Werbegeschenke - oder Wunscherfüllung? - Erinnerungsmarker Doch wer wirtschaftet, verschenkt nichts - Erinnerungsmarker oder ...

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Werbegeschenke - oder Wunscherfüllung? - Erinnerungsmarker Doch wer wirtschaftet, verschenkt nichts - Erinnerungsmarker oder ...
Fachaufsatz zum Vortrag

!   !   TREND 2004 in Düsseldorf

!   !

        Werbegeschenke -
        Erinnerungsmarker
        oder Wunscherfüllung?

              Doch
              wer wirtschaftet,
              verschenkt nichts ! ... ?

                                     Dipl.rer.com. Helga Burgstahler
                      Kommunikationswissenschaftlerin und Ökonomin
                                                www.burgstahler.biz
Werbegeschenke - oder Wunscherfüllung? - Erinnerungsmarker Doch wer wirtschaftet, verschenkt nichts - Erinnerungsmarker oder ...
Wer wirtschaftet verschenkt nichts! ...?

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Sehr geehrte Damen und Herren!

Ihr Geschäft ist es, sich jeden Tag - in allen Nuancen – mit den Vor- und Nach-
teilen des „Werbeartikels“ im Werbemarkt bzw. als ein Werbemittel im integrier-
ten Kommunikationskonzept zu befassen. Darüber zu sprechen wäre „Eulen
nach Athen“ tragen. Andererseits ist das Werben mit Gegenständen en vogue,
aber nicht nur als imagefördernde Werbeartikel, sondern überall werden Ge-
schenke und Prämien versprochen.

Als Ökonom schwöre ich, dass die Wirtschaft nichts zu verschenken hat! Aus
Sicht der Unternehmenskommunikation frage ich nach der Wirkung von Kom-
munikationsmitteln beim Empfänger. Kann ich damit die Aufmerksamkeit errei-
chen und ihn zum für mich relevanten Tun aktivieren?

Vielleicht hat Sie der Untertitel Wer wirtschaftet, verschenkt nichts stutzig ge-
macht – Sie bejahen das oder Sie sind skeptisch. Das Fragezeichen signalisiert
Aufklärung. Eingeteilt habe ich meinen Vortrag in drei Segmente:

•   Der Einstieg weist auf die aktuelle „Schenk-Hysterie“ im Marketing hin.

•   Zweitens geht es um Selbst- und Fremdbilder. Welche Ausdruckselemente
    muss ich einsetzen im Impression Management, um einen günstigen Ein-
    druck beim Empfänger zu erreichen? Dieser wird überwiegend durch menta-
    le Schemata gesteuert.

    Unerlässlich ist dabei das Denken in Ursprüngen, um ein Thema in seiner
    heutigen Ausprägung zu verstehen. Für die Werbeartikel-Branche und für die
    werbenden Unternehmen ist es wichtig zu ergründen, welche traditionellen
    und kulturellen Bezugssysteme unser Denken und Handel sowie unsere ö-
    konomischen Rollen steuern.

•   Diese Erkenntnisse öffnen drittens den Blick für Kreativitätsreserven und
    stimulieren zum Nachdenken. Es geht um zwischenmenschliche Beziehun-
    gen im Business, um Maßnahmen zur Gewinnung von Loyalität und Vertrau-
    en. Ein Feld für Impression Management.

1. Halb geschenkt – gratis für Sie!

Diese Collage ist aus Schnipseln von Werbepost und Zeitungsanzeigen zusam-
mengestellt. Jeden Tag gewinnt man mehr und mehr den Eindruck, dass die Her-
steller und Händler mehr zu verschenken haben als zu verkaufen. Durch die
Liberalisierung der Wettbewerbsgesetze gibt es Zugaben, Rabatte, Preisverlosung,
Gratisproben, Gutscheine, Prämien und Geschenke im Überfluss. Da frage ich
mich:

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•   Hebt diese neue Marktpolitik das „Schenktabu“ in der Ökonomie auf?
•   Stehen Eigennutz und Profitdenken als proklamierte Motive des Wirtschaf-
    tens jetzt im Schatten?
•   Ist die brüske Vorhaltung - wer wirtschaftet, verschenkt nichts – verstummt?

Seither lag das Primat des Schenkens bei der Familie und im Freundeskreis.
Ohne Eigennutz-Denken sollen sich alle zum gegenseitigen Wohlwollen ver-
pflichten. Der Kode im Privaten heißt Gemeinnutz. In der freien Marktwirt-
schaft, im Kapitalismus, wäre das persönliche Mitgefühl mit den Konsumenten
ein ökonomischer Hemmschuh. Der Kode im Wirtschaftssystem heißt Geld.

Darum geht es in der Verkaufsförderung. Wert-Versprechen werden chaotisch
gemischt, ohne auf die rechtliche Abgrenzung zu achten:

•   Zugaben sind an den Verkauf gekoppelt,
•   Werbegeschenke/Werbeartikel werden ohne Kaufbedingungen abgegeben, in
    der Hoffnung auf Goodwill und spätere Kundschaft – eine Investition voller
    Unsicherheit.
•   Warenproben fördern den Qualitätsvergleich im Leistungswettbewerb.

Schwierig ist es, bei Kaufentscheidungen die weiteren Gratis-Serviceleistungen
wie Busfahrt, Kindergarten, Parken, Hör- und Sehtest mitzubedenken. Einfacher
wäre es für die Unternehmen, sich nur auf die Preispolitik zu fokussieren. Preis-
senkungen sind eindeutige Signale.

Wer in der Werbung „Geschenke“ anpreist, schafft Mehrdeutigkeit – bewusst o-
der ohne Nachzudenken. Denn Menschen verbinden mit diesem Alltagswort
ganz individuell ein Meer von Gefühlen und Assoziationen – positive und nega-
tive. Im Begriff „Schenken“ werden die sozialen Beziehungen, das verpflichtende
Geben und Nehmen, mitgedacht. Es sind mindestens zwei Partner im Spiel.

Das Geben und Nehmen ist Teil unserer Sozialerziehung, wobei der Schenkakt
ein spezielles, symbolisches Subsystem ist, eingefügt in den Gesellschaftsrah-
men. Und jeder kennt dessen wichtige Bedeutung im kulturellen Gewebe, denn
Geschenke sind Symbole und Zeichen. Sie signalisieren Zuneigung, Vertrauen,
Ehrung, Wertschätzung oder Etikette und Manieren.

Unternehmen möchten sehr gerne die Wertschätzung ihrer Kundschaft errei-
chen. Doch die Erwartungen an gegenseitiger Wertschätzung im Wirtschaftsle-
ben sind viel geringer und weniger emotional im Vergleich zum familiären Ge-
ben und Nehmen. Denn Anbieter und Nachfrager wissen um die Zweckorientie-
rung des Geschäftsverkehrs und wissen um die Beeinflussungsversuche über
Werbung und Public Relations!

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Bei einer früheren Umfrage gaben über 90 % der Unternehmen an, dass sie aus
Imagegründen und zur Verkaufsförderung „Werbegeschenke“ einsetzen. Das ist
keine ungewöhnliche Quote, denn Weihnachten und Neujahr waren bereits im
18. Jahrhundert bevorzugte Anlässe für Bäcker und Metzger, ihre Kunden mit
kleinen Gaben zu verwöhnen. Sie wollten den Glanz der bürgerlichen Schenk-
kultur für ihre Beziehungspflege nutzen. Denn Kundenzufriedenheit resultiert
nicht nur aus dem sachlich-rationalen Tauschvertrag, sondern Vertrauen formt
sich auf der menschlich-persönlichen Ebene. Über 50 % der Anzeigenwerbung
versucht deshalb mit emotionalen Schlüsselreizen diese Ebene zu stimulieren.

Wenn die Verkäufer ihre Verteidigungsschlacht um Kunden zu sehr auf Preispo-
litik und unentgeltliche Gaben im Marketing-Mix ausrichten, dann nehmen die
Verbraucher dies sicherlich mit ambivalenten Schlussfolgerungen auf:

•   Waren die Preise vorher überhöht?
•   Sind diese Wert-Reize jetzt der Normalfall?
•   Ist es ein fröhliches Ritual mit der Gratis-Banane beim Bananen-Joe auf dem
    Volksfest?

Begriff Werbung taucht nicht auf! Es fällt auf, dass bei der Ansprache von Kon-
sumenten weder in Werbebriefen noch in Anzeigen und Spots die Begriffe „Wer-
be-Geschenk oder Werbeartikel“ auftauchen. Vielleicht ist es die Angst davor, die
profane Assoziation „Kuli und Kalender“ hervorzurufen?

Bevorzugt wird im Moment der Alltagsbegriff „Geschenk“. Vielleicht um damit
das Bild von Luxus zu beschwören und so einen Neiddruck aufzubauen – bei den
Konsumenten und bei den Wettbewerbern? Zugleich impliziert das Wort den Di-
alog der Partner, da Geschenke nach Sitte und Brauch eine Gegengabe auslösen.

Erwähnen muss man, dass Geschenke bzw. Werbeartikel nicht immer ein Quell
hoffnungsvoller Investition ist. Es bestehen Gefahren:

•   Empfänger sind misstrauisch und sehen darin eine milde Form der Best-
    echung oder unerwünschte moralische Verpflichtung.
•   Die Kunden gewöhnen sich an die Gaben und fordern sie geradezu.
•   Der Wettbewerber versucht zu übertrumpfen.

Was ein Kunde wirklich WERT ist, zeigt erst die Summe der Erfahrungen in
Markttransaktionen und der Grad der Kundenzufriedenheit. Mit Marketing und
Public Relations Maßnahmen versuchen deshalb Unternehmen ihre Ziel- und
Anspruchsgruppen in ihrem Sinne zu beeinflussen. Darauf reagiert das Publi-
kum zuweilen recht eigensinnig und sogar launisch. Es interpretiert die Bot-
schaften individuell und „schenkt“ nur wenigen Botschaften die Aufmerksam-
keit.

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2.     Impression Management

Impression Management ist eine Strategie der Inszenierung und Beeinflussung,
die auf Bekanntheit, Reputation und Profil abzielt. Das Selbstbild soll sich mög-
lichst im Fremdbild spiegeln. Ändert sich die Marketingstrategie - wie jetzt mit
dem riesigen Aufgebot an Wertreklame -, dann bewirkt dies gerade in den emo-
tionalen Bezügen ein Perspektivenwechsel.

Woher stammt der Begriff Impression? Einen entscheidenden Perspektiven-
wechsel gab es im 19. Jahrhundert in der Malerei:
     Kathedrale von Rouen. Claude Monet (1840 – 1926) malte Licht und Atmosphäre.
     Die optische Szenerie ändert sich unablässig über den Tag. Im Jahre 1874 hatte er
     erstmals sein Bild mit dem Titel „Impression, soleil levant“ ausgestellt. Sinn-
     bild der Impressionisten ist die ewig im Fluss befindliche Natur. Die wahrgenom-
     mene Wirklichkeit wird in eine Abfolge einzelner Momente zerlegt.

Das Image bildet sich aus der Summe der Eindrücke, welche der Verbraucher o-
der Geschäftspartner vom Unternehmen hat. Deshalb ist eine ganzheitliche Un-
ternehmenskommunikation angesagt. Die Informationsverarbeitung wird vor-
herrschend durch gespeicherte Schemata gesteuert. Das sind komplexe Wis-
senseinheiten. Sie entlasten unsere Hirntätigkeit und erstellen ein subjektives
Bild vom Unternehmen. Solche Images lenken unsere Aufmerksamkeit, die
Wahrnehmung und letztlich die Kaufentscheidung. Der Interessent oder Partner
selektiert, interpretiert und bewertet den Auftritt des Unternehmens am Markt
und in der Öffentlichkeit. Maßstab sind die eigenen Erwartungen und Erfahrun-
gen, gegossen in mehr oder weniger festen Einstellungen und Meinungen, nur
teilweise sichtbar im Verhalten.

Als Schemata stehen ganze Klassen von Ereignissen, Objekten Handlungen zur
Verfügung. So ein Ereignisschemata ist wie ein Drehbuch. Wir haben sog. Sozial-
bilder, d.h. Erwartungen von Verhalten, Rollenbilder, Abläufe, Rituale und Bot-
schaften im Kopf im Zusammenhang mit Ereignissen wie Schulanfang, Hochzeit,
Friseurbesuch, Olympische Spiele, Geschäftseröffnung oder Preisverleihung. Von Kin-
desbeinen an prägt sich uns das mannigfaltige Erlebnisschema „Schenkkultur“
ein.

2.1    Denken in Ursprüngen:
       Wertreklame bzw. Werbeartikel zwischen Marketing und Recht

Der Begriff Wertreklame ist hundert Jahre alt. Seither gibt es immer wieder hef-
tige Diskussion in Politik, Recht und Wirtschaft wegen oftmals wettbewerbs-
hemmenden Auswüchsen bei der gegenständlichen Werbung. Es gibt in der
christlichen Moral den Scheideweg: Entweder sein Kreuz zu tragen ohne Murren
oder die Welt der Gegenstände zu bevorzugen. Dabei verkörpern Gegenstände in
der Moralvorstellung die sinnliche Lust und Macht und pflastern den Weg zum hölli-
schen Flammenpfuhl.

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Schwarz-Weiß-Konflikte dieser Art scheinen häufig beim strittigen Thema
„Schenken in der Wirtschaft“ bzw. bei der Übergabe von imagefördernden Wer-
beartikeln aufzutreten. Das gilt für den Bereich Gesetz und Recht. Das gilt für die
Kulturgeschichte des Schenkens. Wir denken selten darüber nach, dass in unse-
rer modernen, rationalen Zeit viele Rituale aus archaischen Zeiten stammen:
Gastgeschenke bei Geschäftseröffnungen, Opferkerzen, Werfen von Bonbons und Konfet-
ti, Holzklopfen zur Neidvermeidung der Götter, Ringschmuck oder Firmensticker als An-
gebinde und das Küssen der Olympia-Medaillen - als ob dieses Stückchen Metall göttliche
Macht besitze.

•   Ist der Untertitel
    „Wer wirtschaftet, verschenkt nichts“ ein ökonomisches Dogma?

Der Leitsatz Ein Kaufmann hat nichts zu verschenken wurde in der Weltwirtschafts-
krise der Jahre 1929 - 1930 formuliert. Alles brach zusammen, die New Yorker
Börse, das ungesunde amerikanische Kreditgebäude, das internationale Zah-
lungssystem und damit auch die Wirtschaften in Europa. Kein Wunder, dass die
Händler sagten: Wir haben selber nichts, folglich haben wir erst rechts nichts zu ver-
schenken. Das Reichsgericht sah in der Wertreklame sachfremde Lockmittel.

Was in den 1930er Jahren gerechtfertigt schien, kann in unserer Überflussgesell-
schaft, die uns gesättigte Märkte beschert, nicht mehr gelten. Die Anbieter müs-
sen sich heute weniger auf die Bedürfnisse konzentrieren, sondern mehr auf die
Wünsche der Konsumenten. Das sind aber gefühlsbelastete Fiktionen, die mit
rationaler Werbung schwer zu erreichen sind. Wenn also Gegenstände „sinnliche
Lust und Macht“ verströmen, wer will es den Unternehmen verdenken, dass sie
diese als Anreiz zur Schaffung von Aufmerksamkeit und freundlicher Stimmung
einsetzen.

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•   Gesetze zu „Werben“ und „Schenken“

Der Staat steuert über die Wirtschaftspolitik und Rechtsprechung die Harmonie
im Wirtschafts-Wettbewerb. Werden die nachfolgenden vier Gesetze im Gesamt-
zusammenhang gesehen, offenbaren sich Überkreuzungen. Gabenökonomie -
übertragen auf die Sphären Politik und Ökonomie - hat oft den Geruch der Affä-
re, der Bestechung und Korruption. Nicht umsonst erneuerte die Bundesbank
ihren Verhaltenskodex und die Pharmaindustrie übt freiwillige Selbstkontrolle.

1. Strafgesetzbuch
   Das Strafgesetz weist in den §§ 331 ff. auf die strafrechtliche Relevanz hin bei
   der Annahme von Geschenken oder anderen unentgeltlichen Zuwendungen
   für Beamte und im Treueverhältnis stehende Personen. Es geht um die Büro-
   kratieprinzipien: Nachvollzug der Vorgänge, Überprüfbarkeit des Verwaltungs-
   handelns und Gleichbehandlung der Bürger.

2. Steuerrecht § 4 Abs. 5 Ziff. 1 Einkommensteuergesetz
   Das ist wohlbekannt hier im Raum wegen der steuerlichen Abzugsfähigkeit
   von betrieblich veranlassten Aufwendungen für Kunden-Geschenke und Wer-
   beartikel. Bisher fehlt eine Eindeutigkeit bei der Begriffsbestimmung und der
   Anerkennung als normales Werbemittel im Reigen der Kommunikationsmaß-
   nahmen einer Organisation.

3. Wettbewerbsrecht steht als Leitidee
   Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) von 1909 setzt Schran-
   ken zur Erhaltung der „guten Sitten“. Die Generalklausel § 1 ist der große
   Wegzeiger in unserer Rechtsprechung: Wer im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken
   des Wettbewerbs Handlungen vornimmt, die gegen die guten Sitten verstoßen, kann
   auf Unterlassung und Schadenersatz in Anspruch genommen werden. Eine sehr of-
   fene Formulierung. Damit wurden die Auswüchse des ruinösen Wettbewerbs
   eingedämmt und die Formierung von Kartellen erschwert. Im Jahre 1957 kam
   dann noch das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB - Kartellver-
   bot) hinzu.

4. BGB Bürgerliche Gesetzbuch von 1900
   Auf einer anderen Denkebene ist das BGB angesiedelt und stiftet oftmals Ver-
   wirrung in Sachen „Werbemittel“. Im §§ 516 ff. wird die Schenkung behandelt
   als besonderes Schuldverhältnis mit einer Vermögensminderung und Vermö-
   gensbereicherung. Die Zuwendung erfolgt unentgeltlich. Weder der Dank des
   Beschenkten, noch die Gesinnung des Schenkers ist wesentlich für den
   Rechtsakt. Der Widerruf der Schenkung kann nur durch Nachweis einer
   schweren Verfehlung gegen den Schenker erfolgen. Dieses Gesetz hat die Basis
   im Römischen Recht. Dort waren Personen und Sachen noch verbunden. Eine
   Gabe zwischen Geber und Nehmer wurde als Seelenbindung verstanden.

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•   Richterrecht im Wettbewerb

Im Wirtschaftsleben haben Gerichtsurteile nicht nur einen weitreichenden Ein-
fluss auf Geschäftspraktiken, sonder auch auf das Denken und Handeln in Poli-
tik und Behörden. Hinzu kommt, dass Rechtsprechung konservativ ist, obgleich
seit 1900 die Einstellung sich an die politischen Systeme und wirtschaftspoliti-
schen Leitmotive anpasste.

Ab 1900
standen trotz der Auswüchse durch den Wirtschaftsliberalismus die Richter der
Wertreklame positiv gegenüber und urteilten nach dem UWG. Sie legten den
Grundstock für die Argumente der Sittlichkeit. Nicht die Geschenke waren sit-
tenwidrig, sondern die Umstände der Vergabe: Beweggrund, Zweck und Inhalt der
unentgeltliche Zuwendung.

Ab 1930
Die schlechte Erfahrung mit der Weltwirtschaftskrise veränderte die Perspektive
auf die Wettbewerbsmärkte. Die Zugabenverordnung und das Rabattgesetz wur-
den damals erlassen, was zugleich zu einer Verwässerung der Begriffe Wertre-
klame, Zugabe und Werbegeschenk führte: Alles wurde „über einen Kamm ge-
schert“ und Differenzierungen unterlassen. Statt dem individuellen Wettbe-
werbsfall wurde jetzt eine sozial-rechtliche Betrachtungsweise favorisiert. Die
Belange der Allgemeinheit, der Volkswirtschaft, waren sehr wichtig. Der auf-
kommende Wirtschaftsdirigismus im Dritten Reich führte zur starren Doktrin
des Reichsgerichtes.

Nach dem Zweiten Weltkrieg ab 1945
orientierten sich die Richter weiterhin an der Rechtsprechung des Reichsgerich-
tes. Zwar war die Sittenwidrigkeit eines Geschenkes wieder aufgehoben, aber die
Umstände wurden gemessen an folgenden Argumenten: Psychologischer Kauf-
zwang, anreißerische Werbung, übertriebenes Anlocken, Gewöhnung und Marktbehinde-
rung, Nachahmungsgefahr.

Ab 1965
wurde trotz der aufkommenden liberalen Auffassung bei „unentgeltlichen Ver-
günstigungen“ am traditionellen Sittenkatalog festgehalten.

Im 21. Jahrhundert gelten einige Argumente nicht mehr als zeitgemäß. Die
Rechtsprechung bestätigt endlich, dass Wettbewerb und Leistungsanreize sys-
tembedingte Elemente einer marktwirtschaftlichen Ordnung sind. Der Wandel in
der Kommunikationsbranche ist zu offensichtlich. Trotzdem bleibt immer Unsi-
cherheit, ob Richter die eigene Wahrnehmung in Urteile einfließen lassen und
wo die Rechtsprechung Grenzen für „unlautere Werbung“ sieht.

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2.2      Denken in Ursprüngen:
         Erlebnisschema „Schenkkultur“

In jeder Generation passen sich die Schemata an den gesellschaftlichen Wandel
an. Doch wir haben das Schenken in den Genen – seit Eva ihrem Adam den Apfel
reichte. Die wohlgemeinte Gabe geriet zur schlimmen Gabe für die Menschheit –
mit der Folge der Vertreibung aus dem Paradies.

Alle Kulturen praktizieren Geben – Nehmen - Erwidern.
   - DO UT DES ist ein archaischer Rechtsgrundsatz, durch den der Gabenkreis-
   lauf moralisch legitimiert wird: Ich gebe, damit du gibst. Eine Rechtsformel für
   gegenseitige Verträge und Grundsatz sozialen Verhaltens.
   - MANUS MANUM LAVAT meint, eine Hand wäscht die andere.
   So war das Denken z.B. der Römer gegenüber ihren Göttern - für das Opfer
   wird eine Gegengabe der Götter erwartet.
   - § 320 BGB Leistung und Gegenleistung oder Zug um Zug

Die Gegenseitigkeit/Reziprozität fördert langfristige Beziehungen. Oftmals
schwanken wir zwischen Pflicht und Neigung.

Möglich sind Vergleiche des Schenkverhaltens und der Beziehungsgestaltung –
im Hinblick auf fremde Kulturen oder in Unternehmen, wenn ich die Merkmale
des Schenk-Schemas auf Gemeinsamkeiten oder Differenzen abkläre. Wir kön-
nen dieses Schema uminterpretieren in Werbekonzepte, ihm eine neue Form
geben und nur Teile der Strukturen und Regeln nutzen. Informationen in Form
solcher traditionellen Schemata bleiben länger im Gedächtnis. Doch ohne
Kenntnis des ganzen Bezugssystems bleiben blinde Flecken.

•     Erlebnis-Schema „Schenkkultur“

1. Episode
Vor dem Schenken – Der Geber ist gefordert

Geschenke sind Präsentationen des Selbst- und Fremdbildes. Die Auswahl wirft
ein zweideutiges Licht auf Schenker und Beschenkten, da spezielle Charakter-
merkmale sich im Geschenk öffentlich machen. Der Status steuert die sozialen
Beziehungen – hin zu Abhängigkeit oder Überlegenheit.

Natürliche und kulturelle Anlässe gibt es genug: Lebenszyklus und persönliche
Festtage der Menschen, spezielle Ereignisse und wiederkehrende Festtage, spon-
tane Gesten. Geschenke markieren Zäsuren, betonen Feste und Zeremonien.
Diese Aufrechterhaltungsriten sind unerlässlich für unser Leben, unsere Gesell-
schaft.

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Geschenke auszuwählen erfordert Energie und Ressourcen.
       Schenkte der Schäfer ein Lamm, war der symbolische Wert der Geste ein-
       deutig : Er brachte es nicht zum Markt.
Heute könnte man sich alles selbst kaufen. Durch die Auswahl zeigt sich die so-
ziale Komponente. Die Gabe mutiert zum Bedeutungsträger, in dem sich die In-
tensität der persönlichen Beziehung spiegelt. Die Personalisierung der Ware er-
folgt symbolisch durch Verpackung, Bänder, Etiketten.

      Es lässt Kleines größer, Belangloses bedeutsamer erscheinen, signalisiert Aufwand,
      Opfer und lenkt alle Aufmerksamkeit auf das Geschenk.

2. Episode
Übergabe des Geschenks

Wichtig ist der richtige Zeitpunkt. Dann sind bei der Übergabe spezielle Rituale
in Wort und Gestik bei Geber und Nehmer angesagt, eine feierliche Atmosphäre.
Gemeinsames Erleben bekräftigt die Bindung. Unter dem Blick der anwesenden
Personen wird ein Schenkakt zum öffentlichen Ereignis.

      Ehre will offene Bekundung.

3. Episode
Nach dem Schenken – Der Nehmer

Seit der Antike wird über die Pflicht zum Dank philosophiert. Dankbarkeit ge-
hört zur sozialen Wertschätzung, zur Etikette. Eine Pflicht zur Gegengabe besteht
nur informell. Es ist ein wirksamer Mechanismus zur Beziehungssteuerung. Eine
Unterlassung zieht sicherlich eine soziale Missachtung nach sich.

•   Etymologie – Wandel der Wortbedeutungen

Hinter Begriffen stehen immer Konzepte, die sich über Jahrhunderte in ihrer Be-
deutung ändern können! Sind heute die Begriffe „Wirtschaft“ und „Schenken“
im Sinngehalt gegensätzlich, so war der Sinngehalt in früherer Zeit ganz eng
beieinander. Die Erklärungen verdanken wir Jacob Grimm (1785 – 1863), Begrün-
der des Deutschen Wörterbuchs.

Wirtschaft – Wirt
im Sinne von schmausen, fröhliches Essen und Trinken, üppiges Leben und Ge-
nießen. Das festliche Mahl in der Gemeinschaft. Der Wirtschafter war der Tisch-
genosse. Aus dem sorgenvollen Haus-Vater wurde der Haus-Wirt und später der
„kluge Planner und rationale Wirtschafter“.

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Gast – der Fremde war Feind.
Das Dilemma wurde mit dem Gastrecht gelöst. Der Gast erhielt den Willkom-
menstrunk, Essen und Trinken war frei und den Becher gab es beim Abschied als
Ehrengabe. Zugleich brachte die Freizügigkeit dem Wirt Ruhm und Ehre.

Geschenk – Wort seit 1569 belegt
Eine freiwillige Gabe. Die Absicht der Bindung zeigt sich im „Angebinde“ oder als
symbolisches Band in Form von Ringen. Die Gabe als Seelenbindung.

Schenken
hatte die Bedeutung des „Einschenkens, Eingießen“. Schenken in der Grundbe-
deutung von Schiefhalten der großen Kanne beim Einschenken der Becher
durch den Wirt. Sie kennen die Ableitungen „Schank-Wirtschaft, Schenke“. Der
Mundschenk erhielt vom König oder Kaiser den „Schenkenbecher“ und einen
Erbtitel wie Schenk von Limpurg gleich dazu.

Im 21. Jahrhundert steigt die Tendenz, dass zwar der Sinngehalt von „Wirt-
schaft“ und „Schenken“ different bleibt, aber beide Begriffe im Wirtschaftsleben
wieder ohne Aufruhr nebeneinander existieren können.

•   Historie der Schenkkultur

ganz grob geordnet am Sinngehalt von Gaben und sozialem Verhalten.

In heutigen Ritualen schimmern die verinnerlichten Traditionen durch. Der Akt
der Symbolisierung einer Ware zu einem imagefördernden Werbemittel hat hier
seine historischen Wurzeln.

Archaische Zeiten

•   Die Naturvölker
Götter welche geben und erwidern, sind dazu da, etwas Großes für etwas Kleines zu ge-
ben.
In Götter und Geister der Toten sahen die Menschen die wahren Eigentümer der
Dinge. Der Austausch mit ihnen war zwingend. Durch Brandopfer, Vergrabungen
und ins Meer werfen kehrten die Gaben zurück zum Ursprungsort, um im
nächsten Jahr wiederzukehren. Dinge hatten magische Kräfte.

•   Die Clans und Stämme
Alles kommt und geht in einem fortwährenden Austausch. Das archaische Tauschsys-
tem nannte der Ethnologe Marcel Mauss POTLATSCH, ein indianischer Ausdruck
für den Vernichtungswettstreit der eigens angesammelten Güter zwischen den
Stämmen. Prahlerei und Ehre des Häuptlings und des Clans waren die Antriebs-
kräfte.

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•   Die Hochkulturen
Das Gegenüber ist mächtiger, ich muss es beschwichtigen, mir günstig gesonnen machen,
es mit Demut bestechen. Die Menschen lebten in staatsähnlichen Organisationen
mit religiösem Herrschaftsanspruch, ausgedehntem Handel und Tempelwirt-
schaft. Das Land und Lebewesen gehörten der Gottheit. Im Sühneopfer wurden
zugleich die Bitten um Schutz vor Unheil und Gewährung des Positiven integ-
riert. - Der Glaube an die Seelenbindung zwischen Personen und Sachen ging in
die Rechts- und Wirtschaftsordnung der Römer ein. Sachen im Haus hießen fa-
milia, Vieh auf der Weide pecunia. Familiensiegel markierten die Gegenstände.

•   Die Religionen betonen den Bund mit Gott
Gott schenkte die Gesetzestafeln, Manna vom Himmel, opferte seinen Sohn zur
Tilgung der Erbsünde. Ehren die Menschen Gott durch ihre Liebe, bewirkt dies
einen Bund. Die spätere Verteilung der Opfergaben an arme Menschen erfolgte
im Sinne der Gerechtigkeit und des Mitleids. Freigebigkeit wurde zur Tugend,
Geiz zur Unmoral. Die Armen bekamen Almosen und dienten so den Spendern,
diese Tugenden zu leben.

Mittelalter
geprägt von den doppelten Gaben: Tribut/Privilegien und Almosen/Largesse

Nur der Adel sollte die Kunst des Schenkens in ritterlicher Freigebigkeit ausle-
ben dürfen. Dadurch erwarben sich die Ritter Ruhm und Ehre. Geizhälse galten
als Schande, da sie den Kreislauf unterbrachen.

•   Tributzahlungen wurden zur Ehrengabe. Dafür erhielten die Vasallen Privile-
    gien. Diese horizontale Legitimation durch den Herrscher erzwang eine

•   vertikale Geste des Schenkens an das Volk: wie der Sämann den Samen auf
    das Feld streut, so warf der Herold von oben herab unter dem Ruf „Freigebig-
    keit - LARGESSE – d.h. reichlich im Überfluss – Münzen und andere Dinge. Der
    Adel erfreute sich an der Gier der Meute, die sich auf dem Boden balgte. Erst
    in der Epoche der Aufklärung endeten solche Sitten. Die Kirche forderte zu
    Spenden und Stiftungen auf, damit das Seelenheil im Jenseits ins Positive
    gewendet wird.

Neuzeit 18./19. Jahrhundert
Individualismus und Kapitalismus
Zwei Welten: Privatheit/Bürgertum und Öffentlichkeit/Ökonomie

Im Aufschwung der Industrialisierung spaltete sich das Familienleben in
                                Arbeit und Heim.
Die Kleinfamilie galt als Hort des moralischen Verantwortungsbewusstseins im
Gegensatz zu den materiellen Zwängen im kapitalistischen Wirtschaftssystem.

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Schon Adam Smith, einer der Begründer des Wirtschaftsliberalismus, sah das
Eigennutz-Denken als Antrieb für Profitstreben und Ursache für den Wohlstand
der Nation.

Der Protestantismus förderte die Individualität und, obgleich der Luxus verur-
teilt wurde, war das Gewinnstreben gottgewollt. Die Nutzlosigkeit des Überflus-
ses wurde zugunsten der sozialen Anerkennung durch Almosen, Spenden und
Stiftungen eingesetzt. Die Frauen mussten Haushalt und Kindererziehung si-
cherstellen.

Geschenke dienten nicht nur als Beziehungszement, sondern als pädagogische
Gabe. Weihnachten wurde zum Fest der Familie. Daraus erwuchsen auch neue
Handwerksbereiche für Süßigkeiten und Spielzeug. Schon die barocke Schenk-
freudigkeit mit Luxusgütern gab vielen Handwerkern ein Einkommen.

Moderne Zeiten

In der Überflussgesellschaft wird gerne das Zueinander beklagt, das durch ein
nüchternes Sachverhältnis ersetzt würde. Nicht mehr das Gefühl der Sympathie
verbinde den Menschen miteinander, sondern ein Zweck- und Nutzeffekt, be-
stimmt von Individualinteressen.

Das Geschenk wandelt sich in Zahlung.

In der Wohltätigkeit sieht man ein Ventil für freiwillige Zuwendungen an ano-
nyme Empfänger, gespendet vielleicht aus Angst vor gleichen Lebensverhältnis-
sen oder Loskauf für das Gewissen.

Durch die Ökonomisierung der bürgerlichen Schenkkultur steigt der Verdacht
von unlauteren Absichten. Denn im Schenken sind ein Bündel von Motiven ent-
halten, eine Vielfalt von Perspektiven. In Sprichwörtern spiegelt sich diese Viel-
falt wieder:

   Geschenke erhalten die Freundschaft.
   Der geschenkte saure Apfel gilt für süß.
   Geschenke müssen sich gleich bleiben oder wachsen.
   Ich bringe ein Ei und hätte gerne zwei.
   Geschenke bringen Ränke.
   Wer nicht empfängt, braucht nicht wieder zu geben.
   Eins ums andere, nichts umsonst.

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3.       Kreativitätsreserven

Warum verteilen Unternehmen Werbegeschenke?
Wenn Unternehmen „schenken“ – so eine Umfrage von 1994, dann wollen sie

•     die Geschäftsbeziehungen pflegen
•     Freude bereiten
•     Dank und Wertschätzung ausdrücken
•     das Unternehmen präsentieren
•     Konventionen erfüllen
•     den Bekanntheitsgrad erhöhen
•     sich entschuldigen.

84 % der befragten Unternehmen bejahten die betriebliche Gabe. Favorisiert
wurde auf Seiten der Empfänger die Geschenke, die ihre Persönlichkeit spiegeln
oder zumindest Funktionalität aufzeigen. WIE kann das Unternehmen dies alles
einlösen, wenn zugleich die Gabe als Vehikel für Unternehmensbotschaften
dient? Eine schwierige Aufgabe im Impression Management.

3.1     Transfer-Modell Geschäftsverkehr und Gütertausch

Hier zeigen sich die relevanten Bruchstellen, an denen aufgrund unterschiedli-
cher Tauschvorgänge auch unterschiedliche Kommunikationssphären zusam-
mentreffen. Geschäftsprozesse werden meist unter dem Aspekt der technischen
Optimierung durchleuchtet und weniger, um quantitative und qualitative
Merkmale zu bewerten.

In der Unterscheidung von „Geld-Ökonomie“ und „Gaben-Ökonomie“ werden
unsichtbare Grenzlinien zweier „Märkte“ transparent.

1. Transfer
Selektion von Gütern
- Vertrag Geld gegen Dienstleistung / Ware / Werbeartikel

Hier erfolgt die Auswahl von geeigneter Ware als „Werbeträger mit
Sinngehalt“ aus der Masse von Produkten, wobei die Werbeartikel-
Branche mit Rat und Tat unterstützt. Es ist ein normaler Kaufakt
zwischen Anbieter und Nachfrager nach rationalen Prinzipien und
Gegnerschaft: Jeder möchte den optimalen Preis erzielen. Mit der
Begleichung der Rechnung ist die Transaktion abgeschlossen.

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2. Transfer
Akt der Symbolisierung der Güter durch das schenkende
Unternehmen

Es ist eine De-Kontextualisierungsphase und Umwertung, die Güter
werden aus seiner ursprünglichen Funktion des alltäglichen Ver-
brauchs oder Gebrauchs herausgelöst. Das unternehmerische Leitbild
und das daraus folgende Kommunikationskonzept zeigen auf, welche
Gegenstände für den Transfer der Unternehmens-Botschaften geeig-
net erscheinen.

Zur Symbolisierung der Güter stehen viele Instrumente offen:
die Eigenschaften der Ware selbst, Aufdrucke, Verpackungen, Insze-
nierungen – abgestimmt auf unternehmerische Zielsetzung und im
Verbund mit anderen Werbeformen.

3. Transfer
Gut gegen Gut - Symbolobjekt gegen Aufmerksamkeit

Der Beziehungsaspekt verneint eine handelsübliche Gegnerschaft.
Der „Bindungswunsch“ steht im Vordergrund. Das Symbolgut soll Brü-
cke bilden und als Bedeutungsträger stimulieren. Es bringt keinen
unmittelbaren Gewinn wie im ersten Transfer. Es ist ein Investiti-
on voller Hoffnungen.

Es geht um die Aufmerksamkeit als Tauschwert. Die Transaktion ist
nicht beendet und nicht ausgeglichen.

Interessant ist, wie das Symbolobjekt in dieser Öffentlichkeits-
phase von Unternehmen bzw. der Werbebranche benannt wird. Begriffe
können und wollen Programm sein. Was alles schließt das Wort „Wer-
beartikel“ ein und was impliziert das Wort „Geschenk“?

In der Politik wird gerade versucht, belastete Begriffe wie "Ge-
schenke, Werbegeschenk" umzuformulieren. Der Korruptionsverdacht
liegt oft nahe. Dadurch verschieben sich zwar nur Nuancen, doch
die Wahrnehmung kann auf bisher „blinde Flecken“ gelenkt werden.
Das heißt nicht, dass sich dann sofort das gewünschte Verhalten
einstellt. Dieses zu beeinflussen kostet mehr Ideen und Energie
als nur die Änderung eines Begriffes.

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4. Transfer
Nehmer und Weitergabe

In einer Befragung von Unternehmensmitarbeitern kam zu Tage, dass
die begünstigten Empfänger ihre erhaltenen Gaben/Geschenke oft
weitervergeben

       73 % an Mitarbeiter
       33 % ins Unternehmen allgemein
       33 % an Familie
       26 % an Freunde
       5 % an eigene Geschäftspartner.

Wird das bei der Auswahl von Werbeartikeln und Prämien sowie bei
der Personalisierung und Symbolisierung der Güter bedacht?

Unterschiedliche Tauschvorgänge brauchen unterschiedliche Kommunikations-
konzepte!

Rechtliche Aspekte beachten
In der ersten Phase ist beim Ein- und Verkauf das Steuergesetz relevant.
In der dritten Phase schauen die Wettbewerbshüter auf die Umstände der Verga-
be und die Wirkung beim Empfänger von unentgeltlichen Werbemitteln.

      Einladungen ins Moulin Rouge in Paris verneint der Gesetzgeber als "Geschenk" an
      Kunden , d.h. als betrieblich absetzbare Unkosten.

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3.2    Globalisierung: Vielfalt Geschenk-ökonomie der Kulturen

Wenn wir die Globalisierung ernst nehmen, müssen wir uns mehr mit den ge-
setzlichen Werbevorschriften und mit der traditionellen Geschenkökonomie an-
derer Kulturen auseinandersetzen, die sich teils gravierend unterscheiden. Un-
passende Gastgeschenke ruinieren in Asien häufig jede Geschäftsverbindung.

Wie kommen wir den Erwartungen entgegen? Bewirkt eine solche kulturelle
Wahrnehmungserweiterung auch eine einsichtigere Diskussion um die legitime
Rolle von Werbeartikeln im Reigen der klassischen Werbemitteln? Regeln im Ge-
schäftsleben richten sich nach kulturellen Aspekten:

Im Westen offiziell eine Geschenk-Askese

   Die westliche Kultur pflegt den Individualismus in einer mehr aufgabenorien-
   tierten Gesellschaft. Die nonverbale Kommunikation, wozu auch das Schen-
   ken zählt, steht hinter Information und Verträgen zurück. Geschenke werden
   offiziell nicht erwartet, was oft Irritationen im Geschäftsalltag verursacht.
   Denn zur Beziehungspflege verteilen wir sehr wohl Bedeutungsträger, sym-
   bolisierte Güter. Davon lebt vor allem die Werbeartikel-Branche.

In anderen Ländern hochentwickelte Geschenkkulturen

   vor allem in Asien und Südamerika. Dort herrscht eine kollektivistische Ein-
   stellung, Konventionen erfahren eine hohe Wertschätzung. Durch allgemein
   respektierte Regeln formen sich standardisierte Verhaltensweisen aus, die
   wiederum die Sicherheit kultivierten Auftretens gewährleisten.

   In Japan z.B. sind die Schenksitten im Business dokumentiert und müssen
   penibel eingehalten werden. Die Gabe und die Verpackung signalisieren große
   Ehrbekundung, Wertschätzung und Unterordnung. Geschenke zeigen den
   Ernst für einen vertrauensvollen Beziehungsaufbau.

CRM - Customer Relations Management

Seit zwei Jahren heben IT- und Marketing-Fachmagazine den großen Stellenwert
von Kunden-Beziehungsmanagement als neue Leitidee hervor. Warum nicht
von den Asiaten lernen und unsere historisch willkürlich gespaltene Gabenmen-
talität neu ordnen?

Weg von der Unsicherheit und Angst bei ökonomischer Beziehungspflege hin
zum entspannten Transfers von symbolischen Gütern. Das schafft Nachfrage
und Wirtschaftswachstum: Japanische Frauen beschenken Männer am Valen-
tinstag. Um der Pflicht der Gegengabe genügen zu können, wurde eigenes der
„White Day“ geschaffen. Der Warenkonsum boomt.

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3.3      Keine Gratiskultur im Internet, sondern Tausch
         Privat und Ökonomie wachsen wieder zusammen

Wir erleben im Internet eine Vermischung von Privat und Kommerz, gerade so
wie vor der Epoche der Arbeitsteilung und des Kapitalismus.

Wir erleben eine Renaissance der archaischen und mittelalterlichen Gaben-Tra-
dition. Die kooperative Grundidee des Netzes, untereinander Informationen
freiwillig auszutauschen, basiert letztlich auf dem Sozialkonzept Geben – Neh-
men – Erwidern/Dank. Die Form des "Dankes" für "freie" digitale Gaben erfolgt
auf in unterschiedlichster "Münze" - von Aufmerksamkeit/Tausch (immateriell)
bis Zahlungen/Güter (materiell).

Ist es ein Rückfall in den Mythos, dass gerade die modernste Technik im 21.
Jahrhundert zurückkehrt zum total sozialen Phänomen, das alle gesellschaftlichen
Bereiche einschließt? Nein, dieses Gabenkonzept liegt im Kulturgen des Menschen.

Immer wieder wird die egoistische Nutzeneinschätzung wird verdrängt von der
sozialen Bindungsfunktion.

•     Mailart-Künstler setzen das Copyright außer Kraft und verschicken Ketten-
      briefe nach dem Motto Man wird reich, weil man gibt.

•     Open Source Idee verbindet Kommerz und Gemeinnutz. Ein spezieller Kode
      definiert 10 Gebote unter dem Leitmotiv: Free software ist eine Sache der Frei-
      heit, nicht des Preises. Striktes Verbot gilt dem Verschweigen des Quellcodes.

•     Free flow of Information ist seit langem ein Verlangen in der UN-Charta! Jetzt
      könnte dies Wirklichkeit werden.

•     Immer weniger User sind bereit, direkte Zahlungen zu leisten. Sie lassen sich
      ihre Clicks bezahlen, wenn sie einer kommerziellen Website Aufmerksam-
      keit „schenken“. Erst die gebündelte Aufmerksamkeit schafft für Unterneh-
      men den Boden zur ökonomischen Relevanz.

•     Das Erlebnisschemata „Schenken“ wird zum Leitmotiv der Internet-User -
      ein modernes Medium verschafft ihm wieder gesellschaftlichen Glanz. Auf
      der Telepolis-Website von www.heise.de finden Sie einige Artikel, die diese
      virtuelle Schenkkultur und Geschenkökonomie propagieren.

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Wir leben in einem Universum von Werbungen, in einer total medialen Welt mit
ineinandergreifenden Kommunikationssphären. Das Öffentliche durchdringt das
Private und umgekehrt. Alle diese Open-Source-Befürworter leben zugleich in
einem realen sozialen Netz. Dort werden Präferenzen gebildet für Waren und
Dienstleistungen.

Wie um eine Braut werben

Denken wir daran, dass das Wort „Werbung“ ursprünglich einen eng erotischen
Sinn gehabt hat. Ringe und Kleider galten als Gabe der Verbundenheit.

Seit die Welt als Ganze erotisiert ist, entschwand das aus unserem Bewusstsein.
Der Reiz lässt nach. Unsere Sinne brauchen Reize um Aktivität zu bewirken. Ein
Gegenstand kann zugleich Werkzeug und Reizattrappe sein.

Nach der nonverbalen Kommunikation (Gestik, Mimik, Körperbewegungen) ran-
gieren Gegenstände/Güter auf der Evolutionsskala an zweiter Stelle – lange vor
den Medien Sprache, Schrift, Druck und Elektronik. Schon immer projizierte der
Mensch seine Wünsche und Erwartungen auf Dinge - zum gegenseitigen Verste-
hen, zur Selbstdarstellung und als Pfand für den Bindungswunsch. Er personifi-
ziert und symbolisiert die Artefakte im Sinne seiner Kommunikationziele.

Nach der Marketingphilosophie verkörpern auch Unternehmen eine Persönlich-
keit. Nichts liegt näher, als durch eigene Produkte oder symbolisierte Gegen-
stände die Unternehmensidentität „begreiflich“ und eindrücklich in die Außen-
welt zu transportieren.

                         Impression Management

                    im Sinne der Schenk-ökonomie

                            ist ein Dauerthema!

Anhang:        Charts zum Vortrag

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                                                            Eine
                                                            Ballonfahrt.

                                                            Wer erhält
                                                            ein solches
                                                            Geschenk?

                                                            Familie
                                                            Freundeskreis

                                                            Geschäfts-
                                                            freunde?
                                                            Kunden?

 Impression Management:
 Wer wirtschaftet, verschenkt nichts! ... ?

 Vortragsablauf
                                    1.     Halb geschenkt – gratis für Sie!

                                    2.     Impression Management

                                                       Denken in Ursprüngen:
                                                         Marketing und Recht
                                                Erlebnisschema „Schenkkultur“

                                    3.     Kreativreserven und Stimulanz

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                                                            Preisauszeichnung

                                                            Welcher Eindruck
                                                            soll erwecken
                                                            werden?

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 Impression Management

                                    • Identitätsbotschaften

                                    •   Schemata

 Licht und Wahrnehmung - Art der Verkaufspräsentation

    Denken in Ursprüngen:    Wertreklame
                             zwischen Marketing und Recht

                                                    Ökonomisches Dogma?
                                           Wer wirtschaftet, verschenkt nichts.

                                           Gesetze „Werben und Schenken“

                                             Richterrecht im Wettbewerb

    ab 1900:   Werbegeschenke zulässig
    ab 1930:   Unzulässigkeit von Wertreklame
    ab 1945:   Geschenke erlaubt, Reichsgericht Sittenkatalog
    ab 1965:   Liberale Auffassung, Anwendung des Sittenkatalogs

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 Denken in Ursprüngen:      Erlebnisschema „Schenkkultur“

                             vorher :      - Status Geber und Nehmer
                              Geber        - Anlässe
                                           - Auswahl und Kauf Ware
                                           - Wandlung durch Symbolik
                                           - Identität und Image

                             Übergabe      - rituelles Verhalten
                                           - Inszenierung

                             nachher :     - Zeitphasen
                              Nehmer       - Art der Gegengabe

 Denken in Ursprüngen:      Bindung und Beziehungen

                            Wandel der Wortbedeutungen

        Wirtschaft – Wirt – Gast - Geschenk – Schenken

         Wirtschaft                                    Schenken

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               Dipl.rer.com. Helga Burgstahler • www.burgstahler.biz
Wer wirtschaftet verschenkt nichts! ...?

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   Denken in Ursprüngen:      Bindung und Beziehungen

                              Historie der Schenkkultur

                         Archaische Opfer an Götter und Geister
                             Zeiten

                        Mittelalter Privilegien und Almosen, Stiftungen

                             Neuzeit Individualismus - Kapitalismus
                                    Trennung Ökonomie und Privat

                           Moderne Beziehungspflege – rational/emotional
                                    Wohltätigkeit

Kreativitätsreserven: Geschäftsverkehr/Gütertausch

                            Werbeartikel-Branche

                                                          Geld gegen Ware
   Wirkung?

    Kunden                        Gut gegen Gut                   Organisation

    Mitarbeiter              Aufmerksamkeit
    Familie                  Erinnerung - Image
    Freunde

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                 Dipl.rer.com. Helga Burgstahler • www.burgstahler.biz
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