VMVERBA ND SMAG VDW RHEINLAND WESTFALEN

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vm           Ve r b a nd s M a g a z i n
                                  Themen, Trends und Fakten der Wohnungs- und
                                  Immobilienwirtschaft – VdW Rheinland Westfalen
                                                                                   #1 1
                                                                                    2019

14   VdW-VERBANDSTAG 2019                       22    EXPO REAL 2019 –
     IN WUPPERTAL –                                   ES GIBT VIEL ZU TUN
     ZU GAST IM BERGISCHEN LAND

                                                4   SCHWERPUNKT – SOZIALARBEIT
                                                    IN WOHNUNGSUNTERNEHMEN
                                                    Den Mieter als
                                                    Menschen im Blick
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IMPRESSUM
Herausgeber:                     Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Rheinland Westfalen e. V.
                                 Goltsteinstr. 29, 40211 Düsseldorf, Tel.: +49 (211) 16998-0, Fax: +49 (211) 16998-50
                                 E-Mail: info@vdw-rw.de, http://www.vdw-rw.de

Verantwortlich für den Inhalt:   Alexander Rychter

Redaktion:                       Katrin Stamm (KS, Leitung)
                                 Jürgen Gnewuch (JG), Christina Göbel (CG), Dr. Svenja Haferkamp (SH), Cindy Merz (CM),
                                 Lisa Metzger (LM), Alexander Meyer (AM), Oliver Niermann (ON), Christian Obert (CO),
                                 Hans-Joachim Palm (HP), Dr. Daniel Ranker (DR), Roswitha Sinz (RS), Eva Stelzner (ES),
                                 Sebastian Tackenberg (ST), Angelos Tsiokas (AT), Jennifer Rüberg (JRÜ)

Layout & Gestaltung:             Statement GmbH – Agentur für Marketing- und Designlösungen, Saarbrücken, Köln, Berlin
                                 http://www.agentur-statement.de

Druck:                           Krüger Druck und Verlag

Erscheinungsweise:               10 x jährlich

Auflage:                         ca. 1.500 – 2.000 Exemplare

Anzeigen:                        Statement GmbH – Agentur für Marketing- und Designlösungen, Saarbrücken, Julia Kaiser, Tel.: +49 (681) 99281-37

                                 Der Bezugspreis ist für die Mitglieder der Verbände im Mitgliedsbeitrag enthalten.
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EDITORIAL 1

                                                 Sozialmanagement lohnt sich!

                                                 N
                                                          icht nur gesellschaftspolitisch        Gemeinsam mit lokalen Netzwerkpartnern
                                                          macht ein aktives Sozialmanage-        und sozialen Trägern geht es um die Lösung
Foto: Klaudius Dziuk - Aesthetische Fotografie

                                                          ment für Wohnungsunternehmen           bestehender Probleme, Projekte zur Steige-
                                                 Sinn, auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht   rung der Mieterzufriedenheit und um die
                                                 bietet es einen enormen Mehrwert. Der           Schaffung eines attraktiven Lebensraumes.
                                                 Vandalismus nimmt ab, die Fluktuation ist       Dazu gehören sowohl die bedarfsorien-
                                                 niedrig und die Kundenbindung hoch.             tierte Projektinitiierung und die Bearbei-
                                                                                                 tung von „eskalierenden Beschwerden“ und
                                                 Das soziale Engagement ist bei vielen Un-       Konflikten zwischen Mietern als auch die
                                                 ternehmen mittlerweile fest verankert, denn     Belegungssteuerung für eine gute Durchmi-
                                                 sozial verantwortliche Wohnungsunterneh-        schung von Wohnvierteln und die sozialver-
                                                 men stellen nicht nur angemessenen und          trägliche Belegung von Quartieren.
                                                 bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung,
                                                 sondern gestalten auch ein sicheres und         All das hat positive Effekte auf jedes einzelne
                                                 lebenswertes Wohnumfeld.                        Wohngebiet: Quartiere schaffen und Quar-
                                                                                                 tiere bewahren bleibt die zentrale Heraus-
                                                 Mit Sozialarbeitern, Sozialpädagogen, Inte-     forderung der Wohnungswirtschaft. Denn
                                                 grationslotsen oder Streetworkern können        Wohnen ist eben mehr als nur ein Dach über
                                                 soziale Projekte und Aktivitäten zur Verbes-    dem Kopf. Quartiere werden baulich geplant.
„Das soziale                                     serung des Wohnumfeldes in den Quartieren       Durch zahlreiche begleitende Projekte und
Engagement ist bei                               umgesetzt werden: Quartiersmanagement,          durch das soziale Engagement werden dar-
                                                 Mietschuldenberatung, Jugendarbeit, Um-         aus lebenswerte Quartiere geschaffen.
vielen Unternehmen                               welt- und Naturbildung, Schul- und Bil-
mittlerweile fest                                dungsprojekte, Mitmach-Kunstangebote,
                                                 Krisenintervention, interkulturelle Arbeit,
verankert.“                                      soziale Beratung älterer Menschen, Kon-
                                                 fliktmanagement – nahezu das gesamte
                                                 Spektrum sozialer Arbeit findet sich im Auf-
                                                                                                 Alexander Stock
                                                 gabenbereich der Sozialarbeiterinnen und        Abteilungsleiter Sozialmanagement
                                                 -arbeiter in Wohnungsunternehmen.               der GAG Immobilien AG

                                                                                                       11/2019 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
VMVERBA ND SMAG VDW RHEINLAND WESTFALEN
2       INHALT

4                                                       14                                       22
Den Mieter als Menschen                                 VdW-Verbandstag 2019                     EXPO REAL 2019
im Blick – Sozialarbeit in                              in Wuppertal
Wohnungsunternehmen

        SCHWERPUNKT                                          VdW-VERBANDSTAG                          AKTUELLES

    4   Den Mieter als Menschen im Blick                14   Zu Gast im Bergischen Land          28   Wohnungswirtschaft betrachtet
        Sozialarbeit in                                      VdW-Verbandstag 2019 in Wuppertal        Strategie mit gemischten Gefühlen
        Wohnungsunternehmen                                                                           Klimaschutzprogramm
                                                        19   Impressionen vom
                                                                                                      der Bundesregierung
  6     „Die Zahl der Menschen ohne                          VdW-Verbandstag 2019
        eigene Wohnung hat in den letzten
                                                        20   Vollversammlung der Sparten         29   Leben gestalten – Selbstbestimmt!
        Jahren stetig zugenommen“                                                                     Messebericht
        Interview mit Karl-Josef Laumann,                                                             REHACARE International
        Minister für Arbeit, Gesundheit                 21   Ausgezeichnete Nachwuchs-
                                                                                                      Genossenschaftsrecht für
        und Soziales des Landes                              leistungen in der Immobilien-
                                                                                                      Aufsichtsräte in Königswinter
        Nordrhein-Westfalen                                  wirtschaft
                                                                                                      Zuständigkeit, Rechte und Pflichten
                                                             Ehrungen VdW-Verbandstag
  7     „Auf gute Nachbarschaft“ –                                                                    von Aufsichtsratsmitgliedern
        Warum es auch für Wohnungs-                          Stipendiat mit Leidenschaft für
        unternehmen sinnvoll ist, dem                        die Arbeit in Genossenschaften
        Zusammenleben in Siedlung und                                                                 AKTUELLES NRW
        Stadtteil verstärkt Aufmerksamkeit
        zu widmen                                            EXPO REAL 2019                      30   Sozial- und Arbeitslosenrecht in der
        Gastbeitrag von Prof. Dr. Klaus Selle,                                                        wohnungswirtschaftlichen Praxis
        Experte für Planungstheorie und
        Stadtentwicklung
                                                        22   Es gibt viel zu tun                      49. Treffpunkt Sozialarbeit
                                                             EXPO REAL 2019

  8     Soziale Arbeit geht am besten                   26   Impressionen von der
                                                                                                      AKTUELLES RLP
        gemeinsam!                                           EXPO REAL 2019
        Was sagen die Kooperationspartner?
                                                                                                 31   Landesregierung eröffnet
                                                                                                      Kooperationsrahmen für mehr
10      „Das Sozialmanagement ist der
                                                                                                      bezahlbaren Wohnungsbau
        Schlüssel zu effektiven Lösungen
        für die Ansprüche unserer Mieter“                                                             Ein Angebot an die Landkreise
        Praxisbeispiel Bochumer
        Wohnstätten eG

12      Ein Tag mit Sylke Born,
        Sozialarbeiterin in Köln
        Chorweiler-Nord
        Sozialmanagement vor Ort

11/2019 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
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INHALT 3

28                                        32                                        42
Klimaschutzprogramm                       Zu Gast in der Bochumer                   Intelligente Ausstattung
der Bundesregierung                       Flüssesiedlung                            für mehr Wohnkomfort –
                                                                                    VIVAWEST startet Smarthome

     VdW-ARBEITSKREISE                         RECHT                                      FÜR SIE GELESEN

32   Zu Gast in der Bochumer              36   Nicht jeder Wohnungswechsel          43    Zwischen sozialer Arbeit
     Flüssesiedlung                            stellt eine unzumutbare Härte dar          und Stadtentwicklung
     Herbstsitzung des                         Neues BGH-Urteil zu Härtefallen im         Aus verschiedenen Blickwinkeln
     „Arbeitskreises Bauträgerwesen“           Sinne des § 574 Abs. 1 Satz 1 BGB

                                          38   Anforderungen an die Ankündigung
                                                                                          SEMINARE
                                               von Erhaltungsmaßnahmen
     TERMINE 2019
                                               Wohnraummietrecht
                                                                                    44    Seminare im November
32   Termine 2019                         39   Kündigung wegen Störung                    und Dezember 2019
                                               des Hausfriedens?
                                               Wohnraummietrecht
     STEUERN

33   Abgabe der                                TECHNIK UND MULTIMEDIA
     Steuererklärungen 2018
     Verfahrensrecht                      40   Verbändebündnis legt
                                               Sieben-Punkte-Plan für mehr
     Ausstellung von elektronischen
                                               Mieterstrom vor
     Lohnsteuerbescheinigungen
                                               Energiewende in die Städte bringen
     ab 2020
     Lohnsteuer                           41   Urbane Energiewende
                                               Fachkongress „Nachhaltige
     Alterseinkünfte-Rechner 2020
                                               Quartiersentwicklung“
     Einkommensteuer

34   Firmenwagen – Einzelbewertung        42   Intelligente Ausstattung
                                               für mehr Wohnkomfort
     für Fahrten zwischen Wohnung
                                               VIVAWEST startet Smarthome
     und Tätigkeitsstätte
     Einkommensteuer

35   Zinsschranke
     Körperschaftsteuer / Gewerbesteuer
                                                                                    Hinweis: Aus Gründen der besseren Lesbar-
                                                                                    keit wird die männliche Personenbezeichnung
                                                                                    gewählt. Die Angaben beziehen sich jedoch auf
                                                                                    beide Geschlechter.

                                                                                           11/2019 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
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4      SCHWERPUNKT

Den Mieter als Menschen im Blick
SOZIALARBEIT IN WOHNUNGSUNTERNEHMEN >> Wohnungsunternehmen und -genossenschaften berühren
mit ihrer Tätigkeit die Leben von Millionen Menschen auf eine Weise, wie es nur wenige andere
Branchen tun. Dies gilt gleichermaßen für gute Zeiten wie für die schwierigen Phasen, in denen
eine andere Wohnung gefunden werden muss, Konflikte in der Nachbarschaft entstehen oder aus
anderen Gründen sogar das ganze Leben von Mietern aus den Fugen zu geraten droht.
Für Mieter sind gerade in diesen Phasen in
immer mehr Wohnungsunternehmen und
-genossenschaften Ansprechpartner zur
kurz- und langfristigen Unterstützung zur
Stelle: Sozialarbeiter, Quartiersmanager,
Mietschuldenberater, Seniorenbeauftrag-
te und viele mehr. Dabei verändern Me-
gatrends wie die Individualisierung und
Heterogenisierung der Gesellschaft, der
demografische Wandel, sich wandelnde
Anforderungen an den Sozialstaat und die
Urbanisierung das Zusammenleben in den
Quartieren bereits stark und werden es wei-
ter beeinflussen.

Dass Wohnungsunternehmen und -genos-
senschaften begonnen haben, sich in ei-
nem Bereich zu engagieren, in dem auch
staatliche, kirchliche und andere soziale
Träger aktiv sind, hatte verschiedene Grün-             Dabei lassen sich unter dem Begriff „Sozi-     ken Mietern, Suchthilfe, Krisenintervention,
de: Gestiegene Ansprüche der Mieter an das              alarbeit" in Wohnungsunternehmen ver-          interkulturelle Arbeit und Konfliktmanage-
soziale Wohnumfeld spielten dabei ebenso                schiedenste Tätigkeiten, die sich mit den      ment bis hin zur Beratung bei Umbaumaß-
eine Rolle wie etwa wirtschaftliche Verlus-             Aspekten des menschlichen Zusammenle-          nahmen – nahezu das gesamte Spektrum
te durch Leerstände aufgrund schwieriger                bens auseinandersetzen, subsummieren:          sozialer Arbeit findet sich im Aufgabenbe-
direkter Nachbarschaften. Aus der sozialen              Die Gesellschaft wird nicht nur „älter und     reich von Sozialarbeitern in Wohnungsun-
persönlichen Betreuung durch Ansprech-                  bunter“, sondern auch sich wandelnde Fa-       ternehmen wieder. Und gerade deshalb sind
partner vor Ort entstanden etwa Mietschul-              milienstrukturen und Arbeitsverhältnisse,      hier „Generalisten mit Kommunikationsver-
denberatungen, die aufgrund wachsender                  das zunehmende Auftreten psychischer Er-       mögen“ gefragt.
Mietrückstände und der steigenden Kosten                krankungen und Fragen von Migration und
für deren Rechtsverfolgung auch wirtschaft-             Integration erfordern immer mehr soziales      Die Aufgabenbereiche dieser Generalisten
liche Mehrwerte schafften. Darüber hianus               Engagement vor Ort.                            unterscheiden sich abhängig von der Grö-
wird die Teilhabe der Mieter am gesellschaft-                                                          ße des Unternehmens aber auch zwischen
lichen Leben gefördert.                                 Generalisten mit                               eher städtischen oder eher ländlich gepäg-
                                                        Kommunikationsvermögen                         ten Wohnungsmärkten stark. Den Blick auf
Zwischen Wirtschaftlichkeit                             Dieses vielfältige Engagement ist häufig       ganze Wohnquartiere wie die Arbeit mit
und sozialer Verantwortung                              durch soziale Projekte entstanden und hat      Einzelfällen müssen aber alle gleichermaßen
Sozialarbeiter sind außerdem Ansprech-                  sich in festen Strukturen etabliert. Immer     beherrschen, ebenso wie die Übergänge zu
partner und Unterstützung für Mieter in                 häufiger werden Wohnungsunternehmen            anderen Abteilungen innerhalb des Unter-
schwierigen Lebenslagen und können so                   dabei für komplexe soziale Fragestellungen     nehmens oder zu Kooperationspartnern.
über indirekte Faktoren wie Kundenzufrie-               gefragte Kooperationspartner für soziale       Denn nur so können etwa am gleichen Tag
denheit, Kundenbindung und soziales Image               Vereine, Sozialträger und die Kommunen.        Mieter beim Umgang mit dem Jobcenter
positiv auf das gesamte Unternehmensbild                Aus dem ursprünglich engen Tätigkeitsfeld      unterstützt, für einen altersgerechten Woh-
einwirken. Der Einsatz von Sozialarbeitern              ist eine thematisch breit angelegte Spezial-   nungsumbau beraten und Streit über die
bleibt somit eine unternehmenspolitische                beratung und -planung geworden, die auf        Müllentsorgung geschlichtet werden. Und
Entscheidung, die nicht ausschließlich unter            die unterschiedlichsten Fragestellungen        dabei müssen die Mitarbeiter immer wieder
rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten gese-             der Mieter unmittelbar reagieren kann: Von     den Spagat schaffen, den mieterbezogenen
hen werden sollte.                                      Jugend- und Seniorenarbeit über Mietschul-     Arbeitsansatz und das Handeln im Unter-
                                                        denberatung, Umgang mit psychisch kran-        nehmensinteresse zu vereinen.

11/2019 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen                                                                    Illu: chris2766 – stock.adobe.com
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SOZIALARBEIT IN WOHNUNGSUNTERNEHMEN 5

Austausch und Vernetzung
im Treffpunkt Sozialarbeit
Die genannten sind nur ein Teil der Heraus-
forderungen, die die Teilnehmer im „Treff-
punkt Sozialarbeit“ des VdW Rheinland
Westfalen zweimal jährlich miteinander dis-
kutieren, ergänzend werden einzelne The-
men wie Pflege im Quartier, interkulturelle
Kompetenz oder Sozialgesetzgebung in den
Fokus gerückt und durch externe Referenten
spezifisches Wissen vermittelt.

Der kollegiale Austausch – etwa bei den Be-
rührungspunkten mit aufsuchender Hilfe –
                                                                                Foto: VdW RW

ist ein wichtiger Bestandteil: Hier werden
praktische Lösungen im Treffpunkt kur-
zerhand untereinander ausgetauscht oder
kritisch diskutiert. Für viele ein wertvoller
Austausch, besonders, da manche Sozial-                                      Am 25. Juni 2019 unterschrieb die Wohnungswirtschaft gemeinsam mit NRW-Sozialminister
arbeiter in kleineren Unternehmen eher                                       Karl-Josef Laumann die Kooperationsvereinbarung zu „Endlich ein ZUHAUSE!“
Einzelkämpfer sind. Der Treffpunkt entstand
bereits 1997, inzwischen 49 Sitzungen zeigen
die Relevanz des Themas aus..                                                matik verschärft, kommt häufig zuerst bei
                                                                             den Sozialarbeitenden an und multiplizieren
Herausforderungen und Potenziale                                             sich in die Unternehmensführungen und
verändern sich immer wieder                                                  die politischer Ebene. So geschehen bei der
Gesellschaftliche Entwicklungen erzeugen                                     Landesinitiative „Endlich ein Zuhause!“
neue Handlungsbedarfe, etwa im Bereich                                       zwischen Wohnungswirtschaft und Minis-
der Wohnungslosigkeit: Nach Schätzung                                        terium für Arbeit, Gesundheit und Soziales
der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungs-                                      des Landes Nordrhein-Westfalen.                 Mietern weiter begünstigen, andererseits
losenhilfe waren 2018 rund 650.000 Men-                                                                                      erhalten ganz neue Formen von nachbar-
schen in Deutschland ohne Wohnung, davon                                     Beim Blick auf die künftigen Aufgaben von       schaftlicher Vernetzung eine Chance, wie die
44.434 Personen in Nordrhein-Westfalen.                                      Wohnungsunternehmen ist auch der Megat-         Aktivierung von temporärem gesellschaftli-
Dass diese steigende Tendenz sich seit Jah-                                  rend der Digitalisierung nicht zu unterschät-   chem Engagement und digital unterstützte
ren fortsetzt und besonders in angespannten                                  zen: Digitale Räume können einerseits die       Pflege- und Gesundheitsangebote.
Wohnungsmärkten wie Köln, Düsseldorf                                         Isolierung vom nachbarschaftlichen Umfeld
oder dem Rhein-Erft-Kreis sich die Proble-                                   begünstigen und so die Vereinzelung von         Unsere alternde Gesellschaft wird diese An-
                                                                                                                             gebote vermehrt benötigen: Der Altenquo-
                                                                                                                             tient könnte im Jahr 2060 bis das Doppelte
                                                                                                                             des heutigen Werts betragen. Laut Voraus-
  Altersstruktur der Bevölkerung in Deutschland, 1950 – 2060
                                                                                                                             berechnungen des Statistischen Bundesamts
  Der demografische Wandel wird das Zusammenleben in den Quartieren stark verändern
                                                                                                                             aus dem Jahr 2018 wird die Bevölkerung in
                                                                                                                             Deutschland bei einem gleichbleibenden
                                                                                                                             Geburtenniveau von 82 Millionen auf 67 bis
                                                                                                                             73 Millionen Menschen im Jahr 2060 zurück-
                                                                                                                             gehen: Besonders diese Entwicklung treibt
                                                                                                                             die Sozialmanagements in Wohnungsunter-
                                                                                                                             nehmen und -genossenschaften zunehmend
                                                                                                                             um – präventiv genauso wie bei der tages-
                                                                                                                             aktuellen Unterstützung von Mietern.

                                                                                                                             Mit ihrem sozialen Engagement übernimmt
                                                                                                                             die Wohnungswirtschaft zunehmend Aufga-
                                                                                                                             ben, die nicht zu ihrem originären Betäti-
                                                                                                                             gungsfeld gehören, aber das Verantwor-
                                                                                                                             tungsbewusstsein gegenüber Mietern und
                                                                                                                             der Gesellschaft unterstreicht.Es geht eben
  * Ergebnis der aktualisierten 14. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung (Variante 2)                                  auch um die Menschen hinter den Mietver-
  Datenquelle: Statistisches Bundesamt © BiB 2019 / demografie-portal.de
                                                                                                                             trägen.                                AM

                                                                                                                                   11/2019 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
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6      SCHWERPUNKT

    INTERVIEW MIT KARL-JOSEF LAUMANN,
    MINISTER FÜR ARBEIT, GESUNDHEIT UND SOZIALES DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN

    „Die Zahl der Menschen ohne eigene Wohnung
    hat in den letzten Jahren stetig zugenommen“
    Karl-Josef Laumann ist seit 2017 Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nord-
    rhein-Westfalen. In der Landeshauptstadt setzt er sich für eine Verbesserung der medizinischen
    und pflegerischen Versorgung, Unterstützung für Jugendliche im Übergang von der Schule in das
    Berufsleben sowie der Bekämpfung von Armut und Wohnungslosigkeit ein. Dazu hat er u. a. das
    Landesprogramm „Zusammen im Quartier – Kinder stärken – Zukunft sichern“ zur Armutsbe-
    kämpfung auf den Weg gebracht.

    VM: Vor welchen sozialen Verände-                   nehmen aber auch eine große Rolle für das

                                                                                                                                               Foto: Jördis Zähring
    rungen und Herausforderungen steht                  Zusammenleben und die soziale Entwick-
    Nordrhein-Westfalen derzeit?                        lung im Wohnquartier. Dabei denke ich z. B.
                                                        an Beratungsangebote oder an Treffpunkte
    Karl-Josef Laumann: Besondere Sorgen                für bestimmte Gruppen wie junge oder alte
    machen mir die Kinderarmut und die                  Menschen.
    Wohnungslosigkeit. Der Anteil der Sozi-
    alleistungsbezieher ist bei den Kindern             VM: Am 27. Juni 2019 hat Ihr Ministerium
    und Jugendlichen innerhalb von fünf                 mit drei großen Wohnungsunternehmen
    Jahren doppelt so stark gestiegen wie bei           sowie dem Verband der Wohnungs- und
    der Gesamtbevölkerung. Deshalb haben                Immobilienwirtschaft Rheinland West-
    wir das Aktionsprogramm „Zusammen im                falen die Landesinitiative „Endlich ein
    Quartier“ gestartet. Mit jährlich acht Mil-         ZUHAUSE!“ ins Leben gerufen. Welche
    lionen Euro fördern wir Projekte für junge          Hoffnungen und Ziele verknüpfen Sie
    Menschen in benachteiligten Quartieren.             damit?
    Ein weiteres Problem ist die Versorgung                                                            nungen für wohnungslose Menschen be-
    mit bezahlbarem Wohnraum. Gerade im                 Karl-Josef Laumann: Mit der Landesiniti-       reitstellt. Im Gegenzug stellt das Land den
    unteren Segment sind die Mieten stärker             ative wollen wir die Kommunen bei ihren        20 Städten und Kreisen mit den meisten
    gestiegen als die Einkommen. Wohnen                 Bemühungen für wohnungslose und von            Wohnungslosen insgesamt drei Millionen
    wird immer mehr zum Armutsrisiko. Und               Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen            Euro zur Verfügung, damit sie Sozialar-
    im schlimmsten Fall führt der Mangel                unterstützen. Wir setzen auf drei Ebenen       beiter und Immobilienkaufleute als sog.
    an bezahlbarem Wohnraum zur Woh-                    an: Wohnungsverluste möglichst verhin-         „Kümmerer“ einstellen. Diese sollen im
    nungslosigkeit und damit zu einer der               dern, Wohnraum für Menschen ohne eige-         engen Kontakt mit der Wohnungswirt-
    bedrückendsten Formen von Armut und                 ne Wohnung schaffen und schließlich die        schaft erreichen, dass Menschen ihre
    sozialer Ausgrenzung. Die Zahl der Men-             Lebenslagen von obdachlosen, wohnungs-         Wohnung gar nicht erst verlieren. Und sie
    schen ohne eigene Wohnung hat in den                losen und von Wohnungsverlust bedrohten        sollen wohnungslose Menschen in neuen
    letzten Jahren stetig zugenommen.                   Menschen verbessern. Der erste Baustein        Wohnraum vermitteln und sie auch weiter
                                                        der Landesinitiative ist die Kooperations-     betreuen, damit sie die Wohnungen nicht
    VM: Welche Rolle kommt aus Ihrer                    vereinbarung mit der Wohnungswirtschaft.       gleich wieder verlieren. Weitere Bausteine
    Sicht der Wohnungswirtschaft bei der                Ganz wichtig ist dabei die Prävention. Denn    werden folgen. Als Nächstes kümmern wir
    sozialen Entwicklung in Nordrhein-                  Vermieter sind die ersten, die von Zahlungs-   uns um die Suchtberatung für wohnungs-
    Westfalen zu?                                       schwierigkeiten ihrer Mieter erfahren. Wenn    lose Menschen. Für die Landesinitiative
                                                        es rechtzeitig gelingt Gegenmaßnahmen          „Endlich ein ZUHAUSE!“ nehmen wir
    Karl-Josef Laumann: Eine ganz wichtige              einzuleiten, lassen sich Kündigungen und       ordentlich Geld in die Hand: In diesem
    zentrale Aufgabe der Wohnungswirtschaft             Räumungsklagen oft verhindern. Außer-          Jahr wurden die Haushaltsmittel zur Be-
    ist natürlich die Bereitstellung von be-            dem wollen wir wohnungslosen Bürgern in        kämpfung der Wohnungslosigkeit von
    zahlbarem Wohnraum, der Neubau und                  Nordrhein-Westfalen besseren Zugang zu         knapp zwei auf knapp fünf Millionen Euro
    die Sanierung des Wohnungsbestands.                 Wohnraum verschaffen. Wir haben verein-        aufgestockt, nächstes Jahr sollen noch
    Immer häufiger spielen Wohnungsunter-               bart, dass die Wohnungswirtschaft Woh-         einmal zwei Millionen dazukommen.

11/2019 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
VMVERBA ND SMAG VDW RHEINLAND WESTFALEN
SOZIALARBEIT IN WOHNUNGSUNTERNEHMEN 7

GASTBEITRAG VON PROF. DR. KLAUS SELLE, EXPERTE FÜR PLANUNGSTHEORIE UND STADTENTWICKLUNG

„Auf gute Nachbarschaft“ – Warum es auch für Wohnungs-
unternehmen sinnvoll ist, dem Zusammenleben in Siedlung
und Stadtteil verstärkt Aufmerksamkeit zu widmen

W
             ohnen ist mehr als „vier Wände
             und ein Dach überm Kopf“. Ei-
             ne solche Feststellung gilt seit
Langem als Binsenweisheit. Aber über das
„mehr“ kann man sehr verschiedener Auffas-
sung sein. Da hilft vielleicht eine im letzten
Jahr durchgeführte Untersuchung – beauf-
tragt von der ja durchaus mit dem Thema
Wohnen eng assoziierten Firma Ikea. Anders
als man erwarten könnte, richten sich die
Ergebnisse des „Life at Home Reports 2018“
aber nicht vorrangig auf die Zimmer einer
Wohnung und deren Möblierung, sondern,
wie es der Titel „Beyond four Walls“ bereits

                                                                                                                                                        Foto: DüBS
signalisiert, auf Netzwerke von Orten, Räu-
men und sozialen Beziehungen. Um sich „zu
Hause“ zu fühlen, so eine Kernbotschaft der
Studie, kommt es neben der Wohnung auch
auf deren bauliche und soziale Umfelder an.       derung nachbarschaftlichen Lebens“ bei den      nungsumfeld einsetzen. Dort können sie zu
Diese Erweiterung des Verständnisses von          Aktivitäten, die sich sowohl auf den eigenen    Austausch und gemeinsamem Handeln an-
„Home“ sei eine relativ neue Entwicklung,         Bestand wie auf die Umgebung beziehen, an       stiften – aber auch lediglich als laufende In-
die die Zukunft des Wohnens noch weiter           vorderster Stelle steht. Dabei überschneiden    formation über „das, was sich so tut“ genutzt
prägen werde, heißt es in der Untersuchung.       sich originär wohnwirtschaftliche Aktivi-       werden. Da ähneln sie dann dem altgewohn-
                                                  täten, Aspekte der Bewohnerbeteiligung          ten Blick aus dem Fenster. Was auch zeigt:
Diese Beobachtungen decken sich mit vielen        bzw. des ehrenamtlichen Engagements und         Traditionelle wie neue Formen der Nachbar-
Einschätzungen aus jüngerer Zeit. Nicht um-       Aufgaben aus den Bereichen der Gemein-          schaftsbildung können heute zusammen
sonst ist das Thema Nachbarschaft und das         wesenarbeit, des Quartiermanagements etc.       gedacht und genutzt werden.
Denken in Quartierszusammenhängen ein             Das führt zu einer Vielfalt unterschiedlicher
prägendes Merkmal vieler Diskussionsbei-          Organisationsformen, die in besonderer
träge zu Stadt- und Stadtteilentwicklung. Das     Weise von Kooperationen geprägt sind – mit
kommt nicht von ungefähr: Insbesondere die        eigenständigen (und oft von den Unterneh-
                                                                                                         GASTAUTOR
demografische Entwicklung, die durch eine         men selbst initiierten) Vereinen, mit freien
starke Zunahme von Einpersonenhaushal-            Trägern der Wohlfahrtspflege, mit Kommu-
ten ebenso wie durch einen immer größer           nen und anderen. Diese Überlagerungen
werdenden Anteil alter Menschen geprägt           von Handlungsfeldern und das Kooperieren
ist, lässt Vereinzelung und Vereinsamung be-      in Netzwerken dürfte auch für die Zukunft
fürchten. Zugleich sind vielerorts sozial und     der Sozialen Arbeit im Wohnbereich von
kulturell heterogene Umfelder entstanden,         Bedeutung sein.
die nicht ohne Weiteres in ein konfliktfreies
Zusammenleben münden. Und nicht zuletzt           Mit Blick auf die weitere Entwicklung ist zu-
wird Anonymität, früher als Kennzeichen           dem von Bedeutung, dass das Verständnis
städtischen Wohnens durchaus auch ge-             von dem, was „Nachbarschaft“ heißt, im
schätzt, heute zunehmend mit Gefühlen             Wandel ist. Insbesondere räumlich ist sie
der Unsicherheit verbunden. Es steigt der         „entgrenzter“. Besonders deutlich wird das        Prof. Dr. Klaus Selle war von 2011 bis 2018
Wunsch nach sozialer Kontrolle in einer           bei der Nutzung der „Neuen Medien“. Sie           Lehrstuhlinhaber für Planungstheorie und
vertrauten Umgebung.                              vermögen „Nachbarschaften“ entstehen zu           Stadtentwicklung an der Fakultät Architektur
                                                                                                                                                                     Foto: Susanne Freitag

                                                  lassen, die gar nicht mehr räumlich zu fassen     der RWTH Aachen University.Seine Arbeits-
Es ist daher nicht verwunderlich, dass in         sind. Sie lassen sich aber auch, wie die Nut-     schwerpunkte sind neben Stadtentwicklung,
einer Befragung genossenschaftlicher Woh-         zung einiger explizit auf die Förderung nach-     Prozessgestaltung, Projekt- und Quar-
nungsunternehmen (im Auftrag des Vereins          barschaftlicher Kontakte ausgerichteter           tiersentwicklung sowie Bürgerbeteiligung.
„Wohnen in Genossenschaften“), die „För-          Plattformen zeigt, sehr gut im engeren Woh-

                                                                                                        11/2019 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
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8      SCHWERPUNKT

WAS SAGEN DIE KOOPERATIONSPARTNER?

Soziale Arbeit geht am besten gemeinsam!
Immer mehr Lebensbereiche von Mietern und Arbeitsbereiche von Wohnungsunternehmen und
-genossenschaften sind von sozialen Fragen betroffen. Die Lösungen entstehen oft in Teamarbeit.
Das VerbandsMagazin hat eine Auswahl von Kooperationspartnern um ihre Einschätzung zur
Zusammenarbeit mit der Wohnungswirtschaft gebeten.

    Sebastian Kröger, Leiter der Abteilung Stadterneuerung
    und Quartiersentwicklung der Stadt Dortmund

    „Immobilien bilden die Adresse eines Quartiers bzw.                              men u. a. in den Dortmunder Stadterneuerungsgebieten
    Stadtteils: qualitätvoll modernisierte Fassaden und gut                          „Hörde“, „Nordstadt“, „Unionviertel/Rheinische Straße“
    ausgestattete Wohngebäude tragen wesentlich zum                                  und „Westerfilde/Bodelschwingh“ durch ihre engagierte
    positiven Image eines Standortes, aber auch zur Wohn-                            Arbeit eine Vorbildfunktion für private Einzeleigentümer
    zufriedenheit der dort lebenden Menschen und somit zur                           und setzen beispielsweise durch die bedarfsorientierte
    Stabilisierung von Quartieren bei. Darüber hinaus schaffen                       Instandsetzung und Aufwertung ihrer (Wohn-)Immobilien,
    sie oftmals Identifikation und Orientierung.                                     aber auch durch vielfältige Beratungsangebote, positive
                                                                                     Impulse im Stadtteil.
    Die enge sowie vertrauensvolle Kooperation und Verein-
    barung gemeinsamer Zielrichtungen zwischen zahlreichen                           In den letzten Jahren konnten neben zahlreichen bauli-
    Immobilieneigentümern und dem Amt für Stadterneue-                               chen Gemeinschaftsprojekten, wie z. B. die Neugestaltung

                                                                                                                                                          Amt für Stadterneuerung
                                                                                                                                                          Foto: Stadt Dortmund -
    rung der Stadt Dortmund ist deshalb eine wichtige Basis                          von Spiel- und Freiflächen und Fassadengestaltungen,
    für die Entwicklung eines Standortes und in den Dortmun-                         auch etliche Projekte realisiert werden, die u. a. nachhaltig
    der Stadterneuerungsgebieten über viele Jahre gewachsen                          zur Vernetzung der Quartiersbewohner und damit unmit-
    und daher sehr gut etabliert. Den Wohnungsunternehmen                            telbar zur Stärkung der Nachbarschaften und Förderung
    kommt dabei eine ganz besondere Rolle zu. Sie überneh-                           des bürgerlichen Engagements beigetragen haben.“

                                                  Norbert Siebers, Pädagogische Geschäftsführung
                                                  von Ambulante Dienste Münster e. V.
                                                  „In der Stadt Münster wurde der erste Quartiersstützpunkt       In den Räumlichkeiten der Quartiersstützpunkte werden
                                                  im Jahr 2009 vom Ambulante Dienste Münster e. V. in             zudem vielfältige Aktivitäten wie Mittagstisch, gemein-
                                                  Kooperation mit der Wohn + Stadtbau Münster GmbH                sames Frühstück, Yoga-Kurs, Nachmittagskaffee etc.
                                                  ins Leben gerufen. Aufgrund der guten gemeinsamen               angeboten. Die Räumlichkeiten der Quartiersstützpunkte
                                                  Erfahrungen wurde im Jahr 2014 mit einem weiteren               sind barrierefrei und auch für andere Quartiersbewohner
                                                  Quartiersstützpunkt die Kooperation ausgeweitet. Die Ziele      offen zugänglich.
                                                  der Kooperation in den Quartiersstützpunkten sind u. a.:
                                                                                                                  Der Erfolgsgarant der Kooperation ist, dass die Zusam-
                                                  • Wohnen mit Versorgungssicherheit im Quartier                  menarbeit „auf gleicher Augenhöhe“ stattfindet. So sind
                                                  • Integratives Wohnen im bestehenden Umfeld von älteren         beispielsweise die Einbeziehung bei der Planung der
                   Foto: Ambulante Dienste e.V.

                                                    Menschen und Menschen mit Behinderungen. Auch bei             Quartiersstützpunkte sowie das Vorschlagsrecht bei einem
                                                    steigendem Hilfebedarf wird ein Verbleib im angestamm-        Teil der Wohnungen im Quartier zu nennen. Im Gegenzug
                                                    ten Wohnquartier ermöglicht.                                  bringt der Verein Ambulante Dienste e. V. ein hohes Maß
                                                  • Stärkung der Selbsthilfefähigkeiten der hilfebedürftigen      an Kompetenz und Erfahrung im Bereich der ambulanten
                                                    Menschen und ihres sozialen Umfeldes                          Betreuung und Begleitung mit. Für eine weitere Auswei-
                                                                                                                  tung der erfolgreichen Kooperation haben sich beide Seiten
                                                                                                                  jüngst ausgesprochen. Wir freuen uns darauf!“

11/2019 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
SOZIALARBEIT IN WOHNUNGSUNTERNEHMEN 9

                                                         Diplom-Sozialarbeiter Birger Reith,
                                                         Mitarbeiter des Sozialpsychiatrischen Dienstes des Ennepe-Ruhr-Kreises

                                                         „Psychische Erkrankungen, Süchte inklusive, sind für das      bewältigen und weitere vermeiden, zu erreichen, koope-
                                                         Zusammenleben von Menschen eine Herausforderung.              rieren wir mit allen an der psychiatrischen Versorgung
                                                         Dies gilt für den Familien- und Freundeskreis, noch stär-     beteiligten Institutionen. Dazu zählen beispielsweise die
                                                         ker aber ohne Frage für das Mit- und Nebeneinander von        Fachabteilungen der Krankenhäuser, die Kontaktstellen
                                                         Mietern, die sich mehr oder weniger gut kennen. Hierzu        für psychisch Kranke und das ambulant betreute Wohnen.
                                                         stehen wir beispielsweise auch mit der Ennepetaler Bau-
                                                         genossenschaft „Die Voerder“ in Kontakt.                      Erfreulicherweise gibt es ein gutes Netzwerk mit vielen
                                                                                                                       Akteuren, die helfen wollen und können, die Menschen,
            Foto: Niemann/Sozialpsychiatrischer Dienst

                                                         Grundsätzlich hat aber jeder Bürger Anspruch auf kosten-      die sich eigenständig keine Hilfe holen, nicht durch das
                                                         lose Hilfe und Beratung durch den Sozialpsychiatrischen       Netz fallen zu lassen.
                                                         Dienst. Natürlich ist niemand gesetzlich gezwungen, diese
                                                         auch anzunehmen. In der Zusammenarbeit mit Mietern der        Um das im Falle des Falles zu schaffen, spielen auch
                                                         Baugenossenschaft haben wir aber sehr gute Erfahrungen        Nachbarn eine wichtige Rolle. Beispiel: Wem ein Mitbe-
                                                         gemacht.                                                      wohner auffällt, weil dieser deutlich verwahrlost und in
                                                                                                                       seiner Wohnung mit sich selber spricht, sollte ruhig aktiv
                                                         Unsere Vor-Ort-Arbeit im Quartier ist bestimmt von Kri-       werden und mit dieser Information die Grundlage für ein
                                                         senintervention und Beratung, diagnostischer Abklärung        Hilfsangebot liefern.“
                                                         und Initiierung von Hilfen. Um das wichtigste Ziel, Krisen

Rolf Wacker, Projektmanager „Wohnen – Selbstbestimmt!“
Bethel.regional
„Menschen mit Behinderungen wollen wohnen wie an-                                         andererseits Profis der sozialen Arbeit und Sozialraumori-
dere Menschen auch. Manche allein, andere mit einem                                       entierung für Menschen mit Behinderungen gefragt.
Partner oder in einer Wohngemeinschaft. Die Wohnung
selbst sollte mitten im Quartier liegen und damit eine                                    Zahlreiche Kooperationsprojekte zwischen dem Stiftungs-
Teilhabe am sozialen Leben ermöglichen. Das sind Kern-                                    bereich Bethel.regional der von Bodelschwinghschen
ergebnisse des Projekts „Wohnen – Selbstbestimmt!“.                                       Stiftungen Bethel und Akteuren der Wohnungswirtschaft
                                                                                          zeigen, dass nicht nur Menschen mit Behinderungen von
Dem gegenüber steht ein Mangel an kleinen, bezahl-                                        einer guten Quartiersarbeit profitieren. So bieten Begeg-
baren und ggf. barrierefreien Wohnungen in beinahe                                        nungsstätten wie im Pontanus-Carré in Paderborn (eine
allen Städten und Gemeinden Nordrhein-Westfalens.                                         Kooperation mit dem Spar- und Bauverein Paderborn eG)
Um Menschen mit Behinderungen eine tatsächliche                                           oder in Bielefeld Sennestadt (eine Kooperation mit der
Wahlmöglichkeit anbieten zu können, muss dieser inklu-                                    Baugenossenschaft Freie Scholle eG) Ansprechpartner im
sive Wohnraum folglich durch die Wohnungswirtschaft                                       Quartier und vielfältige Beteiligungs- und Begegnungs-
geschaffen werden. Allerdings ist zu beachten, dass ein                                   möglichkeiten für Mieter, Vereine und Initiativen vor Ort.“
„Zusammenwohnen“ allein noch nicht für Begegnung
                                                                                                                                                                         Foto: Bethel

und weitere Möglichkeiten der Teilhabe sorgt. Es sind al-
so einerseits Profis bei der Erstellung von Wohnraum und

                                                                                                                                           11/2019 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
10       SCHWERPUNKT

                                 „Das Sozialmanagement ist der Schlüssel zu effektiven
                                 Lösungen für die Ansprüche unserer Mieter“
                                 PRAXISBEISPIEL BOCHUMER WOHNSTÄTTEN EG >> Die Bochumer Wohnstätten eG feiert im November ihr
                                 120-jähriges Bestehen und möchte auch weiterhin den genossenschaftlichen Grundgedanken wei-
                                 tertragen. Im Interview berichten Jürgen Finken, Vorstandsvorsitzender der Bochumer Wohnstätten
                                 eG, Helga Banke, Abteilungsleiterin Wohnmanagement, und Angelika Möller, Sozialmanagerin,
                                 zum Alltag und zu Herausforderungen und Zielen des Sozialmanagements in einer Genossenschaft,
                                 deren Mieter überwiegend höheren Alters sind.

                                 VM: Seit wann betreibt die Bochumer
                                 Wohnstätten eG Sozialmanagement in
                                 den Quartieren und welchen Mehrwert
                                 sehen Sie darin?

                                 Jürgen Finken: Die Bochumer Wohnstätten
                                 eG betreibt seit 19 Jahren Sozialmanagement
                                 und wir betrachten dieses Feld als wichti-
                                 gen Bestandteil der Verbindung zu unseren
                                 Mietern. Zu Beginn war für uns alles noch
                                 neu, unsere Mieter standen aber von Anfang              VM: Wie sieht der Alltag im Sozialma-          mühen wir uns, eine gute Nachbarschaft
                                 an in unserem Fokus. So können wir heute                nagement Ihrer Genossenschaft aus und          aufzubauen und aktive Netzwerke unter den
                                 sagen, dass wir mehr sind als nur ein reiner            welches Konzept verfolgen Sie?                 Mietern zu fördern. Dazu zählt beispiels-
                                 Vermieter von Wohnraum. In Zeiten von                                                                  weise zu gemeinsamen Aktivitäten in den
                                 knappem Wohnraum ist es uns ein großes                  Angelika Möller: Ich bin u. a. zuständig für   Gemeinschaftsräumen unserer Senioren-
                                 Anliegen, vor allem älteren Mietern eine gute           die Vermietung der Seniorenwohnungen,          wohnanlagen einzuladen. Wir fokussieren
                                 Wohnsituation anbieten zu können. Das geht              dazu habe ich von Anfang an den persönli-      selbstverständlich nicht nur die Gruppe der
                                 aus unserer Sicht am besten durch einen per-            chen Kontakt zu unseren Mietern gesucht,       älteren Mieter, sondern betreiben auch Sozi-
                                 sönlichen Bezug zu unseren Mietern, dabei               um zunächst Vertrauen aufzubauen. Das ist      alarbeit im Bereich der Schuldnerberatung.
                                 ist das Sozialmanagement der Schlüssel zu               besonders bei älteren Mietern sehr wichtig,    Wir versuchen unsere Mieter zu beraten,
                                 effektiven Lösungen für die Ansprüche un-               da sie in den meisten Fällen nur wenige        wie sie wieder finanziell auf die Beine kom-
                                 serer Bewohner.                                         soziale Kontakte haben. Anschließend be-       men können und suchen gemeinsam nach
                                                                                                                                        Lösungen.

                                                                                                                                        VM: Vor welchen Herausforderungen
                                                                                                                                        stehen Sie und wo liegen die Grenzen
                                                                                                                                        Ihrer Tätigkeit?
                                      JÜRGEN FINKEN
                                      Vorstandsvorsitzender                                                                             Helga Banke: Grundsätzlich lässt sich sagen,
                                      Bochumer Wohnstätten eG
                                                                                                                                        dass die Ansprüche, vor allem jüngerer Mie-
                                                                                                                                        ter, an eine Wohnung sich geändert haben.
                                                                                                                                        Nehmen wir z. B. ein junges Paar: Früher hat
                                                                                                                                        man in einer Zwei-Zimmer-Wohnung noch
                                                                                                                                        eine Familie gegründet und ist in der Woh-
                                                                                                                                        nung geblieben; heute zieht man nach dem
                                                                                                                                        zweiten Kind um und sucht sich eine größere
Fotos: Bochumer Wohnstätten eG

                                                                                                                                        Wohnung. Bei unseren überwiegend älteren
                                                                                                                                        Mietern stellen wir jedoch eine größtenteils
                                                                                                                                        lange Verweildauer in unseren Wohnbestän-
                                                                                                                                        den fest – in Bochum-Riemke wohnen man-
                                                                                                                                        che Mieter schon seit 50 Jahren in unseren
                                                                                                                                        Wohnungen. Dort entsteht dann natürlich
                                                                                                                                        eine ganz andere Form der Nachbarschaft,
                                                                                                                                        die es uns möglich macht, auch im Einzelfall

                                 11/2019 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
SOZIALARBEIT IN WOHNUNGSUNTERNEHMEN 11

effektives Sozialmanagement zu betreiben.
Bei Beständen mit höherer Fluktuation ist
das nur bedingt möglich. Und selbstver-
ständlich muss die Kommunikation mit
dem Mieter gegeben sein. Wenn man sich
vor uns versperrt, sind uns auch die Hände
gebunden. Das ist aber erfreulicherweise nur
                                                                                                                  ANGELIKA MÖLLER
die Ausnahme, wir stehen in engem Kontakt
mit unseren Mietern und man kann sagen,                                                                           Sozialmanagerin
                                                                                                                  Bochumer Wohnstätten eG
wir sind eine Gemeinschaft.

VM: In welchen Bereichen arbeiten Sie
mit Kooperationspartnern zusammen?

Angelika Möller: Da wir in der Vergangen-
heit unter unseren Mietern eine erhöhte
Angst vor Einbrüchen bemerkt hatten, haben
wir uns dazu entschlossen, unseren Mietern
eine Beratung zur Vorbeugung von Einbrü-
chen anzubieten. Dazu haben wir mit der
Polizei, der Feuerwehr und einem Sicher-
heitsunternehmen zusammengearbeitet.           setzen und weitere gemeinsame Aktivitäten      VM: Welche Unterstützung erhoffen
Dies wurde sehr positiv von den Mietern auf-   voranbringen. Da unsere Mieter überwie-        Sie sich und von wem?
genommen. An den durchgeführten Maß-           gend höheren Alters sind und bestimm-
nahmen, wie beispielsweise dem Einbau          te Bedürfnisse haben, wollen wir unseren       Jürgen Finken: Im Bereich Sozialmanage-
von Sicherheitsschlössern, hat sich unsere     Mietern bestmögliche Lösungen anbieten         ment betrachten wir die Unterstützung oft-
Genossenschaft zur Hälfte beteiligt.           und ihnen den Alltag erleichtern. Wir un-      mals einzelfallabhängig. Je nach Problem
                                               tersuchen derzeit weitere technische Op-       braucht man von verschiedenen Stellen die
Abgesehen davon sind unsere ehrenamt-          timierungsmöglichkeiten, die über unsere       passende Hilfe. Leider ist es immer ein wenig
lichen Helfer als Ansprechpartner vor Ort      aktuellen Assistenzsysteme hinausgehen,        Glücksache, ob man jemanden antrifft, der
unsere wichtigsten Kooperationspartner. Sie    dort soll unser bereits bestehendes Hausnot-   sich in der Sache engagiert und auch wirklich
sind in der Nachbarschaft bekannt, haben       rufsystem um weitere Komponenten ergänzt       helfen kann. Im Rahmen unserer Möglich-
ein offenes Ohr für die Belange unserer Mie-   werden. Dabei tragen unsere Sozialmanager      keiten versuchen wir, bis zu einer gewissen
ter und stehen in direktem Kontakt zu uns.     die wichtige Aufgabe der Kommunikation         Grenze, Probleme alleine zu lösen. Eine gro-
Sie sind uns eine sehr große Hilfe.            bezüglich der Modernisierung, aber auch        ße Hilfe wäre allerdings ein zentraler kom-
                                               als Anlaufstelle für Rückmeldungen unserer     munaler Ansprechpartner: Beispielsweise im
VM: Welche zukünftigen Schritte                Mieter. Auch unseren jüngeren Mietern          Fall von Transferleistungsempfängern wäre
sind im Sozialmanagement geplant?              werden sie weiterhin bei vielfältigen Pro-     es sehr hilfreich, dort für unsere Belange eine
                                               blemlagen beratend zur Seite stehen und        fachkundige, effektive Anlaufstelle zu haben.
Helga Banke: Wir möchten unseren Ansatz        je nach Bedarf den Kontakt zu passenden
des generationengerechten Wohnens fort-        Hilfsangeboten bereitstellen.                  VM: Welche langfristigen Ziele
                                                                                              verfolgen Sie?

                                                                                              Jürgen Finken: Langfristige Ziele unserer
                                                                                              Genossenschaft sind eine hohe Mieterzufrie-
                                                               HELGA BANKE                    denheit und dass weiterhin ältere Menschen
                                                               Abteilungsleiterin             lange in unseren Wohnungen bleiben können.
                                                               Wohnungsmanagement             Dafür strengen wir uns an und bieten hohe
                                                               Bochumer Wohnstätten eG        Serviceleistungen, um es unseren Mietern zu
                                                                                              ermöglichen, dort bleiben zu können, wo sie
                                                                                              sich wohlfühlen und wo man sich um deren
                                                                                              Belange kümmert. Davon profitieren wir als
                                                                                              Genossenschaft, aber auch unsere Mieter, weil
                                                                                              sie in funktionierenden und eng vernetzten
                                                                                              Hausgemeinschaften leben können. Mieter-
                                                                                              zufriedenheit ist für uns das höchste Gut, da
                                                                                              möchten wir den Grundgedanken der Genos-
                                                                                              senschaft weitertragen und mehr sein als nur
                                                                                              ein reiner Vermieter von Wohnraum.

                                                                                                    11/2019 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
12       SCHWERPUNKT

SOZIALMANAGEMENT VOR ORT

Ein Tag mit Sylke Born,
Sozialarbeiterin in Köln Chorweiler-Nord

D
         as Sozialmanagement nimmt einen                der Stadt Köln in sozialen Belangen bei der
         immer größeren Stellenwert in un-              Wohnungssuche. Auch die Unterstützung
         seren Wohnungsunternehmen und                  psychisch erkrankter Mieter, verschiedene
-genossenschaften ein. Die Problemlagen                 Projekte zur Inklusion von Menschen mit
treten in unterschiedlicher Form und ver-               Behinderungen sowie Hilfe für Jugendliche
schiedenen Quartieren auf; in vielen Fällen             in Köln-Chorweiler und den angrenzenden
bedarf es eines mieternahen Ansatzes, um                Stadtteilen Lindweiler und Volkhoven/Wei-
praktikable Lösungen anbieten zu können.                ler liegen in ihrem vielseitigen Aufgaben-
Die GAG Immobilien AG ist schon seit meh-               bereich. Dabei steht für sie der persönliche
reren Jahren im Sozialmanagement sehr                   Kontakt und Austausch im Vordergrund,
aktiv und setzt mit Erfolg ihre Konzepte in             um den Mietern bei Problemen beratend
den verschiedenen Kölner Quartieren um.                 zur Seite zu stehen und gegebenenfalls an
                                                        kooperierende Einrichtungen und Dienste
Dazu zählt Köln-Chorweiler, wo viele Mieter             zu vermitteln. Ihr Ziel ist „die Erhöhung der    Sehr wichtig für die Sozialarbeiterin ist
auf engem Raum leben und das Unterneh-                  Mieterzufriedenheit sowie die Förderung          der Besuch betroffener Mieter in deren
men auch auf sein effektives Sozialmanage-              einer positiven Nachbarschaft und Quar-          Wohnumgebung
ment angewiesen ist. Um einen Einblick zu               tiersgemeinschaft“, erzählt die Kölnerin
bekommen und die Perspektive eines Sozi-                optimistisch.                                    bieten zu können, die auf dem freien Woh-
alarbeiters in einem Wohnungsunterneh-                                                                   nungsmarkt wenig Aussichten auf eine pas-
men zeigen zu können, waren wir einen Tag               Der Arbeitstag von Born beginnt an ihrem         sende Wohnung haben. Dazu begleiten wir
lang zu Gast bei der Sozialarbeiterin Sylke             Schreibtisch, an dem zu Beginn eine Tele-        sie zu einer Verabredung mit einer potenziel-
Born von der GAG Immobilien AG in Köln.                 fonkonferenz mit anderen Abteilungen des         len neuen Mieterin. Das Ziel des Besuches
Wir haben sie im Kundencenter Nord am                   Kundencenters angesetzt ist. Die GAG setzt       ist es, sich ein Bild von einer jungen Frau
Standort Chorweiler-Nord getroffen und für              auf eine starke Kommunikation der verschie-      auf der Suche nach einer neuen Wohnung
einen Tag durch den Arbeitsalltag in ihrem              denen Bereiche des Kundencenters, um eine        zu machen. Im Rahmen der kommunalen
Quartier begleitet.                                     umfassende Betreuung aller Mieter sicherzu-      Belegungsrechte ist es die Aufgabe der So-
                                                        stellen. Die dazu nötigen Neuigkeiten wer-       zialarbeiter, die persönlichen Umstände der
Vor 25 Jahren begann die Kölnerin bei der               den ausgetauscht, Born stimmt sich mit den       potenziellen neuen Mieter einzuschätzen
GAG ihre Tätigkeit als Wohnungsfürsorge-                Mitarbeitern aus der Kundenbetreuung und         und zu schauen, in welche Hausgemein-
rin. Über mehrere berufliche Stationen bei              Objektbetreuung zum weiteren Vorgehen            schaft man sie am besten integrieren kann.
anderen Unternehmen in leitender Position               aktueller Anliegen ab. Anschließend wartet       Doch das gelingt vor Ort heute nicht: Die
mit Bezug zu Persönlichkeitsentwicklung                 der erste Außentermin des Tages.                 junge Frau ist diesmal nicht anzutreffen, ein
und Sozialer Arbeit ist sie seit 2014 in Chor-                                                           neuer Anlauf wird nötig sein. Aber auch das
weiler-Nord tätig und kümmert sich vor                  Auf dem Weg dorthin erklärt sie, dass es nicht   gehört zum Alltag der Sozialarbeiterin dazu.
allem um eskalierende Beschwerden aus der               nur ihr persönlich, sondern auch der GAG
Mieterschaft und die Zusammenarbeit mit                 ein Anliegen ist, auch Leuten ein Zuhause        Anschließend geht es in ein anderes Quar-
                                                                                                         tier, in dem eine eskalierende Beschwerde
                                                                                                         nach einem Nachbarschaftsstreit vorliegt:
                                                                                                         Die Sozialarbeiterin möchte sich vor Ort
                                                                                                         im persönlichen Gespräch genauer über
                                                                                                         die Umstände informieren und sucht dazu
                                                                                                         die Mieterin auf, von der die Beschwerde
                                                                                                         über ihre Nachbarn vorliegt. In den meisten
                                                                                                         Fällen lösen sich Streitigkeiten unter den
                                                                                                         Mietern zügig wieder auf; es kommt jedoch
                                                                                                         vor, dass es einer Vermittlung durch die
                                                                                                         Sozialarbeiter bedarf. Dazu macht sich Born
                                                                                                         ein Gesamtbild von allen Beteiligten vor Ort,
                                                                                                         oft bietet sie dann Mediationen zur Streit-
Sylke Born, Sozialarbeiterin der GAG Immobilien AG, beginnt ihre Arbeitstage häufig mit                  schlichtung an, die gerne von den Mietern
Telefonaten mit Mietern                                                                                  angenommen werden.

11/2019 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
SOZIALARBEIT IN WOHNUNGSUNTERNEHMEN 13

                                                                                                                                                         Fotos: VdW RW
Künstlerische Projekte zur Inklusion von Menschen mit Behinderung          Das Mehrgenerationen-Projekt „Märchenwände“ lässt ehemals
machen das Quartier bunter                                                 graue Fassaden in neuem Gewand erscheinen

„Man bekommt sehr viel zurück“                   milien geäußert haben. Durch besondere            tanz zwischen beiden Wohnungen zu einem
Auf diesem Weg hat sie schon einige Mieter       Umstände ist bei der einen der Bedarf nach        Hindernis für die Pflege. Auch bei diesem
bei der Problemlösung begleitet und erlebt,      einer neuen Wohnung entstanden. Auch in           Umzugswunsch ist Born beratend für alle
dass man in der Sozialarbeit persönlich sehr     dieser Angelegenheit ist Born gefragt, die als    Familienteile aktiv. Für die Umsetzung dieser
viel zurückbekommt: „Die Leute begegnen          Vermittlerin zwischen der Mieterschaft und        Vorhaben arbeitet die Sozialarbeiterin in
einem nicht immer von Beginn an mit Offen-       kommunalen Vertretern in Bezug auf Bele-          enger Kooperation beispielsweise mit dem
heit, aber wenn man ihnen hilft, sind sie alle   gungsrechte auftritt. In einer Familie gab es     Wohnungsamt der Stadt Köln, verschiede-
sehr dankbar und zeigen das auch.“               einen Arbeitsunfall, der das Treppensteigen       nen Sozialleistungsträgern, Vereinen und
                                                 in den zweiten Stock zu einer täglichen Mo-       sozialen Einrichtungen zusammen. Dazu
Besondere Freude empfindet die Sozialar-         bilitätshürde „direkt hinter der Wohnungs-        helfen ihr auch die Kontakte aus verschiede-
beiterin an Projekten mit Beteiligung von        türe“ gemacht hat. In diesem Fall klärt die       nen Arbeitskreisen mit anderen lokalen Ak-
Kindern, Jugendlichen, Senioren sowie Men-       Sozialarbeiterin die Mieter über die benötig-     teuren, die sie für ihre Mieter nutzen kann.
schen mit körperlichen und geistigen Ein-        ten Schritte und Möglichkeiten auf und trägt      Und auch „immer wieder gerne nutzen
schränkungen. So wurden beispielsweise           aktiv dazu bei, Notsituationen zu lösen und       wird“, sagt Born nach der Verabschiedung an
bereits mehrere künstlerische Projekte um-       den Alltag schon bald zu erleichtern.             einem abwechslungsreichen Tag. „Die
gesetzt, in denen farblose oder mit Graffiti                                                       nächsten sozialen Herausforderungen kom-
beschmierte Fassaden in neuem Gewand er-         Die GAG hat durch die Kundencenter in             men ganz bestimmt.“                      AT
scheinen und das Quartier optisch aufwerten.     ihren Quartieren in Köln eine passende
Angesichts der Tatsache, dass es keine neuen     Grundlage für aktives und effektives Sozi-
Verunstaltungen an den Objekten gibt und         almanagement gelegt. So kann die Mieter-
die Mieter ihre Kunstwerke aktiv pflegen, sind   schaft durch die tägliche Arbeit von Born und
diese Projekte als volle Erfolge zu werten. So   ihren Kollegen sowie durch gezielte Projekt-
entstanden auch die „Märchenwände“ in            arbeit unterstützt und für eine höhere Mie-
einem generationenübergreifenden Projekt,        terzufriedenheit und auch in schwierigeren
bei dem Kinder aus den Kindertagesstätten        Stadtteilen für gute Nachbarschaften gesorgt
des Quartiers gemeinsam mit Bewohnern            werden, in denen die Mieter gerne leben.
aller Altersstufen Garagenrückwände mit
Szenen aus bekannten Märchen umgestal-           So auch im zweiten Termin. Hier besucht die
teten. An diese Projekte erinnern die bunten     Sozialarbeiterin eine Familie, in der ebenfalls
Malereien in den Wohnquartieren, die Born        der Wunsch nach einer neuen Wohnung
tagtäglich begegnen.                             durch eine plötzliche Veränderung aufge-
                                                 kommen ist: Die Pflegebedürftigkeit eines
Bei zwei weiteren Terminen an diesem Tag         Angehörigen, um den sich künftig ein Fami-        Der Generationenpark lädt die Bewohner
geht es um Umzugswünsche, die zwei Fa-           lienmitglied kümmern wird, macht die Dis-         zum Verweilen ein

                                                                                                         11/2019 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
14       VdW-VERBANDSTAG

VdW-VERBANDSTAG 2019 IN WUPPERTAL

Zu Gast im Bergischen Land
Eingeweiht wurde der wilhelminische Bau bereits 1900, aber bis heute hat er nichts von seiner
imposanten Wirkung eingebüßt: In der Historischen Stadthalle Wuppertal fand der diesjährige
VdW-Verbandstag am 24. und 25. September 2019 statt. Rund 400 Gäste aus Politik, Verwaltung,
Fachöffentlichkeit und den Mitgliedsunternehmen und -genossenschaften des VdW Rheinland
Westfalen erlebten ein Jahr vor den Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen ein spannendes
Programm mit wohnungspolitischen Debatten zu Mietendeckel, Grundsteuer und Klimaschutz –
und gingen dabei in vielen Gesprächen möglichen Antworten auf die Frage nach, wie sich die
Wohnungswirtschaft im Westen künftig selbst verstehen und positionieren will.

Die Wellenschläge aus Berlin                            werden sich vermutlich auch die bevorste-       Fragen nur noch um angespannte Woh-
Denn kaum ein Tag vergeht derzeit ohne                  henden Kommunalwahlen mit entscheiden.          nungsmärkte und hier an erster Stelle in den
mediale Berichterstattung über stetig weiter            VdW-Präsident Ulrich Bimberg beleuchtete        Städten Berlin, Hamburg oder München.
steigende Mieten und zu wenig bezahlbaren               diese Situation von verschiedenen Seiten
Wohnraum. An dieser Diskussion und den                  aus: Zum einen vermittelt sich damit der Ein-   Die Erfahrungen der Mitgliedsunternehmen
von den Parteien präsentierten Lösungen                 druck, als ginge es bei wohnungspolitischen     und -genossenschaften im VdW Rheinland

11/2019 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
VdW-VERBANDSTAG 15

VdW-Präsident Ulrich Bimberg sprach seine Begrüßung vor gut gefüllten Reihen

Westfalen zeichneten hingegen ein anderes

                                                                                                                                                     Fotos: Roland Baege
Bild. Hier sei die Situation häufig eine ande-
re, eine differenziertere, eine komplexere,
der dieser eine Blickwinkel bei Weitem
nicht gerecht wird. „Ich empfinde es per-
sönlich auf jeden Fall häufig, dass mein
wohnungswirtschaftlicher Alltag und der
vieler Kolleginnen und Kollegen sowie die
mediale Berichterstattung und öffentliche
Aufmerksamkeit nicht ganz deckungsgleich
sind. Das mag für das Land Berlin gelten,
aber Berlin ist nicht ganz Deutschland, ist
nicht Nordrhein-Westfalen und ist ganz
bestimmt nicht Wuppertal oder Solingen“,
so Bimberg.                                      Oberbürgermeister Andreas Mucke stellte ein Bündnis für Wohnen in Wuppertal in Aussicht

Der VdW-Präsident konstatierte eine Über-        bauförderpolitik, die jüngst angestoßene      Landesregierung – um nur einige Beispiele
lagerung dieser und auch der allgemeinen         Modernisierungsoffensive, eine moderne        zu nennen. Seine Begrüßung schloss Bim-
wohnungspolitischen Realität in NRW:             Landesbauordnung und eine partnerschaft-      berg mit dem Appell an das Auditorium:
Durchgängige Kontinuität in der Wohnungs-        liche Zusammenarbeit mit der amtierenden      „Nicht mit dem Kopf in Berlin sein und da-
                                                                                               rüber vergessen, dass Herz und Füße in der
                                                                                               Region stehen.“

                                                                                               Wandel in Wuppertal
                                                                                               Bimberg übergab danach an den gastgeben-
                                                                                               den Oberbürgermeister Andreas Mucke, der
                                                                                               anhand der (wohnungs-)wirtschaftlichen
                                                                                               Situation von Wuppertal den vorangegange-
                                                                                               nen Ausführungen anschaulich Leben ein-
                                                                                               hauchte. Die Durchschnittsmiete liegt in der
                                                                                               Stadt bei 5,50 Euro, hinter dem ehemaligen
                                                                                               Industriestandort liegt eine Phase des Struk-
                                                                                               turwandels, nach sinkenden Einwohner-
                                                                                               zahlen geht es nun langsam wieder bergauf.
                                                                                               So ist Wuppertal einer der Wohnstandorte,
                                                                                               die von der Enge entlang der Rheinschiene
Wohnungswirtschaftliche Wegweiser: Bauzäune mit Motiven aus der aktuellen                      profitieren. Dies als Chance zu verstehen,
„Wohnwende“-Kampagne des GdW                                                                   sieht Mucke als gemeinschaftliche Aufgabe
                                                                                                                                                         >>

                                                                                                     11/2019 • VerbandsMagazin des VdW Rheinland Westfalen
16 VdW-VERBANDSTAG

Diskutierten die aktuellen wohnungspolitischen Herausforderungen mit Moderatorin
Angela Wegener (Radio Wuppertal): Axel Geschaschko (GdW), Mona Neubaur
(Bündnis 90/Die Grünen), Stephen Paul (FDP), Jochen Ott (SPD), Fabian Schrumpf (CDU)
und Alexander Rychter (VdW Rheinland Westfalen) (v. l.)

von Wohnungswirtschaft und Kommune                      Die SPD will es wissen                         sammengefunden, um wohnungspolitische
an, die es auf Augenhöhe zu lösen gelte. Im             Zu Beginn sah alles noch ganz friedlich aus.   Themen zu diskutieren. So kam auch der
Rahmen seines Grußworts kündigte er dazu                Eine seit dem Regierungswechsel im Diskurs     Austausch zum Thema „Vergesellschaftung,
die Gründung eines lokalen „Bündnisses für              recht eingespielte Runde aus wohnungs-         Landesmietendeckel, Grundsteueröffnungs-
Wohnen“ an: Zum einen sei dies ein klares               politischen Vertretern der Regierungs- und     klausel und was noch? – die Wohnungs-
Bekenntnis zum Standort Wuppertal, zum                  Oppositionsparteien sowie Verbandsver-         wirtschaft vor den Kommunalwahlen 2020“
anderen signalisiere der Zusammenschluss                tretern der Landes- und Bundesebene hatte      zunächst einmal recht routiniert daher.
die notwendige Verbindlichkeit.                         sich schon im ein oder anderen Format zu-      GdW-Präsident Axel Gedaschko, VdW-Ver-

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