. Hiervon profitiert nicht nur der
sich eine Vielzahl von Reisemöglichkeiten für breite Ziel-     Wirtschaftsstandort Bayern, sondern auch das Urlaubs-
gruppen. Kein anderes Bundesland hat neben der Som-            und Reiseland Bayern. Neben einem dichten Netz von
mersaison eine Wintersaison in vergleichbarer Ausprä-          Autobahnen, Bundes-, Staats- und Kommunalstraßen ist
gung, zudem erfreuen sich die Nebensaisonzeiten Früh-          der Freistaat auch auf der Schiene flächendeckend gut
ling und Herbst zunehmender Beliebtheit.                       erschlossen. Die optimale Verknüpfung von Hochge-
                                                               schwindigkeitszügen mit den Nahverkehrsangeboten im
Sehenswürdigkeiten, landschaftliche Schönheiten und            BAYERN-TAKT und bedarfsgerechten Anbindungen vor
eine intakte Umwelt bilden eine wichtige Basis für den         Ort ermöglicht „sanfte Mobilität“ im BAHNLAND BAY-
Tourismus. Viel zur Attraktivität Bayerns als Reiseziel        ERN, d.h. eine möglichst umweltverträgliche Gestaltung
tragen Tradition und Brauchtum, geschichtlicher Hinter-        von An- und Abreise sowie der Mobilität vor Ort, auch
grund und kultureller Reichtum des Freistaats bei. Eine        im touristischen Verkehr. Mit dem Flughafen München,
große Anzahl einzigartiger Kulturdenkmäler, historischer       dem zweitgrößten Flughafen Deutschlands, ist Bayern
Städte und gewachsener Dörfer mit schönen Ortsbil-             von fast 250 Ausgangsorten in über 70 Ländern aus er-
dern prägt das Land ebenso wie die von der bäuerlichen         reichbar. Der geplante Ausbau des Flughafens sowie die
Landwirtschaft gepflegte Kulturlandschaft. Hinzu kommt         von der Staatsregierung beschlossene Verbesserung der
ein breitgefächertes kulturelles Angebot: von der Volks-       Schienenanbindung werden zur Stimulation des touris-
kultur bis hin zu international bekannten Museen, Thea-        tischen Potenzials und zur dringend notwendigen Op-
tern und Opernfestspielen, die zum Teil Weltrang haben,        timierung der intermodalen Erschließung Schiene/Luft
von zahlreichen, gerade für Gäste interessanten Volks-         beitragen. Nordbayern ist über den Flughafen Nürnberg
und Dorffesten bis hin zum weltberühmten Münchner              unmittelbar an das europäische Luftverkehrsnetz ange-
Oktoberfest sowie umfassende Angebote für Sport-               schlossen. Auch das Allgäu verfügt mit dem „Allgäu Air-
und sonstige Freizeitaktivitäten (z.B. Wandern, Rad-           port“ über einen leistungsfähigen Regionalflughafen, der
fahren, Wintersport). Alleinstellungsmerkmal innerhalb         nicht zuletzt auch dem touristischen Incoming-Verkehr
Deutschlands hat der Alpenraum mit seiner einzigartigen        zugute kommt.

                                                                                        Situation des Tourismus in Bayern   ❙ 13
Zwar hat Bayern im Langzeitvergleich bei den Hauptur-            Umgebung, verbunden mit einem attraktiven Freizeit-
   laubsreisen vor allem an die fernen und südlichen Ziele          und Kulturangebot für ein abwechslungsreiches Neben-
   Gäste verloren, steht aber bei den beliebtesten Reisezie-        programm.
   len der Deutschen zumeist unter den Top 5 – gemein-
   sam mit Spanien, Italien, der Türkei und Österreich.             Insgesamt hat Bayern damit gute Voraussetzungen, um
                                                                    die Ansprüche ganz unterschiedlicher touristischer Ziel-
   Gerade ausländische Gäste schätzen das hohe Sicher-              gruppen zu jeder Jahreszeit zu erfüllen.
   heitsniveau in Bayern. Die Zahl der Straftaten ist im Ver-
   hältnis zur Bevölkerung niedrig und die Aufklärungsquote
   hoch. Bayern gehört damit zu den sichersten Ländern in
                                                                     2.6 Erfolgsfaktoren des bayerischen
   Deutschland, welches wiederum eine der sichersten De-
   stinationen der Welt ist. Auch die klimatischen Verhält-              Tourismus
   nisse Bayerns sind im Wettbewerb um wichtige Aus-
   landsmärkte von Vorteil. Weitere touristische Pluspunkte         Der Wettbewerbsdruck zwingt alle Akteure in der touris-
   im internationalen Tourismus sind der hohe Bekannt-              tischen Wertschöpfungskette zu kontinuierlichen Verbes-
   heitsgrad und das positive Image Bayerns. Imageunter-            serungen. Es gilt, im Innovationswettlauf nicht zurückzu-
   suchungen bestätigen, dass die bayerische Bevölkerung            fallen und die Qualität weiter zu verbessern. Andernfalls
   als besonders gastfreundlich gilt. Im europäischen Ver-          droht ein Angebotsproblem in Teilen des mittelständi-
   gleich stellt zudem das sehr gute touristische Preis-Leis-       schen Gastgewerbes, das sich seinerseits einem stei-
   tungs-Verhältnis einen Wettbewerbsvorteil gerade in den          genden Wettbewerbsdruck gegenübersieht. Der wei-
   Großstädten dar. Schließlich vereint Bayern eine Vielzahl        tere Erfolg im bayerischen Tourismus beruht im Wesent-
   von touristischen Anziehungspunkten auf sich, die inter-         lichen auf fünf Kernfaktoren:
   national als sinnbildlich für eine Deutschlandreise gese-
   hen und wertgeschätzt werden. Zugpferd im internati-             ♦ Ausbau der privaten Investitionen und Verbesserung
   onalen Tourismus ist die bayerische Landeshauptstadt              der Rahmenbedingungen
   München.                                                         ♦ Attraktivitätssteigerung und Qualitätsverbesserung
                                                                     der öffentlichen Tourismusinfrastruktur
   Besondere Stärken hat Bayern insbesondere für den ge-            ♦ Effizientes Tourismusmarketing
   sundheitsorientierten Urlaub zu bieten. Bayerns Heilbä-          ♦ Steigerung der Wertschätzung für den Tourismus
   der und Kurorte, die rund ein Drittel aller Gästeübernach-       ♦ Erhalt der inländischen Kaufkraft
   tungen auf sich vereinen, genießen international einen
   guten Ruf und bieten hohes medizinisch-balneologisches
                                                                    2.6.1 Ausbau der privaten Investitionen und
   Niveau in Verbindung mit modernen Kureinrichtungen.
                                                                    Verbesserung der Rahmenbedingungen
   Sie setzen mit modernen Kompetenzzentren für Kur, Re-
   habilitation, Prävention und Medical Wellness Maßstäbe           Dem anhaltenden Megatrend „Verlust der Mitte“ ent-
   in der deutschen Gesundheitslandschaft. Die geologi-             sprechend besteht einerseits vor allem Bedarf an hoch-
   sche Vielfalt Bayerns hat Thermal- und Heilwasserquel-           wertigen Qualitätsangeboten und Premium-Produkten,
   len, Mineralquellen, Solequellen und Moore zu bieten,            andererseits werden verstärkt preisgünstige und zugleich
   die in Form von hochmodernen Therapieformen Antwor-              werthaltige Angebote (hoher Gegenwert, zweckmäßig
   ten auf die verschiedensten Gesundheitsfragen bieten.            und kostengünstig) nachgefragt. Rein zahlenmäßig ver-
   Dazu zählen auch zwei der bekanntesten Kurformen, die            fügt Bayern über genügend Zimmer, deren qualitative
   Kneippkur und die Schrothkur, die durch ihren ganzheitli-        Positionierung aber im Zeichen des Strukturwandels neu
   chen Ansatz heute aktueller sind denn je. Zahlreiche Al-         bewertet werden muss. Teilweise besteht ein erhebli-
   leinstellungen sorgen für Angebote, die Gesundheitsur-           cher privater Investitionsstau, dem mit der gewerblichen
   lauber ausschließlich in Bayerns Heilbädern und Kuror-           Wirtschaftsförderung (der Zuschuss- und Darlehensför-
   ten erleben können.                                              derung im Rahmen der Regionalförderung, dem 300-
                                                                    Millionen-Sonderförderprogramm für die Hotellerie so-
   Im Bereich des Kongress-, Tagungs- und Seminartou-               wie dem Bayerischen Mittelstandskreditprogramm) sei-
   rismus bietet Bayern neben modernen, technisch her-              tens der Bayerischen Staatsregierung begegnet wird. Im
   vorragend ausgestatteten Einrichtungen mit guter Ver-            Zeitraum zwischen 2000 und 2009 sind im Rahmen der
   kehrsanbindung die Möglichkeit zum Tagen in reizvoller           Regionalförderung gewerbliche Infrastrukturinvestitionen

14 ❙ Tourismuspolitisches Konzept der Bayerischen Staatsregierung
von rund 1.440 Millionen Euro mit Zuwendungen von ins-      Oft fehlt es nicht an Investoren für touristische Leucht-
gesamt rund 180 Millionen Euro gefördert worden. Zu-        turmprojekte, die ganzen Regionen ein nachhaltiges
dem wurden aus dem Mittelstandskreditprogramm im            „Premium-Branding“ schenken könnten; vielmehr kämp-
gleichen Zeitraum für Investitionen im Hotel- und Gast-     fen diese Investoren mit dem Phänomen, dass die Ruhe
stättengewerbe von rund 570 Millionen Euro zinsver-         suchende Bevölkerung, die vielfach klassische Touris-
billigte Darlehen der LfA Förderbank Bayern von rund        musdestinationen als Altersruhesitz gewählt hat, Touris-
184 Millionen Euro gewährt.                                 musprojekte ablehnt. Hier gilt es, eine frühzeitige sowie
                                                            aktive Einbindung der Bevölkerung in eine mittel- und
Die Ursache des Investitionsstaus liegt vielfach in an-     langfristige Entwicklungsperspektive sicher zu stellen
deren Lebensentwürfen der möglichen Betriebsüber-           und die Bevölkerung verstärkt für den regionalen Nutzen
nehmer aus der Unternehmerfamilie, in einer zu gerin-       des Tourismus zu sensibilisieren. Denn Investitionen in
gen Eigenkapitaldecke sowie in vielfältigen finanziellen    die Tourismusinfrastruktur setzen nicht nur lokale Wert-
Belastungen der Betriebe am Standort Deutschland, die       schöpfungsketten in Gang, sie tragen auch zur Erhöhung
Wettbewerbsverzerrungen gegenüber den unmittelba-           der Lebensqualität vor Ort bei, da die touristische Infra-
ren Wettbewerbern im In- und Ausland mit sich bringen.      struktur auch der Bevölkerung zugute kommt. Zudem er-
Ein reduzierter Mehrwertsteuersatz für die Hotellerie,      höhen sie die Standortattraktivität des Ortes.
der seit dem 1.1.2010 geltendes Recht ist, wird als wirk-
samstes Förderprogramm für die Branche angesehen.
                                                            2.6.2 Attraktivitätssteigerung und Qualitätsverbes-
Auch Reduzierungen z.B. bei GEZ, Urheberentgelten und
                                                            serung der öffentlichen Tourismusinfrastruktur
Lohnnebenkosten würden Investitionen in Hotel- und
Gaststättenprojekte erleichtern und Wettbewerbsnach-        Zum touristischen Kapital Bayerns zählen zuvorderst die
teile gegenüber unmittelbaren Wettbewerbern reduzie-        bayerischen Heilbäder einschließlich der Staatsbäder,
ren. Die anstehenden Verhandlungen, z.B. zur Reform         die staatlichen Schlösser, Gärten und Seen (die Schlös-
der Rundfunkgebühren, bieten die Chance, diese Wett-        serverwaltung ist mit 45 Schlössern, Burgen und Resi-
bewerbsverzerrungen zu beseitigen. Außerdem muss            denzen zugleich der größte staatliche Museumsträger
das Fördergefälle zu den neuen Bundesländern und den        in Deutschland), die Flusslandschaften, die Museen und
neuen EU-Mitgliedstaaten weiter nivelliert werden.          sonstigen Kulturstätten, die Freizeiteinrichtungen, die
                                                            historischen Innenstädte und das bauliche Erbe, die Ein-
Auch das Thema der Saisonalität im Tourismus sollte         kaufsstraßen und Promenaden, die Wanderwege, Berg-
im Auge behalten werden. Vor dem Hintergrund der de-        wanderwege, Radwege, Bergbahnen, Loipen, Skipisten,
mographischen Entwicklung und eines möglichen Fach-         Reitwege, Parcours sowie die Sportinfrastruktur im All-
kräftemangels könnten Maßnahmen, die aus anderen            gemeinen.
saisonabhängigen Branchen bekannt sind (z.B. das Sai-
son-Kurzarbeitergeld in der Baubranche), einen Ausweg       Für die Kommunen wird es zusehends schwieriger, die
darstellen.                                                 finanziellen Lasten im Zusammenhang mit dem Erhalt,
                                                            der Sanierung und der Modernisierung von Einrichtun-
Das Hotel- und Gaststättengewerbe bildet das Rückgrat       gen der touristischen Basisinfrastruktur (Kurhäuser, Park-
des bayerischen Tourismusangebotes. Zur Attraktivität       und Wegeunterhalt, Wegebeschilderung, Loipenpflege,
des Reiselandes Bayern trägt eine Vielzahl von Freizeit-    Bergbahnen etc.) zu tragen. Vor allem müssen die bay-
einrichtungen bei (z.B. Bergbahnen, Freizeitparks, Spaß-    erischen Heilbäder kontinuierlich Investitionen durchfüh-
und Erlebnisbäder, Besucherbergwerke), die überwie-         ren, um ihre Angebotspalette qualitativ zu verbessern,
gend durch private Investitionen geschaffen und unter-      um den wachsenden Bedürfnissen und Ansprüchen der
halten werden. Für alle Angebote gilt es, Bestehendes       Gäste gerecht zu werden und somit im Wettbewerb be-
laufend zu modernisieren und bei Bedarf Neues zu ge-        stehen zu können. Vor diesem Hintergrund bestehen
stalten. Gerade die Bergbahnen als wichtige Attraktions-    kaum Handlungs- und Gestaltungsmöglichkeiten für zu-
punkte für den Winter- und Sommertourismus in den           sätzliche (innovative) Maßnahmen.
Bergen stehen in starkem Wettbewerb mit anderen Des-
tinationen in den Alpenländern. Auch hier bedarf es stän-   Die Ursache hierfür liegt in der hohen Belastung der kom-
diger Investitionen, um das Attraktivitätsniveau halten     munalen Haushalte durch Pflichtaufgaben. Staatlicher-
und ausbauen zu können.                                     seits werden daher die Kommunen im Rahmen der Regi-
                                                            onalförderung des bayerischen Wirtschaftsministeriums

                                                                                    Situation des Tourismus in Bayern   ❙ 15
bei der Umsetzung originärer Tourismusinfrastruktur-            ♦ Starke Marken haben Zugkraft:
    Maßnahmen unterstützt. Im Zeitraum zwischen 2000                Qualitätsversprechen müssen eingehalten und möglichst
    und 2009 sind kommunale Infrastrukturinvestitionen              übererfüllt werden („customer delight“ statt „customer
    von rund 380 Millionen Euro mit Zuschüssen von rund             satisfaction“). Das Markenbewusstsein der Bevölkerung
    140 Millionen Euro gefördert worden. Grundsätzlich liegt        nimmt zu.
    es im wohlverstandenen Eigeninteresse der Kommunen,
    sich nicht um jeden Preis als „touristischer Vollsortimen-      ♦ Thema schlägt Destination:
    ter“ zu verstehen. Zielführender ist die Schlüsselfrage:        Im Wettbewerb um den Gast genügt es häufig nicht
    „Wer sind wir und was können wir anbieten?“ Touristi-           mehr, die Vorzüge einer geographisch definierten Desti-
    sche Kooperationen auf kommunaler Ebene werden da-              nation hervorzuheben; der Gast von heute erwartet viel-
    her auch vor dem Hintergrund der Finanzierbarkeit einzel-       mehr qualitätsgesicherte Vorschläge für seinen individu-
    ner Maßnahmen zukunftsfähiger sein.                             ellen Erholungswunsch. Insbesondere inländische Gäste
                                                                    müssen bei ihren Reisemotiven – z.B. Wandern, Well-
                                                                    ness, Kultur – abgeholt werden. Ein starkes Image kann
    2.6.3 Effizientes Tourismusmarketing
                                                                    einer Destination im Entscheidungsfindungsprozess je-
    Um in der weltweit sehr dynamischen Tourismus- und              doch weitere bedeutende Schubkraft geben.
    Freizeitwirtschaft für Bayern professionell und markt-
    orientiert Tourismusmarketing betreiben zu können,              ♦ Reichweite und Wahrnehmbarkeit von Kampagnen
    wurde im Jahr 1999 auf Initiative des bayerischen Wirt-            entscheiden:
    schaftsministeriums die BAYERN TOURISMUS Marke-                 Im Wettbewerb kommt es letztlich darauf an, nicht nur
    ting GmbH (by.TM) gegründet, die am 1. Januar 2000              eine überzeugende Werbemaßnahme zu konzipieren,
    das operative Geschäft aufnahm. Hinter der by.TM ste-           sondern diese auf allen Kanälen unter besonderer Be-
    hen sechs Hauptgesellschafter und mittlerweile über 20          rücksichtigung der neuen Medien an möglichst viele rei-
    weitere Gesellschafter.                                         seentscheidungsbereite Mitglieder der jeweiligen Ziel-
                                                                    gruppe heranzuführen. Aufgrund der Kleinräumigkeit
    51% der Gesellschaftsanteile werden von den Hauptge-            der Organisationsstrukturen im Tourismus – die auf-
    sellschaftern gehalten:                                         grund der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie ge-
    ♦ Tourismusverband Allgäu/Bayerisch-Schwaben e.V.               mäß Art 28 GG ein unveränderliches Datum sind – wer-
    ♦ Tourismusverband Franken e.V.                                 den auch heute noch Jahr für Jahr erhebliche Mittel für
    ♦ Tourismusverband München-Oberbayern e.V.                      kleine, teilweise sogar miteinander konkurrierende werb-
    ♦ Tourismusverband Ostbayern e.V.                               liche Anstrengungen ausgegeben. Im Rahmen der frei-
    ♦ Bayerischer Hotel- und Gaststättenverband                     heitlich-demokratischen Grundordnung ist ein Anschluss-
      DEHOGA Bayern e.V.                                            und Benutzungszwang für die reichweitenträchtigen
    ♦ Bayerischer Heilbäder-Verband e.V.                            Plattformen der vier Regionalverbände oder der by.TM
                                                                    nicht realisierbar. Seitens des Freistaates werden aus-
    Zu den weiteren Gesellschaftern gehören unter anderem           schließlich Marketingprojekte auf Ebene der by.TM und
    der Bayerische Brauerbund e.V., der Fränkische Wein-            der vier regionalen Tourismusverbände mit bayernweiter
    bauverband e.V., der Landesverband „Urlaub auf dem              Dimension unterstützt. Zwischen diesen hat sich über
    Bauernhof in Bayern“ e.V., der Landesverband der Cam-           die Jahre eine praxisgerechte Arbeitsteilung eingespielt:
    pingplatzunternehmer in Bayern e.V., die beiden interna-        Die Regionalverbände sind zuvorderst berufen, gemein-
    tionalen Flughäfen München und Nürnberg, die Messe-             sam mit den Orten und Gebieten Angebotsentwicklung
    gesellschaften in München, Nürnberg und Augsburg, die           zu betreiben, die Angebote für die Vermarktung aufzu-
    Kammern und der Verband Deutscher Seilbahnen und                bereiten sowie Vermarktungshilfe auf (über-)regionaler
    Schlepplifte e.V.                                               Ebene zu bieten. Insbesondere durch die Bündelung von
                                                                    Aktivitäten der lokalen und gebietlichen Akteure betrei-
    Die by.TM ist die offizielle Marketingplattform für Touris-     ben sie darüber hinaus auch aktive Vermarktung. Die
    mus und Freizeitwirtschaft in Bayern. Hinter ihrer Grün-        by.TM ihrerseits ist berufen, bayernweit, bundesweit so-
    dung stehen unter anderem folgende Erkenntnisse:                wie international in der Vermarktung bayerischer Ange-
                                                                    bote zu agieren. Überschneidungen lassen sich hier nicht
                                                                    in jedem Einzelfall ausschließen. In der Regel hat sich ein
                                                                    arbeitsteiliges Vorgehen zwischen der by.TM und den

16 ❙ Tourismuspolitisches Konzept der Bayerischen Staatsregierung
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