Tourismusperspektiven in ländlichen Räumen - Sonderstudie Freizeitparks, Märkte und Volksfeste - BMWi

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Tourismusperspektiven in ländlichen Räumen - Sonderstudie Freizeitparks, Märkte und Volksfeste - BMWi
Tourismusperspektiven
in ländlichen Räumen
Sonderstudie Freizeitparks, Märkte und Volksfeste
Tourismusperspektiven in ländlichen Räumen - Sonderstudie Freizeitparks, Märkte und Volksfeste - BMWi
Impressum
                                                                                               Das Bundesministerium für Wirtschaft und
Herausgeber
                                                                                               Technologie ist mit dem audit berufundfamilie®
Bundesministerium für Wirtschaft
                                                                                               für seine familienfreundliche Personalpolitik
und Technologie (BMWi)
                                                                                               ausgezeichnet worden. Das Zertifikat wird von
Öffentlichkeitsarbeit
                                                                                               der berufundfamilie gGmbH, einer Initiative der
11019 Berlin
                                                                                               Gemeinnützigen Hertie-Stiftung, verliehen.
www.bmwi.de
Stand
März 2013
Druck
Silber Druck oHG, Niestetal
Gestaltung und Produktion
PRpetuum GmbH, München
Bildnachweis
Atira/Fotolia (Titel), iJonas/Fotolia (S. 2), yetishooter/Fotolia (S. 4),
kontrast-fotodesign/iStockphoto (S. 7), hohl/iStockphoto (S. 9),
Erlebnispark Tripsdrill, 2013 (S. 10), Belantis, 2013 (S. 11),
Eléonore H/Fotolia (S. 14), Kalle Kolodziej/Fotolia (S. 16), Stock-
Pixstore/Fotolia (S. 17), kristina rütten/Fotolia (S. 18), ciminieri/
iStockphoto (S. 19), lunaundmo/Fotolia (S. 20), Peter Atkins/
Fotolia (S. 23)
Text und Redaktion
PROJECT M GmbH
Andreas Lorenz, Hagen Melzer
Unter Mitarbeit von Maike Grieshaber, Anne-Sophie Krause
www.projectm.de
Projektträger
Deutscher ReiseVerband e. V. (DRV)
Schicklerstraße 5–7
10179 Berlin
Projektleitung: Hans-Gustav Koch                                            Diese Broschüre ist Teil der Öffentlichkeitsarbeit des
Projektkoordination: Walter Krombach                                        Bundes­ministeriums für Wirtschaft und Technologie.
www.drv.de                                                                  Sie wird kostenlos abgegeben und ist nicht zum
                                                                            Verkauf bestimmt. Nicht zulässig ist die Verteilung
Projektdurchführung
                                                                            auf Wahlveranstaltungen und an Informationsständen
PROJECT M GmbH unter wissenschaftlicher Mitwirkung
                                                                            der Parteien sowie das Einlegen, Auf­drucken oder
des Instituts für Tourismus- und Bäderforschung
                                                                            Aufkleben von Informationen oder Werbemitteln.
in Nordeuropa GmbH (NIT)
Tourismusperspektiven in ländlichen Räumen - Sonderstudie Freizeitparks, Märkte und Volksfeste - BMWi
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Inhaltsverzeichnis

1.      Tourismusperspektiven in ländlichen Räumen: Einführung.................................................................................................... 2

2.Angebotssegment Freizeitparks................................................................................................................................................................. 4
  2.1 Ausgangssituation und Herausforderungen............................................................................................................................... 4
  2.2 Schlüsselstrategien und Best Practice............................................................................................................................................. 6
		    2.2.1 Integrierte regionale Positionierung und Kooperation............................................................................................. 6
		2.2.2 Ganzjahresstrategien.................................................................................................................................................................. 8
		    2.2.3 Nachhaltigkeit als Positionierungsstrategie für Freizeitparks..............................................................................10

3.Angebotssegment Märkte und Volksfeste..........................................................................................................................................14
  3.1 Ausgangssituation und Herausforderungen.............................................................................................................................14
  3.2 Schlüsselstrategien und Best Practice...........................................................................................................................................16
		    3.2.1 Profilierung durch Inszenierung regionaler und identitätsfördernder Themen........................................16
		    3.2.2 Gezielte Einbindung von Bürgern und Ehrenamt in die Veranstaltungsorganisation............................18
		    3.2.3 Veranstaltungskooperationen auf regionaler Ebene................................................................................................19

4.      Fazit .........................................................................................................................................................................................................................23
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1. Tourismusperspektiven in ländlichen Räumen:
   Einführung

Projekt „Tourismusperspektiven in ländlichen Räumen“

Wie funktioniert Tourismus in ländlichen Räumen? Welche Voraussetzungen müssen von der öffentlichen Hand
und von privaten Anbietern erfüllt werden? Wie sehen erfolgreiche Angebote aus? Welche Vertriebswege sind ziel-
führend und warum? Wie lassen sich neue Ansätze für Kooperation und Zusammenarbeit umsetzen? Diesen Fragen
ist das vom Bundes­ministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) geförderte und vom Deutschen ReiseVerband
(DRV) durchgeführte Projekt „Tourismusperspektiven in ländlichen Räumen“ nachgegangen. Das Tourismus­system
ländlicher Räume wurde analysiert, Chancen und Herausforderungen bewertet, übergreifende Handlungsfelder
benannt, Schlüsselstrategien und Erfolgsfaktoren abgeleitet und in kompakte Checklisten für alle am Tourismus
Beteiligten übersetzt. Mehr als 450 Praxisbeispiele wurden dabei einbezogen. Die Ergebnisse sind in einem Leitfaden
zusammengefasst. Zehn Kurzreports zu den Handlungsfeldern vertiefen dessen Aussagen.

Sonderstudie „Freizeitparks, Märkte und Volksfeste“

Diese Sonderstudie enthält spezielle Informationen und Empfehlungen zu den Angebotssegmenten Freizeitparks,
Märkte und Volksfeste. Nach einer Beschreibung der Ausgangsituation und Herausforderungen werden Schlüssel-
strategien und Erfolgsfaktoren anhand bester Praxisbeispiele erläutert. Checklisten bieten Orientierung und Impulse
für das eigene Handeln.

    Alle Informationen zum Projekt, zum Download von Leitfaden, Kurzreports und Sonderstudie stehen unter

      →→ www.tourismus-fuers-land.de und
      →→ www.bmwi.de zur Verfügung.
Tourismusperspektiven in ländlichen Räumen - Sonderstudie Freizeitparks, Märkte und Volksfeste - BMWi
1. Tourismusperspektiven in ländlichen Räumen: Einführung                                                             3

Tourismus in ländlichen Räumen umfasst weit mehr             lung gefährden die Grundversorgung vieler Regionen.
als „Urlaub auf dem Bauernhof“. Gemeint sind alle            Die Budgets der öffentlichen Hand sinken. Es mangelt
Angebotsformen und -themen, die außerhalb städti-            an Fachkräften. Die Natur- und Kulturlandschaft ist im
scher Ballungsräume und im Wesentlichen in kleine-           Wandel, die Interessen von Tourismus, Landwirtschaft
ren Gemeinden bis zu 5.000 Einwohnern stattfinden.           und Energiewirtschaft sind auszugleichen. Die klein-
                                                             teilige verstreute Anbieterstruktur erschwert professio-
Eine Reihe an Potenzialen und Entwicklungen beein-           nelles Wirtschaften und Kooperieren. Die Organisati-
flusst die touristische Entwicklung ländlicher Räume         onsstrukturen im öffentlichen Tourismusmarketing
positiv (siehe Leitfaden S. 8-11): Natur, Regionalität und   aller Ebenen sind vielerorts nicht an den Aufgaben ori-
Nachhaltigkeit werden für die zunehmend älter wer-           entiert und aufeinander abgestimmt.
denden Nachfrager bedeutsam. Das steigende Interesse
der Reisebranche an ländlichen Räumen führt zu einer         Die Aufgaben der Zukunft konzentrieren sich daher
Verdichtung des Angebots. Neue Möglichkeiten eröff-          auf zehn übergreifende Handlungsfelder. Diesen soll-
nen sich für Kommunikation und Vertrieb der Vielfalt         ten sich je nach Voraussetzung Anbieter, Vermarkter,
kleiner Angebote im Online-Bereich.                          Politik und Verwaltung gleichermaßen stellen.

Tourismus in ländlichen Räumen steht jedoch auch
vor großen Herausforderungen (siehe Leitfaden
S. 15-22): Landflucht und demographische Entwick-

Zehn Handlungsfelder für den Tourismus in ländlichen Räumen

→→ Nachhaltige touristische Entwicklung ländlicher           →→ Kommunikation und Vertrieb: Die Chancen liegen
   Lebensräume: Die natürlichen Grundlagen sind zu              im Online-Bereich. Die Einbindung starker privater
   erhalten, regionale Identität als Basis für Standort-        Partner im Vertrieb wird bedeutsamer. Anbieter
   qualität und touristische Attraktivität zu stärken.          und DMO sind umfassend zu qualifizieren.

→→ Produktinszenierung: Durch Inszenierung von               →→ Organisationsstrukturen: Aufgabenorientierte
   Erlebnissen werden Angebote mit Mehrwert                     Organisationsansätze werden im öffentlichen
   geschaffen.                                                  Tourismusmarketing erforderlich.

→→ Stärkung und Weiterentwicklung von Netzwer-               →→ Fachkräftesicherung und -professionalisierung:
   ken: Nur so können Wertschöpfungsketten verlän-              Qualifiziertes und motiviertes Personal ist Voraus-
   gert werden. Vor allem kleine Partner profitieren            setzung für jeden Dienstleistungsbetrieb. Gefordert
   hiervon.                                                     ist die strategische und branchenübergreifende
                                                                Einbeziehung dieser Aufgabe in regionale Touris-
→→ Infrastruktur und Investitionsmanagement: Kris-              musstrategien.
   tallisationspunkte müssen geschaffen werden, um
   Reiseanlässe zu generieren und Folgeinvestitionen         →→ Mobilität: Tourismus erfordert Mobilität zum
   zu ermöglichen. Besondere Bedeutung kommt der                und vor Ort. Öffentliche Alltags- und individuelle
   Verknüpfung mit Markenstrategien zu.                         Freizeitmobilität sind dabei zu verzahnen.

→→ Markenbildung: Marken sorgen für Vertrauen                →→ Barrierefreiheit: Gerade in ländlichen Räumen stellt
   beim Gast, Sicherheit für den Unternehmer und                die Bereitstellung barrierefreier Urlaubserlebnisse
   eine hohe Marktdurchdringung. Es handelt sich um             eine große Herausforderung dar. Schlüsselstrategien
   eine zentrale Aufgabe des regionalen Tourismus-              sind ein regionaler Entwicklungsansatz und die Inte-
   marketings.                                                  gration in regionale (Marken-)Strategien.
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2. Angebotssegment Freizeitparks

2.1 Ausgangssituation und                                            in der Nähe größerer Städte oder Ballungsräume, ange-
    Herausforderungen                                                 siedelt. Räumliche Konzentrationen (z. B. in der Lüne-
                                                                      burger Heide, siehe unten) bilden eher die Ausnahme,
Rund 32 Mio. Menschen besuchen jährlich die etwa                      nur selten besteht direkter Wettbewerb um die glei-
210 deutschen Freizeitparks, Tendenz leicht steigend1.                chen Quellmärkte. Die innerdeutsche Marktsituation
In den Abenteuer- und Erlebnisparks, Natur- und Tier-                 ist somit insgesamt recht stabil. Der Wettbewerbsdruck
parks, Film- und Themenparks, Brandlands („Marken-                    aus dem Ausland nimmt aber vor allem für die Ferien-
welten“), Ferienparks sowie Indoor-Attraktionen, je­­weils            parks zu, insbesondere aus den BENELUX-Staaten und
mit und ohne Übernachtung, werden rund 975 Mio.                       Frankreich. Im innerdeutschen Wettbewerb entsteht
Euro Umsatz2 generiert. Allein die im Verband Deut-                   neue Konkurrenz meist durch öffentlich subventio-
scher Freizeitparks und Freizeitunternehmen organi-                   nierte Anlagen (z. B. Tropical Islands, Brandenburg).
sierten 65 Parks mit mehr als 100.000 Besuchern
beschäftigen mehr als 20.000 fest angestellte Mitarbei-               Freizeitparks sind gerade in strukturschwächeren länd-
ter, hinzu kommen die Saisonkräfte.                                   lichen Räumen potenzielle Leuchttürme der touristi-
                                                                      schen und allgemeinen regionalen Entwicklung:
Aufgrund des hohen Flächenbedarfs, Restriktionen zur
Geräuschemission sowie ökonomischer Motive (z. B.                     →→ Ausflugs- und Reiseanlass: Freizeitparks sind oft-
niedrigere Gewerbesteuern) wurden die meisten Frei-                      mals der einzige Besuchsanlass für Regionen mit
zeitparks in ländlichen Regionen, wenngleich oftmals                     insgesamt eher geringer touristischer Angebots-

1   Verband Deutscher Freizeitparks und Freizeitunternehmen (VDFU)
2   Statistisches Bundesamt 2012, Umsatzsteuer (Voranmeldungen) – Finanzen und Steuern 2010
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2. Angebotssegment Freizeitparks                                                                                      5

   und Erlebnisdichte. Neue Attraktionen, Fahrge-               Angeboten wie Fahrgeschäfte usw. auch regionale
   schäfte, Shows, Events, Confertainment-Angebote              Themen auf. Auch der allgemeine Erlebniswert ist
   (Tagungen und Veranstaltungen mit Unterhal-                  teilweise gering. Die bedeutsamer werdenden älte-
   tungswert) werden intensiv beworben und ziehen               ren Zielgruppen, wie Naturorientierte Best Ager
   bundesweit die Aufmerksamkeit auf sich – eine                (→ siehe Leitfaden S. 12-15), mit ihren Anforderun-
   potenzielle Bekanntheitssteigerung der umgeben-              gen an Authentizität, Komfort, Barrierefreiheit
   den Region inklusive. Zugleich steigt die Anreise-           ebenso wie ethisch korrektes Verhalten sowie öko-
   dauer: Für den Tagesbesuch eines Freizeitparks               logische und soziale Verantwortung, werden oft
   werden Anreisezeiten von bis zu zwei Stunden in              noch unzureichend angesprochen.
   Kauf genommen.
                                                             →→ Bewusstsein für Kooperationspotenziale teils
→→ Ansprache wichtiger Kernzielgruppen ländlicher               nicht vorhanden: Zwar besteht seitens der meisten
   Regionen: Freizeitparks richten sich sowohl an               Freizeitparks reges Interesse an Angebots- und Ver-
   junge Menschen als auch an Familien als eine der             marktungskooperationen mit regionalen Touris-
   touristischen Kernzielgruppen (weitere Informatio-           musorganisationen und Anbietern. Der Grad an
   nen → siehe Leitfaden S. 12-15). Ebenso können,              regionaler Vernetzung mit touristischen Partnern
   mangels sonstiger Attraktionen, sonst nicht                  ist jedoch oft gering; Freizeitparks werden eher als
   erreichbare Tagungsgäste angesprochen werden.                Wettbewerber denn als Partner betrachtet.

→→ Basis für Investition, Kooperation und regionale          →→ Ungünstige Rahmenbedingungen für Investitio-
   Wertschöpfungseffekte: Freizeitparks sind Kristalli-         nen: Um Wiederholungsbesucher (70-80 Prozent
   sationspunkte. Bei sich abzeichnendem Erfolg inves-          aller Besucher) zu akquirieren, müssen Freizeit-
   tieren in ihrer Nähe weitere touristische Anbieter. So       parks ständig in neue Attraktionen investieren.
   zählen sie oft zu den wichtigsten regio­nalen Arbeit-        Gefragt sind intensive, neue und ungewöhnliche
   gebern und erzeugen indirekte Arbeitsplatz- und              Erlebnisse. Die Besucher wollen in eine Traumwelt
   Einkommenseffekte bei regionalen Dienstleistungs-            eintauchen und den Alltag vergessen. Hierfür erfor-
   und Zulieferbetrieben. Insbesondere umliegende               derliche Flächenvergrößerungen, hoher Ressour-
   (auch kleinere) Beherbergungs­betriebe und weitere           cenverbrauch sowie Verkehrs- und Lärmbelastun-
   touristische Dienst­leister profitieren von der Sogwir-      gen stehen im zunehmenden Widerspruch zu
   kung der Freizeitparks, sofern sie ihr Angebot auf           Ansprüchen des Natur- und Umweltschutzes bzw.
   Freizeitparkgäste abstimmen.                                 zu allgemeinen Nachhaltigkeitszielen.

→→ Synergien in der Vermarktung für die regionalen           →→ Fachkräftemangel: Wie bei anderen Branchen
   Tourismusorganisationen: Die Verzahnung eige-                wirkt sich der Fachkräftemangel auch bei den
   ner Aktivitäten mit denen der Freizeitparks ermög-           Freizeitparks aus. Vor allem die meist auf April bis
   licht beiden Seiten eine verbesserte Zielgruppen-            Oktober begrenzte Saison kristallisiert sich als
   und Quellmarktansprache. Gemeinsame Angebote                 größtes Hemmnis für eine dauerhafte Sicherung
   unter Einbindung kleiner regionaler Anbieter kön-            qualifizierten Personals heraus. So sind die Arbeits-
   nen in die oft deutlich reichweitenstärkeren Ver-            kräfte oft nur saisonal beschäftigt, haben unattrak-
   triebskanäle der Freizeitparks integriert werden.            tive Arbeitszeiten und werden schlechter bezahlt
                                                                als in anderen Branchen.
Die Potenziale gemeinsamer touristischer Entwicklung
werden jedoch bei weitem nicht immer genutzt. Prob-          Soll also das Leuchtturmpotenzial eines Freizeitparks
leme und Hemmnisse sind:                                     im Sinne einer positiven gesamtregionalen touristi-
                                                             schen Entwicklung genutzt werden, stellen sich fol-
→→ Solitäres Angebot oft ohne Bezug zur Region,              gende zentralen Herausforderungen an die Betreiber,
   geringe Ausrichtung auf touristische Trendthe-            die touristischen Leistungsträger, die kommunalen
   men und -zielgruppen für ländliche Räume: Eher            und regionalen Tourismusorganisationen sowie die
   selten greifen Freizeitparks neben den klassischen        Kommunalpolitik:
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→→ Inszenierung regional-authentischer Themen in                        →→ Gemeinsamer Reiseanlass Freizeitpark: Überein-
   Freizeitparks, z. B. Kultur, Natur, regionale Wirt-                     stimmung von Zielgruppen- (und ggf. Themen-)
   schaft. Damit können neben dem erlebnisorien­                           Spektrum mit dem der DMO3.
   tierten Stammpublikum weitere, für ländliche
   Räume wichtige Zielgruppen (z. B. Ältere), erreicht                  → Breit gefächertes Übernachtungsangebot im und
   werden.                                                                um den Freizeitpark (Art und Preis der Unter-
                                                                          kunft): Damit können Freizeitpark und Region zur
→→ Auf- und Ausbau dauerhafter strategischer Koope-                       Kurzurlaubsdestination aufsteigen, neue Zielgrup-
   rationen und Wertschöpfungsbeziehungen zwi-                            pen auch aus entfernteren Quellmärkten werden
   schen Freizeitparks, touristischen Leistungsträ-                       erreicht. Auch kleinere Anbieter profitieren somit
   gern und Tourismusorganisationen im Umland bei                         vom Sog eines Freizeitparks.
   An­gebotsgestaltung und Vermarktung.

→→ Profilierung als nachhaltigkeitsorientiertes Ange-                   Best Practice: Lüneburger Heide (Nieder­
   botssegment durch den konsequenten Einsatz                           sachsen) – Positionierung einer Destination
   energiesparender und klimaschonender Techno­                         über Freizeitparks
   logien und die Einbindung weiterer Partner aus der
   jeweiligen Region.                                                   Kaum eine andere europäische Region verfügt über
                                                                        eine so hohe Freizeit- und Erlebnisparkdichte wie die
→→ Schaffung marktgerechter Rahmenbedingungen                           Lüneburger Heide (z. B. Center Parcs Bispingen). Im
   vor Ort für Investitionen in nachhaltige Angebote                    Mittelpunkt des regionalen Tourismusmarketings ste-
   und Attraktionen; Sensibilisierung für die positiven                 hen die offenen, auch Angebote der Region berück-
   Effekte von Freizeitparks sowie Aktivierung und                      sichtigenden Parks: Heide-Park Soltau, Weltvogelpark
   Ausbau von interkommunalen Kooperationsbezie-                        Walsrode und Serengeti-Park Hodenhagen werden in
   hungen.                                                              die Themenstrategie („Stadt. Land. Spaß.“) der Lünebur-
                                                                        ger Heide GmbH (LHG) integriert und vermarktet.
→→ Fachkräftesicherung im stark saisonal geprägten
   An­gebotssegment.                                                    →→ Definition einer gemeinsamen Zielgruppe: Auf
                                                                           Basis von Marktforschungsuntersuchungen der
                                                                           LHG wurde die Zielgruppe „Familien in Freizeit-
2.2 Schlüsselstrategien und Best Practice                                  parks“ identifiziert, die sich besonders durch das
                                                                           vielfältige Freizeit(park)angebot der Region ange-
2.2.1 Integrierte regionale Positionierung und                            sprochen fühlt.
      Kooperation
                                                                        →→ Gemeinsame Positionierung über ein Themenfeld:
Um die oftmals bestehenden Leuchtturmpotenziale                            Das für die Freizeitparks selbstverständliche Thema
von Freizeitparks in ländlichen Räumen optimal aus-                        „Spaß“ wird auch durch die LHG genutzt, allerdings
zunutzen, wird einerseits die Sensibilisierung aller                       in erster Linie, um es mit den weiteren natur- oder
Beteiligten für die daraus resultierenden Chancen                          kulturorientierten Themen anzureichern und Fami-
erforderlich, andererseits können Freizeitparks auch                       lien anzusprechen4. Die Freizeitparks der Region bil-
aktiv in die regionale Positionierung einbezogen und                       den dabei das Kernprodukt; die regionale Erlebnis-
als Treiber für Angebots- und Marketingkooperationen                       dichte kann durch die effektive „spaßbezogene“
auf allen Ebenen genutzt werden. Wichtige Voraus­                          Vermarktung glaubhaft kommuniziert werden.
setzungen sind:

3   Destination Management Organisation; regionale Tourismusorganisation, siehe Leitfaden S. 38
4   Masterplan Lüneburger Heide 2015
Tourismusperspektiven in ländlichen Räumen - Sonderstudie Freizeitparks, Märkte und Volksfeste - BMWi
2. Angebotssegment Freizeitparks                                                                                           7

→→ Qualitätsoffensive: Für eine klare Positionierung
   für Familien wurde 2010 mit der Zertifizierung regi-
   onaler Übernachtungsbetriebe als „Familienfreund-
   liche Unterkünfte Lüneburger Heide“ begonnen.
   Zertifizierte Betriebe werden automatisch mit dem
   landesweiten Qualitätssiegel „KinderFerienLand
   Niedersachsen“ ausgezeichnet. Eine „Kannibalisie-
   rung“ von Qualitätssiegeln wird damit vermieden.

→→ Entwicklung einer regional vernetzenden Pro-                    Best Practice: Region Europa-Park Rust
   duktlinie: Über Pauschalangebote der LHG werden                 (Baden-Württemberg) – Vertriebsorientierte
   die Angebote der Freizeitparks mit den weiteren                 interkommunale Kooperation
   Angeboten regionaler touristischer Leistungsträger
   (Freizeitattraktionen, Radtouren und zertifizierte              Mit über 100 Attraktionen, Shows und Events sowie
   Übernachtungsbetriebe) in der Linie „Familien-                  über 4 Mio. Besuchern jährlich, von denen mehr als die
   Urlaub Lüneburger Heide“ gebündelt.                             Hälfte aus dem benachbarten Ausland kommen, ist der
                                                                   Europa-Park der größte und erfolgreichste Freizeitpark
→→ Integrierte Vermarktung und Vertrieb: Alle LHG-                 in Deutschland. Zusätzlich bietet der Europa-Park das
   Angebote werden online über die eigene Plattform,               größte zusammenhängende Hotelresort Deutschlands
   Themenplattformen wie Familienurlaub Lünebur-                   mit über 4.500 Betten. Etwa ein Viertel der Besucher
   ger Heide usw. und in Kooperation mit Reiseveran-               bleibt mittlerweile mehr als einen Tag im Park. Die fünf
   staltern vertrieben. Auch die Freizeitparks speisen             Hotels im Park im 4-Sterne-Segment sind daher zu
   sie – sofern geeignet – in ihre Marketing- und Ver-             90 Prozent ausgelastet. Der Europa-Park hat sich längst
   triebskanäle ein5.                                              zu einer eigenen Kurzreisedestination entwickelt. Rund
                                                                   40 Prozent der Gäste des Europa-Parks nutzen laut eige-
→ DMO als Koordinator und Vernetzer: Ohne das                      nen Angaben weitere touristische Angebote der Region7.
  Engagement der LHG zur Sensibilisierung der regi-                Dies ist nur möglich durch umfangreiche und von allen
  onalen touristischen Partner wäre eine solche tief-              Seiten gelebte Kooperation. Erfolgsfaktoren sind:
  greifende strategische Kooperation nicht möglich.
  Auch die direkte strukturelle Einbindung der Frei-               →→ Kristallisationspunkt durch Wissenstransfer und
  zeitparks als Gesellschafter der LHG trägt zu einem                 Transparenz: Die Europa-Park-Betreiberfamilie
  „Wir-Gefühl“ bei (zur Rolle der Einbindung privat-                  Mack bezog von Beginn an die umliegenden Kom-
  wirtschaftlicher Partner in die Tourismusfinanzie-                  munen in die Planungen der Parkerweiterungen mit
  rung → siehe Kurzreport „Organisationsstrukturen“).                 neuen Attraktionen, Hotels usw. ein. Die Folge ist ein
                                                                      bis heute auch in der Bevölkerung verankertes sehr
Der sich konsequent im gesamten Marketingprozess                      positives Investitionsklima. Bei den Kommunen hat
spiegelnde Positionierungsansatz ist erfolgreich: 2011                sich zudem die Erkenntnis durchgesetzt, dass ein
war mit mehr als fünf Millionen Übernachtungen das                    wachsender Europa-Park auch Wachstum für klei-
bisher erfolgreichste Geschäftsjahr seit Gründung der                 nere Übernachtungsbetriebe und Anbieter bedeutet.
LHG im Jahr 2007. Gerade die kleineren Gastgeber                      Neue Investitionen des Europa-Parks lösten bislang
unter 9 Betten profitieren überproportional: 2011 wur-                immer auch Folgeinvestitionen in der Region aus;
den über 7 Prozent Zuwachs verzeichnet – ein deutlich                 in unmittelbarer Umgebung stieg die Zahl der statis-
stärkeres Wachstum als bei den größeren Übernach-                     tisch erfassten Übernachtungsbetriebe (mehr als
tungsbetrieben6.                                                      9 Betten) seit 2004 von 8 auf aktuell 44 Betriebe.
(→ www.lueneburger-heide.de)

5   www.lueneburger-heide.de/angebote/spass
6   Pressemitteilung Lüneburger Heide GmbH, April 2012
7   Pressemitteilungen und Marktforschungsdaten Europa-Park 2012
Tourismusperspektiven in ländlichen Räumen - Sonderstudie Freizeitparks, Märkte und Volksfeste - BMWi
8                                                                                   2. Angebotssegment Freizeitparks

→→ Verbindlichkeit der interkommunalen Koopera-             Best Practice: PLAYMOBIL-FunPark
   tion: Die betroffenen 19 Kommunen bündeln, ver-          Zirndorf (Bayern) – Indoorstrategie eines
   traglich geregelt, einen großen Teil ihrer Touris-       Brandlands
   musbudgets, vor allem für Vermarktung und Ver-
   trieb der Übernachtungskapazitäten.                      Schlechtwetterangebote, gerade für Familien, sind eine
                                                            viel zu selten erfüllte touristische Basisanforderung in
→→ Integrierter Vertrieb: Mehr als 300 kleine Beher-        ländlichen Regionen. Für Freizeitparks bieten sich
   bergungsbetriebe im näheren und weiteren Umfeld          dabei insbesondere Indoor-Einrichtungen an: Syner-
   werden über eine gemeinsame Onlineplattform              giepotenziale können mit der eigenen Hotellerie und
   (betrieben durch einen privatwirtschaftlichen Part-      Zulieferern genutzt werden.
   ner) vertrieben. Das Besondere ist ein Überlaufsys-
   tem für die eingestellten Kapazitäten inkl. der          In ihrer Identifikationswirkung vor Ort und bei den
   Hotels des Europa-Parks: Sind letztere ausgebucht,       Gästen nicht zu unterschätzen sind so genannte
   werden die Buchungsanfragen automatisch auf              Brandlands („Markenwelten“), wenn sie die Marke am
   freie Kapazitäten in der Umgebung gelenkt. Somit         jeweiligen Stand- bzw. Gründungsort erlebbar machen.
   profitieren auch kleinste Anbieter von der durch         Solche authentischen Elemente werden auch durch die
   den Europa-Park generierten Nachfrage; ihre              regionalen Tourismusorganisationen im Rahmen ihrer
   Marktpräsenz wird durch die Vertriebsplattform           eigenen Markenstrategien benötigt.
   deutlich gesteigert (weitere Informationen zu Ver-
   trieb kleinerer Angebote in ländlichen Räumen            Der PLAYMOBIL-FunPark verfolgt mit seinem interak-
   → siehe Kurzreport „Kommunikation und Vertrieb“)         tiven Konzept eines „Do-it-Yourself-Freizeitparks“ das
(→ www.regioneuropapark.de)                                 Ziel, Kinder zum Entdecken, Spielen und Bewegen zu
                                                            motivieren. Statt klassischer Fahrgeschäfte gibt es
                                                            PLAYMOBIL-Spielwelten, Sand- und Wasserspielberei-
2.2.2 Ganzjahresstrategien                                  che, Spielplätze, Klettergärten und vieles mehr. Das
                                                            Brandland ermöglicht es, die Angebote um die Marke
Die Öffnungszeiten der Freizeitparks sind in der Regel an   PLAYMOBIL erlebbar zu machen. Die Spielwelten wur-
die Sommersaison gebunden. Um dem Investitionsdruck         den dabei konsequent als Indoor-Strategie entwickelt:
standhalten und kompetente Fachkräfte sichern zu kön-
nen, werden saisonverlängernde und ganzjährige Kon-         →→ Bündelung der Investitionen für Indoor-Ange-
zepte für Freizeitparks immer wichtiger. Auch Kooperati-       bote: Nach dem Indoor-Klettergarten, den es seit
onsbeziehungen mit lokalen und regionalen Zulieferern          der Parkeröffnung im Jahr 2000 gibt, folgte 2005 die
und Partnern können besser aufrecht erhalten werden.           Eröffnung des 5.000 m² großen HOB-Centers
                                                               (inklusive PLAYMOBIL-Spielstadt, Veranstaltungs-
Bisher haben nur wenige Freizeitparks in Deutschland           bühne); der Park kann somit komplett wetter- und
solche Konzepte entwickelt und ihre Infrastruktur ent-         saisonunabhängig öffnen. Zugleich wird die Erleb-
sprechend erweitert. Während einige Parks auf die              nisvielfalt gesteigert und Wiederholungsbesuchs-
Erweiterung des eigenen Angebots für eine breitere Ziel-       anlässe entstehen.
gruppenansprache (z. B. MICE, Veranstaltungen, Famili-
enfeiern und Firmenevents) setzen, erweitern andere         →→ Neukundengewinnung durch Preisanreize im Win-
ihre Indoor-Attraktionen oder entwickeln thematische           terhalbjahr: Gerade für preissensible Familien sind
Winterkonzepte (z. B. spezielle Winterattraktionen etc.).      um bis zu 25 Prozent reduzierte Eintrittspreise ein
                                                               entscheidendes Besuchskriterium. Die Eintrittshürde,
                                                               auch die weiteren (Outdoor-)Attraktionen im Som-
                                                               mer zu erleben, wird gesenkt.
2. Angebotssegment Freizeitparks                                                                                            9

                                                                     →→ An Trendthemen orientierte Winteröffnung des
                                                                        Parks: Für sechs Wochen öffnet der Park im Novem-
                                                                        ber/Dezember. Die 500.000 Besucher allein während
                                                                        dieser Zeit9 werden u. a. durch spezielle Winterange-
                                                                        bote möglich. Hierzu zählen ein eigener Weihnachts­
                                                                        markt, Winterattraktionen, Weihnachtsfeiern und
                                                                        Wellness-Pauschalen unter Einbindung der eigenen
                                                                        Hotellerie zu reduzierten Preisen.

→→ Dichtes regionales Kooperationsnetzwerk: Der                      →→ Confertainment-Angebote: Der Europa-Park gilt als
   PLAYMOBIL-FunPark kooperiert mit regionalen                          Erfinder des Confertainment-Konzepts (Tagung plus
   Zulieferern (z. B. Lebensmittel, Handwerk). Regio-                   Erlebnis und Unterhaltung, Start: 1998). Im Winter-
   nalität wurde als eigenes Qualitätskriterium defi-                   halbjahr (Hochsaison der Tagungswirtschaft) werden
   niert: Alle Produkte in der Gastronomie werden                       die 26 Tagungs- und Eventlocations im Park mit
   ausschließlich von regionalen Lieferanten bezogen.                   1.500 mehrtägigen Konferenzen, Tagungen und
   Auch diese profitieren von der Ganzjahresöffnung;                    Events ausgelastet. Ein stabiler Stamm an Arbeits-
   ebenso wie durch das Marketing des Parks (z. B.                      kräften kann somit ganzjährig gehalten werden. Die
   Präsentation auf der Website).                                       übertragbare Konsequenz für Investitionen in die
                                                                        eigene Hotellerie von Freizeitparks lautet: Integra-
Die lokalen Übernachtungsbetriebe profitieren vom                       tion hochwertiger Tagungskapazitäten und perfekter
Park: Seit der Eröffnung im Jahr 2000 sind die Über-                    Tagungstechnik.
nachtungen von 20.000 auf etwa 70.000 im Jahr 2011
angestiegen8. Auch der Park selbst verzeichnet durch                 →→ Eigene Ausbildungsakademie: Die auch im Win-
die wetter- und saisonunabhängige Öffnung positive                      terhalbjahr vor Ort verfügbaren Arbeitskräfte
Effekte: Während viele Parks im Jahr 2010 aufgrund des                  ermöglichen seit 2002 den Betrieb des hauseigenen
schlechten Wetters deutliche Besucherrückgänge ver-                     Aus- und Weiterbildungsangebots. Aktuell werden
zeichnen mussten, konnte der PLAYMOBIL-FunPark                          hier 80 Auszubildende und Studenten betreut.
die Besucherzahlen konstant bei etwa 700.000 Besu-                      Hinzu kommen die Fortbildungen für das regulär
chern in 2010 halten.                                                   angestellte Personal.
(→ www.playmobil-funpark.de)
                                                                     →→ Europaweiter Austausch von Saisonarbeitskräften:
                                                                        Mit Freizeitparks in Südfrankreich und Spanien sol-
Best Practice: Europa-Park Rust (Baden-                                 len künftig Saisonarbeitskräfte systematisch aus­
Württemberg) – Fachkräftesicherung durch                                getauscht werden. Ziel ist die dauerhafte Sicherung
Ganzjahresstrategie                                                     qualifizierter Arbeitskräfte zur jeweiligen Haupt­
                                                                        saison (Europa-Park: Sommerhalbjahr; süd­liche
Die Fachkräftesicherung und -rekrutierung ist für viele                 Parks: Winterhalbjahr). Auch andere Parks wie der
Freizeitparks mit einer nur auf die Sommersaison                        Heide-Park Soltau (→ www.heide-park.de) prakti-
begrenzten Öffnungszeit schwierig. Der Europa-Park                      zieren dieses Modell bereits erfolgreich.
ist mit seinen 3.500 Mitarbeitern, davon fast 1.000 in               (→ www.europapark.de)
der Hotellerie, wichtigster regionaler Arbeitgeber. Das
Management setzt für eine stabile und arbeitsplatzsi-
chernde Auslastung der Hotellerie (und zur schnelleren
Refinanzierung der Investitionen) auf eine ganzjährige
Erweiterung des Angebots, kombiniert mit eigenem
Engagement in Aus- und Weiterbildung:

8   Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2012
9   Südkurier November 2012
10                                                                                 2. Angebotssegment Freizeitparks

                                                           →→ Gesellschaftliche Verantwortung: Engagement für
                                                              integrative Konzepte, z. B. für körperlich oder geis-
                                                              tig benachteiligte Menschen.

                                                           →→ Konsequente regionale Kooperation: Diese umfasst
                                                              die Einbindung von Zulieferern, touristischen Leis-
                                                              tungsträgern und des lokalen bzw. regionalen
                                                              Tourismusmarketings. Gerade für den Aufbau tou-
                                                              ristischer Partnerschaften sind seitens weiterer
                                                              (klei­ne­rer) Leistungsträger eigenes Engagement und
                                                              Professionalisierung notwendig (→ siehe Kurzreport
                                                              „Fachkräftesicherung“).

2.2.3 Nachhaltigkeit als Positionierungsstrategie für
      Freizeitparks                                        Best Practice: Tripsdrill (Baden-Württemberg)
                                                           – Regionale Themeninszenierung
Das Thema Nachhaltigkeit gewinnt auch für Freizeit-
parks eine zunehmende Bedeutung. Zum einen geraten         Freizeitparks aller Größen sind erfolgreich, wenn sie sich
Freizeitparks aufgrund ihres hohen Flächen- und Res-       auf die Bedürfnisse ihrer Zielgruppen konzentrieren
sourcenverbrauchs häufig in Interessenskonflikte mit       und regionale Themen aufgreifen. Jährlich besuchen
Natur- und Umweltschutz und haben daher mit Akzep-         etwa 600.000 Gäste, größtenteils Familien und zuneh-
tanzproblemen vor Ort zu kämpfen. Zum anderen              mend ältere Gäste, Tripsdrill. Das seit 2010 bestehende
erwarten immer mehr Gäste konsequente Schritte in          Übernachtungsresort ist zu 90 Prozent ausgelastet.
Richtung Nachhaltigkeit. Eine nachhaltige Profilierung
ermöglicht die Ansprache neuer Zielgruppen wie z. B.       Neben den traditionellen und fortlaufend weiterent­
Naturorientierte Best Ager und differenziert das eigene    wickelten etwa 100 Fahrgeschäften und Attraktionen
Angebot im Wettbewerb. Miteinander kombinierbare           spielt die Inszenierung von Natur und Regionalität
Eckpunkte solcher Nachhaltigkeitsstrategien sind:          eine entscheidende Rolle:

→→ Grüne Konzepte: Konsequenter Einsatz regenera­          →→ Inszenierung regionaler Themen: Der rote Faden
   tiver Energien und Anstreben von CO2-Neutralität           „Schwaben anno 1880 – Mit Liebe gemacht!“ wird
   (z. B. durch Anwendung regionaler und nachwach-            in allen Angebotsbereichen sichtbar. Historisch
   sender Baustoffe).                                         anmutende Fahrgeschäfte, Themenführungen
                                                              (z. B. „Mit den Schwaben lachen“), regional-traditio-
→→ Erlebnisorientierte Angebote mit Nachhaltigkeits-          nelle und qualitativ anspruchsvolle Gastronomie,
   charakter und Regionalbezug: Bedeutsam werden              ein Weinbaumuseum und Übernachtungsoptionen
   BNE-Angebote (Bildung für nachhaltige Entwick-             im Schäferwagen ermöglichen dem Besucher das
   lung) – Voraussetzung ist die Anerkennung als              Eintauchen in diesen schwäbischen Erlebnisraum
   außerschulischer Lernort. Unabhängig von den kon-          (→ siehe Kurzreport „Produktinszenierung“). Für die
   kreten Inhalten steht dabei die Inszenierung in sich       Gestaltung des Parks werden konsequent natür­
   schlüssiger und regional-authentischer Angebote            liche Materialien aus der Region eingesetzt. Ergän-
   und Themen im Vordergrund (weitere Informationen           zend können einheimische Wildtiere im Wildpark
   → siehe Kurzreport „Produktinszenierung“). Regionale       beobachtet werden. Nicht zuletzt diese Liebe zum
   Themen können in der Erlebnisgestaltung eines              Detail schafft Authentizität.
   Parks, der Gastronomie usw. aufgegriffen werden.
   Die Integration des Parks in die Region und das regi-
   onale Tourismusmarketing werden somit erleichtert,
   die Kooperationsbereitschaft der Akteure gesteigert.
2. Angebotssegment Freizeitparks                                                                                              11

→→ Nachhaltigkeitsfokus im Angebot: Zum Weltum-
   welttag werden Naturführungen und Veranstaltun-
   gen durchgeführt. Auch das Expeditionsmobil der
   „Expedition N – Nachhaltigkeit für Baden-Würt-
   temberg“10 war für eine Zeitlang vor Ort stationiert.
   Die Lage von Tripsdrill im Naturpark Stromberg-
   Heuchelberg trägt zu einer engen Verzahnung mit
   Naturpark-Angeboten bei.
(→ www.tripsdrill.de)

Ein ähnliches Konzept mit dem Schwerpunkt auf
Schulklassen verfolgt auch der Serengeti-Park Hoden-
hagen in Niedersachsen (700.000 Besucher/Jahr). Der
Park ist als außerschulischer Lernort für nachhaltige                  →→ Charity-Konzept: Dieses zielt auf die Verbesserung
Entwicklung anerkannt. Immer wieder neue mehrtä-                          der Lebensqualität und soziale Gerechtigkeit für
gige Lernmodule, inklusive Arbeitsblättern für den                        die Bewohner in der Umgebung ab. Der Freizeitpark
fortführenden Unterricht, zum Erleben der exotischen                      initiiert und betreut eigene Projekte wie die „Belan-
Tierwelt werden entwickelt. Alle Module sind mit den                      tis-Kinderinitiative“ und kooperiert mit den Einrich-
aktuellen Biologie- und Sachkunde-Lehrplänen abge-                        tungen der Kinder- und Jugendmedizin des Univer­
stimmt. Diverse Jugendreiseveranstalter integrieren                       sitäts­­klinikums Leipzig (spezielle Angebote für
diese Bildungsbausteine in ihre Klassenfahrtangebote                      Patienten). Damit gliedert sich der Freizeitpark per-
(→ www.serengeti-park.com).                                               fekt in das ebenfalls stark nachhaltigkeitsorientierte
                                                                          Konzept der neu geschaffenen Tourismusdestination
                                                                          „Leipziger Neuseenland“ ein.
Best Practice: Belantis (Sachsen) –                                    (→ www.belantis.de)
Profilierung als „Grüner Freizeitpark“

Der Freizeitpark im Süden Leipzigs wurde 2003 eröffnet.
Mit den klassischen Attraktionen, Fahrgeschäften und
Shows werden vor allem Familien und junge Leute
angesprochen. Das Management verfolgt eine konse-
quente Nachhaltigkeitsstrategie, die auch bei den Besu-
chern ein Nachhaltigkeitsbewusstsein auslösen soll:

→→ Grüner Freizeitpark: Belantis hat als erster Freizeit-
   park in Deutschland die komplette Stromversorgung
   auf regenerative Energiequellen umgestellt. Auch in
   der Unternehmenskommunikation ist das Thema
   fest verankert. 2012 wurde der Tag der erneuerbaren
   Energien veranstaltet, wobei der Fokus auf Möglich-
   keiten der umweltschonenden Mobilität lag. Eine
   eigene Ladesäule für Elektrofahrzeuge und 700 Rad-
   stellplätze wurden installiert. „Spaß“ und Erlebnis
   stehen aber auch weiterhin an erster Stelle der Ange-
   botsgestaltung.

10   Informations- und Bildungsinitiative der Baden-Württemberg-Stiftung (→ www.expeditionn.de)
12                                                                                     2. Angebotssegment Freizeitparks

 Checkliste – Touristisch integrierte Entwicklung von Freizeitparks in ländlichen Räumen

 Integrierte Positionierung und regionale Kooperation

     	

     Definition gemeinsamer Zielgruppen; wichtig: Berücksichtigung älterer Zielgruppen.

     Definition von Freizeitpark und Destination betreffenden Themen (z. B. Natur, Spaß usw.).

      estaltung gemeinsamer Produkte/Produktlinien; wichtig: Einbindung kleinerer und kleinster Leistungsträger
     G
     in der Umgebung.

     Abstimmung infrastruktureller Investitionen des Freizeitparks mit Investitionen in der Region (z. B. Hotellerie),
      um Überangebot zu vermeiden (Aufgabe der kommunalen bzw. regionalen Wirtschaftsförderung); Konzentration
      auf höheres Qualitätsniveau ab 4 Sterne als Komplementär- bzw. auch Leuchtturmangebot zum umliegenden,
      meist kleinteiligen Beherbergungsgewerbe.

      ransparenz: frühzeitige Einbindung von Kommunen und DMO über anstehende, ggf. flächenintensive Investi­
     T
     tionen durch das Parkmanagement (Ziel: Abbau von Vorbehalten und somit Verbesserung des Investitionsklimas
     vor Ort).

      efinition gemeinsamer und zielgruppenspezifischer Kriterien; wichtig: keine neuen Qualitätslabel, sondern
     D
     weitmögliche Nutzung bestehender bundesweiter und landesweiter Label.

     Optional: Aufbau gemeinsamer Vertriebssysteme unter Einbindung der Leistungsträger in der Umgebung
      (→ siehe auch Kurzreport „Kommunikation und Vertrieb“).

     DMO: Steuerung des gesamten Positionierungs- und Entwicklungsprozesses.

     Prüfung der strukturellen Integration eines Freizeitparks in die DMO (z. B. Gesellschafter in GmbH).
2. Angebotssegment Freizeitparks                                                                                     13

 Ganzjahresstrategien für bessere Refinanzierung eigener Investitionen und zur Fachkräftesicherung

     Gezielte Investition in Schlechtwetterangebote; Konzentration auf Indoor-Attraktionen.

   	
    Fokus auf Übernachtungsangebote, vor allem im Tagungs- und Wellness-Bereich (Hochsaison hier: Winter)
    zur Auslastungssteigerung der eigenen (und ggf. umgebenden) Hotellerie.

   	
    Absenkung von Eintrittshürden: Preisanreize und spezielle Winterangebote vor allem für Familien, um diese als
    Wiederholungsbesucher für die Sommersaison zu gewinnen.

     Aufbau ganzjähriger Aus- und Weiterbildungsangebote im Park, ggf. auch touristische Qualifizierung durch DMO.

     Aufbau langjähriger Austauschprogramme für Saisonkräfte, vor allem mit Parks in Südeuropa.

 Nachhaltigkeit

     I nszenierung regional-authentischer und identitätsstiftender Themen im Angebot
      (→ siehe auch Kurzreport „Produktinszenierung“).

      onsequente Einbindung regionaler Partner (z. B. Zulieferer, touristische Leistungsträger);
     K
     Voraussetzung: Partner erfüllen etwaige Qualitätskriterien.

      limaneutralität: Nutzung regenerativer Energien, Bereitstellung und Integration klimaschonender und öffent­
     K
     licher Mobilitätsoptionen in Pauschalangebote (→ siehe auch Kurzreport „Mobilität“); Prüfung von
     Kosteneinsparungen durch Nachhaltigkeit.

      ntwicklung zu einem außerschulischen Lernort: Schaffung der Voraussetzungen, Erstellen von Lernmodulen,
     E
     die mit den Lehrplänen der Schulen abgestimmt sind (in Kooperation mit den Kultusministerien der Länder).

      inbindung Nationaler Naturlandschaften (Naturparks, Biosphärenreservate, Nationalparks) in Naturangebote,
     E
     wenn räumliche Nähe potenzieller Partner zum Freizeitpark gegeben ist.

      bernahme gesellschaftlicher Verantwortung: z. B. Kooperationen mit Einrichtungen für benachteiligte,
     Ü
     z. B. behinderte Menschen.

 Weitere Informationen zur nachhaltigen Entwicklung → siehe Kurzreport „Nachhaltige touristische Entwicklung länd-
 licher Lebensräume“.
14

3. Angebotssegment Märkte und Volksfeste

3.1 Ausgangssituation und                              (-1 Mrd. Euro). Auch die Gesamtzahl der Volksfeste
    Herausforderungen                                   ging in der letzten Dekade um etwa 30 Prozent zurück,
                                                        insbesondere kleinere Veranstaltungen in ländlichen
Volksfeste und Märkte aller Art, wie Jahrmarkt, Rum-    Regionen wurden vielfach eingestellt. Nur der Boom
mel, Kirmes und Weihnachtsmarkt, sind oftmals eng       der Weihnachtsmärkte sichert die etwa 45.000 Vollzeit-
an lokale und regionale Traditionen geknüpft und wer-   arbeitsplätze in der von Familienunternehmen domi-
den vielerorts schon seit Jahrhunderten ausgerichtet.   nierten Schaustellerbranche11.
Doch während die Weihnachtsmärkte vor allem in den
größeren Städten boomen und längst auch für auslän-     In ländlichen Räumen haben Volksfeste und (Weih-
dische Quellmärkte touristisch vermarktet werden, ist   nachts-)Märkte eine besondere Bedeutung: Einerseits
vor allem bei kleineren Volksfesten und Märkten in      sind sie ein (oftmals jahrhundertealter) Bestandteil der
ländlichen Regionen eine gegenläufige Entwicklung       regionalen bzw. lokalen Kultur und Identität (→ siehe
feststellbar:                                           Kurzreport „Nachhaltige touristische Entwicklung ländli-
                                                        cher Lebensräume“). Andererseits stellen sie gerade in
Die 1.457 Weihnachtsmärkte hatten 2012 etwa 85 Mio.     touristisch weniger entwickelten Regionen und bei Auf-
Besucher (+ 70 Prozent gegenüber 2000) und generier-    greifen regionaler Themen einen potenziellen Ausflugs-
ten Umsätze von etwa 980 Mio. Euro. Dagegen ver-        bzw. Reiseanlass dar und generieren weitere volkswirt-
zeichneten die deutlich zahlreicheren Volksfeste        schaftliche Effekte z. B. für den örtlichen Einzelhandel,
(etwa 10.000) „nur“ 150 Mio. Besucher (Rückgang um      Gastronomie und Hotellerie. Kurzum: Volksfeste und
20 Mio.) und generierten 2,45 Mrd. Euro Umsatz          Weihnachtsmärkte können wichtige Impulse zur Siche-

11   DSB (Deutscher Schaustellerbund e. V.) 2012
3. A ngebotssegment Märkte und Volksfeste                                                                         15

rung der Lebens- und Standortqualität liefern. Diesem          Anforderungen, wie z. B. Zielgruppenpotenziale
Leuchtturmpotenzial werden allerdings bei weitem               und erforderliche Angebote. Viele Feste erreichen
nicht alle Veranstaltungen gerecht. Probleme sind:             mit ihrem eigenen Marketing allenfalls die einhei-
                                                               mischen Besucher vor Ort.
→→ Unspezifisches Angebot vieler Veranstaltungen
   und Qualitätsdefizite: Viele Volksfeste und Weih-        →→ Kommunale Spielräume für die Veranstaltungsor-
   nachtsmärkte greifen keine regionalen Themen auf.           ganisation oft ungenutzt – Rahmenbedingungen
   Ein ganz „normaler“ Rummel richtet sich primär an           vor Ort ungünstig: Viele, auch kleinere, Kommu-
   Einheimische – touristisch ist er irrelevant. Einfache      nen richten Umweltzonen ein. Sondergenehmi-
   Fahrgeschäfte und Imbissbuden allein erzeugen kei-          gungen für ältere, den aktuellen Bestimmungen
   nen Besuchsgrund. Zwar gewinnt auch für die Ein-            noch nicht angepasste Schaustellerfahrzeuge wer-
   heimischen der „Lokalkolorit“, z. B. durch histori-         den eher selten erteilt. Zudem müssen Schausteller
   sche Bezüge oder in Form regionaler Spezialitäten,          – als ohnehin energieintensives Gewerbe – die
   an Bedeutung, jedoch gerät die authentische und             Energie als teureren „Baustrom“ vom Veranstal-
   ausgewogene Gestaltung (z. B. Fahrgeschäfte, Imbiss,        tungsorganisator beziehen.
   Verkaufsstände, kulturelle Aufführungen usw.) häu-
   fig in den Hintergrund: Aus Kostengründen wird           →→ Fehlende regionale Koordination der Veranstal-
   die Veranstaltungsorganisation von den Kommu-               tungen und ihrer Beschickung: Zwischen vielen
   nen zum Teil an private Agenturen übertragen. Bei           Volksfesten kommt es oftmals zu „Kannibalisie-
   vielen Festen „kippt“ die Angebotsstruktur hin zu           rungseffekten“ um die begrenzte Anzahl verfüg­
   deutlich mehr Imbissangeboten – je mehr Stände,             barer Schausteller. Um die eigenen Investitionen
   umso mehr Standgebühren können eingenommen                  und hohe Energiekosten schneller zu amortisieren,
   werden. Die Veranstaltung verliert damit oft an             sind für Fahrgeschäfte größere, nachfragestarke
   Attraktivität.                                              Feste attraktiver als kleinere, peripher gelegene Ver-
                                                               anstaltungen. Aufgrund der begrenzten Saison sind
→→ Chancen zur Ansprache touristischer Zielgruppen             erforderliche Terminabsprachen innerhalb von
   nicht erkannt oder genutzt: Neben den Familien              Regionen zur Vermeidung von Überschneidungen
   werden ältere Zielgruppen (z. B. „Naturorientierte          und Ermöglichung einer höheren Attraktivität
   Best Ager“→ siehe Leitfaden S. 12-15) für ländliche         auch für kleinere Volksfeste nur schwierig realisier-
   Räume zunehmend wichtiger. Authentizität und                bar oder finden gar nicht statt.
   Regionalität des Angebots, einheimische (Bio-)Kuli-
   naria, Qualität und „Stil“ (insbesondere in der Gast-    Die Herausforderungen für die Organisatoren, Ver-
   ronomie), Nachhaltigkeit sowie zunehmend auch            markter und Schausteller, um Volksfeste und Weih-
   Barrierefreiheit und Komfort gewinnen an Bedeu-          nachtsmärkte enger in die touristische Entwicklung
   tung. Erst wenige der kleineren Veranstaltungen          ländlicher Räume einzubeziehen und die Perspektiven
   sind auf diese Ansprüche eingestellt und damit           gerade auch für kleinere Veranstaltungen zu verbes-
   auch touristisch relevant.                               sern, lauten:

→→ Unzureichende Einbindung in die touristische             →→ Steigerung der allgemeinen Attraktivität und tou-
   Vermarktung: Traditionell werden viele Veranstal-           ristischen Relevanz des Angebots: Regional-
   tungen durch kommunale Institutionen und einen              authentische und vor allem identitätsstiftende
   Marktmeister organisiert. Somit können zwar                 Themen und Werte sind verstärkt in die Angebots-
   organisatorische Fragen wie z. B. behördliche               struktur einzubinden, um auch über die lokale
   Genehmigungen usw. schnell gelöst werden. Die               Bedeutung von Volksfesten und Weihnachtsmärk-
   Kooperation mit dem örtlichen oder auch regiona-            ten hinaus regionale (touristische) Wertschöpfung
   len Tourismusmarketing ist dagegen oftmals nur              zu erzeugen.
   schwach ausgeprägt oder nicht vorhanden. Bei den
   Veranstaltungsorganisatoren bestehen Wissensde-
   fizite hinsichtlich touristischer Chancen und
16                                                                          3. Angebotssegment Märkte und Volksfeste

                                                            →→ Hoher lokaler/regionaler Identitätswert des
                                                               jeweiligen Themas.

                                                            →→ Nachfrage- und Wertschöpfungspotenzial von
                                                               Thema bzw. Angebot: Ohne konkrete wirtschaft­
                                                               liche Erfolgsaussicht erzeugt kein noch so identitäts-
                                                               förderndes Volksfest eine „Sogwirkung“ für die Part-
                                                               ner vor Ort. Nach Möglichkeit ist ein „Spezialthema“
                                                               mit nachfragestarken und trendrelevanten Themen
                                                               und Angeboten zu kombinieren.

                                                            →→ Zielgruppe Gäste und Einheimische: Gerade auch
                                                               die lokale Bevölkerung hat höchstes Interesse an
                                                               identitätsstiftenden Themen (z. B. Tradition, regio-
→→ Professionalisierung des touristischen Marketings           nale Wirtschaft usw.). Das Angebot darf dabei kei-
   und adäquate Integration in das lokale und regio-           nesfalls überspitzt werden, der „echte“ Charakter
   nale Tourismusmarketing: Deutlich stärker als bis-          muss immer spürbar sein, um auch Gäste von
   lang sind viele Feste touristisch und vor allem über        außerhalb zu begeistern.
   zeitgemäße Kanäle (z. B. Social Media) zu vermark-
   ten. Gemäß den jeweiligen Potenzialen sind Volks-        →→ Ausreichende Anzahl und größtmögliche Einbin-
   feste und Weihnachtsmärkte in die (über)regionale           dung von Partnern vor Ort: Nur mit den Men-
   Vermarktung, ggf. auch Markenpolitik, einzubin-             schen vor Ort kann ein „echtes“ Thema glaubwür-
   den.                                                        dig umgesetzt werden und zugleich die Identität
                                                               vor Ort gefördert werden.
→→ Aufbau leistungsfähiger und kooperativer Orga-
   nisationsstrukturen: Diese sollten sowohl die
   kommunale Seite als auch privatwirtschaftliche           Best Practice: Baumblütenfest Werder/Havel
   Partner oder auch Bürger einbeziehen. Kannibali-         (Brandenburg) – Qualität und Kooperation
   sierungseffekte können nur durch eine verbesserte        auf allen Ebenen
   Veranstaltungskoordination und -kooperation auf
   regionaler Ebene verhindert werden.                      Seit 1879 findet vor den Toren von Potsdam und Berlin
                                                            jedes Jahr im Mai das Baumblütenfest statt. Von
                                                            Beginn an war es Ziel, den Großstädtern die Obst-
3.2 Schlüsselstrategien und Best Practice                   baumblüte rund um Werder nahezubringen. Aktuell
                                                            hat sich die Besucherzahl bei etwa 500.000 Gästen ein-
3.2.1 Profilierung durch Inszenierung regionaler und       gependelt. Ganz Werder und Umgebung wird rund um
      identitätsfördernder Themen                           das Volksfest und darüber hinaus zu einem Erlebnis-
                                                            raum rund um den „Roten Faden“ der Obstbaumblüte.
Volksfeste und Weihnachtsmärkte können einen akti-          Ganz nebenbei fördert das Fest die Absätze der regio-
ven Beitrag zum Identitätserhalt vor Ort leisten. Durch     nalen Obstbauern und -verarbeiter und verschafft die-
die bewusste Einbindung regionaler Themen und Tradi-        sen neue Stammkundschaft. Zentrale Erfolgsfaktoren
tionen kann eine erhöhte Wertschätzung des eigenen          der Veranstaltung sind:
ländlich-kulturellen Erbes vor Ort erreicht werden
(→ siehe Kurzreport „Nachhaltige touristische Entwicklung   →→ Konsistentes Angebot und Einbezug authenti-
ländlicher Lebensräume“ und „Produktinszenierung“).            scher Angebote in der Umgebung: Neben dem
Ebenso suchen auch Touristen immer mehr dieses                 Baumblütenball, der Wahl der Baumblütenkönigin
„echte“ Urlaubs- und Freizeiterlebnis. Unabhängig              (zugleich wichtige Botschafterin für Werder im
davon, durch wen die Veranstaltung organisiert und             Standort- und Tourismusmarketing), Obstverkos-
vermarktet wird, ist wichtig:                                  tungen usw. werden durch Havelbus (regionales
3. A ngebotssegment Märkte und Volksfeste                                                                      17

   Verkehrsunternehmen) Blütenrundfahrten und
   durch weitere privatwirtschaftliche Anbieter Kutsch­
   fahrten zu Obstbauern im Umland angeboten. Obst­
   weinproben finden sowohl auf dem Festgelände als
   auch direkt bei den Erzeugern statt. Der „Panorama­
   weg Werderobst“ als kombinierter Rad- und Wander­
   weg ermöglicht das individuelle Entdecken themen­
   konformer Angebote auch über das Fest hinaus.
   Zusätzliche Nachfrage durch eher sport­liche Klien-
   tel wird durch den Baumblütenlauf generiert.

→→ Einbindung der Bevölkerung: Lokale Schulen und
   Vereine sind z. B. in die Vorbereitung des Festum-     Erhalt des Kunsthandwerks als einer der authentischs-
   zugs eingebunden (wie etwa Gestaltung von Kostü-       ten Wirtschaftszweige der Region verknüpft.
   men und Umzugswagen).
                                                          Der Weihnachtsmarkt Annaberg-Buchholz inszeniert
→→ Qualitätsorientierung: Nach den, von starkem           die Erzgebirgische Weihnacht umfassend und im
   Wachstum geprägten, 1990er Jahren wird in der          gesamten Ort: Mehrere Pyramiden (jeweils mit dem
   Angebotsgestaltung verstärkt auf Qualität und          eigenen „Event“ des „Anschiebens“) und kleine Märkte
   Nachhaltigkeit geachtet. Viele Einzelmaßnahmen,        sind im Ort verteilt, überall kann erzgebirgisches
   wie z. B. das Verwenden von Gläsern statt Papp­        Kunsthandwerk erworben werden, eine Bergparade
   bechern, zielen auf die Profilierung als grünes        führt durch den gesamten Ort. Der Annaberger Krip-
   „Premium-Event“.                                       penweg thematisiert anhand von Holzfiguren in der
                                                          Bergkirche und in Geschäften im Ort die Verbindung
→→ Kooperative Veranstaltungsorganisation und             von Bergbau und Weihnacht. Spezielle Nachtwächter-
   -vermarktung: Das Baumblütenfest wird im Auf-          touren und Sonderführungen in der Manufaktur der
   trag der Kommune von zwei privaten Veranstal-          Träume (Erlebnismuseum zur Volkskunst des Erzge­bir-
   tungsagenturen organisiert und vermarktet. Die         ges) runden das Bild ab.
   touristische Vermarktung erfolgt durch die örtliche
   Tourist Information. Aufgrund der hohen tages­         In der touristischen Vermarktung profitiert die Veran-
   touristischen Relevanz wird dabei auf kommuni­         staltung von der stark auf Heimat und Authentizität
   kative Maßnahmen im Berliner Einzugsgebiet der         abzielenden Positionierung des Tourismusverbands
   Schwerpunkt gelegt, z. B. Anzeigen in den Zügen        Erzgebirge (DMO): Die „Erlebnisheimat Erzgebirge“
   und Medien des Verkehrsverbunds Berlin-Bran-           setzt mit ihren Markensäulen „Traditionelles Hand-
   denburg und der Berliner S-Bahn, Radiospots usw.       werk“ und „Weihnachtswunderland“ bewusst auf die
(→ www.baumbluete.de)                                     Themen des historischen Silberbergbaus und der
                                                          Weihnacht, denn diese wirken vor Ort stark identitäts-
                                                          stiftend. Die Produktgestaltung (vor allem für Busrei-
Best Practice: Weihnachtsmarkt Annaberg-                  sen) obliegt dabei einer Vielzahl privatwirtschaftlicher
Buchholz (Sachsen) – Leitangebot für regio­               Veranstalter; Schwerpunkt der DMO ebenso wie des
nalen Marketingschwerpunkt „Heimat“                       örtlichen Tourismusmarketings ist die kommunikative
                                                          Basisarbeit.
Weihnachten im Erzgebirge ist untrennbar mit Kunst-       (→ www.annaberg-buchholz.de)
handwerk (z.  B. Schwibbögen, Weihnachtspyramiden)
und dem Bergbau verbunden. Heimatgefühl und Tra-
dition sind wichtige Garanten für die regionale touris-
tische Nachfrage (sowohl Tagesgäste als auch Busgrup-
penreisen). Die touristische Wertschöpfung über die
Inszenierung der Weihnachtsmärkte ist eng mit dem
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