URBANITÄT MODERNITÄT METROPOLEN - Kulturchannel

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URBANITÄT MODERNITÄT METROPOLEN - Kulturchannel
Bruecke_76_U1_U2                                                                  26.03.2007   8:55 Uhr   Seite 1

 Nr. 76 · April 07 · e 2,91

                                                                                                                                       E
                                                                                                                         DIE BRUCKE
                                                                                                                    kärnten•kunst•kultur
   02Z032603M · Verlagspostamt 9020 Klagenfurt ·Erscheinungsort Klagenfurt

                                                                             DIE BRUECKE ZUM STADT.LABOR

                                                                             URBANITÄT
                                                                             MODERNITÄT
                                                                             METROPOLEN
                                                                             alle kulturtermine im april 2007
                                                                             www.bruecke.ktn.gv.at
   P. b. b. GZ
URBANITÄT MODERNITÄT METROPOLEN - Kulturchannel
Bruecke_76_U1_U2    26.03.2007   8:55 Uhr   Seite 2

                                                                        L
                                                                                                  er Le se r
                                                                        Li eb e Le se ri n, li eb

                                                                        A
                                                                            Ich möchte diesmal das Editorial nützen, um einige
                                                                            Dinge in Sachen DIE BRUECKE zu erläutern: Nun,
                                                                            dass es seit geraumer Zeit Schwerpunkte gibt, ist
                                                                            längst bekannt. Diesmal nähern wir uns dem Thema

                                                                        I
                                                                            Stadt.Labor sowohl aktuell mit dem lokalen Bahn-
                                                                            hofstraßenprojekt, (das „brücken-gemäß“ versucht,
             Raum und Zeit                                                  alle Kulturbereiche zu beinhalten bzw. zur Dar-
                                                                            stellung zu bringen), als auch vermittelt durch an-
       für das Symbol der Liebe –

                                                                        R
                                                                            dere Zugänge oder Ausgänge – wie die neue Serie

                      EHERINgE
                                                                            mit den Stadt.Porträts. Denn es ist uns immer wie-
                                                                            der ein Anliegen, den Blick nach draußen zu richten
                                                                            bzw. kritische Blicke von außerhalb des Landes zuzu-

                                                                        O
                                                                            lassen – dementsprechend finden Sie auch die
                                                                            Rubrik: INNEN.AUSSEN.
       Im Zentrum von Klagenfurt, gleich hinter dem Hotel Moser-
                                                                              Wie bereits im Februar angedeutet, gibt es auch
       Verdino, hat Mitja Einspieler „DIE SCHMUCKWERKSTATT“.
                                                                            für die Erscheinungsweise der Brücke Neuerungen:
                                                                        T
       Durch die besondere Atmosphäre der Werkstatt will Ein-               Aufgrund der Neuerscheinung eines eigenen Kärnt-
       spieler schon das Aussuchen der Trauringe zum schönen                ner Kulturtourismusmagazins, das zweimal im Jahr
       und bewegenden Erlebnis machen. Zeit und Ruhe erlauben               herauskommen soll (einmal im Frühjahr – gleich mit
       eine sehr persönliche Beratung und eine typgerechte                  Blick auf den Kärntner Kultursommer – und einmal
                                                                        I

       Auswahl, auf Wunsch auch die Entwicklung individueller               im Herbst), werden die Ausgaben der Brücke
       Einzelstücke nach den Vorstellungen des Brautpaares.                 reduziert – Sie erhalten darum das neue Produkt frei
       Zentrale Säulen des eleganten Angebotes für den                      Haus geliefert und ein abgespecktes Brückenheft
                                                                            im Mai.
                                                                        D

       wichtigsten Tag des Lebens sind handgemachte Ringe nach
       Entwürfen der eigenen Werkstatt, ergänzt durch edle                    Die Zeit bis zur nächsten regulären Ausgabe im
       Stücke internationaler Schmuckkünstler. Der klassische               Juni wird genützt, um der guten alten Brücke ein
                                                                            wenig ein neues Outfit zu verpassen. So planen wir
       Einspieler-Ehering ist gefertigt aus zwei Metallen.
                                                                        E

                                                                            einen sanften Relaunch, um neue Tendenzen mit
       Entstanden ist dieser Ring, so Mitja Einspieler, bei der Suche
                                                                            auf die Brücke zu nehmen und Sie wie gewohnt auf
       nach dem perfekten Ausdruck für die Verbundenheit eines
                                                                            modernste Weise zur Kultur zu bringen, sozusagen
       Paares. Die zwei Metalle halten fest zusammen, ohne ihre             State of the Art – aber keine Sorge, Sie werden Ihre
       Eigenheit zu verlieren.                                              gewohnte Brücke jedenfalls wiedererkennen bzw.
       Seine Frau Martina und er – im Bild – tragen solche:                 vielleicht auch gar nicht bemerken, dass unser
       Auch bereits verheiratete Paare sind in der Ehering-                 „Frühjahrsputz“ diesmal der äußeren Erscheinungs-
       Werkstatt herzlich willkommen. Denn die Idee des                     form galt ...
       Einspieler-Ringes kann auch nachträglich umgesetzt
       werden. Die Veredelung von Trauringen durch eine zweites             Mit der April-Ausgabe wieder
       Metall ist eine gute Gelegenheit, das Versprechen zu                 viel Vergnügen wünscht
       erneuern.     PR                                                     Ihr bruecken-bauer

                                                                            Günther M. Trauhsnig

          EINSPIELER – Die Schmuckwerkstatt
                   9020 Klagenfurt/Celovec, Renngasse 7
                   Tel. 0463/ 502767, www.einspieler.info
URBANITÄT MODERNITÄT METROPOLEN - Kulturchannel
Bruecke_76_Horizonte        26.03.2007        8:34 Uhr      Seite 3

     Inhalt
     D i e B r ü c k e – k ä r n t e n . k u n s t . k u l t u r · N r. 7 6 , A p r i l 0 7

     4       horizonte
     5       tipp
             Buchwoche zum Welttag des Buches

                                                                                              Foto: Neumüller
     7       da. schau. her
             Fabio Zolly, Veneziana Gas, 1990
     9       denk. mal !
             Südbahngürtel 24, Klagenfurt
     10      aviso/CMA als Baustelle
     11      spuren.suche
             Die Mörder des Tyrannen
             Der Markt- und Versammlungsplatz Agora in Athen                                                                   Labor.Stadt
                                                                                                                               Mit dem Klagenfurter
     12      bühnen.bretter                                                                                                    Ensemble begibt sich
                                                                                                                                                              Infos & KulturPass-Formular beim
             Stadt Labor II                                                                                                    die Bruecke auf
                                                                                                                                                              Portier der Landesregierung,
                                                                                                                               Erkundungstour. Es
             Über „das Lesen“ von Stadt„atmosphären“                                                                                                          bei den Bürgerbüros des Landes-
                                                                                                                               geht darum die Ge-
                                                                                                                               heimnisse entlang der          hauptmannes, in den Bezirks-
     16      spuren.suche                                                                                                                                     hauptmannschaften und in den
                                                                                                                               Klagenfurter Bahnhof-
             Vom Boulevard zur Rambla                                                                                          strasse zu entdecken.          Soma-Märkten bzw. auf
             Expedition (in die) Bahnhofstraße                                                                                              Seite 12          www.kulturchannel.at

     19      buch. musik. tipps
     20      sprung.brett                                                                                                                                     Impressum
                                                                                              Foto: Tin Ujevi´c Lokal/Zakula

                                                                                                                                                              Herausgeber, Medieninhaber und Copyright
             Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm
                                                                                                                                                              sowie Verantwortlicher Redakteur
             Die musikalischen Geschwister Fliedl
                                                                                                                                                              Landeskulturabteilung – Öffentlichkeits-
     21      klang.körper                                                                                                                                     arbeit und Kulturmarketing
                                                                                                                                                              9020 Klagenfurt, Burggasse 8
             Lobgesang auf Bernstein
                                                                                                                                                              Mag. Günther M. Trauhsnig
             Psalmenvertonungen im Klagenfurter Dom
                                                                                                                                                              Tel. 050-536-30 5 38
     22      stories for the exhausted                                                                                                                        Fax: 050-536-30 5 39
                                                                                                                                                              e-mail: guenther.trauhsnig@ktn.gv.at
             Vinyl liegt in der Luft & Love is in the Air                                                                                                     Redaktionelle Mitarbeiter dieser Ausgabe:
     23      innen.aussen                                                                                                      Serien.Stadt                   Silvie Aigner, Horst L. Ebner, Ingrid
                                                                                                                               Eine neue Serie                Freytag, Michael Herzog, Geraldine Klever,
             Stadtporträt.Serie                                                                                                porträtiert die                H. C. Mayer, Carmen Nausner, Leonhard
             Zagreb aus der Sicht eines Insiders                                                                               Besonderheiten euro-           Paries, Mario Rausch, Arnulf Rohsmann,
                                                                                                                               päischer Städte.               Roxanne Rohsmann, Marion Schaschl, Ilse
     24      Zum Phänomen „Stadt.Labor“ in Europa                                                                              Dabei sollen ver-
             Interview mit der Regisseurin und Literatin Christiane Neudecker                                                                                 Schneider, Dieter Schrage, Andreas
                                                                                                                               schiedene Blickwinkel
                                                                                                                                                              Staudinger, Günther M. Trauhsnig,
                                                                                                                               und Insider-Berichte
     26      vorlese.prvo branje                                                                                                                              Gabrielle Visser, Slobodan Zakula
                                                                                                                               ein lebendiges Bild
             Staub aus dem Osten                                                                                               ergeben.                       Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben
             Eine literarische Stadtreise von Martina Wadl                                                                                  Seite 23          die Meinung der Autoren wieder. Die Redak-
                                                                                                                                                              tion behält sich vor, Beiträge bei Bedarf zu
     28      blick.punkt
                                                                                                                                                              kürzen oder zu ändern. Zur Verfügung
             Von Wien über Tokio nach Nötsch und retour                                                                                                       gestelltes Text- oder Bildmaterial wird (wenn
                                                                                              Foto: Brandenburger Tor/phase7

                                                                                                                                                              nicht anders vermerkt) nicht retourniert.
     29      Baumeister Hildebrandt in Wien                                                                                                                   Aboannahme
             Installation von Gudrun Kampl im Oberen Belvedere
                                                                                                                                                              Kulturabteilung des Landes Kärnten,
     30      a t e l i e r. b e s u c h                                                                                                                       Elisabeth Pratneker,
                                                                                                                                                              Telefon 05-0536-30 5 82,
             Zwischen urbanem Stadtraum und Blick auf den Mittagskogel
                                                                                                                                                              Fax 05-0536-30 5 00,
             Die Spuren der Realität in den Bildern von Richard Kaplenig
                                                                                                                                                              e-mail: elisabeth.pratneker@ktn.gv.at
     32      Loft zum Luftholen                                                                                                                               Kulturtermine
             Urbane Künstlerwelt von Eveline Heregger und Claus Appenzeller                                                                                   e-mail: bruecke@ktn.gv.at
                                                                                                                                                              Fax: 050-536-30 5 39
     34      kärnten.art                                                                                                       Literatur.Stadt                Grafik
             Die Maske der Wirklichkeit                                                                                        Die in Berlin lebende          Harald Pliessnig
                                                                                                                               Schriftstellerin               Satz und Lithos
             Heide Maibach und Christof Eder in der Galerie de La Tour
                                                                                                                               Christiane Neudecker           TextDesign GesmbH,
     36      Eine Frau mit Bodenhaftung                                                                                        beschreibt ihre Gedan-
                                                                                                                                                              Tel. (0463) 26 13 72-10
             Gerlinde Tichy leitete die Galerie ihres Mannes                                                                   ken zum StadtLabor.
                                                                                                                                                              Druck
                                                                                                                               Räume werden insze-
                                                                                                                                                              Kärntner Druckerei Tel. (0463) 58 66
     39      Yin-Yang Zentren in Europa                                                                                        niert und Städte
                                                                                                                               verändert.                     Verlagspostamt
             Die Verbindung zwischen dem Jauntal und der Schweiz
                                                                                                                                             Seite 24         9020 Klagenfurt
             lust.auf.kultur                                                                                                                                  Einzelpreis d 2,91
                                                                                                                                                              Abonnement
     40      Kärntner Kulturkalender                                                                                                                          10 Ausgaben d 25,44
     43      Galerien/Ausstellungen                                                                                                                           inkl. KulturCard Kärnten,
                                                                                                                                                              Porto und Versand.
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                                                                                                                                                                                                  K U L T

                                                                                                                               Cover: Bahnhofstraße „gese-
     45      Kino/Filmtipps                                                                                                    hen“ von Ferdinand Neumüller   www.bruecke.ktn.gv.at

                                                                                                                                                                          Die Brücke 76 – April 07              3
URBANITÄT MODERNITÄT METROPOLEN - Kulturchannel
Bruecke_76_Horizonte     26.03.2007   8:34 Uhr    Seite 4

                                                                                                         Hass.Liebe
                                                                                                         Shakespeares Romeo und Julia ist eine
                                                                                                         schier unerschöpfliche Inspirationsquelle
                                                                                                         für alle denkbaren Formen des Theaters.
                                                                                                         Die Neuversion dieser tragischen Liebes-
                                                                                                         geschichte, von Choreograph Bernd
                                                                                                         Liepold-Mosser inszeniert, zeigt den
                                                                                                         Hass, der scheinbar durch Kleinigkeiten
               K l e c z m e r. M u s i k
   E

                                                                                                         zwischen den Kulturen entstehen kann
               Motl, der Sohn des Kantors vom großen jiddischen Schriftsteller Sholem Alejchem, der      und diese trennt, aber auch die Liebe,
   T

               unter anderem auch die Vorlage zum Musical Anatevka lieferte, tut viel Gutes. Am          welche diesen Hass überwinden kann.
               20. April im Parkhotel Villach begibt sich Caroline Koczan mit der Kleczmergruppe gojim   Die Produktion des Slowenischen Kultur-
   N

               (Foto) auf eine szenisch-musikalische Reise, die nicht nur den Charme eines Lebens im     verbandes, die auf Kärnten direkt Bezug
               ostjüdischen Schtetl aufblitzen lässt, sondern auch dem derzeitigen Hauptprojekt des      nimmt, feiert mit Marjan Stikar und Sissi
   O

               Soroptimisten-Clubs dient, der Impfvorsorge gegen Gebärmutterhalskrebs, dem der           Noe in den Hauptrollen am 20. April um
               Reinerlös des Abends zu Gute kommt. Über gojim heißt es: Augen und Ohren gehen            20 Uhr im k&k Zentrum in St. Johann/Ro-
   Z

               einem auf und man möchte mittanzen.          GF                                           sental Premiere.    JM
   I
   R

               S c h w e i z e r. K u n s t
   O

               Gar keinen Käse, sondern sehr viel
               Schweizer Kunst und Kultur können die
   H

               Villacher bis 28. April genießen. Das
               Kunsthaus Sudhaus zeigt die besten
               Schweizer Comic-Kunstwerke, zusam-
               mengestellt von der Kulturstiftung Pro
               Helvetia. Was das Leben zu bieten hat
               zeigt das Theater en gros et en detail in
               einem (Kinder)Stück über Macht und
               Ohnmacht am 13. April (neuebuehne).
               Und am 10. Mai glänzt wieder Peter
               Rinderknecht mit Swiftli spielt den Hard
               Time Blues. Im Café Bernold wird neue
               Literatur aus der Schweiz präsentiert, von
               Daniel Ammann bis Martin Suter. Damit
               wirklich für jeden Besucher einiges
               geboten wird tritt schließlich am
               21. April auch noch die Gruppe Stiller Has
               (Foto) auf – mit Endo Anakonda, einem in
               die CH ausgewanderten Kärntner, der am
               folgenden Vormittag im Gespräch mit
               Bertram K. Steiner aus seiner alten und
               neuen Heimat einiges zu erzählen hat
               (www.stillerhas.ch). Und Schweizer
               Jugendfilme gibt es im Filmstudio Villach
               (siehe Seite 46).    GMT

   4   Die Brücke 76 – April 07
URBANITÄT MODERNITÄT METROPOLEN - Kulturchannel
Bruecke_76_Horizonte    26.03.2007    8:34 Uhr   Seite 5

                                                            Kult.Statt
                                                            Der Nipple Jesus des Londoner
                                                            Kultautors Nick Hornby eröff-
                                                            net das 18. Theaterfestival:
                                                            Spectrum 07 findet unter der
                                                            Leitung von Katrin Ackerl
                                                            Konstatin bis 20. Mai in der
                                                            neuebuehne Villach statt. Der
                                                                                             tipp
                                                            Bühnenmonolog über einen
                                                            Nachtclub-Rausschmeißer,         Welt.Buch.Woche
                                                            der zum Verteidiger und          Ab 23. April (19 h) finden anlässlich des
                                                            Museumswärter eines um-          Weltbuchtages auch in Kärnten zahlrei-
                                                            strittenen Jesus-Kunstwerkes     che Veranstaltungen und Lesungen statt.
                                                            wird, wurde von Hubert           Die Eröffnungsrede hält Josef Winkler.
                                                            Dragaschnig mit viel Witz und    Ein Haus ohne Bücher ist arm, auch wenn
                                                            doch auch sehr viel Wahrheit     schöne Teppiche seinen Boden und kost-
                                                            umgesetzt. Als eines der fünf    bare Tapeten und Bilder seine Wände be-
                                                            besten, außerhalb des üblichen   decken schrieb einst Hermann Hesse.
                                                            Theaterbereichs produzierten     Deshalb wird in Klagenfurt die Wirt-
                                                            Stücke macht dies am 27. April   schaftskammer kurzerhand in eine Lese-
                                                            den Anfang und kämpft, wie       Fakultät umfunktioniert. Bis 27. April
                                                            auch die folgenden vier Pro-     führen Autoren aus unterschiedlichen
                                                            duktionen, um die Stimmen        Bereichen wie etwa Wolfgang Böck und
                                                            der Zuschauer – um den neuen     Günther Schatzdorfer das Publikum
                                                            Spectrum-Theaterpreis 07!        durch kulinarische Landschaften, für
                                                                GT                           verschiedene Altersgruppen (Bild:
                                                                                             Michael Stavaric, der für seinen Roman
                                                                                             Terminifera euphorische Kritiken erhielt,
                                                                                             Sita R. de Jenner Handyberg, Inge
                                                                                             Hermann Das Regentropfenkind, Usch
                                                                                             Luhn Blind, Janja Vidmar Zwei Freunde)
                                                                                             oder widmen sich der wichtigsten
                                                                                             Nebensache der Welt (Robert Kratky und
                                                                                             Daniela Zeller erzählen die ganze Wahr-
                                                                                             heit). Und wer bei den außergewöhn-
                                                                                             lichen Management-Gedanken von Anja
                                                                                             Förster und Peter Kreuz so richtig in
                                                                                             Schwung kommt, der kann sich dann
                                                                                             auch gleich bei Thomas Schäfer-Elmayer
                                                                                             den richtigen Schwung in Sachen Tanz-
                                                                                             schritte und Umgangsformen holen. Und
                                                                                             damit die Bücher nicht verstauben, sollte
                                                                                             man im April auch weitere Lesungen wie
                                                                                             jene im Musil-Institut (zu Robert Musil,
                                                                                             15. April, Ilija Trojanow Der Weltensamm-
                                                                                             ler 17. April, Kevin Vennemann Mara
                                                                                             Kogoj 26. April), Aufgelesenes von Villacher
                                                                                             Schulen bis ins Parkhotel oder Christina
     Kamotes                                      Beatles zum Besten gibt. In der darauf     Jonke in der Galerie Kargl, Millstatt,
     Fingerpicking                                folgenden Woche am 12. April werden im     besuchen.         MM
     Ein kamoter Abend ist am 4. April im         Kamot die Blueswuzln (Foto) mit ihrem
                                                                                             Stars und Sternchen bei der Klagenfurter
     Jazzkeller in Klagenfurt garantiert wenn     gemischten Repertoire aus Rock und         Buchwoche vom 23.-27.April
     Peter Ratzenbeck zur Gitarre greift und      Blues-Standards kräftig in die Saiten      Zum 5. Mal veranstaltet die Fachgruppe Buch-
                                                                                             und Medienwirtschaft der Wirtschaftskammer
     mit unnachahmlichen Fingerpicking            hauen. Mit ihren Eigenkompositionen        Kärnten heuer diese Buchwoche. Das Medium
     seine eigenen liebevoll durchdachten         sowie gerne gehörten Klassikern bringen    Buch wird dabei eine Woche das Klagenfurter
                                                                                             Stadtbild durch Veranstaltungen (Lesungen,
     Songs wie auch Medleys von legendären        sie in jedes Lokal Stimmung und Musik,     Signierstunden, Exkursionen für Schulen)
     Songwritern wie Bob Dylan oder den           die unter die Haut geht.     MH            prägen. www.buchwoche.net.

                                                                                                                   Die Brücke 76 – April 07   5
URBANITÄT MODERNITÄT METROPOLEN - Kulturchannel
Bruecke_76_Horizonte                     26.03.2007     8:35 Uhr     Seite 6

             Foto MMKK/Assam

                               Berlinde De Bruyckere, Schmerzensmann V, 2006

                               Schmerzens.Mann
                               in der Burgkapelle
                               Donald Baechler und blickwechsel im MMKK
                                                                                                                            Grenz.Kultur
                               Die international renommierte belgi-                                                         Die Zukunft Europas als kulturelles Pro-
                               sche Künstlerin Berlinde de Bruyckere                                                        jekt beschreibt Emil Brix auf Einladung
                               (43) bespielt mit ihrem überlebens-                                                          der Österreichisch-Slowenischen Gesell-
                               großen Schmerzensmann den Kunst-                                                             schaft in einem Vortrag am 17. April im
                               raum der Burgkapelle im MMKK (auch                                                           Klagenfurter Landesarchiv. Der Diplomat
                               während der Osterzeit). Der Schmer-                                                          und Historiker beschäftigte sich in zahl-
                               zensmann als ikonografische Figur                                                            reichen Büchern und Artikeln immer
                               reicht bis ins Mittelalter zurück. Das                                                       wieder mit Kulturabkommen verschiede-
                               barocke Ambiente der Burgkapelle                                                             ner Nachbarregionen wie zuletzt auch
                               verleiht der Skulptur eine zusätzliche                                                       jenem zwischen Kärnten und Slowenien.
                               Note, die in ihrer Spannung nahezu                                                           Dabei wird Brix nicht nur aus seinen
                               atemberaubend wirkt. Die Künstlerin                                                          Erfahrungen als Leiter der Kulturpoliti-
                               versteht es, traditionelle sakrale The-                                                      schen Sektion im Außenministerium und
                               men in eine zeitgenössische, oft frag-                                                       stellvertretender Vorsitzender des Insti-
                               mentarische Formensprache höchster                                                           tuts für den Donauraum und Mitteleuro-
                               Eindringlichkeit zu übertragen. Der                                                          pa berichten, es sollen auch Antworten
                               nackte langgliedrige Körper, der so                                                          auf Nachbarschaftsfragen gefunden oder
                               schmerzhaft verformt an der Säule                                                            zumindest diskutiert werden.       JP
                               hängt, erscheint verstümmelt, dünn,
                               bleich, schwach und ausgemergelt.
                               Der qualvolle Tod umgibt diese Figur,
                               die Gewalt, die Angst und der
                               Schmerz ist in der Fragilität und
                               Verletzbarkeit des Körpers überaus
                               deutlich zu spüren.      CW
                               Donald Baechler. Skulptur und Malerei
                               blickwechsel n°3 aus der Sammlung.
                               Kunstankäufe 2005/2006
                               burgkapelle im MMKK: Berlinde de
                               Bruyckere. Der Schmerzensmann
                               bis 20. Mai im Museum Moderner Kunst
                               Kärnten, Burggasse/Domgasse, Klagenfurt

                               Blickwechsel Nr.3 mit
                               Thomas Baumann
                               Hans Bischoffshausen
                               Theres Cassini
                               Julius Deutschbauer/Gerhard Spring                                                           Ü b e r. S c h n e i d u n g e n
                               Josef Dabernig
                               Gisela Erlacher                                                                              Durch die Ausstellung von drei Künst-
                               Gernot Fischer-Kondratovich                                                                  lern, welche die Galerie Judith Walker
                               Martin Gansberger
                               Markus Gansberger                               B r e m e r. K i n d e r                     bereits seit den Anfangstagen in der
                               Stephan Gyurko                                  Vier alte Tiere werden im April von Hans-
                               Caroline Heider
                                                                                                                            kleinen Gartengalerie in Hermagor
                               Gudrun Kampl                                    Jörg Scherr in ein neues musikalisches       begleiteten, sowie einer Malerin im
                               Franco Kappl
                               Manuel Knapp                                    Gewand eingekleidet. Die Bremer Stadt-       spannenden Dialog mit den Dreien
                               Kurt Kocherscheidt                              musikanten treffen sich bei Jeunesse-        öffnet sich auch im 20-jährigen Bestehen
                               Alois Köchl
                               Eric M. Kressnig                                Konzerten für Kinder in Millstatt (18.)      das Tor ins Rosental. Entwicklungen,
                               Alina Kunitsyna
                               Judith Lava
                                                                               und Klagenfurt (21). Unterstützt werden      Leben, Kraft, Vergänglichkeit und die
                               Michaela Math                                   Hahn, Katze, Hund und Esel dieses Mal        Identität des Einzelnen, von Sylvia
                               Michael Mauracher
                               Birgit Pleschberger                             vom Konse-Kammerensemble unter der           Kummer (Bild), Johann Feilacher, Alois
                               Wolfgang Reichmann                              Leitung von Wolfgang Czeipek. Erzählt
                               Verena Resch
                                                                                                                            Riedl und Gustav Januš auf verschiedens-
                               Katarina Schmidl                                wird die Geschichte von den Tieren, die in   te Art und Weise und mit den ihnen
                               Nicole Six & Paul Petritsch
                               Martina Steckholzer                             der Hansestadt Musiker werden und auf        eigenen Mitteln von Holz bis Stein darge-
                               Fritz Steinkellner                              ihrem Weg ins Glück so mancherlei            stellt, stehen im Zentrum der diesjähri-
                               Karin Sulimma
                               Herwig Turk/Günter Stöger                       Tücken und Hindernisse zu bewältigen         gen Frühjahrsausstellung der Galerie –
                               tpow - Karin Sulimma, Mounty Zentara
                               Klaus Dieter Zimmer
                                                                               haben, von Ronald Pries.     FT              ab 22. April.    HM

   6   Die Brücke 76 – April 07
URBANITÄT MODERNITÄT METROPOLEN - Kulturchannel
Bruecke_76_Horizonte     26.03.2007     8:35 Uhr   Seite 7

     K ö r p e r. S t r i c h
     Malen als ständiger Dialog bildet bei Werner Strobl immer auch einen langsamen wie
     auch spielerischen Prozess zur Konstruktion von künstlerischen Bilderwelten. Diese
     spannende Art der Erschließung von Kunst und Körper ist in der Galerie Unart bis
     21. Mai in seiner Ausstellung Körper.Strich zu sehen. Das Körperliche folgt dabei aber
     keinen Bauplänen, es gewinnt die künstlerische Kraft daraus, dass die Malerei ohne
     exakten Ablauf auskommt und das Ende des Prozesses völlig offen und unbekannt
     bleibt. Der gebürtige Innsbrucker, der bei Prof. Arik Brauer und Josef Mikl an der Akade-     da.schau.her
     mie studiert hat, lebt und arbeitet als freischaffender Maler in Wien.     GR
                                                                                                   fabio zolly
                                                                                                   veneziana gas [1990]
                                                                                                   wachsmalstift auf leinwand
                                                                                                   [durchreibetechnik]
                                                                                                   30 cm mal 30 cm

                                                                                                   woraus denn die stadt bestehe und
                                                                                                   wodurch sich städte unterscheiden, fragt
                                                                                                   fabio zolly. ob es die spektakulären objek-
                                                                                                   te seien, der markusdom, oder die über-
                                                                                                   sehenen, die kanaldeckel, die gusseiser-
                                                                                                   nen deckel der städtischen gasversor-
                                                                                                   gung. fussgewetzt und blickgeschont.
                                                                                                   der zielorientierte blick der eilenden, der
                                                                                                   gehetzten, lässt das einfache ding in
                                                                                                   ruhe, und sei es der deckel.
                                                                                                   es offeriert sich dem blick auf die stadt in
                                                                                                   biedermeierlicher nahsicht.
                                                                                                   dem gesenkten blick fällt zu, was der
     B e . w a h r e n / V e r. w e h r e n          Heinrich.Harrer                               waagrechte, der bürgerliche blick miss-
     Rainer Wulz verbindet auch in seiner            Eine interessante Kultur, und heute noch
                                                                                                   achtet. der ignoriert auch, was über ihm
     neuesten Ausstellung Verwahrte Räume,           sehr ursprünglich erhalten, ein Volk mit
                                                                                                   noch zu schauen ist. unter und über
     die bis 28. April in der Galerie im Schloss     viel Freiheitsdrang verbirgt sich hinter
                                                                                                   der achse gibt es zu schauen, was die
     Porcia in Spittal/Drau zu sehen ist, den        diesen Figuren berichtete Heinrich Harrer
                                                                                                   beklemmende normalität des sehens
     Wandlungs- mit dem Elementcharakter.            einst über seine Naga-Sammlung. Holzfi-
                                                                                                   verbirgt.
     Seine Arbeiten aus Holz und Stein verweh-       guren, Masken, Gegenstände aus Holz,
                                                                                                   kein physisches hindernis kann sich
     ren sich dem Zeitlichen. Sie lassen einen       Metall und Knochen sowie Schmuck und
                                                                                                   zwischen objekt und auge schieben. kein
     nicht warten auf etwas, dass sowieso nie        hervorragend gefertigte Textilprodukte
                                                                                                   schau-verbot konnte jemals bremsen.
     eintreffen wird oder kann, sie bilden den       aus Nord-Ostindien, der Herkunftsregion
                                                                                                   dem erkennenden schauen kann erken-
     Gegenpol zur Betriebsamkeit einer kon-          dieses Volkes, zeigt die Sonderausstel-
                                                                                                   nendes sprechen folgen. erst dann sind
     struierten Wirklichkeit. Wulz sucht dabei       lung Die Kunst der Naga ab 1. April im
                                                                                                   sprechverbote durchsetzbar.
     ständig nach der perfekten Verbindung           Heinrich-Harrer-Haus in Hüttenberg.
                                                                                                   erkennendes schauen beginnt im detail.
     des Menschen mit dem ihm zur Verfü-             Damit öffnet zugleich sein Museum die
                                                                                                   rücksichtslos, genau und im kontext.
     gung stehenden Material und öffnet dem          Pforten, die bis 31. Oktober täglich geöff-
                                                                                                   seine folgen sind nicht absehbar.      a.r.
     Besucher verwahrte Räume.          CK           net sind.     GMT

                                                                                                                         Die Brücke 76 – April 07   7
URBANITÄT MODERNITÄT METROPOLEN - Kulturchannel
Bruecke_76_Horizonte     26.03.2007   8:35 Uhr    Seite 8

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               Anflug aufs Drautal
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               Nur wenigen Bands gelingt es ihre Songs
               wirklich live so rüberzubringen, dass ein
   R

               reichhaltiges Emotionsspektrum die
               Menge zum Toben bringt. Jonas Gold-
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               baum tauchten bis jetzt im Meer und
               feierten einige Sternenpartys. Nachdem       Nudel.Fabrik
   H

               sie zuletzt noch am Boden geblieben          Die Aufnahme der Buhštabenzupe mit Hatschek, einem Kärntner Qualitätsprodukt aus
               waren (mit ihrem Debüt: Tower an             der legendären Nudelfabrik in Finkenstein, soll in der Projektreihe 07 Stoffwechsel eben
               Bodenpersonal), scheinen sie jetzt mit       jenen anregen. Die Suppe wird durch die Zweisprachigkeit kräftig gewürzt und durch
               jeder Menge Airplay in FM4 und GoTV          den kulturellen Austausch gut verdaulich gemacht. Denn Kunst soll im 21. Jahr des
               abzuheben. Am 28. April befinden sich        Unikum-Bestehens weiter in neue Räume eindringen dürfen, alltägliche Situationen
               die Österreicher sich im Anflug auf Berg     erfassen und die Abspaltung von Erkenntnis ermöglichen. Nach der Erstausspeisung in
               im Drautal und werden mit ihrer Live-        Müllern können sie alle Feinschmecker am 1. Mai im k&k in St.Johann/Rosental (ab 11 h)
               Performance die q-bar zum Beben              und danach bei zwei weiteren Terminen (20. Juni im Musilhaus und 12. Juli auf der Burg
               bringen.      GMT                            Gmünd) einmal ausprobieren. Infos und Bestellungen: www.unikum.ac.at           GG

               Ta n z . F i e b e r                         Hoch.Zeit                                      Sound.Clash
               Eine atemberaubende Tanzshow im Stile        Nach 25 hektischen gemeinsamen Jahren          Bereits zum 2. Mal veranstaltet die Aktion
               von Stomp oder des Cirque du Soleil zeigt    haben Viktor Gernot, Wolfgang Fifi Piss-       Mutante den Soundclash in Arnoldstein.
               die Broadway Dance Company am                ecker, Florian Scheuba und Werner Sobot-       Das Motto ist auch diesmal wieder ein
               8. April im Stadtsaal Lienz. Profitänzer     ka nun doch beschlossen zu heiraten.           abgewandeltes Bibelzitat Wenn Euch die
               aus den USA, Irland, Russland, Mexiko        Anlässlich ihres aktuellen Programms           bösen Buben locken, so folget ihnen doch –
               und Spanien verbinden dabei die High-        Silberhochzeit führt sie die Hoch.Zeits.Rei-   und zwar am 21. April (zugleich mit der
               lights aus Riverdance und Dirty Dancing      se auch nach Kärnten im April (am 27. ins      Robert-Schöffmann-Finissage) auf die
               mit der irischen Stepptanzproduktion         Congress Center nach Villach und am            Klosterruine. Mit Suicide Inside (Bild),
               der Gegenwart. Dabei werden dem              28. gastiert das doppelte Brautpaar im         einem Nebenprojekt von Ambassador21,
               Besucher ebenso heiße Tango-Rhythmen         Konzerthaus in Klagenfurt). Zwecks ihres       kommt die derzeit bekannteste Industri-
               und Latino-Tänze geboten wie auch            Jubiläums haben die Hektiker ihre Hoch-        al-Noise Band aus dem Baltikum nach
               Interpretationen aus bekannten Broad-        zeitsgäste wie etwa die Wiener Fremden-        Kärnten. Auch das österreichische Projekt
               way-Musicals (Grease, Saturday Night         freunde, den intellektuellen Armin             Furche und die Gruppe Todesstern bieten
               Fever) sowie Stücken aus Tanztheatern        Assinger, den Eigentümer von Erwin Pröll       harte düstere Klänge, befreit von Gitar-
               und Filmen (Moulin Rouge).         MH        oder den Weltpolizisten Ottfried Fischer       ren und herkömmlichen Instrumenten.
                                                            gleich selbst mitgebracht.     MH              Letztere kämpfen auf turntables und
                                                                                                           unter Einsatz verschiedener garstiger
                                                                                                           Samples mit Klang-Bastarden.         GM

   8   Die Brücke 76 – April 07
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                                                                                                   Foto: Klagenfurt, Südbahngürtel 24,          Foto: BDA/Harb
                                                                                                   ehemaliges Verlags- und Druckereigebäude „Volkswille“

                                                                                                   denk.mal
                                                                                                   Klagenfurt, Südbahn-
                                                                                                   gürtel 24, ehemaliges
                                                                                                   Verlags- und Druckerei-
                                                                                                   gebäude „Volkswille“
     Luzi.Prack
     Alles wird anders. Zumindest wenn Martin Puntigam in seinem neuen Programm Luzi-
                                                                                                   Südlich des Klagenfurter Stadtzentrums in
     prack die Gier für sich entdeckt und dafür sogar aufs Land zu seinem Vater zieht. Wer in
                                                                                                   unmittelbarer Nähe des Hauptbahnhofes
     der Stadt bleibt ist selber schuld und deshalb empfiehlt es sich dem, der ihn auf der
                                                                                                   befindet sich das Verlags- und Druckerei-
     Klagenfurter Uni versäumt hat, ihn das Alte Brauhaus in Bleiburg am 24. April zu be-
                                                                                                   gebäude des Kärntner Volksverlages. Mit
     suchen. Und weil der Puntigam neben Berichten über seine streitbaren Nachbarn,
                                                                                                   der Planung beauftragte die Kommunisti-
     Witzen über Hannibal und Karthago auch Kinder traumatisiert, zahlen diese zwar nur
                                                                                                   sche Partei 1949 die Wiener Architektin
     die Hälfte, dürfen aber trotzdem draußen bleiben.      AA
                                                                                                   Margarete Schütte-Lihotzky (1897–2000),
                                                                                                   die einen von den hierzulande üblichen
                                                                                                   Architekturauffassungen abweichenden,
                                                                                                   radikal-puristischen Entwurf ablieferte.
                                                                                                   Die damals 52-jährige Architektin hatte
                                                                                                   bereits ein bewegtes Leben hinter sich:
                                                                                                   Nach dem Studium der Architektur an der
                                                                                                   K. K. Kunstgewerbeschule als erste Frau
                                                                                                   Österreichs den Beruf einer Architektin
                                                                                                   ausübend, hatte sie sich in der ersten
                                                                                                   Hälfte der 1920er Jahre in der Wiener
                                                                                                   Siedlerbewegung für die Wohnbedürfnis-
                                                                                                   se der Arbeiterschaft engagiert und 1926
                                                                                                   am Hochbauamt in Frankfurt/Main die so
                                                                                                   genannte „Frankfurter Küche“, den Proto-
                                                                                                   typ der modernen Einbauküche, ent-
                                                                                                   wickelt. Nachdem sie in den 1930er Jahren
                                                                                                   in der Sowjetunion Kinderbauten und
                                                                                                   Möbel entworfen und nach verschiedenen
                                                                                                   Auslandsaufenthalten in Istanbul an der
                                                                                                   Planung von Erziehungsbauten mitge-
     N e w. M u s e u m                                                                            wirkt hatte, war sie 1940 von der Gestapo
     Ganz ohne Berge und Blumen (Ausstel-           Orto.Fest                                      als Widerstandskämpferin verhaftet und
     lungstitel: No Mountains, No Flowers, bis      Die Orto Bar ist jeden April traditionell      nach Beantragung des Todesurteils zu 15
     21. April – Finissage zugleich 2. Sound-       Zentrum des musikalischen Geschehens           Jahren Zuchthaus verurteilt worden. Ihre
     clash), ohne Schmuck und Zierde, weiht         in Laibach. Das heurige Orto Fest übertrifft   Hoffnung, in Österreich nach 1945 an die
     Robert Schöffmann das neue Museum in           mit einem vielfältigen und attraktiven         im öffentlichen Wohn- und Siedlungsbau
     Arnoldstein ein. Als Vertreter des Realis-     Programm alle Erwartungen. Mehr als 30         erbrachten Leistungen der 1920er Jahre
     mus reduziert Schöffmann in seinen             Bands (!), darunter internationale Acts wie    anzuknüpfen, sollte sich nicht erfüllen:
     Tusche-Zeichnungen den weiblichen Akt          Therapy?, Questions und Cult Of Luna           Wegen ihrer politischen Einstellung blieb
     in fast minimalistischer Manier. Dabei         sowie die Crème de la Crème der sloweni-       Schütte-Lihotzky in der Zeit des Wiederauf-
     achtet er auf das kleinste Detail und seine    schen alternativen aber auch Mainstream-       baus von der Vergabe öffentlicher Aufträge
     Bilder ähneln vielmehr Fotos als Zeich-        Szene, werden im Laufe des Monats in           nahezu ausgeschlossen. Das in einer redu-
     nungen oder Malereien. Die Akribie             einem der besten und originellsten Clubs       zierten Form ausgeführte „Volkswille“-
     seiner Arbeit konzentriert sich vor allem      Laibachs auftreten (Foto: die slowenische      Haus wurde trotz späterer baulicher Ver-
     auf Aktzeichnungen und Bilderbögen, die        Band www.katalena.net). Jeden Tag im           änderungen als signifikantes Beispiel
     von Aktion Mutante an einem ungewöhn-          April gibt es ein Konzert: mehr Infos, Pro-    anonymer Gebrauchsarchitektur unter
     lichen Ort ausgestellt werden.       KK        gramm, Tickets: www.orto-bar.com          SZ   Denkmalschutz gestellt.      G. K.

                                                                                                                             Die Brücke 76 – April 07     9
URBANITÄT MODERNITÄT METROPOLEN - Kulturchannel
Bruecke_76_Horizonte                    26.03.2007   8:35 Uhr    Seite 10

                               A     V     I     S      O

                                                                                                                                                              Fotos: LPD/Bodner
            Fotos: Carlström

                                                                            CMA als Baustelle                       wie z. B. das Beethovenorchester
                               Land Art                                                                             Bonn, der Wiener Concertverein, die
                               Kunst mit Natur zu verbinden setzt           Im Stift Ossiach vernimmt man           Nürnberger Philharmoniker oder das
                               sich der Wettbewerb Land.Art, der in         derzeit die Töne von Baumaschinen       Radio Sinfonieorchester Prag gebo-
                               und rund um Rosegg stattfindet, zum          und nicht von Musikern des Carinthi-    ten. Heuer wird der Musikverein mit
                               Ziel. Natürliche Elemente und Formen         schen Sommers. Auf Hochtouren           einer Jahresförderung von 95.000
                               aus der Umgebung der Drau und der            laufen bereits Generalsanierung und     Euro bedacht. Ebenso unterstützt
                               Keltenwelt sollen nach einer Idee von        Revitalisierung des Stifts für die      wird der Meisterkurs mit Kammer-
                               Gerhild Carlström (Bild: Jahreszeiten-       Errichtung der künftigen Carinthi-      sänger Helmut Wildhaber, der vom
                               Installation) genützt werden, junge          schen Musikakademie (CMA). Davon        Land Kärnten in Zusammenarbeit
                               Künstler zwischen 17 und 25 Jahren zu        machten sich Kulturreferent LH Jörg     mit dem Sängerbund und dem Bil-
                               inspirieren und in ihr Schaffen einflie-     Haider und Kulturamtsleiterin Erika     dungswerk angeboten wird, und vom
                               ßen zu lassen. Acht Finalisten werden        Napetschnig vor Ort ein Bild. Laut      24. April bis 6. Mai in der Musikschule
                               im Juni eingeladen ihre kreativen            LIG-Geschäftsführer Johann Polzer       St. Veit/Glan stattfindet.     KB
                               Gedanken in die Tat umzusetzen. Als          und Architekt Markus Fiegl liegt man
                               Preis winken neben Unterkunft und            bei den Umbauarbeiten im Stift voll
                               Verpflegung je 250 Euro. Die künfti-         im Zeitplan. Mit dem Neubau des         Türkisch
                               gen Standorte und Beispielbilder             multifunktionalen Konzertsaales         Islamischer Verein
                               kann man sich bereits jetzt unter            und einer Mediathek werde im
                               www.roseggonline.at anschauen.               Herbst 2007 begonnen. Ab Jänner         Als Schnittpunkt der Kulturen fun-
                               Die Einreichfrist endet am 20. April.        2009 soll die CMA ihren Vollbetrieb     giert der rund 70 Familien umfassen-
                               Bewerbungsunterlagen: an die Ge-             aufnehmen. Die kulturelle und touris-   de Türkisch Islamische Verein für
                               meinde, Schlossallee 2, 9232 Rosegg.         tische Chance für Ossiach steigert      kulturelle und soziale Zusammenar-
                               Für Rückfragen steht auch Gerhild            sich durch diese Investitionen um ein   beit in Villach-Lind. Die Mitglieder
                               Carlström (Tel. 0664/820 4966) zur           Vielfaches. So soll, laut Kulturrefe-   sehen sich als Kärntner, wollen aber
                               Verfügung.                                   rent, neben dem Carinthischen Som-      gleichzeitig ihre Kultur und Traditio-
                                                                            mer künftig auch im Herbst und im       nen wahren. Zur Sanierung des
                               EM 08                                        Frühjahr die Musikakademie eine         baufälligen Vereinsgebäudes sagte
                               Die Fußball-Europameisterschaft              zentrale Stellung des Kärntner Mu-      LH Haider dem Obmann des Vereins,
                               2008 naht mit großen Schritten und           sikgeschehens einnehmen und mit         Mustafa Simsek, 10.000 Euro zu.
                               deshalb setzt sich auch der Verband          wichtigen kulturellen Veranstaltun-     Damit soll vor allem der Gebetsraum
                               Österreichischer Amateurfotografen-          gen die Tourismusregion rund um         saniert werden, da dieser auch von
                               Vereine (VÖAV) in einem Wettbewerb           den Ossiacher See beleben.       MH     den Mitgliedern der umliegenden
                               mit diesem Thema rund um den Ball                                                    Bezirke genutzt wird.      MB
                               auseinander. Da die Summe von vier
                               einzelnen Fotos bewertet wird, ist es        Musik und Gesang
                               sinnvoll auch diese Menge einzu-
                               reichen. Einsendeschluss ist der             Als ältester Ganzjahres-Konzertan-
                               1. Juli 2007. Teilnahmeformulare             bieter Kärntens engagiert sich der
                               erhält man in der Kärntner Landes-           renommierte Musikverein mit hoch-
                               regierung, Abteilung Kultur, oder            karätigen Konzerten in der Musik-
                               bei Manfred Taschwer unter der               landschaft unseres Bundeslandes. So
                               Tel. 0699/81478616.                          werden immer wieder Höhepunkte

   10   Die Brücke 76 – April 07
Bruecke_76_Innen   26.03.2007   8:36 Uhr   Seite 11

     D i e M ö r d e r d e s Ty r a n n e n
     Agora von Athen: großer Markt- und
     Versammlungsplatz im Herzen der Stadt

     Wer Geschäfte machen, Behörden-            konnte. Als nämlich einige Jahre spä-

                                                                                                                                            E
     gänge erledigen oder einfach nur           ter die Tyrannenherrschaft auf Druck
     wissen wollte, was es Neues gab,           ausländischer Mächte tatsächlich be-

                                                                                                                                            H
     kannte im alten Athen nur ein Ziel:        endet wurde, erinnerten sich die
     die Agora, den großen Markt- und           Athener wieder an Harmódios und

                                                                                                                                            C
     Versammlungsplatz im Herzen der            Aristogeíton und machten sie ein-
     Stadt. Hier drängten sich an Werkta-       fach zu Kämpfern für Freiheit und

                                                                                                                                            U
     gen die Händler und ihre Kundschaft,       Demokratie. Als solche erhielten die
     dies war der Ort öffentlicher Ver-         neuen politischen Heroen ihr Stand-

                                                                                                                                            S
     sammlungen        und     rauschender      bild auf der Agora und galten fortan
     Stadtfeste. An der Westseite des weit-     in der ganzen antiken Welt als Sym-

                                                                                                                                            .
     läufigen Areals lagen zudem einige         bol für den bewaffneten Widerstand
     der wichtigsten athenischen Ämter          gegen jegliche Form staatlicher Will-

                                                                                                                                            N
     und Ministerien, der Sitz der Regie-       kürherrschaft eines Einzelnen.
     rung sowie das Staatsarchiv. Und              Auf die athenischen Tyrannenmör-

                                                                                                                                            E
     hier, am südwestlichen Zugang zur          der berief man sich später sogar im
     Agora, konnte man auch ein Monu-           republikanischen Rom, zumindest bis

                                                                                                                                            R
     ment bewundern, das wie kein ande-         die Verschwörer um Brutus und Cas-
     res die damals herrschenden politi-        sius mit der Ermordung Julius Cäsars

                                                                                                                                            U
     schen Verhältnisse zum Ausdruck            im Jahr 44 v. Chr. ein noch weitaus
     brachte: die Statuen zweier Männer         deutlicheres Zeichen setzten. Die frei-

                                                                                                                                            P
     in heroischer Nacktheit, die mit ihren     heitsliebenden Bürger Athens waren
     Schwertern grimmig nach vorne zu           davon jedenfalls so beeindruckt, dass

                                                                                                                                            S
     stürmen schienen.                          sie nun auch den Cäsarenmördern
       Verdient hatten sich diese beiden        Ehrenstatuen auf ihrer Agora errich-
     Athener namens Harmódios und Ari-          ten ließen. Doch das Schicksal wollte
     stogeíton ihr außergewöhnliches            es, dass Brutus und Cassius, statt die
     Denkmal durch eine Bluttat, die in         römische Republik zu retten, nur de-
     den Augen ihrer Mitbürger entschei-        ren Untergang beschleunigten: aus
     dend zur Entstehung der demokrati-         den durch ihre Tat ausgelösten
     schen Verfassung beigetragen hatte:        Machtkämpfen ging nämlich letzt-
     im Jahr 514 v. Chr. ermordeten sie –       lich doch der Großneffe und testa-
     angeblich aus rein persönlichen            mentarische Erbe Cäsars, Octavian,
     Gründen – den damaligen atheni-            als Sieger und Alleinherrscher hervor;    Die Statue der Tyrannenmörder.
     schen Tyrannen Hípparchos auf offe-        und die längst unter römischer Herr-      Die Ermordung von Julius Cäsar
                                                                                          (Gemälde des italienischen Malers
     ner Straße. Eine ungeheuerliche Tat,       schaft stehenden Athener taten gut
                                                                                          V. Camuccini, 1771-1844).
     die der Bruder und Mitregent des Ge-       daran, die Standbilder der Cäsaren-       Rekonstruktion des „Regierungsviertels”
     töteten umgehend mit dem Tod be-           mörder schleunigst wieder von ihrer       an der Westseite der Agora von Athen.

     strafen ließ. Gerade dieser öffentliche    Agora zu entfernen. Zumindest Har-
     „Märtyrertod“ führte aber dazu, dass       módios und Aristogeíton blieben
     der an sich gar nicht politisch moti-      aber weiterhin an ihrem ange-
     vierte Mord nachträglich zur ersten        stammten Platz und erhoben ihre
     offenen Auflehnung gegen die athe-         Waffen trotzig gegen alte und neue
     nischen Tyrannen verklärt werden           Tyrannen.       Mario Rausch

                                                                                                                 Die Brücke 76 – April 07   11
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                                                                                                                                                   Fotos Stadt.Labor I: Staudinger/Tarmann
  STADT-LABOR. NÄCHTLICHE ERKUNDUNGSTOUR ENTLANG DER KLAGENFURTER BAHNHOFSTRASSE. ein projekt von andreas staudinger und roxanne rohsmann – in
  zusammenarbeit mit dem klagenfurter ensemble und der WIMO am 21. april 2007, von 19.12 h – 22.12 h.     ausgangspunkt: hauptbahnhof klagenfurt
  karten: klagenfurter ensemble (ke)      0463 / 310 300      www.stadt-labor.at

                                                                                                                                                                Fotos Stadt.Labor II: Ferdinand Neumüller
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     S T A D T- L A B O R I I

                                                                                                                                                      R
                                                                                                                                                      E
     über „das lesen“ von stadt„atmosphären“

                                                                                                                                                      T
     „straßen sind die wohnung des kollektivs. das kollektiv ist ein ewig unruhiges, ewig beweg-
     tes wesen, das zwischen häuserwänden so viel erlebt, erfährt, erkennt und ersinnt wie

                                                                                                                                                      T
     individuen im schutze ihrer vier wände.“
     walter benjamin, passagen (1)

                                                                                                                                                      E
     Die Atlanten sind (meist übersehener) Teil der Bahnhofstrasse. Die Installation von Bela Ban (links) und Viktor Rogy bzw. die

                                                                                                                                                      R
     Fleischbankgasse und das schöne alte Haus bei der ehemaligen Liegl-Garage waren „Erkundungsorte“ von Stadt.Labor I im Vorjahr.
     Orte und Straßen luden im Vorjahr zum Lesen und Verweilen ein und bilden Bühnen der Erfahrung unterschiedlicher Reize – so auch heuer!

                                                                                                                                                      B
                                                                                                                                                      .
                                                                                                                                                      N
                                                                                                                                                      E
                                                                                                                                                      N
                                                                                                                                                      H
     die stadt ist nur scheinbar gleichför-           eine stadt, die aus paroxystischen           vielfältige geschichte, die sich in bruch-

                                                                                                                                                      Ü
     mig. sogar ihr name nimmt verschiede-         orten in form von monumentalen re-              stücken von bewegungsbahnen, von
     nen klang in den verschiedenen teilen         liefs besteht. der betrachter kann hier in      alltäglichen ritualen und in räum-

                                                                                                                                                      B
     an. nirgends, es sei denn in träumen, ist     einem universum lesen, das höchste              lichen veränderungen formiert.
     noch ursprünglicher das phänomen              lust hervorruft. dort stehen die archi-            die metapher des lesens von orten,
     der grenze zu erfahren als in städten.        tektonischen figuren der coincidatio            die nicht nur von certeau, sondern
     sie kennen heißt, um jene linien, die         oppositorum geschrieben, die früher in          einer vielzahl von architekten, philoso-
     längs der eisenbahnüberführungen,             mystischen miniaturen und textgewe-             phen, geographen, abenteurern ver-
     quer durch die häuser, innerhalb der          ben entworfen worden sind. auf dieser           wendet wurde und wird, hat aber für
     parks, am ufer des flusses entlang als        bühne aus beton, stahl und glas bilden          das theater (also den performativen
     grenzscheiden verlaufen, wissen; heißt        die größten schriftzeichen der welt eine        umgang mit wirklichkeiten) einen un-
     diese grenzen wie auch die enklaven           gigantische rhetorik des exzesses an            gewöhnlichen reiz. gewohnt als dra-
     der verschiedenen gebiete kennen. als         verschwendung und produktion. (2)               matiker texte zu schreiben, nach de-
     schwelle zieht die grenze über straßen;          mit welcher erotik des wissens, fragt        nen dann orte (bühnenbilder) gebaut
     ein neuer rayon fängt an wie ein              sich certeau dann, könne die ekstase,           werden, erfüllt einen die umkehrung
     schritt in die leere; als sei man auf eine    einen solchen kosmos zu entziffern ver-         des prozesses, nämlich durch die
     tiefe stufe getreten, die man nicht sah.      glichen werden und woher die lust               lektüre eines ortes hin zu sprache und
     (walter benjamin, passagen)                   komme, diesen maßlosesten aller                 bildern zu kommen, die dann wieder-
       EINEN ORT LESEN. von der 110. etage         menschlichen texte zu buchstabieren …           um in einem dialektischen span-
     des world trade centers (welche ironie,       und genau diese frage ist es auch, die          nungsverhältnis zum realen gebäude,
     dass der beobachter gerade dieses ge-         mich immer wieder antreibt, räumli-             zur realen situation stehen, mit einer
     bäude damals ausgesucht hatte!) sehe          che textgewebe aller art in ihrer kom-          unbekannten erregung: eine stadt, ein
     man manhattan auf ganz besondere              plexität lesbar (und dadurch in weite-          haus, einen wald zu lesen wie eine en-
     art, beschreibt michael de certeau            rer folge gestaltbar) zu machen, die            zyklopädie, baum für baum, fenster
     1980 in seiner „kunst des handelns“.          dem gewöhnlichen benutzer eines                 für fenster (noch keinem ist die poesie
     unter dem vom wind aufgewirbelten             ortes entgehen, da er drinnen, inmit-           der fenstergitter aufgefallen, die
     dunst liegt die stadt-insel. (..) eine dü-    ten dieses ortes lebt und längst aufge-         melancholie der kohlenkeller, die trau-
     nung aus vertikalen. für einen mo-            hört hat, mit allen sinnen wahrzuneh-           rigkeit der abfallkübel etc.), die stadt
     ment ist die bewegung durch den an-           men. denn die ortebewohner, die fuß-            als lebendiges, sich immer in bewe-
     blick erstarrt. die gigantische masse         gänger, die wandersmänner des an-               gung befindliches wesen, als ein sich
     wird unter den augen unbeweglich. sie         gelus silesius, die benjamin’schen              permanent veränderndes museum,
     verwandelt sich in ein textgewebe, in         flaneure, deren körper dem mehr oder            als kollektives gedächtnis zu begreifen
     der die extreme des aufwärtsstrebens          weniger deutlichen schriftbild des ort-         und zu nutzen – das ist eine ganz
     und des verfalls zusammenfallen, die          textes folgen, schreiben ihn ja, ohne           neue art der erfahrung!
     brutalen gegensätze von gebäudege-            ihn lesen zu können. ortebewohner                  ich bin jedoch kein historiker, kein
     nerationen und stilen, die kontraste          spielen mit den unsichtbaren räumen,            linguist, kein architekt, kein archäolo-
     zwischen gestern geschaffenen buil-           in denen sie sich blind auskennen, wie          ge, und darum lese ich orte nie nach
     dings, die bereits zu mülleimern ge-          sich die körper der liebenden verste-           ausschließlich wissenschaftlichen kri-
     worden sind, und die heutigen urba-           hen. die netze dieser voranschreiten-           terien, ich gehe den sachen nicht im-
     nen irruptionen, die den raum ver-            den und sich überkreuzenden schriften           mer ganz genau auf den grund und
     sperren.                                      bilden ohne autor oder zuschauer eine           damit auf den leim. vieles erfahre ich

                                                                                                                           Die Brücke 76 – April 07   13
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              dadurch nicht, und das selbst ge- und         certeau einen ort als ein geordnetes         tion) steht, ist für mein befinden ent-
              erfundene und in den text hineingele-         und ordnendes system, das erst durch         scheidend. erst wenn ich sozusagen in
              sene kann vermutlich nicht immer ge-          örtliche praktiken (das gehen, sich be-      die atmosphäre eingetaucht bin, werde
              gen das faktische bestehen. das fakti-        wegen am ort) realisiert wird. und ge-       ich die einzelnen objekte (buchstaben)
              sche dominiert ja heutzutage beinah           nau wie de saussure die langue begreift      des ortes identifizieren und vielleicht
              alles, löscht sehr oft das andere, das,       als etwas, das immer erst in einer praxis    dann auch noch seine mich bestim-
              was vorher da war, aus. und trotzdem          realisiert werden muss, aber nie völlig      menden regeln (grammatik) entschlüs-
              gibt es beim individuellen lesen eines        manifest wird in einzelnen linguisti-        seln und wahrnehmen.
              ortes immer einen ästhetischen mehr-          schen äußerungen, macht er deutlich,           das wort atmosphäre, das wir auch in
              wert. ich misstraue offiziellen les- und      dass – obwohl die straßen von den            der umgangssprache gern verwenden,
              übersetzungsarten und entwickle lie-          stadtplanern geometrisch definiert           spielt im ästhetischen diskurs eine ge-
              ber meine eigenen lese- und dechiffrie-       sind – erst die gehenden sie in einen ort    wisse rolle. allerdings ist seine offen-
              rungsprogramme, die auf sonderbare –          transformierten. auf dieselbe art wie        heit, seine vagheit, nicht dazu angetan,
              dafür aber meine – weise mit den je-          der leseakt werde der raum erst durch        es häufig einzusetzen. fast scheint es,
              weiligen orten verbunden sind …. ein          die praktiken eines bestimmten ortes         als würde es nur dann benützt, wenn
              anderer kann diesen ort ja auch ganz          erzeugt. der akt des gehens ist für das      man damit etwas unbestimmtes,
              anders lesen. es gibt so viele lesebrillen.   urbane system das, was die äußerung          schwer auszudrückendes benennen
                 orte sind wie bücher, jeder kann sie       (der sprechakt) für die sprache oder für     möchte, als sei es nur dazu da, die eige-
              sich auf seine weise einverleiben.            formulierte aussagen ist.                    ne bezeichnungsunfähigkeit zu mas-
              akzeptiert man die lese-metapher als            ATMOSPHÄREN. wie lässt sich dieser         kieren, ja etwas anzudeuten, wovon
              handwerkszeug im umgang mit orten,            durch vielfältige aktivitäten erzeugte       man rational keine rechenschaft able-
              dann muss jeder ort sein bestimmtes           ort nun in der praxis lesen – oder um        gen könne.
              alphabet, seine grammatik und seine           von der sprachmetapher einmal weg-             im gegensatz zur ästhetik verfügt die
              rhetorik haben. der semiotiker ferdi-         zugehen –, wahrnehmen?                       umgangssprache aber offenbar über
              nand de saussure (3) bietet für die             wenn ich einen ort betrete, werde ich      ein reiches vokabular, um atmosphären
              untersuchung von sprachen die unter-          in jedem fall einmal auf eine vorerst        zu charakterisieren, nämlich als heiter,
              scheidung in langue (den komplex von          schwer definierbare art und weise ge-        melancholisch, bedrückend, erhebend,
              regeln und konventionen, die eine spra-       stimmt. das, was man allgemein als           achtunggebietend, einladend, erotisch
              che konstituieren) und parole (die prak-      atmosphäre bezeichnet, also etwas, das       etc. unbestimmt sind atmosphären vor
              tizierte sprache, in der diese regeln aus-    immer auch mit dem lesenden/dem              allem in bezug auf ihren ontologischen
              gedrückt werden) an, eine unterschei-         gehenden zu tun hat, der räumlich be-        status. man weiß nicht recht, soll man
              dung, die auch beim orte-lesen brauch-        stimmte zusammenhang von sachver-            sie den objekten oder umgebungen, von
              bar ist. in diesem sinn betrachtet auch       halten, in denen das situierte (der situa-   denen sie ausgehen, zuschreiben oder

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     Andreas Staudinger, geb. 1956 in scharnstein/oö; studium der germanistik, geschichte und publizistik in salzburg; lebt seit 1980 in
     maria rain. zahlreiche site-specific-performances (topisches theater) im in- und ausland, u.a. (zuletzt): INVISIBLE CITIES (rom,
     new york, stockholm, liverpool, malta); STROMLINIEN (festival der regionen); NIGHTWALKS, NACHTDIENST, STADTLABOR, SCHOOL-EXERCISES.
     uraufgeführte stücke, u.a. (zuletzt): FREMD KÖRPER (schauspielhaus wien); SCHATTEN ROSEN SCHATTEN (stadttheater klagenfurt); NACHT
     WIND (volkstheater, wien); SLOW FLASH (festival for experimental theatre, kairo); CAMERA ECHO (beckett-center, dublin); SEErs
     (festival 20/2, klagenfurt); GIORDANO B KETZER (bregenzer frühling); ZICADA, libretto (KE-theater, klagenfurt); SENSO (teatro
     vascello, rom); SCHLACHTFEST, (bregenzer frühling); DREAMLAND, libretto (kommunale oper villach); URT, (spielboden, dornbirn)
     kindertheaterstücke, u.a. (zuletzt): OLIVER TWIST; PINOCCHIO (musicals, oper graz); TIERASYL BLOMBERG (theater hagen; rheinisches
     landestheater; theater bad homburg); DRACHENWERKSTATT (ke-theater, klagenfurt); JAN MIT DEN FLÜGELN (musik: konstantin wecker;
     schäkspir-festival, linz); preise(u.a.): KÄRNTNER KINDERBUCHPREIS; nominierung für den DEUTSCHEN KINDERTHEATERPREIS; DRAMATIKERSTI-
     PENDIUM des bundes; DRAMATIKERPRÄMIE land oberösterreich 2007

     den subjekten, die sie erfahren. sie schei-    eine völlig neue bedeutung erhalten         auf der suche nach bespielten orten. die
     nen gewissermaßen nebelhaft den                hat, hauptarbeitsfeld des stadtlabors.      entscheidung, an einem ort meditativ
     raum mit einem gefühlston zu erfüllen.         das städtische vakuum, das dadurch          zu verweilen oder von einer perfor-
     dabei wird atmosphäre aber nur dann            entstanden ist – das aber gleichzeitig      mance zur nächsten zu hetzen, vor den
     zum begriff, wenn es einem gelingt, sich       auch ein neuer spielraum für stadtpla-      private rooms, in die manche bewohner
     dem eigentümlichen zwischenstatus              nerische ideen ist – bietet sich für sol-   der bahnhofstraße einladen werden, zu
     von atmosphären zwischen subjekt und           che untersuchungen am lebendigen            warten oder sich lieber dem fluss einer
     objekt rechenschaft zu geben. (4)              stadtleib geradezu an.                      vorwärts drängenden menschengrup-
       dieser schwebende zwischenstatus               mit einem durchkomponierten mix           pe zu überlassen oder alleine loszuren-
     von atmosphären zwischen subjekt               aus performativen mitteln (videopro-        nen – diese entscheidungen müssen
     und objekt ist es aber gerade, was ihn         jektionen, installationen, schauspieleri-   sie selber treffen. für einige stunden
     für eine neue sicht auf das theater und        schen interventionen, konzerten) und        werden sie so teil dieses pulsierenden
     auf orte (ich verwende dafür den aus-          soziologischen methoden (befragung,         stadtkörpers und lesen/formen ihn da-
     druck topisches theater) so ungemein           oral history, sammlung von ortsgebun-       durch temporär entscheidend mit.
     interessant macht. und deshalb ist es          denen daten) wird diese städtische ver-       möglich wird ein projekt dieser grö-
     undenkbar, von einem bequemen                  kehrsader einen abend lang zum              ßenordnung aber nur dadurch, dass
     theatersessel aus einen ort, eine situa-       künstlerischen labor, zu einem feld der     die bewohner ihre orte kostenlos zur
     tion zu betrachten: nur über das gehen,        möglichkeiten. statt um repräsentation      verfügung stellen und die beteiligten
     das sich selbst körperlich in die atmo-        wird es dabei aber um präsenz gehen:        künstler, die aus allen sparten der zeit-
     sphäre eines ortes/den raum hinein be-         um den aktuellen zustand einer tradi-       genössischen kunst kommen (insge-
     geben, ist es, was eine neue qualität          tionsreichen straße und ihr potenzial,      samt werden beinahe hundert men-
     von erkenntnis ermöglicht.                     um das mitwirken von stadtbewoh-            schen aktiv zum gelingen beitragen),
       BAHNHOFSTRASSE. in einen derarti-            nern und hier lebenden und arbeiten-        mit enthusiasmus und dem verzicht
     gen lustvollen wahrnehmungs/lese-              den künstlern, um körperliche               auf hohe gagen daran beteiligt sind –
     prozess von atmosphären wollen die             zustandsaufnahmen, um vorstellun-           auch DIE BRUECKE.
     beteiligten künstler die nächtlichen fla-      gen/utopien von gemeinschaften, um               Andreas Staudinger
     neure und mitgeher entlang der kla-            randgruppen und ränder und vieles
                                                                                                (1) benjamin, walter: passagen. frank-
     genfurter bahnhofstraße am 21. april           andere mehr.                                furt: 1982;
     (von 19 uhr 12 bis 22 uhr 12) involvieren.       ABLAUF. die stadtbewohner/mit-            (2) certeau, michel de: kunst des han-
                                                                                                delns. berlin: 1988;
     nicht zufällig ist das gebiet südlich der      gehenden/suchenden beginnen ihre            (3) de saussure, ferdinand: grundfragen
     city arkaden, durch das sich die bahn-         nächtliche erkundungstour am haupt-         der allgemeinen sprachwissenschaft.
                                                                                                berlin:1967;
     hofstraße zieht, und das durch die er-         bahnhof und bewegen sich dann von           (4) böhme, gernot: atmosphäre. frank-
     richtung dieses mega-einkaufstempels           dort aus die bahnhofstraße entlang –        furt: 1995

                                                                                                                        Die Brücke 76 – April 07   15
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   Die Bahnhofstrasse wurde früher vom offenen Feuerbach durchflossen – mit Brücken (sic!) – und hieß daher                 Alle Bilder mit freundlicher
   Breitebachgasse. Das Gerinne wurde später eingewölbt und verschüttet. Im 16. Jh. Schmidgasse genannt,                    Genehmigung des Kärntner
   heißt sie später obere und untere Kanalgasse. Nach dem Bau der Eisenbahn wurde die Straße im heutigen                    Landesarchivs
   Verlauf ausgebaut und der noch bestehende Stadtwall durchbrochen: hier die Gegend um das Spitra-Haus
   und eine Aufnahme aus dem Jahr 1965.

   „Zur Hälfte ist sie Geschäftsstraße, zur Hälfte ein fast beschaulicher Zubringer zum Verkehrsmittel
   Eisenbahn. Im historischen Abschnitt ist sie Sinnbild für Rastlosigkeit und Kampf um Macht und Geld, im
   neuen Abschnitt strahlt sie feiertägliche Ruhe aus, ist sie Besinnung und Einkehr.” (Anton Kreuzer)

   Vom Boulevard zur Rambla
   Expedition (in die) Bahnhofstraße
   E
   H
   C
   U
   S

               Bahnhofstraßen gibt es weltweit. Goo-           Seitdem Fortbewegung auf Schie-                  Bei meinen Recherchen für das
               gle findet am 11. März 2007 in 0,14 Se-       nen im 19. Jh. möglich wurde, haben              „stadt-labor“ entdecke ich auf einem
   .

               kunden 3.470.000. Auf ihnen bewegen           immer neue Erfindungen das Tempo                 Flohmarkt eine Sammlung histori-
               sich jeden Augenblick unzählige Men-          der Menschen verändert. Netzwerke                scher Ansichtskarten, geordnet nach
   N

               schen dem Ziel entgegen, einen Ort zu         über alle Kontinente hinweg entstan-             Orten. Mit Staunen finde ich unter
               verlassen um einen anderen zu errei-          den mit dem Bau der Eisenbahnen,                 „Klagenfurt“ eine Abteilung „Bahn-
   E

               chen. Sie sind unterwegs als neuzeitli-       dann der Straßensysteme und Flug-                hofstraße“. Sie macht den überwie-
               che Nomaden. Bahnhofstraßen sind              linien. Fahrpläne, Terminkalender                genden Anteil von Fotodokumenten
   R

               Straßen, auf denen die Zielorientie-          und Stechuhren segmentieren seit-                aus, den ich von dieser Stadt ent-
               rung den Blick verengt. Nur selten ma-        her den Fluss der Zeit. Mit der Moto-            decke. Motive aus unterschiedlichen
   U

               chen sich Menschen prozessorientiert          risierung und der Veränderung der                Standorten aufgenommen, Karten,
               auf den Weg, um hier ihre Antennen            Arbeitsbedingungen      und     durch            die geschrieben wurden aus Stolz,
   P

               auszufahren und wahrzunehmen –                Wohnträume, die zur Verhüttelung                 hier gewesen zu sein: einer Straße,
               mit allen Sinnen. Nur kurz werden             von Landschaften und Umweltschä-                 die von prächtigen Bauten mit zahl-
   S

               ihre flüchtigen Blicke abgelenkt durch        den führten, veränderte sich die                 reichen Würdeformeln flankiert ist,
               die Waren in den Auslagen, die meist          Funktion von Bahnhofstraßen. Jetzt               die das Selbstbewusstsein ihrer Bau-
               unter großem Zeitdruck in einer glo-          sind sie nicht mehr Fahrbahnen, die              herren zeigen. Das Leben wirkt bunt:
               balisierten Welt produziert, ihre Lie-        den Menschen aus seinem Mikrokos-                kleine Geschäfte mit Auslagen mit
               besblicke nach dem Betrachter (Walter         mos befreiten, und ihn mit der Welt              Markisenüberdachungen, die Pferde-
               Benjamin) werfen. Noch seltener wird          in Bezug setzten, sondern beliebige,             tramway und dann die Elektrische,
               beachtet und beobachtet, was nicht            ganz gewöhnliche Straßen im                      Menschen auf der Straße, die nicht
               dem Besitzdenken zuzuordnen ist,              Nervensystem des Verkehrs einer                  durch Autos an den Rand gedrängt
               sondern über die gegenwärtige und             Stadt. Die wenigsten Fahrzeuge, die              sind. Ich suche Zeitzeugen und lasse
               vergangene Befindlichkeit einer Ge-           sich darauf bewegen, haben den                   mir erzählen, was es denn war, das
               sellschaft Auskunft gibt.                     Bahnhof als Ziel.                                früheren Generationen gerade hier

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