Turm der Superlative - Burj Dubai - von SKIDMORE, OWINGS & MERRILL
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
MAGAZI N FÜ R BEWEGU NG I N DER ARCH ITEKTU R 01 | 2008 Turm der Superlative – Burj Dubai von SKIDMORE, OWINGS & MERRILL Architektur der Energieerzeugung Potenziale intelligenter Gebäudeinstallation Living on Water – Prototyp eines schwimmenden Niedrigenergiehauses Hotelinteriors – zu Besuch bei AB.Living Design, Schweden
» Editorial Bettina Flitner, G+S, Die Verbindung von Ökonomie, Ökologie und Stadt, von Technik, Raum und Kunst liegen für Prof. Dörte Gatermann und Elmar Schossig im integralen Planen und digitalen Bauen. Zur Sache: Energieeffizienz puls im Gespräch mit dem Kölner Architekturbüro Gatermann + Schossig Welche Energien werden die Architektur – Allein die Tatsache, dass vierzig Prozent des Sprechen wir über das Bauen, haben wir und unser Leben – in Zukunft bestimmen? globalen Energieverbrauchs auf Gebäude gegenüber anderen Industriezweigen noch Ich hoffe, dass unsere Zukunft von den natür- zurückgehen, zeigt uns, in welcher verantwor- riesige Defizite. Der Unterschied in der Qua- lichen Ressourcen unserer Erde getragen wird, tungsvollen Rolle die Architektur steckt. lität der Produkte ist enorm. Nur strukturier- vorrangig von der Sonne. Aber auch Wind und Wie werden sich das Wohnen und die Mobi- tes, modulares Bauen schafft die Grundlage Wasser sollten verstärkt eine Rolle spielen. lität im Hinblick auf Energien ändern? für bessere Qualität. In Verbindung mit intelli- Für welche, auch noch unbekannten Anwen- Das Problem Energie könnte uns tatsächlich genten Softwaremodulen und einer grund- dungsmöglichkeiten könnten diese Energien dabei helfen, die entstandene Mobilitäts- sätzlich neuen Logistik kann der Unterschied einmal gebraucht werden? schraube wieder etwas zurückzudrehen. Res- aufgeholt werden. Eine Reihe bekannter oder in der Entwicklung sourcenschonendes Verhalten bedingt einen Welche Rolle spielen aus Ihrer Sicht intelli- befindlicher Energieformen sind bereits in sorgfältigen Umgang mit Mobilität, insbeson- gente Gebäudeleitsysteme für eine energie- Ersteinsätzen: Biogas-Anlagen, solare Auf- dere des Individualverkehrs. Wenn wir es effiziente Architektur? triebskraftwerke, Wasserstoff zum Beispiel für schaffen, die Entfernungen zwischen Arbeits- Ohne eine präzise, auf das Gesamtgefüge den Antrieb von Motoren bis hin zur neuesten und Wohnort zu reduzieren, wieder eine stär- abgestimmte Software kann ein modernes Photovoltaik. Die weltweite Forschung wird kere Durchmischung unserer Städte errei- Gebäude nicht effizient betrieben werden. zwangsläufig neue Anwendungen generieren. chen und damit deren Lebendigkeit erhöhen, Bedenken wir, dass Bürohäuser im Durch- Wie nachhaltig ist die Architektur, verglichen haben wir den ökologischen Vorteil gratis. schnitt nur bis zu 25 Prozent übers Jahr belegt mit anderen Industriezweigen? Wo sehen Sie derzeit den größten Nachholbe- sind, so macht das deutlich, dass ein intelli- Im Weltvergleich sind wir, was das Knowhow darf im Bauwesen und mit welchen Technolo- gentes Leitsystem zur Steuerung aller wichti- für „intelligente“ Gebäude betrifft, ganz vorn. gien verbinden Sie die größten Hoffnungen? ger Gebäudefunktionen unerlässlich ist. 02 puls 01 | 2008
„Die Kräfte, die Ebbe und Flut erzeugen, sind eine natürliche Energiequelle, die nie versiegt.“ > S. 04 Optimierung durch Kontrolle > S. 08 Burj Dubai – Energieeffizienz am Persischen Golf > S. 12 Leben auf dem Wasser – Backbord wohnen und Steuerbord kochen > S. 22 Zukunftsvisionen gebauter Windkraft > S. 28 04 Macro 32 Zu Besuch Die Architektur der Energieerzeugung Interview mit Tarek Hegazy von AB.Living von Klaus Dieter Weiss Design – Hotelinteriors im Luxussegment 08 Micro 36 Workshop Potenziale intelligenter Gebäudeinstallation „Haus-Technik-Zukunft“: Energiebewusstsein von Prof. Dr.-Ing. Martin Becker durch Energieeffizienz 12 Praxis I 38 Material Burj Dubai – Hochhaus der Superlative Prof. Dorothea Voitländer über das Material Gebäudemanagement mit Herausforderung Kunststoff 22 Praxis II 40 Einblicke Living on Water – Prototyp eines schwim- News und Produktneuheiten aus dem Hause menden Niedrigenergiehauses von Fischer, Busch-Jaeger Titelbild: Illustration von Fromm und Partner 42 Denkanstoß Skidmore, Owings & Merrill Bildbearbeitung: Raphael 28 Visionen Die Schätzfrage zum Thema Elektrizität Pohland / stilradar Zukunftsprojekte – Die Ästhetik der Windkraft 43 Impressum 03
» Macro Das Hochdruck-Speicherkraft- werk Walchensee in Bayern nutzt bei einem natürlichen Gefälle von 200 Metern die herabstürzenden Wasser- massen zur Stromerzeugung. Die Architektur der Energieerzeugung Talsperren, Staudämme und Wasserkraftwerke prägen unsere Landschaft. Sie sind oft schon von Weitem sichtbare bauliche Statements und Zeichen ihrer Zeit. Neueste Errungenschaft im Energiesektor aber sind Strömungs- kraftwerke. Sie nutzen die ungeheure Kraft der Ozeane, um umweltfreundliche Energie zu erzeugen. Nicht nur technologisch gesehen, auch architektonisch bedeutet dies einen Quantensprung: Die Energieerzeugung findet – für das menschliche Auge unsichtbar – auf dem Meeresboden statt. Von Klaus Dieter Weiss Jeder zehnte Zug fährt mit Wasserkraft, titelte die Süddeut- heit. Seit über 2000 Jahren wird die Kraft von aufgestautem sche Zeitung zur Jahrtausendwende. Ein neues Wasserkraft- oder fließendem Wasser genutzt, um Korn- und Sägemühlen werk an der Donau in Bad Abbach, zwischen Kehlheim und oder Hammerschmieden zu betreiben. Weltweit liefern Was- Regensburg, nutzt einen Höhenunterschied von nur fünf serkraftwerke etwa ein Fünftel des gesamten Strombedarfs. Metern zwischen Rhein-Main-Donau-Kanal und dem eigent- In Skandinavien und Kanada spielt die Wasserkraft eine lichen Flusslauf der Donau. Das vollständig in einen vorhan- besonders wichtige Rolle. Dort gibt es auch noch viele Mög- denen Staudamm eingebaute, nahezu unsichtbare Kraftwerk lichkeiten einer intensiveren Nutzung. In Deutschland wurde erzeugt 21 Millionen Kilowattstunden Bahnstrom, das Äqui- die Wasserkraft bereits Ende des 19. Jahrhunderts stark aus- valent zu sechs Millionen Liter Dieselkraftstoff. 90 Kubikme- gebaut. Deshalb sind hier Neuanlagen, auch aufgrund an- ter Wasser pro Sekunde fließen aus dem Kanal in den spruchsvoller Umweltbestimmungen, selten geworden. tiefer gelegenen Donauarm, ohne dass das Wasser künstlich Allein in Europa sollen in den kommenden Jahren jedoch aufgestaut werden müsste. Die Nutzung anderer regenerati- 300 Millionen Euro in die Entwicklung und den Bau von ver Energiequellen ist für die Bahn schwierig, weil Windkraft- Meeresenergieanlagen investiert werden. und Solaranlagen nur zeitweise Strom liefern können, die Alle regenerativen Energien entstehen direkt oder indirekt Züge aber rund um die Uhr im Einsatz sind. Allerdings sind aus Sonnenenergie. Die Sonne lässt das Wasser verdampfen auch Laufwasserkraftwerke vom Wasserangebot abhängig. und hebt es damit auf größere Höhen, von denen es wieder Wegen saisonaler Schwankungen mussten darum die in herabfließen und seine potenzielle Energie in Arbeitsleistung Bayern vorherrschenden Wasserkraftwerke der Bahn durch verwandeln kann. Die zweimal täglich einsetzende Ebbe und den Bau einer Umrichteranlage in Karlsfeld aufwändig ab- Flut beruht auf der Gravitationswirkung der Sonne, des Mon- gesichert werden. des und auf der Erdrotation. Noch heute gibt es Überreste Das technisch nutzbare Angebot aller regenerativen Energien mittelalterlicher Mehlmühlen, die mit dem Tidenhub ihr ist mehrfach höher als der menschliche Energieverbrauch. Mahlwasser bekamen. Eine andere, heute seltene Bauform Wasserkraft ist eine der ältesten Energiequellen der Mensch- der Wassermühle war die Schiffmühle, die bereits im 1. Jahr- 05
Archiv ABB Schweiz Das Rheinkraftwerk Ryburg-Schwörstadt, erbaut 1931, ist das größte von elf Laufwasserkraftwerken zwischen Bodensee und Basel. Die Generatoren und die elektrische Ausrüstung wurden von der ABB-Vorgängerin BBC Brown Boveri hergestellt; vor fünf Jahren wurde das Kraftwerk modernisiert und mit zukunftsweisender Technik von ABB ausgestattet. hundert vor der Zeitrechnung entwickelt worden war, um auf 8640 Megawatt heraufgesetzt. Die zwischen Brean Down Energie-Engpässe während einer Belagerung Roms abzuwen- (England) und Lavernock Point (Wales) geplante, 16 Kilometer den. Diese auf schwimmenden Plattformen eingerichteten lange Barriere sollte mit fast 200 Turbinen ausgerüstet wer- Mühlen waren unabhängig von wechselnden Wasserstän- den. Die Anlage hätte etwa 12 Prozent des damaligen Strom- den, weil sie sich diesen ganz einfach anpassen konnten. verbrauchs in Großbritannien decken können. Nach erheb- Schiffmühlen waren damit im Gegensatz zu konventionellen lichen Planungs- und Entwicklungskosten wurde der Gedan- Wassermühlen die ersten Grundlastmaschinen der Wasser- ke jedoch erst wieder im Jahr 2006 erneut aufgegriffen, aus- kraft, die rund um die Uhr zur Verfügung standen. Mit der gelöst durch die alarmierenden Signale des Klimawandels. stärkeren Nutzung der Flüsse als Verkehrsweg wurden sie Gezeitenkraftwerke nützen den Höhenunterschied (Tiden- jedoch zu einem Verkehrshindernis. Heute greifen Wasser- hub) des Meerwassers bei Ebbe und Flut. Bei Flut strömt das kraftanlagen vor allem in das komplizierte ökologische Wasser über Röhrenturbinen innerhalb der Staumauer in die Gleichgewicht von Seen, Flüssen und deren Umfeld ein. Spek- abgetrennte Meeresbucht. Ist der Wasserspiegel zwischen takulären Großprojekten standen jedoch auch immer wieder Meer und Bucht auf gleicher Höhe, werden die Öffnungen in technische und ökonomische Risiken im Wege. der Staumauer geschlossen. Bei Ebbe wiederholt sich der Vor- gang in umgekehrter Richtung. Das seit 1966 betriebene Größtes Gezeitenkraftwerk der Welt Gezeitenkraftwerk La Rance im Golf von St. Malo an der Nord- Im Jahr 1840 entstand in Großbritannien die Idee, an der küste der Bretagne liefert auf diese Weise seit mehr als vierzig Mündung des Severn zwischen Cardiff und Weston einen Jahren nahezu störungsfrei und sehr günstig Strom. Damm zu bauen. Eine offizielle Studie des Jahres 1925 wies Der umstrittene Drei-Schluchten-Staudamm in der chinesi- nach, wie an diesem Standort 800 Megawatt Strom erzeugt schen Provinz Hubei bildet dagegen eine konventionelle Tal- werden könnten. In konkreten Studien zwischen 1974 und sperre – wenn auch doppelt so groß wie der Bodensee – die 1987 wurde für dieses größte Gezeitenkraftwerk der Welt der weltweit größte. 26 Turbinen mit einer Nennleistung von ins- mögliche Ertrag aus dem Gezeitenhub von bis zu 15 Metern gesamt 18.200 Megawatt könnten 14 Prozent des deutschen 06 puls 01 | 2008
Das Laufwasserkraftwerk Strombedarfs decken. Für dieses Mammutprojekt wurden 13 Ybbs an der Donau (oben), Städte und 1500 Dörfer überflutet. Zwei Millionen Menschen der Hoover Dam am Colorado River (Mitte) und ein zukünfti- verloren ihre Heimat. ges Strömungskraftwerk am Meeresboden (unten) stehen Unsichtbare Strömungskraftwerke beispielhaft für das große Die Schwierigkeiten von Gezeitenkraftwerken liegen demge- Potenzial der Wasserkraft. genüber darin begründet, dass trotz seewasserbeständigen Materials erhebliche Verschleißerscheinungen zu bewältigen sind. Der Wartungsaufwand durch Versanden und Verschli- cken ist gleichfalls hoch. Durch die notwendigerweise riesi- gen Absperrungen wird das biologische Gleichgewicht emp- findlich gestört. Die Investitionen für den Dammbau, den meist erforderlichen Stausee und die komplizierten Schleu- Verbund sensysteme sind immens. Der Wirkungsgrad der relativ wir- kungsschwachen Niederdruckturbinen liegt dagegen nur zwischen 25 und 65 Prozent. Viermal am Tag erreichen Gezei- tenkraftwerke ihren „Null-Leistungs-Punkt“, der sich zudem täglich um rund 50 Minuten verschiebt, so dass unweigerlich auch Spitzenlastzeiten von diesen natürlichen Ausfällen betroffen sind. Strömungskraftwerke in der Gezeitenströ- mung, die im Gegensatz zu Wind und Sonne berechenbar und permanent auftritt, nutzen dagegen die Auswirkungen der Gravitation, ohne die klassischen Nachteile von Gezeiten- kraftwerken in Kauf nehmen zu müssen. Durch die hohe Dichte des Wassers im Gegensatz zum Wind benötigen Strö- mungskraftwerke mit 2 bis 2,5 Metern pro Sekunde nur etwa halb so große Strömungsgeschwindigkeiten wie Windener- gieanlagen. Unter Wasser reicht darum ein 20 Meter großer Rotor für eine Leistung von einem Megawatt. Unter Windlast müsste der Durchmesser des Rotors dafür 55 Meter betragen. Strömungskraftwerke setzen beim Gezeitenwechsel nur einen Moment aus und ändern dabei die Richtung bzw. die Rotorblätter werden verstellt und die Drehrichtung wird bei- behalten. Die weltweit erste Pilotanlage des deutsch-briti- schen Projekts „Seaflow“ wurde im Juni 2003 vor der Küste Cornwalls in Betrieb genommen. Der nächste Schritt ist die Kathy Steen / iStockphoto Entwicklung eines Doppelrotors mit einer Leistung von einem Megawatt pro Anlage. Sichtbares Zeichen eines Strömungskraftwerks bleibt allein ein schiffshoher Turm im Wasser, der sogenannte Monopile. Die Rotornabe befindet sich in der Regel etwa 10 Meter unter dem Gezeiten-Tiefstand. Für Wartungsarbeiten kann der gesamte Rotor hochgefahren werden. Aus der sichtbaren Umsetzung der Wasserkraft mit Hilfe von Mühlen und Stau- dämmen ist eine in die Topografie nahezu völlig integrierte Lösung unter Wasser geworden. Klaus Dieter Weiss ist Architekturkritiker und Fotograf. Er schreibt und fotografiert regelmäßig für die einschlägige Architekturpresse Eon im In- und Ausland. Der Autor lebt und arbeitet in Minden.
» Micro Explosion des Energiebedarfs in Städten – Energieeinspar- potenziale jedes einzelnen Haushalts helfen dagegenzu- steuern. Gebäude der Zukunft – Energieeinsparpotenziale erkennen Noch nie waren Strom, Gas und Öl teurer als heute – noch nie hat sich ein sinnvoller Umgang mit Energie mehr gelohnt. Ressourcenschonendes, nach- haltiges Bauen muss alle Möglichkeiten zur Steigerung von Energieeffizienz aus- schöpfen. Weitestgehend ungenutzte Potenziale liegen dabei im Bereich der Gebäudeautomation. puls zeigt die Chancen des Gebäudemanagements auf. Von Prof. Dr.-Ing. Martin Becker Architektur und Gebäudeautomation erscheinen auf den management die entscheidende Rolle für Wirtschaftlich- ersten Blick als zwei voneinander getrennte Felder, in keit und Energieeffizienz im Gebäude spielen. Nicht sel- deren Zusammenwirken jedoch große Energieeinsparpo- ten übersteigen die späteren Energieverbräuche die in der tenziale liegen. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Planung ermittelten Bedarfswerte um den Faktor zwei bis Forderung nach ressourcenschonendem Bauen ist eine drei. Neben dem schwer zu berücksichtigenden Nutzer- auf den Investor oder Bauherrn passende Kompromisslö- einfluss sind unter anderem regelungstechnisch nicht sung notwendig. Moderne energetische Gebäudeplanung optimal eingestellte Anlagen und nicht an die Nutzung heißt somit, einen Kompromiss zu finden zwischen Kos- angepasste Betriebsparameter als Gründe dafür zu nen- ten, Energieeffizienz und Komfort- und Behaglichkeitsas- nen. Diese Fehleinstellungen transparent zu machen, ist pekten der Nutzer. Dazu sind allerdings nicht nur die in auch Aufgabe der Gebäudeautomation. Der Energiever- der Planung ermittelten energetischen Bedarfswerte brauch eines Gebäudes ist keine fixe Größe, sondern stark wichtig: Bereits in der Planungsphase muss berücksich- vom Nutzerverhalten und von einem optimierten Anla- tigt werden, wie die während der gesamten Betriebszeit gen- und Gebäudebetrieb abhängig. Zeitgemäße Automa- eines Gebäudes anfallenden Energiekosten überwacht tisierungstechnik ist das notwendige Werkzeug für ein und minimiert werden können. Die laufenden Betriebs- dynamisches Energie- und Gebäudemanagement, bei kosten wie Energie- oder Wartungskosten tragen einen dem alle erforderlichen Daten erfasst und ausgewertet Anteil von bis zu 80 Prozent an den gesamten Lebenszy- werden. Diese Daten garantieren die nötige Transparenz kluskosten, die nur einmal getätigten Planungs- und Bau- aller Energieflüsse durch entsprechende Energiekenngrö- kosten verschlingen dagegen nur einen Anteil von bis zu ßen im Gebäude und geben Aufschluss über positive 2o Prozent. An diesen Zahlen lässt sich erkennen, dass sowie negative Einflüsse des Nutzerverhaltens. Hieraus eine zeitgemäße und angepasste Gebäudeautomation lassen sich wiederum zeitnah und zielgerichtet wirt- und ein darauf aufsetzendes Energie- und Gebäude- schaftliche Optimierungsmaßnahmen ableiten. 09
» Micro Gebäudeautomation für einen energieeffizienten tomation und Gebäudemanagement mit den heute bereits Gebäudebetrieb verfügbaren technischen Möglichkeiten entfernt sind. Energieeinsparpotenzial besteht zum einen aus der Opti- Einige Ursachen sind im Folgenden stichpunktartig mierung von Einzelsystemen wie Heizung, Lüftung, Klima genannt: Bei Architekten und Bauherren ist ein geringes oder Beleuchtung. Beispiele hierfür sind angepasste Wissen und oft mangelndes Verständnis für den Stellen- Reglerparameter und gleitende Sollwerte, eine angepasste wert und die Möglichkeiten zeitgemäßer Raum- und Betriebsführung der Anlagen im Teillastbetrieb oder an- Gebäudeautomation sowie von Gebäudemanagement vor- wesenheits- und belegungsabhängige Automationsstrate- handen. Die Hersteller haben es (bisher) nicht geschafft, gien für Heizen, Lüften, Kühlen und Beleuchten im Raum. das Thema Gebäudeautomation und Kommunikations- Zum anderen besteht auch ein hohes Optimierungspoten- technik für Architekten und Bauherrn zu „übersetzen". zial im Bereich der übergreifenden Systemautomation im Verhindert oder verzögert wird eine gewerkeübergreifen- Sinne des abgestimmten Zusammenspiels der gesamten de Gebäudeautomation in vielen Fällen durch den klassi- Anlagentechnik. Das können Strategien für die Kraft-Wär- schen Planungsprozess in Einzelgewerken („mein me-Kälte-Kopplung (KWKK) von Anlagen sein oder Strate- Gewerk“). So gut wie nie wird eine transparente Lebenszy- gien für die Integration regenerativer und dezentraler klusbetrachtung einbezogen, die eventuell höhere Investi- Energiesysteme (z. B. Photovoltaik, BHKW, Wärmepumpe) tionskosten für die Gebäudeautomation über die Reduzie- in ein abgestimmtes Energieversorgungssystem. Beispiele rung der später geringeren Betriebskosten wirtschaftlich hierfür sind auch übergreifende Automationskonzepte für rechtfertigt. Gebäudeautomation wird im laufenden die geothermische Nutzung mit Wärmepumpen für den Gebäudebetrieb zu wenig als kontinuierliches Optimie- Kühl-/Heizbetrieb in Verbindung mit thermischer Bauteil- rungswerkzeug gesehen und genutzt, da häufig geschultes aktivierung unter Berücksichtigung aktueller Lastprofile Personal fehlt. Dadurch werden Energieeinsparmöglichkei- und Wetterdaten bzw. Wetterprognosen. ten nicht oder kaum ausgeschöpft. Gewerkeübergreifender Ansatz Optimierung bereits in der Planungsphase Moderne Gebäudeautomationslösungen sind durch ganz- Eine Verbesserung der heutigen Situation, die für alle heitliche, gewerkeübergreifende Ansätze gekennzeichnet. beteiligten Gruppen (Bauherr/Investor, Architekt, Planer, Offene Bussysteme und Kommunikationsstandards wie Betreiber, Nutzer) zweifelsfrei wünschenswert wäre, muss der Europäische Installationsbus (EIB/KNX) gehören heut- bereits in der Planungsphase von Gebäuden ansetzen und zutage fast selbstverständlich als Standardinfrastruktur fordert sicherlich auch eine Bereitschaft im Umdenken ins Gebäude. Zunehmend werden diese Systeme für über- klassischer Planungsschritte gemäß dem Motto: „Unser geordnete Managementaufgaben in das üblicherweise Kopf ist rund, damit das Denken seine Richtung ändern vorhandene EDV-Netz, basierend auf einem Ethernet kann.“ Folgerichtig sollte so früh wie möglich eine auf TCP/IP-Netzwerk, eingebunden. Gebäudeautomations-, den Gebäudetyp und dessen Nutzung zugeschnittene Büro- und Telekommunikationsnetzwerke wachsen somit Gebäudeautomations- und Informations-Architektur (GIA) immer mehr zu einem integrierten Kommunikationssys- entworfen werden. Je später der Entwurf entsteht, desto tem zusammen. Damit können wichtige Anlagenwerte für teurer und damit unwirtschaftlicher werden Gebäudeau- die Diagnose oder Energieverbrauchswerte zeitnah von tomationslösungen. Nachträgliche, durchaus sinnvolle jedem Ort der Welt an jeden anderen Ort der Welt übertra- und notwendige Investitionen für einen optimierten gen werden. Die Visualisierung von Anlagen und deren Gebäudebetrieb (z. B. Einbau zusätzlicher Energiezähler, aktuelle Prozessdaten auf dynamischen Anlagenbildern zusätzliche Sensoren für die Überwachung oder bedarfs- ist hierbei eine hervorragende Basis, um den Betrieb einer /nutzungsgeführte Regelungsstrategien oder übergeord- Anlage überwachen und energetisch bewerten zu können. nete Gebäudeleittechnik) sind dann in der Regel nicht Zusätzlich lassen sich Aufgaben wie Wartungsmanage- mehr wirtschaftlich umsetzbar. Wird dies jedoch in Form ment oder Material- und Personaleinsatzplanung realisie- eines konsistenten, in sich abgestimmten Gebäudeauto- ren und in die übergeordneten Geschäftsprozesse und das mationskonzeptes bereits in der frühen Gebäudeplanung Facility Management integrieren. berücksichtigt und in den späteren Planungsphasen schrittweise konkretisiert, sind – bezogen auf die gesam- Hindernisse im System beseitigen ten Baukosten – vergleichsweise geringe Mehrinvestitio- Betrachtet man die heutige Situation kritisch, so muss nen erforderlich. Praktische Beispiele zeigen, dass dies man feststellen, dass wir in vielen Anwendungen noch sogar bei einer Integrationsplanung ohne Mehrkosten rea- meilenweit von einer effektiven Nutzung von Gebäudeau- lisiert werden kann. Parallel zum architektonischen 10 puls 01 | 2008
Das Cockpit eines Flugzeugs – ein Beispiel für optimierte Steuerungstechnik. In der Gebäudeautomatisierung wird dieser Stand noch angestrebt: gewerkeübergreifende Lösun- gen garantieren ein ganzheit- liches Gebäudemanagement. Carlos Santa Maria / iStockphoto Gebäudeentwurf sprechen wir hier vom Architekturent- wobei diese Einzelsysteme über eine in die Fassade eben- wurf des umzusetzenden Gebäudeautomations- und falls eingebaute MSR-Technik (Fassadenautomation) opti- Informationssystems (GIS). Dazu empfiehlt es sich, bereits mal aufeinander abgestimmt sind. Der Fassadencontroller in einer frühen Planungs- und Entwurfsphase einen Inte- wiederum ist über standardisierte Bussysteme in die grationsplaner oder technischen Designplaner einzubin- Raum- und Gebäudeautomation eingebunden, sodass eine den, der auch die Lebenszykluskosten eines Gebäudes mit auf die Nutzung und Energieeffizienz abgestimmte berücksichtigt. Betriebsführung ermöglicht wird. Das Fenster beziehungs- weise die Fassade wandelt sich somit zunehmend von Integrierte Gebäudesysteme / Mechatronische Fassaden- einem passiven zu einem aktiven gebäudetechnischen systeme – ein Ausblick Bauelement. Man kann in diesem Zusammenhang auch Ein starker Trend in der Gebäudetechnik ist zurzeit die von einem mechatronischen Fassadensystem sprechen, Entwicklung zu steckerfertigen, integrierten, gebäude- das mechanische, elektromechanische/elektronische und technischen Systemen mit aufeinander abgestimmten informationstechnische Komponenten zu einem neuen, Teilkomponenten und integrierter Mess-, Steuer- und höherwertigen Gesamtsystem verknüpft. Hier haben wir Regeltechnik (MSR-Technik). Ein Beispiel hierfür sind ste- noch spannende Entwicklungen vor uns, die neue inte- ckerfertige Wärmepumpen mit integrierter Hydraulikbau- grierte Gebäudekonzepte ermöglichen. gruppe und MSR-Technik. Diese Entwicklung wird sich künftig auch auf die Gebäudehülle und die Fassadentech- nik ausdehnen. Erste Fassadensysteme dieser Art sind Prof. Dr.-Ing. Martin Becker lehrt an der Hochschule Biberach, Fakultät am Markt verfügbar, die dezentrale Lüftungsgeräte, Son- Architektur und Gebäudeklimatik. Er forscht auf den Gebieten der nenschutzsysteme, Beleuchtungssysteme und sogar die Raum- und Fassadenautomation, der gewerkeübergreifende Gebäude- Energieerzeugung über Photovoltaik-Module beinhalten, automation sowie im Bereich Energie- und Gebäudemanagement. 11
» Praxis Vertikale Stadt Die Welt schaut nach Dubai – umso mehr, seit dort der welthöchste Wolkenkratzer errichtet wird. Noch etwas mehr als ein Jahr trennt den Burj Dubai von seiner Fertigstellung. Das Gebäude gleicht nicht nur hinsichtlich der Nut- zerzahl, sondern auch in Sachen Ressourcen- verbrauch und Installationstechnik einer eige- nen „Stadt in der Stadt“. Von Jakob Schoof Das Aschenputtel am Persischen Golf ist dabei, sich zur Traumprinzessin zu wandeln. Monatelang war die Beton- konstruktion des Burj Dubai wie ein aschgrauer Finger in den Wüstenhimmel gewachsen. Nun werden seit Herbst 2007 die Fassadenpaneele montiert und lassen erahnen, welches Bild die Gigantin in ihrem spiegelnden Stahl-Glas- kleid dereinst abgeben wird. Doch selbst in der hektischen Bau-Betriebsamkeit am Golf mutet der Turm befremdlich an, wie ein Gulliver, der aus einer anderen Welt unter Zwer- ge gefallen ist. Ein gutes Stück westlich der Innenstadt und von der Stadtautobahn landeinwärts gelegen, überragt die Taylor-Bramley / ArabianEye / Agentur Focus halbfertige Struktur alle Bauten im weiteren Umkreis um nahezu das Doppelte. Und das will schon etwas heißen in Dubai, jener Stadt, die inzwischen rund 150 Wolkenkratzer über 100 Meter Höhe ihr eigen nennt. An der isolierten Lage des Burj Dubai soll sich in den kom- menden Jahren einiges ändern: Ringsum ist für rund 20 Milliarden Euro ein neues Stadtviertel, „Downtown Burj Dubai“ geplant, das einen Mix aus Wohnen gehobenen 12
Schon jetzt, also noch ohne Standards, Büros sowie extravaganten Einkaufs- und Frei- senförmige Eingangspavillons vorgelagert sind. Der weit- seine 200 Meter hohe Stahl- zeitangeboten bieten soll. Bleiben soll dagegen, wenn es aus größte Teil des Turms besitzt Y-förmige Grundrisse, spitze, überragt der Burj Dubai die Skyline des Emirats nach dem Bauherrn EMAAR Properties und seinen Archi- deren Flügel nach oben hin sukzessive kürzer werden. Die- deutlich. Im Vordergrund ist tekten Skidmore, Owings & Merrill (SOM) geht, ein anderes se Form besitzt praktische Vorteile: hohe Stabilität bei das künstliche Insel-Archipel Alleinstellungsmerkmal des Turms. Ein für alle Mal soll der geringem Materialeinsatz (auch Urwaldbäume verwenden „The World“ im Rohbauzu- Burj Dubai die Frage beantworten, wer nun der Höchste ist bei ihren Brettwurzeln das gleiche Konstruktionsprinzip), stand zu sehen. auf der Welt: das Taipei 101 mit der höchsten nutzbaren und ein optimales Verhältnis von Fassadenfläche zu Raum- Geschossebene (439 Meter) oder der Sears Tower mit der tiefe. Alle Wohnungen und Büros genießen Panoramablick höchsten Antennenspitze (527 Meter)? Oder doch der CN ins Freie, ohne in das Wohnzimmer des Nachbarn sehen zu Tower in Toronto, der nicht als Hochhaus zählt, aber mit 553 können – oder zu müssen. Metern Antennenhöhe bislang das höchste nicht abge- Doch nicht nur die Blume, auch ein zweites Bild aus dem spannte Bauwerk der Welt ist? Burj Dubai wird sie alle in arabischen Kulturraum drängt sich als Analogie zum Burj den Schatten stellen: Zwar wird die endgültige Bauhöhe Dubai auf: die Zikkurat, der sich nach oben hin verjüngen- offiziell noch immer gehütet wie ein Staatsgeheimnis, de „Turm von Babel“, mit seiner spiralförmig umlaufenden doch die Anzeichen verdichten sich, dass bei rund 820 Erschließungsrampe. Ihr entsprechen beim Burj Dubai ins- Meter „Schluss sein“ wird. Der Burj Dubai wäre damit nach gesamt 25 spiralförmig angeordnete Rücksprünge, die den allen vier Kriterien des Council on Tall Buildings and Urban Turm nach oben hin immer weiter „ausdünnen“. Zudem Habitat (CTBUH) in Chicago das höchste Bauwerk der Welt: wird der vertikale Abstand zwischen den Rücksprüngen Er besäße das höchstgelegene genutzte Stockwerk, die zur Spitze hin sukzessive größer und die Turmsilhouette höchste Dachfläche, die höchste Gebäudestruktur und die damit immer steiler. Auch hier bietet die Form wiederum höchste Antennenspitze. Man könnte ihn mit bloßem Auge funktionale Vorzüge: Die horizontalen Windkräfte finden aus einer Entfernung von fast 100 Kilometern sehen. nirgends eine wirkliche Angriffsfläche; sie werden stets an So stellt sich die Investoren- gesellschaft Nakheel Dubai im den nächsthöheren Rücksprung „weitergereicht“. Jahr 2020 vor. Neben „Palm Wüstenblume mit Brettwurzeln Auf 440.000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche, davon Jumeirah“ und „The World“ Eine sechsblättrige Wüstenblume soll den Architekten 312.000 m2 überirdisch, wird der Burj Dubai drei Hauptnut- sollen bis dahin zwei weitere zufolge Pate für die Grundrissform des Burj Dubai gestan- zungen vereinen: ein „Fünf-Sterne-plus“ Armani Hotel (bis Palmeninseln sowie die halb- mondförmige „Dubai Water- den haben. Sechs radiale Achsen besitzt der Grundriss zur 39. Etage), Luxuswohnungen (Ebenen 43-108) sowie front“ entstanden sein. jedoch nur im Sockelbereich, wo dem Burj Dubai drei lin- Bürogeschosse (Ebenen 112-154). Hinzu kommen: ein unter- Nakheel 15
irdisches Parkhaus für 2500 Autos, die höchste im Freien gelegene Aussichtsplattform der Welt (auf Ebene 124; 440 Meter über dem Straßenniveau), mehrere Ebenen für Kom- munikationstechnik in der Turmspitze sowie vier je dreige- schossige Technikzonen. Sie beginnen oberhalb der Ebenen 38, 72, 108 und 140 und enthalten Einrichtungen für Be- und Entlüftung, Klimatisierung, Elektroverteiler und Pumpen- zentralen sowie die Über- und Unterfahrten der Aufzüge. Rekordwachstum mit Rekord-Beton Schon vor der Fertigstellung besitzt der Burj Dubai seine eigene Fan-Homepage: Unter www.burjdubaiskyscraper. com werden fast täglich Bilder und Neuigkeiten zum Bau- fortschritt veröffentlicht. Und der ist beachtlich: Während der Rohbauarbeiten waren ständig 2000 bis 3000 Bauar- beiter im Drei-Schicht-Betrieb im Einsatz. Das Gebäude wuchs dadurch alle drei bis vier Tage um ein neues Geschoss. Der Rohbau des Burj Dubai besteht aus zwei Teilen: einer 601 Meter hohen Stahlbetonkonstruktion und einer Stahl- spitze, deren genaue Höhe derzeit noch geheimgehalten wird. Insgesamt wurden 230.000 Kubikmetern Beton ver- baut, was einem Würfel von 61 Metern Kantenlänge ent- spräche. Die Stahlbewehrung des Turms würde, anein- andergelegt, um ein Viertel des Erdballs reichen. Verwen- det wurde ein hochfester Beton der Festigkeitsklasse C80. Dieser mit speziellen Chemikalien, insbesondere Betonver- flüssigern, versehene Transportbeton besitzt eine dreimal höhere Druckfestigkeit als Beton mit normaler Festigkeit. Zwei Höchstleistungspumpen beförderten den Beton an seinen Einsatzort an der Turmspitze. Bis dahin war er teils über 20 Minuten unterwegs und musste durch Beimengen von Eis gekühlt werden, um bei Außentemperaturen um 50 Grad noch verarbeitungsfähig zu bleiben. Üblicherweise werden bei Hochhäusern wenige tragende Wände mit großen Wandstärken errichtet und die übrigen Vertikallasten über Punktstützen abgetragen. Dies ist beim Burj Dubai anders: Der Turm entstand als Wabenkonstruk- tion mit vielen spantenartigen Aussteifungswänden und Wandstärken von nur 30 bis 40, im Ausnahmefall 60 Zenti- metern. Dies hatte auch Auswirkungen auf die Schalungs- technik: Im Regelfall ist im Hochhausbau des Verhältnis von Wand- zu Deckenschalung 1:2 oder 1:3. Bei Bau des Burj Dubai war es umgekehrt. Glaskleid mit Sonnenschutzfaktor Ein findiger Kopf hat einmal errechnet, dass die Vorhang- fassade des Burj Dubai so groß sein wird wie 17 Fußballfel- Ronnie Stewart der zusammen. Eine solche Fassadenfläche lässt sich nur wirtschaftlich errichten, wenn die Potenziale der Vorferti- gung und Standardisierung vollständig ausgeschöpft wer- puls 01 | 2008
den. Am Burj Dubai werden insgesamt 21 unterschiedliche Fassadenpaneele in Größen von 1,3 x 3,2 Metern bis 2,25 x 8 Metern verbaut. Die Fassadenpfosten aus Aluminium sind außen mit Edelstahl-Abdeckprofilen verkleidet, die wie Lisenen aus der Fassadenfläche hervortreten und diese ver- tikal gliedern. Für die Fassaden wurde eine Doppel-Isolier- verglasung mit 16 mm Scheibenzwischenraum verwendet. Die äußere Glasscheibe erhielt eine innen liegende Silber- beschichtung, die innere dagegen eine außen liegende Low-E-Beschichtung. Diese Glaskombination lässt 20 % des sichtbaren Lichts, aber nur 16 % der Wärmestrahlung ins Gebäudeinnere passieren. Welchen enormen Witterungs- Ebene 156-158: einflüssen die Fassade standhalten muss, wird aus folgen- Telekommunikationstechnik den Zahlen deutlich: Die Außentemperaturen schwanken Ebene 156: zwischen +2°C und +54°C, die Oberflächentemperatur der Haustechnik Fassade steigt bis auf 82 °C. Hinzu kommen der mit der Ebene 144-154: Höhe zunehmende extreme Winddruck und der an der Bürogeschosse Ebene 141-143: Golfküste ständig zirkulierende Flugsand, der den Fassaden Haustechnik zusetzt wie Scheuerpulver. Gereinigt werden die Fassadenflächen mit Hilfe dreier Ebene 125-140: Außenaufzüge, die in außen liegenden „Garagen“ weit Bürogeschosse oben am Turm geparkt werden. Sie hängen an einem je 45 Ebene 122-124: Meter langen Schwenkarm, der seinerseits auf Schienen Club & Aussichtsebene horizontal verfahrbar ist. Die einmalige Reinigung aller Ebene 112-121: Turmfassaden nimmt auf diese Weise rund drei bis vier Bürogeschosse Monate in Anspruch. Ebene 109-111: Haustechnik Haustechnik der Extraklasse Für die Vertikalerschließung des Burj Dubai adaptierten die Aufzugsplaner ein aus dem Eisenbahnwesen bekanntes Ebene 76-108: Luxuswohnungen Prinzip: Express-Aufzüge bringen die Bewohner und Ange- stellten ohne Zwischenhalt zu Verteilerebenen, so genann- ten „sky lobbies“, oberhalb der Technikzonen. Von dort aus Ebene 73-75: gelangen die Nutzer mit „Nahverkehrs“-Aufzügen in ihre Haustechnik jeweilige Wohn- oder Büroetage. Die Vorteile: Die Express- Aufzüge können auf extrem hohe Geschwindigkeit (bis zu 700 Meter pro Minute) und Kapazität (2 x 21 Personen auf Ebene 43-72: Wohnungen zwei Kabinenebenen) ausgelegt werden. Die Schächte der Lokal-Aufzüge lassen sich dagegen platzsparend übereinan- der stapeln, da jeder von ihnen nur einen Abschnitt des Ebene 69-71: Haustechnik Gebäudes bedient. Insgesamt werden mehr als 50 Aufzüge Ebene 38-39: im Gebäude unterwegs sein. Hierzu zählen auch zwei Ser- Hotelzimmer vice- und Wartungsaufzüge für die Büroebenen. Einer von Ebene 19-37: ihnen fährt vom Erdgeschoss bis ins 138. Geschoss und ist mit Wohnungen mehr als 500 Metern Schachthöhe der höchste Aufzug der Ebene 17-18: Welt. Planerisch bedeuteten diese Aufzüge wegen des Haustechnik „umgekehrten Kamin-Effekts“ eine besondere Herausforde- Ebene 5-16: rung: In gemäßigten Breiten neigt die Luft in hohen Atrien Hotelzimmer oder Lufträumen dazu, sich zu erwärmen und aufzusteigen. Sockel + Untergeschosse: Im subtropischen Klima Dubais ist das Gegenteil der Fall: Lobby, Büros, Läden, Das Gebäudeinnere ist kühler als die Außenluft, was regel- Parkebenen 17
Haider Yousuf / Fotolia.com Florale Formen prägen Dubais Städtebau auch im größten denkbaren Maßstab: Die Palm Jumeirah, hier kurz vor ihrer Fertigstellung, besteht aus rund 200 Millio- nen Kubikmetern künstlich aufgeschüttetem Sand und Steinen. Allein ihr Stamm ist rund fünf Kilometer lang. Hymenocallis, ein Lilienge- wächs, stammt aus dem tro- www.wikipedia.de pischen Mittelamerika. Ihr Blütenaufbau soll für die Grundrissform des Burj Dubai Pate gestanden haben. 18 puls 01 | 2008
Dachaufsicht (oben links) und rechte Fallwinde in den Treppenhäusern und Aufzugs- Der Burj Dubai ist vollständig mit Sprinklern ausgestattet, Geschossgrundriss (oben schächten entstehen lässt. Dem Problem wurde begegnet, für die ein separates Löschwassersystem mit 870 Kubikme- rechts) indem alle Express- und Wartungsaufzüge Vorräume mit tern Speichervermögen vorgesehen wurde. Es soll ausrei- dicht schließenden Türen erhielten. chen, um den unteren Teil des Turms 90 Minuten und den Die Verbrauchszahlen für ein Gebäude von der Größe des oberen Teil 30 Minuten lang vor dem Ausbreiten eines Feu- Burj Dubai sind beeindruckend: Die Wärmeenergie, die dem ers zu schützen. Gebäude zu Spitzenzeiten jeden Tag entzogen werden muss, Die Elektrizitätsversorgung des Hochhauses wurde auf eine würde ausreichen, um 10.000 Tonnen Eis zu schmelzen. Das Spitzenlast von 36 MW ausgelegt. Zum Vergleich: Das größte Kühlwasser für den Gebäudekomplex wird aus zwei nahe Solarkraftwerk der Welt, das derzeit bei Leipzig errichtet gelegenen Kühlkraftwerken bezogen, von denen jedes den wird, liefert mit 400.000 m2 Modulfläche eine Spitzenleis- Burj Dubai im Notfall auch alleine versorgen kann. Im tung von 40 MW. Um diesen hohen Anforderungen gerecht Gebäudesockel sind Wärmetauscher und Pumpstationen zu werden, wird der Burj Dubai als eines der ersten Gebäude untergebracht, die die unterschiedlichen Nutzungszonen mit am Persischen Golf mit 11 kV Hochspannung versorgt. Erst Kühlwasser versorgen: je zwei für die Wohn- und Hotelebe- im Gebäude wird der Strom durch eigene Umspannwerke in nen, einer für die Bürogeschosse und ein weiterer für die 230 Volt Betriebsspannung umgewandelt. 50 gasisolierte Kühlung des Trinkwassers, dessen Temperatur im Sommer Schaltanlagen von ABB steuern den Stromfluss so präzise, bis auf 39 Grad Celsius steigen kann. Die Zuluft für den Turm dass sich Teile des gesamten Hausnetzes zu Wartungszwe- wird in den Technikzonen angesaugt, dort über einen Wär- cken oder zur Fehleranalyse isolieren lassen. Die Geräte eig- metauscher durch die Abluft vorgekühlt und später maschi- nen sich aufgrund ihres extrem geringen Platzbedarfs nell in die einzelnen Etagen weitergeleitet. Regelbare besonders für den Einsatz in Hochhäusern. Antriebssysteme von ABB sorgen dafür, dass Lüftungsanla- Fünf 11 kV-Notstromgeneratoren stellen darüber hinaus im gen, Abluftventilatoren, Pumpen, Entrauchungsventilatoren Notfall die Stromversorgung für Sicherheitssysteme, ausge- und Frischluftgebläse aufeinander und auf das Außenklima wählte Aufzüge, die Druckbelüftung der Treppenhäuser, Ent- abgestimmt arbeiten. rauchungsventilatoren, Pumpen und Notbeleuchtung sicher. 19
» Praxis Lageplan (links). Rund um den Burj Dubai soll in den kommenden Jahren ein eigenes Stadtzentrum entste- hen. Die Größenverhältnisse sind eindrucksvoll: Die bisher in dem Gebiet entstandenen Hochhäuser reichen kaum über den Sockel des welt- höchsten Gebäudes hinaus (rechts). EMAAR Properties Ein Monument des Erdölzeitalters Was wird mit dem Burj Dubai nach seiner Fertigstellung geschehen, wie wird de Welt in 50 der 100 Jahren über ihn Projektbeteiligte denken? Die Geschichte lehrt uns, dass Monumente immer dann im kollektiven Gedächtnis haften geblieben Architekten, Tragwerks- und Haustechnikplanung sind, wenn sie ihrer Zeit in punkto Größe um Längen vor- Skidmore, Owings & Merrill LLP, Chicago, USA aus waren (wie die ägyptischen Pyramiden oder das Em- www.som.com pire State Building) oder sich durch formale Eleganz einen Platz im Herzen der Bevölkerung erobert haben (wie die Bauherr Kathedralen der Gotik oder das Chrysler Building in New EMAAR Properties PJSC, Dubai, VAE York). Der Burj Dubai könnte dereinst zu den Gebäuden www.emaar.com der Welt gehören, denen beides zuteil wurde. Vielleicht wird er aber auch als spätes Monument des Erdölzeitalters Projektmanagement und seines ungebremsten Wachstumsglaubens gelten. Turner Construction International Dass für dieses Bauwerk andere Gesetze gelten als für www.turnerconstruction.com „normale“ Investoren-Immobilien, dürfte klar sein. Im Vordergrund steht nicht die Rentabilität, sondern der öko- Bauausführung nomische und politische Symbolwert. Und dieser soll mög- Samsung/BeSix/Arabtec lichst die Zeit überdauern: Dem obersten Bauleiter Greg Sang zufolge beträgt die avisierte Lebensdauer des Burj Dubai mehr als hundert Jahre. 20 puls 01 | 2008
mach / Fotolia.com
» Praxis Living on Water An der Kieler Förde liegt der Prototyp eines ersten schwimmenden Niedrigenergiehauses. Einem Team aus Architekten, Schiffsbauern und Ingenieuren ist es gelungen, aus moderner Schiffstechnik und ressourcesparender Bauweise einen neuen Haustypus zu entwickeln, der auf minimaler Grundstücksfläche mit freiem Blick aufs Wasser höchsten Wohnkomfortansprüchen gerecht wird. Von Cornelia Krause Am Wasser zu wohnen, galt schon immer als Privileg besonders wohlhabender Bürger. Wer aber auf dem Was- ser wohnt, dem wird eher eine gesellschaftliche Außensei- terrolle zugeordnet. Die verborgenen Uferränder, die heute zum Wohnen und/oder Arbeiten genutzt werden, sind in den seltesten Fällen offiziell genehmigt und in der Regel Provisorien in Form von ausgedienten Binnenschiffen und deshalb schon den entsprechenden Behörden ein Dorn im Auge. Befreit von diesem Negativ-Image bleibt eine her- vorragende Idee zurück: Mit innovativem Gedankengut und neuester Technik lässt sich die im Wasser liegende Uferzone eines Flusses, Sees oder auch verlassenen Hafen- beckens durchaus „gesellschaftsfähig” und städtebaulich sinnvoll bebauen. Wie so oft, entsteht Neues erst aus veränderten wirtschaft- lichen Verhältnissen. Der globalisierte Markt hat auch die Kieler Friedrich-Werft gezwungen, ihr Knowhow nicht allein auf das Kerngeschäft, den Schiffsbau, zu konzentrie- Oliver Heissner ren, um die Überlebensfähigkeit des Unternehmens lang- fristig zu sichern. Noch ist die Idee, schwimmende Häuser zu bauen, eine Nische, die sich aber schnell zu einem 22
» Praxis Der Licht durchflutete Wohn- bereich / Wintergarten mit Blick auf die Kieler Förde. Grundriss und Schnitt des Prototyps Living on Water I Erfolg ausweiten kann. Wo sonst sind die kaum bezahlba- und Haus meistert. Dem künftigen (und zugleich mutigen) ren Wassergrundstücke auf so kleinem Raum heute noch Bauherrn stehen 140 qm Wohnraum mit Außenterrassen zu haben? zur Vergügung, verteilt über drei Ebenen, die in diesem Diese Art der Besiedelung setzt allerdings einen schonen- Fall folgerichtig als Decks bezeichnet werden müssen. Das den Umgang mit der Natur voraus. Dazu gehört die sensi- Hauptdeck ist dem Wohnen vorbehalten mit Küche und ble Ausweisung der Liegeplätze genauso wie die Anwen- einem Wintergarten, der über beide Geschosse reicht. dung regenerativer Energien für die Ver- und Entsorgung Das Sonnendeck dient nicht nur der Entspannung, son- einschließlich der Auswahl der Bau- und Ausbaumateria- dern kann gleichzeitig als Anleger für die eigene Yacht lien. Die Macher von Living on Water sahen in ihrer Aufga- benutzt werden. Im Oberdeck ist Platz für ein Schlafzim- be eben nicht nur eine Verlagerung städtischen Lebens mer und das Bad. vom Land aufs Wasser, sondern betrachteten gerade die Kombination aus Schiff und Wohnhaus als eine besondere Technischer Ausbau Herausforderung, die sich zudem den heutigen Lebensbe- Die Energiegewinnung erfolgt über eine Photovoltaik- dingungen stellen sollte. Anlage auf dem Dach, einem Wärmeaustauscher unter Die Verschmelzung zweier eigenständiger Bauelemente dem Schwimmkörper und einem Holzpelletofen im Win- verursacht Veränderungen in konstruktiver, technischer tergarten. Steuerelemente sorgen dafür, dass die Wärme- und gestalterischer Sicht, die zwangsläufig zu einer neuen regulierung bedarfsgerecht und damit selbst die regenera- Erscheinungsform führt. Die fruchtbare Zusammenarbeit tiven Energien noch wirtschaftlich genutzt werden. zwischen den Betreibern der Werft, Vertretern der Muthe- Zusätzlich unterstützt ein ausgeklügeltes Gebäudesystem sius Kunsthochschule sowie Architekten und Stadtplanern den Wohnkomfort. Vergleichbar mit der Computertechno- hat zu einem Entwurf geführt, der sowohl ästhetisch wie logie eines modernen Schiffes werden Licht, Heizung, Küh- auch technisch den schwierigen Spagat zwischen Schiff lung, Temperatur, Uhrzeit und Steuerungsanzeigen zentral 24 puls 01 | 2008
Stephan Falk
Oliver Heissner Die Bordküche und der Essbereich gehen fließend ineinander über. Ob beim Kochen oder Essen – der freie Blick aufs Wasser ist immer gegeben. von der „Brücke” (hier die Küche) geregelt. Ein LCD-Bild- schirm zeigt im Haupmenü die gesamte Decksstruktur des Schwimmhauses vom Unterdeck bis zum Sonnendeck. Zusätzlich sind alle Funktionen auch per Fernbedienung oder über Bedienelemente vor Ort steuerbar. Das multi- funktionale Anzeige- und Bediengerät übernimmt zudem Vom Controlpanel, ange- die Aufgabe der Meldezentrale, die das Ansprechen von bracht zwischen Eingang und Sicherungseinrichtungen wie Bewegungsmelder oder Küche, lassen sich alle Funk- tionen für das Schwimmhaus Fensterkontakte am Haus sicht- und hörbar signalisiert. aktivieren, wie Licht schalten und dimmen, die Heizung Tragwerk steuern. Ebenso lassen sich Die Basis des Schwimmhauses bildet ein schiffsähnlicher, auch Messwerte oder Alarm- meldungen ablesen. jedoch nicht fahrtüchtiger Stahlschwimmkörper aus acht Millimeter dicken, verschweißten Stahlplatten, in den der dreigeschossige, hausähnliche Aufbau eingestellt ist. Obwohl fest an einem Liegeplatz verankert, wird die Stahl- wanne wie ein Schiff behandelt, das gegen Wellenschlag und Eisdruck geschützt werden muss. Aus diesem Grund sind die Seitenwände des Rumpfes schräg nach außen geneigt. Für den Havariefall sichert ein wasserdichtes Schott die Schwimmfähigkeit. Die erste Ebene wird nahe- 26 puls 01 | 2008
Christian Birr Die Entstehungsphasen des Schwimmhauses: Mit Hilfe eines Krans wird das Untergeschoss in den Stahlschwimmkörper abgesenkt (oben). Die angelieferten Sandwichelemente werden in der Werfthalle montiert (unten). zu von der dauerhaft gegen Korrosion geschützten Stahl- wanne geschluckt. Ähnlich einem konventionellen Unter- geschoss ist auch hier ein wesentlicher Teil der Haustech- Projektbeteiligte nik untergebracht. Den sichtbaren Teil des Hauses Bauherr umschließen großformatige, tragende Holzsandwichele- Living on Water GmbH & Co. KG, Kiel mente mit raumhohen, verglasten Ausschnitten. Ein zwanzig Zentimeter dicker Kern aus Styropor sorgt für den Architekt nötigen Wärmeschutz. Raumseitig sind die hochgedämm- Fischer, Fromm und Partner GbR, Berlin ten Wandbauteile mit Strohmatten und Lehmputz verklei- det sowie mit Flächenheizungen versehen. Well-Alumi- Schiffsbau nium und farbige Faserzementplatten bilden den äußeren Ingo Clausen, Maasholm Fassadenabschluss. Das Zusammenwirken maritimer, architektonischer und Haustechnik gebäudetechnischer Aspekte erschließt auf ästhetischem, HATI GmbH, Berlin ökologischem und technischem Gebiet ganz neue Dimen- Integrierte Produkte: EIB/KNX-System, Control- sionen. Das auf Modulen basierende Zusammenspiel von panel sowie EIB Bedienelemente der Schalterserie Schwimmkörper und flexiblen Aufbauten eröffnet eine carat von Busch-Jaeger Vielzahl von Nutzungsvarianten, die vom Wohn- und Ferienhaus bis zum Büro, Veranstaltungsort oder sogar Innenarchitektur Restaurant reichen können. Die vernetzten Strukturen Dagmar Nordberg, Bissee garantieren dabei hohe Effizienz und Wirtschaftlichkeit. 27
» Visionen Ästhetik der Windkraft Keine erneuerbare Energieform hat in den vergangenen Jahren ähnliche Zuwachsraten erlebt wie die Windkraft. Längst beschäftigen sich auch Architekten mit ihrer Integration in unsere Bauten und Städte. Die „gute alte“ Windturbine mutiert in ihren Entwürfen zum Fortschrittssymbol – oder wird, je nach Zweck und Kontext des Gebäudes, gelegent- lich auch schamhaft versteckt. Gerber Architekten: Energy Tower, Manama, Bahrain Nicht überall auf der Welt lassen sich die Primärenergien Sonne, Wind und Wasser gemeinsam so gut nutzen wie auf der arabischen Halbinsel. Zusätz- lich inspiriert von der Wirkungsweise der dort weit verbreiteten Windtürme, gelang es den Architekten, das erste Null-Primärenergie-Hochhaus zu pla- nen. Der 322 m hohe, taillierte Turm mit seiner in sich gedrehten, gläsernen Fassade wird künftig als Hotel, Wohn- und Bürogebäude genutzt. Für seine Be- und Entlüftung wird das Grundprinzip des Windturmes angewandt, indem die Energie des Windes über dem Gebäude eingefangen und kühlend durch das Innere geleitet wird. Dabei spielt die Doppelfassade eine wichtige Rolle. Unter Ausnutzung der Druckunterschiede, die durch Wind und Ther- mik ständig entstehen, wird dem Gebäude die verbrauchte Luft mit natür- lichen Kräften entzogen. Verstärkt wird die ökologische Kühlung durch einen mit Photovoltaik beschichteten Schild, der mit der Sonne rotiert und nicht nur vor Aufheizung schützt, sondern noch zusätzlich Strom erzeugt. Es liegt Gerber Architekten auf der Hand, dass der Energy Tower nicht nur äußerst sparsam im Ver- brauch ist, sondern auch die Energie erzeugt, die er selbst benötigt, und das ausschließlich aus erneuerbaren Quellen. 28
Zaha Hadid Architects: Forschungsinstitut, RWTH Aachen Am nördlichen Ende des Universitätscampus ist ein neues Institut als Niedrigenergiegebäude geplant. Das stark durch die Bewegungsrichtung einer Bundesstraße gepräg- te Grundstück scheint wie geschaffen für die irakische Architektin, die für ihre großräumlichen architektoni- schen Gesten weltweit bekannt ist. Der skulpturale Ent- wurf erlaubt, selbst technische Parameter so zu integrie- ren, dass sie als solche kaum erkennbar sind. Die stark aus- geprägten, aerodynamischen Sicken im Längsverlauf der mit Faserbeton verkleideten Dachlandschaft modulieren das einfallende Licht und die über das Gebäude strömende Luft. Sieben geräuscharme, in die entstehenden Luftkanäle eingebaute Windturbinen, die von Windspoilern umrahmt sind, begünstigen die Stromerzeugung des Gebäudes. Auf diese Weise werden Ressourcen effektiv für den Innen- raum nutzbar gemacht. Die Struktur und Form des Gebäu- des steht auch hier in direkter Beziehung zu allen sicht- baren und unsichtbaren Strömungen auf dem Areal und seiner Umgebung. Das System aus Stahlkastenträgern und Bindern wird durch die Topografie in eine höhere und eine tiefer gelegene Ebene geteilt. Damit konnte der praktisch und experimentell ausgerichtete Bereich mit vier Labor- einheiten und der Ausstellungshalle optisch vom akade- mischen Zweig getrennt werden. Im Entwurfsprozess wur- Zaha Hadid Architects de früh entschieden, die Nutzer des Gebäudes über einen Fußweg zum Haupteingang im Südwesten zu führen. Der Weg, der als Landschaftspfad bereits existierte, wird bewusst als extrem lange Erschließungsachse inszeniert. 29
Atkins Architects: World Trade Center, Manama, Bahrain Die wie zwei Segel anmutenden Türme des neu- en World Trade Centers werden mit ihren 240 Meter Höhe die Skyline der Stadt Manama ent- scheidend prägen. Auffallend sind die drei ver- bindenden Brücken, an denen jeweils eine Tur- bine installiert ist. Sie werden vom starken Küs- tenwind des persischen Golfs angetrieben. Die auf diese Weise gewonnene Energie deckt bereits 15 Prozent des Gesamtstromverbrauchs der überwiegend für Büros vorgesehenen Tür- me. Da es für diese Kombination aus Bauwerk und Windkraftnutzung noch keine Vergleichs- werte gab, mussten erst technisch aufwändige Versuche und Simulationen zum Schwingungs- verhalten und zur Dimensionierung von Bau- teilen durchgeführt werden, mit dem Ergebnis, dass es heute möglich ist, Turbinen von 29 Metern Durchmesser an einem Gebäude zu befestigen. Den Planern ging es aber nicht allein um Superlative. Mit ökologischem Feingefühl sorgten sie mit einer komplexen Landschaftspla- nung für ausreichende natürliche Verschattung im Sockelbereich der Türme. Die intensive Begrünung verhindert nicht nur die störende Blendung der Glasfassaden, sondern dient gleichzeitig der Aufarbeitung von CO2. visualisation muharraqi-studios, Atkins (r.) puls 01 | 2008
Sie können auch lesen