Wir wünschen unseren Heimatfreunden und Lesern ein frohes Osterfest! - Heimatblatt für den ehem. Kreis Bartenstein/Ostpr.
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Heimatblatt für den ehem. Kreis Bartenstein/Ostpr. mit den Städten Bartenstein Domnau Friedland Schippenbeil Jahrgang 67 März 2016 Osterausgabe 1/2016 Wir wünschen unseren Heimatfreunden und Lesern ein frohes Osterfest! Foto: Deutsche Minderheit Bartenstein
Aus dem Inhalt: Kreis Bartenstein - Reiseankündigung S. 2 - Wahl zum Erweiterten Busreise nach Ostpreußen Vorstand S. 3 im Juni 2016 - Nachruf Hans Graf von der Groeben S. 4 Die bisherige Planung (01. – 11.06.16) konnte nicht realisiert - Größtes Votivbild restauriert S. 4 werden wegen der geringen Anmeldungen und doch bleibt das - Agnes Miegel in Interesse sehr groß. Bad Nenndorf S. 5 - Mobilmachung und So wurde die Aufgabe für eine erneut zu planende Reise dem Kriegsausbruch 1914 S. 6-7 2. Vorsitzenden - Leserbrief „Flüchtlinge“ S. 7 Hans-Gerhard Steinke - Der 90. Hilfstransport Fasanenweg 12 ist angekommen S. 7 25497 Prisdorf - Ausritt mit dem Steckenpferd S. 8-9 Tel. 04101 / 56 86 660 - Die Begegnung S. 9 E-Mail: hans-g.steinke@online.de - Der Hufschmied S. 9-10 und - Ernst Briese, Hotelbesitzer Karlheinz Hupfer in Friedland S. 10 Neuer Dreikatendeich 36 - Güter im Kreis Bartenstein S. 10 21129 Hamburg - Heimatstube Nienburg S. 11-12 Tel. 040 / 74 27 346 E-Mail: kh.hupfer@hotmail.de - Wünsche für das neue Jahr / Bereits Friedrich der Große übertragen. sagte 1752 S. 12 - Jahresfest der Evang. Auf der Grundlage der bereits bekannten Planung werden bisher Frauenhilfe 1934 S. 13 noch nicht besuchte Orte im heute russischen Teil Ostpreußens - Alles Fleisch sei eure Speise S. 13 zum Programm gehören. Die Reise soll u. a. auch nach Tilsit und in die Elchniederung führen. Selbstverständlich wird es auch - Suchmeldung Hammers S. 18 möglich sein, in Eigenregie gewünschte Orte aufzusuchen. - Suchmeldung Berger Domnau S. 19 Obwohl für diese Reise nur beste Hotels gebucht wurden, ist es - Traurig, aber wahr S. 19 uns gelungen, einen sehr guten Preis auszuhandeln. Pro Person - Sonderausstellungen und Veranstaltungen OL S. 19 kostet die Reise nur 1.190,00 €, wobei die Visumskosten und die Auslands-Krankenversicherung im Preis enthalten sind. - Flüge Allenstein - Berlin S. 20 - Auf den Spuren der Wer an der wohl letzten Reise dieser Art teilnehmen möchte, die Familie Dönhoff S. 20 die HKG anbietet, sollte sich schnell entscheiden. - Konfirmanden-Unterricht S. 20 Die Reise wird nun stattfinden. Der Preis könnte sich noch - Friedlandstraße in Aachen - reduzieren, wenn sich weitere Heimatfreunde anmelden. Aachener Straße in Friedland S. 21 - Impressionen Friedland S. 21-22 Der neue Termin: 15. Juni bis 25. Juni 2016 - Deutsche Minderheit in Bartenstein S. 23 - Osterbitte S. 24 Weitere Einzelheiten erfahren Sie über die beiden oben genann- ten Adressen. Familiennachrichten S. 14-18 Impressum S. 24 Freuen Sie sich auf diese Reise. 2
Kreis Bartenstein Wahl der Mitglieder zum Erweiterten Vorstand unserer Heimatkreisgemeinschaft Im September 2016 endet die Amtszeit des Erweiterten Vorstandes der HKG Bartenstein. Die Neuwahl erfolgt als Briefwahl mit Briefwahlunterlagen, die der Sommerausgabe 2/2016 von „Unser Bartenstein“ zu entnehmen sind. Mit Herausgabe von UB 2/2016 beginnt die Wahl zum Erweiterten Vor- stand für die Jahre 2016 – 2020. Nach § 4 der Satzung der Heimatkreisgemeinschaft Bartenstein/Ostpr. e. V. sind alle 4 Jahre 10 Mitglieder in den Erweiterten Vorstand zu wählen. Wahlberechtigt und wählbar sind alle Mitglieder gem. § 9 unserer Satzung. Da vermutlich manche Leser von UB nicht sicher sind, ob sie bereits Mitglied der Heimatkreis- gemeinschaft sind, werden wir im nächsten UB zusammen mit den Wahlunterlagen vorsorglich auch eine Beitrittserklärung anfügen, wodurch man noch vor der Wahl seine Mitgliedschaft erklären kann. Laut § 2 (4) der Wahlordnung schlägt der jetzige Vorstand nachstehende Personen – in alphabetischer Reihenfolge - für den neuen Erweiterten Vorstand vor: 1. Helmut Breuer (Falkenau) 2. Manfred Eckert (Bartenstein) 3. Christian v. d. Groeben (Paßlack) 4. Karlheinz Hupfer (Bartenstein) 5. Rosemarie Krieger (Bartenstein) 6. Ilse Markert (Bartenstein) 7. Günter Morwinsky (Schippenbeil) 8. Hans-Gerhard Steinke (Bartenstein) 9. Klaus Tammer (Domnau) 10. Walter Tiedtke (Bartenstein) Alle Mitglieder werden aufgefordert, weitere Wahlvorschläge bis spätestens bis 01.06.2016 beim Vorsit- zenden des Wahlausschusses einzureichen. Adresse für Wahlvorschläge: Siegfried Olm (Vorsitzender des Wahlausschuss) Apenraderstr. 6, 25421 Pinneberg, Tel: 04101-73857 Aus dem Wahlvorschlag müssen Vor- und Zuname, Geburtsdatum, Heimat- bzw. Geburtsort und die vollständige aktuelle Anschrift sowohl des Bewerbers als auch des oder der Unterzeichner erkennbar sein. Dem Wahlvorschlag ist die schriftliche Zustimmung des Bewerbers beizufügen. Die vollständige Wahlordnung können Sie bei der Schriftleitung anfordern: Ilse Markert, Keltenring 47, 74535 Mainhardt - Tel: 07903-7248 Zusammensetzung des vom Vorstand berufenen Wahlausschusses: Vorsitzender: Siegfried Olm, Apenraderstr. 6, 25421 Pinneberg stv. Vorsitzende: Margrit Steinke, Fasanenweg 12, 25497 Prisdorf Beisitzer: Karin Olm, Apenraderstr. 6, 25421 Pinneberg Ersatzleute: Siegbert Werner, Schießmauerstr. 38, 97950 Großrinderfeld Hubert Rützel, Mühlenstr. 8, 97947 Grünsfeld Bernhard Löffler, Brunnengasse 3, 97941 Tauberbischofsheim Die konstituierende Sitzung des neugewählten Erweiterten Vorstands mit Wahl des Vorstandes für die Jahre 2016 – 2020 wird am 09.09.2016 in Nienburg stattfinden. Das Ergebnis der Wahl werden Sie in der Weihnachtsausgabe UB 3/2016 nachlesen können. 3
Kreis Bartenstein Nachruf Hans Graf Von Hause aus Großgrundbesitzer, übernahm er dann in Schleswig-Hol- von der Groeben stein einen kleinen Bauernhof, um Ta- bak anzubauen. Bei der Aufstellung der Bundeswehr war er 1956 dabei und wur- Geboren am 24.02.1924 in Sporwie- de nach diversen Truppen- und Stabs- nen (Vorwerk von Groß Schwansfeld) verwendungen 1980 als Oberstleutnant ist er am 18.11.2015 im 92. Lebensjahr aus dem BND pensioniert. friedlich eingeschlafen. Bis zum letz- ten Tag war er geistig aktiv und - zwar Immer wieder war er gerngesehener körperlich etwas eingeschränkt - immer Gast bei unseren Heimattreffen und den noch umtriebig und an allen Berichten in Deutschlandtreffen der LO. Natürlich UB und Aktivitäten der HKG beteiligt. In nutzte er jede sich bietende Möglichkeit, schweren Zeiten unserer Heimatkreis- in die Heimat zu fahren und den Mitrei- gemeinschaft stand er von 1992 - 1998 senden über seine Jugenderlebnisse als Stellvertreter dem Vorsitzenden Ar- vor Ort bis 1945 zu berichten. nold Schulz zur Seite. Der letzte Groß Schwansfelder Graf Auch die Schriftleitung von UB wurde (er hat zwei Töchter) besuchte nach häufig mit seinen Beiträgen beliefert und der Dorfschule in Gr. Schwansfeld das dankt ihm für seine Bereitschaft, mit Rat Wilhelm-Gymnasium in Königsberg und und Auskunft zu helfen. wurde 1942 zum Reichsarbeitsdienst in der Elchniederung eingezogen. Im Mit Hans Graf v. d. Groeben verlieren Statt Blumen und Kränzen erbat er gleichen Jahr noch wurde er Artillerist wir wieder einen besonders engagierten Zuwendungen an das Spendenkon- und hat den Krieg vor Leningrad, in der Ostpreußen. Sein bescheidenes Auftre- to von „Unser Bartenstein“, IBAN: Ukraine und um Königsberg überlebt ten im Leben fand den Abschluss in der DE78251900010176773900, Verw.- und kam als verwundeter Leutnant bei Urnenbestattung am 27. Nov. 2015 im Zweck: H. v. d. Groeben. Kriegsende nach Dänemark. engsten Familienkreis. oder Epitaphienbild bezeichnet, das ein Oberkämmerer des Brandenburgischen Größtes Votivbild Gläubiger einem Heiligen als Dank für Kurfürsten und Amtshauptmann u. a. restauriert dessen Beistand gestiftet hat. Ein kon- zu Zossen, auf Kotzeband, Dabergotz, kreter Anlass (Schutz vor / Dank für?) zu Meseberg, Marwitz, Eichstedt, Baum- In der kleinen Dorfkirche von Meseberg der Auftragsvergabe an den Künstler ist garten, Rauschendorf, Teschendorf, (das Schloss ist heute Gästehaus der für dieses Bild nicht überliefert. Krentzlin, Weissensee und Karow, also Bundesregierung) versteckt sich das Schloss Meseberg war von 1526 – 1721 ein an Ämtern und Latifundien wohl- größte Votivbild in Deutschland. Ein Vo- im Besitz der Familie von der Groeben. habendes und arriviertes Mitglied des tivbild wird auch zuweilen als Stifterbild Ludwig v. d. G. war Geheimer Rat und kurfürstlichen Staates. Votivbild der Familie Ludwig von der Groeben (1529 – 1601) mitsamt Ehefrau Anna, geb. von Oppen (gest. 1593) und ihren 17 Kindern, umrahmt von Darstellungen der Erschaffung Evas/Sündenfall im Paradies, der Auferstehung Christi und der Heiligen Dreifaltigkeit umfasst. Künstler: unbekannt, datiert von 1588, Öl auf Leinwand: 315 cm (Höhe) x 550 cm (Breite) 4
Berichte - Impressionen - Erzähltes - Verschiedenes Bildbeschreibung der Restauratorin Nach Ansicht der Restauratorin ist aus Greta Andersen-Bergdoll: denkmalpflegerischer, konservatori- Im Vordergrund ist, fast in Bildmitte, die scher und restauratorischer Sicht der imposante Hauptfigur und gleichzeitiger jetzige Ausstellungsort absolut unge- Auftraggeber des Gemäldes, Ludevig eignet. Das Gemälde wäre präventiv von der Gröben abgebildet. Links von vor weiteren Schäden geschützt in ei- ihm sind die männlichen Nachkommen, ner Umgebung von 18° C. und 50 % augenscheinlich nach Alter und Größe relative Luftfeuchtigkeit. Dies ist in der in einer Reihe aufgestellt. Ganz rechts ungeheizten Dorfkirche von Meseberg im Bild sind Anna von Oppen und die leider nicht möglich. 4 Töchter, auch nach Alter und Größe platziert, dargestellt, kompositorisch resultierend in einer fast parallelen ho- rizontalen Schräglinie. Die Blickrichtun- gen von allen abgebildeten Personen Agnes Miegel in sind auf den Betrachter gerichtet. Hinter Bad Nenndorf der Personengruppe ist perspektivisch ein Raum angedeutet, in dem links und Über unsere ostpreußische Dichterin rechts Gemälde zu sehen sind. gibt es viel zu berichten. Das linke Bild zeigt die biblische Ge- Auf Grund vieler negativer Kommenta- schichte des Sündenfalls mit Adam und re in der Presse, ergab sich zwischen Eva. Das rechte Bild stellt die Szene Hilma Klause und Ilse Markert ein aus- „Beim Sichten alter Unterlagen fiel mir der Auferstehung dar. Perspektivisch führliches Gespräch. ein Blatt aus einem Schulheft in die Hän- gesehen zeichnet sich in der Mitte des 1994 hatte man im Kurpark in Bad de und ich erinnerte mich sofort an eine Gemäldes eine kirchliche Apsis mit Säu- Nenndorf das Agnes-Miegel-Denkmal für mich sehr eindrucksvolle Begegnung lengang und Rundbogen ab. eingeweiht (eine Bronzestatue). Der mit Agnes Miegel. Im oberen Drittel des Gemäldes öffnet ehemalige Kurdirektor sagte: „Was kann Während meines 3. Schuljahres 1943 sich der Raum zu einem Himmel, wo es Schöneres geben, Agnes Miegel – / 44 erhielt die Mädchenvolksschule in zentral die Weltkugel mit Kreuz abge- als Ehrenbürgerin und Ehrenkurgast von Bartenstein den Namen unserer Hei- bildet ist. Rechts Gott Vater, links Jesus Bad Nenndorf – für ihr dichterisches matdichterin und hieß dann Agnes- Christus, umgeben von Engeln und Put- Wirken besondere Anerkennung ent- Miegel-Schule. Aus diesem Anlass ten. Am oberen Bildrand ist „die Taube“ gegenzubringen.“ weilte Agnes Miegel in Bartenstein und abgebildet. Die Taube ist in der Kunst Dieses Denkmal sollte wieder entfernt besuchte unsere Klasse während des das Symbol für den Heiligen Geist. Mat- werden. Nun sind wir aber dankbar, dass Deutsch-Unterrichts, thäus: „siehe, da tat sich der Himmel die Gegnerschaft ihr Ziel nicht ganz Vielleicht hat oder hatte es geregnet? auf, und er sah den Geist Gottes wie erreicht hat, denn schliesslich konnte Wir suchten jedenfalls sehr eifrig mit ihr eine Taube herabfahren und über sich die Entscheidung getroffen werden, im zusmmen nach Ausdrücken, die sich auf kommen“. Garten des Agnes-Miegel Hauses einen das Regnen beziehen. guten Platz zu finden. Diese Begegnung und das gemeinsame Das Gemälde zeigte – im Gegensatz Der kleine Festakt fand dann im Oktober Suchen und Finden der Begriffe war und zu vielen anderen ähnlichen Gemälden 2015 statt. ist heute noch, und sicher nicht nur für – keine kriegsbedingten Vandalismus- Unser Gespräch hatte zur Folge, dass mich, ein eindrucksvolles bereicherndes Schäden. Es muss sich in dieser Zeit an Hilma Klause ihre Begegnung mit unse- Erlebnis.“ einem geschützten Ort befunden haben. rer Heimatdichterin Agnes Miegel in der Hilma Klause Die Gründe für den schlechten Allge- Schule in Bartenstein wach werden ließ. meinzustand und die Malschichtverluste sind in Verwahrlosung und wechselnden ungünstigen klimatischen Bedingungen zu finden gewesen. So lagen die Kosten für die notwendige aufwändige Restau- rierung bei ca. € 30.000,- wovon die Familie von der Groeben € 25.000,- übernahm und dankenswerterweise die Messerschmitt-Stiftung € 5.000,- bei- trug. Die Kirchengemeinde war schon mit der Kirchenrenovierung überfordert, und die daneben residierende Bundes- regierung hielt sich heraus. Nach der Restaurierung ist das Bild wegen seiner Größe leider nicht mehr – oder nur mit großem Aufwand und dem Einverständnis der Kirchenge- meinde - transportabel, um es einem größeren Betrachterkreis zugänglich zu machen; die Familie hätte es z. B. ger- ne gesehen im Deutschen Historischen Museum Berlin neben dem „Türkenzelt“, das Friedrich von der Groeben aus der Schlacht bei Wien 1683 mitgebracht hatte. 5
Berichte - Impressionen - Erzähltes - Verschiedenes Diethild Kosmack, 37085 Göttingen, Vorwerken auf Plauener Str. 14, schrieb: 6 Uhr früh am 22. August an Mein Vater, Dr. Kur t Kosmack, und kam am *27.2.1899, ging in Bartenstein aufs e r ste n Ta g, Gymnasium und promovierte 1925 in nachmittags Königsberg bei Prof. Mitscherlich zum 4 Uhr, auf die Dr. phil. Domäne Neu- Mein Großvater, Königl. Oberamt- hof, westlich mann Adolf Kosmack * 1867, studierte von Heilsberg Ackerbau, Viehzucht, Düngerlehre und an. Dort hatte Volkswirtschaft und war beruflich ent- Oberamtmann sprechend unterwegs und tätig. Im Nov. Belau Unter- 1912 wurde er beauftragt, die Kostenbe- kunft für sämt- rechnung für die Einrichtung der Ritter- liche Remon- güter Wendehnen, Sußnick und Grützau ten geschaffen, zu einem Remontedepot zu erstellen. und es konnte Diese Güter gehörten zum Besitz der ordnungsge- Familienstiftung Langheim-Liep (v. d. mäß gefüttert werden. Groeben). Sie lagen in der Nähe der Abends kam vom Oberpräsidenten der stand, dass ich nicht ausladen, sondern Stationen Korschen und Langheim im Befehl, den ganzen Ost-Provinzteil zu bis zum Bahnhof Wehrse fahren würde. Kreis Rastenburg. räumen, und ich erhielt vom General- Schließlich kamen wir am 29. August Adolf Kosmack schrieb vor 80 Jahren kommando die Bestätigung, Wendeh- mittags in Wehrse an. Der benachrich- seine Erinnerungen in ein Buch. Aus- nen zu verlassen. tigte Kollege Gisevius nahm jedes Pferd züge daraus (redaktionell bearbeitet Herr Belau erklärte mir, seine wertvolle nach genauer Musterung auf dem Bahn- und stark gekürzt) hat die Enkelin ab- ostpr. Herdbuch-Herde nicht fortbringen hof ab, konnte nicht den kleinsten Makel geschrieben, weil sie auch noch heute, zu können, auch seien seine großen feststellen und nahm mich in sein Heim, 102 Jahre nach Ausbruch des 1. Welt- Speichervorräte nicht wegzuschaffen. dem langjährigen Wohnsitz meiner El- krieges, von Interesse sein könnten. Er gedenke, bei evtl. Eintreffen der Rus- tern, auf. sen durch seine Anwesenheit sein Ei- Am 30. August erhielt ich vom Kriegs- gentum besser zu sichern, als wenn der ministerium den Befehl, unsere Arbei- Mobilmachung und Abtransport der Vorräte und der Abtrieb terfamilien, die mit den Inspektoren, Kriegsausbruch 1914 der Herde versucht würde. Ackerpferden, Kühen und viel Hausrat Ich rückte am nächsten Tag weiter bis nach Weeskenhof geflüchtet waren, von Der größte Teil der Arbeitskräfte strömte Podangen und Tüngen, 2 Güter des Weeskenhof nach Wendehnen zurück- zu den Fahnen. Grafen Kanitz, wo uns wieder die denk- zuführen und den Wirtschaftsbetrieb Am 20. August erhielt ich vom Gene- bar beste Unterkunft gegeben wurde. wieder aufzunehmen. ralkommando Königsberg den Befehl, Am Montag, d. 24. August erreichten Am 31. August erfuhr ich in Pr.Holland die Remonten (4-jährige Pferde für die wir das Remontedepot Weeskenhof bei vom Landrat, dass die Russen bis Worm- Kavallerie) mit der Bahn zum Truppen- Güldenboden, in dem Amtsrat Hassen- ditt vorgestoßen seien, die Korschener übungsplatz Hammerstein bei Neustettin stein mit dem ganzen Besatz weilte. Gegend besetzt hielten und das Kgl. zu senden. Die Remonten wurden in Hocks unter- Remontedepot Wendehnen angesteckt Die Linienkommandantur Königsberg – gestellt, und ich ließ Wickhafer füttern. hätten. Erst am 7. September lauteten Major Knobel – lehnte die Stellung von Nach einem Anruf bei der Linienkom- die Nachrichten günstiger. Die Russen Wagen ab mit dem Hinweis, dass Trup- mandantur in Danzig erhielt ich nach waren bis östlich der Bahn Allenstein pen-, Verwundeten- und Flüchtlingstrans- 3 Tagen die erforderlichen Wagen in - Insterburg zurückgedrängt. Ich fuhr porte vorgingen, zumal die Remonten zu der Station Guldenhagen und verlud am mit meiner Frau, meinen beiden Dienst- Fuß gehen könnten. Am nächsten Tag Donnerstag, d. 27. August. mädchen, Kämmerer Fuhr auf meinem fragte mich der Bezirkskommandeur in Um 21 Uhr traf ich mit meinem Transport Reitpferd und dem Schmied auf einem Rastenburg, wieviel Mannschaften für in Hammerstein ein. Der Adjutant vom Fahrrad los. Auf der Domäne Neuhof den Abtransport der Remonten im Fuß- Truppenübungsplatz hatte 30 Mann zum erfuhr ich, dass die Russen (Gardeka- marsch zu stellen seien. Es wurde mir Ausladen befohlen. Ich konnte nur für vallerie) sich sehr ordentlich betragen, erklärt, dass die Russen die Feste Löt- eine Nacht Quartier für die Remonten nichts entwendet, alles Entnommene zen eingenommen und in 48 Stunden in bekommen, da am nächsten Tag 4000 bezahlt hätten, und Kollege Belau war Rastenburg eintreffen würden. gefangene Russen erwartet wurden. sehr froh, dort geblieben zu sein. Das Bezirkskommando und alle Behör- Meine Pferde bleben in den Wagen ste- Abends 10 Uhr landeten wir in Zan- den müssten am nächsten Tag Rasten- hen, wo sie getränkt wurden und Heu dersdorf, wo beim Pfarrer Relaisposten burg verlassen. erhielten. eingerichtet war. Wir erhielten Quartier. Das Generalkommando in Königsberg Auf eine Depesche an das Kriegsminis- Gegen 12 Uhr nachts kam ein Wagen zeigt sich abends um 9 Uhr verwundert terium unter Klarlegung der Verhältnis- mit Verwundeten, die zum Verbandplatz und befahl: se, erhielt ich den Befehl, die Remonten gebracht wurden. Sehr bald wurde das „Gehen Sie sofort ohne Benutzung von nach Wehrse/Schlesien zu bringen. Gehöft beschossen, wahrscheinlich von Chausseen auf Landwegen über die Am Freitag, den 28. August erhielt versprengten Kosaken, welche den Ver- Weichsel und bringen Sie die Remonten ich meine Maschinen, dampfte über wundetentransport beobachtet hatten. nach dem im Mobilmachungs-Kalender Schneidemühl, Posen, Lissa nach Ra- Am nächsten Morgen, 9. September vorgeschriebenen Platz“! Da ich den witsch, wo ich um 7 Uhr ausladen und im sichtete ich die letztgebauten Arbei- Abmarsch von 420 Remonten in der Fußmarsch nach dem 12 km entfernten terhäuser Wendehnens und konnte Nacht auf sehr schmalen Feldwegen Wehrse wandern sollte. Da Wehrse ei- hocherfreut feststellen, dass nicht alle und engen Brücken für gefährlich hielt, nen Bahnhof mit großer Verladerampe Gebäude abgebrannt waren. Gegen 8 ordnete ich den Abmarsch von den 3 hatte, erklärte ich dem Bahnhofsvor- Uhr vormittags trafen wir in Wendeh- 6
Berichte - Impressionen - Erzähltes - Verschiedenes nen ein, nachdem wir in Grützau und gesetzt, Schützengräben, Unterstände nur einen Rucksack, in dem sich ein Sußnick weder Brand noch sonst et- mit Öfen gebaut, deren Beseitigung im paar alte Lumpen befanden, mitbrach- was Verdächtiges festgestellt hatten. In Jahre 1915 viel Arbeit verursachte. ten, alles Menschen, die in Deutschland Wendehnen sah es fürchterlich aus: 11 In Wendehnen begann im frühesten geboren waren, die dieselbe Sprache Gebäude brannten, Schule, 4 Insthäu- Frühjahr wieder eine rege Bautätigkeit beherrschten und dieselbe Religion ser = 18 Wohnungen, 4 Schweineställe, und, es wurden die Gespanne durch hatten. Speicher und die neue Kayserscheune die vielen Baufuhren sehr überlastet, Und doch, obwohl wir Flüchtlinge vie- mit dem Dreschsatz. so dass eine Vermehrung des Bestan- les mit der einheimischen Bevölkerung Das ganze Gehöft war mit Flüchtlings- des durch Abgabe aus anderen Depots gemeinsam hatten, so dauerte es doch wagen aus den Ortschaften nördlich von erfolgen musste. Nach dieser sehr auf- eine ganze Reihe von Jahren, bis wir Lyck vollgestopft. Ich ordnete sofortiges reibenden Zeit kamen auch wieder ru- einigermaßen von diesen akzeptiert Verlassen an, dem nur zu willig Folge higere Jahre und war nach Beendigung wurden. Als ich 1998 in Zusammen- geleistet wurde, weil die Wagen mit ge- der Bauten bei guten Ernten die Tätigkeit hang mit dem Schreiben meines Buches stohlenen Sachen und Lebensmitteln zufriedenstellend, und die Anerkennung „Eine lange Flucht aus Ostpreußen“ in gefüllt waren. für mich blieb nicht aus: Eisernes Kreuz Bodenteich, Kreis Uelzen, war, wo ich Mit Schrecken wurden meine Frau und II. Kl., Verdienstkreuz und Beförderung mit meiner Mutter 1949 und 1950 im die Mädchen gewahr, dass in unserer zum Hauptmann der Landwehr. Flüchtlingslager in einem 22 qm großen Wohnung kein Messer, keine Gabel, Das Kriegsende, der Ausbruch der Re- Zimmer in einer Baracke gelebt hatte, kein Löffel, kein Bett, keine Wäsche, volution, die Einrichtung der Soldaten- versicherte mir eine ältere Dame: „Das keine Garderobe mehr vorhanden war, räte, Betriebsräte wurden mit eiserner können Sie mir glauben, wir Einheimi- dafür überall Stroh und bestialischer Ruhe überwunden. schen wissen auch nach all dieser Zeit Gestank, der typische Russengeruch! Zu Aussperrungen, Widersetzlichkeiten, ganz genau, wer zu uns gehört, und wer An den Möbeln waren Türen, Schub- Streiks kam es bei mir nicht, da ich in von „denen“ ist !“ kästen aufgebrochen und geleert, aber der Auswahl der Kämmerer, Handwer- Deshalb frage ich mich nun, wie viele der versehentlich wieder geschlossene ker sehr vorsichtig gewesen war, einen Jahre die Flüchtlinge aus dem Mittleren Geldschrank hatte den Bemühungen festen Rückhalt hatte und mit gerech- Osten und Nordafrika benötigen wer- standgehalten, weil er in einer sehr star- ter Behandlung aller Arbeitskräfte keine den, um von der deutschen Bevölkerung ken Wand eingemauert war. Handhabe zu Unbotmäßigkeiten gege- akzeptiert zu werden. Ein Radfahrer wurde sofort nach Wees- ben hatte. Um der jüngeren Generation und mei- kenhof entsandt mit dem Befehl für In- nen Söhnen klarzumachen, wie das da- spektor Werner, mit den Leuten sofort mals war, schrieb ich mein Buch „Eine nach Wendehnen zurückzukehren. Es lange Flucht aus Ostpreußen“ (Engli- war sehr gewagt, da in diesen Tagen Leserbrief sche Version „Weeds Like Us“). die Schlacht bei Friedland – Allenburg „Eine lange Flucht aus Ostpreußen“ begann und bei einem ungünstigen Aus- „Flüchtlinge“ kann man in deutschen, österreichi- gang wir alle den Russen in die Hände schen und Schweizer Buchhandlungen gefallen wären. Das Thema „Flüchtlinge“ ist nun seit kaufen, und „Weeds Like Us“ bei Ama- Bahn und Post waren außer Betrieb, vielen Wochen an erster Stelle in allen zon.de und bei Internetbuchhandlungen in Korschen war nur eine Landsturm- Nachrichten, und wir, d. h. mir seit Jah- in der ganzen Welt. Kompanie, sonst von der Einwohner- ren bekannte europäische Einwanderer, Viele Grüße aus Chicago, schaft niemand. Da in den Wendehner die wie ich auch schon seit vielen Jahr- Gunter Nitsch Waldungen täglich Schüsse fielen, ließ zehnten in den USA leben, machen uns 1130 N Darborn, Apt. 2901 ich mir vom Kompanieführer einen Un- Sorgen, wie das in Europa, besonders Chicago, Il. 60610-7127 - USA teroffizier und 6 Mann geben, um eine aber in Deutschland, alles weitergehen Wache und kleine Deckung gegen ver- soll. Nach unserer Meinung hat sich die sprengte Kosaken zu haben. Der Wach- deutsche Regierung da erheblich über- dienst wurde geregelt. nommen, zumal die Mitgliedsstaaten der Am 13. September nachts 12 Uhr tra- Europäischen Union bei der Unterbrin- Der 90. Hilfstransport fen die Inspektoren und die Leute von gung der Flüchtlinge kaum oder gar ist angekommen Weeskenhof ein, 18 Familien, deren nicht helfen wollen oder können. Wohnungen abgebrannt waren, muss- Ich und viele ehemalige Flüchtlinge Die „Brücke nach Domnau“ steht, dank ten untergebracht werden; die im Roh- aus Ostpreußen, Pommern, Schlesi- des unermüdlichen Einsatzes von Ru- bau fertigen Neubauten wurden bezo- en und dem Sudetenland in den USA dolf Scheffler und seinen Helfern. gen und bei mir im Administratorhaus 5 und Kanada, die ich seit Jahren kenne, Drei Transporte mit Hilfsgütern waren Familien untergebracht. finden es mehr als befremdend, dass es im vergangenen Jahr. Der zweite war Um Brot und Saatgetreide zu schaffen, die deutsche Presse unser Schicksal ein ganz besonderer. Rudolf Scheffler wurde der Dreschkasten von Sußnick nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem berichtet: geholt. Am 15. September konnte der Zustrom, manche benutzen auch den „Wir konnten ein Feuerwehrlöschfahr- erste Roggen gedrillt werden und muss- Ausdruck „Invasion“, der Flüchtlinge aus zeug aus der Gemeinde Ratekau an die te nun mit Hochdruck die Herbstsaat dem Mittleren Osten und aus Nordaf- Gemeinde Bartenstein als Geschenk betrieben werden. Im Oktober kamen rika nach Deutschland vergleicht. Die mitnehmen. Dieses wurde im Beisein die Leute mit Gespannen und Vieh aus heutigen Flüchtlinge kommen von einer der Bürgermeisterin Jadwiga Gut von dem Remontedepot Sperling bei Anger- anderen Kultur, sprechen eine andere unserem Bürgermeister Thomas Keller burg und blieben den Winter hindurch Sprache und haben eine andere Re- der Feuerwehr der Ortschaft Albrechts- auf dem Vorwerk Sußnick einquartiert. ligion. Im Gegensatz zu den heutigen dorf übergeben. Auch die Vertreter der Hierdurch wurde es möglich, die für Flüchtlingen handelte es sich bei den Kirche und der Dorfschaft waren an- Ostpreußen sehr wertvolle Winterfurche Flüchtlingen nach 1945 fast ausschließ- wesend. Aus der Gemeinde Ratekau rechtzeitig fertigzustellen. lich um halb verhungerte Frauen, Kinder waren wir mit zwölf Personen und vier Im Depot Sperling und Bentheimer Ge- und ein paar alte Männer, die in Lumpen Fahrzeugen dorthin gefahren. Im An- gend hatten sich die Russen wieder fest- gekleidet ankamen und in der Regel schluss feierte man bis in die Nacht.“ 7
Berichte - Impressionen - Erzähltes - Verschiedenes Aus „Glocken, Ganter und Geschütze, wussten zwar nicht, was das bedeutete, Hand. „Wöllst se eete?“ fragte ich Arno. Erinnerungen eines Ostpreußen“ von aber so viel war klar, wer katholisch ist, Doch der schüttelte sich. „Schmiet se Joachim Gronau kann bei Religion nach Hause gehen. rönn, de Kräte.“ Das tat ich dann ja Schade, dass ich nicht katholisch war. auch, aber nur zögernd, denn ich konnte Ausritt mit dem Mit den Hosentaschen voller Lehm- mich von diesen rätselhaften Wesen klumpen ritten wir nun zu Mäkelburgs kaum trennen. Steckenpferd Scheune, wo wir von den Pferden Als die Pferde sich vollgesoffen hatten, stiegen und eine Zeitlang das Tor be- trabten wir weiter zum Kirchhof. Die ho- Hier meine Erlebnisse als Sechsjähriger schossen. Danach verabschiedete sich an einem gewöhnlichen Tag im Juni. hen Bäume, in denen Eulen und Krähen Heiner; er hätte eigentlich gar nicht bei hausten, die Gräber, die uns Kindern Die Schularbeiten waren Gott sei unseren Schießübungen mitmachen Dank geschafft: In Druckschrift Ab- den geheimnisvollen Tod ins Bewusst- dürfen, verriet er uns, denn sein Vater, sein brachten, die Stille, dies alles ver- schreiben einer Seite der Fibel auf der Dorfschuster, hatte ihm aufgetra- die Schiefertafel (mehrmaliges Lö- anlasste uns, nur flüsternd miteinander gen, die durchgelaufenen Schuhe des zu sprechen. Wir ritten langsam den schen von Fehlern durch nassgeleck- Inspektors abzuholen. Arno und ich be- ten Finger,zweimaliges Anspitzen des Hauptweg entlang, verhielten oft, um gaben uns nun in die Scheune, um im mühselig die Grabsteine zu entziffern, stumpf gewordenen Griffels mit dem gedroschenen, weichen Stroh herumzu- Kartoffelschälmesser), fünf Türme und machten uns auf Tote aufmerksam, toben und von den oberen Fächern in deren Namen wir kannten. Rechnen auf der anderen Tafelseite mit die unteren zu springen; ja, wir wagten den Karos. Nun aber schnell zum Gar- sogar einige Saltos. Als wir endlich er- Wir verließen den Friedhof, ritten lang- tentor gelaufen, wo meine Steckenpfer- schöpft auf die Tenne rutschten und das sam und nachdenklich am Pfarrhaus de, selbst gefertigt aus Weidenstöcken, Stroh von unseren Kleidern strichen, und an der Kirche vorbei und erreichten auf mich warteten. Das Sattelpferd, auf sah ich in einer Ecke der Scheune ein die Dorfstraße, wo gerade Herta unsi- dem ich ritt, hatte ich , um alles realis- Nest mit sechs Eiern. Da hatte doch cher schwankend auf einem Herrenfahr- tisch darzustellen, mit dem Nebenpferd wieder eine eigensinnige Henne, ihrem rad dem Dorfkrug zusteuerte, der auch (Newepeuerd) mittels eines Bindfadens Trieb gehorchend, ihre Eier an einer Kolonialwaren führte. Herta gehörte zu verbunden. geheimen Stelle deponiert, statt sie im jenen ganz wenigen Landarbeiterfami- Jeder weiß, dass Pferde individuell ver- Hühnerstall zu legen. Wir sammelten sie lien, die ein Fahrrad besaßen. Zwar war schieden sind. Mein Sattelpferd zeich- ein und liefen damit zu Frau Mäkelburg. es ein etwas altertümliches Modell mit nete sich durch besondere Bockigkeit Wie erwartet, freute sie sich sehr und Karbidlampe und ohne diesen neumo- aus, es scheute bei der geringsten Klei- lobte uns für unsere Aufmerksamkeit. dischen Freilauf, weshalb wir es auch nigkeit und schlug häufig und unerwartet So etwas hört man gern. Wohl wissend, „Ewigtrampler“ nannten, jedoch konnte aus. Heute war es besonders schlimm. dass kleine Jungs immer essen können, es zu jener Zeit in unserem Dorf zweifel- Um es müde und gefügig zu machen, und dass es bei den Nachbarn stets los zu den Luxusgegenständen gezählt trabte und galoppierte ich einige Male besser schmeckt als zu Hause, holte werden, denn viele Landarbeiterfrauen auf der staubigen Dorfstraße vor unse- sie ihr langes, scharfes Küchenmesser gingen sogar zu Fuß nach Bartenstein, rem Haus hin und her. Dabei achtete ich hervor, legte ein knuspriges, selbst- um Eier und Butter auf dem Wochen- darauf, dass auch ja die beiden Gäule gebackenes Brot an die Brust, schnitt markt zu verkaufen. Das waren 12 km tüchtig Staub aufwirbelten, so wie es die jedem von uns eine große Scheibe („e hin und 12 km zurück. Da das Gehen echten tun. Es musste richtig „stöwern“, Runzelke“) ab und bestrich sie dick mit in Schuhen für sie ungewohnt und un- je mehr desto besser. Schmalz. „Mmhh, dat schmäckt owä!“ - bequem war und vor allen Dingen die Als ich meinen Wallach müde geritten „Ök go nu op de Lucht mangle, ju könnt teuren Schuhe verschliss, gingen sie hatte, kam von rechts Arno Enuschat, mi hälpe de Wäsch ropdreeje.“ Na klar, barfuß und trugen die Schuhe in der ebenfalls mit zwei Pferden, angetrabt. bei anderen Leuten zu arbeiten, macht Hand, um sie erst in der Stadt anzu- „Wat sull wi moke?“ Wir beschlossen, immer Spaß. Wir schleppten also einen ziehen. zur Lehmkuhle zu reiten, um uns eini- Korb Wäsche nach oben auf den Boden. Herta hatte also die Mutter überredet, ge Lehmklumpen zu besorgen. Unter- das Herrenfahrrad zum Einkaufen be- wegs schnitten wir zwei lange, dünne Die Bäuerin wickelte nun sorgfältig Wä- schestücke um Holzrollen, legte sie un- nutzen zu dürfen. Sie war aber viel zu Gerten von einem Eisbeerstrauch ab. klein dafür, reichte mit ihren Beinen Wenn man kleine Lehmkügelchen auf ter die mit einem Griff versehene Kiste und forderte mich auf: „Huck di man nicht auf die Pedalen. So steckte sie die Gertenspitze steckt, kann man sie ihr rechtes Bein unter der Querstange weit und treffsicher verschießen. rupp!“ Ich kletterte freudig auf die Steine und ließ mich alsbald von ihr hin und hindurch und radelte in einer jammervoll An der Lehmkuhle trafen wir auf Heiner verbogenen Haltung an uns vorüber, Waplitz, der sich auch mit Munition ver- her ziehen, dabei genießerisch mein Schmalzbrot verzehrend. Natürlich kam kaum imstande, über die Lenkstange zu sorgen wollte. Heiner erregte durch zwei schauen. „He, Herta!“ Doch sie würdigte Eigenschaften mein höchstes Interesse. auch Arno zu seiner Mangelfahrt auf den Steinen. uns keines Blickes, musste sie sich doch Erstens konnte er aufregende Geschich- ganz auf die Steuerung ihres fahrbaren ten von seines Vaters Erlebnissen im Nachdem wir die schönen glatten Wä- Untersatzes konzentrieren. Krieg erzählen. Hatte der doch, neben schestücke in die Küche zurückgetragen anderen Heldentaten, 20 Russen an hatten, bedankten wir uns und ritten in „Schietke“, sagte Arno, „ök mott noch der Ostfront und ein anderes Mal 30 einer kleinen Staubwolke davon. Am Schoularbeite moke.“ Traurig ritt er Franzosen (mit den roten Hosen) an Vorderteich hielten wir die Pferde an und vondannen, ein kleines Staubwölkchen der Westfront alleine und eigenhändig ließen sie saufen. Dabei wurden wir auf hinter sich herziehend. gefangengenommen. Mein Vater nicht. Kaulquappen im Wasser aufmerksam. Ich war gerade zu Hause angekommen, Leider. Und zweitens packte er in der Wegen ihrer ungewöhnlichen Form und da sah ich, wie Fritz Mäkelburg drüben Schule vor dem Religionsunterricht der schwarzen Farbe faszinierten sie auf seinem Bauernhof die alte Liese, immer seine Studienutensilien Schie- uns sehr; wir konnten es fast nicht glau- das „Kanterpeuerd“, an den kleinen fertafel, Fibel und Rechenbuch zusam- ben, dass sie einmal grüne oder braune Arbeitswagen spannte. Auf der Stelle men, erhob sich von der Bank und ver- Poggen werden sollten, wie man uns warf ich Sattelpferd und Nebenpferd schwand verstohlen grinsend durch die erzählt hatte. Ich fing einige, und wir achtlos vor die Haustür und rannte hi- Tür. Warum? Nun, er war katholisch. Wir studierten ihre Bewegungen auf meiner nüber. „Wöllst mött, ök hol e Fouderke 8
Berichte - Impressionen - Erzähltes - Verschiedenes Jemäng.“ Ich nickte. „Huck de ropp.“ Ich sich ja ein schönes Paradies geschaf- kletterte auf das Sitzbrett, Fritz knallte Die Begegnung fen. Man sieht schon von weitem, dass mit der Peitsche, und Liese legte sich hier noch ein ehemaliger Einwohner von ergeben in die Seile. Nachdem wir die Auf einer meiner Reisen nach Ostpreu- früher lebt.“ Chaussee nach Bartenstein überquert ßen, genauer in das Königsberger Ge- Ich verabschiedete mich mit guten Wün- hatten, überredete Fritz die alte Liese zu biet, ist unser einstiges Gut, auf dem ich schen und marschierte weiter Richtung einem Zuckeltrab und sagte: „Hier häst aufgewachsen bin, im nördlichen Teil Woopen und Groß Saalau, um dann de Lien, fahr du man.“ Welch eine Freu- des Kreises Bartenstein. Dieses Ge- über die Domnauer Chaussee und de! Nirgendwo auf der ganzen Welt gab biet ist auch heute wieder, wie vor 1926, Stockheim zu meinem Domizil zu gelan- es einen stolzeren Menschen als mich. zum Landkreis Friedland (Prawdinsk) gen. Ich musste mich beeilen, denn es „Brr“, wir waren am Feld angelangt und gehörig. Diesmal ließ ich das Auto auf zog ein Gewitter auf. Trockenen Fußes stiegen ab. Das Gemenge diente als dem ehemaligen Anwesen stehen und erreichte ich mein Ziel, als auch schon Futter für die Pferde, die nachts im Stall wollte die weitere Umgebung zu Fuß ein wildes Gewitter losbrach. Zwischen standen, und bestand aus unreifem Ha- erkunden. Also Richtung Osten nach den schwarzen Wolken stand der Don- fer, grüner Gerste, Wicken und jungen Domnauswalde, welches untergegan- nergott Perkunos und schlackerte mit Erbsen. Während Fritz mähte und ab gen ist. Weiter nach Meisterfelde, das seiner Faust, so dass ein Donnerstoß und zu innehielt, um die Sense zu schär- mein Urgroßvater 1852 erworben hatte. dem nächsten folgte. Nach einer hal- fen, stand ich bei Liese und streichelte Auch hier kaum noch Fundamente. Nun ben Stunden war alles vorbei, die Na- ihren Hals. Sie hatte eine Fähigkeit, um Klein Saalau durch Brennnesseln und tur erfrischt und gewaschen. So kannte die ich sie beneidete. Sie konnte an vie- Disteln. Wenn man nicht weiß, wo Klein ich das aus meiner Jugendzeit. Hinter len Stellen ihres Körpers mit dem Fell Saalau einst lag, würde man auch nichts den Wolken kam die Sonne wieder her- zucken, um die Fliegen zu verjagen, die mehr finden. Von hier aus weiter in Rich- vor und zeigte sich von ihrer gewohnt sie plagten. Aber leider gab es auch tung Vorwerk Sporgeln. Auch hier nur schönsten Seite, als wäre nichts gewe- noch die teuflischen Pferdebremsen. noch Vergangenheit. sen. Diese verdammten Biester konnten sich Auf einem Fußpfad Richtung Woopen Aber das Gespräch mit dieser Frau be- dermaßen in ihre Tätigkeit vertiefen, Lie- stand ein einsames, kleines Häuschen schäftigte mich doch noch eine Weile, ses Blut auszusaugen, dass ihnen das mit einem gepflegten Garten, in dem zumal sie noch diesen schönen weichen Zucken nichts ausmachte. Wie ich sie eine ältere Frau in Rückstellung arbei- ostpreußischen Singsang in ihrer Stim- hasste! Mit hämischer Freude schlug tete. Erstaunt richtete sie sich auf, als me beim Sprechen hatte. ich sie tot und erntete dankbare Blicke sie mich sah, und ich sagte etwas unsi- Knut Walter Perkuhn von Liese. - cher: „Hallo!“ Und sie sagte: „Tach‘chen Bergstraße 25 auch, se sind wohl aussem Westen ?“ 29565 Wriedel /Brockhöfe Nach einer Weile sagte Fritz: „Fiero- Tel.: 05829 - 1668 wend.“ Wir harkten das Gemähte zu- Ich sagte: „Ja, aber hier geboren.“ „Neij, sammen und luden es auf den Wagen. wo denn ?“ Ich sagte: „Ca. acht Kilo- Diesmal setzte ich mich auf den Berg meter nördlich bei Stockheim.“ „Der von weichem, grünem, saftigen Gemen- Deichert“,sagte sie, „haben se denn ge und beschäftigte mich auf dem Rück- noch was jefunden von frieher?“ Ich Hufschmied weg ausschließlich damit, die kleinen, sagte: „Klar, aber jetzt ist alles weg.“ süßen Erbschen auszupulen und zu „Hier is es aber auch nich viel anders. Meinem Großvater und meiner Groß- verspeisen. Auf dem Hof angekommen, Keijn Wunder,“ sagte sie, „de Leite ma- mutter gehörte in Gundau/Ostpr. ein spannte ich das Pferd aus, führte es in chen ja nuscht, wenn se innes Dorf Bauernhof mit rd. 100 Hektar Land. Es den Stall und verabschiedete mich von jehen, hucken de Russkes bloß aufer war der größte Hof im Dorf und verfügte Fritz. „Bött morje.“ brasslijen Bank vor de Tier, in eijner über 4 „Gespanne“, das sind 16 Pferde. Hand e stinkende Machorka und inner Sie wurden von „Gespannführern“ be- Vor dem Abendbrot gab es noch ein anderen e Schnapsflasch‘, und wenn treut. Kein Pferd durfte „lahmen“. Von fröhliches Kindertreffen am Teich. Wir eijner vorbei kommt, jaudeln se bloß Zeit zu Zeit mussten die Pferde neu alle waren ja den ganzen Tag über bar- rum, dass se keijne Rente nich haben „beschlagen“ werden. fuß gelaufen, nun hieß es, Füße wa- und nuscht was zu eassen. Wenn se Im Dorf gab es eine Schmiede-Werk- schen. Das hätten wir natürlich auch viel mal scharf hinblicken, haben se hinterm statt in einem freistehenden Haus mit schneller und wirkungsvoller zu Hause Haus e scheenes Stick Garten, was Spitzdach, an dessen Außenwänden erledigen können, aber gemeinsam am aber vollkommen verwildert is. Wenn Wagenräder und allerlei Gerätschaften Teich machte es viel mehr Spaß, und se mechten mal ihren Dubs heben und aus Eisen und auch Maschinenteile außerdem ließ sich das Zubettgehen e bis‘chen sauber machen und Jemiese standen. Das Tor mit einer Eingangstür ganz legal noch eine halbe Stunde hin- anbauen würden, denn missten se nich befand sich an der schmalen Seite zur ausschieben. Mit Lachen, Necken und so damlich rumlamentieren, dass se Straße und war meistens geöffnet. Man Herumalbern endete so mein Kindertag. nuscht zu futtern haben. Aber se sind ja konnte ein Schmiedefeuer und die Esse Nun soll noch jemand behaupten, er zu allem zu faul. Wenn ihnen das Dach darüber sehen und einen Amboss, der wäre langweilig und eintönig gewesen! aufem Kopp fällt, ziehen se in de nächs- auf einem Holzklotz davor in der Mitte te Bruchbud, die noch wo rumsteht. - stand. Ieberall wo se hinsehen, is nuscht nich Der Schmied - er war sicherlich Schmie- Die Schriftleitung weist ihre Leser auf was, weil keijner was nich machen tut. demeister - trug eine breite Lederschür- ein neues Büchlein des Bartensteiner Frieher waren hier scheene Jetreidefel- ze und fertigte von Hand an, was in Autors Dr. Sigurd Göttlicher hin, der, und de Menschen hatten jearbeitet Haus und Hof, aus Eisen hergestellt, Ich bin mit meinem Alter schon fier ihr täglich Brot. Heite is nuscht mehr gebraucht wurde. Das waren Angeln seit Jahren nicht mehr einverstan- was. Alles verkommt, und wenn se nich für Türen und Tore, Beschläge, die für den! mehr weiter wissen, kriechen se in de die hölzernen Leiter- oder Kastenwagen Stilblüten aus der ärztlichen Sprech- nächste Stadt! - Dabei waren das hier und deren Deichseln angebracht wur- stunde mal bliehende Landschaften.“ den und alles, was man in den Ställen Erich Weiß Verlag, Um sie ein wenig positiv zu stimmen, an Haken zum Aufhängen und zum Be- ISBN 978-3-940821-47-8 - 7,50 € sagte ich zu ihr: „Aber dafür haben Sie festigen von Ablagen brauchte. 9
Berichte - Impressionen - Erzähltes - Verschiedenes Er war auch „Huf-Schmied“. Pferde, die wurden, machte ich den Vorschlage, das Teilnehmer um die Wette zu laufen, der „beschlagen“ werden mussten, wurden amtlich feststellen zu lassen. Also auf so viel Gewicht mitnehmen würde, wie zur Schmiede gebracht. Wir Jungens zum städtischen Schlachthof ! Direktor es sich aus seinem eigenen Gewicht gingen mit, weil es etwas zu sehen gab, Dr. Kafke machte freundlichst mit, stell- ergebe. Aber siehe da, Paul Stobbe er- was wir in unserer Heimatstadt Fried- te das Gewicht auf 435 Pfund fest und klärte sich sofort bereit. Man ging dann land nicht hatten. bestätigte das in einer Urkunde unter in den Speicher, wo ermittelt wurde, Das Pferd wurde vor dem Tor vom Ge- Beidrückung „seines Insiegels“. dass Stobbe gegen zwei Zentner mit spannführer am Zügel gehalten und auf seinen Puckel nehmen muss. Der „beruhigt“. Der Schmied ging an seine Bei der 1923 in Marienburg stattfinden- Dicke war inzwischen auf 450 Pfund Seite und hob mit seinen Händen ein den Tagung gingen wir am Vortage im gestiegen. Getreide war genug da, und Bein des Pferdes so an, dass der Huf Städtchen spazieren. Freund Stobbe, ein Sack ward gefüllt. Als Rennstrecke mit dem Hufeisen nach oben stand. Wie von dem noch zu erzählen ist, kam auf wählte man den um den großen Spei- er es fertig brachte, dass diese Stellung den Gedanken, mit dem Dicken in die cher gepflasterten Fahrweg, vielleicht blieb, weiß ich nicht mehr. Er stellte so Geschäfte zu gehen, um für ihn einen über hundert Meter lang. Start und Ziel fest, ob das Hufeisen noch passte und Kragen zu kaufen. Briese machte, wie war die Verladerampe vorne am Spei- in Ordnung war. immer, alles mit. Die erste kleine Ver- cher, wo auch das Anschlussgleis der Meistens musste das Hufeisen bearbei- käuferin stob sofort davon, als wir ihr „Großspurigen“ Kleinbahn lag. Los ging tet oder erneuert werden. Zuerst wur- auf die berechtigte Frage, welche Größe es ! Paul Stobbe war zwar einige Jahre den die Hufnägel gezogen und dann ? antworteten, das wüssten wir selber älter, aber wohlgewachsen und braus- entweder das Hufeisen bearbeitet oder nicht, das sollte sie nachmessen. Als te mit seiner Last mühelos davon. Die ein neues geholt. Alt oder neu: Es wur- darauf die schon ältere „Directrice“ mit ersten drei Seiten waren zweifellos ein de im Schmiedefeuer so erhitzt, dass dem Metermaß ankam, stellte sie die Erfolg für den Sackträger, alles jubelte es passend gemacht werden konnte. Frage, warum der Herr das nicht selbst schon. Aber auf der letzten, der Vor- Der Schmied legte das noch glühende sagen könne. Wir aber ganz ruhig, er derseite, lag das Bahnanschlussgleis, Hufeisen auf den Huf so, dass er sehen sei ein bisschen …! Sie lächelte darauf, und hier stolperte Paulchen, fiel mit dem konnte, ob es fertig war. Dieser Vorgang nahm kurz entschlossen das Maßband schweren Sack hin, rappelte sich zwar verursachte dicken, dunklen Qualm, der und stellte dann entsetzt fest: „56 ! Ist sofort auf, schaffte es aber nicht mehr. fürchterlich stank. Wenn nötig, wurde ja Taillenweite ! Solche Größe müsste Der Dicke rannte - wohl nur beschleu- nachgebessert. eben besonders angefertigt werden.“ nigten Gehschrittes - stolz durchs Ziel. War der Schmied zufrieden, schlug er Wir dann großzügig: „Dann bitte einen Die nahe Bahnhofsgaststätte brachte wieder Hufnägel ein und beseitige mit Kragenknopf.“ dann den Austrag der Wette. einer groben Raspel, was aus dem Huf herausragte. Dann führte der Gespann- Bei dieser Tagung ein zweiter Spaß: führer sein Pferd wieder im den Stall. Ein Vertreter der Lufthansa warb für ei- nen Reklamerundflug von Marienburg Güter im Kreis Heute gibt es Hufschmiede nur noch in Gestüten und wo Reiterhöfe ausrei- nach Danzig. Kostenpunkt 6 RM. Ich Bartenstein chende Beschäftigung und Entlohnung großzügig drei Karten für Schippenbeil. Seit einigen Wochen versuche ich, bieten. Seit 2006 gibt es ein Hufbe- Der Vertreter notierte. Als dann aber Bilder und Daten (Inventarlisten) schlaggesetz, das Ausbildung und An- Bürgermeister Dr. Loehrke – Barten- zusammenzutragen von den ca. erkennung regelt. stein dem Lufthansa-Herrn mitteilte, 90 Gütern (über 200 ha) im ehem. Georg Kugland dass der dicke Herr auch aus Schippen- Kreis Bartenstein. Den örtlichen Ar- beil sei, fragte mich dieser, wie viel wir chiven (auf der heute poln. und russ. Drei denn wiegen. Auf meine Antwort, Seite) möchte ich damit eine rasch „gegen neun Zentner“, bat er um Ent- überschaubare Zusammenstellung schuldigung: dann ginge das nicht. Sein überlassen, was wir 1945 an Werten Flugzeug könne nur 6 Zentner tragen. (Tieren und Material) im ländlichen Aus den Erinnerungen von Bürgermeis- Bereich unter vielem anderen zu- ter Bruno Zeiß bringen wir ein paar sei- rücklassen mussten. Meine diesbe- ner Spichtchen über Ein sehr guter Freund von Briese war züglichen Aufrufe in den beiden letz- der schon erwähnte Geschäftsführer ten Heften von „Unser Bartenstein“ der An- und Verkaufsgenossenschaft, blieben leider ohne den erwarteten Ernst Briese, Hotel- Paul Stobbe, auch Stadtverordneter. Ein Rücklauf. Erfreuliche Ausnahmen besitzer in Friedland bei der Marine Gedienter, streng rechts gab es für Pöhlen, Erwienen, Posteh- eingestellt. Er hat auch viele Tagungen nen und Gr. Schwaraunen sowie ei- Ich will mich bei der Schilderung dieser in städtischen Angelegenheiten mitge- nige Perkuhn-Güter. Auch wenn ich netten Episoden nur auf Vorkommnis- macht. Übrigens sind beide, Briese und nun versuche, Angaben und Bilder se bei Tagungen des Ostpreußischen Stobbe, im Alter von 51 Jahren schon aus dem Heimatkreisbuch von H.- Städtetages beschränken, denen ich vor dem letzten Kriege verstorben. H. Steppuhn und aus „Ostpreußens beigewohnt habe. Dort trug er natürlich Rinder und ihre Zuchtstätten“ zu er- auch bei den Bürgermeistern immer zur Eines Tages traf nun Paul Stobbe auf halten, wird das Ergebnis unbefriedi- seinem Revisionsgang zum Speicher gend bleiben. Immer noch hoffe ich, guten humorvollen Unterhaltung bei. Er dass bei Aufräumarbeiten die alten war deshalb allenthalben beliebt. Er war - so manches Mal auch zweimal, aber Lastenausgleichsunterlagen – wie z. übrigens Bartensteiner Pennäler. nur, wie so schlechte Menschen sagen B. für Pöhlen – gefunden werden und konnten, zur Bahnhofsgaststätte - mit mir damit geholfen wird, meine Da- Es war bei der Tagung in Lyck. Die Schip- dem Dicken zusammen, der mit Land- ten zu vervollständigen. Daher noch penbeiler waren mit einem offenen Mer- wirten, die irgendetwas zu verladen einmal meine Bitte, mir mit verwert- cedes, mit dem Stadtwappen versehen, hatten, sich dort aufhielt und palaverte. baren Angaben und Bildern zu hel- hingekommen und benutzten ihn denn Jedenfalls kam das Gespräch auf Sport, fen, dieses Vorhaben zumindest mit auch zu Rundfahrten. Als nun bei ei- und man neckte den Dicken, dass er ja bescheidenem Erfolg abschließen zu ner gemütlichen Unterhaltung die Rede doch nicht an einem Wettlauf teilneh- können. auf sein Körpergewicht kam und unsere men könnte. Überrascht war man aber, Christian v. d. Groeben Angaben als nicht glaubhaft bestritten als er sich bereit erklärte, mit jedem der (s. Impressum) 10
Berichte - Impressionen - Erzähltes - Verschiedenes nach 1945 zu berichten. Darüber ist bis- 3. Falls die Einwohner Ost-Preussens Heimatstube Nienburg her wenig bekannt. Soweit Unterlagen sich keine feindlichen Handlungen hierzu in unserer Heimatstube vorhan- zu Schulden kommen lassen, so Manfred Eckert betreut seit 2009 un- den sind, stehen sie uneingeschränkt wird auch der kleinste dem Rus- sere Heimatstube in Nienburg. zur Verfügung. sischen Heere erwiesene Dienst Betreuen? Nein, viel Arbeit. Zu gegebener Zeit werden wir wieder reichlich bezahlt und belohnt wer- Zu Beginn seiner Tätigkeit war es not- berichten. den; die Ortschaften werden ver- wendig, sich einen geordneten Über- schont und das Eigenthumsrecht blick zu verschaffen. Als gelernter Archi- Was wäre unsere Heimatkreisge- wird gewahrt bleiben. tekt brachte er die Voraussetzungen mit. meinschaft, wenn wir nicht diese Gezeichnet: von Rennenkampf. Das zeigte sich schnell in den erstellten ehrenamtlichen Helfer hätten? General-Adjutant Seiner Kaiserlichen Plänen. So bot das Gerüst eine gute Bei dieser Gelegenheit sagen wir Majestät, General der Kavallerie Basis für Ordnung. allen Helfern herzlichen Dank! Bald fand er Unterstützung durch Annet- (Buchdruckerei der Ostdeutschen te Müller, obwohl sie durch ihre Tätigkeit In der Heimatstube in Nienburg be- Volkszeitung in Insterburg) als Pastorin an der Ev.-Luth. Kirchenge- finden sich Texte über den Ersten meinde Lokstedt sehr ausgelastet ist. Weltkrieg in Ostpreußen. Manfred Eckert gibt uns hierüber eine Zusam- Zwei Erlebnisberichte aus den Au- Walter Tiedtke und Herta Wackernah gusttagen 1914 leisten seit 2013 auch ihren Beitrag menfassung zur Kenntnis. Nach der Kriegserklärung der deut- Der 1. Weltkrieg war noch keine 30 Tage dazu. alt, die Russen waren schnell und zü- schen Reichsregierung am 1. August an Zusätzliche Aktivitäten: gig in unsere Heimat vorgerückt, und Russland, kam es bereits wenige Tage Nachdem es versäumt wurde, in den Arben war durch Bomben weitgehend später in Ostpreußen zu ersten Kavalle- Lehrplänen die Themen 2. Weltkrieg, abgebrannt. Die damaligen schreckli- rieattacken. Am 17. August marschierte Flucht und Vertreibung usw. mit aufzu- chen Ereignisse von Abschwangen und die 1. russische Armee unter General nehmen, konnten diese Themen nicht Almenhausen zeigten uns deutlich, dass von Rennenkampf vom Norden ein und behandelt werden. Im Elternhaus wurde der Krieg schon 1914 grausam geführt vom Süden die 2. Armee. In Russland meist nicht darüber gesprochen, weil wurde. Damals verloren etwa 70 unbe- war zu dieser Zeit die Mobilisierung wei- man an die vielen Grausamkeiten nicht teiligte und unschuldige Menschen auf- ter als in Deutschland. Ihnen gegenüber erinnert werden wollte. grund einer Kollektivhaftung ihr Leben stand die 8. deutsche Armee, die nur Wie groß ist das Interesse an Ostpreu- durch russische Soldaten. halb so stark war. ßen bei unseren Kindern? In Band 3 „Der Natanger Kreis Preu- Die Bekanntmachung von General Ren- Manfred Eckert und Annette Müller be- ßisch-Eylau“ von Horst Schulz, heraus- nenkampf, ist buchstabengetreu wie- mühen sich, der Jugend die Geschich- gegeben im Selbstverlag der Heimat- dergegeben. Aus dem Kreis Pr. Eylau te zu vermitteln. So gab es im Novem- kreisgemeinschaft Preußisch-Eylau, gibt es dazu einen Bericht, der zeigt, ber vorigen Jahres eine Besprechung wird über die damaligen Ereignisse dass die Bekanntmachung keine leeren im Albert-Schweitzer-Gymnasium in berichtet. In die Ereignisse war auch Drohungen enthielt. Im bereits besetz- Nienburg. Teilnehmer waren: Manfred der Bürgermeister von Domnau ver- ten Gebiet kam es zu einem Schuss- Eckert und Annette Müller von der HKG wickelt. Die Ursache: Eine vier Mann wechsel, bei dem ein russischer Soldat Von der Schulleitung OStD Dr. Weghöft starke, deutsche Kürassierpatroullie getötet und einer verletzt wurde. Das und StD’in Nienhues, sie unterrichtet hatte am 28. 8. 1914 in Abschwangen hat man der Zivilbevölkerung angelas- Geschichte. halt gemacht und den Ort feindfrei ge- tet und wahllos mehrere Personen als Die Stadt Nienburg unterhält seit dem meldet. Kurz nach dieser Meldung kam Geiseln getötet. 24. September 2002 eine Partnerschaft aus Richtung Preußisch-Eylau ein rus- mit der Stadt Bartoszyce (Bartenstein sisches Militärauto in das Dorf gefah- BEKANTMACHUNG in Ostpreußen).Seit dieser Zeit be- ren und wurde sofort von den Küras- ALLEN EINWOHNERN steht auch eine Verbindung zwischen sieren beschossen. Das Auto stoppte OST.PREUSSENS der Albert-Schweitzer-Schule und der die Fahrt aber nicht und fuhr weiter bis Gestern d. 4. – 17. August überschritt dortigen Schule, die eher unseren Ge- nach Almenhausen. Dort angekommen das Kaiserliche Russische Heer die samtschulen entspricht, einschließlich stellte man fest, dass der etwa 20 Jah- Grenze Preussens und mit dem beruflicher Ausbildung. Es handelt sich re alte Fürst Troubetzkoi durch einen Deutschen Heere kämpfend, setzst dabei um die frühere Mädchenschule, Kopfschuss tödlich verletzt worden war. es seinen Vormarsch fort. die nach Agnes Miegel benannt war. Die Aufgrund dieser Tatsache setzte eine Der Wille des Kaisers aller Reussen Schule liegt an der ehemaligen Heils- sofortige Strafexpedition der Russen ist die friedlichen Einwohner zu scho- berger Straße – Ecke Schulstraße, ge- gegen die Einwohner von Almenhausen nen. genüber dem Gerichtsgebäude. und Abschwangen ein. Laut der mir Allerhöchst anvertrauten Mehrfach fanden schon ein Austausch Über die Ereignisse in Almenhausen Vollmächten mache Ich folgendes und Besuche statt, und weitere sind berichtet der Schuhmachermeister Kroß bekannt: geplant. aus diesem Dorf. „Am Mittwoch, dem Unsere Frage, ob die Albert-Schweitzer- 1. Jeder, von Seiten der Einwohner 26. 8., waren wir spät abends von unse- Schule sich an der Ausgestaltung des dem Kaiserlichen Russischen rer Flucht heimgekehrt. Wir blieben die zukünftigen Bartenstein-Archivs beteili- Heere geleistete Wiederstand, Nacht in unseren Häusern, wo wir schon gen wolle, wurde positiv aufgenommen. wird schonungslos und ohne Un- Flüchtlinge aus anderen Gegenden vor- Das könne in Form einer Seminarar- terschied des Geschlechtes und fanden. Am nächsten Morgen rückten beit geschehen, frühestens Schuljahr des Alters bestraft werden. die Russen ein, Kavallerie und Artillerie 2016/17. Themen könnten u. a. die wirt- 2. Orte, in denen auch der kleinste von der Leibgarde. Sie waren anfangs schaftliche und politische Situation vor Anschlag auf das Russische Heer ganz freundlich, so dass wir bald alle 1945 oder die Flucht und Vertreibung verübt wird oder, in denen den Ver- Furcht verloren. Wir gaben ihnen alles, sein, führungen desselben Wiederstand was sie verlangten. In allen Häusern Im Gegenzug sollte man die Partner- geleistet wird, werden sofort nie- lag russische Einquartierung. Am Frei- schule anregen, zu ähnlichen Themen dergebrannt. tag waren acht russische Offiziere bei 11
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