VERANTWORTUNG FÜR ÖSTERREICH - Bundeskanzler Sebastian Kurz und Vizekanzler Werner Kogler im Interview - GÖD
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◆ Österreichische Post AG – MZ 03Z035300 M – GÖD, Teinfaltstraße 7, 1010 Wien ◆ nicht retournieren Der Öffentliche Dienst aktuell Ausgabe 1 / Februar 2020 € 4,50 VERANTWORTUNG FÜR ÖSTERREICH Bundeskanzler Sebastian Kurz und Vizekanzler Werner Kogler im Interview. +++ 3. DIENSTRECHTSNOVELLE 2019 +++ STATISTIK AUSTRIA +++
Tel. 059 808 | service@oebv.com www.oebv.com Das muss gefeiert werden Wir sind für alle da. Seit 1895 versichern wir das Leben Wir sind exzellent Als österreichischer Versicherungsverein sind wir dem solidarischen Prinzip Danke an unsere Kundinnen verpflichtet. Unsere KundInnen sind gleichzeitig MiteigentümerInnen des und Kunden für ihre Weiter- Unternehmens. Das ermöglicht uns ein nachhaltiges Wirtschaften. empfehlung! Vertrauen auch Sie auf einen österreichischen Spezialisten. Wir bieten individuelle Lösungen für Sie und Ihre Familie. 2 · GÖD 1-20 Meine Versicherung. www.oebv.com
EDITORIAL GESCHÄTZTE KOLLEGINNEN UND KOLLEGEN! NEUES JAHR, NEUE HERAUSFORDERUNGEN Ein erfolgreiches Jahr liegt hinter uns. Neben einem sehr guten Gehaltsabschluss konnten wir 2019 für unsere Kolleginnen und Kollegen wieder zahlreiche Verbesserungen erreichen. Vor und während der Weihnachtsfeiertage fanden Regierungsverhandlungen statt, die positiv abgeschlossen werden konnten. Die neue Regierung startete unter dem Titel „Aus Verantwortung für Österreich“ mit einem durchaus ambitionierten Programm. Was kommt konkret auf den Öffentlichen Dienst zu? Von einer Modernisierung „in enger Kooperation mit den öffentlich Bediensteten“ ist wörtlich die Rede. Sie soll die „hohe Qualität der erbrachten Leistungen“ auch in Zukunft sicherstellen. So weit, so positiv. Ebenso begrüßenswert sind die geplante Modernisierung des Dienst- und Besoldungsrechts, die vorgesehene Entlastung der Gerichte oder Verbesserungen in den Bereichen Justizverwaltung, Justizwache, Polizei oder Bundesheer, um nur einige zu nennen. Erfreulicherweise wurden viele unserer Forderungen übernommen, wie insbesondere die Berücksichtigung der bevorstehenden Pensionierungswelle beziehungsweise der Altersstruktur im Bundesdienst in Form einer „demografiesensiblen Personalpolitik zur Gewährleistung des notwendigen Wissenstransfers“ oder die „aufgabenorientierte Sicherstellung von ausreichend Personal- und Sachressourcen“. Summa summarum enthält das Regierungsprogramm viele positive Ansätze für den Öffentlichen Dienst. Gemeinsam – das heißt im Schulterschluss mit Expertinnen und Experten aus dem Öffentlichen Dienst sowie Gewerkschaft und Personalvertretung – wird eine erfolgreiche Umsetzung der geplanten Maßnahmen zu bewältigen sein. GUTES ERGEBNIS Ein sehr gutes Zeugnis stellte ein kürzlich publizierter IMAS-Report dem Öffentlichen Dienst aus. Aus der Studie geht hervor, dass sich Österreichs Bevölkerung der großen Bedeutung des Öffentlichen Dienstes für die hohe Lebensqualität in Österreich durchaus bewusst ist. Öffentlich Bedienstete werden als verantwortungsvoll, hilfsbereit und verlässlich wahrgenommen, die steigende Belastung – verursacht durch Personalmangel, aggressives Verhalten gegen Bedienstete oder die hohe Komplexität in Gesetzen und Richtlinien – wurde als große Herausforderung identifiziert. Genau dieses Bewusstsein braucht es, um die schwieriger werdenden Rahmenbedingungen im Öffentlichen Dienst zu verbessern und damit die Lebensqualität in unserem Land auch weiterhin auf höchstem Niveau halten zu können. FOLLOW US! NORBERT SCHNEDL Vorsitzender 3 · GÖD 1-20
KOLUMNE������������������������������������������������������������������ 17 GÖD-CARD ��������������������������������������������������������������� 33 RECHT �������������������������������������������������������������������������� 34 STARK. WEIBLICH���������������������������������������������� 40 BVAEB �������������������������������������������������������������������������� 41 BV 22 PENSIONISTEN������������������������������������ 42 GÖD-HOTELS �������������������������������������������������������� 46 BV 2 WIRTSCHAFTSVERWALTUNG ���� 48 PANORAMA�������������������������������������������������������������� 50 6 Die GÖD-Leistungen Titelgeschichte Gehaltserhöhung 2020 FOTOS: KHM-MUSEUMSVERBAND, ANDREAS RIEDMANN, ANDI BRUCKNER, ROLAND SCHLAGER, RONALD ZAK (COVERFOTO) / APA / PICTUREDESK.COM für rund 527.000 Aus Verantwortung öffentlich Bedienstete von für Österreich 3,05 bis 2,25 Prozent Eine detaillierte Analyse des Regierungs programms im Hinblick auf den Öffentlichen Dienst. Im Interview mit „GÖD aktuell“ dazu Bundeskanzler Sebastian Kurz, Vizekanzler und Bundesminister für Öffentlichen Dienst und Sport, Werner Kogler, sowie Bundesministerin für Landesverteidigung Klaudia Tanner. Impressum „GÖD – Der öffentliche Dienst aktuell“ ist das Mitgliedermagazin der Gewerkschaft Öffent OFFENLEGUNG GEMÄSS MEDIENGESETZ § 25 licher Dienst und erscheint im 75. Jahrgang. H erausgeber: Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, GÖD Wirtschaftsbetriebe GmbH, A-1010 Wien, Teinfalt Dr. Norbert Schnedl. Medieninhaber: GÖD Wirtschaftsbetriebe GmbH, A-1010 Wien, Teinfalt straße 7. Unternehmens gegenstand: Führung der straße 7. Chefredakteur: Otto Aiglsperger, A-1010 Wien, Teinfaltstraße 7, Tel.: 01/534 54, wirtschaftlichen Tätigkeiten, insbesondere der Wirt- Internet: www.goed.at, E-Mail: presse@goed.at. Konzeption, Redaktion und Grafik: Modern schaftsbetriebe der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst. Times Me dia Verlags gesmbH, A-1030 Wien, Lagergasse 6. Verlags leitung: Dr. Michaela Geschäftsführung: Otto Aiglsperger. Einziger Gesellschaf- Baumgartner. Chefin vom Dienst: Mag. Laura Ari, Art-Direktion: Thomas Frik. Grafik: Marion ter: Bildungs- und Presseverein der Gewerkschaft Öffent- Leodolter. Hersteller: Druckerei Berger, A-3580 Horn, Wiener Straße 80. Verlagsort: Wien. licher Dienst. Sitz: Wien. Betriebsgegenstand: Herstellung Herstellungsort: Horn. DVR-Nr.: 0046655. Namentlich gekennzeichnete Beiträge stellen die und Verarbeitung sowie Verlag literarischer W erke aller Meinung der Autorin bzw. des Autors dar, die sich nicht mit der Meinung der GÖD decken Art. Die Blattlinie entspricht jenen Grundsätzen, die in muss. Das GÖD-Magazin ist Teil der APA DeFacto-Medien- und Fachdatenbank. Die Artikel den Statuten des Österreichischen Gewerkschafts sind digital im APA Medienarchiv mit derzeit mehr als 900 Medien und rund bundes und der Geschäftsordnung der Gewerkschaft 140 Millionen Dokumenten für JournalistInnen, ManagerInnen, PolitikerIn- Öffentlicher Dienst (Fassung gemäß Beschluss durch den nen und ExpertInnen abrufbar. 17. Bundeskongress der GÖD) festgehalten sind. 4 · GÖD 1-20
REPORTAGE18 Objektive Informationsmanager In Zeiten von Fake News sind fundierte Zahlen und Fakten wichtiger denn je. In Österreich steht die Statistik Austria als neutrale Institution zur Verfügung. IM FOKUS 22 Laut. Mutig. Solidarisch. Am 30. November 2019 tagte der 36. Bundesjugendkongress des ÖGB. Die Junge GÖD berichtet. SPITZENLEISTUNG 24 Historisches Gedächtnis Ein Lokalaugenschein im Langzeitgedächtnis Österreichs, 30 dem Staatsarchiv. AKTUELL 30 20 Jahre KHM-Kollektivvertrag Ein Rückblick auf die Entwicklung eines gewerkschaftlichen Erfolgs – der Kollektivvertrag für die MitarbeiterInnen des Kunsthistorischen Museums. 24 18 Haben sich Name oder Adresse geändert? Auf der GÖD-Website www.goed.at im Mitgliederbereich bitte unter „Daten ändern“ die zu ändernden Daten bekanntgeben. Gerne nimmt auch die GÖD-Mitgliederverwaltung die Änderungen vor. Bitte entweder telefonisch unter 01/534 54 DW 139 oder per E-Mail an: mitgliederverwaltung@goed.at 5 · GÖD 1-20
TITEL GESCHICHTE AUS VERANTWORTUNG FÜR ÖSTERREICH Die wichtigsten Punkte des Regierungsprogramms für den Öffentlichen Dienst. Angelobung der neuen Bundes regierung am 7. Jänner 2020 im Maria-Theresien-Zimmer der Präsidentschaftskanzlei durch Bundespräsident Dr. Alexander Van der Bellen. 6 · GÖD 1-20
D ie Worte „Überprüfung“, „Prüfung“, „prü- grundsätzlich für positiv, wenn statt politischer fen“ etc. findet man rund 300-mal im neu- Schnellschüsse Dinge vor politischen Entschei- en 326-seitigen Regierungsprogramm, dungen überprüft und evaluiert werden. Ich „Evaluierung“, „evaluieren“ etc. rund 150-mal. kenne leider einige sogenannte Vordenker, die Das wurde in den Medien teilweise kritisiert und vor dem Sprechen mehr nachdenken sollten … damit erklärt, dass sich die so unterschiedlichen Hier möchte ich meinen Blick auf die wichtigsten Verhandlungspartner oftmals nicht auf Maßnah- Punkte im Regierungsprogramm richten, die den men einigen konnten. Ich persönlich halte es Öffentlichen Dienst betreffen. „Verwaltung in die Zukunft führen“ FOTO: HANS KLAUS TECHT / APA / PICTUREDESK.COM Unter dieser Überschrift liest man, abgesehen von der „Einrichtung einer interministeriellen Arbeits- gruppe, die Deregulierungspotentiale erhebt und für die Umsetzung verantwortlich ist“, von der „Einführung einer Bürokratiebremse“ und einer Evaluierung der „Informations-, Melde- und Aus- hangpflichten“ mit dem Ziel, sie zu reduzieren.1 Shared Services vor allem im Bereich IT, Beteili- gungs-, Gebäude-, Fördermanagement etc. sollen weiter ausgebaut werden, gepaart mit einer wei- teren „Bündelung und Koordinierung“ des opera- tiven Personaleinsatzes. Eine Entlastung der Gerichte soll unter anderem dadurch erreicht werden, dass bei einer Säumnis beschwerde der säumigen Verwal- tungsbehörde eine Nachfrist zur Entscheidung gesetzt wird, bevor die Entscheidungspflicht an das Verwal- tungsgericht übergeht.2 Im Öffentlichen Dienst will man die „Modernisierung des Dienstrechts“ fortsetzen „mit dem Ziel eines ein- heitlichen, modernen und durchläs- sigen Dienstrechts für alle neu ein- Mag. Dr. Eckehard tretenden Bediensteten in Bund und Quin: Der Autor ist Präsidiumsmitglied in allen Ländern“3. Ich persönlich und Leiter des Be habe es immer für einen schweren reichs Dienstrecht Fehler gehalten, vom Harmonisie- und Kollektivverträge rungsgebot abzugehen, weshalb ich in der GÖD. diese Zielsetzung sehr begrüße. Al- lerdings gehört die Harmonisierung von Bundes- und Landesrecht wohl zu den Vorha- ben im Regierungsprogramm, deren Umsetzung ich nicht mehr erleben werde. Bereits im Öster- reich-Konvent, der vom Juni 2003 bis Jänner 2005 über Vorschläge für eine grundlegende Staats- und Verfassungsreform beriet, kam seitens des 1 Aus Verantwortung für Öster- 2 Regierungsprogramm, S. 15. reich. Regierungsprogramm 2020–2024 (Jänner 2020), S. 14. 3 A. a. O. 7 · GÖD 1-20
TITEL GESCHICHTE Bundeskanzler Sebastian Kurz mit seinem Regierungsteam, das erste mehrheitlich weibliche in der Geschichte Österreichs. Bundes die Forderung, das Dienstrecht wieder zu im Rahmen des Beamten-Dienstrechtsgesetzes“ harmonisieren, was aber schon damals von Län- Berücksichtigung finden sollen. Grundaus- und der- und GemeindevertreterInnen sehr kritisch Weiterbildung im Öffentlichen Dienst sollen wei- gesehen wurde, weil die Länder und Gemeinden terentwickelt und intensiviert werden.5 „unterschiedliche und sehr fortschrittliche Wege Eigens erwähnt wird in diesem Zusammenhang gegangen sind. Eine ‚Reharmonisierung‘ würde die „Evaluierung und Prüfung des Lehrerdienst- daher einen Rückschritt bedeuten“4. Als gelern- rechts [sic!]“6. Ob das als gefährliche Drohung ter Österreicher kenne ich die Umsetzungschan- oder begrüßenswerter Wille zur Beseitigung der ce von Maßnahmen, die auf den geballten Wider- enormen Schwächen vor allem im neuen Lehrer- stand von Ländern und Gemeinden treffen. dienstrecht verstanden werden muss, wird wohl Weitere aus meiner Sicht positive Vorhaben im erst die Zukunft zeigen. Angekündigt wird auch Bereich des Dienst- und Besoldungsrechts sind die „Bereitstellung von Supportpersonal“. Admi- die Einführung abgeflachter Gehaltskurven, also nistratives und psychosoziales Unterstützungs- höherer Einstiegsbezüge bei gleichbleibendem personal sollen „bedarfsgerecht“ aufgestockt Lebenseinkommen, eine bessere Durchlässigkeit werden, „damit sich Pädagoginnen und Pädago- zwischen den Gebietskörperschaften und zur Pri- gen auf bestmöglichen Unterricht konzentrieren vatwirtschaft oder die „Prüfung eines Modelles können“7. „Kinder mit speziellem Förderbedarf für die Altersteilzeit für Beamtinnen und Beamte“. bzw. Behinderungen werden bestmöglich in den Auch offiziell hat man erkannt, dass die „ad- Regelunterricht einbezogen und qualitativ hoch- FOTO: ROBERT JAEGER / APA / PICTUREDESK.COM äquate Miteinbeziehung der bevorstehenden wertige (Sonder-)Pädagogik wird sichergestellt, Pensionierungswelle und damit der Altersstruk- wo immer sie nötig ist.“8 Angekündigt werden tur im Bundesdienst in strategische Planungen“ auch eine „Flexibilisierungsmöglichkeit der Ar- dringend geboten ist, was unter anderem durch beitszeit für Lehrerinnen und Lehrer auf freiwil- eine „demografiesensible Personalpolitik zur Ge- liger Basis“ sowie die „Erarbeitung eines Jahres- währleistung des notwendigen Wissenstransfers“ arbeitszeitmodells für Erzieherinnen und Erzieher umgesetzt werden soll. Vorgesehen ist weiters die zur Ermöglichung der Ferienbetreuung“9. „Schaffung einer einheitlichen Basis des Dienst- Eine Art Personalpool wird in Aussicht gestellt, rechts für vertragliche wie auch öffentlich-recht- konkret die „Schaffung von Rahmenbedingungen liche Dienstverhältnisse“, wobei „Berufsspezifika für die (temporäre) Verfügbarkeit von projektbe- 8 · GÖD 1-20
zogenen Spezialistinnen und Spezialisten (IT, Der wirklich hohe Verwaltungsaufwand entsteht Technik, Wirtschaft etc.)“. Die Vorfälle der jünge- durch die – inhaltlich natürlich sinnvolle – Ein- ren Vergangenheit bewegen die Dienstgeberseite schränkung dieses Informationsrechts, „soweit auch dazu, sich zu einer „umfassende[n] Gewähr- und solange die Geheimhaltung erforderlich und leistung der Sicherheit der öffentlich Bedienste- verhältnismäßig ist: ten im Rahmen der Ausübung ihrer Tätigkeit“ zu • aufgrund der Vertraulichkeit personenbezoge- bekennen.10 Die „bessere Ausstattung von öster- ner Daten im Sinne der DSGVO, reichischen Vertretungsbehörden in besonders • aufgrund außen- und integrationspolitischer gefährdeten Krisenregionen“ steht ebenfalls auf Gründe, dem Programm.11 • im Interesse der nationalen Sicherheit, der um- Besonders erfreulich wäre die Umsetzung fol- fassenden Landesverteidigung oder der Auf- gender Ankündigung: „aufgabenorientierte Si- rechterhaltung der öffentlichen Ordnung und cherstellung von ausreichend Personal- und Sicherheit, Sachressourcen“12. Die Leistungen des Öffentli- • zur Vorbereitung einer behördlichen Entschei- chen Dienstes sollen mehr ins Bewusstsein ge- dung, rückt werden – nach dem Motto: „Wer sind wir, • sofern ein erheblicher wirtschaftlicher oder was macht der Staat, wofür wird unser Steuergeld finanzieller Schaden einer Gebietskörperschaft verwendet“. Dafür soll ein Projekt beim BMÖDS […] droht […], „unter Einbindung aller Ressorts und der GÖD“ • wegen der Vertraulichkeit von Beratungen von eingerichtet werden.13 Behörden, sofern eine derartige Vertraulichkeit Äußerst vernünftig ist die „Prüfung der Zweckmä- gesetzlich vorgesehen ist, ßigkeit von ausgelagerten Stellen“. Insbesondere • zum Schutz laufender Ermittlungs-, Gerichts- wird auch die „Schaffung klarer Zielvorgaben für und Disziplinarverfahren“16. ausgegliederte Rechtsträger durch die öffentliche In der Praxis bedeutet das wohl in vielen Fällen Hand“ ebenso angekündigt wie eine Kosten-Nut- die genaue Durchsicht der Dokumente, verbun- zen-Analyse und eine „eingehende Prüfung der den mit der Schwärzung von Passagen. budgetären Auswirkungen“14. Die Übermittlung der angeforderten Informatio- nen bzw. Dokumente hat „unverzüglich, jeden- „Informationsfreiheit“ falls binnen 4 Wochen“ zu erfolgen, „in begrün- Die geplanten Maßnahmen sind aus staatsbür- deten Fällen ist die Frist auf insgesamt 8 Wochen gerlicher Sicht zu begrüßen, werden aber einen zu verlängern“17. hohen zusätzlichen Verwaltungsaufwand her- vorrufen. Geplant sind die „Abschaffung des „Justizverwaltung“ Amtsgeheimnisses / der Amtsverschwiegenheit“ Erfreulich ist das Bekenntnis zur „Ausstattung und ein „einklagbares Recht auf Informationsfrei- der Justiz mit erforderlichen Ressourcen, um heit“, das sich unter anderem an „die Organe der Verfahren rasch und qualitätsvoll durchführen zu Gesetzgebung“, „die mit der Besorgung von Ge- können, nicht nur zur Aufrechterhaltung des Be- schäften der Bundesverwaltung und der Landes- triebs, sondern auch zur Verbesserung und für an- verwaltung betrauten Organe“ und die „Organe stehende Reformen“18. Zum „zügigen Abbau der der Justizverwaltung“ richtet. Beinhaltet ist das anhängigen Verfahren im Bereich der Asyl- und gebührenfreie „Recht auf Zugang zu Informatio- Fremdenverfahren“ werden „mehr wissenschaft- nen (unabhängig von der Form der Speicherung) liche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ sowie die einschließlich Zugang zu (bereits angelegten) „Prüfung zusätzlicher Planstellen“ angekündigt.19 Dokumenten“15. Auch im Bereich des Strafvollzugs soll der exeku- 4 Ulrike Schebach-Huemer, 7 Regierungsprogramm, S. 236 und 11 Regierungsprogramm, S. 186. 16 Regierungsprogramm, S. 20. Österreich-Konvent – Position des S. 294. 12 Regierungsprogramm, S. 16. 17 A. a. O. Österreichischen Städtebundes (2004), S. 20. 8 Regierungsprogramm, S. 278f. 13 A. a. O. 18 Regierungsprogramm, S. 27. 5 Regierungsprogramm, S. 15f. 9 Regierungsprogramm, S. 295. 14 Regierungsprogramm, S. 16f. 19 Siehe dazu auch Regierungs 6 Regierungsprogramm, S. 16. 10 Regierungsprogramm, S. 16. 15 Regierungsprogramm, S. 19f. programm, S. 197. 9 · GÖD 1-20
TITEL GESCHICHTE tive und nichtexekutive Personalstand „nachhal- Der „Ausbau der Projekte Videodolmetsch und tig“ gesichert werden. Die „behördeneigene Ex- Telemedizin (zur Senkung der Ausführungen zur pertenstruktur, insbesondere im strafrechtlichen Behandlung)“ soll den Arbeitsdruck auf die Be- Ermittlungsverfahren“ soll weiter ausgebaut und diensteten senken. Weiters werden „bedarfsge- auch die Datenschutzbehörde mit „ausreichen- rechte Ressourcen für Justizwachebeamte und den Ressourcen“ versehen werden. Weiters findet Attraktivierung des Berufsbildes“, „bedarfsge- man ein klares „Bekenntnis zum Erhalt der der rechte Ressourcen für psychologische, psychiatri- zeitigen Gerichtsstruktur“20. sche und sozialarbeiterische Betreuung“ und die Mittelfristig werden die „Digitalisierung der Ak- „Neubewertung von Karrierewegen für Justizwa- tenführung“ und der „Einsatz von künstlicher chebeamte in Justizanstalten“ angekündigt.25 Intelligenz zur Unterstützung gerichtlicher Ent- scheidungen durch automatisierte Literatur „Gute Rahmenbedingungen für eine recherche und Aufbereitung von digitalen Akten“ moderne Polizei“ wohl zu einer Arbeitsvereinfachung führen.21 Auch Die schon unter der türkis-blauen Regierung be- die Staatsanwaltschaft soll durch den „Einsatz gonnene Personaloffensive – „2.300 zusätzliche von KI zur Durchsuchung von Beweismitteln (ge- Planstellen und 2.000 zusätzliche Ausbildungs- meinsames System für StA und Polizei)“ entlastet planstellen für die Polizei“ – soll fortgeführt wer- werden.22 „Moderne Protokollierungsbestimmun- den. Angekündigt wird weiters die „Evaluierung gen unter Ausweitung des Einsatzes geeigneter und Neukodifizierung der exekutivspezifischen und benutzerfreundlicher Spracherkennungspro- Belange im Beamtendienstrecht“ ebenso wie gramme“ sind ebenfalls vorgesehen.23 die „Entwicklung eines modernen, den sicher- Die „Durchlässigkeit zwischen der ordentlichen heitspolizeilichen Herausforderungen entspre- und der Verwaltungsgerichtsbarkeit“ und die chenden Dienst- und Besoldungssystems“. Und „Zugangsmöglichkeit verwandter Berufsgruppen wieder einmal wird die Einführung eines „Zeit- zum Richter-/Staatsanwaltsberuf und umgekehrt“ wertkonto-Modells bei der Exekutive“ geprüft. sollen gefördert werden. Ganz konkret wird es Die bestehenden Dienstschemata sollen „auf ihre hinsichtlich der „Attraktivierung des Familienrich- Familienfreundlichkeit und die dienstlichen Not- ters“: „Erfahrene Richterinnen bzw. Richter und wendigkeiten“ hin bewertet und Einzelsupervisi- Staatsanwältinnen bzw. Staatsanwälte aus den on gefördert werden. Ob die „Flexibilisierung von Instanzen sollen künftig ihre erreichte „Gehalts- Dienstzuteilungen und Versetzung“ für die Be- position“ in eine funktional niedriger entlohnte diensteten von Vor- oder Nachteil sein wird, bleibt Position, z. B. die der Familienrichterin bzw. des abzuwarten. Zur Ermöglichung eines durchgängi- Familienrichters, mitnehmen können“. Was unter gen Laufbahnmodells soll die Sicherheitsakade- der „Flexibilisierung des starren Gehaltsschemas mie weiterentwickelt werden. Eine „Fachhoch- von Richterinnen bzw. Richtern und Staatsan- schulausbildung“ soll „künftig akademischer Min- wältinnen bzw. Staatanwälten“ zu verstehen ist, deststandard für dienstführende Beamtinnen und bleibt abzuwarten. Die Gerichtspraxis soll auf Beamten (Verwendungsgruppe E2a)“ werden, ein neun Monate verlängert werden.24 „Masterstudium für leitende Beamte (E1)“. Neue Wege möchte man bei Misshandlungsvor- „Reformen im Strafvollzug“ würfen gegen PolizistInnen beschreiten. Vorgese- Angekündigt sind „notwendige Sanierungs- und hen sind Ermittlungen „in einer eigenen Behörde Modernisierungsmaßnahmen von Justizanstal- in multiprofessioneller Zusammensetzung, die ten“, die „bedarfsorientierte Einrichtung von Si- sowohl von Amts wegen ermittelt als auch als cherheitsabteilungen für besonders gefährliche Beschwerdestelle für Betroffene fungiert und Insassen“ und die „bestmögliche Sicherheits- mit polizeilichen Befugnissen ausgestattet ist“. ausstattung aller Justizwachebediensteter (u. a. „Body-Worn-Cameras“ sollen verstärkt zum Ein- Kombi- und Stichschutzwesten)“. Die Regierung satz kommen. Angekündigt ist eine „Sanierungs- möchte die „Nachtdienstkapazitäten verstärken“, offensive der Polizeiinspektionen“ unter anderem um „sicherheitsrelevanten Vorfällen zu jeder Ta- auch, um „klimataugliche Arbeitsbedingungen“ ges- und Nachtzeit effektiv begegnen“ zu können. zu schaffen.26 10 · GÖD 1-20
„Eine zukunftsfähige Struktur für das Die Behörden selbst sollen mit gutem digitalem Bundesheer“ Beispiel vorangehen. „Um die Digitalisierung Erfreulich ist das Bekenntnis zur „Ausstattung des der Verwaltung voranzutreiben, wird eine Ver- Bundesheers mit den erforderlichen Ressourcen pflichtung zur digitalen Kommunikation der zur Erfüllung seines Auftrags“, obwohl das ja ei- Verwaltungsorgane des Bundes untereinander gentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte. eingeführt. […] Wo immer möglich, sollen Ver- Ebenso angekündigt sind die „ausreichende per- waltungsprozesse, die aus neuen Gesetzen ent- sonelle und materielle Ausstattung der Miliz“, die stehen, digital – wenn möglich auch automatisiert „Einsatzfähigkeit der Milizbataillone auf nationa- – vollzogen werden können. Bereits bestehende ler Ebene“ oder das „Beseitigen von sozialversi- Verwaltungsprozesse sollen hinsichtlich der cherungsrechtlichen Benachteiligungen von Mi- Möglichkeiten zur Digitalisierung durchforstet lizsoldaten“. Um Personalmangel entgegenzuwir- werden.“30 ken, ist die „Schaffung eines neuen Berufsbildes Digitalisierung hat aber auch ihre ethischen Gren- Soldat“ und die „Umsetzung der Attraktivierung zen. Rote Linien in der Anwendung von künstli- des Soldatenberufs durch geeignete Maßnahmen cher Intelligenz durch den österreichischen Staat im Dienst-, Besoldungs- und Pensionsrecht“ vor- sollen definiert werden. Klar ist: „Entscheidun- gesehen.27 gen in der Verwaltung, die unmittelbare Auswir- kungen auf Menschen haben, dürfen maschinell „Karriereentwicklung für den unterstützt, aber nicht durch Maschinen getroffen wissenschaftlichen Nachwuchs“ werden.“31 Die europarechtlich gebotene „Reform der Ketten- vertragsregelung an den Hochschulen“ wird in Aus- Fazit sicht gestellt, konkret eine „Reformierung des § 109 Das Regierungsprogramm enthält viel Positives UG unter Berücksichtigung der Karriereentwicklung für den Öffentlichen Dienst, aber auch viele He- und der sozialen Lage der Betroffenen sowie der rausforderungen. Es ist zu hoffen, dass sich die Einbindung der Hochschulen“. „Attraktive und leis- neue Regierung zu Herzen nimmt, was Konrad tungsorientierte Karrierewege (Laufbahnstellen) für Paul Liessmann am letzten GÖD-Bundeskongress Nachwuchswissenschafterinnen und -wissenschaf- formuliert hat: „Am Staat, seinen Intentionen, sei- ter“ sollen verankert und die „im UG geschaffenen nen Tendenzen und seinem Personal, am Öffent- dienstrechtlichen Kategorien (z. B. Senior Lecturer, lichen Dienst und seinen Leistungen, aber auch Senior Scientists)“ evaluiert werden. Gleichzeitig an der Aufmerksamkeit und Wertschätzung, die soll „eine Studie zur Karriereentwicklung von Senior diesem entgegengebracht wird, kann man […] Lecturer“ durchgeführt werden.28 tatsächlich beobachten, in welchem Zustand die Sittlichkeit sich in der Wirklichkeit gerade befin- „Eine staatliche Verwaltung für das det. Man kann es auch weniger hochtrabend for- 21. Jahrhundert“ mulieren: Eine funktionierende Verwaltung, ein Vorgesehen ist der Ausbau der „Digitalen Verwal- unbestechliches rechtsstaatliches Justizwesen, tung“: „Alle Bürgerinnen und Bürger sowie Unter- eine vernünftige und ausgewogene Sicherheits- nehmen sollen nach Möglichkeit Amtsgeschäfte politik, ein funktionierendes und den Prinzipien digital abwickeln können. Unabhängig vom digi- der europäischen Aufklärung verpflichtetes Bil- talen Angebot muss ein Behördenweg auch wei- dungswesen machen diese Gesellschaft noch terhin analog möglich sein. Ziel ist eine durchgän- nicht zu einem Paradies – aber sie sind eine gige digitale Abwicklung (von der Einbringung bis unverzichtbare Voraussetzung für ein besseres zum Bescheid).“29 Leben.“32 l 20 Regierungsprogramm, S. 27f. 25 Regierungsprogramm, S. 36f. 30 Regierungsprogramm, S. 319. gehalten zum Abschluss des Bun- deskongresses der Gewerkschaft 21 Regierungsprogramm, S. 28f. 26 Regierungsprogramm, S. 211–214. 31 Regierungsprogramm, S. 325. Öffentlicher Dienst am 13. Oktober 22 Regierungsprogramm, S. 33. 27 Regierungsprogramm, S. 225f. 32 Konrad Paul Liessmann, Die Wirk- 2016 in Wien. lichkeit des Staates. Der Öffent- 23 Regierungsprogramm, S. 35. 28 Regierungsprogramm, S. 305. liche Dienst im Kontext aktueller 24 Regierungsprogramm, S. 29. 29 Regierungsprogramm, S. 318. Herausforderungen (Vortrag). 11 · GÖD 1-20
TITEL GESCHICHTE VERANTWORTUNG FÜR ÖSTERREICH Herr Bundeskanzler, seit wenigen Tagen ist die neue Bundesregierung im Amt – nach zähen Verhandlungen und ausgehend von sehr unterschiedlichen Positionen. Was können wir uns gerade im Öffentlichen Dienst von dieser Konstellation erwarten? Z um einen sind wir mit dem Versprechen in die Wahl gegangen, unseren Kurs fortzuset- zen. Das heißt, wir werden die Steuern senken, die arbeitenden Menschen entlasten und unsere konsequente Linie im Bereich der Migration und Integration fortsetzen. Darüber hinaus haben wir uns auch in den Bereichen der Verwaltung viel vorgenommen. Wir wollen weiter an einem mo- „Mein Team und ich dernen Dienstrecht arbeiten und die Republik zu einem noch attraktiveren Arbeitgeber machen. werden immer für Mit der neuen Regierung ändern sich auch Vorschläge seitens wiederum zahlreiche Ressorts. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den der Bediensteten Ministerien und nachgelagerten Dienststellen bedeutet das die nächste Umstrukturierung offen sein.“ innerhalb kürzester Zeit. Wie wollen Sie sicher stellen, dass der organisatorische Aufwand BUND E SK A NZLER SEB A S TI A N KUR Z dabei nicht ausufert? 12 · GÖD 1-20
U ns ist durchaus bewusst, dass es durch Ver- änderungen in der Ressortzusammenset- zung auch zu Veränderungen für die Bediens- rückgreifen und sind sehr dankbar für die aktive Rolle, die hier von den Bediensteten eingenom- men wird. Sie sind ebenso wie die Gewerkschaft teten kommt. Ich habe großes Vertrauen in die Öffentlicher Dienst unerlässlich für die Umset- Ressortleitungen, dass alles gegeben wird, um zung unserer geplanten Reformen. die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf diesem Weg mitzunehmen. Ohne den Fleiß und Einsatz Kompetenzbereinigungen und eine Ver der Bediensteten im Öffentlichen Dienst wäre es einfachung der Abläufe sind ebenfalls geplant. nicht möglich, die Vorhaben umzusetzen. Vielen Was bedeutet das für unsere Kolleginnen und Dank an dieser Stelle an alle Mitarbeiterinnen und Kollegen? Kann dadurch auch die vielfach Mitarbeiter für die hervorragende Arbeit – vor al- massive Belastung reduziert werden? lem auch in den vergangenen Monaten. Ich freue mich bereits auf die Zusammenarbeit in den kom- menden Jahren. U nser Ziel ist, die vielen derzeit noch bestehen- den Doppelgleisigkeiten und meist unklaren Zuständigkeiten zu lösen. Wenn Fälle nicht mehr doppelt bearbeitet werden, bedeutet das weniger Das Regierungsprogramm enthält im Kapitel Aufwand für die Verwaltung und somit Entlastung „Verfassung, Verwaltung & Transparenz“ für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. ein umfangreiches Bündel an Maßnahmen. Unter anderem ist auch die Modernisierung Ein Punkt des Regierungsprogramms ist die des Dienstrechts enthalten. Was bedeutet das „Informationsfreiheit für einen gläsernen konkret? Staat statt gläsernen Bürgern“. Gibt es W ir wollen ein einheitliches, modernes und durchlässiges Dienstrecht für alle öffent- lich Bediensteten in Bund und Ländern schaffen. Überlegungen, wie bei aller Transparenz auf Sach- und Verwaltungsebene die Persönlichkeitsrechte der Mitarbeiterinnen und Hier stehen wir natürlich im ständigen Austausch Mitarbeiter geschützt werden können? mit den Vertreterinnen und Vertretern der Ge- werkschaft sowie den Personalvertretern vor Ort. Ich sehe uns als Team, das nur gemeinsam dafür W ir haben in unserem Regierungsprogramm das größte Transparenzpaket für Staat und Parteien vereinbart, das es je in Österreich gegeben sorgen kann, dass wir eine moderne und bürger- hat. Unser Vorhaben sieht natürlich eine Wahrung nahe Verwaltung im Sinne unserer Bevölkerung der Persönlichkeitsrechte von Mitarbeiterinnen garantieren können. Die Arbeitswelt wird immer und Mitarbeitern vor. Die Details des umfassenden schnelllebiger und befindet sich in ständiger Ver- Transparenzpakets werden wir in den nächsten änderung. Deshalb ist es auch wichtig, die Durch- Wochen und Monaten erarbeiten. Was klar ist, dass lässigkeit zwischen den Gebietskörperschaften wir mit größtmöglicher Sensibilität im Sinne der und der Privatwirtschaft zu fördern. Insofern wer- Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vorgehen. den wir uns anschauen, ob dienstrechtliche Ände- rungen vorgenommen werden sollten. Außerdem „Eine unbürokratische und leistungsstarke wollen wir, dass Beamtinnen und Beamte im Be- Verwaltung, die im Dienste der Bürger steht“, reich der Altersteilzeit besser einbezogen werden. ist eine der Zielsetzungen Ihres Programms. Mein Team und ich werden auch immer für Vor- Wie lässt sich das gewährleisten, gerade schläge seitens der Bediensteten offen sein. auch in Hinblick auf die bevorstehende Pensionierungswelle der kommenden Jahre? Wie sehen Sie die Rolle des Öffentlichen Dienstes bei den angekündigten Reform vorhaben? Inwiefern werden Sie Expertinnen W ir wollen auch in Zukunft einen schlanken, effizienten und bürgernahen Staat. Das können wir durch ziel- und wirkungsorientiertes und Experten aus dem Öffentlichen Dienst und Arbeiten, eine Modernisierung der Abläufe und FOTO: JAKOB GLASER der Gewerkschaft einbinden, gerade auch wenn die Schaffung klarer Zuständigkeiten erreichen. es um konkrete Inhalte geht? Das alles wird in enger Abstimmung mit den Mit- W ir werden, wie auch bisher gehandhabt, auf die Expertise im Öffentlichen Dienst zu- arbeiterinnen und Mitarbeitern und der Interes- senvertretung passieren. l 13 · GÖD 1-20
TITEL GESCHICHTE VERANTWORTUNG FÜR ÖSTERREICH Herr Vizekanzler, Sie haben das neue Regierungsprogramm als das größte Transparenzpaket bezeichnet, das Öster reich je gesehen hat. „Wir wollen keine gläsernen Bürgerinnen und Bürger, sondern einen gläsernen Staat“, heißt es dazu im Regierungsübereinkommen. Was „Ich bin ein bedeutet das konkret? Wie wird sich dieses Regierungsvorhaben auf die Arbeit des Anhänger der Öffentlichen Dienstes auswirken? Sichtweise, dass aus K onkret heißt das, dass es kein Verstecken hin- ter dem Amtsgeheimnis mehr gibt. Die öffent- liche Verwaltung wird sich ein bisschen mehr bei einem ehrlichen der Arbeit zuschauen lassen, und sie wird merken, da gibt es gar nichts zu verstecken. Im Gegenteil: und konstruktiven Der Öffentliche Dienst leistet eine großartige Arbeit, und das wollen wir in der breiten Öffent- Verhandlungs lichkeit stärker sichtbar machen. Ein solches Pro- jekt über die Leistungen des Öffentlichen Dienstes prozess das richtige steht auch im Regierungsprogramm (Anm.: siehe S. 16), und wir haben festgehalten, dass auch die Ergebnis resultiert.“ GÖD eingebunden sein wird. V IZEK A NZLER UND BUND E S MINIS TER In der Präambel ist von veränderten W ER NER KO G LER Bedrohungen für die öffentliche Sicherheit und Ordnung die Rede. Der Öffentliche Dienst gilt nicht nur als Garant für die innere Sicherheit und die Sicherheit unseres Rechtsstaates, sondern ganz allgemein für die Stabilität des Staatsganzen. Was bedeutet das für Sie als zuständiger Bundesminister? D er Begriff der „Stabilität des Staatsganzen“ ist mir vielleicht etwas zu pathetisch. Aber Sie haben natürlich Recht, der Öffentliche Dienst spielt eine zentrale Rolle für die innere Sicher- heit. Genauso wichtig sind aber Rechtsstaat, soziale Sicherheit und auch der Kampf gegen den Klimawandel. Für diese Aufgaben werden Ministerinnen und Minister der Grünen verant- wortlich sein. Dabei kommt mir eine besondere Koordinationsaufgabe in der Bundesregierung zu. Und hinweisen darf ich noch auf den Bil- dungsbereich. Unsere Lehrerinnen und Lehrer sowie unsere Universitäten und Hochschulen sind ein zentraler Erfolgsfaktor für die Zukunft unserer Gesellschaft. In einem Interview erklärten Sie vor kurzem, Sie würden das Wort „Amt“ kaum über die Lippen bringen. Gleichzeitig betonten Sie im 14 · GÖD 1-20
Gespräch mit „GÖD aktuell“ vor der Wahl, ohne Öffentlichen Dienst gebe es keine funktionierende Gesellschaft. Wie passt das J edenfalls wird vor dem ersten Schritt kein „Rasenmäher“ überall drüberfahren, weil das nicht intelligent ist. Trotzdem ist es mir ein zusammen? Wie sehen Sie persönlich den Anliegen, dass wir die knappen Mittel effizient Öffentlichen Dienst? einsetzen. Das sind wir den Bürgerinnen und Bür- I ch sehe da keinen Widerspruch und habe auch nichts gegen den Amtsbegriff. Mir persönlich ist es nie um Ämter gegangen. Aber mir ist die neue gern schuldig, aber dazu sehe ich mich auch als Ökonom verpflichtet. Für die nächsten fünf Jahre haben wir ein Regierungsprogramm erstellt, das Rolle als Vizekanzler schon lieber als die Zeit in viele Reformen und Maßnahmen enthält. Das der „außerparlamentarischen Opposition“. Lie- Leistungsniveau der öffentlichen Verwaltung in ber als „Bürde und Würde des Amtes“ erachte ich Österreich weist auch im internationalen Ver- den Zugang „Verantwortung für …“. Und auch die gleich einen hohen Standard auf, und da und dort GÖD heißt ja nicht GöAA (Gewerkschaft für öffent- können wir sicher noch besser werden. liche Amtsträgerinnen und Amtsträger), sondern „Gewerkschaft Öffentlicher Dienst“. Sie sagten auch: „Sozialpartnerschaft ist wichtig zur Lösung von Konflikten in der Was können Österreichs öffentlich Bedienstete Arbeitswelt“. Wie haben Sie vor, die Sozial von ihrem neuen Ressortchef erwarten? Wie partnerschaft in Ihrer Amtszeit mit Leben zu wird man Ihre Handschrift spüren? erfüllen? I n meinem eigenen Ressort arbeiten etwa 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das ist mein Arbeitsteam, auf dessen Erfahrung und Kom- D ie österreichische Sozialpartnerschaft im All- gemeinen und insbesondere die im Öffentli- chen Dienst ist ja sehr lebhaft. Ich bin ein Anhän- petenz ich zähle und das bei mir auf ein offenes ger der Sichtweise, dass aus einem ehrlichen und Ohr stoßen wird. Wenn ich dann auch noch die konstruktiven Verhandlungsprozess das richtige Kunst- und Kultureinrichtungen dazuzähle, die ja Ergebnis resultiert. Nur so funktioniert Demo- auch zu meinem Verantwortungsbereich zählen, kratie. Der GÖD eilt ja durchaus der Ruf einer so kommen noch rund 4200 hinzu – darunter vie- Verhandlungskompetenz voraus, die mit einem le Künstlerinnen und Künstler –, für die ich Ulrike harten Baustoff verglichen wird. Aber Sie dürfen Lunacek als Staatssekretärin ins Regierungsteam auch unsere Verhandlungskondition nicht unter- geholt habe. Im gesamten Bundesdienst in der schätzen. Größenordnung von 134.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern werden das Dienstrecht und Verwaltungsreform ist ja bekanntlich die steuerungsrelevanten Maßnahmen sowie die ein permanenter Prozess. Werden Sie Personalentwicklungs-Services meines Ministeri- die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im ums spürbar sein. Und für den Öffentlichen Dienst Öffentlichen Dienst in diesen Prozess in ganz Österreich – unter Einschluss der Landes- einbinden? und Gemeindedienste mit über 350.000 Personen – habe ich als Personalminister gemeinsam mit dem Finanzminister den jährlichen Gehaltsab- D iese Frage ist leicht zu beantworten: Wer glaubt, dass ein Veränderungsprozess ohne Einbeziehung der Mitarbeiterinnen und Mitarbei- schluss mit den Gewerkschaften des Öffentlichen ter erfolgreich sein kann, hat das Grundprinzip Dienstes auszuhandeln. nicht verstanden. Na selbstverständlich werden wir alle einbinden. Wir Grünen scheuen ja keine Im bereits erwähnten Interview mit „GÖD Diskussion. aktuell“ erklärten Sie, „dass alles geschehen muss, um das Leistungsniveau des Öffentlichen Eine abschließende Frage: Was wollen Sie am FOTO: CAJETAN PERWEIN Dienstes zu erhalten und sogar auszubauen“. Ende Ihrer Amtsperiode über Ihre Arbeit sagen Was werden Ihre ersten Schritte in diese können? Richtung sein? Wo sehen Sie den Öffentlichen Dienst in fünf Jahren? Wohin soll, mittel- und langfristig betrachtet, die Reise gehen? I ch hätte gern, dass die Leute so in österrei- chischer Manier sagen: „Er war gar nicht so schlecht.“ l 15 · GÖD 1-20
TITEL GESCHICHTE VERANTWORTUNG FÜR ÖSTERREICH „Wir schützen, was wir brauchen. Und wir helfen, wo wir gebraucht werden.“ BUND E S MINIS TER IN M AG . A K L AUD I A TA NNER Frau Bundesministerin, sehen Sie angesichts dafür erforderlichen Strukturen des Bundeshee- der prekären Budgetlage des Bundesheeres res vorrangig zu verbessern, zweitens den Grund- den Schutz der österreichischen Bevölkerung wehrdienst und die Miliz attraktiver zu gestalten noch als gesichert an? und drittens ein gesamtstaatliches Auslandsein- D as ist nicht nur eine Frage des Geldes: Für Österreichs Sicherheit braucht es ein effi- zientes Zusammenwirken aller Institutionen im satzkonzept unter Einbindung aller relevanten Ministerien zu erstellen bzw. umzusetzen. Das Österreichische Bundesheer braucht zukunfts Land. Daher setzten wir auch einen Fokus auf Ef- fähige Ressourcen und Strukturen, dazu moderne fizienz – kurze Wege und Abstimmung zwischen Ausrüstung und neues Gerät. Es stehen gewaltige den Sicherheitsapparaten – und streben ein ge- Entscheidungen bei Beschaffungsvorgängen an. samtstaatliches, ressortübergreifendes Zusam- Daher müssen wir seine Kernkompetenzen weiter- menwirken an, um den Sicherheitsbedrohungen entwickeln und dabei die Wahrscheinlichkeit künf- begegnen zu können. Wir müssen auf jeden Fall tiger Szenerien genau analysieren. Ich möchte hier innovativer und effizienter werden. Es liegt ein Cyber-Defense, internationale Friedenseinsätze schwieriger, steiler Weg vor uns. Die finanziel- und Assistenzleistungen als Beispiele nennen. Wir le Situation und der Zustand des Bundesheeres werden in dieser Regierung auch die Tauglichkeits- erfordern neue Konzepte für ein zukunftsträch- kriterien überarbeiten und eine weitere Kategorie, tiges, modernes Heer. Daher müssen auch die die „Teiltauglichkeit“, einführen. Das ist auch Teil Aufgaben, Strukturen und Mittel der Landesver- unseres Regierungsprogrammes, genauso wie die teidigung weiterentwickelt und zeitgemäß neu weitere Attraktivierung des Grundwehrdienstes. gestaltet werden. Die Militärkommando- und Brigadestruktur sollen weiterhin die Träger der Sie betreten als erste Verteidigungsministerin Landesverteidigung sein. Der Logistikbereich, Österreichs quasi Neuland. War es an der Zeit die verschiedenen Ämter und die Schulen sollen für eine Frau an der Spitze des Heeres? weiterentwickelt werden. Zivilbedienstete wer- den auch weiterhin ihre Aufgabenbereiche haben. E s gibt ja auch noch andere Beispiele für Frauen in Spitzenführungspositionen in Österreich. Ich bin gerne die erste Frau in Männerdomänen Welche Reformvorhaben wollen Sie angehen, und scheue die Herausforderung nicht. Das habe die bisher noch nicht auf der Agenda standen? ich schon im Bauernbund bewiesen. Auf jeden FOTO: ARNO MELICHAREK E s geht um die konsequente Umsetzung des Regierungsprogramms. Meine drei Schwer- punkte aus dem Bereich der Landesverteidigung Fall freue ich mich, dass ich jetzt in dieser verant- wortungsvollen Position als Verteidigungsminis- terin der Sicherheit Österreichs dienen kann. Ich sind: erstens die Aufgaben des Bundesheeres nach sage gern: Wir schützen, was wir brauchen. Und der Einsatzwahrscheinlichkeit zu reihen und die wir helfen, wo wir gebraucht werden. l 16 · GÖD 1-20
OLUMNE Wes Brot ich ess, des Lied ich sing Von der Bedeutung unabhängiger, objektiver Analysen I m aktuellen Heft stellen wir eine öffentlichen Auftrag, der die parteipo- besonders bedeutungsvolle Ins- litische Unabhängigkeit voraussetzt“. titution mit nahezu 200-jähriger Weiter heißt es: „Die Tätigkeit des WIFO Geschichte vor. Im Jahr 1829 als Sta- richtet sich demnach weniger an indivi- tistisches Bureau gegründet erhebt die duelle Auftraggeberinstitutionen als an Statistik Austria auf Basis des Bundes- die allgemeine Öffentlichkeit. Bestär- statistikgesetzes 2000 eine Vielzahl an kend weisen die Statuten dem Institut Daten. Auf Grund gesetzlicher Verpflich- Gemeinnützigkeit zu und schließen Ge- tung sind insbesondere Objektivität winnerzielungsabsicht aus.“3 und Unparteilichkeit bei der Erstellung Doch nicht alle Institutionen und Perso- der Statistiken, Anwendung statistischer nen sind der Unabhängigkeit und Ob- Methoden und Verfahren nach interna- jektivität verpflichtet. Selbsternannte tional anerkannten wissenschaftlichen Otto Aiglsperger: Experten zu verschiedensten Themen Grundsätzen und Standards sowie de- Der Autor ist Leiter des wie Pensionen oder Bildung leben ganz Bereichs Organisation ren Offenlegung und die Geheimhaltung gut davon, dass sie Bücher schreiben und Wirtschaft in vertraulicher Daten zu gewährleisten. oder Vorträge halten. Sie suchen be- der GÖD. Die so erhobenen Daten würden Gefahr wusst das Licht der Öffentlichkeit, um laufen, einen „Zahlenfriedhof“ zu bil- Rückmeldungen zu sich oder ihr Institut im wahrsten Sinn den, wenn sie nicht in einen Zusammen- diesem Artikel bitte an: des Wortes bestmöglich zu verkaufen. hang mit weiteren Ergebnissen gestellt otto.aiglsperger@ Eine besondere Form dieser subjektiven würden – und dadurch Analysen bzw. goed.at Betrachtungsweise ist der Lobbyismus, Prognosen als Entscheidungsgrundlage im Rahmen dessen versucht wird, durch für Politik, Verwaltung und Wirtschaft persönliche Kontakte Entscheidungen ermöglichen. in eine bestimmte Richtung zu beein- Wirtschaftsforschungsinstitute sind die flussen. Hauptlieferanten umfassender Analy- Entscheidungen sind (nahezu) immer sen, Prognosen und Kennzahlen. Die subjektiv und beispielsweise in der bedeutendsten und unabhängigen Politik vom jeweiligen (Regierungs-) Wirtschaftsforschungsinstitute Öster- Programm abhängig. Es ist dies das reichs sind das 1927 gegründete Öster- Wesen unserer Demokratie, und ich reichische Institut für Wirtschaftsfor- finde das vollkommen richtig. Das Um schung1 (WIFO) sowie das 1963 gegrün- und Auf ist allerdings die objektive dete Institut für Höhere Studien und Basis, eine auf sorgfältig erhobenen wissenschaftliche Forschung2 (IHS). Fakten basierende und nach bestem Nationale, objektive Studien werden Wissen und Gewissen erstellte Studie. selbstverständlich auch von anderen Nur so kann auch das gewollte Ergeb- Organisationen erstellt, insbesondere nis bewusst erreicht werden. l von Gebietskörperschaften oder aber der Österreichischen Nationalbank. Die Statuten des WIFO beispielsweise ent- 1 www.wifo.ac.at halten, nachzulesen auf der Website des 2 www.ihs.ac.at Wirtschaftsforschungsinstitutes, „einen 3 www.wifo.ac.at/ueber_das_wifo/unabhaengigkeit 17 · GÖD 1-20
REPORTAGE STATISTIK AUSTRIA Die objektiven Informationsmanager VON ANDREA BURCHHART I n Zeiten von Fake News sind fundierte Zahlen Auftrag. „Niemand bei uns hier denkt sich aus, und Fakten wichtiger denn je. In Österreich welche Daten erhoben werden und welche nicht“, steht Statistik Austria als neutrale Institution erklärt Betriebsratsvorsitzender Walter Amber- für objektive, auf gesetzlicher Basis beruhende ger, „sämtliche Erhebungen sind durch das Bun- und damit unabhängige Statistiken zur Verfügung. desstatistikgesetz beziehungsweise EU-Rechts- Daten, die von der Statistik Austria veröffentlicht grundlagen geregelt. Daher haben die Menschen werden, geben Aufschluss über gesellschaftliche, uns gegenüber in vielen Fällen auch eine Aus- wirtschaftliche und soziale Entwicklungen in un- kunftspflicht.“ Dabei kann sich die Bevölkerung serem Land. So berechnet die Statistik Austria hundertprozentig sicher sein, dass die Auskünfte etwa die jährliche Inflationsrate. Darauf basierend immer vollständig anonymisiert werden und nie- können vielfältige Entscheidungen getroffen wer- mals Rückschlüsse auf Einzelne möglich sind. „Wir den. Ein Beispiel wäre hier die zuletzt erfolgte Ge- arbeiten unabhängig und nicht gewinnorientiert. haltserhöhung im Öffentlichen Dienst. Als Basis Ich denke, es ist wichtig, die Menschen immer wie- für Gehaltsverhandlungen wird in der Regel die der darüber aufzuklären, dass die Daten, die von Inflationsrate herangezogen. uns erhoben werden, weder weiterverkauft noch Daten der Statistik Austria werden unter anderem sonst irgendwie unkontrolliert verarbeitet wer- von Bundesministerien oder Universitäten, aber den“, berichtet Dr. Petrovic. „Die Erhebungen die- auch von Privatpersonen genutzt. Beispiele wä- nen der Wirtschaft, Politik und Verwaltung, Wis- ren etwa die Bevölkerungsstatistik, der Verbrau- senschaft und den Medien – im Grunde allen Bür- cherpreisindex und die Verkehrsunfallstatistik. gerinnen und Bürgern“, ergänzt die Vorsitzende der Arbeitsgruppe für Gleichbehandlungsfragen, Sichere Daten Brigitte Weninger. Ein Großteil der Hauptergebnis- Um diesem Informationsauftrag entsprechen zu se sämtlicher Erhebungen steht allen Interessier- können, ist es natürlich erforderlich, eine Vielzahl ten kostenlos auf der Website der Statistik Austria an Erhebungen durchzuführen. Diese werden stets (www.statistik-austria.at) zur Verfügung. so gestaltet, dass die Belastung der Auskunfts- pflichtigen möglichst gering gehalten wird. Trotz- Wie oft kommt man als Privatperson mit der dem kann es dazu kommen, dass bei den Sach- Statistik Austria in Kontakt? bearbeiterinnen und Sachbearbeitern des Hauses Für die meisten Menschen läuft die gesamte nachgefragt wird, warum diese oder jene Fragen Datenerhebung heutzutage im Hintergrund ab. beantwortet werden müssen. „Informationen, die Leute jederzeit über Facebook preisgeben, werden plötzlich zu einem großen Geheimnis, wenn die „Informationen, die Leute Statistik anruft. Oder denken Sie an die Beantra- jederzeit über Facebook gung eines Bankkredits? Da haben die wenigsten preisgeben, werden plötzlich zu Menschen ein Problem, alles über sich zu erzäh- len“, meint die kaufmännische Generaldirektorin einem großen Geheimnis, wenn die Statistik anruft.“ FOTOS: ANDI BRUCKNER der Statistik Austria, Dr. Gabriela Petrovic. Anders als bei Bankauskünften oder Befragungen, die von Markt- und Meinungsforschungsinstituten durch- DR. GABRIELA PETROVIC, geführt werden, basiert die Arbeit der Statistik kaufmännische Generaldirektorin Austria nämlich zumeist auf einem gesetzlichen der Statistik Austria 18 · GÖD 1-20
FOTOS: XXXXXXX 19 · GÖD 1-20
REPORTAGE „Die Erhebungen dienen der Wirtschaft, Politik und Verwaltung, Wissenschaft und den Medien – im Grunde allen Bürgerinnen und Bürgern.“ BRIGITTE WENINGER, Vorsitzende der Arbeitsgruppe für Gleichbehandlungsfragen F rüher gab es die Großzählungen, dazu gehör- gibt es bereits konkrete Pläne, mit sogenannten ten die Gebäude- und Wohnungszählung, die Ar- neuen Datenquellen, etwa mittels Satellitendaten beitsstättenzählung und die Volkszählung. „Viele zu arbeiten. Mehr als neun Millionen Datensätze erinnern sich bestimmt noch daran, dass dicke wurden bei der Übersiedelung vom alten Stand- Stapel an Fragebögen abzuarbeiten waren. Diese ort in der Hinteren Zollamtsstraße ins neue Ge- Informationen bekommen wir heute automatisch bäude nach Wien-Simmering übersiedelt. Das ist über die Registerdaten aus der Verwaltung, da fünfzehn Jahre her. Neue Datenquellen können ist niemand mehr zusätzlich belastet“, so Walter trotz der vorhandenen, hohen Speicherkapazität Amberger. Auch wenn man bei einer Statistik in gar nicht im Haus gespeichert werden. In diesen eine Stichprobe gerät, ist die Belastung durch Fällen reicht – vereinfacht gesagt – ein gesicherter die Befragung keinesfalls überbordend. Sämtli- Datenzugriff. che Daten, die für die Wirtschaftsstatistiken, den Verbraucherpreisindex, das Wirtschaftswachs- Wer sind die Menschen, die bei der Statistik tum etc. erforderlich sind, werden direkt bei den Austria arbeiten? heimischen Unternehmen erfragt. Weninger, die „Ganz ohne Liebe zu Daten und Tabellen wird es in der Direktion Unternehmen als Projektleiterin wahrscheinlich nicht gehen. Zahlen sollte man tätig ist, stellt dazu fest: „Hier verläuft die Zusam- schon irgendwie mögen“, beschreibt Walter Am- menarbeit meist unproblematisch. Die Kollegin- berger das (Arbeits)-Lebensmotto der Statistik- nen und Kollegen sind in sehr gutem Kontakt mit Austria-Belegschaft. 90 Beamte, 271 Vertragsbe- den zuständigen Sachbearbeiterinnen und Sach- dienstete, 407 Angestellte, eine Generaldirektorin bearbeitern in den einzelnen Abteilungen der und ein Generaldirektor, also insgesamt 770 Men- Unternehmen, sodass die Abläufe in den meisten schen, arbeiten am Standort in Wien-Simmering. Fällen reibungslos funktionieren.“ Die von der Neben einer Vielzahl von Akademikerinnen und Statistik Austria ausgewerteten Daten müssen in Akademikern (mit Studienabschlüssen etwa in aller Regel auch an das Europäische Statistische Statistik, Betriebswirtschaft, Soziologie, Volks- Amt (Eurostat) gemeldet werden. Mittlerweile wirtschaft oder Rechtswissenschaften) arbeiten sind 95 Prozent aller Erhebungen auf Anordnun- in der Bundesanstalt auch viele Menschen ohne gen im EU-Recht zurückzuführen. Die Statistik als akademischen Abschluss. „Es gibt sehr attrakti- Controlling-Abteilung im „Unternehmen“ Öster- ve Weiterbildungsmöglichkeiten innerhalb der reich und in der EU? „Das wäre zu eng gegriffen. Statistik Austria. Das Aus- und Weiterbildungs- Wir liefern natürlich wirtschaftliche Kennzahlen, programm steht nicht nur Führungskräften offen, die Entscheidungsgrundlagen sein können, aber sondern wirklich allen, die sich fachlich und per- darüber hinaus noch viel mehr, wie z. B. Bevöl- sönlich fortbilden möchten“, weiß Brigitte Wenin- kerungsdaten, Bildungs- oder Gesundheitsdaten ger, die selbst als Maturantin 1985 hier zu arbeiten sowie Daten aus dem land- und forstwirtschaft- begann – damals noch beim „Österreichischen lichen Bereich, Tourismusdaten oder Preisindi- Statistischen Zentralamt“. Vor 20 Jahren, am zes“, so Dr. Petrovic. Die Digitalisierung macht 1. 1. 2000, wurde die Dienststelle aus dem Bun- natürlich auch vor der Statistik nicht Halt, und so deskanzleramt ausgegliedert. Gabriela Petrovic 20 · GÖD 1-20
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