Wohnen bei Kirchens FÜR MITARBEITENDE - EKKW
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4–2017 FÜR MITARBEITENDE Wohnen bei Kirchens ZU HAUSE Wie wohnt es sich in kirchlichen Gebäuden? LUXUSGUT WOHNEN Interview mit Diakonie- chef Horst Rühl Foto: medio.tv/Schauderna
INHALT | EDITORIAL Inhalt Liebe Leserinnen, liebe Leser, THEMA I st es schon soweit? Wollen die Leute Foto: medio.tv/Schauderna 4 Der Umweltpfarrer und seine jetzt mit Sack und Pack in die Kirchen tierischen Mitbewohner einziehen, weil hier noch preisgünsti- ger Wohnraum zu haben ist, den es an- 5 Studentenwohnheim: Kommunikatives derswo nicht mehr gibt? Unser Titelbild, Wohnen im Marburger Vilmarhaus das Familie K. vor der Christuskirche in 6 Neuanfang für Flüchtlinge: Kassel-Wilhelmshöhe zeigt, könnte die- Wohnen wie die Deutschen se Vermutung zulassen. Aber die Foto- botschaft ist natürlich ein Fake, wie es 7 Betreutes Wohnen: neudeutsch heißt. Noch werden – zu- Den eigenen Lebensrhythmus finden mindest in Kurhessen-Waldeck – keine Kirchen zum Wohnen ver- mietet, auch wenn die Lage auf dem Immobilienmarkt vor allen 8 Wer wohnt eigentlich nebenan – Dingen in den Städten immer angespannter wird. im Dorf und in der Stadt? Wohnraum wird knapper und teurer – da kann man schon auf 10 Besuchsdienst Oberkaufungen kommt ins Haus unkonventionelle Ideen kommen. So wie in Mönchengladbach, Diakoniestationen: Helfende Hände wo man den Innenraum der Herz-Jesu-Kirche zu Sozialwohnun- gen umgestaltet hat: 23 Einheiten entstanden in der 1.560 Qua- 11 Luxusgut Wohnen dratmeter großen katholischen Pfarrkirche, die als solche nicht Interview mit Diakoniechef Horst Rühl mehr gebraucht wurde. Oder wie in Berlin-Reinickendorf, wo der 24 Bruderhof Sannerz: dortige evangelische Friedhofsverband 33.000 Quadratmeter Flä- Leben nach dem Vorbild der Urchristen che, die eigentlich für Gräber vorgesehen waren, als Bauland für Wohnhäuser freigab und verkaufte. Wohnen auf dem Friedhof? Warum nicht! Man muss aber nicht gleich an Umnutzungen denken, wenn LANDESKIRCHE es um das Thema „Wohnen bei Kirchens” geht. Denn es gibt ja schon eine große Zahl von Wohnimmobilien im Eigentum der 12 Was bringt das neue Gesangbuch-Beiheft? Kirche – man denke nur an die vielen Pfarrhäuser, Dienstwoh- nungen, Wohnheime oder sonstigen kirchlichen Häuser. In dieser 13 Frühjahrsynode tagte in Hofgeismar blick-Ausgabe wollen wir einen Blick ins Innere riskieren – dorthin, 14 100 Tage gibt's Kaffee wie bei Luther wo es privat wird. Neugierig? Fangen Sie gleich auf Seite 3 an. Neuauflage des „Dirty Church Run” Lothar Simmank 15 Evangelische Bank baut 100 Stellen ab Redakteur blick in die kirche „Kreuzspannung” in der Hanauer Johanneskirche Schauen Sie in Ihre Zeitung ... 16 Ausstellung: Reformation als Bildungsmotor Juni 2017 Wettbewerbssieger „Alte Thesen neu gelesen” • Frankfurter Rundschau (FR) im Main-Kinzig-Kreis 17 Reformationsjubiläum in Kurhessen-Waldeck (3) • Fuldaer Zeitung (FZ) 18 Von Personen • Gelnhäuser Neue Zeitung (GNZ) • Hanauer Anzeiger (HA) • Hersfelder Zeitung (HZ) • Hessische/Niedersächsische SERVICE Allgemeine (HNA) • Maintaler Tagesanzeiger PFINGSTEN Das unbekannte Fest: Was feiern Was glaubst du? die Christen 50 Tage nach Ostern? 20 Termine / Kirchenmusik • Oberhessische Presse (OP) ICH GLAUBE AN ... Bekenntnisse: An was man heute noch glauben kann • Südthüringer Zeitung (STZ) Foto: akg-images 22 Kirche im Radio Am Samstag, 3. Juni, • Waldeckische Landeszeitung 23 Buchtipps erscheint das blick in die (WLZ) kirche-magazin als Beilage in: • Werra-Rundschau (WR) 2 blick in die kirche | FÜR MITARBEITENDE | 4–2017
UMFRAGE | IMPRESSUM In welchem Wohnraum halten Sie sich am liebsten auf? Foto: medio.tv/Schauderna Foto: A. Recknagel Foto: privat Foto: medio.tv/Schauderna Definitiv in der Küche – nicht Das ist bei mir ganz klar die In der Ecke unter dem Wohn- Der Raum ist hell und groß. weil ich eine so leidenschaft- Küche. Wir haben das Privi- zimmerfenster steht das alte Hier essen wir zu zweit oder liche Köchin wäre, sondern sie leg, eine große Küche zu ha- grüne Sofa – ein Erbstück von mit der ganzen Familie, er- ist für mich der Kommunika- ben, in der man auch essen den Schwiegereltern, schon et- zählen mit Freunden, mit of- tionsort schlechthin. Schon kann. Dort steht ein großer was eingesessen und deshalb fiziellen Gästen oder bis spät als Kind habe ich es geliebt, Tisch, an dem wir als Familie wunderbar gemütlich. Die in die Puppen mit den gro- in der Küche zu sitzen, Mut- so oft wie möglich zusammen- Sonne lässt morgens die Far- ßen Kindern. Da sind meine ter und Oma beim Kochen sitzen und gemeinsam essen. be leuchten – sie scheint das Lieblingspflanzen, Bilder und oder Backen zuzuschauen Für uns stellt die Küche die Sofa genauso zu lieben wie Kunstwerke aus allen Lebens- und über Gott und die Welt Kommunikationszentrale der alle Familienmitglieder ein- phasen. Wir sitzen auf dem zu sprechen. Bis heute ist die ganzen Wohnung dar. Hier schließlich Katze. Hier ist ein- geerbten Biedermeiersofa aus Küche der Ort, wo sich meine wird sich ausgetauscht, und fach gut sein! Man kann le- Kirschholz oder am selbstge- Familie versammelt, um unge- hier werden wirklich wichtige sen, reden, schweigen, in den schreinerten Tisch. Es wird zwungen über wichtige und Dinge besprochen. Als Familie Garten schauen, entspannen. Klavier gespielt und Geige. unwichtige Themen zu spre- treffen wir uns immer wieder Was die Sonne im Sommer be- Ich lese die ZEIT oder schaue chen. Besonders die Freunde in der Küche – da hat man wirkt, schafft im Winter das auf die Altstadt und das unserer Kinder und Besucher alles beisammen. Außerdem Prasseln des Feuers im Ofen. Schloss. Im Sommer macht amüsieren sich über unsere ist es in der Küche am gemüt- Wohlfühlatmosphäre! Die man die Tür auf und ist im Postkartenwände: Wir haben lichsten. Ich koche auch sehr Musikanlage mit Plattenspie- Garten unter einer Weinlau- eine „Männerwand“ und eine gern, wenn ich Zeit dazu ha- ler (!) ist das Tüpfelchen auf be. Die Waschbären geben „Frauenwand“. Obwohl die be, und das macht natürlich dem i. Hier bin ich am liebs- Pfötchen. Das ist wirklich ein Küche nicht groß ist, ist sie dann auch Spaß. ten – gern allein, aber auch living room – wie die Englän- Mittelpunkt unseres Hauses. mit Familie und Freunden. der zum Wohnzimmer sagen. Sabine Kropf-Brandau (53), Ralf Gebauer (51), Dekan im Marita Natt (62), Kassel, Helmut Wöllenstein (61), Pröpstin im Sprengel Hersfeld Kirchenkreis Schmalkalden Prälatin der Evangelischen Propst im Sprengel Waldeck Kirche von Kurhessen-Waldeck und Marburg IMPRESSUM blick in die kirche erscheint sechsmal jährlich und Redaktion: Anschrift: wird an haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiterinnen Lothar Simmank (Leitung) Heinrich-Wimmer-Straße 4 und Mitarbeiter der Landeskirche kostenlos verteilt. Telefon 0561 9307-127 34131 Kassel-Bad Wilhelmshöhe Olaf Dellit redaktion@blick-in-die-kirche.de Direkt-Abonnement: Telefon 0561 9307-132 www.blick-in-die-kirche.de 12,50 Euro pro Jahr inklusive Zustellkosten Redaktionsbüro / Anzeigen: Gestaltung: Lothar Simmank Herausgeber: Andrea Langensiepen Layout-Konzept: Liebchen+Liebchen, Frankfurt am Main Landeskirchenamt der Evangelischen Telefon 0561 9307-152 Herstellung: Hesse GmbH, Fuldabrück Kirche von Kurhessen-Waldeck Daniela Denzin Auflage: 19.500 Exemplare Pfarrerin Petra Schwermann Telefon 0561 9307-128 Wilhelmshöher Allee 330 Fax 0561 9307-155 Mehr Informationen über die Evangelische Kirche 34131 Kassel-Bad Wilhelmshöhe von Kurhessen-Waldeck unter www.ekkw.de blick in die kirche | FÜR MITARBEITENDE | 4–2017 3
THEMA Der Umweltpfarrer und seine tierischen Mitbewohner Zu Hause bei Uwe G. W. Hesse im Frankenberger Land die kirchliche Jugendarbeit kam er aber noch Fleischrassen wie das Limousin-Rind zur Theologie. Fünf Studien- und Arbeits- zu sehen sind. Auf der Weide oberhalb der jahre in Südafrika und Indien haben ihn Kirche trifft man aber nicht nur die kraft- Fotos: medio.tv/Simmank geprägt. Überall in seiner Löhlbacher Woh- vollen Kühe und Bullen mit dem charakte- nung erinnern bunte Bilder und exotische ristischen roten Fell an, sondern auch noch Shiva-Figuren an diese Zeit. eine kleine Herde englischer Parkrinder, Auffälliger allerdings sind andere deren weißes Fell in der nordhessischen Phänomene im Wohnzimmer des Fach- Landschaft strahlt: „Die galten bei den Unzertrennlich: Pfarrer Uwe Hesse mit sei- werkhauses: Im Vogelkäfig singt und flat- Druiden als heilige Tiere.” nem Xoloitzcuintle – einem mexikanischen tert ein gelber Finkenvogel. Schlangen Ist die Tierzucht ein skurriles Hobby Nackthund kriechen durch Terrarien. Handtellergroße ihres Pfarrers, wie manche Rengershäuser Spinnen hocken unter Steinen. Und aus ei- Gemeindemitglieder mutmaßen? „Nein”, D ie Zimmer im Pfarrhaus sind leer- ner Box schaut ängstlich ein kleiner Hund. lächelt Hesse nachsichtig, „das ist mein geräumt, nur das Büro gibt es „Ein mexikanischer Nackthund Lebenswerk.” Ihm, der einen Ruf noch: Pfarrer Uwe Hesse (55) ist – faszinierendes Tier!”, sagt in der Szene hat, geht es um von Rengershausen (Kirchenkreis Eder) Pfarrer Hesse, nimmt ein verändertes Bewusst- nach Haina-Löhlbach gezogen – eine gu- das zitternde Wesen sein: Warum soll man te halbe Autostunde entfernt. Trotz Orts- auf den Arm und re- nur altes Fachwerk in wechsel bleibt er Pfarrer in den Gemein- det freundlich in einer den Dörfern erhalten, den Rengershausen, Wangershausen und fremden Sprache auf nicht aber aussterben- Hommershausen, wohnt aber seit Anfang den Hund ein. „Die- de Rassen? Aus Indien des Jahres in seinem Elternhaus, um dort sen südindischen Dia- hat der Umweltpfarrer Pfarrhaus in die 89-jährige Mutter zu versorgen. Weil lekt verstehen wir beide”, viel hierzulande verschüt- Rengershausen Hesse mit jeweils halber Stelle Umweltbe- erläutert Hesse dem stau- tetes Wissen über die Schöp- auftragter der Landeskirche und Gemein- nenden Besucher. fung mitgebracht. depfarrer ist, geht das: Die Residenzpflicht Doch da läutet das Handy, und ein wurde aufgehoben, das sanierungsbedürf- Ortswechsel nach Rengershausen: Bestatter will einen Beerdigungstermin tige Pfarrhaus soll ohnehin demnächst ver- Hier geht es um größere Tiere. Zusammen absprechen. Wenig später dreht sich ein kauft werden. mit dem Landwirt Hartmut Müller, der weiteres Gespräch um die bevorstehende Also: wohnen in Löhlbach, arbeiten in auch seit 40 Jahren im Kirchenvorstand Konfirmation. Auch wenn das Pfarrhaus Rengershausen – für Hesse eine „sinnvolle mitarbeitet, hat Uwe Hesse den Verein nun leersteht, die Arbeit geht weiter, und Konstellation“, auch wenn dies für ihn viel „Rotes Höhenvieh alter Zuchtrichtung” der Pfarrer ist mitten im Leben seiner Ge- Fahrerei bedeutet. „Aber die persönliche mitsamt dem Archehof gegründet. Der meinde präsent. Nahezu jeden Tag ist Energiebilanz stimmt”, betont der Umwelt- hat sich das Ziel gesetzt, die vom Ausster- er in Rengershausen vor Ort, manchmal pfarrer und verweist auf die vielen Eichen, ben bedrohte Haustierrasse in ihrer alten sogar zweimal täglich. Hesses Perspekti- Linden und Kirschbäume, die er seit Jahren Genetik zu erhalten. Schon zu keltischer ve: „Wenn es nach mir geht, werde ich in in seiner Heimatregion pflanzt. Als Junge Zeit lebten diese widerstandsfähigen Rengershausen bis zu meinem Ruhestand wollte er eigentlich Förster werden, über Rinder in der Gegend, wo heute fast nur Pfarrer bleiben.“ l Lothar Simmank Indien-Liebhaber und Tierfreund: Hesse setzt sich für bedrohte Rassen ein – dazu gehören Englische Parkrinder, der Girlitz und Kärntner Brillenschafe 4 blick in die kirche | FÜR MITARBEITENDE | 4–2017
THEMA Fotos: medio.tv/Simmank Lorenz Butterweck, Lehramtsstudent und Wohnheimsprecher, fühlt sich seit acht Semestern wohl in seinem Biotop, dem Marburger Vilmarhaus „Hier kann man sich nicht isolieren” Kommunikatives Wohnen im evangelischen Studentenwohnheim Vilmarhaus in Marburg S prich, Freund, und tritt ein!” steht Vilmar (1800–1868), einem streitbaren Nicht nur er wurde gewählt, außerdem auf der Fußmatte – ein rätselhaftes Marburger Theologieprofessor. Die drei kürt jeder Flur einen Flursprecher. Bewer- Zitat aus dem Tolkien-Roman „Der weißen Gebäude am Ortenberg stammen ber für die Zimmer werden gemeinsam mit Herr der Ringe”, von dem nur Eingeweih- aus den 1960er-Jahren und bieten Platz Heimleiter Heiko Manz und ESG-Pfarrerin te wissen, was es bedeutet. Doch die elf für 112 Studierende. Was architektonisch Dorothée Schubert gefunden, auch der pä- Quadratmeter große Studentenbude von eher anpruchslos wirkt, hat es technisch dagogische Mitarbeiter Mike Bodenstein Lorenz Butterweck im Marburger Vilmar- in sich: Seit 1999 betreibt das Wohnheim gehört zum Auswahlgremium. Aber meis- haus birgt keine Geheimnisse: Schreibtisch, ein Blockheizkraftwerk und seit 2001 eine tens gebe es in etwa so viele Bewerber wie Stuhl, Bett und Einbauschrank – das war's. Photovoltaikanlage. Plätze. Deren Konfession spielt übrigens Nicht zu vergessen die grandiose Fenster- Die Gemeinschaft im Zusammenleben keine Rolle bei der Vergabe. Aussicht auf das Landgrafenschloss. „Ich wird großgeschrieben. Das liegt nicht nur Was Lorenz Butterweck besonders hab hier alles, was ich brauche”, sagt der am benachbarten Hans-von-Soden-Haus, schätzt? Die gute Lage in Uni-Nähe, das 22-Jährige, der sein bisheriges Uni-Dasein in dem die Evangelische Studierendenge- großzügige Parkgrundstück mit Stellplatz komplett in dem evangelischen Studenten- meinde (ESG) viele Angebote macht. Auch fürs Auto – und natürlich die günstige wohnheim verbracht hat: „Hier habe ich im Vilmarhaus selbst laufen kommunikati- Miete. 267,50 Euro zahlt der Student im immer gern gewohnt.” ve Aktivitäten: Grillen, Fackelwanderungen Monat – und da ist bereits alles drin, vom Das Vilmarhaus, das der Evangelischen zum Spiegelslustturm oder das beliebte Internetanschluss bis hin zur frischen Bett- Kirche von Kurhessen-Waldeck gehört, ist Pokal-Wettkampfturnier „Schlag den Flur”, wäsche. Das eher bescheidene Rauman- benannt nach August Friedrich Christian bei dem in jedem Semester Flurmannschaf- gebot des Zimmers wird pro Flur ergänzt ten gegeneinander antreten. „Man kann durch eine Küche, ein Wohnzimmer sowie sich hier nicht isolieren”, sagt Lorenz But- die gemeinschaftlichen Duschen, die sich DAS VILMARHAUS terweck und fügt wissend hinzu: „schon jeweils ein Dutzend Bewohner teilen. Das landeskirchliche Vilmarhaus ist nach aus baulichen Gründen”. Gibt es denn gar keine Probleme in dem Studentenwerk der bedeutendste Das Wohnheim versteht sich als Treff- diesem perfekten Studentenwohnheim? Betreiber eines Studierendenwohnheims in punkt für Menschen mit verschiedens- Doch die gibt es, lächelt Lorenz und angelt Marburg. Früher aßen in der Mensa täglich ten kulturellen und konfessionellen Hin- nach einer Tasse aus dem Geschirrschrank, 400 Studierende, dann wurde die Einrich- tergründen. Etwa ein Drittel von ihnen in dem es ziemlich bunt gemischt zugeht. tung zum Wohnheim. Nach der heutigen stammt aus anderen Ländern. Alle Akti- Ein Dauerbrenner sei das Thema Sauber- Satzung muss die Mehrheit der Bewohner vitäten in und um das Wohnheim laufen keit in der Küche: „Manchmal muss man einer christlichen Kirche angehören. Kontakt: T 06421 969-222 auf Initiative und unter Mitarbeit der Be- sich eben erbarmen und selbst zur Spül- Geschäftsführer Heiko Manz wohner ab. Wohnheimsprecher Butterweck bürste greifen.” l www.vilmarhaus.de spricht von „demokratischen Strukturen”. Lothar Simmank blick in die kirche | FÜR MITARBEITENDE | 4–2017 5
THEMA Wohnen wie die Deutschen Wie eine kurdische Flüchtlingsfamilie aus Aleppo den Neuanfang in Kassel schafft D as dreigeschossige Haus mit dem mals Graf-Häseler-Kaserne) teilen sie sich Komplett leer war die Wohnung im gepflegten Vorgarten wirkt fast ein mit dem Bruder ein winziges Zimmer mit Brückenhof, als die Familie sie übernahm: wenig verloren in der Hochhaus- Gemeinschaftswaschräumen und -küche weder Küche noch Stuhl oder Tisch, alles siedlung im Brückenhof. Im ersten Ober- auf dem Gang. Eine schwierige Situation musste organisiert werden, vom Abfall- geschoss liegt die Drei-Zimmer-Wohnung für die junge Familie. behälter bis zur Zimmerlampe. „Die Ver- von Familie Mustafa-Osso. Die 31-jährige Auf dem kleinen Wohnzimmer-Couch- mittlung der Wohnung war ein echter Nahla Osso, ihr gleichaltriger Mann Per- tisch liegt eine weiße Spitzen-Tischdecke. Glücksfall. Ein ehrenamtlicher Mitarbeiter, mand Mustafa und der zweijährige Murad Die schwarze Couch, Schrank, Tisch und der selbst Mieter bei der Wohnbaugesell- wohnen seit rund einem Jahr hier. „Wir lie- Stühle zieren das Wohnzimmer. Die 75 schaft ist, hat sich für die junge Familie ben Kassel und diese Gegend: Es ist ruhig Quadratmeter sind bescheiden, aber stark gemacht. Die Möbel haben wir bei und grün, die Menschen sind sehr freund- freundlich eingerichtet. Im Kinderzim- einer Haushaltsauflösung bekommen. Die lich, und wir haben bereits einige Freunde mer stehen ein Gitterbettchen, Schränke, Vorbesitzerin, eine ältere Dame, war als gefunden“, sagt Vater Permand. Die kur- Schreibtisch und eine Kiste mit Spielzeug. Kind selbst aus Schlesien geflüchtet und dische Familie kommt aus dem syrischen „Wir sind sehr dankbar, dass uns die Mit- hatte großes Verständnis“, erzählt Renate Aleppo. Aleppo – die umkämpfte Stadt im arbeiter vom Café International der Mat- Müller, die die Arbeitsgruppe Wohnen im Norden Syrien, die Schreckensmeldungen thäuskirche geholfen haben. Sie haben die Café International der Matthäuskirche ko- über die zerstörte Stadt reißen nicht ab. Wohnung für uns gefunden und Möbel für ordiniert. Rückblick: Im Sommer 2015 ist Mu- uns organisiert“, sagt Nahla, die in Syrien Permand Mustafa besucht derzeit ei- rad gerade einmal drei Monate alt, als Archäologie studiert hat. Schwer vorstell- nen Deutsch-Intensivkurs. Nahla bekommt die Familie sich gemeinsam mit Permands bar: Die junge Familie hatte nichts, die Ende August das zweite Kind und ist in Bruder auf den Weg nach Deutschland Flucht ließ nur leichtes Gepäck zu, ein paar Elternzeit. Der größte Wunsch der Familie: begibt. Von Syrien in die Türkei, von dort Kleidungsstücke, Papiere, Verpflegung. „Wir möchten für unsere Kinder ein gutes mit dem Schiff nach Griechenland, zu Fuß Es schmerzt, alles zurückgelassen zu Leben in Sicherheit und Frieden.“ l durch Mazedonien, Serbien und Ungarn, haben, die Wohnung in Aleppo, das Note- Mirjam Hagebölling durch Österreich bis nach Deutschland. book des gelernten Informatikers. „Wir ha- 20 Tage voller Ungewissheit, Strapazen, ben es mit eigenen Augen gesehen, wir Infos: Café Matthäus International, Ängste und Sorgen. In der Kasseler Ge- sind Zeitzeugen, wie alles kaputt gebombt AG Wohnen, Am Fronhof 8, Kassel-Nieder- meinschaftsunterkunft „Harmony“ (ehe- wurde“, erzählt Permand. zwehren, Geöffnet: Mi 15–17 Uhr Nahla Osso, ihr Mann Permand Mustafa und der zweijährige Murad wohnen in Kassel-Brückenhof „in Sicherheit und Frieden” Foto: M. Hagebölling 6 blick in die kirche | FÜR MITARBEITENDE | 4–2017
THEMA Fotos: C. Lieberknecht Anja Karsch und ihr Freund Frank Schmiedel freuen sich in ihrer gemütlichen Wohnumgebung besonders auf Urlaubstage und Wochenenden In der Waldauer Wohngruppe den eigenen Lebensrhythmus finden Gemeinsam leben in Waldau: Baunataler Diakonie Kassel bietet betreutes Wohnen H eute ist ein Urlaubstag. Ein Schild im Eingangsbereich des bys zu fördern. Für den freien Tag hat jeder eigene Pläne: Anja Hauses „Baunatal” auf dem Gelände der Gustav-Heine- Karsch freut sich. Ihr Freund Frank Schmiedel ist da, um sie ab- mann-Wohnanlage (GHW) in Kassel-Waldau weist darauf zuholen. Gemeinsam mit anderen wollen sie in den Kickerraum extra hin. Die Bewohnerinnen und Bewohner können deshalb et- auf dem Gelände der GHW gehen. Anschließend möchten sie das was länger schlafen. „Frühstü- Wochenende gemeinsam in cken kann heute jeder, wann seiner Wohnung verbringen. er möchte“, sagt Josef Kulik. Walter Scharf lebt schon Er ist einer von vier Betreuern, lange hier. Bereits als junger welche die Menschen im Haus Mann zog er in die GHW zusammen mit FSJ-lern und ein – und ist heute überall Praktikanten begleiten. gut bekannt. Gerne geht Die elf Bewohnerinnen er in Waldau spazieren, und Bewohner im Haus sind bei jedem Wetter, wie er la- zwischen 25 und 75 Jahre alt. chend betont. „Wenn es reg- Einige gehen zur Arbeit, andere net, nehme ich eben einen sind bereits in Rente und besu- Schirm mit!“ chen die tagestrukturierenden T h o m a s H e n n e b e rg Angebote im benachbarten freut sich an seinem freien Haus Schmalkalden. Jeder hat Passen (fast) zusammen aufs Sofa: Thomas, Claudia, Walter und Marita Tag auf einen leckeren Cap- ein eigenes Zimmer, zudem gibt puccino zum Frühstück. Da- es eine große Wohnküche. Hier findet das gemeinsame Leben nach geht er frisch gestärkt einkaufen. „Am Wochenende besuche statt, wird gekocht, gegessen und zusammengesessen. An dem ich das Café Schnuckewerk“, berichtet er. Die Bewohner leben großen Tisch können Dinge geklärt und auch mal Streitigkeiten gerne hier in Waldau, einige besuchen oft sonntags die Kirche geschlichtet werden. und mögen auch besonders die Feiern und Feste im Stadtteil. Ein „Die Entfaltung der Bewohnerinnen und Bewohner liegt uns Höhepunkt im Jahr ist für alle die „Waldauer Entenkirmes“, vor besonders am Herzen“, erklärt Josef Kulik. „Sie sollen sie selber allen Dingen für Walter Scharf, der selbst beim Festumzug für die sein können.“ Dazu gehört auch, individuelle Interessen und Hob- Einrichtung mitläuft. l Claudia Lieberknecht blick in die kirche | FÜR MITARBEITENDE | 4–2017 7
THEMA Nachbarschaft auf dem Dorf pflegen: Wer WOHNT Mit einem Schwätzchen eigentlich auf der Bank fängt's an nebenan? M an sieht ja niemanden mehr auf chen. Der erste Schritt für die Projekt-Mit- INFOS IM INTERNET der Straße. Keiner da zum Re- macher war, das eigene Dorf einmal mit den ...” So beginnt es oft, das anderen Augen anzusehen. Wo sind schö- Die Fachstelle Zweite Lebenshälfte gehört zum Referat Erwachsenenbildung Nachdenken über Nachbarschaft im Dorf. ne Plätze, was ist nicht barrierefrei, was des Landeskirchenamts der Evangeli- Pfarrerin Annegret Zander arbeitet in der könnte das Miteinander fördern? Annegret schen Kirche von Kurhessen-Waldeck. Die Fachstelle Zweite Lebenshälfte und ist be- Zander berichtet: „Meist genügt es, wenn Aktiv-Phase des Projekts „DorfMOOC” ist ruflich seit 13 Jahren mit dem Älterwerden man ganz klein anfängt.” abgeschlossen. Weiterhin im Internet zu und den demografischen Entwicklungen finden sind aber Videos zum Projekt und befasst. Gemeinsam mit Kollege Andreas Zum Beispiel mit einer Bank. Die auch das Begleitheft zum Herunterladen. Wiesner sammelt sie Ideen für gelingende lädt zum Treffen und Verweilen ein, ist ein Gezeigt wird unter anderem eine Wohnbe- Nachbarschaft für Jung und Alt, in Stadt Symbol für Nachbarschaft. Konkret heißt ratung und die Dorfschmiede Freienseen und Land. Im vergangenen Jahr hat sie mit das: Nachbarn schaffen eine Bank an – im wird vorgestellt, ein neuer Dorfmittelpunkt Kollegen aus Hessen und Nassau im In- Fall von Manuela Vollmann eine „Baumel- mit Laden, Tagespflege und barrierefreien ternet einen Kurs zum Thema entwickelt: bank”, die Kinder der Tagesstätte bunt Wohnungen. „Unser Dorf: Wir bleiben hier!” DorfMOOC bemalt hatten. Diese Bank steht immer fachstelle-zweite-lebenshaelfte.de nannte sich das (Massive Open Online montags um 11 Uhr an einem anderen unser-dorf-mooc.de Course – ein kostenloser Online-Kurs). Ort. Infos dazu stehen im Gemeindebrief. Mit Videos, Aufgaben und Diskussio- Bereits beim ersten Treffen an der Das Projekt „Sorgende Gemeinde werden” der Evangelischen Arbeitsge- nen in Foren sowie Dorferkundungen und Bank kamen sieben Leute zusammen, ei- meinschaft für Altenarbeit in der EKD Live-Treffen ging man diesen Fragen nach: ner brachte Kaffee mit. „Von Hof zu Hof” beschäftigt sich mit der Frage: Wie sind Wie können wir Nachbarschaft für alle Ge- soll die Bank nun wandern und demnächst örtliche Lebensräume zu gestalten, damit nerationen ausbauen? Wie können Alte im Garten einer 80-Jährigen landen, die ältere Menschen möglichst lange ein zu Hause in Würde wohnen bleiben, älter kaum mehr das Haus verlassen kann und selbstständiges Leben in den eigenen vier werden und auch hier sterben? sich freut, auf diese Weise besucht zu wer- Wänden führen und am gesellschaftlichen Denn es gibt Klagen – auch von Jün- den. Und die MOOC-Teilnehmer? Manuela Leben teilhaben können? Arbeitsmateria- geren. „Das Dorf wird oft vergessen”, sagt Vollmann sagt: „Wir wissen jetzt, dass es in lien zu diesem Thema können kostenfrei Manuela Vollmann, eine der Teilnehmerin- vielen Orten ganz genauso wie bei uns zu- bestellt werden. nen. „Wir sind abgeschnitten.” Leute wan- geht. Und dass viele Ehrenamtliche nach www.ekd.de/eafa dern ab, Läden machen dicht. Und dann Hilfe für die Dörfer suchen.” l die Sache mit dem fehlenden Schwätz- Anne-Kathrin Stöber Zeichnung: Reinhild Kassing 8 blick in die kirche | FÜR MITARBEITENDE | 4–2017
THEMA Nachbarschaft in der Stadt entdecken: Überall kommunikative Menschen, die auf Kontakte warten Das Online-Nachbarschafts-Netzwerk www.nebenan.de wirbt für gute Kontakte im realen Leben: „Verbinde dich mit deinen Nachbarn.” M itten im Frühstück piept Julias werden ganze Städte, sondern nur Quar- ihr gleich klar: „Wir wollen nicht nur digi- Handy. „Hihi”, grinst sie, als sie tiere, also echte „Nachbarschaften” zusam- tale Kontakt haben, sondern echte Leute draufguckt. „Jetzt wird dringend mengefasst. Man kann tauschen, leihen, kennenlernen.” Spontan luden sie und ihr eine Bohrmaschine gesucht. Und die Ku- schenken, kaufen, Veranstaltungen anbie- Mann zu einem Treffen abends von acht chenform ist schon weg.” Julia, eine junge ten, Sportbegeisterte suchen oder sich zum bis zehn in einer „soliden Eckkneipe” ein. Berufstätige aus Kassel, lebt noch nicht Hundesitten zur Verfügung stellen. Und – unglaublich – bereits beim ersten lange in der Stadt und hat vor allem we- Mal kamen zehn Nachbarn unterschiedli- nig Zeit. Häufig ist sie beruflich in anderen chen Alters, und alle hatten Lust, sich zu Städten und Ländern unterwegs. Kennt »Wir wollten nicht nur unterhalten. Inzwischen besteht ein fester tausend Leute – aber kaum Nachbarn in digitale Kontakte haben, Kreis aus bis zu zwölf Personen, immer wie- der Straße. Darum hatte sie sich vor Kur- sondern echte Leute der kommen neue dazu. Ein Opernsänger, zem beim Online-Nachbarschafts-Netzwerk kennenlernen.« der nur für eine Spielzeit in der Stadt ist. nebenan.de angemeldet, für das mit Zettel Menschen, die in einer Fernbeziehung le- im Briefkasten geworben wurde. Das Netz- ben und vor Ort Austausch suchen. Ruth werk, 2015 in Berlin gegründet, bringt seit- So eine Plattform kann in Großstädten Langen begeistert das alles: „Es braucht so her in vielen deutschen Städten Menschen eine echte Hilfe sein. Zwar gibt es Face- wenig: einen öffentlichen Ort, eine Zeit.” zusammen – wie etliche andere dieser Art. book und Co. sowie Stadt- und Stadtteil- Eine Literaturgruppe ist als Ableger ent- Auch bei Julia rauschen die Nachrichten netzwerke. Aber hier ist man sich nicht so standen, und es gibt private Gitarrenkon- von „um die Ecke” nun dauernd herein. Sie nah wie bei nebenan.de: nämlich direkt zerte im Wohnzimmer eines anderen Mit- ist gespannt darauf, wen sie demnächst nebenan. Diese Erfahrung hat auch Ruth glieds. Waren einige ihrer alten Freunde kennenlernen wird, wenn sie das erste Mal Langen gemacht. Die 67-jährige Kunsthis- zunächst erstaunt, so hat Ruth Langen sie etwas ausleiht. Denn eins ist sicher: Der- torikerin lebt in Frankfurt, hatte aber lange längst überzeugt. „Das sind nicht alles ein- oder diejenige ist garantiert jemand aus Zeit außerhalb verbracht. Als sie mit ihrem same Seelen, sondern sehr kommunikative ihrem Kiez. Mann in die alte Heimat zurückzog, waren Menschen!” Wer sich bei nebenan.de anmeldet, viele Freunde und Nachbarn nicht mehr Dem Netzwerk nebenan.de wurde der muss seinen Personalausweis einscannen dort. „Wir haben es vermisst, Bekannte hier Titel „Ausgezeichneter Ort im Land der Ide- und damit nachweisen, dass er tatsäch- um die Ecke zu haben”, sagt sie. Als sie en 2016” der Bundesregierung verliehen. lich in dieser Nachbarschaft lebt. Niemals auf nebenan.de aufmerksam wurde, war l Anne-Kathrin Stöber blick in die kirche | FÜR MITARBEITENDE | 4–2017 9
THEMA Zeit haben, zuhören, fröhlich sein Der Besuchsdienst Oberkaufungen kommt ins Haus sie tragen wie ihre zehn Kolleginnen und 40 bis 83 Jahre alt sind die Mitarbeiterin- ein Kollege dazu bei, dass dank ihres eh- nen, die meisten schon seit vielen Jahren renamtlichen Einsatzes viele Menschen im dabei und mittlerweile befreundet. Eng Ort nicht einsam sein müssen. Etwa einmal ist ihr Dienst mit der Nachbarschaftshilfe wöchentlich besucht jeder seine „Betreu- der lokalen Gemeinde verbunden, alle ken- B rötchen und Wurstplatte, Saft und ten”, und zwar, das betont die Leiterin der nen sich – so fängt das Netz viele auf. Am Foto: A. K. Stöber Kaffee – großes Frühstück im Famili- Gruppe, Marianne Sell, „meist bis zum To- wichtigsten ist den Ehrenamtlichen aber enzentrum: Die Mitarbeitenden vom de.” Die ehemalige Leiterin der Bahnhofs- eins: „Die Freude ist auf beiden Seiten. Die Besuchsdienst treffen sich alle vier Wochen mission, seit 2002 für den Besuchsdienst Menschen sind so dankbar, wenn man Zeit zum Austausch (Foto). Christa ist Pflege- verantwortlich, spricht von ihrer Aufgabe für sie hat. Sie strahlen schon, wenn wir ins oma für einen kleinen Jungen, dessen El- mit großer Begeisterung. „Es sind Kleinig- Haus kommen.” l Anne-Kathrin Stöber tern sich getrennt haben. Gustl hat viele keiten, die helfen”, sagt sie. Man gibt Zeit, Jahre lang ihre einsame Nachbarin be- hört zu, lernt einander kennen, tauscht Infos: sucht und tut das nun weiter, seit die Da- sich aus und begleitet die Menschen zu Kirchenvorstände und Interessenten für me im Pflegeheim ist. Erika kümmert sich Hause oder später im Altenheim, bei den Besuchsdienst werden informiert, um eine 54-jährige Mutter, die an Multi- Krankheit und Demenz. Stirbt einer der beim Aufbau des Dienstes unterstützt pler Sklerose erkrankt ist – aus den regel- Betreuten, stützen sich die Mitarbeiter ge- und bekommen Materialien und Fortbil- mäßigen Besuchen ist längst Freundschaft genseitig in der Trauer. dung beim Besuchsdienst EKKW, entstanden. Nicht um Pflege oder Haushaltshilfe Doris Noack, T 0561 9378 389, Alle drei Frauen gehören zum Team geht es beim Besuchsdienst, sondern da- doris.noack@ekkw.de des Besuchsdienstes der Evangelischen rum, „nicht allein zu sein, Fröhlichkeit zu Besuchsdienst in Oberkaufungen: Kirchengemeinde Oberkaufungen – und verbreiten”, wie es eine Dame formuliert. T 05605 3237, Marianne Sell Helfende Hände Foto: Diakoniestationen KS Zu Hause wohnen bleiben – mithilfe der Diakoniestationen S o lange wie möglich in den eigenen Der größte Teil des Dienstes wird über die vier Wänden bleiben” – das wün- Pflegekasse finanziert, allerdings gibt es schen sich viele alte und pflegebe- auch Privatkunden; Vorrang haben aber dürftige Menschen. In Kassel werden sie immer die Pflegefälle – und die Warteliste dabei seit etwa zehn Jahren unterstützt ist lang. von den Diakoniestationen mit dem Pro- In Kassel werden derzeit etwa 300 Sylvia Martin (56) gramm für Hilfen im Alltag, wie die Leite- Kunden betreut. Sylvia Martin besucht sie ist Leiterin der „Helfenden Hände” rin der Abteilung „Helfende Hände”, Sylvia am Anfang und schätzt ein: „Wer passt da der Diakoniestationen Kassel Martin, erläutert. hin von uns?” Sie sucht geeignete Mitar- Unterstützung durch die helfenden beiterinnen aus, denn erfahrungsgemäß Chemie stimmt. Wir sind zu Gast bei den Hände der etwa 30 fest angestellten Mit- sind „Vertrauen und Empathie” ebenso Kunden – und wenn die Menschen mit- arbeiterinnen erfahren zum Beispiel alte, wichtig wie Professionalität der Helferin- arbeiten wollen, dann freut uns das. Wir an Demenz oder anderweitig erkrankte nen. Diese haben sich als „Alltagsbegleite- wollen niemanden zur Unselbstständigkeit Menschen, die nicht mehr allein einkaufen, rinnen” ausbilden lassen. Wichtig sei, dass verführen.” l Anne-Kathrin Stöber putzen, waschen, kochen können. Viele der sie auf Menschen eingehen können – oft Kunden haben ohnehin einen Pflegegrad sind die Helferinnen, die ein- bis mehrmals Infos: und werden von den Diakoniestationen wöchentlich zum Einsatz kommen, der ein- Diakoniestationen der Evangelischen Kir- versorgt, sodass sie auf diesem Weg von zige Kontakt der hochbetagten Menschen. che in Kassel, Helfende Hände, Hafenstra- der Möglichkeit zur ergänzenden Alltags- „Diese Generation hat unglaublich viel ße 13, 34125 Kassel, T 05 61 88007–12 hilfe erfahren. Andere hören über die im Leben geschafft.” Es falle im Alter nicht Auch in Baunatal und Fuldabrück gibt es kommunale „Beratungsstelle Älterwer- leicht, Hilfe anzunehmen, betont Martin. „Helfende Hände”. den” oder die Kirchengemeinde davon. „Darum ist es besonders wichtig, dass die www.diakoniestationen-kassel.de 10 blick in die kirche | FÜR MITARBEITENDE | 4–2017
THEMA Luxusgut Wohnen Interview mit Diakonie- Chef Horst Rühl »Als Diakonie Hessen setzen wir uns dafür ein, Foto: Diakonie Hessen ? Armut spaltet die Gesellschaft, ha- ben Sie mit Bezug auf den neuen „Armuts- und Reichtumsbericht“ der dass allen Menschen bezahlbarer Wohnraum zur Bundesregierung gesagt. Gilt das auch Verfügung stehen kann.« für das Wohnen? Pfarrer Horst Rühl (59) ist Vorstandsvorsitzender Horst Rühl: Ja, eindeutig. Hessenweit der Diakonie Hessen – Diakonisches Werk in gibt es einen prognostizierten Fehlbedarf Hessen und Nassau und Kurhessen-Waldeck e.V. von rund 440.000 Wohnungen, die bis Der Verband und seine Mitgliedseinrichtungen zum Jahr 2040 benötigt werden. Der Neu- beschäftigen rund 39.000 Mitarbeitende bau von Wohnungen deckt nicht mal an- nähernd den aktuellen Bedarf. Wir gehen Die Zahl der Wohnungsnotfälle steigt der unter Berücksichtigung der Bezahlbar- davon aus, dass sich dieser Zustand auch auch in Hessen. Wohnen ist ein Grundbe- keit. Bezahlbar heißt, dass die Miete einer noch auf das nächste Jahrzehnt erstreckt. dürfnis und ein Grundrecht. Wohnen darf Wohnung inklusive Nebenkosten nicht Eine Spaltung der Gesellschaft ent- nicht weiter zum Luxusgut verkommen, mehr als 35 bis 40 Prozent des jeweiligen steht zwischen denen, die sich den not- Menschen jegliche Perspektive nehmen Nettoeinkommens betragen sollte. wendigen Wohnraum leisten können, und und sie in die Wohnungslosigkeit treiben. Auch das Land kann preisgünstigen denen, die das eben nicht können bzw. Bei erwarteten ständigen Steuerüberschüs- Wohnraum durch hierfür zur Verfügung schon längst vom Wohnungsmarkt ausge- sen in den kommenden Jahren müssen gestellte Landesmittel fördern. schlossen sind. Insbesondere die Mieten Bund, Länder und Gemeinden hier einen sind in den letzten zwanzig Jahren über- durchschnittlich gestiegen. Gerade für die Haushalte mit geringem Einkommen be- Schwerpunkt setzen. Wohnungsnot in ei- nem reichen Land darf nicht sein. Als Di- akonie Hessen setzen wir uns dafür ein, ? Wie würden Sie die Standards für gutes Wohnen definieren? Rühl: Damit die Warmmiete nicht 35 deutet das eine gestiegene Belastung. dass allen Menschen bezahlbarer Wohn- bis 40 Prozent des Nettoeinkommens über- Die Fachleute der Diakonie Hessen be- raum zur Verfügung stehen kann. steigt, dürfen die Nebenkosten nicht explo- obachten mit Sorge, dass sich bestimmte dieren. Dazu muss die Gebäudesubstanz in Stadtteile ausschließlich zu Vierteln für Gut- und Besserverdienende entwickeln. Wir treten für ein inklusives Gemeinwesen ? Die Diakonie Hessen fordert bezahl- baren Wohnraum. Wo soll der her- kommen? Ordnung sein. Nachhaltiges, energieeffizi- entes Bauen ist notwendig – ebenfalls ein Kriterium für guten Wohnstandard. ein, das die Teilhabe aller gesellschaftli- Rühl: Öffentliche Immobilien- und Auch die Lage ist wichtig: Die Men- chen Gruppen am Leben im Blick behält. Grundstückseigentümer müssen hier in die schen brauchen eine gute Infrastruktur, Pflicht genommen werden. Dazu zählen die es ihnen ermöglicht, Wege zur Arbeit, ? Wenn man die gestiegenen Mieten und Kaufpreise für Immobilien in Frankfurt betrachtet, scheint es nicht Kommunen, Bund und im Übrigen auch Kirchengemeinden. In die Pflicht nehmen bedeutet, dass Grundstücke oder Immobi- zum Einkauf, zum Arzt, zur Schule oder Ki- ta auch ohne eigenes Fahrzeug bewältigen zu können. Das bedeutet entweder Wohn- übertrieben, vom „Luxusgut Wohnen“ lien nicht automatisch an den Meistbieten- raum in der Nähe solcher Angebote oder zu sprechen. Stellen Sie ähnliche Ten- den vergeben werden. ein gut ausgebautes Netz öffentlicher Ver- denzen auch in anderen hessischen Die Freigabe von Grundstücken zum kehrsmittel. Gerade die ländlichen Regio- Regionen fest? Wohnungsbau sollte zum Beispiel an nen benötigen ein öffentliches Verkehrswe- Rühl: Überall dort, wo Arbeit perspek- die Bedingung gekoppelt werden, dass genetz. Wohnkonzepte, die wir präferieren, tivisch vorhanden ist, also in den Ballungs- mindestens 30 bis 35 Prozent des neu wirken Ausgrenzung, Vereinsamung und zentren, den kreisfreien Städten und Ober- geschaffenen Wohnraums entsprechend Immobilität entgegen. zentren, ist Wohnraum ein Luxusgut. Auch den Standards für preisgünstigen Wohn- Deshalb gilt last, but not least: Zum wenn das Rhein-Main-Gebiet mit Frankfurt, raum angeboten wird. Öffentliche Grund- guten Wohnen gehört ein funktionieren- Darmstadt und Wiesbaden die Liste an- stückseigentümer sollten sich als sozial- des, ein gelebtes, inklusives Gemeinwesen, führt, ziehen Städte wie Kassel, Marburg politische Akteure verstehen und zu einer das die Teilhabe aller ermöglicht. Hierzu und Gießen deutlich nach. In all diesen Re- sozialen Stadtentwicklung beitragen; das können und wollen Diakonie und Kirche gionen fehlt bezahlbarer Wohnraum, und kann auch durch Genossenschaftsmodelle als zentrale zivilgesellschaftliche Akteure die Schere zwischen Bedarf und Angebot geschehen oder durch Modelle generatio- einiges beitragen. l klafft mehr und mehr auseinander. nenübergreifenden Wohnens – auch wie- Fragen: Lothar Simmank blick in die kirche | FÜR MITARBEITENDE | 4–2017 11
LANDESKIRCHE Gesangbuch-Beiheft: „Nicht jeder findet alles gut, aber jeder wird etwas finden” E ein Beiheft zum Gesangbuch, das EGplus, erscheint in diesem Jahr. Im Interview erklären Landeskirchenmusikdi- rektor Uwe Maibaum und Pfarrer Dr. Oli- ver Schmalz, was es damit auf sich hat. ? Im Gesangbuch stehen 650 Lieder, jetzt kommt noch mal ein Beiheft mit 164 Liedern. Wird das nicht zu viel? Uwe Maibaum: Überhaupt nicht. Ein gro- ßer Teil der Lieder der neuen Sammlung wird schon in den Gemeinden gesungen, allerdings häufig von kopierten Zetteln. Das soll zukünftig aus einem gemeinsamen Lie- Foto: medio.tv/Dellit derbuch geschehen können. Und dann gibt es einen Teil, wo wir kräftigen Bedarf haben – neue Themen haben sich aufgetan. Bei Trauungen, bei Passionsliedern, mit einer Popliturgie und einer Kinderliturgie bei- Sie freuen sich auf das Beiheft EGplus: Landeskirchenmusikdirektor Uwe Maibaum (links) spielsweise wurde nachgearbeitet, neue und Pfarrer Dr. Oliver Schmalz Lieder sind entwickelt und gefunden wor- den. Die sollen gesungen werden. choralähnlicher Melodien über verschiede- sailing“ etwa drückt aus: Ich segele in eine Dr. Oliver Schmalz: In den Gemeinden ne Formen der Popularmusik wie Balladen, Weite hinein – all das können auch Versu- sind viele Lied-Kopien und andere Lieder- Sakro-Pop, Gospel bis hin zu in evangelika- che sein, von Gott zu sprechen. bücher unterwegs, weil sich das Liedgut len Gemeinden gesungenen Formen wie in den 22 Jahren seit Erscheinen des Ge- sangbuchs weiterentwickelt hat. Darauf reagieren wir mit dem EGplus. Christliche Popularmusik und Lobpreislie- dern. Nicht jeder findet da alles gut, aber jeder wird etwas für sich finden – das ist ? Eingeführt wird das Buch bei den Landeskirchenmusiktagen in Mar- burg (8.–10. September). Warum sollte die schöne Geschichte dieses Buches. man dorthin reisen? ? Ich muss eine Wissenslücke offen- baren: Ich dachte, „Maria durch ein Dornwald ging“ stünde schon im Ge- Schmalz: Die Buntheit zeigt sich auch in den Zielgruppen: Wir haben ganz bewusst viele Lieder aufgenommen, die man mit Maibaum: Weil man dort das gesamte Spektrum dieses Buches erleben wird; in Gottesdiensten, in Konzerten, in Work- sangbuch, das stimmt nicht. Werden Kindern oder mit Jugendlichen singen shops und auf offenen Bühnen – mit un- durch das Beiheft Lücken gefüllt? kann. Und die Vielfalt ist auch in der Theo- terschiedlichen Stilelementen: mit Gospel- Maibaum: Bei einigen Liedern staunt man, logie erkennbar. chören, Bands, Blechbläsern. Und weil das dass sie noch fehlten, zum Beispiel auch Wir sind – die klangreiche und farbenrei- „Von guten Mächten“ in der Siegfried- Fietz-Fassung. Das kam in das EG damals beispielsweise nicht hinein. Wir haben in- ? Könnten Sie ein Beispiel nennen? Schmalz: Ein Beispiel sind die erwähn- ten Lobpreis-Lieder. Und es gibt Trauungs- che Evangelische Kirche von Kurhessen- Waldeck. l Fragen: Olaf Dellit zwischen eine strategische Umorientierung lieder, die auch mit einem eher impliziten in der Liedauswahl. Es geht nicht um eine religiösen Bezug auskommen. Mit ihnen EG-PLUS „kirchenmusikalische Missionierung“, bei kann man Menschen ganz anders errei- der wir als kirchliche Mitarbeiter einen be- chen, weil es theologisch vielleicht nicht Das Beiheft EGplus wird in einer Gemeinde- und einer Buchhandels-Aus- stimmten musikalischen Stil durchsetzen ganz so dick aufgetragen wirkt. gabe erscheinen. Die Gemeinde-Ausgabe wollen, sondern wir möchten klangbar kostet 6,50 Euro. Das Beiheft hat 300 machen, wie farbig evangelische Kirchen- musik ist und verkündigt. ? Bei Beerdigungen wird oft „Tears in heaven“ von Eric Clapton gespielt. Solche Songs stehen jetzt im EGplus. Seiten. Vorbestellungen über: Evangelischer Medienverband Kassel, Heinrich-Wimmer-Straße 4, ? Es kommen viele Stile vor, etwa Pop- musik und Gospel. Was noch? Maibaum: Das geht von Neu-Textierungen Schmalz: Es gibt viele Lieder wie „Tears in heaven“, die man im religiösen Sinn in- terpretieren kann, aber nicht muss. „I am 34131 Kassel, T 0561 34224, E-Mail: emv@ekkw.de www.ekkw.de/emv 12 blick in die kirche | FÜR MITARBEITENDE | 4–2017
LANDESKIRCHE Landessynode beschließt Pfarrstellen- budgets und Kirchenkreisfusionen M it einem Beschluss, die vielerorts bereits erfolgten Kirchenkreisfu- sionen weiter voranzutreiben, ist die Synode der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW) am 26. April in Hofgeismar zu Ende gegangen. Innerhalb einer bis 2015 dauernden Frei- willigenphase hatten sich bereits 13 Kir- chenkreise neu strukturiert, in weiteren fünf Regionen besteht allerdings noch Handlungsbedarf. Die noch ausstehenden Fusionen sollen nun bis 2020 umgesetzt Fotos: medio.tv/Schauderna werden. Am Dienstag hatte die Synode zudem einstimmig die Einführung von sogenann- ten Pfarrstellenbudgets beschlossen. Da- durch erhalten die einzelnen Kirchenkreise der Landeskirche für die Versorgung ihrer Gemeinden ein bestimmtes Stellenkontin- Die Frühjahrssynode der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck tagte vom 24.–26. April 2017 gent zugewiesen, das sie innerhalb ihres Gebietes aufteilen können. Durch diese er- folgte Kompetenzverlagerung werden Ver- Kirchenkreis Schwalm-Eder Bischof kritisiert antwortlichkeiten von der zentralen Ebene mit Melsungen, Fritzlar- Abschiebepraxis auf die mittlere Ebene der Kirchenkreise Homberg und Ziegenhain verlagert. Die derzeit 20 Kirchenkreise der Bischof Martin Hein EKKW haben somit künftig größere Mög- Mit großer Mehrheit wurde die Fusion (Foto) hat auf der Sy- lichkeiten, über die Zuordnung der vor- von weiteren Kirchenkreisen beschlossen. node die Abschiebe- handenen Pfarrstellen an die einzelnen Innerhalb einer bis 2015 dauernden Frei- praxis in Deutschland Kirchengemeinden zu entscheiden. willigenphase hatten sich bereits 13 Kir- kritisiert. In Syrien, chenkreise neu strukturiert, in weiteren dem Irak und in Af- Umdenken in der fünf Regionen bestand allerdings noch ghanistan gebe es für Personalplanung Handlungsbedarf. Längere Diskussionen die Abgeschobenen weder Sicherheit noch löste lediglich der vorgeschlagene Zusam- eine Zukunftsperspektive. Der Staat wol- Prälatin Marita Natt menschluss der Kirchenkreise Melsungen, le mit den Abschiebungen, obwohl deren (Foto) mahnte in ih- Fritzlar-Homberg und Ziegenhain aus. Die Zahl letztlich klein sei, ein Exempel statu- rem Personalbericht Synode entschied sich schließlich für eine ieren und sich handlungsfähig zeigen. Es ein grundlegendes solche Fusion, die bis 2020 umgesetzt wer- gebe aber genügend andere Möglichkei- Umdenken in der Per- den soll. In dem neu geschaffenen Kirchen- ten, Handlungsfähigkeit zu demonstrieren. sonalplanung an. So kreis Schwalm-Eder soll es mit Hinblick auf In Deutschland habe sich der politische müsse der Begriff der seine Größe drei Dekanatssitze geben. Mit Wind in der Flüchtlingsfrage unbegreiflich Dienstgemeinschaft neu gefüllt und zu ei- nach derzeitigem Stand 79 Pfarrstellen schnell gedreht, so der Bischof. nem gemeinsamen Dienst am Evangelium liegt der noch zu bildende Kirchenkreis Gegenwärtig gebe die Lage in Ägyp- in multiprofessionellen Teams entwickelt deutlich über dem Korridor von 25 bis ten Anlass zur Besorgnis. Die koptischen werden. Pfarrer sollten demnach von ihrer 40 Pfarrstellen, der ansonsten als Größe Christen würden unterdrückt und müssten Verpflichtung zu einer „Totalkompetenz” für einen Kirchenkreis vorgesehen ist. Der um ihr Leben fürchten. Hier müsse alles entlastet werden. Diakone, Gemeinderefe- landeskirchliche Umstrukturierungsprozess politisch Mögliche getan werden, damit renten, Kirchenmusiker sowie Küster und soll spätestens auf der Frühjahrssynode den Christen im Land sowie in den ande- Verwaltungskräfte müssten die theologi- 2019 mit einem Kirchengesetz, das die Fu- ren Ländern des Orients Sicherheit und die sche Dimension ihres Berufes neu entde- sion der noch ausstehenden fünf Regionen Freiheit ihres Glaubens garantiert werde, cken. l epd regelt, seinen Abschluss finden. l forderte Hein. l epd blick in die kirche | FÜR MITARBEITENDE | 4–2017 13
LANDESKIRCHE 100 Tage gibt's Kaffee wie bei Luther Café auf Zeit an der Lutherkirche während der documenta (10. Juni bis 17. September) A us ihrem Büro blickt Felicitas Be- waren schnell oder sind bereits gefunden, Foto: medio..tv/Dellit cker-Kasper genau auf den Turm sagt die Initiatorin. Aber auch Geld wird – der Lutherkirche. Und immer wie- trotz des Ehrenamts – gebraucht, etwa für der tat es der Leiterin des Seniorenreferats Schürzen und Shirts und die Gesundheits- im Kirchenkreis Kassel leid, dass sich darin schulung der Helfer. Hier kommt die Evan- kein Café mehr befand. Das soll sich nun gelische Bank mit ihrem Crowdfunding ins ändern – zumindest für 100 Tage. Spiel. Per Internet sammeln Projektleiter So lange dauert bekanntlich die do- Spenden, die von der Bank mit fünf Euro cumenta, die weltweit wichtigste Aus- je Einzelspende aufgestockt werden. 22 stellung zeitgenössischer Kunst. Und die Projekte seien auf diese Art bereits finan- Lutherkirche liegt auf dem Weg vieler do- ziert worden, sagte Albrecht Weisker von cumenta-Gäste, wenn sie in die Nordstadt der EB. unterwegs sind. Unter der Abkürzung LuZ Becker-Kasper freut sich auch über die (Luthercafé auf Zeit) soll es also vor und gute Kooperation mit den „Fliegenden im Kirchturm wieder ein gastronomisches Köchen“, die den Lutherturm gepachtet Angebot geben mit einer „kleinen, fei- haben, aber nicht tagsüber nutzen. Man nen Speisekarte“, wie Becker-Kasper sagt: arbeite gut zusammen. Das Ziel von LuZ Flammkuchen, Omas Blechkuchen, Waf- ist klar: „Wir möchten bei der documen- feln, Spezialitäten der Region und anderes. ta eine gastgebende Kirche sein“, sagt Unterstützung gibt es von den Mitar- Becker-Kasper. So soll es am Lutherturm beitern von „Kirche unterwegs“, die schon nicht nur Speis und Trank, sondern auch Auf einen Kaffee: Albrecht Weisker (Evange- häufiger Cafés auf Zeit geplant haben. Stille, Spiele und Spirituralität geben. lische Bank) und Felicitas Becker-Kaspar (Se- Vor allem aber werden Ehrenamtliche Geöffnet ist täglich von 11 bis 18 Uhr niorenreferat) vor der Kasseler Lutherkirche gebraucht, insgesamt 50 – die ersten 30 (außer dienstags ). l Olaf Dellit www.zusammen-gutes-tun.de Dirty Church Run: Durch Matsch und Dreck rennen A m 25. Juni findet der Dirty Church Run der Kirchenge- bildungshilfe, dem Verein freuNde e. V. und dem Förderkreis für meinde Beiseförth-Malsfeld (Kirchenkreis Melsungen) Jugendarbeit in der Kirchengemeinde. „Der ganze Lauf ist in das zum zweiten Mal statt. Es handelt sich um einen Mud- Gemeindefest unserer Kirchengemeinde eingebettet”, so Pfarrer Run, der über den Sportplatz, durch die Fulda, über Hänge, durch Henning Reinhardt. Das heißt: Es ist für Essen und Getränke ge- den Wald und durch das Dorf führt. Verschiedene Hindernisse sorgt, ebenso für ein Kinderprogramm. Außerdem gibt es auch müssen dabei bewältigt werden. Starten kann man als Einzelläu- einen Kinderlauf, zu dem man sich aber nicht vorher anmelden fer, als Staffel oder als Team. muss. Um 10 Uhr geht es mit einem Gottesdienst auf dem örtli- Maximal 500 Läufer machen mit. Die Startgelder kommen chen Sportplatz los. l in voller Höhe drei gemeinnützigen Projekten zugute: Der Aus- Anmeldung und Infos: www.dirtychurchrun.de Fotos: Sonja Böse 14 blick in die kirche | FÜR MITARBEITENDE | 4–2017
LANDESKIRCHE Evangelische Bank baut „Kreuzspannung” in der 100 Stellen ab Hanauer Johanneskirche Aus einem gefällten Nussbaum entstand ein Kunstwerk für die Kirche D I ie Evangelische Bank (EB) will bis st das ein Kreuz? Bei näherem Betrachten des Holzstücks an der Wand scheint es 2021 rund 100 Stellen abbauen. eindeutig: Ja, es ist ein Baumkreuz – so eigenwillig, wie die Natur und mensch- Wie Vorstandsvorsitzender Thomas liches Gestalten es hervorgebracht haben. Der Bildhauer Klaus Simon (Krefeld) Katzenmayer mitteilte, sei für die Betrof- hat einen Baum, der vor der Hanauer Johanneskirche stand und gefällt werden fenen ein umfangreicher Sozialplan in en- musste, in Kunstobjekte für das neue Gemeindehaus verwandelt. Zwei Werke sind ger Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat entstanden – auf dem Boden und an der Wand: Einen Teil des Stammes hat der in Arbeit. Danach könnten theoretisch 85 Künstler aufgerichtet, er neigt sich wie zum Gespräch und hält dem Redner seine Beschäftigte in Altersteilzeit gehen. Grund Oberseite hin. Für Pfarrerin Margit Zahn eine einladenden Geste, hier zu stehen und des Stellenabbaus sei die Umstellung auf die Hände abzulegen. Das Werk an der Wand macht die Spuren seiner Geschichte die Digitalisierung sowie schwierige Rah- sichtbar: Die Metallseile, die den Baum gestützt haben, hat sich das Holz wie eine menbedingungen, die der Bank zu schaf- Art Querbalken einverleibt. „Kreuzspannung” nennt der Künstler das. fen machten. Belastend sei vor allem die anhaltende Negativzinsphase. Da die Bank die 0,4 Pro- zent Negativzinsen nicht an ihre Kunden weitergebe, entstünden hier jährlich Kos- ten von rund zwei Millionen Euro. Auch die zunehmenden Regularien behinderten das Geschäft. „Das ist eine toxische Konstella- tion”, sagte Katzenmayer. Hinzu komme, dass sich das Kundenverhalten durch die Fotos: Johanneskirche Hanau Digitalisierung deutlich geändert habe. Trotz der widrigen Umstände sei das Jahr 2016 für die Bank erfolgreich gewe- sen, sagte Katzenmayer. Die Bilanzsumme habe leicht auf 7,1 Milliarden Euro zuge- legt, der Jahresüberschuss sei ebenfalls leicht auf 10,1 Millionen Euro gestiegen. Jahrzehntelang stand der Baum vor der Kirche, jetzt bildet sein Holz ein Kunstwerk Ziel der Bank sei es, das gewinnbringende Kreditgeschäft weiter auszubauen. Die holzspendende „Kaukasische Flügelnuss” hat das Leben an der Johannes- Im Rahmen der Umstellung auf die Er- kirche begleitet. Kurz nach dem Bau der Kirche war der Baum in den 60er-Jahren fordernisse des digitalen Zeitalters werde gepflanzt worden und wuchs zu beachtlicher Größe heran. In seinem Schatten fei- in Kassel eine Direktbank innerhalb der EB erten Gemeindemitglieder, Kinder kletterten so hoch wie möglich auf seine Äste. entstehen, erläuterte Katzenmayer. Diese Wie alles, was lebt, war der Baum manchem ausgesetzt und musste sich gegen werde sich vor allem um das Privatkun- Krankheiten behaupten. Immer wieder wurde er behandelt und abgesichert. Starke dengeschäft kümmern, das zentralisiert Metallseile hielten die Äste zusammen – bis der Baum doch gefällt werden musste. werden soll. Die regionale Nähe für die Die Entstehung institutionellen Kunden durch die Filialen des Kunstwerks hat Ein Baum prägt die bleibe für die Bank weiterhin wichtig, al- eine Jury der Evan- Atmosphäre des Ortes: lerdings werde es hier weniger Personal gelischen Kirche von Pfarrerin Margit Zahn geben. Derzeit betreut die EB neben ihren Kurhessen-Waldeck be- und der Künstler Klaus 19.000 institutionellen Kunden auch rund gleitet. Mitglieder der Simon im Gemeindesaal der Johanneskirche 72.000 Privatkunden an 14 Standorten. Stadtkirchengemeinde nach dem Gottesdienst Bei der Evangelischen Bank arbeiten und des Beirats „Kunst zur Vorstellung des derzeit rund 486 Beschäftigte, mehr als und Kirche” haben ge- Kunstwerks, dessen Foto: L. Simmank die Hälfte davon in Kassel. Sie teilen sich meinsam beraten und Anschaffung von der 358 Vollzeit- und 114 Teilzeitstellen. Hinzu den Auftrag erteilt. l Landeskirche gefördert kommen noch 16 Auszubildende. l epd Lothar Simmank wurde blick in die kirche | FÜR MITARBEITENDE | 4–2017 15
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