Titelthema: Der Lehrplan 21 und die Sekundarstufe II - 9/2018 kompetent bilden - hep ...

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9/2018                    kompetent bilden

                                      Zusammen-
                                     arbeit mit dem
                                    Verlag Handwerk
  Titelthema:                         und Technik
Der Lehrplan 21
    und die        Ursula Renold,
Sekundarstufe II     Beat Döbeli
                   Honegger und
                    Peter Egger
                    im Interview
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Inhalt 9/2018

                                                      4 Der Lehrplan 21 und die Sekundarstufe II:
                                                        Methoden und Inhalte auf dem Prüfstand
                                                         Welche Auswirkungen hat der Lehrplan 21 auf die beruflichen und weiter­
                                                         bildenden Schulen? Was bedeutet das für Lernende, Lehrende und Unterricht?

                                                      11 Der Verlag stellt sich vor
                                                         Das Marketing

                                                      12 Promiporträt Cornelia Oertle
                                                         Cornelia Oertle, Direktorin des Eidgenössischen Hochschulinstituts
                                                         für Berufsbildung EHB, im Porträt

                                                      14 Ahorn: Meister des Herbstes
                                                         Diese ott-Neuerscheinung zeigt uns die Vielfalt einer der bekanntesten
                                                         mitteleuropäischen Baumarten.

                                                      16 Attraktive Aktivierungsmethoden
                                                         Es gibt zahlreiche Methoden, Lernende im Unterricht zu aktivieren,
                                                         fünf davon stellen wir in diesem Heft vor.

                                                      19 Das Jahr 2018 für den hep verlag
                                                         Veranschaulicht in Bildern und Zahlen

                                                      20 Forum: Privatisierung von Berufsschulen –
                                                         erstrebenswert oder nicht?
                                                         Claudia Zürcher und Georg Berger nehmen Stellung zu dieser Frage.

                                                      23 Ein Tag mit einer Lehrperson
                                                         Marius Sterchi, Fachlehrperson an der Sekundarstufe I der Schulen Rüegsau
                                                         im Berner Emmental, erzählt von seinen bisherigen Erfahrungen mit dem
                                                         Lehrplan 21 und von dessen Neuerungen.

                                                      24 Rückgrat guten Unterrichts
                                                         Verleger Peter Egger und Verwaltungsratsmitglieder Ursula Renold und
                                                         Beat Döbeli Honegger im Gespräch über Chancen und Herausforderungen
                                                         des hep verlags

                                                      28 Veranstaltung
IMPRESSUM hep magazin Zeitschrift des hep
verlags zu aktuellen Bildungsthemen, erscheint
                                                         Beim Bildungsforum «Individuell lernen – anders unterrichten» trafen
einmal jährlich (November)                               sich in Freiburg i. Br. vergangenen September Lehrerinnen und Lehrer –
Redaktionsleitung: Peter Egger, Julia Figueira,          ein Rückblick.
Alex Bieli
Layout: Markus Surbeck, www.tasty.ch
Mitarbeit an dieser Nummer: Peter Egger,              30 Zusammenarbeit mit dem deutschen Verlag
Roger Portmann, Alex Bieli, Irene Kleiner,
Manuel Schär, Men Haupt, Cyrill Haupt,
                                                         Handwerk und Technik
Gisela Flühmann, Susanne Gentsch,                        Ab 2019 unterstützen der hep verlag und der Verlag Handwerk und Technik
Georg Berger, Claudia Zürcher, Rahel Wenger,             einander gegenseitig in den Bereichen Marketing, Vertrieb und Programm.
Julia Figueira
Bilder: Pia Kramer, Ayse Yavas, Carmen Weder
                                                      32 hep ius
                                                                                                                                      FOTO: PIA KRAMER

Korrektorat: Thomas Kaiser
Auflage: 42 000                                          «Medien. Die vierte Gewalt»-Autor Edy Salmina im Interview
Redaktionsadresse: hep verlag | ott verlag
Gutenbergstrasse 31, Postfach 6607, CH-3001 Bern
Tel. 0041 (0)31 310 29 29, Fax 0041 (0)31 318 31 35   34 Hinter den Kulissen
www.hep-verlag.ch; magazin@hep-verlag.ch                 hep-Autorin Tanja Rüdisühli erzählt von ihrem spannenden Werdegang.

2
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Editorial

Digitale Transformation
als sozialer und
kultureller Wandlungsprozess
             Liebe Leserin
             Lieber Leser

             Die aktuelle Diskussion über die digitale Transformation ist geprägt
             von Hypes und Ängsten. Sie bringt Buzzwords wie «Disruption», «Big
             Data» oder «Künstliche Intelligenz (KI)» zum Vorschein. Wenn wir uns
             durch den Dschungel dieser Wörter gekämpft haben, wissen wir dann
             wirklich, was digitale Transformation bedeutet? Denn die Digitalisierung
             ist keinesfalls nur ein Phänomen der Technologie, sie ist vielmehr ein
             sozialer und kultureller Wandlungsprozess. Wir haben uns zu einer
             Netzwerkgesellschaft weiterentwickelt, in der neue Kompetenzen und
             Denkmuster unabkömmlich sind.
                  Die digitale Transformation ist auch im Ausbildungsbereich spürbar,
             schnelle Anpassungen bei Berufsausbildungen seien daher notwendig,
             sagt Cornelia Oertle, Direktorin des Eidgenössischen Hochschulinstituts
             für Berufsbildung (EHB), im Artikel auf Seite 12.
                  Auch der Unterricht wandelt sich, es wird vermehrt kompetenz-
             und handlungsorientierter gelehrt. Lesen Sie mehr darüber im Haupt­
             artikel «Methoden und Inhalte auf dem Prüfstand» (Seite 4).
                  Dies betrifft insbesondere den Lehrplan 21. Susanne Muralt,
             Co-Präsidentin des Schulleiterinnen- und Schulleiterverbandes des
             Kantons Bern, erhofft sich, dass die Lernenden künftig selbstständiger
             handeln und Kompetenzen entwickeln können, statt bloss dazusitzen
             und einer dozierenden Lehrperson zuzuhören.

             Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Lesen der neuen Ausgabe des
             hep magazins.

             Irene Kleiner
             Mitglied der Geschäftsleitung | Leiterin Herstellung

                                                                                   3
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FOTOS: PIA KRAMER
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Der Lehrplan 21
und die Sekundarstufe II                                                                                                Lehrplan 21

Methoden und Inhalte
auf dem Prüfstand
I
  m neuen Schuljahr beginnen die grös­      werden später den Besucherinnen und         und sich in der Gruppe ganz verschie­
  sten Kantone mit der Umsetzung des        Besuchern des Abschlusstages über­          denen Alltagssituationen stellen. «Hier
  Lehrplans 21. Mit seinem harmonisier­     reicht und sollen gepflanzt werden»,        wird nicht doziert, sondern die Lernen­
ten Unterricht für die deutschsprachigen    erklärt eine Schülerin begeistert. Der      den setzen sich aktiv mit ihrem Thema
Volksschulen stellt er mit einigen neuen    Begriff Lehrplan 21 fällt nie. Aber hier    auseinander», bringt Susanne Muralt
Inhalten, vor allem aber mit anderen        wird aktiv, bewusst und fröhlich gelernt.   das Geschehen auf den Punkt. Die für
Methoden, Haltungen und Perspektiven             Kinder in anderen Klassenräumen        Primarschule und Kindergarten zustän­
die beruflichen und weiterbildenden         malen Bilder aus Tee- und Fruchtsaft­       dige Leiterin der Schulen Rüegsau um­
Schulen auf den Prüfstand. Welche Aus­      farben im Projekt «Farbe und Natur».        schreibt damit einen wichtigen Aspekt
wirkungen hat der Lehrplan 21 auf die       Sie kreieren aus natürlichen Gegenstän­     des Lehrplans 21, nämlich die Hand­
Sekundarstufe II? Und was bedeutet dies     den wie Weidenästen und Seegrasbällen       lungsorientierung des Unterrichts.
für Lernende, Lehrpersonen und Unter­       netzartige Gebilde, die sie «Traumfän­             Handlungsorientierung, Kompe­
richt?                                                                                  tenzorientierung, das Fokussieren auf
                                                                                        die fachlichen und überfachlichen
          ROGER PORTMANN                         «Die Lernenden                         Fertigkeiten der Lernenden und eine
                                                                                        neue Rolle der Lehrperson – dies sind
                                                  werden andere                         einige Kernelemente des Lehrplans 21
Träge liegt die Sommerhitze über dem
Emmental. Doch auf dem weitläufigen,              Erwartungen                           für die Volksschulen der deutschspra­
                                                                                        chigen Schweiz (siehe Infobox «Neu­
üppig begrünten Areal der Schulen
Rüegsau läuft an diesem Nachmittag die
                                                an den Unterricht                       erungen und Hintergründe des Lehr­
                                                                                        plans 21», Seite 7). Damit befassen sich
Projektwoche zum Thema «Natur pur»                 mitbringen.»                         die rund 50 Lehrpersonen im Team von
auf Hochtouren. Im Schulgarten graben                                                   ­Susanne Muralt und Ulrich Hofer, Leiter
einige Primarschülerinnen und -schüler                 SUSANNE MURALT                    Sekundar­stufe I, seit mehr als einem hal­
unter kundiger Begleitung die Erde um                                                    ben Jahrzehnt. In dieser Zeit ist vieles be­
und staunen über eine Lehmschicht, auf                                                   reits umgesetzt worden. Nicht alle Lehr­
die sie gerade gestossen sind. Nebenan      ger» nennen, oder backen in der Schul­       personen seien von Anfang an begeistert
wird ein Holzkasten mit Backsteinen,        küche knusprige Knäckebrote. Die äl­         gewesen, aber dank kleiner Schritte und
Holzwolle und Schilfrohr bestückt. Er       teren Schülerinnen und Schüler sind          individueller Geschwindigkeit habe man
verwandelt sich allmählich in ein bunt      auf Exkursionen. Einer von ihnen ist         am Ende alle mitnehmen können, freut
bemaltes «Insektenhotel». Im Innen­         schon zurück, reiht im Innenhof neben        sich Muralt. «Es ist jetzt wirklich Zeit
hof der Schulanlage stehen kunstvoll        den bemalten Paletten kugelige Steine        für etwas Neues», kommentiert sie die
verzierte, mit Erde gefüllte Paletten       aus der Emme auf und besprüht sie mit        bevorstehende, offizielle Umsetzung des
mit Holzrahmen. Beim Betrachten der         farbigem Lack. Einige Schritte nebenan       Lehrplans 21 im Kanton Bern. Im Schul­
prachtvollen Pflanzplätze stellt sich dem   würden solche Steine eine Stolperfalle       jahr 2018/19 beginnt auch ein halbes
Betrachter die Frage «Was wächst denn       darstellen, denn die Lernenden setzen        Dutzend weiterer Kantone damit, da­
da?». Im nur wenige Meter entfernten        sich dort gerade den Risiken der Natur       runter Zürich und Graubünden. Andere
Schulzimmer binden die Kinder sorg­         aus, indem sie mit Gehörschutz und           befinden sich bereits mitten in diesem
fältig kleine Pakete mit Samen. «Sie        Augenbinde einzelne Sinne ausschalten        Prozess oder werden noch folgen (siehe

                                                                                                                                   5
Titelthema: Der Lehrplan 21 und die Sekundarstufe II - 9/2018 kompetent bilden - hep ...
«Motivieren bleibt eine wichtige und
    anspruchsvolle Aufgabe der Lehrperson.»
                 ALOIS HUNDERTPFUND

                                                          Infobox «Umsetzung des Lehrplans 21
                                                          nach Kantonen», Seite 9).
                                                               Marius Sterchi ist eine der erwähn­
                                                          ten Lehrpersonen im Team der Schu­
                                                          len Rüegsau: ein grossgewachsener, vor
                                                          Energie sprühender und doch reflek­
                                                          tiert wirkender Sekundarschul-Musik­
                                                          lehrer mit kontrolliert wucherndem
                                                          Fünf­tagebart und Hipster-Brille. Den
                                                          Lehrplan 21 habe er bereits in seiner
                                                          Ausbildung kennengelernt und er un­
                                                          terrichte schon weitgehend danach, er­
                                                          klärt er (siehe Seite 23). Beim Besuch in
                                                          seinem Unterricht im Untergeschoss des
                                                          Sekundarschulhauses fällt zunächst das
                                                          Arsenal an Keyboards, Schlagzeugen,
                                                          Gitarren, Mikrofonen und Verstärkern
                                                          auf. Hier spielt zuweilen auch die Schul­
                                                          band.
                                                               Zur Einstimmung werden die im
                                                          Halbkreis sitzenden 14- und 15-jährigen
                                                          Lernenden der Klasse 8a nun zu Rhyth­
                                                          mus-Körperübungen angeleitet. Etwas
                                                          später, nach Sterchis kurzer Einführung
                                                          am Piano und gemeinsamem Singen,
                                                          beschäftigen sich die Jugendlichen, aus­
                                                          gerüstet mit Musikheft, Mini-Keyboard
                                                          und Kopfhörer, in individuellem Tempo
                                                          mit Tonleitern und Tonarten. Bei Prob­
                                                          lemen helfen sie einander. Sterchi ist da,
                                                          wenn es ihn braucht. Gegen Ende der
                                                          Unterrichtseinheit werden die Ergebnisse
                                                          des mehrmonatigen Gruppenprojekts
                                                          «Soundscape» präsentiert. Die Klang­
                                                          collagen zu verschiedenen Themen wer­
                                                          den ergänzt durch Reflexionen über die
                                                          Arbeitsprozesse der Beteiligten. Nicht
                                                          nur das Ergebnis zählt, sondern auch
                                                          der Weg dorthin.
                                                               Hier werden die Lernenden anders
                                                          sozialisiert als im früheren Volksschul­
                                                          unterricht. Sie werden bald in die be­
                                                          ruflichen und weiterbildenden Schulen
                                                          übertreten. «Die Schülerinnen und
                                                          Schüler übernehmen mehr Selbstver­
                                                          antwortung, sie lernen über ihr eige­
                                                          nes Handeln und müssen gelegentlich
                                      Ein Insektenhotel   auch vorausdenken.» So bilanziert
                                      entsteht            Marius Sterchi die Auswirkungen des

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Titelthema: Der Lehrplan 21 und die Sekundarstufe II - 9/2018 kompetent bilden - hep ...
Neuerungen und Hintergründe des Lehrplans 21

                                                   Harmonisierung der Volksschule                  Vielfältige Methoden und
                                                   Erstmals gilt für die deutschsprachige          differenzierte Lernunterstützung
                                                   schulische Grundbildung in 21 Kantonen          Mit individualisierten Lehr- und Lern-
Lehrplans 21 auf die Sekundarstufe II.             derselbe Lehrplan (mit Varianten), daher        formen müssen nicht mehr alle Ler-
­Susanne Muralt erwartet, dass die Ler­            die Bezeichnung «Lehrplan 21».                  nenden gleichzeitig auf gleichem Weg
 nenden zukünftig ein neues Selbstver­                                                             die gleichen Ziele erreichen. Begabtere
 ständnis und andere Erwartungen an                Sechs Fachbereiche und neue Inhalte             Schülerinnen und Schüler arbeiten an
 den Unterricht mitbringen werden und              Sprachen, Mathematik, Natur/Mensch/             weiterführenden Kompetenzen.
 sich auch besser einschätzen können               Gesellschaft, Gestalten, Musik, Bewe-
 (siehe Interview Seite 10). Dass dies auch        gung und Sport sind die Fachbereiche.           Gliederung der Grundbildung in
 für die weiteren Ausbildungen nach der            Dazu kommt der verbindliche Umgang              drei Zyklen
 Volksschule ein Gewinn sei, davon sind            mit Medien und Informatik und eine um-          Die drei Zyklen sind chronologisch
 beide überzeugt. Zu den Schulüber­                fassendere Auseinandersetzung mit der           gegliedert. Der 3. Zyklus z. B. umfasst
 gängen enthält der Lehrplan 21 bloss              beruflichen Zukunft.                            die 1. bis 3. Klasse der Sekundarstufe I.
 knappe, summarische Anmerkungen.                                                                  Jeder Zyklus weist Grundansprüche aus,
 Befragt man Fachleute der Sekundar­               Konsequente Kompetenzorientierung               die erreicht werden sollen, hinzu kom-
 stufe II in verschiedenen Regionen der            bei Bildungs- und Lernzielen                    men weiterführende Kompetenzstufen.
 deutschsprachigen Schweiz, so zeigt               Im Zentrum stehen die Fertigkeiten,
 sich, dass die verschiedenen Schulty­             welche die Lernenden anwenden können,           Umfassende Beurteilung der Lernenden
 pen unterschiedlich weit sind in ih­              weniger der Lernstoff. Wissen und               Formative Rückmeldungen während
 rer Vorbereitung auf die «Generation              Fähig­keiten werden als Kompetenzen             der Lernprozesse ergänzen die ab­
 Lehrplan 21». Nicht zuletzt wegen der             formuliert, z. B. «Die Lernenden können         schliessenden (summativen) Bewertun-
 unterschiedlichen Zeithorizonte bei der           ihr Persönlichkeitsprofil beschreiben           gen. In die regelmässigen Beurteilungs-
 Umsetzung lassen sich auch kantonale              und nutzen».                                    berichte (Zeugnisse) werden die Eltern
 Unterschiede feststellen.                                                                         miteinbezogen. Diese Vorgaben sind
      Eine wichtige Nahtstelle beim                Fachliches und Überfachliches                   kantonal geregelt.
 Übergang zur Sekundarstufe II sind die            Der Aufbau von fachlichen Kompetenzen
 Brückenangebote, die erst vor wenigen             wird mit der Förderung von überfachli-          Neue Aufgabe der Lehrperson
 Jahren neu justiert wurden (siehe hep             chen Kompetenzen personaler, sozialer           Die Lehrperson ist verantwortlich für
 magazin 6/2015). Die Kompetenzorien­              und methodischer Art verknüpft.                 Lernumgebungen und Lernsettings. Sie
 tierung des Lehrplans 21 treffe auf offene                                                        wird von der allwissenden Zentralinstanz
 Türen, bestätigt Dagmar Voith, Rekto­             Mehr Eigenaktivitäten der Lernenden             zur gestaltenden Lernbegleitung und
 rin des Zentrums für Brückenangebote              Durch Anknüpfen an das Vorwissen und            leistet Lernunterstützung. Lehr- und
 Basel-Stadt. «Das Trainieren von über­            gehaltvolle Aufträge werden die Lernen-         Methodenfreiheit bleiben bestehen, denn
 fachlichen Kompetenzen war für den                den zum Denken und Handeln angeregt.            der Lehrplan 21 lässt entsprechende
 Übertritt in die Berufsbildung schon in           Die Handlungsorientierung des Unter-            Freiräume.
 der Vergangenheit wichtig», erläutert sie.        richts wird gestärkt. Lernen wird als
 Auch die Stärkung der beruflichen Ori­            aktiver, selbstgesteuerter, konstruktiver
 entierung im 3. Zyklus der Volksschule            und sozialer Prozess verstanden.
 habe Auswirkungen auf die Brückenan­
 gebote. Für Basel gehe sie davon aus, dass
 die Lernenden wenigstens die Richtung
 vor Augen hätten, in die sie sich beruflich   das 2016 neu aufgegleiste berufsvorbe­               Dieses heterogene Bild zeigt sich
 entwickeln wollten. Diese Neuerungen          reitende Schuljahr bereits konsequent           auch bei den Gymnasien. Sie orien­
 gälten auch für die anderen Kantone, die      handlungs- und kompetenzorientiert              tierten sich vorwiegend an den Uni­
 Umsetzung allerdings sehe teils unter­        aufgebaut sei und dass es kantonale Un­         versitäten und liessen den Blick auf die
 schiedlich aus, ergänzt Voith. Wichtig        terschiede gebe bei den Auswirkungen            Sekundarstufe I oft etwas vermissen,
 seien schlanke Strukturen, damit man          des Lehrplans 21, gerade bei der beruf­         sagt Dominique Metzler, Prorektor der
 flexibel auf einen gewandelten Bedarf re­     lichen Orientierung. Gesamtschweize­            Kantonsschule Zofingen, doch hätten
 agieren könne. Auch Anna Leuenberger          risch koordinierte Pläne für Anpassun­          verschiedene Kantone in ihren Gym­
 vom Mittelschul- und Berufsbildungs­          gen der Brückenangebote gebe es daher           nasiallehrplänen auch den Schritt zur
 amt des Kantons Bern bekräftigt, dass         keine, hält Leuenberger fest.                   Kompetenzorientierung vollzogen. «Die

                                                                                                                                      7
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Die Schülerinnen
                                                                                                           und Schüler von
                                                                                                           Marius Sterchi
                                                                                                           üben ­selbstständig
                                              «Die Schülerinnen                                            Tonleitern und

                                                 und Schüler
                                                                                                           Tonarten

Gymnasien tun sich aber schwer, sich          übernehmen mehr                         das Solothurner Progymnasium ange­
von der Stofffülle der alten, oft über­
frachteten Lehrpläne zu lösen», stellt er
                                            Selbstverantwortung.»                     passt und Letzteres wiederum mit dem
                                                                                      Gymnasium abgestimmt worden. Diese
fest und greift ein generelles Problem                 MARIUS STERCHI                 Anschlussfähigkeit an die obligatorische
der Lehrpläne vieler Schulen der Se­                                                  Bildung müssten die einzelnen Kantone
kundarstufe II auf. Man müsse inhaltlich                                              und Schulen gemäss Franz Eberle, Inha­
entschlacken und verstärkt exempla­         und Schnittstellen an Vorwissen und       ber des Lehrstuhls für Gymnasialpäda­
risch und erkenntnisorientiert arbeiten.    Kompetenzen der Lernenden gemäss          gogik an der Universität Zürich, selbst
Weg von der Stoffvermittlung hin zum        Lehrplan 21 angleichen.                   vornehmen. Doch auch der Rahmen­
Gestalten von Lernprozessen in zeitlich          Ähnliches ist im Kanton Solothurn    lehrplan von 1994 müsse überarbeitet
umfangreicheren Unterrichtsblöcken,         schon weit gediehen. Sybille Wyss und     werden und sich konsequenter nach den
fordert auch Marc Eyer, Institutsleiter     Samuel Batzli von der Schulleitung der    überfachlichen Kompetenzen der Ma­
Sekundarstufe II der Pädagogischen          Kantonsschule Olten erläutern, dass der   turitätsanerkennungsverordnung von
Hochschule Bern. Genau dies ist eines       2018 aktualisierte Gymnasiallehrplan      1995 ausrichten, findet Eberle. Der Rah­
der Ziele des Projekts «Kanti 22» der       für jedes Fach die überfachlichen Kom­    menlehrplan der Berufsmaturität (BM)
Rektorenkonferenz der Kantonsschulen        petenzen benenne und die ICT-Kom­         dagegen basiert schon auf einem Kom­
Aargau. Längere Zeit­sequenzen sollen       petenzen (Medien/Informatik) syste­       petenzen-Modell. «Der Lehrplan 21
die Zerstückelung des Unterrichts über­     matisch darstelle. Neue Inhalte und       kommt uns methodisch daher sehr
winden und mehr eigenes Tun, soziale        Methoden der Volksschule werden da­       entgegen», sagt Anne Berger, Schullei­
Interaktion und Reflexion der Lernen­       mit aufgenommen und weitergeführt.        terin BM bei BerufsBildungBaden. Auch
den ermöglichen. Das langfristige Pro­      Zwecks Passgenauigkeit sei der 3. Zy­     von einigen inhaltlichen Neuerungen
jekt will ausserdem die Schulübergänge      klus des kantonalen Lehrplans 21 an       könne man profitieren, jedoch müssten

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Titelthema: Der Lehrplan 21 und die Sekundarstufe II - 9/2018 kompetent bilden - hep ...
Lehrplan 21

sich Sek.-I- und Sek.-II-Stufen intensiver   terrichteten, den fachlichen Anschluss        forderungen der Zukunft fit machen
austauschen und die BM müsse Anpas­          nicht verlören. Auch die Lehrpersonen­        wollen. Von den Ergebnissen dieses
sungen vornehmen, etwa bei den Auf­          ausbildung ist also gefordert (siehe hep      umfassenden Prozesses wird laut Toni
nahmeprüfungen, ist Berger überzeugt.        magazin 8/2017).                              Messner vom Staatssekretariat für Bil­
      Kompetenz- und handlungsorien­              Roland Züger, ehemals Studien­           dung, Forschung und Innovation auch
tiert, mit hoher Aktivität der Lernenden,    gangleiter BK der Pädagogischen Hoch­         abhängen, ob der ABU eine grössere Re­
so charakterisiert Janine Allimann, Pro­     schule Zürich (PHZH) und neu Dozent           vision oder bloss kleinere Anpassungen
rektorin der Berufsschule Rüti (ZH) den      für Medien und Informatik an der PH           an den Lehrplan 21 erfahren soll. Doch
allgemeinbildenden Unterricht (ABU)          Schwyz, fragt sich, wie hilfreich der Fo­     Berufsbildung 2030 ist wieder eine
an Berufsfachschulen. «Seit Jahren           kus auf den Inhalt in der digitalen Zeit      andere Geschichte. In so langen Zeit­
diskutieren wir Haltungen, vermitteln        noch sei: «Woher wollen wir wissen,           horizonten rechnen die aufgeweckten
Fakten, fördern selbstständiges Arbei­       welche Inhalte für neuartige Heraus­          Lernenden der Schulen Rüegsau kaum.
ten, also auch überfachliche Selbst- und     forderungen bedeutend sein werden?»           Auf sie kommt jetzt zunächst einmal der
Sozialkompetenzen», wird die erfahrene       Dennoch sei Wissen wichtig, man müs­          Lehrplan 21 zu. Und wenn man sich bei
ABU-Lehrerin konkreter. Deshalb halte        se offene Prozesse ansteuern und den          ihnen im Emmental so umschaut, erhält
sie den ABU für äusserst anschlussfähig.     Lernenden ein eigenes Verständnis über        man den Eindruck, dass sie Grund zur
«Aber im Bereich der Medienpädagogik         Lernen und Entwicklung bewusst ma­            Freude haben dürfen.
könnten wir stark zulegen und sollten        chen, so Züger.
unbedingt auch auf die politische Di­             Dies führt zum Thema «selbst­
mension der Digitalisierung hinwei­          organisiertes Lernen». Die bisher zu
sen», postuliert Allimann.                   Wort gekommenen Fachleute sind sich
                                                                                               Umsetzung des Lehrplans 21
      Max Koch, ABU-Studienganglei­          einig, dass dies eine Arbeitsweise sei, die
ter an der Pädagogischen Hochschule          schrittweise und mit Bedacht eingeführt           nach Kantonen
St. Gallen (PHSG), ergänzt, dass auch        werden solle. Die Lehrperson bleibt
                                                                                               2015/2016
das ABU-Qualifikationsverfahren mit          wichtig. Alois Hundertpfund, der viele
                                                                                               BL (Primarstufe), BS (fliessend bis 2021)
der projektartigen Vertiefungsarbeit         Jahre Fachdidaktikdozent an der PHZH
klar auf Kompetenzüberprüfung ziele          und ABU-Lehrer war, bekräftigt, dass
                                                                                               2017/2018
und dass die Kompatibilität von ABU          gerade bei Berufslernenden die Lehrper­
                                                                                               AR, GL (fliessend bis 2021), LU, NW, OW,
und Lehrplan 21 gerade Gegenstand von        son eine aktive Rolle spielen müsse und
                                                                                               SG, SZ (Kindergarten, Primarstufe),
Forschungsprojekten an der PHSG sei.         dass das Motivieren eine wichtige und
                                                                                               TG (8. bis 9. Schuljahr laufen nach altem
Sein PHSG-Kollege Peter Müller, Stu­         anspruchsvolle Aufgabe der Lehrperson
                                                                                               Lehrplan aus), UR
diengangleiter für berufskundlichen          bleibe. Lernen solle weitgehend selbst­
Unterricht (BK), sieht bei den Berufs­       ständig geschehen, aber die Lernenden
                                                                                               2018/2019
fachschulen gerade in der Berufskunde        dürften nicht völlig sich selbst überlas­
                                                                                               AI, BE (Kindergarten, 1. bis 7. Schuljahr),
das grosse Plus in der Handlungskom­         sen werden. Selbstorganisiertes Lernen
                                                                                               BL (Sekundarstufe I fliessend), GR, SO,
petenz. Die könne gut eingefordert wer­      sei zu oft eine Ausrede für m ­ angelnde
                                                                                               SZ (Sekundarstufe I), VS, ZH (Kinder­
den, auch in Lernortkooperation mit          Vorbereitung eines Lernprozesses. «Aus­
                                                                                               garten, 1. bis 5. Schuljahr)
Lehrbetrieben und überbetrieblichen          serdem schneiden Lernmethoden, die
Kursen. In der Praxis treffe er aber auch    auf grösstmögliches selbstständiges
                                                                                               2019/2020
BK-Lehrpersonen mit relativ wenig pä­        Lernen setzen, in Untersuchungen mi­
                                                                                               BE (8. Schuljahr), FR, SH, ZG, ZH
dagogischem Hintergrund an, die nur          serabel ab», fügt Hundertpfund hinzu.
                                                                                               (6. Schuljahr, Sekundarstufe I)
ein kleines Pensum unterrichten und               Dass auch die Berufsbildung auf
zur Hauptsache in ihrem angestamm­           dem Prüfstand steht, hat nicht nur mit
                                                                                               2020/2021
ten Beruf arbeiten. Hier sei eine Nach­      dem Lehrplan 21 zu tun, denn seit 2016
                                                                                               AG (Kindergarten, 1. bis 7. Schuljahr),
qualifizierung in Unterrichtsmethodik        läuft der gross angelegte Strategiepro­
                                                                                               BE (9. Schuljahr)
notwendig. Umgekehrt müssten die             zess Berufsbildung 2030, mit dem die
BK-Lehrpersonen mit einem Vollpens­          Verbundpartner Bund, Kantone und
                                                                                               2021/2022
um darauf achten, dass sie in ihrem ur­      Wirtschaft das Schweizer Erfolgsmo­
                                                                                               AG (8. Schuljahr)
sprünglichen Berufsfeld, das sie nun un­     dell der Berufsbildung für die Heraus­
                                                                                               2022/2023
                                                                                               AG (9. Schuljahr)
Titelthema: Der Lehrplan 21 und die Sekundarstufe II - 9/2018 kompetent bilden - hep ...
«Lernende werden bald ein neues
 Selbstverständnis mitbringen»
                                                                terbildung nicht getan. Vielmehr haben       Beisein der Eltern statt. Bezüglich der
                                                                wir während dieser vielen Jahre im           Art des Unterrichts erhoffe ich mir für
                                                                Team regelmässig mit dem Lehrplan 21         die Lernenden, dass sie selbstständiger
                                                                gearbeitet und zum Beispiel dessen           handeln und Kompetenzen entwickeln
                                                                Kompetenzraster thematisiert. Man darf       können, statt bloss dazusitzen und ­einer
                                                                Folgendes nicht vergessen: Immer, wenn       dozierenden Lehrperson zuzuhören.
                                                                etwas Neues kommt, wenn Menschen             Dies wird sich nicht schlagartig ändern,
FOTO: PIA KRAMER

                                                                das eigene Handeln überdenken müs­           sondern hat, wie erwähnt, schon vor
                                                                sen, gibt es Widerstände und manchmal        ­einer Weile begonnen.
                                                                auch Ängste. Ich habe gelernt, dass sich
                                                                dabei eine Politik der kleinen Schritte      Und was ändert sich für die Lehr-
                                                                bewährt. Es müssen nicht alle Lehrper­       personen?

                   S
                          usanne Muralt ist langjährige         sonen gleich weit und von Anfang an          Der Unterricht muss so geplant und ge­
                          Leiterin der Schulen Rüegsau im       alle gleich stark begeistert sein. Binnen­   staltet werden, dass dort vermehrt geübt
                          Emmental und dort verantwortlich      differenzierung, ein prägendes Element       und gründlicher vertieft wird, denn die
                   für Kindergarten, Primarstufe und Inte­      des Lehrplans 21, war auch in der Team­      Hausaufgaben fallen ja weg. Bei den
                   gration. Als Co-Präsidentin des Schul­       arbeit hilfreich. Dadurch konnte ich im      Themen geht man nun vom Vorwis­
                   leiterinnen- und Schulleiterverbandes        Team mit der Zeit alle mitnehmen und         sen der Lernenden aus. Damit jene, die
                   des Kantons Bern arbeitete sie an der        habe nun keine einzige Lehrperson, die       mehr wissen oder schneller arbeiten,
                   Berner Variante des Lehrplans 21 mit         sich gegen die Neuerungen stemmt. Ge­        auch mehr leisten können, muss der
                   und schätzt dessen Neuerungen.               nauso beziehen wir die Eltern seit 2014      Unterricht stärker differenziert werden.
                                                                mit ein, erklären ihnen, was Kompetenz­      Die Lehrpersonen müssen die Aufträge
                   hep magazin: Sie und Ihr ganzes              orientierung ist, und informieren sie        für die Schülerinnen und Schüler so for­
                   Team haben sich viele Jahre lang             über die laufenden Veränderungen. In         mulieren, dass eine Handlung initiiert
                   auf den Lehrplan 21 vorbereitet.             einer intensiven Weiterbildungswoche         wird, die man auswerten kann. Dadurch
                   Nun, im Sommer 2018, stehen Sie              haben wir schliesslich wichtige Eckpfei­     wird der rein instruierende Unterricht
                   kurz vor dessen Umsetzung. Sind              ler für das beginnende Schuljahr gesetzt,    zugunsten der aktiven Wissenskons­
                   Sie nervös?                                  zum Beispiel mit dem Entscheid, dass         truktion durch die Lernenden an Be­
                   Susanne Muralt: Nein, überhaupt nicht.       wir die Hausaufgaben abschaffen.             deutung verlieren. Zu diesem Zweck
                   Ich bin froh, dass es endlich so weit ist.                                                gibt es fachdidaktische Begleitangebote
                   Der Unterricht macht schon lange e­ inen     Abgesehen von den wegfallenden               für Lehrpersonen. Auch die Beurteilung
                   Wandel durch und viele Elemente des          Hausaufgaben, worüber sich nebst             der Lernenden wird komplexer, da der
                   Lehrplans 21 haben wir bereits umge­         den Schülerinnen und Schülern                Arbeitsprozess und damit die überfach­
                   setzt. Auch die gegenwärtige Projektwo­      bestimmt auch viele Eltern freu-             lichen Schlüsselkompetenzen miteinbe­
                   che, die hier schon Tradition ist, atmet     en werden: Welches sind, aus der             zogen werden.
                   mit ihrer Handlungsorientierung diesen       Sicht der Lernenden, weitere wich-
                   neuen Geist und passt zum Verände­           tige Änderungen?                             Was bedeutet dies alles für die
                   rungsprozess, der bei uns im Jahr 2012       Für sie gibt es zum Teil deutlich mehr       Schulen der Sekundarstufe II?
                   begonnen hat. Die Schulen laufen seit        Unterricht als bisher. Deswegen schaf­       Die Lernenden werden bald schon ein
                   geschätzten 100 Jahren nach dem glei­        fen wir auch die Hausaufgaben ab, was        neues Selbstverständnis und andere
                   chen alten System. Die Gesellschaft und      der Kanton Bern übrigens ausdrücklich        Erwartungen an den Unterricht mit­
                   wir alle haben uns aber verändert. Es ist    gutheisst. Das Lernen soll in der Schule     bringen und sie werden sich besser
                   jetzt wirklich Zeit für etwas Neues.         stattfinden – inklusive der Vorbereitung     einschätzen können. Handlungs- und
                                                                auf Prüfungen. Inhaltlich gibt es mit        Kompetenzorientierung nehmen an den
                   Wie müssen wir uns diesen sechs-             Medien und Informatik ein ganz neues         meisten Berufsfachschulen bereits einen
                   jährigen Prozess, während dem                Fach. Die Beurteilung der Schülerinnen       grossen Stellenwert ein, weshalb diese
                   sich Ihre Schule auf den Lehrplan            und Schüler ändert sich auch. Sie er­        von Lernenden profitieren werden, die
                   21 hinbewegt hat, vorstellen?                folgt weniger oft, dafür finden über alle    eine solche, auch in der Arbeitswelt ge­
                   Natürlich war es mit einer einzigen Wei­     Stufen jährliche Standortgespräche im        fragte Arbeitsweise gewohnt sind.

                   10
Sin d Sie
    h ep ster  ?
ein
Direktorin
mit Blick nach vorn

                                                                                                                                       FOTO: CARMEN WEDER | ART OF MOMENT
D
       as Eidgenössische Hochschul­          Hochschule der Vertrauenspartner für         verlangt. Es brauche also beides: eine
       institut für Berufsbildung EHB ist    Fragen der Berufsbildung der Gegen­          gute Allgemeinbildung – in der Regel
       in der Schweizer Berufsbildungs­      wart und der Zukunft sein, quasi die         Hochschulreife, also eine gymnasiale
szene eine feste Grösse. Alleine 2017        ETH der Berufsbildung. Das ist unsere        Maturität, eine Berufs- oder Fachmatu­
absolvierten über 15 000 Personen am         Vision 2022.» Ein strategisches Ziel bis     rität oder eine gleichwertige Qualifika­
EHB eine Aus- oder Weiterbildung. Doch       spätestens 2022 sei, so Oertle weiter, die   tion – und fundierte Praxiserfahrung.
damit gibt sich Direktorin Cornelia Oertle   Akkreditierung des EHB als pädagogi­         «Auch bei den Ausbildenden. So haben
nicht zufrieden. Mit zukunftsgerichteten     sche Hochschule. Zudem arbeite man an        die meisten unserer Dozentinnen und
Innovationen soll die Bedeutung des          einer verstärkten Kundenorientierung         Dozenten wie ich eine berufliche Bil­
EHB als schweizweit führende Berufs­         und der Realisierung von Mischprofilen,      dung als Basis.»
bildungsinstitution weiter gefestigt und     um so die Verbindung von Forschung
ausgebaut werden.                            und Lehre weiter zu fördern. «All diese      Berufslehre als Karrierestart
                                             Massnahmen tragen dazu bei, unsere           Cornelia Oertle ist in der Ostschweiz
               ALEX BIELI                    Position in der Schweizer Hochschul­         aufgewachsen. Der St. Galler Dialekt
                                             landschaft zu festigen und auszubauen.       dringt noch durch, man hört aber auch
                                             Schon heute bieten wir als einzige Or­       den Einfluss der französischen Spra­
Das EHB-Gebäude in Zollikofen vor            ganisation in allen drei Landessprachen      che. Kein Wunder, absolvierte sie doch
den Toren Berns bildet einen Kontrast        Unterstützung in sämtlichen Fragen der       ihre Ausbildung zur Infirmière en soins
zur funktionalen Hochhausarchitektur         Berufsbildung, Ausbildung, Forschung         généraux (diplomierten Krankenschwes­
so mancher Ausbildungsinstitutionen          und Berufsentwicklung an.»                   ter), wie die offizielle Berufsbezeichnung
in den städtischen Zentren. Hier gibt es                                                  damals hiess, in Lausanne und arbeitete
viel Grün, frische Luft, Vogelgezwitscher    Nahe an der Praxis                           auch später an der Westschweizer Fach­
statt Verkehrslärm. Ist dieses Abseitige     Ein weiteres Alleinstellungsmerkmal          hochschule. Seit der gros­sen Reform von
gleichzeitig Programm? – «Ganz und           neben der Mehrsprachigkeit (Deutsch,         2002, kurz bevor die Zuständigkeit für
gar nicht», sagt Cornelia Oertle. «Hier      Französisch, Italienisch und Englisch)       die Ausbildung der Gesundheitsberufe
herrscht ein innovativer, zukunftsorien­     und der internationalen Ausrichtung sei      in die Bundeskompetenz überging, ist
tierter Geist. Das EHB ist Botschafter       die starke Verbindung des EHB mit der        der Bildungsgang auf der Tertiärstufe an­
des dualen Bildungssystems im In- und        Arbeitswelt über Berufsverbände, Bran­       gesiedelt und die Bezeichnung Kranken­
Ausland.» Der abgelegene Standort sei        chenverbände und die Organisationen          schwester weitgehend verschwunden.
aber ein Nachteil für eine nationale         der Arbeitswelt. «Im Gegensatz zu den        «Daran bin ich nicht ganz unschuldig.
Organisation. «Deshalb sind wir da­-         pädagogischen Hochschulen sind wir           Ich war damals Leiterin des Bereichs
ran, in der Stadt Bern einen Standort zu     sehr nahe an der Praxis. Hinzu kommt,        Gesundheitsversorgung und Bildungs­
suchen.»                                     dass Berufsbildung nicht das Kernge­         fragen der Schweizerischen Konferenz
                                             schäft der PHs ist. Ihr Fokus liegt auf      der kantonalen Gesundheitsdirekto­
«ETH der Berufsbildung»                      der Ausbildung von Lehrpersonen der          rinnen und -direktoren und habe den
Ländliche Idylle und internationale          Primarstufe und der Sekundarstufen           Namenswechsel vorgeschlagen.» Heute
Ausrichtung also. So durfte das EHB          I und II», sagt die EHB-Direktorin.          lautet die offizielle Berufsbezeichnung
allein 2017 über 40 ausländische De­         Sie betont auch, dass am EHB keine           dipl. Pflegefachfrau bzw. Pflegefach­
legationen empfangen, aus Ländern            Lehrpersonen «auf Halde» ausgebildet         mann. Es gebe aber immer noch Pflegen­
wie Polen, Korea, Indien, den USA            werden. Für die Zulassung werde eine         de, die sich selbst als Krankenschwester
und China. «Wir wollen als Schweizer         Anstellung an einer Berufsfachschule         bezeichneten. Krankenschwester ver­

12
Porträt

                                               mittle eben ein Gefühl von Wärme und          res Land mit einem so grossen Anteil.
                                               Nähe.                                         Das zeigt den hohen Stellenwert der
                                                    Nach ihrem Studium an der phi­           Berufsbildung in der Schweiz», sagt
                                               losophisch-historischen Fakultät der          Cornelia Oertle.
                                               Universität Bern erlangte Oertle das Li­            Trotz dieser Erfolge ortet die
                                               zenziat und später den Master of Health       EHB-Direktorin Verbesserungspoten­
                                               Administration und promovierte 2008           zial. «Wir müssen alle agiler werden.» Es
Die Expertenorganisation                       bei Prof. Jürgen Oelkers an der Univer­       brauche einfachere und schnellere Pro­
für Berufsbildung                              sität Zürich mit einer Arbeit über die        zesse, ohne dabei die Balance zwischen
Das EHB ist die Nachfolgeinstitution des       Konzeption und den Aufbau der Fach­           hoher Qualität und maximaler Flexi­
1972 vom Bund gegründeten Schweize-            hochschulen Gesundheit in der Schweiz.        bilität zu vernachlässigen. «Der neue
rischen Instituts für Berufspädagogik          Von 2008 bis 2014 war sie Leiterin des        Bildungsbericht weist unter anderem
SIBP. Zwei Gründe waren für diese Ablö-        Fachbereichs Gesundheit an der Berner         darauf hin, wie wichtig ein reaktions­
sung massgebend: die Tertiarisierung der       Fachhochschule, bevor sie im Februar          fähiges Ausbildungssystem für unsere
Lehrer- und Lehrerinnenausbildung und          2015 zur EHB-Direktorin gewählt wur­          Wirtschaft ist.» Ausbildungen müssten
die Reformen bei der Berufsbildung. In         de. Eine eindrückliche Karriere neben         rasch angepasst werden können, wenn
der Folge wurden auf 1. Januar 2007 die        der Familie mit drei heute erwachsenen        neue oder andere Kompetenzen gefor­
Strukturen und die Organisation des EHB        Kindern. Als Ausgleich geniesst sie auf       dert sind, ist Oertle überzeugt. Der ak­
angepasst und die Angebote schweizweit         Bergwanderungen und beim Skifahren            tuelle gesetzliche Rahmen lasse dabei
positioniert. Standorte sind Zollikofen,       die Natur, macht regelmässig Sport und        eigentlich bereits viel zu. «In Ausnah­
Lausanne und Lugano. Die strategische          tanzt leidenschaftlich gerne, besucht         mefällen ist es für einen Berufsverband
Führung obliegt dem EHB-Rat, der sich          Ausstellungen, geht ins Theater, bekocht      schon heute möglich, einen Beruf rasch
aus neun vom Bundesrat gewählten Mit-          Familie und Freunde oder spielt ab und        und pragmatisch neu zu schaffen oder
gliedern zusammensetzt. Die Hochschul-         zu Klavier. Auch bereist die vielseitig in­   zu revidieren.»
leitung besteht aus der Direktorin Prof.       teressierte, mehrsprachige EHB-Chefin
Dr. Cornelia Oertle und den fünf nationa-      regelmässig andere Länder.                    Umzug in die Stadt
len Spartenleitenden. Sie legt im Rahmen                                                     Seit Längerem ist klar, dass das EHB
der Strategie des EHB-Rates die Ziele          «Wir müssen agiler werden»                    Zollikofen verlassen möchte. In letzter
und die Organisation der Ausbildung, der       Das Schweizer Berufsbildungssystem            Zeit hat sich eine Lösung dafür konkreti­
Weiterbildung sowie der Forschung und          geniesst international hohes Ansehen.         siert. «Mehr kann ich dazu allerdings im
Entwicklung fest. Die Direktorin ist für die   An Berufsweltmeisterschaften e­ rzielen       Moment noch nicht sagen», so ­Cornelia
operative Leitung des EHB verantwortlich       die jungen Berufsteams aus der Schweiz        Oertle. «Auch wenn wir umziehen –
und vertritt die Institution nach aussen.      regelmässig Spitzenresultate. Auch im         unseren innovativen Geist nehmen
Neben der methodisch-didaktischen Aus-         Inland ist der soziale Status der Berufs­     wird mit», versichert Oertle. Für einen
und Weiterbildung von Berufsbildungsver-       bildung über Jahre hinweg konstant            Standortwechsel spreche vor allem die
antwortlichen engagiert sich die Institution   hoch geblieben, wie eine im April 2018        bessere Erreichbarkeit an zentraler Lage.
in der Forschung über die Berufsbildung        veröffentlichte Studie der Konjunktur­        Auch der hep verlag läge dadurch nä­
sowie in der Entwicklung der beruflichen       forschungsstelle KOF der ETH Zürich           her beim EHB. «Mit hep verbindet uns
Grundbildung und der höheren Berufsbil-        nachwies. «Zwei Drittel der Jugend­           schon heute eine gute Zusammenarbeit,
dung. Der EHB-Grundsatz lautet: «Von der       lichen entscheiden sich für eine beruf­       die wir auch in Zukunft gerne weiter­
Praxis für die Praxis».                        liche Grundbildung – es gibt kein ande­       pflegen.»

                                                                                                                                   13
Geschenktipp

Ahorn: Meister des Herbstes

A
      horne gehören zu den bekanntes­      Ahorn in Gebirgslagen ein Alter von       sigen oder lehmigen Böden. In Mittel­
      ten Baumarten der mitteleuropä­      400 bis 500 Jahren erreichen. Im Flach­   europa ist der Berg-Ahorn überall voll­
      ischen Flora. Sie fallen vor allem   land werden die Bäume bei Weitem          kommen frosthart.
im Herbst auf, wenn sich ihre Blätter      nicht so alt. Bäume mit Stammdurch­            Wie der Spitz-Ahorn gehört der
goldgelb bis hochrot verfärben. Lernen     messer von über einem Meter sind häu­     Berg-Ahorn zu den besonders häufig
Sie mit diesem reich bebilderten und       fig zu finden.                            verwendeten Baumarten in privaten
botanisch fundierten Sachbuch einige            Der Berg-Ahorn stellt höhere An­     und öffentlichen Parkanlagen, an Stras­
der schönsten und farbenprächtigsten       sprüche an Boden- und Luftfeuchtig­       sen und in Alleen. Im Gegensatz zum
Ahorne kennen.                             keit sowie an den Nährstoffgehalt des     Spitz-Ahorn ist er aber als Stadtstrassen­
                                           Bodens als der Spitz-Ahorn. Bevorzugt     baum ungeeignet. Er ist empfindlich ge­
Acer pseudoplatanus L.,                    wächst er als Baumart kühl-feuchter       gen Hitze, Luft- und Bodentrockenheit,
Berg-Ahorn                                 Wälder der montanen Stufe sowie als       Immissionen, Streusalz, Bodenverdich­
Mit Wuchshöhen von 35 bis 40 Me­           Auen- und Ufergehölz an sonnigen bis      tungen und einen hohen Versiegelungs­
tern überragt der Berg-Ahorn noch die      lichtschattigen, möglichst luftfeuchten   grad.
Wuchshöhen des Spitz-Ahorns. Das gilt      Standorten auf frischen bis feuchten,
                                                                                     QUELLE: «AHORN – ARTEN, FARBEN, FORMEN»,
auch für die Lebenserwartung der bei­      tiefgründigen, schwach sauren bis alka­   OTT VERLAG, 2018

den Arten. Während der Spitz-Ahorn         lischen, nährstoffreichen, humos- oder
etwa 180 Jahre alt wird, kann der Berg-    sandig-lehmigen, auch sandigen, kie­

       Andreas Bärtels ist in der Welt
     der Dendrologie eine anerkannte
     Grösse, sowohl auf europäischer
            Ebene als auch in einigen
        Ländern ausserhalb Europas.
      Seine unzähligen Werke wurden
            in elf Sprachen übersetzt.
        Im ott verlag sind erschienen:

                                 Ahorn                                                   Steinobst
               Arten | Farben | Formen                                                   Blüten und Früchte

                        1. Auflage 2018                                                  1. Auflage 2017
      272 Seiten, 17 × 24 cm, Broschur                                                   312 Seiten, 17 × 24 cm, Broschur
             ISBN 978-3-7225-0173-4                                                      ISBN 978-3-7225-0159-8
                               CHF 47.–                                                  CHF 47.–

14
Bäumige Longseller
aus dem ott verlag
     Ein kompetentes Bestimmungs- und Porträtbuch
     Peter Steiger

     Esche, Espe oder Erle
     Pflanzenporträts aller wild wachsenden Gehölze Mitteleuropas

     Hauptband und Bestimmungsschlüssel
     ISBN 978-3-7225-0158-1
     CHF 168.–

     Auch separat erhältlich:               Hauptband                Bestimmungsschlüssel
                                            ISBN 978-3-7225-0155-0   ISBN 978-3-7225-0154-3
                                            CHF 148.–                CHF 58.–

     Weshalb reiten Hexen in der Waldpurgisnacht
     auf Birkenbesen?
     Herbert Adrian Ortner

     Die Birke
     Ihre Bedeutung aus interdisziplinärer Sicht

     288 Seiten, 17 × 24 cm, Hardcover
     ISBN 978-3-7225-0147-5
     CHF 42.–

     18 ganzheitliche Baumporträts
     Philippe Domont, Edith Montelle

     Baumgeschichten
     Von Ahorn bis Zeder | Fakten, Märchen, Mythen

     336 Seiten, 17 × 23 cm, Hardcover
     ISBN 978-3-7225-0071-3
     CHF 48.–

     Was hat uns die Linde zu erzählen?
     Ruth Schneebeli-Graf
                                                                                       nline
     Die Linde                                                            e q u em o :
                                                                        B         ellen
     Ihre Geschichte und Geschichten                                        best erlag.ch
                                                                                     v
                                                                               .ott-
     168 Seiten, 14,4 ×19,2 cm, Hardcover                               www
     ISBN 978-3-7225-0092-8
     CHF 34.–
Attraktive
Aktivierungsmethoden
E
     s gibt zahlreiche Möglichkeiten, die    seln. Beispiele zu drei Buchstaben sollen        beispielsweise zur Verdichtung: Schrei-
     Lernenden im Unterricht zu akti­        den Einstieg erleichtern und zeigen, in          ben Sie aus Ihrer Liste alle Stichwörter
     vieren. Besonders gut eignen sich       welcher Form die Stichwörter verlangt            heraus, die mit dem Thema Lohn zu tun
Methoden, die ohne grossen materiellen       werden. Allenfalls kann darauf hinge­            haben. Zur späteren Visualisierung im
und zeitlichen Aufwand einfach umsetz­       wiesen werden, dass es sich um einen             Plenum – allenfalls mit einer vorge­
bar sind und soziales kooperatives Ler­      freien Gedankenfluss (Brainstorming)             gebenen Struktur – empfiehlt es sich,
nen ermöglichen.                             ohne Einschränkung und Bewertung                 die Stichwörter einzeln auf A4-Blätter
                                             handelt. Als Sozialform eignet sich die          schreiben zu lassen.
               ALEX BIELI                    Partnerarbeit, aber auch Dreier- oder                 Eine interessante Variante ist, das
                                             Vierergruppen.                                   Brainstorming als «stummen Dialog»
                                                   Die A–Z-Methode lässt sich sehr            durchzuführen. Das Vorgehen ist wie
Die fünf in diesem Artikel beschriebe­       gut mit Bewegung im Raum kombinie­               oben beschrieben, nur darf während des
nen Methoden haben die didaktische           ren: Die Arbeitsblätter, wenn möglich            Rundgangs nicht gesprochen werden.
Funktion, die kognitive Aktivität der        im A3-Format, sind im ganzen Raum                Dadurch wird der assoziative Denkpro­
Lernenden zu stimulieren und deren           verteilt aufgehängt, wobei die Menge             zess intensiviert. Die Praxis zeigt, dass
Vorwissen zu aktivieren. Sie eignen sich     durch die Anzahl der Gruppen bestimmt            für viele Lernende (und auch Lehrende)
somit bestens als Einstieg in ein neues      ist. Nun gehen die Paare bzw. Gruppen            dieses stumme kollektive Sammeln von
Thema. Die Methoden orientieren sich         im Uhrzeigersinn von Blatt zu Blatt, le­         Wissen eine positive Lernerfahrung ist.
am Grundsatz «vom Allgemeinen zum            sen, was vorhanden ist, und ergänzen.
Speziellen», sollen motivierend wirken       Wichtig: Es darf nichts durchgestri­             Tischset (Placemat)
und das Interesse für den neuen Lern­        chen werden. Die Lehrperson zeigt die            Bei dieser Methode steht ebenfalls das
gegenstand wecken. In der Fortsetzung        Wechsel mit einem akustischen Signal             gemeinsame Reaktivieren von vorhan­
können die reaktivierten Kenntnisse          an (pro Station zwei bis drei Minuten).          denem Wissen im Zentrum. Auf einem
dazu dienen, das Wissen zu ordnen, zu        Am Schluss steht jede Gruppe wieder              Plakat ist im mittleren Feld das Kernthe­
strukturieren, zu erweitern, zu vernet­      bei «ihrem Startblatt». An dieser Stelle         ma definiert, siehe Bild. Die Lernenden
zen und zu vertiefen. Alle fünf Metho­       kann ein Folgeauftrag erteilt werden,            sitzen um den Tisch herum und notie­
den sind unabhängig von Fachrichtung
und Anspruchsniveau in vielen pädago­
gischen Kontexten variabel einsetzbar.

A–Z-Methode                                                                       So kann man bezahlen :
Die Lernenden erhalten ein Arbeitsblatt
                                                                                                              mit Geld nicht kaufen :

mit den 26 Buchstaben des Alphabets,
                                                               Dafür sollte man

vertikal aufgelistet am linken Blattrand.
                                                                                                                  Das kann man
                                                                 Geld sparen :

Dazu ist ein Thema definiert, am bes­
ten ein Oberbegriff wie zum Beispiel
Schweiz /Geld /Freizeit /Arbeit usw. Zu                                                GELD
enge Begriffe wie Schweizer Politik /
Budget / Freizeitverhalten /Arbeitslosig­
keit sind nicht geeignet. Der Auftrag
lautet: Schreiben Sie stichwortartig alles                                        Dafür brauche ich Geld:
auf, was Ihnen zum Thema «XX» in den
Sinn kommt; von A wie A… über K wie
K… zu Z wie Z… Sie können dabei mit
einem selbst gewählten Buchstaben begin-
nen und dann beliebig zu anderen wech-       Tischset oder Placemat: Beispiel Einführung ins Thema Geld

16
ren in ihren Feldern alles, was ihnen zu      Tablet / Buch / Zeitung / Handy-Sucht /       voller ist, bedarf sie bei der erstmaligen
den Unterthemen in den Sinn kommt.            Google / Facebook / Informationen /Mani-      Durchführung einer soliden Einfüh­
Nach einer gewissen Zeit wird das Tisch­      pulation / Shopping u. a. beschriftet sein.   rung: Die Lehrperson gibt das Haupt­
set (engl. Placemat) im Uhrzeigersinn         Bei diesem Thema eignen sich auch Bil­        thema bekannt und erklärt Arbeitsweise
gedreht, sodass jedes Gruppenmitglied         der oder die Kombination von Bild und         und Ablauf. Auf jedem Gruppentisch
ein neues Feld vor sich hat und die vor­      Begriff. Material: fünf bis zehn Kärtchen     liegt ein Plakat (Flipchart-Papier), in der
handenen Notizen ergänzen kann. Am            mit Begriffen und /oder Bildern, pro          Mitte ist ein Blatt aufgeklebt mit dem
Schluss gehen die Gruppenmitglieder           Gruppe ein Würfel.                            Unterthema sowie der Fragestellung:
um das Tischset herum und lesen die                                                         Was fällt Ihnen dazu ein? oder: Was
Notizen. (Zusatzaufgabe für Gruppen           Die wiederkehrende Frage                      wissen Sie zu diesem Thema? Auf jedem
mit Zeitvorsprung: Das Hauptthema im          «Was wisst Ihr zum Thema …?» – Die            Tisch befindet sich Schreibmaterial wie
mittleren Feld visualisieren.) Anschlie­      Lehrperson blickt erwartungsvoll in die       Filzstifte, Farbstifte, Neocolor-Stifte u. a.
ssend organisiert die Lehrperson die          Klasse und sieht viele gesenkte Köpfe vor           Die Gruppen begeben sich zu den
Fortsetzung des Lernprozesses aufgrund        sich. Weil sich trotz Wiederholung der        Tischen. Dabei spielt die Reihenfolge
ihrer Zielsetzung.                            Frage niemand meldet, ruft die Lehrper­       keine Rolle, denn durch die Rotation
       Beispiel ABU, Einführung ins The­      son jemanden auf. Ein solcher Einstieg        kommen die Gruppen an allen Tischen
ma Geld: In die Mitte des Tischsets           in ein neues Thema ist ungeeignet; er         vorbei. Die Teilnehmenden diskutieren
schreiben die Lernenden GELD, in die          löst Frustration bei der Lehrperson           und notieren stichwortartig ihr Wissen
vier Felder folgende Unterthemen: Da-         und Demotivation bei den Lernenden            zum Thema. Nach einer bestimmten
für brauche ich Geld: / Das kann man mit      aus. Setting und Lernatmosphäre sind          Zeit (fünf bis zehn Minuten) fordert die
Geld nicht kaufen: / So kann man bezah-       äusserst ungünstig, denn wer will sich        Lehrperson zur Rotation im Uhrzeiger­
len: / Dafür sollte man Geld sparen:. Das     schon mit einer falschen Antwort bla­         sinn auf. Beim neuen Plakat werden die
Ergebnis der Tischset-Methode ist umso        mieren oder als Streber auffallen. Das        bereits vorhandenen Notizen ergänzt.
besser, je enger die Lernenden das The­       Abrufen von Wissen geht auch anders:          Je nach Thema und Fragestellung sind
ma mit ihrer eigenen Lebenserfahrung          Die Lernenden bilden Dreiergruppen            auch visuelle Wertungen durch Unter­
verbinden können.                             und setzen sich gut im Raum verteilt          streichen, Umkreisen oder das Setzen
                                              zusammen. Jede Gruppe erhält von der          von ? / ! / möglich. Nicht erlaubt sind
Würfelspiel                                   Lehrperson eine Karte mit der Frage:          Durchstreichungen und destruktive
Die Lehrperson führt kurz ins Thema ein       (Vorname), was kommt dir in den Sinn          Kommentare. Am Schluss befinden sich
und erklärt das Vorgehen. Anschliessend       zum Thema …? Eine Lernende ist die In­        die Gruppen bei ihrem Ausgangsplakat.
bilden sich Gruppen von vier bis sechs        terviewerin, die beiden anderen geben         Als Fortsetzung kann auch hier ein Ver­
Personen. Die Lehrperson legt in die Mit­     abwechslungsweise Antworten. Wichtig:         dichtungs- und Strukturierungsprozess
te der Gruppentische ein Kärtchen-Set         Die Interviewerin hört nur zu, sie unter­     (Mindmap, Cluster, Baumstruktur, Ad­
mit Begriffen und/oder Bildern; die leere     bricht nicht und stellt keine Zwischen­       vance Organizer u. a.) anschliessen.
Seite zeigt nach oben. Jede Gruppe be­        fragen. Sobald die antwortende Person         Variante beim Gruppenaustauch: Bei
stimmt eine Person als Spielleiter bzw.       verstummt, wiederholt die Interviewe­         jedem Gruppentisch bleibt eine Person
Spielleiterin. Diese achtet auf den kor­      rin einfach die Frage und wartet gedul­       als Gastgeber, als Gastgeberin zurück.
rekten Ablauf und nimmt nicht am Spiel        dig die Antworten ab. Während des gan­        Sie begrüsst die Ankommenden und
teil. Es wird reihum gewürfelt. Wer die       zen «Gesprächs» (drei bis fünf Minuten)       informiert kurz, was bereits erarbeitet
höchste (alternativ die tiefste) Punktzahl    wird also immer dieselbe Frage gestellt,      wurde. Nachteil: Die Gastgeberinnen
hat, beginnt. Sollten zwei oder mehrere       daher der Name der Methode. Es geht           und Gastgeber können sich bei den an­
Gruppenmitglieder die höchste Punkt­          um Konzentra­tion, Reduktion und Sti­         deren Themen nicht einbringen.
zahl würfeln, kommt es zu einer zweiten       mulation. Variante: grössere Gruppen
Würfelrunde. Wer an der Reihe ist, deckt      von vier bis sechs Personen, Kärtchen
eine Karte bzw. ein Bild auf und äussert      mit unterschiedlichen Fragen. Diese
sich zur Frage: Was fällt mir dazu ein? Die   Variante braucht etwas mehr Zeit. Als
anderen hören nur zu, sie stellen keine       nächster Schritt kann beispielsweise die
Fragen, kommentieren und bewerten             Tischset-Methode oder die Zettelwirt­
das Gehörte nicht. Danach organisiert         schaft (Stichwörter auf Zettel notieren)      Weiterbildung
die Spielleiterin bzw. der Spielleiter die    anschliessen.                                 Der Autor führt im Rahmen des hep-­
zweite Würfelrunde. Variante: Die Per­                                                      Weiterbildungsprogramms schulinterne
son, die sich zu einem Thema geäussert        Themen-Parcours                               Workshops zum Thema durch. Dabei
hat, fragt ein von ihr ausgewähltes Grup­     Der Themen-Parcours ist eine verkürz­         werden die verschiedenen Aktivierungs-
penmitglied: Und was fällt dir dazu ein?      te Form der Methode World-Café. Da­           methoden durchgespielt, reflektiert
      Beim Beispielthema Einstieg in den      bei wird die Phase 3, der Austausch in        und analysiert. Weitere interessante
Lernbereich Medien könnten die Kärt­          Gruppen, durchgespielt. Da diese Ak­          Weiterbildungsangebote finden Sie unter
chen mit den Begriffen Internet / Radio /     tivierungsmethode etwas anspruchs­            www.hep-weiterbildung.ch.

                                                                                                                                     17
Aymo Brunetti, Rahel Balmer-Zahnd, Vera Friedli, Adrian S. Müller,
Renato C. Müller Vasquez Callo

Grundkenntnisse Wirtschaft und Recht
Betriebswirtschaft | Volkswirtschaft | Recht

2. Auflage 2017, 304 Seiten, A4, Broschur
ISBN 978-3-0355-0648-8, CHF 49.–

Auch erhältlich als eLehrmittel         Arbeitsheft                  Lösungen
Mit kostenloser App                     ISBN 978-3-0355-0409-5       ISBN 978-3-0355-0410-1
                                        CHF 29.–                     CHF 39.–

Aymo Brunetti, Rahel Balmer-Zahnd, Vera Friedli, Adrian S. Müller,
Renato C. Müller Vasquez Callo

Aufbaukenntnisse Wirtschaft und Recht
Betriebswirtschaft | Volkswirtschaft | Recht

1. Auflage 2018, 176 Seiten, A4, Broschur
ISBN 978-3-0355-1109-3, CHF 29.–

                                        Arbeitsheft                  Lösungen
                                        ISBN 978-3-0355-1110-9       ISBN 978-3-0355-1111-6
                                        CHF 19.–                     CHF 44.–

Aymo Brunetti

Volkswirtschaftslehre
Lehrmittel für die Sekundarstufe II und die Weiterbildung

10. Auflage 2018, 288 Seiten, A4, Broschur
ISBN 978-3-0355-1106-2, CHF 50.–

Auch erhältlich als eLehrmittel         Übungsbuch                   Lösungen
Mit kostenloser App                     ISBN 978-3-0355-1118-5       ISBN 978-3-0355-1120-8
                                        CHF 28.–                     CHF 24.–

Vera Friedli, Renato C. Müller Vasquez Callo, Rahel Balmer-Zahnd

Betriebswirtschaftslehre
Zusammenhänge verstehen

3. Auflage 2016, 296 Seiten, A4, Broschur
ISBN 978-3-0355-0529-0, CHF 48.–

Auch erhältlich als eLehrmittel         Arbeitsheft                  Lösungen
Mit kostenloser App                     ISBN 978-3-0355-0531-3       ISBN 978-3-0355-0530-6
                                        CHF 27.–                     CHF 39.–

Adrian S. Müller, Andreas Klauenbösch

Recht
für die Sekundarstufe II und die Weiterbildung

2. Auflage 2018, 304 Seiten, A4, Broschur
ISBN 978-3-0355-1075-1, CHF 46.–

Auch erhältlich als eLehrmittel         Arbeitsheft                  Lösungen
Mit kostenloser App                     ISBN 978-3-0355-0446-0       ISBN 978-3-0355-0447-7
                                        CHF 27.–                     CHF 39.–
Der hep verlag im Jahr 2018

                                    63 Neuerscheinungen
                                    und 95 Neuauflagen

Team mit

39    engagierten Mitarbeitenden,
      Durchschnittsalter 35 Jahre
                                        96
                                        neue eLehrmittel,
                                        E-Books, Apps und
                                        Onlineangebote

    Breites Fachwissen
    durch gesamthaft
    18 verschiedene                      22
    Abschlüsse und                     Weiter-
    Berufe der                bildungsanlässe
    Mitarbeitenden                und sonstige
                              Veranstaltungen
Claudia Zürcher ist ­Präsidentin
                                                                                         von edu-suisse. Sie ist seit
                                                                                         20 Jahren in Bildungsinstitutionen
Claudia Zürcher spricht sich für die Privatisierung der                                  der Sekundarstufe II und im
     Berufsschulen aus, denn Wettbewerb steigere die                                     Tertiär-Bereich tätig.
 Leistungs- und Innovationskraft des Bildungssystems.
                                                    FOTO: ZVG

S
       o vielfältig Menschen sind, so      sches Denken charakterisieren ihre Ar­
       vielfältig sind ihre Bildungsbe­    beit. Sie agieren kostengünstiger, weil sie
       dürfnisse und die Ansprüche des     sparsam wirtschaften und flexibel inves­
Arbeitsmarkts. Insbesondere die Bil­       tieren. Das ist gut für die Gesellschaft,
dungsangebote der Berufsbildung müs­       denn sie kann für ihre Bürger und Bür­
sen sich direkt an den Bedürfnissen von    gerinnen bessere Bildung für weniger
Gewerbe und Wirtschaft orientieren.        Geld sicherstellen.
Hier sind Innovation, Flexibilität und           Fliessen staatliche Mittel an Bil­
Praxisnähe gefordert. Nur Wettbewerb       dungsanbieter, kann dies zu Wettbe­
kann für ausreichend Anreize sorgen,       werbsverzerrung und Strukturerhaltung
damit sich die Bildungsangebote parallel   führen. Es ist besser, diejenigen Perso­
zu den Bedürfnissen der Lernenden und      nen, welche sich bilden wollen bzw.
ihren Arbeitgebenden entwickeln.           ­einer Bildungspflicht unterliegen, direkt
     Bereits heute und erst recht in der    finanziell zu unterstützen. Nachfrage­
nahen Zukunft werden Qualität, Leis­        orientierte Finanzierungsformen (z. B.
tungs- und Dispositionsfähigkeit sowie      Bildungskonten, Bildungsgutscheine)
Innovationskraft des Berufsbildungs­        ermöglichen den Betroffenen, sich für
systems und damit der einzelnen Bil­        den individuell besten Bildungsweg zu
dungsgänge entscheidend sein. Private       entscheiden.
Bildungsanbieter sind es gewohnt, ihr            Zudem ist auch im Bildungswesen
Angebot konsequent an den Bedürf­           die Gewaltentrennung wichtig. Derzeit
nissen ihrer Kundschaft auszurichten.       beschränkt sich der Staat nicht mehr nur

                                                                                         Forum
Dank dem steten Dialog mit Lernenden        darauf, die Einhaltung gewisser Min­
und ihren Arbeitgebenden entstehen          deststandards zu gewährleisten, sondern
passende Ausbildungen.                      plant den Lehrerbedarf, entscheidet über
     Wettbewerb sorgt aber auch dafür,      die schulischen Organisationsstruktu­
dass Bildungsqualität und Bildungs­         ren, Unterrichtszeiten, Klassengrössen,
kosten in einem optimalen, auf die          Evaluationen usw. Auftragserteilung,
Bedürfnisse des Nachfragenden ausge­        Durchführung, Qualitätssicherung und
richteten Verhältnis angeboten werden.      Aufsicht sind zu trennen. Der Staat soll
Bildungspolitische Diskussionen fokus­      die Rahmenbedingungen gestalten und
sieren in der Regel nur die bevorstehen­    die Qualitätssicherung fördern. Staat­
den Bildungsausgaben. Dies immer im         liche Eingriffe sollen subsidiär wirken,
Glauben, dass ein grösserer Mittelein­      also nur dort erfolgen, wo Bildungsziele
satz zwangsweise zur besseren Bildung       ohne staatliches Zutun nicht realisiert
führt. Die Effizienz des Mitteleinsatzes    werden können.                                     Diskutieren
wird hingegen selten betrachtet. Die             Fazit: Berufsbildung soll nicht mit
Kosten steigen ungebremst. Privat ge­       Vollzugsmentalität verwaltet, sondern                Sie mit!
führte Schulen arbeiten effizienter als     mit Unternehmergeist gestaltet und wei­
staatliche. Wettbewerb, Eigeninitiative,    terentwickelt werden. Das ist die Kern­
Selbstverwaltung und unternehmeri­          kompetenz privater Bildungsanbieter.

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