TEXTILES MIKROPLASTIK REDUZIEREN - ERKENNTNISSE AUS EINEM INTERDISZIPLINÄREN FORSCHUNGSPROJEKT +++ URSACHEN FÜR MIKROPLASTIKAUSTRAG +++ RÜCKHALT ...

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TEXTILES MIKROPLASTIK REDUZIEREN
ERKENNTNISSE AUS EINEM
INTERDISZIPLINÄREN FORSCHUNGSPROJEKT
+++ URSACHEN FÜR MIKROPLASTIKAUSTRAG
+++ RÜCKHALT IN KLÄRANLAGEN
+++ TEXTILTECHNISCHE LÖSUNGSANSÄTZE

                    www.textilemission.bsi-sport.de
TEXTILES MIKROPLASTIK REDUZIEREN - ERKENNTNISSE AUS EINEM INTERDISZIPLINÄREN FORSCHUNGSPROJEKT +++ URSACHEN FÜR MIKROPLASTIKAUSTRAG +++ RÜCKHALT ...
IMPRESSUM

Herausgeber:
Bundesverband der Deutschen Sportartikel-Industrie e.V.
Adenauerallee 134
53113 Bonn
Geschäftsführer: Stefan Rosenkranz
Registergericht Bonn 20 VR 2277

Ansprechpartner:
Alexander Kolberg - Projektkoordinator
Referent | Bundesverband der Deutschen Sportartikel-Industrie e.V.
E-Mail: alexander.kolberg@bsi-sport.de

Diese Publikation wurde im Rahmen des Verbundprojektes „TextileMission“ erstellt und ist nicht für den
gewerblichen Vertrieb bestimmt. Gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF),
Förderkennzeichen: 13NKE010A

Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei den Autorinnen und Autoren:
Ellen Bendt, Maike Rabe (Hochschule Niederrhein); Stefan Stolte, Ya-Qi Zhang (TU Dresden); Robert
Klauer (VAUDE); Caroline Kraas (WWF Deutschland); Taher Alrajoula, Alexander Kolberg (BSI e.V.)

Grafisches Konzept: Stockhausen Kommunikation & Gestaltung GmbH
Layout: Alexander Kolberg (BSI)

Bildnachweise Titelseite: Adobe Stock / Fotolia: antic, alphaspirit, bohbeh, chiarafomasar, Chiannapong,
nomadsoul; Cristian Alvarez

1. Auflage, Juni 2021.
TEXTILES MIKROPLASTIK REDUZIEREN - ERKENNTNISSE AUS EINEM INTERDISZIPLINÄREN FORSCHUNGSPROJEKT +++ URSACHEN FÜR MIKROPLASTIKAUSTRAG +++ RÜCKHALT ...
13                                           19                                        INHALT
DIE URSACHEN VON                             UMWELTEINTRAG                             ZIELE, PARTNER, ANSÄTZE            4
TEXTILEM                                     UND RÜCKHALT IN                           Vorstellung des TextileMission-
                                                                                       Projektes und der wichtigsten
MIKROPLASTIK                                 KLÄRANLAGEN                               Forschungsfragen

Was sich aus umfangreichen Wasch-            Erkenntnisse zu Abwasseraufbe-
und Trocknungsversuchen ableiten             reitung und biologischem Abbau            TEXTILES MIKROPLASTIK              8
lässt.                                       verschiedener Fasermaterialien.           ALS UMWELTPROBLEM
                                                                                       Folgen für die Umwelt und An-
                                                                                       forderungen an Lösungsansätze

                                                                                       MASSENBILANZANALYSE               25
                                                                                       Abschätzung des Faseraustrags
                                                                                       aus Sportoberbekleidung in
                                                                                       Deutschland

                                                                                       AUSWIRKUNGEN AUF DIE              28
                                                                                       AQUATISCHE UMWELT

                                      29                                               ALTERNATIVE ZUSCHNITT-
                                                                                       UND FÜGETECHNIKEN
                                                                                                                         40

                                      ALTERNATIVE FASER-                               Optimierungspotenziale bei
                                                                                       der Konfektion von Kleidungs-
                                      MATERIALIEN IM                                   stücken

                                      NACHHALTIGKEITSCHECK
                                                                                       GLOSSAR                           44
                                      Chancen und Risiken von PET, recyceltem PET
                                      und Celluloseregeneratfasern im Vergleich.
                                                                                       DIE PROJEKTPARTNER                46
                                                                                       Vorstellung der beteiligten
                                                                                       Organisationen
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EMISSIONSÄRMERE MATERIALIEN:
GARN- UND MASCHINENPARAMETER
Welche alternativen Herstellungsmethoden für textile Flächenkonstruk-     40
tionen Erfolg versprechen und welche Rolle die Textilveredlung spielt.    ALTERNATIVE ZUSCHNITT-
                                                                          UND FÜGEVERFAHREN
                                                                          Konfektionsprozesse als Hebel zur Senkung der
                                                                          Mikroplastikemission.

                                                                                                                         3
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FORSCHUNGSPROJEKT TEXTILEMISSION
ZIELE, PARTNER,
FORSCHUNGSANSÄTZE
Textilien aus Synthesefasern wie Polyester können bei der Produktion und beim
Waschvorgang kleinste Fragmente emittieren. Hiervon sind auch Sporttextilien –
vom Running Shirt bis zur Outdoor-Jacke – betroffen. Diese Umweltbelastung besser
zu verstehen und zu ihrer Minimierung beizutragen, haben sich die Partner des For-
schungsprojektes TextileMission zur Aufgabe gemacht. Hier ein Überblick über Ziele,
beteiligte Organisationen und zentrale Forschungstätigkeiten.

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E  in Großteil unserer Bekleidung,
   auch bei Sport- und Outdoor-
textilien ist dies der Fall, besteht aus
                                             Namentlich waren dies als Verbund-
                                             partner:
                                             • Bundesverband der Deutschen
synthetischen Materialien wie Polyes-            Sportartikel-Industrie e.V.,
ter. Sowohl in der Produktion als auch       • Hochschule Niederrhein –
in der Haushaltswäsche setzen diese              Forschungsinstitut für Textil und
Kleidungsstücke textiles Mikroplastik            Bekleidung,
frei (Abb. 1), das über Abwasser oder        • TU Dresden – Institut für Wasser-
Abluft in die Umwelt gelangen kann.              chemie,
Die daraus resultierende Umweltpro-          • VAUDE Sport GmbH & Co. KG,
blematik war nicht zuletzt durch eine        • WWF Deutschland.
Reihe internationaler und nationaler
Studien – etwa durch das Umweltbun-          Als assoziierte Partner unterstützten
desamt – und die Informationsarbeit          folgende Organisationen das Vorhaben:
von Umweltorganisationen bekannt,            • adidas AG,
                                                                                         Abb. 1: Faserfragmente aus einem PES
als sich im Jahr 2016 das Konsortium         • Henkel AG & Co. KG aA,
                                                                                         Fleece-Stoff unter dem Mikroskop.
des TextileMission-Projektes bildete.        • Miele & Cie,
                                                                                         Foto: Hochschule Niederrhein
                                             • Polartec LLC.
PROJEKTPARTNER, ZIELE UND
FORSCHUNGSFRAGEN                             Die Bandbreite der Partner macht           gen durch textiles Mikroplastik und An-
                                             deutlich, dass den beteiligten Organi-     forderungen an Lösungsansätze aus
Neun Organisationen aus der Textil-          sationen von Anfang an bewusst war,        Sicht des Partners WWF Deutschland
forschung, der Wasserchemie, des Um-         dass nur ein interdisziplinärer Ansatz     lesen Sie ab Seite 8.
weltschutzes sowie der Sportartikel-,        Erfolg verspricht, der a) unterschied-
Haushaltsgeräte- und Waschmittel-            liche Stufen der Produktionskette          Als im August 2017 der Startschuss
industrie wollten einen Beitrag dazu         und des Lebenszyklus von Textilien in      für TextileMission fiel, hatten sich die
leisten, die Umweltproblematik „texti-       den Blick nimmt und b) Industrie- und      Partner folgende übergeordnete Ziele
les Mikroplastik“ besser zu verstehen        Forschungsdisziplinen-übergreifend         gesetzt:
und zu reduzieren. Zusammen bewar-           arbeitet. Der Projektname „TextileMissi-
ben sie sich letztendlich erfolgreich um     on“ wiederum spielt sowohl auf die öko-    1. Ein besseres Verständnis der Um-
die Förderung im Rahmen des Förder-          logische Herausforderung (eMission) als    weltproblematik erhalten. Fragen wa-
schwerpunktes „Plastik in der Umwelt“        auch den Wunsch an, einen Beitrag zur      ren u.a.: Was sind die Gründe für den
des Bundesministeriums für Bildung und       Lösung zu leisten (Mission). Einen span-   Mikroplastikverlust bei Textilien? Wel-
Forschung (BMBF).                            nenden Einstieg in die Herausforderun-     che Mengen werden freigesetzt? Wie

    BMBF-FORSCHUNGSSCHWERPUNKT „PLASTIK IN DER UMWELT“
                                           Trotz zahlreicher Aktivitäten und Ansätze ist unser Wissen über das gesamte Aus-
                                           maß der Umweltverschmutzung mit Plastik noch begrenzt: Es liegen noch wenige
                                           gesicherte Erkenntnisse über die Herkunft von Kunststoffen in Meeren, Binnenge-
                                           wässern und Böden sowie über ihre Auswirkungen auf Mensch und Umwelt vor.

                                        Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) nahm sich dieser
                                        Problematik mit dem Forschungsschwerpunkt „Plastik in der Umwelt – Quellen •
                                        Senken • Lösungsansätze“ an. Damit will das BMBF den Übergang zu einer ressour-
                                        cen- und umweltschonenden Wirtschaftsweise unterstützen, die im Mittelpunkt
    der Leitinitiative „Green Economy“ des Rahmenprogramms „Forschung für Nachhaltige Entwicklung“ (FONA) steht.

    Im Zeitraum 2017–2022 wurden und werden insgesamt 20 Verbundprojekte und ein wissenschaftliches Begleitvor-
    haben mit rund 37 Mio. € gefördert. Davon entfielen auf TextileMission rund 1,7 Millionen Euro. Mehr als 100 Institu-
    tionen aus Wissenschaft, Wirtschaft und Praxis sind an diesem aktuell weltweit größten Forschungsschwerpunkt im
    Bereich der Wirkungen von Plastik auf die Umwelt beteiligt.

    Weitere Informationen: https://bmbf-plastik.de/de

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TEXTILES MIKROPLASTIK REDUZIEREN - ERKENNTNISSE AUS EINEM INTERDISZIPLINÄREN FORSCHUNGSPROJEKT +++ URSACHEN FÜR MIKROPLASTIKAUSTRAG +++ RÜCKHALT ...
lassen sich die Partikel klassifizieren    und zeitlichem Aufwand verbundene          textilem Mikroplastik leisten können.
(bsp. nach Größenfraktionen)?              Arbeit erfolgte vor allem in den La-       Mehr zu den Testergebnissen lesen Sie
                                           boren der Hochschule Niederrhein,          ab Seite 13. Eine weitere, tiefergehende
2. Einen Beitrag zur Optimierung der       in Teilen auch an der TU Dresden. Der      Analyse der aufgefangenen Partikel hin-
Abwasseraufbereitung leisten. Fragen       Projektpartner Miele stellte hierfür       sichtlich Form, Anzahl und Aufteilung
waren u.a.: Wie wird textiles Mikro-       sowohl die Waschautomaten als auch         in Größenfraktionen wurde vor allem
plastik in einer Kläranlage zurückgehal-   sein Know-how zu Waschprozessen zur        durch die TU Dresden durchgeführt.
ten? Durch welche Verfahren und mit        Verfügung, ebenso wie sich Henkel mit
welchem Aufwand könnte ggfs. der           dem notwendigen Waschmittel und            RÜCKHALT IN KLÄRANLAGEN
Rückhalt (noch weiter) erhöht werden?      entsprechender Expertise beteiligte.       UND MASSENBILANZ
                                           Die Testtextilien (insbesondere Sport-
3. Erkenntnisse zur Produktion emis-       oberbekleidung aus Fleece-Material,        Die entsprechenden Ergebnisse soll-
sionsärmerer Textilien gewinnen. Fra-      aber auch ungeraute Artikel) wurden        ten insbesondere in die dortigen For-
gen waren u.a.: Wie lassen sich textile    vorwiegend von den Projektpartnern         schungsarbeiten zu o.g. Teilziel 2 (Ab-
Flächenkonstruktionen entwickeln, die      VAUDE, adidas und Polartec, aber auch      wasseraufbereitung) einfließen. Denn
weniger Mikroplastik emittieren? Wel-      weiteren Unternehmen aus den Reihen        was passiert mit textilem Mikroplastik,
che Reduktionspotenziale gibt es bei       des BSI, bereitgestellt. Das während       nachdem es über die Haushaltswäsche
Ausrüstungsprozessen sowie bei Schnitt-    der Waschreihen emittierte textile         in das Abwasser gelangt ist? Um mehr
und Fügetechniken? Inwieweit könnten       Mikroplastik fingen die Forschenden        über die entsprechenden Stoffströme
biologisch abbaubare Fasermaterialien      über spezielle Filter auf und bestimmten   zu erfahren, untersuchten die Forschen-
zur Lösung des Problems beitragen?         ihre Masse. Anhand der gesammelten         den den Rückhalt von textilem Mikro-
                                           Erkentnnisse konnten die Projektpart-      plastik auf verschiedenen Stufen einer
PROJEKTSETTING: WASCH-                     ner Waschparameter sowie Produk-           Laborkläranlage. Die Befunde lieferten
VERSUCHE UND ANALYSE                       tionsverfahren identifizieren, die den     interessante Hinweise zum Status quo
                                           Mikroplastikaustrag beeinflussen.          der Effizienz der Abwasseraufberei-
Um zu Teilziel 1 aussagekräftige Daten     Auch konnten Hinweise zum Waschver-        tung. Mehr dazu im Artikel ab Seite 19.
zu sammeln, führten die Projektpartner     halten abgeleitet werden, mit denen        Auf der Basis der an der Hochschule
eine Vielzahl von Wasch- und Trock-        Verbraucher bei der Haushaltswäsche        Niederrhein und der TU Dresden er-
nungstests mit marktgängigen Textilien     ihrer Sport- und Outdoorbekleidung         mittelten Erkenntnisse zur Menge des
durch. Diese mit hohem personellem         einen Beitrag zur Minimierung von          Mikroplastikaustrags wurde eine Mas-

    Abb. 2: Als Projektpartner brachten neun Organisationen aus der Sportartikel-Industrie, der Haushaltsgeräte- und der
    Waschmittelbranche, der Forschung und dem Umweltschutz ihr jeweiliges Know-how in das TextileMission-Projekt ein.

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Abb. 3: Bewegtbilder zur Forschungsarbeit der Projektpartner und O-Töne der jeweiligen Expertinnen und Experten
   gibt es im offiziellen TextileMission-Video. Einfach auf den Pfeil in der Mitte der Grafik klicken. Grafik: FIUMU GmbH

senbilanzanalyse durchgeführt, die das     tiltechnische Experimente, welche die     tion beeinflussen den Mikroplastikaus-
Ausmaß des textilen Mikroplastiks aus      Forschenden an der Hochschule Nie-        trag, sondern auch die Konfektion zum
Sportoberbekleidung, das deutschland-      derrhein zur Entwicklung emissionsär-     fertigen Bekleidungsstück. Daher führ-
weit in die Umwelt gelangt, abschätzt      merer Textilien durchführten (Teilziel    te die Hochschule Niederrhein in enger
(siehe Artikel ab Seite 26).               3). Im Fokus standen unter anderem        Zusammenarbeit mit VAUDE verschie-
                                           alternative Herstellungsmethoden für      dene Experimente mit alternativen
POTENZIALE UND RISIKEN                     Flächenkonstruktionen, wobei neben        Zuschnitt- und Fügetechniken durch.
ALTERNATIVER FASERN                        verschiedenen Materialien auch unter-     Außerdem wurden die entwickelten Ma-
                                           schiedliche Maschinenparameter im         terialien hinsichtlich ihrer Perfomance
Als mögliche nachhaltige Alternativen      Strickprozess getestet wurden sowie       sowie möglicher Schadstoffe überprüft.
zu herkömmlichem Polyester wer-            der Einfluss mechanischer und nasser      So bleibt eine Markttauglichkeit der er-
den Fasern aus recycletem Polyester        Ausrüstungsprozesse unter die Lupe ge-    stellten Prototypen gewährleistet. Mehr
und solche aus biologisch abbaubaren       nommen wurde. Der Schwerpunkt lag         zu diesem Aspekt lesen Sie ab Seite 40.
Rohstoffen gehandelt. Mit den Poten-       auf Fleeceartikeln, die einen besonders
zialen, aber auch ökologischen und         beanspruchenden mechanischen Aus-
sozialen Nachhaltigkeitsrisiken, die mit   rüstungsprozess durchlaufen. Welche
der Verwendung solcher Garne einher-       vielversprechenden Ansätze sich erga-
gehen, haben sich die Projektpartner       ben, erfahren Sie ab Seite 35.
WWF Deutschland und VAUDE im Pro-
jektverlauf auseinandergesetzt. Ihre       Die Ursachenforschung zeigte auch:
Empfehlungen zum Einsatz und zur           Nicht nur die Haushaltswäsche und
Auswahl alternativer Fasern – auch unter   die Produktion der Flächenkonstruk-
Berücksichtigung von Versuchen zur
biologischen Abbaubarkeit unterschied-
licher Fasermaterialien an der TU Dres-
                                                                   Alexander Kolberg
den – finden Sie ab Seite 29.
                                                                   Referent
                                                                   Bundesverband der Deutschen
WENIGER MIKROPLASTIK
                                                                   Sportartikel-Industrie e.V.
DURCH TEXTILFORSCHUNG                                              alexander.kolberg@bsi-sport.de
Speziell die Erkenntnisse aus den
Waschtests dienten als Basis für tex-

                                                                                                                            7
TEXTILES MIKROPLASTIK REDUZIEREN - ERKENNTNISSE AUS EINEM INTERDISZIPLINÄREN FORSCHUNGSPROJEKT +++ URSACHEN FÜR MIKROPLASTIKAUSTRAG +++ RÜCKHALT ...
Mikroplastik kann marine Organismen schädigen. Hier sieht man eine
Miesmuschel, gefangen in Faserfragmenten. Foto: Wolf Wichmann

       TEXTILES MIKROPLASTIK ALS UMWELTPROBLEM
       QUELLEN, AUSWIRKUNGEN,
       LÖSUNGSANSÄTZE
       Wissenschaftlich bekannt ist die Problematik um Mikroplastik in der Umwelt bereits
       seit den 1970er Jahren. In der breiteren Öffentlichkeit Beachtung gefunden hat sie
       jedoch erst in der vergangenen Dekade. Seitdem steht das Thema immer wieder
       im Mittelpunkt umweltrelevanter Diskussionen. Nicht zuletzt durch verstärkte For-
       schungsarbeit und zunehmende Berichterstattung sind Ausmaß und die Komplexität
       der Problematik greifbarer geworden. Gleichzeitig bleibt ein großer Bedarf an wei-
       teren Erkenntnissen zum tatsächlichen Umfang der ökologischen Herausforderung,
       zur Wirkung und zur Vermeidung von Mikroplastik. Denn nur auf dieser Basis können
       langfristige, nachhaltige Lösungsansätze entwickelt werden.

       8
TEXTILES MIKROPLASTIK REDUZIEREN - ERKENNTNISSE AUS EINEM INTERDISZIPLINÄREN FORSCHUNGSPROJEKT +++ URSACHEN FÜR MIKROPLASTIKAUSTRAG +++ RÜCKHALT ...
M     ikroplastik ist inzwischen über-
      all zu finden – in allen Umwelt-
kompartimenten wie Wasser, Boden,
                                             Etwa 98 Prozent der Emissionen von
                                             Mikroplastik in die Umwelt werden
                                             an Land verursacht (siehe Abb. 1). Ist
                                                                                         Mikroplastik ist inzwischen überall in
                                                                                         der Umwelt angekommen. Problema-
                                                                                         tisch ist Plastik in der Umwelt, weil es
Luft und in allen Ökosystemen. Kurz-         Mikroplastik einmal in der Umwelt,          sich je nach Material und Umweltbe-
um: überall dort, wo danach gesucht          kann es sich überall hin verteilen. Hier-   dingungen nur äußerst langsam (bis zu
wurde, konnte es nachgewiesen wer-           bei sorgen vor allem Luft und (Ab-)Was-     mehreren Jahrhunderten) zersetzt.
den. Und dort, wo nicht gesucht wur-         ser dafür, dass die kleinen Fragmente
de, wird es vermutet. Valide Daten zu        über weite Strecken hinweg transpor-        AUSWIRKUNGEN VON
realen Konzentrationen und, darauf           tiert werden und somit auch in entle-       MIKROPLASTIK
aufbauend, gesicherte Aussagen zum           gensten, von Menschen nicht besiedel-
Verhalten in und Auswirkungen auf            ten Gebieten nachgewiesen werden            Einmal in die Umwelt gelangt, kann es
die Umwelt sind zur Zeit jedoch nur          konnten. Hinzu kommt, dass das in Klär-     möglicherweise Schadwirkungen auf
ansatzweise vorhanden und variieren          anlagen zurückgehaltene Mikroplastik        die belebte Umwelt ausüben. Beson-
teilweise. Dies zeigt, wie komplex der       über die Ausbringung von Klärschlamm        ders problematisch an Mikroplastik ist
wissenschaftliche Nachweis über Vor-         ebenfalls in die Umwelt eingebracht         die geringe Größe. Sie führt dazu, dass
handensein und Wirkung von Mikro-            werden kann.                                die kleinen Fragmente ohne Weiteres
plastik in der Umwelt ist. Viele Aussa-
gen bewegen sich daher im Bereich der
Annäherungen und Schätzungen. Diese            DEFINITION VON MIKROPLASTIK
Tatsache sollte jedoch nicht als Aus-
rede dafür genutzt werden, das The-            Bis heute gibt es keine einheitliche Definition des Begriffs „Mikroplastik“.
ma zu ignorieren und nicht jetzt schon         Innerhalb des BMBF-Forschungsschwerpunktes „Plastik in der Umwelt“
präventive Maßnahmen zu ergreifen.             wird der Begriff als „feste Kunststoffemissionen kleiner als 5 mm“ ver-
                                               wendet, wobei je nach Größenklasse in Nanoplastik (< 1 µm), Mikroplastik
AUSMASS VON MIKRO-                             (1-1000 µm) und großes Mikroplastik (1-5 mm) unterschieden wird. Feste
PLASTIK IN DER UMWELT                          Kunststoffemissionen können als Partikel, Fasern, Folien oder Stückgut
                                               vorkommen.
2017 schätzte die Weltnaturschutzuni-
on (IUCN), dass jährlich zwischen 1,8 bis      Mikroplastik wird zudem in primäres und sekundäres Mikroplastik unter-
5 Millionen Tonnen Mikroplastik in die         schieden. Diese Typisierung geht auf den Ursprung des Mikroplastiks
Umwelt eingetragen werden. Zwischen            zurück: Während primäres Mikroplastik eigens in der kleinen Größe her-
0,8 und 2,5 Millionen Tonnen davon             gestellte und in Produkten bewusst eingesetzte Mikroplastikpartikel sind
gelangen in die Ozeane. Hierbei spielen        (z.B. als Peeling in Kosmetik oder als Schleifmittel in der Luftstrahltechnik),
eine Vielzahl von Eintragsquellen eine         entsteht sekundäres Mikroplastik erst durch die Zerkleinerung oder den
Rolle, die sich hinsichtlich ihrer freige-     Zerfall größerer Plastikteile (z.B. Abrieb von textilem Mikroplastik aus syn-
setzten Mengen teils stark unterschei-         thetischer Kleidung oder Zerfall von Plastik(-müll) in der Umwelt).
den.
                                               Quelle: J. Bertling et al.: Kunststoff in der Umwelt - Ein Kompendium (2021)
Neben primärem trägt besonders se-
kundäres Mikroplastik zur starken Um-
weltverschmutzung durch Mikroplastik         Bis dato lag der Fokus wissenschaft-        von Organismen aufgenommen wer-
bei. Mikroplastik also, das durch den        licher Untersuchungen vor allem auf         den können. Zugleich erschwert sie den
Abrieb und die Zerkleinerung diverser        dem maritimen Raum, und Mikroplas-          Nachweis in der Umwelt und macht
Kunststoffprodukte und -teile entsteht       tik konnte in der gesamten Wassersäu-       auch ein Entfernen technisch nahezu
– von Autoreifen über Baubeschich-           le von der Wasseroberfläche bis hin zu      unmöglich.
tungen, Sport- und Spielplätzen und          Tiefseesedimenten, in Küstengebieten
Kunststoffabfall in der Umwelt („Litte-      und sogar im Eis nachgewiesen werden        In den vergangenen Jahren hat sich eine
ring“) bis hin zu Textilien. Regionale und   – jeweils in unterschiedlichen Konzent-     Vielzahl an Studien mit den konkreten
nationale Unterschiede im Lebensstil         rationen und Zusammensetzungen der          Auswirkungen von Mikroplastik auf
und Konsumverhalten beeinflussen den         Kunststoffarten. Die Akkumulation von       die Umwelt auseinandergesetzt. Vieles
Eintrag von Mikroplastik in die Umwelt       Mikroplastik an Land und in anderen         lässt sich nicht verallgemeinern, aber
bezüglich der Menge und der Eintrags-        Umweltkompartimenten ist noch nicht         folgendes kann zum jetzigen Zeitpunkt
pfade. Global betrachtet scheinen der        tiefergehend untersucht, erste wissen-      gesagt werden: Mikroplastik wurde
Abrieb von städtischer Infrastruktur         schaftliche Untersuchungen zeigen           in vielen Organismengruppen, wie
wie zum Beispiel Fahrbahnmarkierun-          aber, dass Mikroplastik auch hier, zum      Säugetieren, Krebs- und Weichtieren,
gen und Reifenabrieb, Littering sowie        Beispiel in Böden, vorkommt.                Insekten und Vögeln nachgewiesen, vor
Mikroplastikemissionen von Textilien                                                     allem im Magen-Darm-Trakt.
besonders relevante Quellen zu sein.

                                                                                                                                 9
TEXTILES MIKROPLASTIK REDUZIEREN - ERKENNTNISSE AUS EINEM INTERDISZIPLINÄREN FORSCHUNGSPROJEKT +++ URSACHEN FÜR MIKROPLASTIKAUSTRAG +++ RÜCKHALT ...
lösen und zu Reizungen oder Entzün-
                                                                                   dungen im Körper führen.

                                                                                   UNTERSUCHUNGEN ZU
                                                                                   SCHADWIRKUNGEN
                                                                                   Mögliche Schadwirkungen werden
                                                                                   zurzeit wissenschaftlich untersucht.
                                                                                   Bisherige Studien zeigen, dass Mikro-
                                                                                   plastik bei einigen Organismen ohne
                                                                                   einen offensichtlichen Effekt ausge-
                                                                                   schieden wird, während bei anderen
                                                                                   Organismen zum Beispiel eine ver-
                                                                                   ringerte Energiezufuhr durch weniger
                                                                                   Nahrung, geringeres Wachstum oder
                                                                                   erhöhte Sterblichkeit nachgewiesen
                                                                                   wurden. Studien haben zudem gezeigt,
                                                                                   dass ein Übergang von Additiven ins
                                                                                   Blut, in Organe sowie auch ins Fett- und
                                                                                   Muskelgewebe erfolgen kann und eini-
                                                                                   ge Additive hormonähnliche Wirkung
                                                                                   erzielen und somit Auswirkungen auf
                                                                                   die Fortpflanzung und die Geschlechts-
                                                                                   entwicklung haben können. Teilweise
                                                                                   allerdings beruhen diese Ergebnisse auf
                                                                                   Laborversuchen mit höheren Konzent-
                                                                                   rationen. Es wird diskutiert, inwiefern
                                                                                   möglicherweise auch weitere schädli-
                                                                                   che Substanzen, Viren oder Bakterien
                                                                                   an Plastik gebunden werden können
                                                                                   und bei einer Aufnahme in den Körper
                                                                                   der Tiere übergehen können. Über die
                                                                                   Auswirkungen von Mikroplastik auf
                                                                                   einzelne Individuen eines Organismus
                                                                                   hinaus ist davon auszugehen, dass auch
                                                                                   ganze Populationen und Ökosysteme
                                                                                   beeinflusst werden können und somit
                                                                                   auch die Biodiversität beeinträchtigt
                                                                                   werden kann.

                                                                                   Beim Menschen kann Mikroplastik
                                                                                   auf zwei Wegen in den Körper gelan-
                                                                                   gen: über die Nahrung und über die
 Abb. 1: Mikroplastik hat viele Quellen und gelangt auf unterschiedlichen          Atmung. Welche Auswirkungen das auf
 Wegen in die Umwelt. Grafik: WWF Deutschland                                      Menschen hat, ist noch weitgehend
                                                                                   unbekannt und es besteht großer For-
                                                                                   schungsbedarf. Eine negative Wirkung
Selbst bei neu entdeckten Spe-            Wegen schädigen: auf mechanische         auf die Gesundheit kann jedoch nicht
zies an entlegenen Orten, wie             Weise und indirekt durch die beigefüg-   ausgeschlossen werden.
im mehr als 10.000 m tiefen Ma-           ten Zusatzstoffe (Additive).
rianengraben, wurde Mikroplastik                                                   SONDERFORM
entdeckt.                                 Auf mechanische Weise führen die Par-    „TEXTILES MIKROPLASTIK“
                                          tikel zu inneren Verletzungen, indem
Die geringe Größe und hohe Verfüg-        Organe beispielsweise durch scharfe      Textiles Mikroplastik stellt eine Sonder-
barkeit erleichtern Tieren auch kleins-   Kanten verletzt werden. Indirekt kön-    form von Mikroplastik dar. Dies hängt
ter Größe die Aufnahme von Mik-           nen sich Additive, die chemisch nicht    vor allem mit der spezifischen längli-
roplastik, etwa über ihre Nahrung.        fest an die Kunststoffe gebunden sind,   chen Form zusammen. Textiles Mikro-
Mikroplastik kann Organismen auf zwei     aus dem aufgenommenen Mikroplastik       plastik entsteht, wenn sich kleinste Fa-

10
DEFINITION: „FASERARTIGES“ TEXTILES MIKROPLASTIK
                            Innerhalb des BMBF-Forschungsschwerpunktes werden als faserförmiges Mikroplastik Par-
                            tikel mit einer Länge von < 5 mm bezeichnet, die bei der Produktion, Pflege und Nutzung so-
                            wie der Entsorgung eines Stoffes/ Textils unbeabsichtigt in die Umwelt gelangen. Sie können
                            aus synthetischen Polymeren (v.a. Polyester, Polyacrylate, PA) oder auch auf regenerierten
                            natürlichen Polymeren aufgebaut sein.

                            Oftmals wird der Begriff „Mikrofaser“ oder englisch „Microfiber“ synonym mit „textilem Mi-
      kroplastik“ verwendet. „Mikrofaser“ bezieht sich jedoch zunächst auf die Feinheit der Faser von weniger als 1dtex
      (lineare Dichte der Fasern von 1g/10000 m) und nicht auf die Materialeigenschaft. Mikrofasern können dement-
      sprechend textiles Mikroplastik sein, müssen es aber nicht. Daher sollte der Begriff nicht synonym verwendet
      werden. Foto: Hochschule Niederrhein, Julius Bonkhoff.

sern aus (halb-)synthetischer Kleidung      lich. Allerdings wird angenommen, dass     Gerade im Kontakt mit Wasser, so konn-
vom Textilkörper lösen. Dies kann bei       die spezifische Form möglicherweise        te in einer Studie festgestellt werden,
jeglicher Form der Beanspruchung pas-       zu größeren Umweltschäden führt als        lösen sich teilweise persistente, bioak-
sieren. In der Regel sind das die Nut-      runde beziehungsweise regelmäßig           kumulierbare und toxische Substanzen
zung beziehungsweise das Tragen des         geformte Partikel. Dies hat vor allem      und werden in die Umwelt eingetragen.
Textils sowie die Reinigung, worauf sich    den Grund, dass Fasern im Vergleich
bis dato die meisten Studien beziehen.      zu Partikeln ein größeres Verhältnis       VIELE FAKTOREN BEINFLUS-
Prozesse wie der Faserverlust beim          von Oberfläche zu Volumen haben. Die       SEN EMISSIONEN
Trocknen, während der Produktion, des       relativ größere Oberfläche könnte dazu
Transports sowie auch der Entsorgung        führen, dass Fasern mehr Schadstoffe       Über die Höhe der Emissionen von texti-
müssen jedoch ebenfalls berücksichtigt      an sich binden und sie eine längere Ver-   lem Mikroplastik entscheiden eine Viel-
werden, da sie weitere relevante Quel-      weildauer im Darm haben, so dass auch      zahl an Faktoren: die Art des Fasertyps,
len für Mikroplastik in der Umwelt dar-     mehr Zeit zum Austreten der Additive       Art und Qualität der textilen Fläche, das
stellen können. Über das (Ab-)Wasser,       zur Verfügung steht. Hinzu kommt, dass     Alter, die Ausrüstung und Veredlung des
Klärschlamm oder die Luft können die        die längliche Form Verknotungen und        Textils, die Behandlung und vieles mehr.
kleinen Fasern anschließend in die Um-      Verstrickungen begünstigen kann, die       Beim Waschen kommen weitere Fakto-
welt gelangen.                              wiederum zu inneren Schäden oder Ver-      ren, wie beispielsweise das Waschpro-
                                            stopfungen im Verdauungstrakt sowie        gramm, Waschmaschinentyp oder die
Untersuchungen zeigen, dass der Anteil      zu eingeschränkter Fortpflanzung oder      Art des Waschmittels hinzu. Über den
von Mikroplastik-Fasern in der marinen      zum Hungertod führen kann. Außerhalb       Eintrag in die Umwelt entscheiden zu-
Umwelt etwa bei 20-35 Prozent liegt.        des Körpers kann die Schwimmfähigkeit      dem auch mögliche Filter und die Effek-
In küstennahen Sedimenten konnte            von Tieren beeinträchtigt werden.          tivität der Kläranlagen. All diese Aspek-
die Faserform mit 91 Prozent des ana-                                                  te müssen berücksichtigt werden, wenn
lysierten Mikroplastiks noch deutlich       DIE ROLLE VON ADDITIVEN                    Emissionen verringert werden sollen.
häufiger nachgewiesen werden. Etwa
70 Prozent davon wurden als synthe-         Ein wichtiger Aspekt, der bei textilem     ANFORDERUNGEN AN
tisch (v.a. Polyester) oder halbsynthe-     Mikroplastik ebenfalls zu bedenken         LÖSUNGSANSÄTZE
tisch identifiziert, aber auch natürliche   ist, ist das Ausgangsprodukt, aus dem
Fasern waren vertreten. Die Dominanz        sich die kleinen Fasern lösen: Textilien   Vor dem Hintergrund einer stetig wach-
der synthetischen Fasern in der Umwelt      sind durch ihre vielfältigen – teilwei-    senden (synthetischen) Faser- und Tex-
spiegelt auch die globale Faserproduk-      se intransparenten – Produktions- und      tilproduktion ist es von besonderer Be-
tion wider, bei der synthetische Fasern     Veredelungsschritte oftmals mit einer      deutung, schnellstmöglich zu handeln –
mit nahezu 65 Prozent, allen voran Poly-    Vielzahl an Additiven und Chemikalien      mit dem klaren Ziel, jegliche Emissionen
ester, den Markt dominieren.                ausgestattet. Emittieren aus dem Textil    von Mikroplastik in die Umwelt zu jeder
                                            Fasern, so lösen sich die entsprechen-     Zeit und in allen Bereichen des Produk-
BESONDERE FORM -                            den Chemikalien mit und können eben-       tions- und Lebenszyklus zu verhindern.
BESONDERE PROBLEME?                         falls in die Umwelt gelangen. Textiles     Aufgrund der komplexen Lieferkette,
                                            Mikroplastik kann daher in besonderem      verschiedenster Herstellungsprozesse
Die Auswirkungen von faserförmigem          Maße für einen Transfer schädlicher        und vielfältiger Einflussfaktoren, die
Mikroplastik sind dem des partikulä-        Additive in die Umwelt sorgen.             eine Emission von Mikroplastik aus Tex-
ren Mikroplastiks grundsätzlich ähn-                                                   tilien (in die Umwelt) bedingen, müssen

                                                                                                                             11
4. Alle Stakeholder müssen in den
                                                                                        Überlegungen bedacht werden. Hin-
                                                                                        sichtlich der Maßnahmen stehen vor
                                                                                        allem Hersteller und Lieferanten in der
                                                                                        Pflicht, Textilien möglichst emissions-
                                                                                        arm zu gestalten und zu produzieren.

                                                                                        5. Sensibilisieren und kommunizieren.
                                                                                        Eine entsprechende Kommunikation
                                                                                        über die Umweltproblematik und die
                                                                                        Lösungsansätze ist wichtig, um Be-
                                                                                        wusstsein für beides zu erzeugen.

                                                                                        ------------------------------------------------

                                                                                        Literatur:

     Abb. 2: Dauer und die Art des Abbaus sind abhängig vom Kunststoff-/Polymertyp,     •    Kraas, C. und Bauske, B. (2020):
     den eingesetzten Zusatzstoffen sowie den jeweiligen Umweltbedingungen. Diese            Mikroplastik in der Umwelt. Hinter-
     führen u.a. zur Zerkleinerung, zum Abrieb, zur Kettenspaltung der Polymerstruk-         grundpapier, Berlin.
     tur und zur Umwandlung in Abbauprodukte. Quelle: WWF Deutschland                   •    J. Bertling, C. G. Bannick, L. Brink-
                                                                                             mann, L. Barkmann et. al. (2021):
j                                                                                            Kunststoff in der Umwelt – ein Kom-
edoch gewisse Anforderungen an Lö-           einfache und übertragbare Lösungen,             pendium, 1. Auflage 2021.
sungsansätze erfüllt sein, um nachhal-       die in unterschiedlichen Settings wirk-    •    De Sa, L., Oliviera, M., Ribeiro, F.
tig zu wirken. Noch sind viele Faktoren      sam zum Einsatz kommen können. Im               et al. (2018): Studies of the effects
nicht bekannt und es besteht dringen-        besten Fall sollten zudem branchen-             of microplastics on aquatic orga-
der Bedarf an einem tieferen Verständ-       übergreifende Lösungen gefunden wer-            nisms: What do we know and whe-
nis und konkreten Zahlen.                    den.                                            re should we focus our efforts in the
                                                                                             future? In: The Science of the total
1. Die gesamte Lieferkette in den Blick      3. Alle Konsequenzen einer „Lösung“             environment 15. S. 1030.
nehmen. Für sinnvolle Lösungsansät-          bedenken. Die entsprechenden Maß-
ze müssen die komplette textile Kette        nahmen sollten möglichst ganzheit-
betrachtet und alle möglichen Lecka-         lich wirken. Dafür ist sicherzustellen,
gestellen berücksichtigt werden. Bei         dass keine negativen Auswirkungen
jedem Produktionsschritt besteht die         an anderer Stelle erzeugt werden
Möglichkeit, dass ein Faserverlust statt-    („Impact-Shift“). Oder aber, dass an-
findet – von der Faserherstellung bis        dere umweltschonende Ansätze und
hin zur Entsorgung des Textils. End-of-      -maßnahmen (z.B. Wiederverwendung
pipe-Lösungen alleine sind nicht sinn-       oder Recycling) nicht behindert wer-
voll, können aber das Lösungsportfolio       den. Am besten sind Ansätze, die gleich-
ergänzen. Ebenso wenig eignen sich           zeitig eine weitere Umweltproblematik
Lösungen, die nicht an der Ursache           mit angehen.
ansetzen. Lösungsansätze, die früh im
Produktionsprozess ansetzen, können
unter Umständen spätere Emissionen
verhindern oder verringern. Die größ-
ten Emissionsquellen sollten zudem
vorrangig angegangen werden.                                              Caroline Kraas
                                                                          Project Manager Microplastics
2. Die globale Dimension der Heraus-                                      WWF Deutschland
forderung beachten. Die textile Pro-                                      Caroline.Kraas@wwf.de
duktionskette als globaler Prozess mit
weiten Transportstrecken und national
unterschiedlichen Herstellungsweisen
und -bedingungen benötiget möglichst

12
Mikroplastikprüfstand an der Hochschule Niederrhein.
  Foto: Carlos Albuquerque

WASCH- UND TROCKNUNGSVERSUCHE
MIKROPLASTIKVERLUST WÄHREND DER
HAUSHALTSWÄSCHE - EINFLUSSFAKTOREN
Verschiedene Studien haben gezeigt, dass die Haushaltswäsche ein wichtiger Eintrags-
pfad für Mikroplastik textilen Ursprungs in die Umwelt ist. Hierbei werden syntheti-
sche Fasern freigesetzt, die über das Abwassersystem in Kläranlagen und darüber in
die Gewässer gelangen können. Das Forschungsinstitut für Textil und Bekleidung an
der Hochschule Niederrhein hat im Rahmen von TextileMission in einer breit ange-
legten Versuchsreihe untersucht, welche Wasch- und Textilparameter die Freisetzung
von textilem Mikroplastik durch die Haushaltswäsche begünstigen. Daraus ergeben
sich interessante Erkenntnisse für Industrie und Verbraucher.

                                                                                  13
P  roduktion und Konsum von Sport-
   und Outdoor-Textilien sind in den
vergangenen Jahrzehnen auch vor dem
                                             sehr feinem Faserdurchmesser (Mikro-
                                             fasern) verwendet, um bei geringem
                                             Gewicht eine hohe Oberflächendichte,
                                                                                        nung der Emissionen galt es im Rahmen
                                                                                        von TextileMission am Forschungsinsti-
                                                                                        tut für Textil und Bekleidung der Hoch-
Hintergrund eines gewandelten Life-          Kapillarwirkung und damit ein gutes        schule Niederrhein zu untersuchen. Um
styles kontinuierlich gestiegen. Und         Feuchtemanagement zu erzielen.             den Einfluss der Produktherstellung auf
mit ihnen die Ansprüche der Verbrau-                                                    die Freisetzung von Mikropartikeln zu
cher. Diese erwarten von den Produk-         Polyester (Polyethylenterephthalat, PET    erkennen, wurden typische Textilien
ten nicht zuletzt hohen Komfort und          oder PES) gehört in diesem Sektor zu       und daraus hergestellte Bekleidungs-
Funktionalität. Die geforderten Eigen-       den am meisten eingesetzten Faserma-       teile für den Outdoor- und Sportsek-
schaften wie Atmungsaktivität und            terialien, da mit ihm die unterschiedli-   tor untersucht. Es handelte sich dabei
Wasserundurchlässigkeit lassen sich          chen Funktionen erzielt werden können.     überwiegend um Maschenware aus
unter anderem durch die Materialaus-         Im Jahr 2019 wurden allein in Deutsch-     Polyesterfilamentgarnen und Polyes-
wahl und die Konstruktion, aber auch         land 187.000 Tonnen PES produziert.        terstapelfasergarnen mit unterschiedli-
durch die Veredlung des Textils errei-       Weltweit lag die PES-Produktion in die-    chen Garn- und Flächenkonstruktionen
chen.                                        sem Zeitraum bei circa 60 Millionen Ton-   und Ausrüstungseffekten.
                                             nen. So ist es auch nicht verwunderlich,
PERFORMANCE-EIGEN-                           dass Polyester den größten Anteil beim     MIKROPLASTIKEMISSION
SCHAFTEN VON TEXTILIEN                       gefundenen Mikroplastik textilen Ur-       BEIM WASCHPROZESS
                                             sprungs hat. Textilien aus diesen Fasern
Je nach Einsatzgebiet sind Textilien sehr    weisen über die oben genannten Funk-       Wäsche dient allgemein dazu, Textilien
unterschiedlich konstruiert. Für den         tionen hinaus eine hohe Gebrauchsbe-       aufzufrischen und störende Substan-
Outdoorbereich werden beispielsweise         ständigkeit und eine lange Nutzungsdau-    zen, wie Fette, Proteine und Salze zu
Textilien mit wärmeisolierender Wir-         er auf. Genau hier kommt es zu einem       entfernen. Während des Tragens ent-
kung benötigt, die einen hohen Luftein-      ökologischen Konflikt, der Bestandteil     steht zusätzlich Materialabrieb, der
schluss aufweisen. Jacken und Sweater        der vorliegenden Untersuchungen ist:       zusammen mit dem Schmutz aus dem
werden deshalb häufig aus Fleece-Ma-         Hierbei muss die Langlebigkeit des Pro-    Textil entfernt und in das Waschwasser
terialien gefertigt. Sie sind bauschig und   dukts sichergestellt werden und das        überführt wird. Aber auch das Waschen
voluminös, wärmen und sind gleichzei-        Abbauverhalten bei Faserverlust in den     selbst führt zu Materialabrieb und
tig sehr leicht. Dies wird durch das me-     verschiedenen Umgebungsbedingungen         damit zur Freisetzung von Mikroplastik.
chanische Rauen der Oberfläche in der        geprüft werden                             Insgesamt wird die Menge der emittier-
Ausrüstung erreicht. Sportshirts und                                                    ten Fasern aus Textilien durch die Haus-
-hosen haben im Gegensatz dazu oft           Das Ausmaß dieses Konflikts äußert         haltswäsche durch eine Vielzahl von
eine glatte Oberfläche, die den Schweiß      sich unter anderem im Austrag von Fa-      Faktoren beeinflusst und wurde bereits
ableitet, schnell trocknend und funktio-     sern und Faserbruchstücken während         in einer Reihe von Studien untersucht.
nell sein soll. Häufig werden Fasern mit     Gebrauch und Pflege. Die Größenord-        Eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse
                                                                                        der einzelnen Studien ist schwierig, da
                                                                                        Wasch- und Textilparameter zu unter-
                                                                                        schiedlich sind.

                                                                                        AUFBAU UND ABLAUF DER
                                                                                        WASCHVERSUCHE
                                                                                        Die Waschparameter (Zeit, Temperatur,
                                                                                        Mechanik und Waschmittel/Weich-
                                                                                        spüler) stehen in einem abgestimm-
                                                                                        ten Verhältnis zueinander. Je nach
                                                                                        Waschaufgabe und -ladung müssen sie
                                                                                        unterschiedlich ausgeprägt sein, um
                                                                                        einerseits einen hohen Wascheffekt zu
                                                                                        erzielen und andererseits das Wasch-
                                                                                        gut nach Möglichkeit zu schonen. In den
                                                                                        Laboren der Hochschule Niederrhein
                                                                                        wurde untersucht, welchen Einfluss
  Abb. 1: Das bei den verschiedenen Waschversuchen aufgefangene Abwasser                diese Parameter auf den Mikroplastik-
  wurde von den Forschenden der Hochschule Niederrhein durch diese Filterkas-           austrag haben. Dazu wurden unter-
  kade filtriert. Das Filtrat wurde gewogen und anschließend weiter analysiert.         schiedliche Funktionstextilien und
  Foto: Carlos Albuquerque                                                              -bekleidungsteile (Fleecejacken und
                                                                                        Sportshirts) aus PES betrachtet.

14
Es ist bekannt, dass mechanische
Belastung bei Textilien häufig zu Fa-
serbrüchen und Abrieb führt. Beim
Waschen werden die Textilen vor allem
beim Schleudern und durch Kontakt der
einzelnen Wäschestücke miteinander
belastet. Zur Bestimmung des Mikro-
plastikaustrages aus Polyester-Texti-
lien während einer Haushaltswäsche
wurden sortenreine Waschladungen
mit unterschiedlichen Bedingungen in
Haushaltswaschmaschinen bei 40 °C mit
Flüssigwaschmittel gewaschen. Es wur-
den folgende Waschparameter variiert:

• Schleuderzahl (900 und 1200 rpm)
• Beladungsmenge (3,5 und 1,5 kg)
• ± Weichspüler
• Zeit (Pflegeleicht- und Express-Pro-
gramm)

Nach jedem Waschzyklus wurden die
Waschmaschinen zweimal im Kalt-              Abb. 2: Übersicht über die Austragswerte [mg/kg] der untersuchten Materia-
waschprogramm gereinigt. Zur Kont-           lien als Summe von 10 Wäschen (F: Fleece-Ware, H: glatte Hose,
rolle wurden die dabei entstandenen          S: glattes Shirt). Quelle: Hochschule Niederrhein
Flotten exemplarisch gefiltert, um die
Faserbelastung des Wassers zu messen.
Am Ende einer Arbeitswoche wurden          5-STUFIGE FILTERKASKADE                    Insgesamt wurden 23 Materialien in
die Waschmaschinen mit einem Reini-                                                   mehr als 850 Waschversuchen unter-
gungsprogramm bei 90 °C gereinigt.         Zur Probenanalytik wurde die gesamte       sucht. Die durchgeführten Tests lassen
                                           Flotte des Waschprozesses gesammelt        ein breites Spektrum an Emissionsmen-
IM FOKUS: DER TROCKNUNGS-                  und filtriert. Dabei wurden Edelstahl-     gen erkennen, für die vorliegende Mate-
PROZESS                                    filter mit Trenngrenzen von 1500 µm,       rialauswahl sind akkumuliert über 10 Wä-
                                           500 µm, 150 µm, 50 µm und 5 µm ver-        schen Werte von 173 mg/kg bis 843 mg/
Nach dem Waschprozess erfolgte eine        wendet (Abb. 1). Die Menge der aus-        kg je nach untersuchtem Prozessen ermit-
Trocknung des Waschgutes auf zwei Ar-      getragenen Fasern wurde bestimmt           telt worden (Abb. 2). Bei Einzelwäschen
ten: Leinentrocknung oder Trocknung        und der relative Faseraustrag in mg/       lag der höchste Wert bei circa 275 mg/kg
im Wäschetrockner. Bei der Trocknung       kg Textil ermittelt. Die Filtrationskas-   und der niedrigste bei circa 6 mg/kg.
auf der Leine wurden die Textilien, um     kade wurde nach jedem Filtrations-         Die Analyse der Filterrückstände mit-
sie vor Partikeln aus der Umgebung zu      zyklus durch ausgiebige Spülgänge          tels µFTIR sowie Thermoextraktion
schützen, in Wäschesäcken für 48 Stun-     gereinigt. Nach den Spülgängen wur-        und Desorption-Methoden (TED-GC/
den bei Raumtemperatur getrocknet.         de das Röhrensystem mittels Druck-         MS) ergab, dass 99 Prozent der Fasern
Die Trocknung im Trockner fand in han-     luft von wässrigen Rückständen be-         auf den Filteroberflächen Polyester-ba-
delsüblichen Haushaltstrocknern mit        freit. Am Ende einer Arbeitswoche          siert waren. Die restlichen ein Prozent
dem Programm Pflegeleicht statt. Da        wurde eine mechanische Reinigung           bestanden aus anderen Polymeren,
das Textilgut anschließend noch leicht     des Röhrensystems durchgeführt, um         die zum Beispiel in den Reißverschluss-
feucht war, wurde 20 Minuten mit           die Biofilmbildung zu vermeiden und        materialien zu finden waren. Diese
Lüften warm nachgetrocknet. Bei der        entstandenen Biofilm abzureinigen.         Ergebnisse werden mit Blick auf die un-
Trocknung im Wäschetrockner wurde          Für ausgewählte Proben wurden zudem        terschiedlichen Untersuchungsaspekte
der Partikelaustrag über einen Faserfil-   weitere analytische Methoden wie µ-        nachfolgend genauer vorgestellt.
ter der Trenngrenze 200 µm erfasst und     FTIR, Mikroskopie und externe TED-
in mg/kg Trocknungsgut bestimmt. Die       GC/MS-Messungen          vorgenommen       PROGNOSE VON PARTIKEL-
Untersuchungen wurden, wenn nicht          (FTIR = Fourier-Transformations-In-        AUSTRAG BLEIBT SCHWIERIG
anderes angegeben, mit einem Proben-       frarotspektrometer). Auch wurden
umfang (n) von 3 durchgeführt, um eine     die Textilien einem Materialschnell-       Zur Herstellung von Fleece-Material
statistische Auswertung durchzuführen.     test unterzogen, der eine Erstaus-         wird die rundgestrickte Meterware ein-
                                           sage über die Textilqualität zulässt.      oder beidseitig geraut (Beschädigung
                                                                                      der Textilstruktur und gegebenenfalls

                                                                                                                           15
auch der Faseroberfläche) und optional
geschoren, so dass eine weiche und vo-                A                                 B
luminöse Oberfläche entsteht, um eine
ausreichende Luftisolation zu erreichen
(siehe Abb. 3). Die Arbeitshypothese ließ
eine höhere Partikelemission für mecha-
nisch ausgerüstete Ware wie Fleecema-
terialien erwarten als für Textilien und
Bekleidungsartikel wie Sportshirts aus
Filamentgarnen ohne mechanische Aus-
rüstung und mit intakter Faseroberfläche.
Um diese These zu bestätigen oder zu
widerlegen, wurden die Austragswerte
neben den Fleece-Materialien auch an
PES-Waren ohne mechanische Ausrüs-
tung untersucht.
Wie aus Abbildung 4 ersichtlich wird,         Abb. 3: Darstellung von Fleece-Material mit aufgerauter Faseroberfläche (A)
gibt es sowohl bei den Fleece-Waren als       und mechanisch unbehandeltem Material mit intakter Faseroberfläche (B).
auch bei den ungerauten Waren Pro-            Quelle: Hochschule Niederrhein
ben, die einen hohen beziehungsweise
niedrigen Faseraustrag (Summe über 10
Wasch- und Trockenzyklen) zeigen. Das       MEISTE FASERFRAGMENTE                     gen eingesetzten Materialien Größen
Fleecematerial F1 und das Sportshirt S2     AUF DEM KLEINSTEM FILTER                  im unteren Mikrometerbereich haben
zeigen sowohl in den Wasch- als auch                                                  und unter die Kategorie „Mikroplastik
in den Trockenzyklen einen vergleich-       Die Auswertung der verschiedenen          textilen Ursprungs“ fallen. Die Faser-
baren Faseraustrag. Im Vergleich dazu       Waschzyklen zeigte sehr unterschiedli-    austragsmenge wurde jeweils über 10
zeigen die Materialien F6 und S1 einen      che Ergebnisse. Jedoch wurde deutlich,    Wasch- und Trockenzyklen analysiert.
deutlich niedrigeren Austrag. Es kann       dass nach der Filtration der Waschflot-   Dabei wurden die Wäscheposten mit
also nicht anhand einer aufgerauten be-     te die meisten Fasern auf dem kleins-     dem Pflegeleicht-Programm gewaschen
ziehungsweise intakten Faseroberfläche      ten Filter (5 µm) zu finden waren. Dies   und anschließend mit einem Trockner
bestimmt werden, ob das Material einen      bedeutet, dass die freigesetzten Fa-      getrocknet. Sowohl die Fasermenge aus
hohen oder niedrigen Faseraustrag zeigt.    sern bei den in diesen Untersuchun-       dem Waschprozess als auch aus dem
                                                                                      Trocknungsprozess wurden bestimmt
                                                                                      und sind für die einzelnen Wäschepos-
                                                                                      ten recht unterschiedlich. Einen deutli-
                                                                                      chen Effekt zeigte aber die Beladungs-
                                                                                      menge, wie in Abb. 5 erkennbar.

                                                                                      GERINGERE EMISSIONEN BEI
                                                                                      VOLLER BELADUNG
                                                                                      Es ist ersichtlich, dass der Faseraustrag
                                                                                      bei geringer Beladung der Waschtrom-
                                                                                      mel immer höher ist als im Vergleich
                                                                                      zur vollen Waschtrommelbeladung. Im
                                                                                      Schnitt führte die geringere Beladung
                                                                                      nahezu zu einer Verdoppelung des Fa-
                                                                                      seraustrages. Dies ist auf die höhere
                                                                                      Mechanik im Waschprozess zurückzu-
                                                                                      führen, da die Fallhöhe der Textilien in
                                                                                      der Trommel bei geringerer Beladung
                                                                                      deutlich größer ist als in einer voll be-
                                                                                      ladenen Waschtrommel. Zudem ist bei
     Abb. 4: Sowohl bei Fleece-Waren als auch bei ungerauten Waren gibt es Pro-       geringeren Beladungen das Verhältnis
     ben, die einen hohen bzw. niedrigen Faseraustrag zeigen (Summe über 10           von Waschwasser zu Textil höher, was
     Wasch- und Trockenzyklen). Quelle: Hochschule Niederrhein                        zu einer besseren Durchflutung der Tex-
                                                                                      tilien und somit höherem Austrag führt.

16
Es ist zudem auffällig, dass der Austrag
aus dem Trockner mit einer zwei- bis
vierfachen Menge generell höher war
als der Austrag durch die Wäsche. Auch
die Trocknerprozesse tragen somit zum
Austrag von Faserpartikeln in die Um-
welt bei, auch wenn diese nicht unmit-
telbar ins Abwasser gelangen.

HÖCHSTER PARTIKELAUSTRAG
BEI ERSTER WÄSCHE
Bei der genaueren Betrachtung der
einzelnen Wäschen, zum Beispiel des
Artikels F6 (Abb. 5, intergriertes Bild),
zeigte sich, dass der Partikelaustrag im
ersten Wasch- beziehungsweise Trock-
nungszyklus am höchsten war und im
Verlauf der weiteren Zyklen immer
weiter abnahm, bis er bei diesem Tex-
til bei circa 10 mg/kg stagnierte. Die-
ser Verlauf ist charakteristisch für alle
Wäschen, wobei die niedrigsten Werte
ab Wäsche 8 in der Regel zwischen 20
                                              Abb. 5: Faseraustrag von verschiedenen Fleece-Waren bei unterschiedlicher
mg/kg und 10 mg/kg lagen. Es konn-
                                              Beladung der Waschmaschine (1,5 kg und 3,5 kg) und durch den Trockner,
te bei allen Waschversuchen über die
                                              summiert über jeweils 10 Zyklen. Integriertes Bild: Aufschlüsselung der Faser-
Abfolge von zehn Waschzyklen nicht
                                              freisetzung pro Zyklus am Beispiel einer Fleece-Ware.
beobachtet werden, dass der Faseraus-
                                              Quelle:Hochschule Niederrhein
trag wieder zunahm. Eine Steigerung
des Plastikaustrags durch Material-
alterung oder erhöhten Abrieb in der        zyklen je nach untersuchtem Parameter     die Erhöhung der Schleuderzahl von
Waschmaschine scheint bei den be-           Werte von 75 mg/kg bis 3948 mg/kg er-     900 rpm auf 1200 rpm führte nicht zu
trachteten Materialien aus sehr stra-       mittelt. Wurde die Wäsche auf der Leine   einem erhöhten Faseraustrag. Die Aus-
pazierfähigen Polyesterfasern im Ver-       getrocknet, so war der Gesamtfaseraus-    wahl des Waschprogramms hingegen
lauf von 10 Wäschen nicht einzutreten.      trag niedriger als bei der Trocknung im   kann einen leichten Einfluss auf den Fa-
Eine Trocknung im Wäschetrockner            Trockner. Allerdings gelangten im nach-   seraustrag aufweisen. Die Verwendung
führte insgesamt zu einem höhe-             folgenden Waschprozess mehr Fasern        des Expressprogramms bei niedriger
ren Faseraustrag (Wasch- und Trock-         in das Waschwasser, da lose Faserfrag-    Waschzeit (Laufzeit 30 min, Schleuder-
nungsprozess). Die durchgeführten           mente, die nicht während des Wasch-       zahl 1200 rpm) zeigte im Vergleich zum
Untersuchungen lassen ein breites           prozesses herausgespült wurden, im        Pflegeleichtprogramm (Laufzeit 1:59 h,
Spektrum an Emissionen erkennen.            Material verblieben und nicht durch       Schleuderzahl 1200 rpm) einen etwas
                                            den Trockner herausgelöst wurden.         geringeren Faseraustrag. Wahrschein-
DIE EFFEKTE VON TROCKNER,                   Bei der Trocknung im Trockner wurden      liche Erklärung: Bei einer verringer-
WEICHSPÜLER UND WASCH-                      diese Fasern im Flusensieb aufgesam-      ten Waschzeit wird die Wäsche weni-
PROGRAMM                                    melt und konnten nicht ins Abwasser       ger mechanisch belastet, was für den
                                            gelangen. Ein Effekt von Weichspüler      verringerten Faseraustrag verantwort-
Für die vorliegende Materialauswahl         auf die Faserfreisetzung konnte nicht     lich sein kann.
wurden akkumuliert über 10 Trocknungs-      eindeutig festgestellt werden. Auch

     VERBRAUCHERTIPP - WASCHMASCHINE VOLL BELADEN!
     Die Beladung der Waschmaschine sollte so gewählt werden, dass das Textilgut keinen hohen mechanischen Belas-
     tungen ausgesetzt wird, der Wascheffekt aber ausreichend vorhanden ist. Für den Mikroplatikaustrag gilt: je voller,
     desto besser! Kürzere Waschzeiten tragen ebenfalls zu einem verminderten Austrag bei, aber auch hier gilt: der
     Wascheffekt muss stimmen.

                                                                                                                               17
ERGEBNISSE DEUTEN AUF
PRODUKTIONSRÜCKSTÄNDE

Der Verlauf der Kurven zum Parti-
kelaustrag in Wäschen zeigt für alle
untersuchten Materialien einen charak-
teristischen Verlauf. Die ersten beiden
Wäschen decken circa 54 Prozent des
Gesamtfaseraustrags von 10 Wäschen
ab, während die 3. bis 10. Wäsche ledig-
lich 46 Prozent des Mikroplastikaustrags
verantworten und im Durchschnitt bei
der letzten Wäsche einen Partikelaus-
trag um die 10 mg/kg aufweisen. Dieses
Verhältnis ist für alle Konstruktionen
und Ausrüstungsrouten zu beobachten.
Dies lässt den Rückschluss zu, dass die
durch die Wäsche in die Umwelt einge-
tragenen Faserfragmente in erster Linie
Rückstände aus der Produktion sind.

Die Tatsache, dass die polymerche-
mische Zusammensetzung der Filter-
rückstände eindeutige Hinweise auf
Polyester enthält, lässt darüber hinaus
vermuten, dass es sich um materialeige-        Abb. 6: Textiles Mikroplastik wird auf verschiedenen Stufen der Wertschöp-
ne Rückstände und nicht um Fremdfa-            fungskette und während der Nutzungsphase eines Kleidungsstücks freige-
sern oder Verunreinigungen aus Trans-          setzt. Quelle: Hochschule Niederrhein
port oder Lagerung handelt. Für die hier
betrachteten Muster ist darüber hinaus
festzuhalten, dass Artikel mit einer me-   ------------------------------------------------
chanisch zerstörenden Ausrüstung wie
dem Rauen und Scheren nicht schlech-       Literatur:
ter abschneiden als Artikel, die keine
mechanische Ausrüstung erfahren ha-        •    https://www.cirfs.org/statistics/
ben.                                            key-statistics/world-production-
                                                fibre, Stand 01.03.2021
Werden alle im Projekt identifizierten     •    www.statista.com
Eintragswege für Mikroplastik zusam-       •    J. Bertling, C. G. Bannick, L. Brink-
mengetragen, ergibt sich das in Abbil-          mann, L. Barkmann et. al. (2021):
dung 6 dargestellte Bild.                       Kunststoff in der Umwelt – ein Kom-
                                                pendium, 1. Auflage 2021.

                         Prof. Dr. Maike Rabe                                                 Prof Dipl.-Des. Ellen Bendt

                         Leiterin des Forschungsinstituts für                                 Dozentin am Fachbereich für
                         Textil und Bekleidung,                                               Textil und Bekleidung
                         Hochschule Niederrhein                                               Hochschule Niederrhein
                         maike.rabe@hs-niederrhein.de                                         ellen.bendt@hs-niederrhein.de

     Weitere Autoren: Dr. Sabrina Kolbe, Dr. Kristina Klinkhammer, Stefan Brandt, Dr. Jens Meyer

18
UMWELTAUSWIRKUNGEN TEXTILEN MIKROPLASTIKS
QUANTIFIZIERUNG, FRAKTIONIERUNG
UND RÜCKHALT IN KLÄRANLAGEN
Wie verhält sich textiles Mikroplastik, nachdem es über die Haushaltswäsche in
das Abwasser gelangt ist? Ist der Rückhalt von textilem Mikroplastik in Kläranlagen
abhängig von der Größe der Fragmente? Mit diesen Fragen beschäftigte sich das
Institut für Wasserchemie an der TU Dresden. Darüber hinaus wurde auch zur
biologischen Abbaubarkeit verschiedener Fasertypen und zum Einfluss
verschiedener Additive aus der Produktion geforscht.

                                                                                 19
S  ynthetische Textilien, die bei der
   Produktion und dem Tragen und Wa-
schen mikropartikuläre Faserfragmente
                                            additiven (Farbstoffen, Weichmacher,
                                            antimikrobielle Ausrüstung) untersucht.
                                                                                        Dies erlaubte, das spezifische Verhalten
                                                                                        textiler Mikropartikel differenzierter zu
                                                                                        untersuchen (siehe Abbildung 1).
freisetzen, gelten als eine wesentliche     GEWINNUNG DER FASER-
Quelle von Mikroplastik, welches ubiqui-    FRAGMENTE                                   ANALYSE DER MIKROPAR-
tär in der Umwelt gefunden wird. Zu Pro-                                                TIKEL: GRÖSSENFRAKTIONEN
jektbeginn war unklar, in welchem Maße      Zunächst galt es, eine ausreichende
Mikroplastik über die Haushaltswäsche       Menge an Faserfragmenten zu gewin-          Das Mikroplastik auf den Filtern mit der
aus Textilien freigesetzt wird und in die   nen, die sich später auch unter dem Flu-    Maschenweite von 150, 50 und 5 μm
Umwelt gelangt. Hiervon leiteten sich       oreszenzmikroskop analysieren ließen.       wurde hinsichtlich ihrer tatsächlichen
die Kernfragen der Forschungstätigkei-      Dafür wurden in zahlreichen Waschgän-       Größenverteilung mikroskopisch charak-
ten am Institut für Wasserchemie der TU     gen handelsübliche weiße Fleece-Pullo-      terisiert. Hierfür wurde eine umfängli-
Dresden ab: Wird textiles Mikroplastik      ver gewaschen und das Abwasser über         che Methodenvalidierung durchgeführt,
von Kläranlagen im Labormaßstab effi-       eine fünfstufige Filterkaskade gefiltert,   um unter anderem den Einfluss der Re-
zient zurückgehalten? Und welchen Ein-      wobei die Maschenweite 1500 bis 5 μm        suspendierung, der Partikelkonzentra-
fluss hat dabei die Größe der Partikel?     betrug. Entsprechend der Maschen-           tion und der Größe der auszuzählenden
                                            weite der Filter konnten die ausgesto-      Stichprobe zu erhalten. In Abbildung 2
METHODENENTWICKLUNG                         ßenen Faserfragmente in fünf Nenn-          ist Faserhäufigkeit gegen die Fasergröße
                                            größenfraktionen getrennt werden:           (bzw. Größenbereich) aufgetragen. Auf
Um diese übergeordneten Fragestellun-                                                   den Filtern mit unterschiedlichen Ma-
gen bearbeiten zu können, wurde eine        •   > 1500 μm                               schenweiten lassen sich Fasern finden,
Methode entwickelt, Faserfragmente          •   1500 - 500 μm                           die einen sehr weiten Größenbereich
der Größe nach zu fraktionieren und         •   500 - 150 μm                            abdecken. Das Maximum der Faserhäu-
zu charakterisieren (u.a. nach Größe,       •   150 - 50 μm und                         figkeit liegt zum Beispiel bei 150-200 µm
Anzahl, Polymertyp, …). Hierbei wurde       •   50 - 5 μm.                              auf dem 150 µm Filter, bei 100-150 µm
sich auf Polyester (genau: Polyethylente-                                               für den 50 µm Filter und bei >0-50 µm
rephthalat, PET) beschränkt, dem men-       Die aufgefangenen Partikel wurden           auf dem 5 µm Filter. Die charakterisier-
genmäßig am meisten verwendeten             mittels FTIR-Analyse als PET-Polymere       ten Größenfraktionen wurden für die
synthetischen Polymer für Textilien.        identifiziert. So konnte eine Kontami-      weiteren Experimente herangezogen.
Darüber hinaus wurde die biologische        nation der Proben durch Fremdstoffe         Die Gewinnung von wenigen Gramm der
Abbaubarkeit unterschiedlicher Faser-       ausgeschlossen werden.                      Größenfraktionen und deren Charakte-
materialien und der Einfluss von Textil-                                                risierung hat viele Monate in Anspruch
                                                                                        genommen.

                                                                                        RÜCKHALT VON FASERN IN
                                                                                        DER LABORKLÄRANLAGE
                                                                                        Kläranlagen verfügen über unter-
                                                                                        schiedliche mechanische, chemische
                                                                                        und biologische Reinigungsstufen. In
                                                                                        Laborversuchen wurden diese nachge-
                                                                                        stellt. Darunter zum Beispiel die Co-Se-
                                                                                        dimentation der PET-Größenfraktionen
                                                                                        mit Primär- und Belebtschlamm. Das
                                                                                        Ziel dieses Experiments war es, den An-
                                                                                        teil der PET-Fasern zu bestimmen, der
                                                                                        in der Schlammmatrix einer Kläranlage
                                                                                        zurückgehalten wird, und ob die Größe
                                                                                        der Fasern den Rückhalt beeinflusst.

                                                                                        Die Ergebnisse zeigen, dass die durch-
                                                                                        schnittliche Masse der Fasern im abge-
                                                                                        setzten Belebtschlamm 98 Prozent für
     Abb. 1: Arbeitspakete der TU Dresden - Handelsübliche Fleece-Pullover wur-         die Größenfraktion B (1500 - 500 μm)
     den zunächst gewaschen und das Abwasser in einer fünfstufigen Filterkaska-         und 87 Prozent für die Größe D (150 - 50
     de gefiltert. Die so gewonnenen Faserfragmente konnten für verschiedene            μm) betrug. Im Primärschlamm betrug
     Versuchsreihen genutzt werden. Fotos: Yaqi Zhang, TU Dresden                       die durchschnittliche Co-Sedimentation

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