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vm Ve r b a nd s M a g a z i n Themen, Trends und Fakten der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft – VdW Rheinland Westfalen #1 1 2019 14 VdW-VERBANDSTAG 2019 22 EXPO REAL 2019 – IN WUPPERTAL – ES GIBT VIEL ZU TUN ZU GAST IM BERGISCHEN LAND 4 SCHWERPUNKT – SOZIALARBEIT IN WOHNUNGSUNTERNEHMEN Den Mieter als Menschen im Blick
IMPRESSUM Herausgeber: Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Rheinland Westfalen e. V. Goltsteinstr. 29, 40211 Düsseldorf, Tel.: +49 (211) 16998-0, Fax: +49 (211) 16998-50 E-Mail: info@vdw-rw.de, http://www.vdw-rw.de Verantwortlich für den Inhalt: Alexander Rychter Redaktion: Katrin Stamm (KS, Leitung) Jürgen Gnewuch (JG), Christina Göbel (CG), Dr. Svenja Haferkamp (SH), Cindy Merz (CM), Lisa Metzger (LM), Alexander Meyer (AM), Oliver Niermann (ON), Christian Obert (CO), Hans-Joachim Palm (HP), Dr. Daniel Ranker (DR), Roswitha Sinz (RS), Eva Stelzner (ES), Sebastian Tackenberg (ST), Angelos Tsiokas (AT), Jennifer Rüberg (JRÜ) Layout & Gestaltung: Statement GmbH – Agentur für Marketing- und Designlösungen, Saarbrücken, Köln, Berlin http://www.agentur-statement.de Druck: Krüger Druck und Verlag Erscheinungsweise: 10 x jährlich Auflage: ca. 1.500 – 2.000 Exemplare Anzeigen: Statement GmbH – Agentur für Marketing- und Designlösungen, Saarbrücken, Julia Kaiser, Tel.: +49 (681) 99281-37 Der Bezugspreis ist für die Mitglieder der Verbände im Mitgliedsbeitrag enthalten.
EDITORIAL 1 Sozialmanagement lohnt sich! N icht nur gesellschaftspolitisch Gemeinsam mit lokalen Netzwerkpartnern macht ein aktives Sozialmanage- und sozialen Trägern geht es um die Lösung Foto: Klaudius Dziuk - Aesthetische Fotografie ment für Wohnungsunternehmen bestehender Probleme, Projekte zur Steige- Sinn, auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht rung der Mieterzufriedenheit und um die bietet es einen enormen Mehrwert. Der Schaffung eines attraktiven Lebensraumes. Vandalismus nimmt ab, die Fluktuation ist Dazu gehören sowohl die bedarfsorien- niedrig und die Kundenbindung hoch. tierte Projektinitiierung und die Bearbei- tung von „eskalierenden Beschwerden“ und Das soziale Engagement ist bei vielen Un- Konflikten zwischen Mietern als auch die ternehmen mittlerweile fest verankert, denn Belegungssteuerung für eine gute Durchmi- sozial verantwortliche Wohnungsunterneh- schung von Wohnvierteln und die sozialver- men stellen nicht nur angemessenen und trägliche Belegung von Quartieren. bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung, sondern gestalten auch ein sicheres und All das hat positive Effekte auf jedes einzelne lebenswertes Wohnumfeld. Wohngebiet: Quartiere schaffen und Quar- tiere bewahren bleibt die zentrale Heraus- Mit Sozialarbeitern, Sozialpädagogen, Inte- forderung der Wohnungswirtschaft. Denn grationslotsen oder Streetworkern können Wohnen ist eben mehr als nur ein Dach über soziale Projekte und Aktivitäten zur Verbes- dem Kopf. Quartiere werden baulich geplant. „Das soziale serung des Wohnumfeldes in den Quartieren Durch zahlreiche begleitende Projekte und Engagement ist bei umgesetzt werden: Quartiersmanagement, durch das soziale Engagement werden dar- Mietschuldenberatung, Jugendarbeit, Um- aus lebenswerte Quartiere geschaffen. vielen Unternehmen welt- und Naturbildung, Schul- und Bil- mittlerweile fest dungsprojekte, Mitmach-Kunstangebote, Krisenintervention, interkulturelle Arbeit, verankert.“ soziale Beratung älterer Menschen, Kon- fliktmanagement – nahezu das gesamte Spektrum sozialer Arbeit findet sich im Auf- Alexander Stock gabenbereich der Sozialarbeiterinnen und Abteilungsleiter Sozialmanagement -arbeiter in Wohnungsunternehmen. der GAG Immobilien AG 11/2019 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
2 INHALT 4 14 22 Den Mieter als Menschen VdW-Verbandstag 2019 EXPO REAL 2019 im Blick – Sozialarbeit in in Wuppertal Wohnungsunternehmen SCHWERPUNKT VdW-VERBANDSTAG AKTUELLES 4 Den Mieter als Menschen im Blick 14 Zu Gast im Bergischen Land 28 Wohnungswirtschaft betrachtet Sozialarbeit in VdW-Verbandstag 2019 in Wuppertal Strategie mit gemischten Gefühlen Wohnungsunternehmen Klimaschutzprogramm 19 Impressionen vom der Bundesregierung 6 „Die Zahl der Menschen ohne VdW-Verbandstag 2019 eigene Wohnung hat in den letzten 20 Vollversammlung der Sparten 29 Leben gestalten – Selbstbestimmt! Jahren stetig zugenommen“ Messebericht Interview mit Karl-Josef Laumann, REHACARE International Minister für Arbeit, Gesundheit 21 Ausgezeichnete Nachwuchs- Genossenschaftsrecht für und Soziales des Landes leistungen in der Immobilien- Aufsichtsräte in Königswinter Nordrhein-Westfalen wirtschaft Zuständigkeit, Rechte und Pflichten Ehrungen VdW-Verbandstag 7 „Auf gute Nachbarschaft“ – von Aufsichtsratsmitgliedern Warum es auch für Wohnungs- Stipendiat mit Leidenschaft für unternehmen sinnvoll ist, dem die Arbeit in Genossenschaften Zusammenleben in Siedlung und AKTUELLES NRW Stadtteil verstärkt Aufmerksamkeit zu widmen EXPO REAL 2019 30 Sozial- und Arbeitslosenrecht in der Gastbeitrag von Prof. Dr. Klaus Selle, wohnungswirtschaftlichen Praxis Experte für Planungstheorie und Stadtentwicklung 22 Es gibt viel zu tun 49. Treffpunkt Sozialarbeit EXPO REAL 2019 8 Soziale Arbeit geht am besten 26 Impressionen von der AKTUELLES RLP gemeinsam! EXPO REAL 2019 Was sagen die Kooperationspartner? 31 Landesregierung eröffnet Kooperationsrahmen für mehr 10 „Das Sozialmanagement ist der bezahlbaren Wohnungsbau Schlüssel zu effektiven Lösungen für die Ansprüche unserer Mieter“ Ein Angebot an die Landkreise Praxisbeispiel Bochumer Wohnstätten eG 12 Ein Tag mit Sylke Born, Sozialarbeiterin in Köln Chorweiler-Nord Sozialmanagement vor Ort 11/2019 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
INHALT 3 28 32 42 Klimaschutzprogramm Zu Gast in der Bochumer Intelligente Ausstattung der Bundesregierung Flüssesiedlung für mehr Wohnkomfort – VIVAWEST startet Smarthome VdW-ARBEITSKREISE RECHT FÜR SIE GELESEN 32 Zu Gast in der Bochumer 36 Nicht jeder Wohnungswechsel 43 Zwischen sozialer Arbeit Flüssesiedlung stellt eine unzumutbare Härte dar und Stadtentwicklung Herbstsitzung des Neues BGH-Urteil zu Härtefallen im Aus verschiedenen Blickwinkeln „Arbeitskreises Bauträgerwesen“ Sinne des § 574 Abs. 1 Satz 1 BGB 38 Anforderungen an die Ankündigung SEMINARE von Erhaltungsmaßnahmen TERMINE 2019 Wohnraummietrecht 44 Seminare im November 32 Termine 2019 39 Kündigung wegen Störung und Dezember 2019 des Hausfriedens? Wohnraummietrecht STEUERN 33 Abgabe der TECHNIK UND MULTIMEDIA Steuererklärungen 2018 Verfahrensrecht 40 Verbändebündnis legt Sieben-Punkte-Plan für mehr Ausstellung von elektronischen Mieterstrom vor Lohnsteuerbescheinigungen Energiewende in die Städte bringen ab 2020 Lohnsteuer 41 Urbane Energiewende Fachkongress „Nachhaltige Alterseinkünfte-Rechner 2020 Quartiersentwicklung“ Einkommensteuer 34 Firmenwagen – Einzelbewertung 42 Intelligente Ausstattung für mehr Wohnkomfort für Fahrten zwischen Wohnung VIVAWEST startet Smarthome und Tätigkeitsstätte Einkommensteuer 35 Zinsschranke Körperschaftsteuer / Gewerbesteuer Hinweis: Aus Gründen der besseren Lesbar- keit wird die männliche Personenbezeichnung gewählt. Die Angaben beziehen sich jedoch auf beide Geschlechter. 11/2019 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
4 SCHWERPUNKT Den Mieter als Menschen im Blick SOZIALARBEIT IN WOHNUNGSUNTERNEHMEN >> Wohnungsunternehmen und -genossenschaften berühren mit ihrer Tätigkeit die Leben von Millionen Menschen auf eine Weise, wie es nur wenige andere Branchen tun. Dies gilt gleichermaßen für gute Zeiten wie für die schwierigen Phasen, in denen eine andere Wohnung gefunden werden muss, Konflikte in der Nachbarschaft entstehen oder aus anderen Gründen sogar das ganze Leben von Mietern aus den Fugen zu geraten droht. Für Mieter sind gerade in diesen Phasen in immer mehr Wohnungsunternehmen und -genossenschaften Ansprechpartner zur kurz- und langfristigen Unterstützung zur Stelle: Sozialarbeiter, Quartiersmanager, Mietschuldenberater, Seniorenbeauftrag- te und viele mehr. Dabei verändern Me- gatrends wie die Individualisierung und Heterogenisierung der Gesellschaft, der demografische Wandel, sich wandelnde Anforderungen an den Sozialstaat und die Urbanisierung das Zusammenleben in den Quartieren bereits stark und werden es wei- ter beeinflussen. Dass Wohnungsunternehmen und -genos- senschaften begonnen haben, sich in ei- nem Bereich zu engagieren, in dem auch staatliche, kirchliche und andere soziale Träger aktiv sind, hatte verschiedene Grün- Dabei lassen sich unter dem Begriff „Sozi- ken Mietern, Suchthilfe, Krisenintervention, de: Gestiegene Ansprüche der Mieter an das alarbeit" in Wohnungsunternehmen ver- interkulturelle Arbeit und Konfliktmanage- soziale Wohnumfeld spielten dabei ebenso schiedenste Tätigkeiten, die sich mit den ment bis hin zur Beratung bei Umbaumaß- eine Rolle wie etwa wirtschaftliche Verlus- Aspekten des menschlichen Zusammenle- nahmen – nahezu das gesamte Spektrum te durch Leerstände aufgrund schwieriger bens auseinandersetzen, subsummieren: sozialer Arbeit findet sich im Aufgabenbe- direkter Nachbarschaften. Aus der sozialen Die Gesellschaft wird nicht nur „älter und reich von Sozialarbeitern in Wohnungsun- persönlichen Betreuung durch Ansprech- bunter“, sondern auch sich wandelnde Fa- ternehmen wieder. Und gerade deshalb sind partner vor Ort entstanden etwa Mietschul- milienstrukturen und Arbeitsverhältnisse, hier „Generalisten mit Kommunikationsver- denberatungen, die aufgrund wachsender das zunehmende Auftreten psychischer Er- mögen“ gefragt. Mietrückstände und der steigenden Kosten krankungen und Fragen von Migration und für deren Rechtsverfolgung auch wirtschaft- Integration erfordern immer mehr soziales Die Aufgabenbereiche dieser Generalisten liche Mehrwerte schafften. Darüber hianus Engagement vor Ort. unterscheiden sich abhängig von der Grö- wird die Teilhabe der Mieter am gesellschaft- ße des Unternehmens aber auch zwischen lichen Leben gefördert. Generalisten mit eher städtischen oder eher ländlich gepäg- Kommunikationsvermögen ten Wohnungsmärkten stark. Den Blick auf Zwischen Wirtschaftlichkeit Dieses vielfältige Engagement ist häufig ganze Wohnquartiere wie die Arbeit mit und sozialer Verantwortung durch soziale Projekte entstanden und hat Einzelfällen müssen aber alle gleichermaßen Sozialarbeiter sind außerdem Ansprech- sich in festen Strukturen etabliert. Immer beherrschen, ebenso wie die Übergänge zu partner und Unterstützung für Mieter in häufiger werden Wohnungsunternehmen anderen Abteilungen innerhalb des Unter- schwierigen Lebenslagen und können so dabei für komplexe soziale Fragestellungen nehmens oder zu Kooperationspartnern. über indirekte Faktoren wie Kundenzufrie- gefragte Kooperationspartner für soziale Denn nur so können etwa am gleichen Tag denheit, Kundenbindung und soziales Image Vereine, Sozialträger und die Kommunen. Mieter beim Umgang mit dem Jobcenter positiv auf das gesamte Unternehmensbild Aus dem ursprünglich engen Tätigkeitsfeld unterstützt, für einen altersgerechten Woh- einwirken. Der Einsatz von Sozialarbeitern ist eine thematisch breit angelegte Spezial- nungsumbau beraten und Streit über die bleibt somit eine unternehmenspolitische beratung und -planung geworden, die auf Müllentsorgung geschlichtet werden. Und Entscheidung, die nicht ausschließlich unter die unterschiedlichsten Fragestellungen dabei müssen die Mitarbeiter immer wieder rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten gese- der Mieter unmittelbar reagieren kann: Von den Spagat schaffen, den mieterbezogenen hen werden sollte. Jugend- und Seniorenarbeit über Mietschul- Arbeitsansatz und das Handeln im Unter- denberatung, Umgang mit psychisch kran- nehmensinteresse zu vereinen. 11/2019 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen Illu: chris2766 – stock.adobe.com
SOZIALARBEIT IN WOHNUNGSUNTERNEHMEN 5 Austausch und Vernetzung im Treffpunkt Sozialarbeit Die genannten sind nur ein Teil der Heraus- forderungen, die die Teilnehmer im „Treff- punkt Sozialarbeit“ des VdW Rheinland Westfalen zweimal jährlich miteinander dis- kutieren, ergänzend werden einzelne The- men wie Pflege im Quartier, interkulturelle Kompetenz oder Sozialgesetzgebung in den Fokus gerückt und durch externe Referenten spezifisches Wissen vermittelt. Der kollegiale Austausch – etwa bei den Be- rührungspunkten mit aufsuchender Hilfe – Foto: VdW RW ist ein wichtiger Bestandteil: Hier werden praktische Lösungen im Treffpunkt kur- zerhand untereinander ausgetauscht oder kritisch diskutiert. Für viele ein wertvoller Austausch, besonders, da manche Sozial- Am 25. Juni 2019 unterschrieb die Wohnungswirtschaft gemeinsam mit NRW-Sozialminister arbeiter in kleineren Unternehmen eher Karl-Josef Laumann die Kooperationsvereinbarung zu „Endlich ein ZUHAUSE!“ Einzelkämpfer sind. Der Treffpunkt entstand bereits 1997, inzwischen 49 Sitzungen zeigen die Relevanz des Themas aus.. matik verschärft, kommt häufig zuerst bei den Sozialarbeitenden an und multiplizieren Herausforderungen und Potenziale sich in die Unternehmensführungen und verändern sich immer wieder die politischer Ebene. So geschehen bei der Gesellschaftliche Entwicklungen erzeugen Landesinitiative „Endlich ein Zuhause!“ neue Handlungsbedarfe, etwa im Bereich zwischen Wohnungswirtschaft und Minis- der Wohnungslosigkeit: Nach Schätzung terium für Arbeit, Gesundheit und Soziales der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungs- des Landes Nordrhein-Westfalen. Mietern weiter begünstigen, andererseits losenhilfe waren 2018 rund 650.000 Men- erhalten ganz neue Formen von nachbar- schen in Deutschland ohne Wohnung, davon Beim Blick auf die künftigen Aufgaben von schaftlicher Vernetzung eine Chance, wie die 44.434 Personen in Nordrhein-Westfalen. Wohnungsunternehmen ist auch der Megat- Aktivierung von temporärem gesellschaftli- Dass diese steigende Tendenz sich seit Jah- rend der Digitalisierung nicht zu unterschät- chem Engagement und digital unterstützte ren fortsetzt und besonders in angespannten zen: Digitale Räume können einerseits die Pflege- und Gesundheitsangebote. Wohnungsmärkten wie Köln, Düsseldorf Isolierung vom nachbarschaftlichen Umfeld oder dem Rhein-Erft-Kreis sich die Proble- begünstigen und so die Vereinzelung von Unsere alternde Gesellschaft wird diese An- gebote vermehrt benötigen: Der Altenquo- tient könnte im Jahr 2060 bis das Doppelte des heutigen Werts betragen. Laut Voraus- Altersstruktur der Bevölkerung in Deutschland, 1950 – 2060 berechnungen des Statistischen Bundesamts Der demografische Wandel wird das Zusammenleben in den Quartieren stark verändern aus dem Jahr 2018 wird die Bevölkerung in Deutschland bei einem gleichbleibenden Geburtenniveau von 82 Millionen auf 67 bis 73 Millionen Menschen im Jahr 2060 zurück- gehen: Besonders diese Entwicklung treibt die Sozialmanagements in Wohnungsunter- nehmen und -genossenschaften zunehmend um – präventiv genauso wie bei der tages- aktuellen Unterstützung von Mietern. Mit ihrem sozialen Engagement übernimmt die Wohnungswirtschaft zunehmend Aufga- ben, die nicht zu ihrem originären Betäti- gungsfeld gehören, aber das Verantwor- tungsbewusstsein gegenüber Mietern und der Gesellschaft unterstreicht.Es geht eben * Ergebnis der aktualisierten 14. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung (Variante 2) auch um die Menschen hinter den Mietver- Datenquelle: Statistisches Bundesamt © BiB 2019 / demografie-portal.de trägen. AM 11/2019 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
6 SCHWERPUNKT INTERVIEW MIT KARL-JOSEF LAUMANN, MINISTER FÜR ARBEIT, GESUNDHEIT UND SOZIALES DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN „Die Zahl der Menschen ohne eigene Wohnung hat in den letzten Jahren stetig zugenommen“ Karl-Josef Laumann ist seit 2017 Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nord- rhein-Westfalen. In der Landeshauptstadt setzt er sich für eine Verbesserung der medizinischen und pflegerischen Versorgung, Unterstützung für Jugendliche im Übergang von der Schule in das Berufsleben sowie der Bekämpfung von Armut und Wohnungslosigkeit ein. Dazu hat er u. a. das Landesprogramm „Zusammen im Quartier – Kinder stärken – Zukunft sichern“ zur Armutsbe- kämpfung auf den Weg gebracht. VM: Vor welchen sozialen Verände- nehmen aber auch eine große Rolle für das Foto: Jördis Zähring rungen und Herausforderungen steht Zusammenleben und die soziale Entwick- Nordrhein-Westfalen derzeit? lung im Wohnquartier. Dabei denke ich z. B. an Beratungsangebote oder an Treffpunkte Karl-Josef Laumann: Besondere Sorgen für bestimmte Gruppen wie junge oder alte machen mir die Kinderarmut und die Menschen. Wohnungslosigkeit. Der Anteil der Sozi- alleistungsbezieher ist bei den Kindern VM: Am 27. Juni 2019 hat Ihr Ministerium und Jugendlichen innerhalb von fünf mit drei großen Wohnungsunternehmen Jahren doppelt so stark gestiegen wie bei sowie dem Verband der Wohnungs- und der Gesamtbevölkerung. Deshalb haben Immobilienwirtschaft Rheinland West- wir das Aktionsprogramm „Zusammen im falen die Landesinitiative „Endlich ein Quartier“ gestartet. Mit jährlich acht Mil- ZUHAUSE!“ ins Leben gerufen. Welche lionen Euro fördern wir Projekte für junge Hoffnungen und Ziele verknüpfen Sie Menschen in benachteiligten Quartieren. damit? Ein weiteres Problem ist die Versorgung nungen für wohnungslose Menschen be- mit bezahlbarem Wohnraum. Gerade im Karl-Josef Laumann: Mit der Landesiniti- reitstellt. Im Gegenzug stellt das Land den unteren Segment sind die Mieten stärker ative wollen wir die Kommunen bei ihren 20 Städten und Kreisen mit den meisten gestiegen als die Einkommen. Wohnen Bemühungen für wohnungslose und von Wohnungslosen insgesamt drei Millionen wird immer mehr zum Armutsrisiko. Und Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen Euro zur Verfügung, damit sie Sozialar- im schlimmsten Fall führt der Mangel unterstützen. Wir setzen auf drei Ebenen beiter und Immobilienkaufleute als sog. an bezahlbarem Wohnraum zur Woh- an: Wohnungsverluste möglichst verhin- „Kümmerer“ einstellen. Diese sollen im nungslosigkeit und damit zu einer der dern, Wohnraum für Menschen ohne eige- engen Kontakt mit der Wohnungswirt- bedrückendsten Formen von Armut und ne Wohnung schaffen und schließlich die schaft erreichen, dass Menschen ihre sozialer Ausgrenzung. Die Zahl der Men- Lebenslagen von obdachlosen, wohnungs- Wohnung gar nicht erst verlieren. Und sie schen ohne eigene Wohnung hat in den losen und von Wohnungsverlust bedrohten sollen wohnungslose Menschen in neuen letzten Jahren stetig zugenommen. Menschen verbessern. Der erste Baustein Wohnraum vermitteln und sie auch weiter der Landesinitiative ist die Kooperations- betreuen, damit sie die Wohnungen nicht VM: Welche Rolle kommt aus Ihrer vereinbarung mit der Wohnungswirtschaft. gleich wieder verlieren. Weitere Bausteine Sicht der Wohnungswirtschaft bei der Ganz wichtig ist dabei die Prävention. Denn werden folgen. Als Nächstes kümmern wir sozialen Entwicklung in Nordrhein- Vermieter sind die ersten, die von Zahlungs- uns um die Suchtberatung für wohnungs- Westfalen zu? schwierigkeiten ihrer Mieter erfahren. Wenn lose Menschen. Für die Landesinitiative es rechtzeitig gelingt Gegenmaßnahmen „Endlich ein ZUHAUSE!“ nehmen wir Karl-Josef Laumann: Eine ganz wichtige einzuleiten, lassen sich Kündigungen und ordentlich Geld in die Hand: In diesem zentrale Aufgabe der Wohnungswirtschaft Räumungsklagen oft verhindern. Außer- Jahr wurden die Haushaltsmittel zur Be- ist natürlich die Bereitstellung von be- dem wollen wir wohnungslosen Bürgern in kämpfung der Wohnungslosigkeit von zahlbarem Wohnraum, der Neubau und Nordrhein-Westfalen besseren Zugang zu knapp zwei auf knapp fünf Millionen Euro die Sanierung des Wohnungsbestands. Wohnraum verschaffen. Wir haben verein- aufgestockt, nächstes Jahr sollen noch Immer häufiger spielen Wohnungsunter- bart, dass die Wohnungswirtschaft Woh- einmal zwei Millionen dazukommen. 11/2019 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
SOZIALARBEIT IN WOHNUNGSUNTERNEHMEN 7 GASTBEITRAG VON PROF. DR. KLAUS SELLE, EXPERTE FÜR PLANUNGSTHEORIE UND STADTENTWICKLUNG „Auf gute Nachbarschaft“ – Warum es auch für Wohnungs- unternehmen sinnvoll ist, dem Zusammenleben in Siedlung und Stadtteil verstärkt Aufmerksamkeit zu widmen W ohnen ist mehr als „vier Wände und ein Dach überm Kopf“. Ei- ne solche Feststellung gilt seit Langem als Binsenweisheit. Aber über das „mehr“ kann man sehr verschiedener Auffas- sung sein. Da hilft vielleicht eine im letzten Jahr durchgeführte Untersuchung – beauf- tragt von der ja durchaus mit dem Thema Wohnen eng assoziierten Firma Ikea. Anders als man erwarten könnte, richten sich die Ergebnisse des „Life at Home Reports 2018“ aber nicht vorrangig auf die Zimmer einer Wohnung und deren Möblierung, sondern, wie es der Titel „Beyond four Walls“ bereits Foto: DüBS signalisiert, auf Netzwerke von Orten, Räu- men und sozialen Beziehungen. Um sich „zu Hause“ zu fühlen, so eine Kernbotschaft der Studie, kommt es neben der Wohnung auch auf deren bauliche und soziale Umfelder an. derung nachbarschaftlichen Lebens“ bei den nungsumfeld einsetzen. Dort können sie zu Diese Erweiterung des Verständnisses von Aktivitäten, die sich sowohl auf den eigenen Austausch und gemeinsamem Handeln an- „Home“ sei eine relativ neue Entwicklung, Bestand wie auf die Umgebung beziehen, an stiften – aber auch lediglich als laufende In- die die Zukunft des Wohnens noch weiter vorderster Stelle steht. Dabei überschneiden formation über „das, was sich so tut“ genutzt prägen werde, heißt es in der Untersuchung. sich originär wohnwirtschaftliche Aktivi- werden. Da ähneln sie dann dem altgewohn- täten, Aspekte der Bewohnerbeteiligung ten Blick aus dem Fenster. Was auch zeigt: Diese Beobachtungen decken sich mit vielen bzw. des ehrenamtlichen Engagements und Traditionelle wie neue Formen der Nachbar- Einschätzungen aus jüngerer Zeit. Nicht um- Aufgaben aus den Bereichen der Gemein- schaftsbildung können heute zusammen sonst ist das Thema Nachbarschaft und das wesenarbeit, des Quartiermanagements etc. gedacht und genutzt werden. Denken in Quartierszusammenhängen ein Das führt zu einer Vielfalt unterschiedlicher prägendes Merkmal vieler Diskussionsbei- Organisationsformen, die in besonderer träge zu Stadt- und Stadtteilentwicklung. Das Weise von Kooperationen geprägt sind – mit kommt nicht von ungefähr: Insbesondere die eigenständigen (und oft von den Unterneh- GASTAUTOR demografische Entwicklung, die durch eine men selbst initiierten) Vereinen, mit freien starke Zunahme von Einpersonenhaushal- Trägern der Wohlfahrtspflege, mit Kommu- ten ebenso wie durch einen immer größer nen und anderen. Diese Überlagerungen werdenden Anteil alter Menschen geprägt von Handlungsfeldern und das Kooperieren ist, lässt Vereinzelung und Vereinsamung be- in Netzwerken dürfte auch für die Zukunft fürchten. Zugleich sind vielerorts sozial und der Sozialen Arbeit im Wohnbereich von kulturell heterogene Umfelder entstanden, Bedeutung sein. die nicht ohne Weiteres in ein konfliktfreies Zusammenleben münden. Und nicht zuletzt Mit Blick auf die weitere Entwicklung ist zu- wird Anonymität, früher als Kennzeichen dem von Bedeutung, dass das Verständnis städtischen Wohnens durchaus auch ge- von dem, was „Nachbarschaft“ heißt, im schätzt, heute zunehmend mit Gefühlen Wandel ist. Insbesondere räumlich ist sie der Unsicherheit verbunden. Es steigt der „entgrenzter“. Besonders deutlich wird das Prof. Dr. Klaus Selle war von 2011 bis 2018 Wunsch nach sozialer Kontrolle in einer bei der Nutzung der „Neuen Medien“. Sie Lehrstuhlinhaber für Planungstheorie und vertrauten Umgebung. vermögen „Nachbarschaften“ entstehen zu Stadtentwicklung an der Fakultät Architektur Foto: Susanne Freitag lassen, die gar nicht mehr räumlich zu fassen der RWTH Aachen University.Seine Arbeits- Es ist daher nicht verwunderlich, dass in sind. Sie lassen sich aber auch, wie die Nut- schwerpunkte sind neben Stadtentwicklung, einer Befragung genossenschaftlicher Woh- zung einiger explizit auf die Förderung nach- Prozessgestaltung, Projekt- und Quar- nungsunternehmen (im Auftrag des Vereins barschaftlicher Kontakte ausgerichteter tiersentwicklung sowie Bürgerbeteiligung. „Wohnen in Genossenschaften“), die „För- Plattformen zeigt, sehr gut im engeren Woh- 11/2019 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
8 SCHWERPUNKT WAS SAGEN DIE KOOPERATIONSPARTNER? Soziale Arbeit geht am besten gemeinsam! Immer mehr Lebensbereiche von Mietern und Arbeitsbereiche von Wohnungsunternehmen und -genossenschaften sind von sozialen Fragen betroffen. Die Lösungen entstehen oft in Teamarbeit. Das VerbandsMagazin hat eine Auswahl von Kooperationspartnern um ihre Einschätzung zur Zusammenarbeit mit der Wohnungswirtschaft gebeten. Sebastian Kröger, Leiter der Abteilung Stadterneuerung und Quartiersentwicklung der Stadt Dortmund „Immobilien bilden die Adresse eines Quartiers bzw. men u. a. in den Dortmunder Stadterneuerungsgebieten Stadtteils: qualitätvoll modernisierte Fassaden und gut „Hörde“, „Nordstadt“, „Unionviertel/Rheinische Straße“ ausgestattete Wohngebäude tragen wesentlich zum und „Westerfilde/Bodelschwingh“ durch ihre engagierte positiven Image eines Standortes, aber auch zur Wohn- Arbeit eine Vorbildfunktion für private Einzeleigentümer zufriedenheit der dort lebenden Menschen und somit zur und setzen beispielsweise durch die bedarfsorientierte Stabilisierung von Quartieren bei. Darüber hinaus schaffen Instandsetzung und Aufwertung ihrer (Wohn-)Immobilien, sie oftmals Identifikation und Orientierung. aber auch durch vielfältige Beratungsangebote, positive Impulse im Stadtteil. Die enge sowie vertrauensvolle Kooperation und Verein- barung gemeinsamer Zielrichtungen zwischen zahlreichen In den letzten Jahren konnten neben zahlreichen bauli- Immobilieneigentümern und dem Amt für Stadterneue- chen Gemeinschaftsprojekten, wie z. B. die Neugestaltung Amt für Stadterneuerung Foto: Stadt Dortmund - rung der Stadt Dortmund ist deshalb eine wichtige Basis von Spiel- und Freiflächen und Fassadengestaltungen, für die Entwicklung eines Standortes und in den Dortmun- auch etliche Projekte realisiert werden, die u. a. nachhaltig der Stadterneuerungsgebieten über viele Jahre gewachsen zur Vernetzung der Quartiersbewohner und damit unmit- und daher sehr gut etabliert. Den Wohnungsunternehmen telbar zur Stärkung der Nachbarschaften und Förderung kommt dabei eine ganz besondere Rolle zu. Sie überneh- des bürgerlichen Engagements beigetragen haben.“ Norbert Siebers, Pädagogische Geschäftsführung von Ambulante Dienste Münster e. V. „In der Stadt Münster wurde der erste Quartiersstützpunkt In den Räumlichkeiten der Quartiersstützpunkte werden im Jahr 2009 vom Ambulante Dienste Münster e. V. in zudem vielfältige Aktivitäten wie Mittagstisch, gemein- Kooperation mit der Wohn + Stadtbau Münster GmbH sames Frühstück, Yoga-Kurs, Nachmittagskaffee etc. ins Leben gerufen. Aufgrund der guten gemeinsamen angeboten. Die Räumlichkeiten der Quartiersstützpunkte Erfahrungen wurde im Jahr 2014 mit einem weiteren sind barrierefrei und auch für andere Quartiersbewohner Quartiersstützpunkt die Kooperation ausgeweitet. Die Ziele offen zugänglich. der Kooperation in den Quartiersstützpunkten sind u. a.: Der Erfolgsgarant der Kooperation ist, dass die Zusam- • Wohnen mit Versorgungssicherheit im Quartier menarbeit „auf gleicher Augenhöhe“ stattfindet. So sind • Integratives Wohnen im bestehenden Umfeld von älteren beispielsweise die Einbeziehung bei der Planung der Foto: Ambulante Dienste e.V. Menschen und Menschen mit Behinderungen. Auch bei Quartiersstützpunkte sowie das Vorschlagsrecht bei einem steigendem Hilfebedarf wird ein Verbleib im angestamm- Teil der Wohnungen im Quartier zu nennen. Im Gegenzug ten Wohnquartier ermöglicht. bringt der Verein Ambulante Dienste e. V. ein hohes Maß • Stärkung der Selbsthilfefähigkeiten der hilfebedürftigen an Kompetenz und Erfahrung im Bereich der ambulanten Menschen und ihres sozialen Umfeldes Betreuung und Begleitung mit. Für eine weitere Auswei- tung der erfolgreichen Kooperation haben sich beide Seiten jüngst ausgesprochen. Wir freuen uns darauf!“ 11/2019 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
SOZIALARBEIT IN WOHNUNGSUNTERNEHMEN 9 Diplom-Sozialarbeiter Birger Reith, Mitarbeiter des Sozialpsychiatrischen Dienstes des Ennepe-Ruhr-Kreises „Psychische Erkrankungen, Süchte inklusive, sind für das bewältigen und weitere vermeiden, zu erreichen, koope- Zusammenleben von Menschen eine Herausforderung. rieren wir mit allen an der psychiatrischen Versorgung Dies gilt für den Familien- und Freundeskreis, noch stär- beteiligten Institutionen. Dazu zählen beispielsweise die ker aber ohne Frage für das Mit- und Nebeneinander von Fachabteilungen der Krankenhäuser, die Kontaktstellen Mietern, die sich mehr oder weniger gut kennen. Hierzu für psychisch Kranke und das ambulant betreute Wohnen. stehen wir beispielsweise auch mit der Ennepetaler Bau- genossenschaft „Die Voerder“ in Kontakt. Erfreulicherweise gibt es ein gutes Netzwerk mit vielen Akteuren, die helfen wollen und können, die Menschen, Foto: Niemann/Sozialpsychiatrischer Dienst Grundsätzlich hat aber jeder Bürger Anspruch auf kosten- die sich eigenständig keine Hilfe holen, nicht durch das lose Hilfe und Beratung durch den Sozialpsychiatrischen Netz fallen zu lassen. Dienst. Natürlich ist niemand gesetzlich gezwungen, diese auch anzunehmen. In der Zusammenarbeit mit Mietern der Um das im Falle des Falles zu schaffen, spielen auch Baugenossenschaft haben wir aber sehr gute Erfahrungen Nachbarn eine wichtige Rolle. Beispiel: Wem ein Mitbe- gemacht. wohner auffällt, weil dieser deutlich verwahrlost und in seiner Wohnung mit sich selber spricht, sollte ruhig aktiv Unsere Vor-Ort-Arbeit im Quartier ist bestimmt von Kri- werden und mit dieser Information die Grundlage für ein senintervention und Beratung, diagnostischer Abklärung Hilfsangebot liefern.“ und Initiierung von Hilfen. Um das wichtigste Ziel, Krisen Rolf Wacker, Projektmanager „Wohnen – Selbstbestimmt!“ Bethel.regional „Menschen mit Behinderungen wollen wohnen wie an- andererseits Profis der sozialen Arbeit und Sozialraumori- dere Menschen auch. Manche allein, andere mit einem entierung für Menschen mit Behinderungen gefragt. Partner oder in einer Wohngemeinschaft. Die Wohnung selbst sollte mitten im Quartier liegen und damit eine Zahlreiche Kooperationsprojekte zwischen dem Stiftungs- Teilhabe am sozialen Leben ermöglichen. Das sind Kern- bereich Bethel.regional der von Bodelschwinghschen ergebnisse des Projekts „Wohnen – Selbstbestimmt!“. Stiftungen Bethel und Akteuren der Wohnungswirtschaft zeigen, dass nicht nur Menschen mit Behinderungen von Dem gegenüber steht ein Mangel an kleinen, bezahl- einer guten Quartiersarbeit profitieren. So bieten Begeg- baren und ggf. barrierefreien Wohnungen in beinahe nungsstätten wie im Pontanus-Carré in Paderborn (eine allen Städten und Gemeinden Nordrhein-Westfalens. Kooperation mit dem Spar- und Bauverein Paderborn eG) Um Menschen mit Behinderungen eine tatsächliche oder in Bielefeld Sennestadt (eine Kooperation mit der Wahlmöglichkeit anbieten zu können, muss dieser inklu- Baugenossenschaft Freie Scholle eG) Ansprechpartner im sive Wohnraum folglich durch die Wohnungswirtschaft Quartier und vielfältige Beteiligungs- und Begegnungs- geschaffen werden. Allerdings ist zu beachten, dass ein möglichkeiten für Mieter, Vereine und Initiativen vor Ort.“ „Zusammenwohnen“ allein noch nicht für Begegnung Foto: Bethel und weitere Möglichkeiten der Teilhabe sorgt. Es sind al- so einerseits Profis bei der Erstellung von Wohnraum und 11/2019 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
10 SCHWERPUNKT „Das Sozialmanagement ist der Schlüssel zu effektiven Lösungen für die Ansprüche unserer Mieter“ PRAXISBEISPIEL BOCHUMER WOHNSTÄTTEN EG >> Die Bochumer Wohnstätten eG feiert im November ihr 120-jähriges Bestehen und möchte auch weiterhin den genossenschaftlichen Grundgedanken wei- tertragen. Im Interview berichten Jürgen Finken, Vorstandsvorsitzender der Bochumer Wohnstätten eG, Helga Banke, Abteilungsleiterin Wohnmanagement, und Angelika Möller, Sozialmanagerin, zum Alltag und zu Herausforderungen und Zielen des Sozialmanagements in einer Genossenschaft, deren Mieter überwiegend höheren Alters sind. VM: Seit wann betreibt die Bochumer Wohnstätten eG Sozialmanagement in den Quartieren und welchen Mehrwert sehen Sie darin? Jürgen Finken: Die Bochumer Wohnstätten eG betreibt seit 19 Jahren Sozialmanagement und wir betrachten dieses Feld als wichti- gen Bestandteil der Verbindung zu unseren Mietern. Zu Beginn war für uns alles noch neu, unsere Mieter standen aber von Anfang VM: Wie sieht der Alltag im Sozialma- mühen wir uns, eine gute Nachbarschaft an in unserem Fokus. So können wir heute nagement Ihrer Genossenschaft aus und aufzubauen und aktive Netzwerke unter den sagen, dass wir mehr sind als nur ein reiner welches Konzept verfolgen Sie? Mietern zu fördern. Dazu zählt beispiels- Vermieter von Wohnraum. In Zeiten von weise zu gemeinsamen Aktivitäten in den knappem Wohnraum ist es uns ein großes Angelika Möller: Ich bin u. a. zuständig für Gemeinschaftsräumen unserer Senioren- Anliegen, vor allem älteren Mietern eine gute die Vermietung der Seniorenwohnungen, wohnanlagen einzuladen. Wir fokussieren Wohnsituation anbieten zu können. Das geht dazu habe ich von Anfang an den persönli- selbstverständlich nicht nur die Gruppe der aus unserer Sicht am besten durch einen per- chen Kontakt zu unseren Mietern gesucht, älteren Mieter, sondern betreiben auch Sozi- sönlichen Bezug zu unseren Mietern, dabei um zunächst Vertrauen aufzubauen. Das ist alarbeit im Bereich der Schuldnerberatung. ist das Sozialmanagement der Schlüssel zu besonders bei älteren Mietern sehr wichtig, Wir versuchen unsere Mieter zu beraten, effektiven Lösungen für die Ansprüche un- da sie in den meisten Fällen nur wenige wie sie wieder finanziell auf die Beine kom- serer Bewohner. soziale Kontakte haben. Anschließend be- men können und suchen gemeinsam nach Lösungen. VM: Vor welchen Herausforderungen stehen Sie und wo liegen die Grenzen Ihrer Tätigkeit? JÜRGEN FINKEN Vorstandsvorsitzender Helga Banke: Grundsätzlich lässt sich sagen, Bochumer Wohnstätten eG dass die Ansprüche, vor allem jüngerer Mie- ter, an eine Wohnung sich geändert haben. Nehmen wir z. B. ein junges Paar: Früher hat man in einer Zwei-Zimmer-Wohnung noch eine Familie gegründet und ist in der Woh- nung geblieben; heute zieht man nach dem zweiten Kind um und sucht sich eine größere Fotos: Bochumer Wohnstätten eG Wohnung. Bei unseren überwiegend älteren Mietern stellen wir jedoch eine größtenteils lange Verweildauer in unseren Wohnbestän- den fest – in Bochum-Riemke wohnen man- che Mieter schon seit 50 Jahren in unseren Wohnungen. Dort entsteht dann natürlich eine ganz andere Form der Nachbarschaft, die es uns möglich macht, auch im Einzelfall 11/2019 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
SOZIALARBEIT IN WOHNUNGSUNTERNEHMEN 11 effektives Sozialmanagement zu betreiben. Bei Beständen mit höherer Fluktuation ist das nur bedingt möglich. Und selbstver- ständlich muss die Kommunikation mit dem Mieter gegeben sein. Wenn man sich vor uns versperrt, sind uns auch die Hände gebunden. Das ist aber erfreulicherweise nur ANGELIKA MÖLLER die Ausnahme, wir stehen in engem Kontakt mit unseren Mietern und man kann sagen, Sozialmanagerin Bochumer Wohnstätten eG wir sind eine Gemeinschaft. VM: In welchen Bereichen arbeiten Sie mit Kooperationspartnern zusammen? Angelika Möller: Da wir in der Vergangen- heit unter unseren Mietern eine erhöhte Angst vor Einbrüchen bemerkt hatten, haben wir uns dazu entschlossen, unseren Mietern eine Beratung zur Vorbeugung von Einbrü- chen anzubieten. Dazu haben wir mit der Polizei, der Feuerwehr und einem Sicher- heitsunternehmen zusammengearbeitet. setzen und weitere gemeinsame Aktivitäten VM: Welche Unterstützung erhoffen Dies wurde sehr positiv von den Mietern auf- voranbringen. Da unsere Mieter überwie- Sie sich und von wem? genommen. An den durchgeführten Maß- gend höheren Alters sind und bestimm- nahmen, wie beispielsweise dem Einbau te Bedürfnisse haben, wollen wir unseren Jürgen Finken: Im Bereich Sozialmanage- von Sicherheitsschlössern, hat sich unsere Mietern bestmögliche Lösungen anbieten ment betrachten wir die Unterstützung oft- Genossenschaft zur Hälfte beteiligt. und ihnen den Alltag erleichtern. Wir un- mals einzelfallabhängig. Je nach Problem tersuchen derzeit weitere technische Op- braucht man von verschiedenen Stellen die Abgesehen davon sind unsere ehrenamt- timierungsmöglichkeiten, die über unsere passende Hilfe. Leider ist es immer ein wenig lichen Helfer als Ansprechpartner vor Ort aktuellen Assistenzsysteme hinausgehen, Glücksache, ob man jemanden antrifft, der unsere wichtigsten Kooperationspartner. Sie dort soll unser bereits bestehendes Hausnot- sich in der Sache engagiert und auch wirklich sind in der Nachbarschaft bekannt, haben rufsystem um weitere Komponenten ergänzt helfen kann. Im Rahmen unserer Möglich- ein offenes Ohr für die Belange unserer Mie- werden. Dabei tragen unsere Sozialmanager keiten versuchen wir, bis zu einer gewissen ter und stehen in direktem Kontakt zu uns. die wichtige Aufgabe der Kommunikation Grenze, Probleme alleine zu lösen. Eine gro- Sie sind uns eine sehr große Hilfe. bezüglich der Modernisierung, aber auch ße Hilfe wäre allerdings ein zentraler kom- als Anlaufstelle für Rückmeldungen unserer munaler Ansprechpartner: Beispielsweise im VM: Welche zukünftigen Schritte Mieter. Auch unseren jüngeren Mietern Fall von Transferleistungsempfängern wäre sind im Sozialmanagement geplant? werden sie weiterhin bei vielfältigen Pro- es sehr hilfreich, dort für unsere Belange eine blemlagen beratend zur Seite stehen und fachkundige, effektive Anlaufstelle zu haben. Helga Banke: Wir möchten unseren Ansatz je nach Bedarf den Kontakt zu passenden des generationengerechten Wohnens fort- Hilfsangeboten bereitstellen. VM: Welche langfristigen Ziele verfolgen Sie? Jürgen Finken: Langfristige Ziele unserer Genossenschaft sind eine hohe Mieterzufrie- HELGA BANKE denheit und dass weiterhin ältere Menschen Abteilungsleiterin lange in unseren Wohnungen bleiben können. Wohnungsmanagement Dafür strengen wir uns an und bieten hohe Bochumer Wohnstätten eG Serviceleistungen, um es unseren Mietern zu ermöglichen, dort bleiben zu können, wo sie sich wohlfühlen und wo man sich um deren Belange kümmert. Davon profitieren wir als Genossenschaft, aber auch unsere Mieter, weil sie in funktionierenden und eng vernetzten Hausgemeinschaften leben können. Mieter- zufriedenheit ist für uns das höchste Gut, da möchten wir den Grundgedanken der Genos- senschaft weitertragen und mehr sein als nur ein reiner Vermieter von Wohnraum. 11/2019 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
12 SCHWERPUNKT SOZIALMANAGEMENT VOR ORT Ein Tag mit Sylke Born, Sozialarbeiterin in Köln Chorweiler-Nord D as Sozialmanagement nimmt einen der Stadt Köln in sozialen Belangen bei der immer größeren Stellenwert in un- Wohnungssuche. Auch die Unterstützung seren Wohnungsunternehmen und psychisch erkrankter Mieter, verschiedene -genossenschaften ein. Die Problemlagen Projekte zur Inklusion von Menschen mit treten in unterschiedlicher Form und ver- Behinderungen sowie Hilfe für Jugendliche schiedenen Quartieren auf; in vielen Fällen in Köln-Chorweiler und den angrenzenden bedarf es eines mieternahen Ansatzes, um Stadtteilen Lindweiler und Volkhoven/Wei- praktikable Lösungen anbieten zu können. ler liegen in ihrem vielseitigen Aufgaben- Die GAG Immobilien AG ist schon seit meh- bereich. Dabei steht für sie der persönliche reren Jahren im Sozialmanagement sehr Kontakt und Austausch im Vordergrund, aktiv und setzt mit Erfolg ihre Konzepte in um den Mietern bei Problemen beratend den verschiedenen Kölner Quartieren um. zur Seite zu stehen und gegebenenfalls an kooperierende Einrichtungen und Dienste Dazu zählt Köln-Chorweiler, wo viele Mieter zu vermitteln. Ihr Ziel ist „die Erhöhung der Sehr wichtig für die Sozialarbeiterin ist auf engem Raum leben und das Unterneh- Mieterzufriedenheit sowie die Förderung der Besuch betroffener Mieter in deren men auch auf sein effektives Sozialmanage- einer positiven Nachbarschaft und Quar- Wohnumgebung ment angewiesen ist. Um einen Einblick zu tiersgemeinschaft“, erzählt die Kölnerin bekommen und die Perspektive eines Sozi- optimistisch. bieten zu können, die auf dem freien Woh- alarbeiters in einem Wohnungsunterneh- nungsmarkt wenig Aussichten auf eine pas- men zeigen zu können, waren wir einen Tag Der Arbeitstag von Born beginnt an ihrem sende Wohnung haben. Dazu begleiten wir lang zu Gast bei der Sozialarbeiterin Sylke Schreibtisch, an dem zu Beginn eine Tele- sie zu einer Verabredung mit einer potenziel- Born von der GAG Immobilien AG in Köln. fonkonferenz mit anderen Abteilungen des len neuen Mieterin. Das Ziel des Besuches Wir haben sie im Kundencenter Nord am Kundencenters angesetzt ist. Die GAG setzt ist es, sich ein Bild von einer jungen Frau Standort Chorweiler-Nord getroffen und für auf eine starke Kommunikation der verschie- auf der Suche nach einer neuen Wohnung einen Tag durch den Arbeitsalltag in ihrem denen Bereiche des Kundencenters, um eine zu machen. Im Rahmen der kommunalen Quartier begleitet. umfassende Betreuung aller Mieter sicherzu- Belegungsrechte ist es die Aufgabe der So- stellen. Die dazu nötigen Neuigkeiten wer- zialarbeiter, die persönlichen Umstände der Vor 25 Jahren begann die Kölnerin bei der den ausgetauscht, Born stimmt sich mit den potenziellen neuen Mieter einzuschätzen GAG ihre Tätigkeit als Wohnungsfürsorge- Mitarbeitern aus der Kundenbetreuung und und zu schauen, in welche Hausgemein- rin. Über mehrere berufliche Stationen bei Objektbetreuung zum weiteren Vorgehen schaft man sie am besten integrieren kann. anderen Unternehmen in leitender Position aktueller Anliegen ab. Anschließend wartet Doch das gelingt vor Ort heute nicht: Die mit Bezug zu Persönlichkeitsentwicklung der erste Außentermin des Tages. junge Frau ist diesmal nicht anzutreffen, ein und Sozialer Arbeit ist sie seit 2014 in Chor- neuer Anlauf wird nötig sein. Aber auch das weiler-Nord tätig und kümmert sich vor Auf dem Weg dorthin erklärt sie, dass es nicht gehört zum Alltag der Sozialarbeiterin dazu. allem um eskalierende Beschwerden aus der nur ihr persönlich, sondern auch der GAG Mieterschaft und die Zusammenarbeit mit ein Anliegen ist, auch Leuten ein Zuhause Anschließend geht es in ein anderes Quar- tier, in dem eine eskalierende Beschwerde nach einem Nachbarschaftsstreit vorliegt: Die Sozialarbeiterin möchte sich vor Ort im persönlichen Gespräch genauer über die Umstände informieren und sucht dazu die Mieterin auf, von der die Beschwerde über ihre Nachbarn vorliegt. In den meisten Fällen lösen sich Streitigkeiten unter den Mietern zügig wieder auf; es kommt jedoch vor, dass es einer Vermittlung durch die Sozialarbeiter bedarf. Dazu macht sich Born ein Gesamtbild von allen Beteiligten vor Ort, oft bietet sie dann Mediationen zur Streit- Sylke Born, Sozialarbeiterin der GAG Immobilien AG, beginnt ihre Arbeitstage häufig mit schlichtung an, die gerne von den Mietern Telefonaten mit Mietern angenommen werden. 11/2019 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
SOZIALARBEIT IN WOHNUNGSUNTERNEHMEN 13 Fotos: VdW RW Künstlerische Projekte zur Inklusion von Menschen mit Behinderung Das Mehrgenerationen-Projekt „Märchenwände“ lässt ehemals machen das Quartier bunter graue Fassaden in neuem Gewand erscheinen „Man bekommt sehr viel zurück“ milien geäußert haben. Durch besondere tanz zwischen beiden Wohnungen zu einem Auf diesem Weg hat sie schon einige Mieter Umstände ist bei der einen der Bedarf nach Hindernis für die Pflege. Auch bei diesem bei der Problemlösung begleitet und erlebt, einer neuen Wohnung entstanden. Auch in Umzugswunsch ist Born beratend für alle dass man in der Sozialarbeit persönlich sehr dieser Angelegenheit ist Born gefragt, die als Familienteile aktiv. Für die Umsetzung dieser viel zurückbekommt: „Die Leute begegnen Vermittlerin zwischen der Mieterschaft und Vorhaben arbeitet die Sozialarbeiterin in einem nicht immer von Beginn an mit Offen- kommunalen Vertretern in Bezug auf Bele- enger Kooperation beispielsweise mit dem heit, aber wenn man ihnen hilft, sind sie alle gungsrechte auftritt. In einer Familie gab es Wohnungsamt der Stadt Köln, verschiede- sehr dankbar und zeigen das auch.“ einen Arbeitsunfall, der das Treppensteigen nen Sozialleistungsträgern, Vereinen und in den zweiten Stock zu einer täglichen Mo- sozialen Einrichtungen zusammen. Dazu Besondere Freude empfindet die Sozialar- bilitätshürde „direkt hinter der Wohnungs- helfen ihr auch die Kontakte aus verschiede- beiterin an Projekten mit Beteiligung von türe“ gemacht hat. In diesem Fall klärt die nen Arbeitskreisen mit anderen lokalen Ak- Kindern, Jugendlichen, Senioren sowie Men- Sozialarbeiterin die Mieter über die benötig- teuren, die sie für ihre Mieter nutzen kann. schen mit körperlichen und geistigen Ein- ten Schritte und Möglichkeiten auf und trägt Und auch „immer wieder gerne nutzen schränkungen. So wurden beispielsweise aktiv dazu bei, Notsituationen zu lösen und wird“, sagt Born nach der Verabschiedung an bereits mehrere künstlerische Projekte um- den Alltag schon bald zu erleichtern. einem abwechslungsreichen Tag. „Die gesetzt, in denen farblose oder mit Graffiti nächsten sozialen Herausforderungen kom- beschmierte Fassaden in neuem Gewand er- Die GAG hat durch die Kundencenter in men ganz bestimmt.“ AT scheinen und das Quartier optisch aufwerten. ihren Quartieren in Köln eine passende Angesichts der Tatsache, dass es keine neuen Grundlage für aktives und effektives Sozi- Verunstaltungen an den Objekten gibt und almanagement gelegt. So kann die Mieter- die Mieter ihre Kunstwerke aktiv pflegen, sind schaft durch die tägliche Arbeit von Born und diese Projekte als volle Erfolge zu werten. So ihren Kollegen sowie durch gezielte Projekt- entstanden auch die „Märchenwände“ in arbeit unterstützt und für eine höhere Mie- einem generationenübergreifenden Projekt, terzufriedenheit und auch in schwierigeren bei dem Kinder aus den Kindertagesstätten Stadtteilen für gute Nachbarschaften gesorgt des Quartiers gemeinsam mit Bewohnern werden, in denen die Mieter gerne leben. aller Altersstufen Garagenrückwände mit Szenen aus bekannten Märchen umgestal- So auch im zweiten Termin. Hier besucht die teten. An diese Projekte erinnern die bunten Sozialarbeiterin eine Familie, in der ebenfalls Malereien in den Wohnquartieren, die Born der Wunsch nach einer neuen Wohnung tagtäglich begegnen. durch eine plötzliche Veränderung aufge- kommen ist: Die Pflegebedürftigkeit eines Bei zwei weiteren Terminen an diesem Tag Angehörigen, um den sich künftig ein Fami- Der Generationenpark lädt die Bewohner geht es um Umzugswünsche, die zwei Fa- lienmitglied kümmern wird, macht die Dis- zum Verweilen ein 11/2019 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
14 VdW-VERBANDSTAG VdW-VERBANDSTAG 2019 IN WUPPERTAL Zu Gast im Bergischen Land Eingeweiht wurde der wilhelminische Bau bereits 1900, aber bis heute hat er nichts von seiner imposanten Wirkung eingebüßt: In der Historischen Stadthalle Wuppertal fand der diesjährige VdW-Verbandstag am 24. und 25. September 2019 statt. Rund 400 Gäste aus Politik, Verwaltung, Fachöffentlichkeit und den Mitgliedsunternehmen und -genossenschaften des VdW Rheinland Westfalen erlebten ein Jahr vor den Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen ein spannendes Programm mit wohnungspolitischen Debatten zu Mietendeckel, Grundsteuer und Klimaschutz – und gingen dabei in vielen Gesprächen möglichen Antworten auf die Frage nach, wie sich die Wohnungswirtschaft im Westen künftig selbst verstehen und positionieren will. Die Wellenschläge aus Berlin werden sich vermutlich auch die bevorste- Fragen nur noch um angespannte Woh- Denn kaum ein Tag vergeht derzeit ohne henden Kommunalwahlen mit entscheiden. nungsmärkte und hier an erster Stelle in den mediale Berichterstattung über stetig weiter VdW-Präsident Ulrich Bimberg beleuchtete Städten Berlin, Hamburg oder München. steigende Mieten und zu wenig bezahlbaren diese Situation von verschiedenen Seiten Wohnraum. An dieser Diskussion und den aus: Zum einen vermittelt sich damit der Ein- Die Erfahrungen der Mitgliedsunternehmen von den Parteien präsentierten Lösungen druck, als ginge es bei wohnungspolitischen und -genossenschaften im VdW Rheinland 11/2019 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
VdW-VERBANDSTAG 15 VdW-Präsident Ulrich Bimberg sprach seine Begrüßung vor gut gefüllten Reihen Westfalen zeichneten hingegen ein anderes Fotos: Roland Baege Bild. Hier sei die Situation häufig eine ande- re, eine differenziertere, eine komplexere, der dieser eine Blickwinkel bei Weitem nicht gerecht wird. „Ich empfinde es per- sönlich auf jeden Fall häufig, dass mein wohnungswirtschaftlicher Alltag und der vieler Kolleginnen und Kollegen sowie die mediale Berichterstattung und öffentliche Aufmerksamkeit nicht ganz deckungsgleich sind. Das mag für das Land Berlin gelten, aber Berlin ist nicht ganz Deutschland, ist nicht Nordrhein-Westfalen und ist ganz bestimmt nicht Wuppertal oder Solingen“, so Bimberg. Oberbürgermeister Andreas Mucke stellte ein Bündnis für Wohnen in Wuppertal in Aussicht Der VdW-Präsident konstatierte eine Über- bauförderpolitik, die jüngst angestoßene Landesregierung – um nur einige Beispiele lagerung dieser und auch der allgemeinen Modernisierungsoffensive, eine moderne zu nennen. Seine Begrüßung schloss Bim- wohnungspolitischen Realität in NRW: Landesbauordnung und eine partnerschaft- berg mit dem Appell an das Auditorium: Durchgängige Kontinuität in der Wohnungs- liche Zusammenarbeit mit der amtierenden „Nicht mit dem Kopf in Berlin sein und da- rüber vergessen, dass Herz und Füße in der Region stehen.“ Wandel in Wuppertal Bimberg übergab danach an den gastgeben- den Oberbürgermeister Andreas Mucke, der anhand der (wohnungs-)wirtschaftlichen Situation von Wuppertal den vorangegange- nen Ausführungen anschaulich Leben ein- hauchte. Die Durchschnittsmiete liegt in der Stadt bei 5,50 Euro, hinter dem ehemaligen Industriestandort liegt eine Phase des Struk- turwandels, nach sinkenden Einwohner- zahlen geht es nun langsam wieder bergauf. So ist Wuppertal einer der Wohnstandorte, die von der Enge entlang der Rheinschiene Wohnungswirtschaftliche Wegweiser: Bauzäune mit Motiven aus der aktuellen profitieren. Dies als Chance zu verstehen, „Wohnwende“-Kampagne des GdW sieht Mucke als gemeinschaftliche Aufgabe >> 11/2019 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
16 VdW-VERBANDSTAG Diskutierten die aktuellen wohnungspolitischen Herausforderungen mit Moderatorin Angela Wegener (Radio Wuppertal): Axel Geschaschko (GdW), Mona Neubaur (Bündnis 90/Die Grünen), Stephen Paul (FDP), Jochen Ott (SPD), Fabian Schrumpf (CDU) und Alexander Rychter (VdW Rheinland Westfalen) (v. l.) von Wohnungswirtschaft und Kommune Die SPD will es wissen sammengefunden, um wohnungspolitische an, die es auf Augenhöhe zu lösen gelte. Im Zu Beginn sah alles noch ganz friedlich aus. Themen zu diskutieren. So kam auch der Rahmen seines Grußworts kündigte er dazu Eine seit dem Regierungswechsel im Diskurs Austausch zum Thema „Vergesellschaftung, die Gründung eines lokalen „Bündnisses für recht eingespielte Runde aus wohnungs- Landesmietendeckel, Grundsteueröffnungs- Wohnen“ an: Zum einen sei dies ein klares politischen Vertretern der Regierungs- und klausel und was noch? – die Wohnungs- Bekenntnis zum Standort Wuppertal, zum Oppositionsparteien sowie Verbandsver- wirtschaft vor den Kommunalwahlen 2020“ anderen signalisiere der Zusammenschluss tretern der Landes- und Bundesebene hatte zunächst einmal recht routiniert daher. die notwendige Verbindlichkeit. sich schon im ein oder anderen Format zu- GdW-Präsident Axel Gedaschko, VdW-Ver- 11/2019 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
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